1881 / 94 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 22 Apr 1881 18:00:01 GMT) scan diff

SGSFrroßbritannien und Irland. London, 20. April.

(Allg. Corr.) Der Marquis von Hartington kehrte gestern von Paris hierher zurück. General Sir Frederik Roberts traf gestern mit seinem Stabe, vom Kap zurück⸗ kehrend, an Bord des Postdampfers „Trojan“ in Plymouth ein und begab sich nach London.

22. April. (W. T. B.) Die Leiche Lord Beacons⸗ fields wird am nächsten Dienstag in der Familiengruft zu Hughenden beigesetzt werden. Der Premier Gladstone beabsichtigt, am nächsten Montag in der Sitzung des Unter⸗ hauses ein Beileidsvotum anläßlich des Ablebens Lord Beaconsfields zu beantragen und das Haus zu ersuchen, als 8 der Achtung für das Andenken des Verstorbenen die

itzung sofort aufzuheben.

Aus Kandahar wird der „Times“ unterm 17. d. telegraphirt: Die Räumung Kandahars hat nunmehr begonnen. Heute früh marschirten das 8. bengalische Kavalle⸗ rie⸗Regiment und das 4. und 10. bengalische Infanterie⸗Regi⸗ ment unter dem Befehle des Brigade⸗Generals Henderson aus. Der Rest seiner Brigade, nämlich eine Feldbatterie und das 7. Infanterie⸗Regiment, geht morgen ab. Brigade⸗ General Centon, mit den 78. Hochländern, einer Feldbatterie, dem 17. bengalischen eingeborenen Regiment und dem 1. Be⸗ ludschistan⸗Regiment marschiren am 20. d. und der Rest der Truppen, welchen sich General Fume und der Generalstab anschließen, am 22. d. Der Gouverneur des Emirs, Sirdar Mahomed Hashim Khan, hielt gestern Morgen seinen feier⸗ lichen Einzug in die Stadt. Die Truppen bildeten Spalier in den Straßen, eine Ehrenwache war im Hofe seines Hauses aufgestellt, und 17 Salutschüsse wurden bei seinem Betreten der Stadt abgefeuert. Kurz nach seiner Ankunft stattete der⸗ selbe dem Obersten St. John einen Besuch ab, den dieser Nach⸗ mittags erwiderte. Später ritt er ins Lager, um den General Fume zu begrüßen, welcher den Besuch heute Vormittag er⸗ widerte. Der Sirdar ist ein Jüngling im Alter von 19 bis 20 Jahren. Sirdar Shamsuddin Khan, der eigentliche Gou⸗ verneur, ist ein intelligent aussehender Mann von 45 Jahren. Große Volksmassen hatten sich in den Straßen ange⸗ sammelt, um den Einzug mit anzusehen; allein es bekundete sich kein Enthusiasmus wie bei der Ankunft des Siedars Schir Ali Khan, des früheren Wali, vor ungefähr zwei Jah⸗ ren. Die etwa 1000 Mann starke Kabuler Kavallerie zog heute Morgen an der Stadt vorüber, um den gestern von unserer Kavallerie geräumten Vorposten am Khokaran zu be⸗ setzen. Die Infanterie und Kanonen befinden sich noch immer in einiger Entfernung und werden erst nach unserem Ab⸗ marsch am 22 ds. in die Stadt einziehen, während ein Tags zuvor eintreffendes Regiment die städtischen Thore und die Zitadelle besetzt. Es wird offen angekündigt, daß der Emir im nächsten Monat selber mit mehr Truppen nach Kandahar kommen und Herat sofort angreifen werde. Aus Herat treffen fortwährend alle möglichen vagen Gerüchte ein; allein es scheint, daß Eyub seine ganze Macht darauf konzentrirt, gegen den gedrohten Angriff von Turkestan zu rüsten. Die Snd Barakzais haben die Autorität des Emirs aner⸗ annt.

Frankreich. Paris, 20. April. (Fr. Corr.) Wie aus Bona, 19. April, berichtet wird, ist die Konzentrirung der französischen Truppen an der algerisch⸗tunesi⸗ schen Grenze fast vollendet. Es wird hervorgehoben, daß

im Interesse der der Truppen die stengsten Maß⸗

regeln für den Marsch vorgeschrieben sind; namentlich ist den Truppen verboten, sich von der Kolonne zu entfernen, um aus den Quellen und Bächen zu trinken.

