88
jedoch am Schluß der Woche einen niedrigeren Sandpunkt ein als
beim Wochenbeginn.
Die Sterblichkeitsverhältnisse der meisten europäischen Groß⸗
sttädte, namentlich der deutschen, gestalteten sich in der Berichtswoche
etwas günstiger. Die allgemeine Sterblichkeitsverhältnißzahl für die deutschen Städte sank auf 26,7 von 27,1 der Vorwoche (auf 1000
Bewohner und aufs Jahr berechnet). Der Antheil des Säuglings⸗
alters an der Sterblichkeit nahm ein wenig ab, so daß von 1000 Le⸗
8
benden (aufs Jahr berechnet) Kinder unter 1 Jahre 87 starben gegen
88 der Vorwoche; in Berlin 82 gegen 78. 1 Unter den Todesursachen waren von den Infektionskrankheiten
Todesfälle bei Scharlach, Diphtherie Keuchhusten und Flecktyphus
8
8 8
häufiger, bei Unterleibstyphus seltener. Pockentodesfälle wurden 10 gegen 13 der Vorwoche gemeldet. — Die Masernepidemie in Fürth, Nürnberg und Flensburg verlief milder, in Bremen und München kamen dagegen Masern häufiger zum Vorschein. — Das Scharlach⸗
fieber grassirt in Aschersleben, doch war die Zahl der durch dasselbe
8
bedingten Todesfälle auch in Berlin, München, Nürnberg, Cöln,
amburg, Erfurt, Wien, Stockholm u. a. eine größere. Auch die iphtherie forderte in Berlin, Dresden, Straßburg, Wien, Pest,
Paris, Stockholm, Warschau, Bukarest, Turin mehr, in München
weniger Opfer. — Unterleibstyphen traten in Basel und Paris in un⸗ geminderter Zahl auf. — Todesfälle an Flecktyphus wurden aus deutschen Städten 13 gemeldet, davon entfallen auf Königsberg 5, auf Danzig und Erfurt je 2, auf Thorn, Posen, Leipzig, Frankfurt a. Oder je 1. Außerdem kam in Wien, Krakau, London noch je 1 Todesfall daran zur Kenntniß. — Darmkatarrhe der Kinder führ⸗ ten in Breslau, München, Berlin, Wien, Paris nicht selten zum Tode. — Pocken waren in der Berichtswoche häufig. Aus deutschen Städten wurden aus Königsberg 4, aus Berlin 2, aus München, Aachen, Dortmund je 1, aus Frankfurt a. Oder 1 angeblich an Vari⸗ cellen gemeldet. — In Wien, Krakau, Paris haben Blatterntodesfälle
etwas abgenommen, in Pest, Prag und namentlich in London fanden
Pocken größere Verbreitung. Auch aus Warschau, Rotterdam, Va⸗ lencia, Saragossa waren einzelne, aus Alexandria 2, aus Malaga
öö116 gemeldet. — In Danzig starb 1 Person an Tri⸗ inosis.
— Norwegens Hauptstadt Christiania hatte am 31. Dezember
1880 119 407 Einwohner.
Kunst, Wissenschaft und Literatirr. Von „Johnston's Chemie des täglichen Lebens“, neu
bearbeitet von Dr. Fr. Dornblüth, mit zahlreichen Abbildun⸗
gen, ist im Verlage von Carl Krabbe in Stuttgart soeben die zweite Lieferung erschienen. Dieselbe behandelt folgende Themata: Die Pflanzen, welche wir ziehen, die aus dem Erdboden und Wasser die
Nahrung entnehmen, aus der sie ihren Leib und ihre Früchte, die
Grundlagen des thierischen Lebens aufbauen. Die menschliche Nah⸗ rung, Brot und Fleisch, als pflanzliche und thierische Nahrung, ihre Gewinnung und Bereitung sowie ihre Bedeutung für unser Leben.
Der klar und anziehend geschriebene Text ist durch zahlreiche gut aus⸗
geführte Abbildungen erläutert. Das empfehlenswerthe Werk des
hervorragenden englischen Chemikers, welches hier in einer dem heuti⸗
gen Stande der Wissenschaft entsprechenden Ausgabe in 10 Lieferungen
à 50 ₰ erscheint, dürfte sich einen großen Leserkreis gewinnen. Frankfurt a. M., 7. April. Am 7. April 1778 promovirte
zu Göttingen Samuel Thomas Sömmering. Bei seiner 50jähri⸗
gen Jubelfeier, 1828 in Frankfurt a. M., wurde der nach seinem
Namen genannte Preis gestiftet, welcher alle vier Jahre für die in
der Zwischenzeit erschienene wichtigste Schrift aus dem Gesammt⸗
gebiete der Pbysiologie einem deutschen Gelehrten ertheilt wird, zum erstenmal am 7. April 1837 an Ehrenberg. Den Namen von Schwann, Theodor Bischoff, Rudolf Wagner, Albert Kölliker,
Zoh. Müller, Helmholtz, Karl Ludwig, Anton de Bary, Theodor von
Siebold und Voit, welche in der “ den Sömmeringschen Preis erhielten, ist in der heutigen Sitzung der Senckenbergschen naturforschenden Gesellschaft der Name des Prof. Sachs in Würzburg hinzugefügt worden, und zwar wegen seiner epochemachen⸗
den Untersuchungen über die Anordnung der Zellen in den jüngsten
Pflanzentheilen.
ausschuß definitiv auf Sonna
Gewerbe und Handel. (Gew. Bl. a. W.) Die Eröffnung der Württembergischen V1öu“ 1881 ist nunmehr vom Evxekutiv⸗ S bend, den 14. Mai, festgesetzt worden.
Ein bedeutsamer Schritt zur Sicherung des Ausstellungsunternehmens
ist die nunmehr durch die erfolgte staatliche Genehmigung perfekt ge⸗ wordene Lotterie. Es werden 300 000. Loose zu je 1 ℳ ausgegeben werden, denen eine stattliche Anzahl von Gewinnen gegenüberstehen
wird.
währt, gegen eine Verzinsung von nur
— Die Breslauer Aktiengesellschaft für Eisen⸗ bahn⸗Wagenbau (Linke) produzirte im Jahre 1880 nach dem Geschäftsbericht 72 Personenwagen im Werthe von 618 352 ℳ und 665 Gepäck⸗ und Güterwagen im Werthe von 1 585 543 ℳ Außer⸗ dem wurde für Reparaturen, Umbauten und sonstige Lieferungen und Leistungen eine Summe von 244 319 ℳ den Empfängern in Rech⸗ nung gestellt. Für vorgekommene Nacharbeiten ꝛc. an abgelieferten
agen wurde das Fabrikations⸗Conto mit 3630 ℳ belastet, so daß ein Gewinn⸗Saldo von 2 444 585 ℳ verblieb. Die für das Ge⸗
schäftsjahr 1881 fest übernommenen Aufträge repräsentirten einen
Werth von ca. 724 000 ℳ Die Gesammtabschreibungen beliefen sich auf 147 342 ℳ, und gestattet der nach Abzug der Unkosten verblei⸗
bende Restgewinn die Vertheilung einer Dividende von 6 ¾ %
— Der Cours für die jetzt hier zahlbaren Silbercoupons österreichischer Eisenbahnpapiere ist heute auf 173,50 ℳ
für 100 Fl. österr. Silber herabgesetzt worden.