Ueber den voraussichtlichen Aktionsschauplatz in Nordafrika schreibt die „Allg. Ztg.“:

Den nördlichen Theil der Regentschaft durchströmt der bedeu⸗ tendste Fluß des Landes, der Mezerda (Medscherda), der schon in alter Zeit unter dem Namen Bagradas von Bedeutung war; denn in dem von ihm gebildeten Thale, an der algerischen Grenze Rakba, nordwestlich von Dschbel Gorra, Dakla genannt, entstanden nach und nach phönicische, römische und andere Städte, zum Beispiel Bulla Regia, Vaga (heute Beza), Besica⸗Lucana (heute Testur), Membressa (Medzes el Bab), Thuburbo⸗Minus (heute Teburba), Utica (heute Bu Schater) u. s. w., von denen noch zahlreiche Ruinen vorhanden sind. Das Mezerdathal ist die wichtigste natürliche Verbindungslinie zwischen Algerien, in welchem Lande der Fluß entspringt, und Tunis, welches er in zahlreichen Krümmungen in der Richtung nach Ostnordost durchströmt. Deswegen wurde auch die französische Eisenbahn von Tunis an die algerische Grenze in diesem Thale gebaut, das sie bis Ghardimau, wenige Meilen von der algerischen Grenze, durchzieht. Nördlich des Mezerda, nahe der algerischen Grenze bis zum Cap Roux erheben sich mächtige Ausläufer des Atlasgebirges, der Dschbel Gorra, Dschbel Digma, Dschbel Edissa, Dschbel Adeda, Dschbel Chmir (Chumir, jedoch fälschlich Krumir genannt, was der arabischen Schreibweise nicht entspricht). Desgleichen begleiten den Fluß auf der Südseite mächtige Bergzüge. In diesen Gebirgen nun haust eine zwar tapfere und unternehmende, aber unbotmäßige Bevölkerung, in zahlreiche Stämme zersplittert, von denen uns jedoch vorläufig blos die Chmir, die Uschtata, die Beni Mahasen und die Uarga inter⸗ essiren, weil diese es sind, mit denen die Franzosen zunächst in Be⸗ rührung kommen werden. Alle diese Stämme leben mehr oder weniger

atriarchalisch unter ihrem Kaid, treiben Ackerbau oder Viehzucht und ümmern sich nur wenig um die Autorität des Bey in Tunis. Man schätzt die Zahl ihrer waffenfähigen Männer auf etwa 20 000. Diese im Waffengebrauch und in der Todesverachtung geübten Stämme werden den Franzosen genug zu schaffen geben, besonders wenn sie dieselben in ihren heimathlichen Bergen aufsuchen wollen. Bekommen sie aber was wahrscheinlich Unterstützung von Seiten der weiter südlich wohnenden Stämme, besonders des mächtigen Stammes Drid, dann werden die Franzosen einen äußerst schwierigen Stand haben, falls sie nicht mehr Mannschaften bericbrrstchicen, als bis jetzt in Aussicht genommen sind. Gegenwärtig befinden sich an der Grenze außer der Garnison von La Calle noch Zuaven und Artillerie aus Konstantine, Infanterie und Husaren aus Guelma und Bone und einigen anderen, im Ganzen etwa 20 000 Mann; doch wird der Trup⸗ pentransport fortgesetzt.

(Cöln. Ztg.) Der englische Delegirte Kennedy traf heute in Paris ein, um die Verhandlungen über den Handelsvertrag zu eröffnen. Der Handels⸗Minister be⸗ zeichnete einen Direktor des Handels, um mit Kennedy in Vorbesprechungen zu treten. Gestern trat der obere Handels⸗, Ackerbau⸗ und Gewerberath zusammen; die Session wird nur kurze Zeit währen, ist aber wichtig, da er sein Gutachten über die Zugeständnisse, die beim Abschluß der Handelsverträge zu machen find, abgeben soll.

ter Budgetausschuß beendigte gestern seine Arbeiten und vertagte sich bis auf Montag den 2. Mai, um dann die Berichte endgültig zu beschließen.