Drammen, 7. April. Man hegt hier jetzt die Hoffnung, den
direkten Verkehr mit der Außenwelt Ende dieses Monats
wieder hergestellt zu sehen. Anfangs voriger Woche ging man an die Arbeit, von Svelvig ab durch das nahe einen halben Meter dicke, von hohem Schncee bedeckte Eis eine Rinne zu sägen; bis jetzt ist ungefähr der dritte Theil der Arbeit ausgeführt. Die fortdauernde starke Kälte des Nachts und der große Schneefall in voriger Woche erschwert indessen die Arbeit in ho4hem Grade. Hoher Schnee liegt noch in
den Straßen. Ob der Hauptzweck des Unternehmens unter diesen
Umständen erreicht werden wird, hängt gänzlich von der Witterung
ab; beim Eintreten von plötzlichem Hochwasser kann die ganze Arbeit
vereitelt werden; das Eis alsdann gehoben und von den Ufern los⸗
erissen schiebt sich zusammen und die Rinne verschwindet. Der ekundäre Zweck, einem großen arbeitslosen Arbeiterstock etwas Ver⸗ dienst zu geben, wird jedenfalls in erfreulicher Weise erreicht. Ueber die Höhe der Abgabe für Schiffe, welche die Rinne benutzen werden, ist bis jetzt nichts bekannt.
Teplitz, 11. April. (W. T. B.) Die Generalversammlung der Aussig⸗Teplitzer Eisenbahn genehmigte die Vertheilung einer Dividende von 14 %, deren Auszahlung vom 1. Juni ab erfolgt. Die vorgeschlagenen Aenderungen der Statuten, betreffend eine Ver⸗ minderung der Zahl der Verwaltungsräthe und eine entsprechende Herabsetzung der Tantième, wurden angenommen.
Washington, 11. April. (W. T. B.) Der Schatzsekretär Windom hat eine Bekanntmachung erlassen, wodurch alle 6 % igen Obligationen für den 1. Sen d. J. zur Rückzahlung einberufen werden. Den Inhabern der Obligationen wird indeß die Option ge⸗ 3 ½ % die Giltigkeit der Obligationen zu verlängern. — Der Metallbestand des Garantie⸗ bureaus zu New⸗York ist durch Ueberweisung von 15 Millionen Dollars in Gold vermehrt worden, um den Direktor des Bureaus in den Stand zu setzen, fremdes, in Nesb⸗York in Barren oder in Münzen ankommendes Gold anzukaufen. Das Schatzamt verfagt in New⸗ Fors⸗ und in Philadelphia über Gold in Barren im Werthe von
Millionen Dollars. Der Werth der Einfuhr von fremdem Gold in Barren oder in Münzen während des laufenden Rechnungs⸗
jahres wird auf 100 Millionen Dollars angeschlagen.
Verkehrs⸗Anstalten. ö1 Tilsit, 11. April. (W. T. B.) Der Eisgang hat begonnen; die Memel ist hier cisfrei. .
der Schulen
“
Triest, 11. April. (W. T. B.) Der Lloyddampfer „Aurora' ist heute mit der ostindischen Ueberlandpost aus Alexan⸗
drien hier eingetroffen. Plvmouth, 11. April. (W. T. B.) Der Hamburger
Postdampfer „Lessing“ ist hier eingetroffen.
Berlin, 12. April 1881
Verein für Geschichte der Mark Brandenburg. In der Sitzung vom 9. März d. J. las Hr. Referendar Holtze über das erste Buch des alten Berliner Stadtbuches. Er sieht in dem⸗ selben eine bald nach 1391 gefertigte Uebersetzung verschiedener latei⸗ nischer Zollrollen, begründete diese Annahme sprachlich und zeigte, wie einzelne Widersprüche des gegenwärtigen Textes sich durch Verbesse⸗ rung der gemachten Uebersetzungsfehler lösen lassen. Er ging dann näher auf die Martinizinsen dieses Stadtbuches ein, die seiner Be⸗ weisführung nach aus verschiedenartigen Abgaben bestanden, die alle ursprünglich in die Kasse des Stadtschulzen flossen und erst nach und nach, die letzten mit dem 1391 erfolgten Ankaufe des Schulzenamtes über Berlin und Köln Seitens der Stadt Berlin, an diese über⸗ gingen.
Die Sitzung vom 6. April 1881 eröffnete Hr. Professor von Sallet mit einem Vortrage über die ältesten Münzen der Mark. Er ging von der Betrachtung aus, wie die Nachrichten Pulcawa's über die älteste Geschichte der Mark Brandenburg, früher scharf angefochten, indessen schon von Riedel besser gewürdigt, jetzt durch die Zeugnisse der aufgefundenen Münzen nach vielen Richtungen hin auf über⸗ raschende Weise beglaubigt werden. Wir besitzen keine Münzen heid⸗ nischer Fürsten der Mark; die ältesten, welche wir bisher — seit 1841 — kannten, sind Denare des Wendenfürsten Pribislaw⸗Heinrich aus der Zeit nach seinem Uebertritt zur christlichen Kirche, also etwa 1130 — 1150. Zu diesen hat nun der im Jahre 1880 bei Michendorf hinter Potsdam gemachte Fund bedeutende Ergänzungen gebracht, vor allen die Erinnerungs⸗ oder, was wahrscheinlicher ist, Regentschafts⸗ münze, welche auf einer Seite jenen Heinrich, auf der andern seine Gemahlin Petrussa oder Petrissa zeigt und sich jetzt als ein Gegenstück zu dem bei Havelberg ausgegrabenen rohen Denare stellen läßt, der die Bildnisse Heinrichs und Albrechts des Bären vereinigt. Der Michendorfer Fund enthält ferner Brakteaten Albrechts des Bären, die nicht mehr, wie die bisher bekannten, im Westen, sondern in Brandenburg selbst geprägt sind. Zahlreich sind die Münzen Mark⸗ graf Otto's I., zum Theil schon bei Lebzeiten seines Vaters geschlagen und mit dem Balkenwappen der Askanier gezeichnet; Otto I. läßt deutsche Umschrift an die Stelle der lateinischen treten, wohl in be⸗ wußtem Gegensatz gegen den slavischen Prätendenten Jaczo, von dessen viel verbreiteten Brakteaten manche mit slavischer Umschrift versehen sind. Unter Markgraf Otto II. endlich erscheint auch der branden⸗ burgische Adler zum ersten Male als Münzzeichen. Zur Erläuterung des Vortrages wurden die seltensten und schönsten der besprochenen Stücke theils im Original, theils in Abbildungen vorgelegt. Hr. Oberlehrer Fischer las aus dem Reisetagebuche eines Junkers von
urg (1602 — 1609) die auf die Mark bezüglichen Abschnitte vor, namentlich die Beschreibung der Besuchsfahrt nach Dresden, welche Kurfürst Joachim Friedrich 1602 mit stattlichem Vasallengefolge unternahm. Hr. Geh. Archivrath Hassel machte Mittheilung von einem Schriftwechsel, der 1668 durch das Erscheinen eines jungen Mediceers, des späteren Großherzogs Cosimo III. von Toskana, in der Mark veranlaßt wurde. Der große Kurfürst fand es für gut, die persönliche Berührung mit dem aus Hamburg kommenden Prinzen zu vermeiden und ihm nur die Merkwürdigkeiten von Spandau zeigen zu lassen; ihr Bedauern über den verfehlten Besuch drückten alsdann der Kurfürst in einem von Oranienburg, der Mediceer in einem von Zossen datirten Schreiben aus. Unter den eingegangenen Vereins⸗ schriften, Geschenken u. s. w. erregte besonderen Antheil eine Arbeit Hänselmanns, der mit überzeugenden Gründen den Beweis führt, daß Herzog Leopold von Braunschweig 1785 seinen Tod in den Wellen der Oder bei Frankfurt nicht, wie der Heydebreck⸗Keßlerschen Ueber⸗ lieferung jetzt kritiklos nachgesprochen wird, in Folge zweckloser Ver⸗ wegenheit, sondern als ein Opfer reiner Menschenliebe gefunden hat.