Am nächsten Montag wird die Session der General⸗

Räthe eröffnet.

ie zur Besetzung der Insel Tabarka ausgerüstete Expedition ist von Bona abgegangen. Sie besteht aus der Panzerfregatte ersten Ranges „Surveillante“ (12 Kanonen)

und den Kanonenbooten ersten Ranges „Chacal“ und „Hyeêne“ (jedes 65 Mann Besatzung und 4 Kanonen). Die Landungs⸗ truppen sind 1600 Mann stark (3 Infanterie⸗Regimenter und eine Genie⸗Abtheilung nebst zwei Gebirgskanonen) und sollten heute Morgen auf der Insel Tabarka ausgeschifft werden. Das Expeditionscorps ist ebenfalls auf dem Marsche be⸗ riffen, hat bis jetzt jedoch noch nirgends die Grenze über⸗ schritten. Ein Zusammenstoß fand auch noch nicht statt, ob⸗ gleich tunesische Reiter sich in ziemlich großer Anzahl überall den Franzosen cegenüber befinden. Dieselben überwachen den Vormarsch der Franzosen.

Der „Telegraphe“ bringt folgende Mittheilung: „Trotz der feindseligen Haltung des Bey von Tunis bleibt die französische Regierung dabei, nicht unmittelbar gegen Tunis einschreiten zu wollen; aber das Touloner Geschwader hat Befehl, sich auf das erste Zeichen zur Abfahrt bereit zu halten, wenn der Fanatismus der Mohamedaner die euro⸗ päischen Residenten ernstlich bedroht oder wenn irgend eine andere erhebliche Ursache eintreten sollte.“

Griechenland. Athen, 21. April. (W. T. B.) Heute hat ein Ministerrath stattgefunden, welcher etwa 4 Stun⸗ den dauerte. Wie verlautet, dürfte die Antwort der griechischen Regierung auf die Kollektivnote der Mächte den Gesandten der letzteren morgen überreicht werden. Nach hier eingegangenen Nachrichten aus Salonichi hat bei Scopia in Albanien zwischen türkischen Truppen und Aufständischen ein Scharmützel stattgefunden. Sämmtliche in Salonichi stehenden Truppen haben den Befehl erhalten, sich unverzüglich nach Scopia zu begeben.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 22. April. (W. T. B.) An dem diesjährigen Osterfeste wird, wie der „Regierungsbote“ meldet, sowohl der Kirchgang der Allerhöchsten Herrschasten als auch der Gratulationsempfang unterbleiben. Den Privattheatern ist gestattet worden, die Vorstellungen vom 2. Mai ab wieder zu beginnen.

Moskau, 22. April. (W. T. B.) Gestern Nacht wur⸗ den zwei Individuen verhaftet, welche an 7 Stellen Pro⸗ klamationen revolutionären Inhalts angeklebt hatten.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 19. April. Der König empfing heute den außerordentlichen Gesandten des Großherzogs von Baden, Oberst⸗Kammerherrn Freiherrn von Gemmingen, der ein Antwortschreiben des Großherzogs auf den eigenhändigen Brief des Königs überreichte, in welchem derselbe um die Hand der Prinzessin Victoria von Baden für den Kronprinzen angehalten hatte. Zu Ehren des außeror⸗ dentlichen badischen Gesandten fand heute Mittag ein Diner im Königlichen Schlosse statt, zu welchem außer dem Reichs⸗ marschall und den Mitgliedern des schwedischen und des nor⸗ wegischen Staatsraths auch der hiesige deutsche Gesandte von Pfuel geladen war.

Amerika. Washington, 19. April. (Allg. Corr.) Der vollständige politische Stillstand im Senat dauert noch immer fort; beide Parteien wollen nicht nachgeben, und für den Augenblick ist keine Aussicht auf eine Lösung der Schwie⸗ rigkeit. Inzwischen harren die Ernennungen des Präsidenten ihrer Bestätigung. General Longstreet, der Gesandte der Vereinigten Staaten in Konstantinopel, ist zum Bundes⸗ marschaf für den Staat Georgia ernannt worden.