Die Blumen⸗ und Pflanzenausstellung der Gesell⸗ schaft der Gartenfreunde wurde am Sonnabend Mittag von Ihrer Majestät der Kaiserin besichtigt. Ihre Majestät sprach Sich über die Gesammtleistungen der Aussteller sowie über das Arrangement huldvoll anerkennend aus, die erfreuliche Vervollkomm⸗ nung der einzelnen Fächer betonend, welchen die diesmalige Aus⸗ stellung zu Tage gefördert. Auch Se. Kaiserliche Hoheit der Kron⸗ prinz bekundete Sein Pehefalle. an dem Dargebotenen und unterhielt Sich eingehend über einzelne besonders interessirende Gegenstände. Geltend macht sich die Vervollkommnung zunächst unter der reich vertretenen Auswahl getriebener Sträucher (Flieder, Prunus, Viburnum, Kalmien, pontischen Azaleen der Firmen Weckmann, Neumann, Gude, Oberg. Elsholz) — getriebener
flanzen des Kalthauses — Cyrisus, Weigelia, Deutzien, Fuchsien — (der Firmen Neumann, Niemetz, Weckmann) — prononzirt blauer Cinerarien als Ersc für die Kornblume im Winter, (der Firmen Ebers, Niemetz, Camoß, Schumann) — getriebener Stauden des freien Landes: Clematis-Sorten — (Hofmarschall St. Paul), — getriebener Citrus (Firma Weckmann und Knippel — Döhren). Kulturen, welche sich von Jahr zu Jahr mehr vervollkommnen, sind vor⸗ nehmlich auf dem Gebiete der Rosenzucht (Firma Janicki, Wendt;) derjenigen der Azaleen (Firma Ebers, Weckmann, Speck) der der Cvy⸗ clamen und Primeln (Firma Wiehle, Tubbenthal⸗Königsberg i. Mark, Schmerwitz⸗Potsdam). Reichbluüͤhende Calla aethiopica (Firma Weise — Pappel⸗Allee) zu bemerken.
Auch auf dem Gebiete der Blattpflanzen des Warmhauses finden wir immer wieder Neues und Schönes, und wenn Einzelne darunter auch uns bekanntere Arten sind, ist doch gerade die Fülle der auf diesem Gebiete vorhandenen Arten und Abarten eine hervorragende. Geh. Kommerzien⸗Rath Heckmann (Oberg. Maecker) hatte uns eine reiche Kollektion dieser herrlichen Gebilde der Tropen vorgeführt und ist u. A. das Caladien⸗Sortiment eines der reichhaltigsten, welches wir seit Jahren gesehen. Die Gärten des Königlichen Kriegs⸗ Ministeriums, Obg. Elsholz, sowie der Garten Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Albrecht von Preußen hatten zur dekorativen Ausstattung des umes Rawesentliche Beiträge geliefert. Von Einzel⸗Kulturen sind sodann noch die prächtige Kollektion Hyacinthen (Firma G. A. Schulz), — die Nelkengruppe von Neumann, — das Eriken⸗Sortiment von Wiehle⸗ Schöneberg, — Amaryllis species, Konsul Schmidt (Oberg. Eggebrecht), — Coreen (Oberg. Mäcker), — Chorizema ileifol. (Oberg. Eggebrecht), — Camellia jap. Sort. (Oberg. Krüger, Königliches Justiz⸗Ministe⸗ rium) erwähnenswerth. Anßerordentliches hat das Gebiet der Baum⸗ schul⸗Artikel aufzuweisen, worunter namentlich die Sammlung von Laubholzarten⸗Neuheiten (Firma L. Späth), die Abthei⸗ lung von Obst (gezogenem Fheaeb Alleebäumen und Nadelhölzern 8. Späth, Lorberg osisch⸗Treptow) sich hevorthaten. Ein Sortiment der 99 Apfelarten des Chaussee⸗Aufsehers Kniep⸗Duder⸗ stadt erregte hinsichtlich der vollkommenen Ausbildung von Straßen⸗ obst und der Konservirung dieser Früchte unsere vollste Aufmerksamkeit.
Unter den Arrangements natürlicher sowie künstlicher Stoffblumen herrscht lüiss Wetteifer, Vollkommenes zu leisten, und ist es abgesehen von der Ausbildung im Gebiete der Bouquetbinderei, gerade bei uns, die Leichtigkeit und Schönheit im Arrangement betreffend, schwer zu sagen, wem hier der Kranz Fbühn. Jedenfalls ist die Nachbildung * licher Blumen von einer so täuschenden Ulendung, daß es in manchen Fällen einer auen Besichtigung bedürfen würde, um die Wirklichkeit an Stelle 82q4à1 treten zu lassen. Natürlich ge⸗ trocknete Gräser haben in der Darstellung der Makart⸗Bouquets, des Kaiser⸗Alexander⸗Kranzes, von J. C. Schmidt⸗Erfurt, in der Zusammenstellung sowie dem Pressen natürlicher Blüthen, Blätter in dem ihnen angehörenden Farbenton — einer Leistung der Frau A. Lerche . eine Höhe erreicht, Ne geradezu staunenswerth ist. Daß das neben⸗
stehende Feld der Gartengeräthe und Instrumente eine nicht mi Entwickelung bekundet, ist nur zu rühmen, da gerade auf Ui mincer biete man uns in England und Frankreich bisher weit voraus w 8 sowohl was Güte als was Fagon des Fabrikates anbetrifft. r, Von den ausgesetzten Preisen erhielten u. A.: die goldene Medaill Sr. Majestät des Kaisers: Obergärtner Mäcket für Gesammtleistun . das Ehrengeschenk Ihrer Majestät der Kaiserin, einen bemalten Blumas; tisch: Ebers für die Azaleen⸗Gruppe. Staatsmedaillen erhielten fa⸗ Sort. Laubholzarten Baumschulbesitzer Späth und Obergärtner Els⸗ holz für Gesammtleistung, Lorberg für Baumschulartikel. Die dene Vereinsmedaille wurde diesmal Neumann⸗Schöneberg für Fenl Marktpflanzen⸗Gruppe — ein Werthgegenstand von 100 ℳ — Wiehlee Schöneberg für Primulaceen nnd Cyclamen zuerkannt. Die große silber 4 Vereinsmedaille erhielten: Weckmann & Sohn für getrieben Sträucher, Janicke für getriebene Rosen, E. A. Schultz für Hee einthen, Hofmarschall Lt. Paul für getriebene Clematis, Garten Er Feai hen Hoheit des Prinzen Albrecht für Blattpflanzen⸗Kollektion⸗ O. Schaper für Bouquetbinderei, Kniep⸗Duderstadt für sein Obstsortiment, für Handelspflanzen eigener Kultur Wen mann für getriebene Citrus und getriebene Sträucher, Tebbenthal für Primula chinensis. Obergärtner Eggebrecht für reichblühende Einzel⸗ pflanzen, für Formobstbäume Baumschulbesitzer Späth. — Die Große silberne Medaille und50 ℳ für einen Plan zur Verschönerung des Dennewib⸗ platzes Obergärtner Kurtz, Thiergarten. — Die kleine silberne Medail⸗ wurde zuerkannt: Oberg. Elsholz für pontische Azaleen; Niemet Hasenhaide, für blüh. Einerarien; Gude, Hasenhaide, für Araucariz excelsa; Weckmann & Sohn für Marktpflanzen; Wendt, Hasenhaide für Theerosen und veredelte Rosen; Schmerwitz⸗Potsdam, für Primula chinens. compasta fl. pl.; Kamoß für blüh. Cinerarien: Weise für blüh. Calla aethiopica. Die bronzene Vereinsmedaille erhielten Hr. Buntzel⸗Niederschönweide für hochstämmige Stachel⸗ beeren, Frau Wendt für Blumen⸗Arrangements. Das Arrangement der Ausstellung hatte Hofgärtner Hoffmann ausgeführt.
Die Ueberschwemmungen in Andalusien haben nicht nachgelassen; im Gegentheile hat der Guadalquivir bei Sevilla eine Höhe erreicht wie nie zuvor; er steht 9 m über normaler Höhe und man fürchtet das Schlimmste für die ganze Stadt, wenn das Steigen nicht aufhört. Ueberall dringt das Wasser aus dem Boden In Malaga sind 40—50 Häuser in unmittelbarer Gefahr, vom Guadalmedina weggerissen zu werden. Bei dem Versuche, die Be⸗ wohner zu retten, sind 11 Menschen ertrunken. — 8
Das Erdbeben in Chios. Chios, schreibt ein Berichter⸗ statter der „Times“, der die unglückliche Stadt besucht hat, sieht aus als ob es einem furchtbaren Bombardement ausgesetzt gewesen wäre. Hunderte von Häusern liegen in Trümmern und unter ihnen begra⸗ ben wer weiß wie viel Hundert Menschen. Und was von Häusern noch steht, ist zerrissen und ohne Dach und kann jeden Augenblick ein⸗ stürzen. Jedes Gebäude in der Stadt hat mehr oder weniger schwer gelitten; die unglücklichen Einwohner irren umher, suchen nach Angehörigen, die sie vermissen und nach verlorenem Eigen⸗ thum, wagen aber nicht den Schutt wegzuschaffen, da es eine lebensgefährliche Arbeit ist, und die, welche es wagen wollen, werden von besorgten Verwandten und Angehörigen zurückgehalten. Furcht, Kummer und Verzweiflung ist auf jedem S zu lesen, und alle haben Leidensgeschichten und entsetzliche Erlebnisse zu erzählen. Der erste Stoß wurde Sonntag, Nachmittags 1 ½ Uhr, gefühlt, und gleich bei diesem ersten Stoße stürzten die Häuser zusammen. Ein wilder Aufschrei und dann ein minutenlanges grauenhaftes Schweigen, bis die Ueberlebenden sich gefaßt hatten und durch die engen Gassen auf die freien Plätze sich hinaus flüchteten. Bald kam ein zweiter furchtbarer Stoß und vollendete die Zerstörung. Dann ruhten die unterirdi⸗ schen Kräfte bis Sonnenuntergang, und nun wurde die Insel gerüttelt und geschüttelt wie zuvor, und die ganze Nacht hindurch folgten sich in kurzen Zwischenräumen die Erdstöße. Jedem ging ein dumpfes Geräusch vorher, wie von einer unterirdischen Explosion. Seitdem sind die Erschütterungen sehr häufig. Erst das unterirdische Getöse, dann der Stoß. Die alte gennesische Festung, die jetzt etwa 400 Häuser enthält, Wohnungen von Muselmännern und Juden, hat mehr als die übrige Stadt gelitten. Der Beoden sank dort ungefähr einen halben Meter, und alle Hänuser wurden dabei zerstört. Hunderte von Menschen müssen hier umgekommen sein. Dreißig mohamedanische Frauen waren in einem der Häuser versammelt, und keine von ihnen ist am Leben geblieben. Von einer medizinischen Kommission wird ernstlich in Erwägung gezogen, ob man nicht lieber den Trümmerhaufen mit Erde bedecken soll, als ihn aufzugraben. Zu retten ist Niemand mehr, und das Hervorziehen der Leichen könnte gefährliche Krankheiten her⸗ beiführen. Der südliche Theil der Insel soll noch mehr gelitten haben als Chios. In Tschesme, das auf dem Festlande liegt, sind verhältnißmäßig nur wenige Menschen umgekommen, etwa 10 von den 1200 Einwohnern, aber sämmtliche Häuser sind schwer beschädigt.