Naw⸗Yokk, 19. April. Die Tammany Hall⸗Orga⸗ nisation hat Mr. John Kelly mit einer kleinen Stimmen⸗ mehrheit zu ihrem Chef wiedergewählt. In Wisconsin sind verheerende Ueberschwemmungen eingetreten, und der westliche Theil der Stadt Fond du Lac steht unter Wasser. Berichten aus Kansas zufolge hat dort die Negerein⸗ wanderung aus dem Süden wieder begonnen. In Dallas (Texas) wurde gestern der erste Spatenstich zum Bau der Chicago⸗, Texas⸗ und mexikanischen Central⸗Eisen⸗ bahn gethan.

Asien. China. (Allg. Corr.) Aus Shanghai wird unterm 18. ds. gemeldet: Berichte aus Peking melden das plötzliche Ableben der Kaiserin⸗Mutter. Das vorläufig kraft des Vetos des Kaiserlichen Raths ad acta gelegte Eisen⸗ bahnprojekt wird bei erster günstiger Gelegenheit wieder in Anregung gebracht werden. Der Gouverneur von Nanking ist ein Gegner des Plans. Rechtzeitiger Regen hat die

65 vor einer neuen Hungersnoth wesentlich ver⸗ mindert.

Statistische Nachrichten. 1

Nach Mittheilung des statistischen Bureaus der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 10. April bis inkl. 16. April cr. zur Anmeldung gekommen: 335 Eheschließungen, 821 Lebendgeborene, 36 Todtgeborene, 520 Sterbefälle.

Nach den Aktenstücken des 14. hannoverischen Pro⸗ vinzial⸗Landtags betrugen die Einnahmen des Kurrentfonds des allge meinen Klostervermögens in der Zeit vom 1. April 1879/80 2 180 745 ℳ, darunter 1 067 790 Ertrag von Grund⸗ stücken ꝛc. und 1 015 160 Zinsen von Aktivkapitalien; die Aus⸗ gaben 2 119 753 ℳ, davon 415 137 Verwaltungskosten, 182 235 Zinsen von Passipkapitalien, 247 260 evangelischer Kultus, 98 764 katholischer Kultus, 835017 öffentlicher Unter⸗ richt, 335 107 Pensionen und Zahlungen für milde Zwecke 6233 Dispositionsfonds. Ende März 1880 verblieb ein Bestand von 60 992 ℳ, gegen 53 249 Ende März 1879. Der Substanzfonds des allgemeinen Klostervermögens hatte im Etatsjahr 1879/80 2 202 513 Einnahmen und 2 114 397 Ausgaben und am Jahresschlusse 88 116 Bestand. Pro 1881/82 sind für den Klosterfonds die kurrenten Einnahmen und Ausgaben auf 2 168 000 veranschlagt worden. Der Finanzetatsentwurf der hannoverischen Provinzialstände pro 1881 veist 4 927 628 Einnahmen und 4 924 978 ℳ. Ausgaben auf. Der Aufforstun sfonds besaß Ende 1879 an Grundstücken 7138 M. 64,5 Qu.⸗R. = 1871 ha 01 a, im Werthe von 450 879 ℳ, an Werthpapieren 17 145 und an baaren Beständen 54 212 ℳ, dagegen 19 500 Passiva. Die hannoversche Provinzial⸗ Wittwenkasse besa wovon 264 782 dem Waisenfonds gehörten; unterstützt wurden im Jahre 18è79 15 Wittwen. Zur Zwangserziehung wurden im Jahre 1879 dem Provinzialverbande 59 Kinder überwiesen. In die Hoferolte sind von circa 100 128 eintragungsfähigen Höfen is zum 1. März 1880 60 961 eingetragen worden. An Viehseuchenentschädigungen mußten im Jahre 1879 10 142 2 Pferde und 42 968 für Rindvieh gezahlt werden. Der Pferde⸗ estand bezifferte sich am 3. Dezember 1879 auf 198 250 Stück, der Rindviehbestand auf 731 592 Stück, gegen 200 599 bezw. 714 104 am 3. Dezember 1878. Für Chausseebauten sind im Jahre 1879 verwendet worden: 1 545 631 für die gewohnliche Unterhaltung, 177 520 für die Besoldung des Aufsichts⸗ und Wartepersonals,