anama, 24. Februar. (Allg. Ztg.) Am 10. Februar wurde die Republik Guatemala von einem Frost heimgesucht, wie er daselbst seit vemee nicht vorgekommen, und dessen ver⸗ derblicher Einfluß auf den Pflanzenwuchs ohne Gleichen seit den Tagen der sprnischen Eroberung dasteht. Die kalte Luftwelle scheint aus dem Norden über die Cordillera durch Merxiko gekommen zu sein; sie hinterließ Spuren ihres Weges in verschiedenen Theilen dieses Landes, sowie in San Marcos, Costa Cuca und Costa Grande, bis sie Guatemala erreichte, wo sie die volle Kraft ihrer Zerstörung an den tropischen Pflanzen und Früchten, ausließ, welche bei ihrer Berührung wie vor einer fressenden Flamme welkten und verdorrten. Im Bezirk Sacatepequez wurde jede Hacienda mehr oder weniger beschädigt, aber der größte Schaden fiel auf den Theil des Thales, in welchem die Retama⸗Güter liegen, und dann an dem Weg entlang nach Ciudad Vieja, bis zu der Guarda dieses Namens. So stark war der Frost, daß an vielen Stellen Eis gebildet wurde, welches noch am nächsten Morgen mit Leichtigkeit gesammelt werden konnte; selbst an geschützten Stellen, wie auf den Balkonen der Häuser, fror das Wasser in den Gefäßen zu bedeu⸗ tender Stärke. Nach dem Frost boten die Kaffeeplantagen und Zuckerfelder einen Anblick, als wäre eine Feuersbrunst über sie hinweggegangen. An den stärksten wie den jüngsten Kaffeebäumen waren die Blätter entfärbt und verdorrt, so daß sie bei der geringsten Berührung in Stücke brachen, und selbst die kleineren Zweige hatten gelitten, während in den Zuckerfeldern die stehenden Rohre erfroren und ertödtet sind. Der durch dieses seltene Phänomen verursachte Schaden wird im Ganzen auf eine bis zwei Millionen Dollars ge⸗ schätzt, und es wird noch mehrere Jahre dauern, bis die heimgesuchten Plantagen wieder ihren gesunden Zustand erreichen werden.
Im Germania⸗Theater findet morgen ein Benefiz für den beliebten Komiker Hrn. Heinrich Fischbach statt.
Hr. Alwin Weiße, ein ehemaliger Schüler des Hrn. Otto⸗ Dienel, giebt morgen, Mittwoch, Abends 71 Uhr, in der Beth⸗ lebems lirche ein Concert zu wohlthätigem Zwecke. rl. — Krottnaurer, Frl. Siehbert und Hr. Koch werden in demselben da bekannte Terzett von Dienel „Gott, deine Güte reicht so weit“, un mehrere Arien und Duette singen; Hr. Kammermusikus König we⸗ einsge Compositionen für Cello und Orgel vortragen und Hr. Welfr mehrere passende Orgelnummern spielen. Billets à 1 ℳ verkauf Hr. Dienel, Tempelhofer Ufer 30.
4
1 Redacteur: Riedel. 8 Verlag der Expedition (Kessel). Druck: W. Elsner.
82 Fünf Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage). b “ *
82 4 8 *
Erste Bei 1 a ge en Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußi
——
Deutsches Reich.
Berlin, Dienstag, den 12. April
v111“ 4 1
; 8 1 EEE161618 1 — der in den deutschen Münzstätten bis Ende März 1881 stattgehabten Ausprägungen von Reichs⸗Gold⸗ und ⸗Silbermünzen.
1) Im Monat März Goldmünzen
Silbermünzen
Doppel⸗ Halbe Kronen Kronen
ℳ ℳ ℳ
1881 sind geprägt wor⸗
8 Kronen den in:
Hiervon auf Privatrech⸗ nunggeprägt
Fünfzig⸗ Zwanzig⸗ Pfennig⸗ Pfennig⸗ stůücke stücke
Fünf⸗ Zwei⸗ Ein⸗ Markstücke Markstücke Markstücke
8 —
Karlsruhe... — 350 000 —
350 000 — — —
Summe 1. — 350 000 2) Vorher waren geprägt 1 270 509 920 451 766
350 000
95 101 026 942]152 211 435
3) Gesammt⸗Ausprägung .1 270 509 920 452 116 580 57 4) Hiervon wieder eingezogen 342 000 265 610 3 985
27 969 925430 341 920 27 969 925430 691 920
— —σ2
n %1105 2
+‿9 Gꝝ
—]— ——
5 101 026 942]152 211 435 2 940 1 786
5 8
5) Bleiben .1 270 167 920 451 850 97027 965 940 1 749 984 830 ℳ
—◻
1 1y1bolne
2
101 024 002[152 209 649ʃ71 485 62 427 087 186,40 ℳ
t
Neichstags⸗Angelegenheiten. (Schluß aus dem Hauptblatt.)
Daß die Annahmen und Berechnungen, von welchen die vor⸗ stehend wiedergegebenen Aeußerungen ausgehen, in französischen Schiff⸗ fahrtskreisen allgemein getheilt werden, beweist der Eifer, mit welchem man in Frankreich die Vortheile und Vergünstigungen des Gesetzes ohne Verzug sich zu Nutze zu machen sucht. Nach eingegangenen Be⸗ richten ist in allen wichtigeren französischen Häfen bereits jetzt eine außerordentliche Zunahme der Thätigkeit auf den Schiffsbauwerften zu beobachten. Und ebenso regen sich von allen Seiten die Bemühungen, um neue Schiffahrtslinien einzurichten oder die bestehenden zu ver⸗ größern und zu erweitern. Auch hat das Gesetz bereits die Gründung eines Geldinstituts, des Crédit foncier-maritime de Francè, mit einem
Kapital von 25 Millionen Franken zur Folge gehabt, dessen Aufgabe
es sein wird, durch Gewährung amortisirbarer Darlehen auf Schiffs⸗ ypotheken und andere Mittel dem Schiffsbau und dem Rhederei⸗ etrieb neue Anregung zu geben.
Das System der Schiffahrtsprämien hat den Mittelpunkt der anzen Diskussion über das Gesetz gebildet, und bei dieser Frage aben die Vertreter der verschiedenen Lehrmeinungen über die wirth⸗
schaftlichen Aufgaben des Staats am entschiedensten gegen einander Stellung genommen. 3 Uebereinstimmung herrscht zwar auf allen Seiten dahin, daß für
die französische Handelsmarine etwas geschehen müsse und zwar über dasjenige hinaus, was im Artikel 4 des Gesetzes wegen Gewährung
8
mwo man dem Auslande das Frachtgeschäft überlasse, werde man einen
1*
7 “
16.
on Schiffsbauprämien bestimmt ist. Die Nothwendigkeit der Wieder⸗ belebung der französischen Handelsmarine für Frankreich und durch Frankreich kehrt in allen Ausführungen wieder. Man will die 400 bis 500 Millionen Frachtgewinn, welche das Transportgeschäft der ranzösischen Handelsmarine jährlich abwirft, sich nicht schmälern lassen nd stellt das Beispiel Englands gegenüber, welches bei seinem Schiffs⸗ estande von 8 Millionen Tonnen und bei seinem Frachtgewinn von rund 2 Milliarden die zu seinen Ungunsten ausfallende Handelsbilanz ruhig mitansehen könne. Man vermißt eine genügende Vertretung der französischen Flagge in den entfernten Meeren und man anerkennt, aß die französische Industrie sowie der Handel von und mit Frank⸗ reich darunter leiden; denn die Handelsmarine sei die Dienerin aller übrigen Industrien, des Ackerbaues und des Handels. An dem Tage,
tödtlichen Stoß gegen alle Industrien des Landes führen. Es sei ein Widersinn vom nationalen Standpunkte aus, ausländischen Kon⸗ kurrenten, industriellen Rivalen die Besorgung des Transportgeschäfts u überlassen. Wenn man diese wähle, um einheimische Erzeugnisse in das Ausland auszuführen, so setze man sich allem möglichen Ver⸗ rath aus, nicht nur der Mitbewerbung, sondern binnen Kurzem auch der Waarenfälschung. Es wird dagegen protestirt, die Frage der Handelsmarine nur vom Standtpunkte des Kaufmanns aus betrachten zu wollen, vom egoistischen Standpunkte des Kommissionärs, welcher sich an die fremde Flagge wendet wegen der Chance eines ephemeren Gewinns. Man erinnert daran, daß die Handelsmarine und ihre Kapitäne es gewesen, welche Komptoire im Auslande gegründet und gewinnbringende Beziehungen zwischen Frankreich und dem Auslande dadurch hergestellt haben, daß diese Kapitäne auf Grund der einge⸗ leiteten Beziehungen zum Auslande alsdann in der Heimath Rhederei⸗ peschãfte gegründet. vie Schiffahrt sei nicht eine einfache Transport⸗ besorgung. Denn der Schiffsführer im Auslande werde, wenn er nicht Rückfracht für andere Rechnung finde, für Rechnung seines Rheders eventuell eine eigene Handelsoperation für sein Schiff unternehmen.
8 Diese Schiffsführer seien die besten commis voyageurs für das über⸗
seeische Geschäft. Mit
ülfe fremder Vermittler und Agenten werde
man fremde Märkte nicht zurückerobern, wenn sie einmal verloren
“
ꝛTempo zu ermöglichen, damit sie den in die
8
Auslande, um französischen Einfluß, französischen Handel und fran⸗ zösische Landeserzeugnisse mit Hülfe der französischen Flagge einzu⸗ bürgern. Deshalb will man der Handelsmarine belfen, um ihr den Uebergang von der Segelschiffahrt zur Dampfschiffahrt in schnellerem t 1 er Beziehung bereits vor⸗
geschritteneren Flaggen sich als ebenbürtig erweise. — 2 die Meinungen im Wesentlichen nur darüber, ob das vorgeschlagene Mittel der Schiffsprämien für den gewollten Zweck sich als wirksam erweisen werde. Und selbst diejenigen, welche
gegangen. Man will direkte Felage haben mit dem fernen
ddie Schiffahrtsprämien bekämpfen, nehmen keinen Anstand, auf dem
e“
Gebiete der Prämien für den Schiffsbau hierfür eine Kompensation anzubieten, indem sie über die in Artikel 4 vorgesehene Ziffer hinaus
keeine Erhöhung dieser Prämien Als bezeichnend für die hengeren Grenzen, in welchen auch hier die Gegensätze sich bewegt haben,
mögen aus einer großen Anzahl ähnlicher Betrachtungen nachfolgende eußerungen hier Platz finden, durch welche zwei bei der Berathung der Angelegenheit für und wider hervorragend betheiligte Abgeordnete dem Zustandekommen des Gesetzes die Wege ebneten. Beide Ab⸗ geordnete gehören der freihändlerischen Richtung an. Der Eine, welcher die Schiffahrtsprämien befürwortet, basgern: „Ich bin Ra⸗ dikaler und Freihändler, aber je nach Bedürfni — ich nach au politischem und wirthschaftlichem Gebiete, weil es Unsere Pflicht ist, Ach zu geben auf die Bedürfnisse Frankreichs und auf seine Interessen.“ Und der Andere, welcher die Schiffahrtsprämien im Prinzip verwirft, sagt: „Streitereien über Lehrmeinuugen sind gut für Bücher, Zeitschriften und Zeitungen. In den Parlamenten tragen sich die Sachen anders zu. Man verständigt sich, man unterhandelt. Jeder giebt etwas von dem Seinigen dazu, und man gelangt zu etwas, was vielleicht nicht alle Welt befriedigt, aber doch soviel ist, als man vom Staate er⸗ warten darf.“ — Zwar hat es von Seiten der Vertreter der extremen Richtung des wirthschaftlichen Gehenlassens an den üblichen Einwendungen gesene jede staatliche Unterstützung auch bei diesem Anlaß nicht gefehlt. 1 Es wird davor gewarnt, daß, wenn man auf diesem Wege an⸗ fange, private Unternehmungen zu unterstützen, andere Unternehmungen folgen würden, und dies verderblich sein könne für die Finanzen des Staats. Das Prinzip der Handelsfreiheit streite gegen derartige Prä⸗
mien. Der Unternehmungsgeist der framöstschen ie
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höheren
durch gelähmt und die Routine befördert werden. Es müsse ohne künstliche Mittel sich erweisen, ob Frankreich eine große Handels⸗ marine haben wolle und könne.
Das französische Parlament hat sich unter diese und ähnliche Eindrücke nicht gestellt, wie es durch seine Abstimmung bewiesen, die insbesondere im Senate fast mit Einstimmigkeit für das Gesetz einschließlich des Artikels über die Schiffahrtsprämien erfolgte.
Einwendungen gegen das Gesetz waren auch aus den kollidirenden Interessen einzelner französischer Seehandelsplätze hergeleitet worden. Ueber diese Einwendungen, die in der parlamentarischen Diskussion nachher zurückgetreten sind, äußert sich der Berichterstatter der mit der Vorbereitung des Gesetzes betrauten parlamentarischen Kommission unter Anderm folgendermaßen:
„Es giebt Ueberzeugungen, für welche die Vernunft allein nicht bestimmend ist; und unter den schlimmsten in dieser Beziehung steht in erster Linie der Geist des Sonderinteresses mit seinem Gefolge von Ueberlieferungen, Widerstand und Anmaßungen. Das ist die Richtung, deren spärliche Vertreter uns noch Widerspruch entgegen⸗ setzen. Ihr Ansehen ist groß und berechtigt, denn es sind die Handels⸗ kammern von Marseille und Bordeaur
Wir haben im Laufe unserer Erörterungen gezeigt, wie sehr Handel und Industrie eines Volkes mit seiner Herrschaft auf dem Meere solidarisch sind, wie sie mit dieser zugleich gewöhnlich zurück⸗ gehen und verfallen
Freie Städte und Freihäfen haben hierfür mehr als ein Beispiel geliefert, und so oft auch die Geschichte uns dieselben mächtig, reich und geehrt zeigt, so haben sie doch auch oft ihre Bestimmung gesucht und gefunden in der Ausbeutung des Meeres durch Fremde, welche sie in ihrem Solde hatten
Antwerpen wurde ausgebaut; es sollte der große Hafen des Nordens werden. Die ganze Welt sollte sich dort Stelldichein geben, alle Flaggen sollten dort wehen — nur die belgische Flagge nicht. Von welchem Gewichte würde unter solchen Umständen die Stimme
der Handelskammer von Antwerpen sein, wenn man dieselbe in Sachen
einer nationalen Marine hören wollte. Wenn Belgien noch einmal vor dieser Frage stünde, die belgischen Kammern würden aus anderer Quelle ihr Urtbeil schöpfen; sie würden die Stimme Antwerpens nicht mehr für hinreichend unparteiisch halten.
Liegt die Frage nicht ebenso bei dem mächtigen Gemein⸗ wesen von Marseille? Unbestrittene Königin auf dem großen Becken des Mittelländischen Meeres durch Ueberlieferung, Besitz, Reichthum und Einsicht sieht diese Stadt ihr Uebergewicht und ihre Herrschaft in demfelben Maße wachsen, in welchem die Handelsmarinen zweiten Ranges auf diesem Gebiete sich machtloser erweisen. Die Marinen Italiens, Griechenlands und der Levante bringen ihr in Unterwürfigkeit Tribut dar und diese Unterwürfigkeit selbst ist es, welche sie zu gezwungenen Besuchern des ausgedehnten Stapelplatzes macht. Wir dürfen ohne Furcht, Lügen gestraft zu werden, sagen, daß in Marseille wie in Antwerpen lokale Interessen über die nationale Idee die Oberhand gehabt haben.
Auch Bordeaur ist mit seiner Handelskammer kein Freund der Unterstützungen für die Rhederei gewesen. Einst hat dieser Hafen der Gironde in hellem Glanze gestrahlt zu jener Zeit des Kolonial paktes, als Dupleix und seine Nacheiferer Französisch⸗Indien gründeten. Als unsere Kolonialmacht verloren ging, da erschloß sich zu gleicher Zeit der verborgene Reichthum des weintragenden Bodens. Es ent⸗ sprangen ihm neue Quellen von Reichthum, aus deren Ueberfluß man nun Alles und ausschließlich schöpfen wollte. Es bedurfte eines sicheren und dauernden Absatzmarktes, und daher die bis zur Ueber⸗ treibung kultivirte freihändlerische Idee, welche sich der Theorie der nach Nationen vertheilten Produktionsbefähigung bemächtigte, und als Folge hiervon den Untergang jener großen Schiffsindustrie als selbstverständlich hinnahm, die einst die Ehre der Stadt und der Reichthum ihrer Bürger gewesen war. b118
Ist der Patriotismus von Bordeaux glücklich inspirirt gewesen bei der sehr kategorischen Betonung seiner Lieblingsideen; ist er nicht, halb unbewußt, jenen mehr spekulativen wie praktischen Ideen der Gironde gefolgt, welche mit dem lokalen Interesse eben so sehr in Widerspruch stehen, wie mit dem Nationalinteresse? Auf wirthschaft⸗ lichem Gebiete, welchem die Handelsmarine in Frankreich nicht nur als ein Bruchstück, sondern als dessen vollkommenster Ausdruck an⸗ gehört, sind alle Interessen solidarisch mit der Maßgabe, daß das eine Interesse die anderen Strömungen nicht aufhalten, sie nicht ab⸗ lenken und hemmen soll. Darum ist das Sonderinteresse eine ge⸗ fährliche Waffe, welche sich immer gegen die Unbesonnenen wendet, die sich ihrer bedienen.“ I
Die Frage, welche Wirkung das Gesetz in internationaler Be⸗ ziehung haben werde, ist in dem französischen Parlamente besonders lebhaft erörtert worden.
Von der einen Seite wurde darauf hingewiesen, daß die Unter⸗ stützung der französischen Flagge durch Prämien den internationalen Verträgen über die Gleichberechtigung anderer Flaggen in französischen Häfen widerspreche. Es werde dieses System zu diplomatis
chwierigkeiten und Repressalien führen; die anderen Staaten würden nicht ruhig zusehen, bis die französischen Schiffe mit Hülfe der ihnen zufließenden Prämie in fremden Häfen den dort heimathlichen Schiffen die Fracht streitig machen würden. Es werde das Gesetz mit seinen Schiffahrtsprämien, namentlich bei seiner auf 10 Ja begrenzten Dauer, England nicht hindern, die französischen Frachts⸗ noch zu unterbieten. Es werde dann mit Ablauf des betreffenden zehnjährigen Zeitraums die französische Flagge zu Grunde gerichtet sein, wie dies von Seiten einer reichen und mächtigen Induftrie gegen⸗ üͤber einer leidenden Industrie leicht ausführbar erscheine u. A. m.
Von der anderen Seite wurde betont, daß kein Ver⸗ tragsrecht und kein internationales Prinzip der staatlichen Unter⸗ stützung der franzöͤsischen Flagge durch Prämien entgegenstehe. Es sei in den internationalen Verträgen nur verein daß man fremde Schiffe in französischen Häfen kommen und n lassen werde unter denselben Bedingungen der Zollgesetzgebung und des internationalen Rechts wie die einheimischen; man habe nichts weiter versprochen, als daß man fremde — nicht mit anderen und
Lasten belegen wolle wie die LE 8 1— “
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franzoͤsischen Fahrzeuge. Re⸗
pressalien werde man im Auslande berechtigter Weise nur ausüben können, indem man die Einführung von Prämien in Frankreich durch Einführung gleicher Prämien im Auslande beantworte. Indessen sei in dieser Beziehung die Gefahr nicht groß, denn die anderen Nationen hätten nicht immer so blühende Budgets wie Frankreich, und speziell von Deutschland und Italien brauche man nicht zu fürchten, daß die⸗ selben an ihre Parlamente ein derartiges Ansinnen stellten. Ulebri⸗ gens erleide das, was man vom internationalen Standpunkte aus gegen die im Gesetze vorgeschlagene Prämien sagen könne, in gleichem Maße auch Anwendung auf die Postsubventionen. Gegen diese letzteren sei indessen von keiner Seite je reklamirt, dieselbe Vin dich tung vielmehr auch in allen außerfranzösischen Ländern getroffen wor⸗ den, wie denu überhaupt das Ausland auf dem von Frankreich jetzt betretenen Wege, das nationale Interesse an ihrer Handelsmarine durch Privilegirung der letzteren zu bekunden, schon lange voran⸗ gegangen wäre.
Von Seiten der Regierung wurde dieser Frage zwischenstaat⸗ lichen Rechts bei Erörterung der bereits oben Seite 8 berührten Frage wegen Ausdehnung der den Schiffen für große Fahrt zuge⸗ dachten Schiffahrtsprämien auf Schiffe der großen Küstenfahrt näher getreten. Es wurde dabei ausgeführt, daß, wenn Frankreich in dem gegenwärtigen Augenblicke denjenigen Schiffen, welche auf der großen Küstenfahrt in den euröpäischen Meeren verkehren, Prämien bewilligen wollte, hieraus die Unmöglichkeit sich ergeben würde, mit europäischen Mächten in Vertragsverhandlungen einzutreten. Die Gewährung von Prämien an Schiffe, welche in ferne Meere segeln, wo Frankreich keine Handels⸗ und keine Schiffahrtsverträge habe, werde keine Ver⸗ legenheiten bereiten können. Anders in den europäischen Gewässern. Dort werde Frankreich die bestehenden Verträge nicht aufrechterhalten, nene nicht schließen können. Denn die fremden Staaten würden diese Prämie nicht gleichstellen können den Subventionen für den Postdienst, da diese letzteren auf Grund besonderer Verträge bewilligt würden, welche bisweilen ziemlich schwere Bedingungen auferlegen.
Daß auch diese Postsubventionen ein wichtiges Glied in der Kette von Vergünstigungen bilden, welche Frankreich in nationalem In⸗ teresse seiner Handelsmarine gewährt, beweist die hohe Summe von jährlich fast 24 Millionen, welche aus staatlichen Mitteln dafür ver⸗ ausgabt wird. Diese Subventionen vertheilen sich auf die
Linie unch Fehft⸗ v1111“ 375 000 Fr. gin; Mi meer ; 5592*⸗ Linie Brasilien⸗Plata mit. 4 382 263 8 Linie New⸗York und Antille mit 9 958 606 „ Linie nach Indien und China mit 8 573 024 „ Linie nach Algier und Tunis mit 493 500
im Ganzen. 23 782 393 Fr.
Gleichzeitig mit der Veröffentlichung des Gesetzes wegen der allgemeinen Unterstützung der Handelsmarine ist der Grund zu einer weiteren subventionirten französischen Dampferlinie gelegt worden. In Erwägung, daß die französische Flagge in den australischen Gewässern nicht genügend vertreten sei, daß der Antheil des französischen Handels nach und von Australien nicht den, der Bedeutung Frankreichs entsprechenden Umfang habe, daß der französischen Industrie dort neue Märkte zu eröffnen und daß jetzt hierfür die Verhältnisse um so günstiger lägen, als auf den Aus⸗ stellungen von Sydney und Melbourne Frankreich Fuß gefaßt, wird die Errichtung einer subventionirten Dampferlinie von Frankreich nach Australien beschlossen, mit Anfchluß nach Neu⸗Caledonien. Die Linie würde, unter Vorbehalt späterer Verdoppelnng der Reisen und ent⸗ sprechender Erhöhung der Subvention, vorläufig dreizehn Hin⸗ und Herreisen einzurichten haben und dafür rund 3 300 000 Fr. erhalten.
lus der allgemeinen Begründung des, die Gewährung der Subvention regelnden Gesetzes verdient folgender Absatz Erwähnung:
„England besitzt bereits zwei Dampferlinien nach Australien; Hamburg (2) wird binnen Kurzem ebenfalls eine dorthin einrichten. Die Mitbewerbung verallgemeinert sich und Frankreich beansprucht einen direkten Antheil an dieser vielversprechenden Thätigkeit. Um praktische Ergebnisse zu liefern, können diese Bestrebungen der Hülfe des Staats nicht entbehren und diese ist in nutzbringender Weise stets gewährt worden, sobald es sich darum gehandelt hat, unserem Güteraustausch die Wege nach entlegenen Märkten zu ebnen. England hat das Beispiel gegeben für die Benutzung der Postdampfer als Pioniere für zu gründende oder zu erweiternde Handelsbeziehungen.“
Ueber die Wirkung, welche die Errichtung subventionirter fran⸗ zösischer Linien gehabt hat, kommen einige Ziffern zur Sprache. So wird beispielsweise ausgeführt, daß vor Errichtung der subventionirten Dampferlinie von Bordeaur nach Brasilien, Argentinien und Uruguay der französische Handel mit diesen drei Ländern nur 200 Millionen Franken betragen habe, während er sich nachher um 237 Prozent ge⸗ hoben und demgemäß auf 475 Millionen gestiegen sei. Vor Ein⸗ richtung des Postdienstes nach Indien und China hat der ganze Han⸗ del Frankreichs mit Hinterasien 97 Millionen nicht überstiegen, davon fielen auf Englisch⸗Indien 67 Millionen; auf China, Cochinchina und Oceanien nur 9 ½ Millionen. Im Jahre 1879 erreichte derselbe die Höhe vöͤn fast 400 Millionen, und Lvon war in Europa der Hauptmarkt für chinesische und japanische Seide geworden. G
In den Erörterungen über das Ausland, zu welchen, wie bereits oben bemerkt, die Berathungen über das französische Gesetz den Anlaß gegeben haben, nimmt 88G and die erste Stelle ein, sowohl als Bei⸗
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spiel für die dort im Interesse und zur Unterstützung der eigenen Handelsmarine gethanen Schritte, wie auch in Hinsicht auf die Be⸗ urtheilung, welche vom Standpunkte des zwischenstaatlichen Rechts die in Frankreich einzuführenden Prämien finden würden. In letzterer Beziehung wurde bei den Berathungen darauf hin⸗ gewiesen, daß bereits Stimmen aus England sich vernehmen ließen, wonach man dort in den Prämien eine Verletzung der der englischen Flagge zugesicherten Gleichbehandlung erblicke und den Fall zum Aus⸗ ang von Revpressalien nehmen werde. Inzwischen hat zu diesem heil der Frage, nach einem zur „ des englischen Parlaments gebrachten Schriftwechsel zwischen dem britischen Auswärtigen Amt und der großbritannischen Botschaft in Paris, die britische Regierung Stellung genommen. Danach sind zufolge Gutachtens der englischen Kronjuristen die Prämien nicht im eigentlichen Sinne als eine Ver⸗ letzung des britisch⸗französischen Handelsvertrages anzusehen. Indessen werden dieselben als im Widerspruch mit dem Geist und der Absicht derartiger Verträge bezeichnet, und bei neuen Vertragsverhandlungen mit Frankreich soll dieser Gesichtspunkt im Auge behalten werden. insichtlich des anderen Theils der Frage, inwiefern England mit Privilegien für seine eigene Handelsflotte Frankreich bereits vor⸗ ausgegangen sei, wird namentlich auf einen Punkt in den parlamen⸗ tarischen Verhandlungen Nachdruck gelegt: Es wird daran erinnert, daß in England die Ausstattung der Häfen mit den zugehörigen Bauten, Ansagen und Einrichtungen nicht durch den Staat und aus staatlichen Mitteln erfolge, wie in Frankreich, sondern durch private Gesellschaften oder Selbstverwaltungskörper, welche dementsprechend auch das Recht hätten, zur Verzinsung und Amortisirung des auf⸗ ndeten Kapitals ihrerseits die Hafenabgaben zu erheben. Bei eesen Hafenabgaben, welche die bedeutende Summe zwischen 100 und 115 Millionen A 23,29 ausmachen und fast 2 ½ Fr. auf jede Tonne der in den englischen Häfen stattfindenden Schiffsbewegung von über 40 Millionen Tonnen ergeben, fände die eigenthümliche Einrichtung statt, daß englische Schiffe vor den Ssischen eine Be⸗ indem die ersteren zu diesen Abgaben nicht in
leichem Maße itrügen, wie die letzteren. Es geschehe dies in de