ende 1879 ein Vermögen von 388 565 ,

109 439 für Erneuerung größerer Brücken und Bauwerke und 22 827 aus dem Dispositionsfonds für unvorhergesehene Fälle; außerdem sind 22 827 aus der Restverwaltung verwendet worden. Die Unterhaltungskosten berechnen sich pro Meile Chaussee auf 4205 ℳ, gegen 4132 in 1878, 4290 in 1877, einschließlich der Erneuerung größerer Brücken und Bauwerke; ohne dieselbe 3954 in 1879 3849 in 1878, 3826 in 1877. An Steinbahnen sind im Etatsjahr 1878/79 22,9 Meilen und 11,12 Ml. Planum aus⸗ gebaut worden. Die Geldleistung aller Wegeverbände für den Neu⸗ bau berechnet sich auf 2 418 000 ℳ, während die Beihülfe der Pro⸗ vinz 1 618 550 betrug. Die mit provinziellen Mitteln unter⸗ stützten Gemeinden haben an besteinten Gemeindewegen 16,92 Meilen und an Erdbahnen 6,90 Meilen gebaut. In der Irren⸗Heil⸗ und Pflege⸗Anstalt zu Hildesheim waren am 31. Dezember 1879 745 Kranke, 404 männliche und 341 weib⸗ liche untergebracht, in derjenigen zu Göttingen 351 (176 m., 175 w.), zu Osnabrück 447 (163 m., 284 w.). Die Hebammenlehr⸗ institute wurden besucht: Hannover von 20 Schülerinnen im ersten und 27 im zweiten Kursus; Celle von 12 und 19; Osnabrück 19 und 22. Die Ackerbauschule in Ebstorf hat durch die ungünstige Ernte unbefriedigende finanzielle Resultate ergeben; der etatsmäßige Zuschuß mußte um 6349 überschritten werden. Auch die Ackerbau⸗ schulen in Norden, Meppen, Quakenbrück, Nienburg und Bremer⸗ vörde haben unter der Ungunst der Verhältnisse gelitten, die Frequenz hat nur im Norden zugenommen. Nach dem Muster der Himstedter Molkereischule ist ein gleiches Institut in Badbergen ins Leben gerufen worden. Die Taubstummenanstalt zu Hildesheim zählte Ende 1879 101 Zöglinge (59 Knaben, 42 Mädchen), die zu Stade 88 Zöglinge (52 Knaben, 36 Mädchen), die zu Osnabrück 81 Zög⸗ linge (41 Knaben, 40 Mädchen), die Blindenanstalt 87 Zöglinge (56 m, 31 w.). Von größeren Landesmeliorationen, welche die Provinzialverwaltung unterstützt hat, sind hervorzuheben: die Korrektion der Leine und Ent⸗ und Bewässerung der anliegenden Grundstücke bei Göttingen (250 ha Wiesen) und die Bewässerung von 1800 Morgen in den Feldmarken Müden, Nienhof und Flettmar, Amts Meinersen; die Provinz hat zur Ausführung dieser Meliorationen Darlehne von 50 000 bzw. 70 000 gegen 2 % Zinsen und 3 % Amortisation bewilligt. Die Korrektionsanstalt zu Moringen war im Jahre 1879 so überfüllt, daß in Oerrel 120 Gefangene untergebracht und 50 Gefangene zur Beschäftigung nach Osnabrück gesendet werden mußten. Der Nettoarbeitsverdienst stellte sich pro Kopf auf 36,41 ₰, gegen 39,14 in 1878. Die Zahl der Korrigenden betrug am 31. Dezember 1879 im Werkhause 1011, gegen 942 im Jahre vorher. Die Korrektionsanstalt zu Himmels⸗ thür zählte Ende 1879 88 Gefangene, das damit ver⸗ bundene Landarmenhaus 20 Landarme. Der Nettoarbeitsverdienst be⸗ zifferte sich pro Kopf und Arbeitstag auf 18,18 ₰. Die Kosten des Landarmenwesens stellten sich im Jahre 1879 auf 173 315 ℳ, gegen 154 351 in 1878, 18 759 in 1872. Von den im Jahre 1879 verwendeten 173 315 entfielen 121 145 auf fortlaufende Unterstützungen, 50 792 auf einmalige. Zur Unterstützung von Kunst und Wi 1 senschaft wurden aus Provinzialfonds nicht un⸗ bedeutende Mittel aufgewendet, so 5000 für das Stüvedenkmal, 1000 für den historischen Verein für Nieeddersachsen u. s. w. Den Rettungsanstalten wurden 8900 überwiesen, auch anderen Wohlthätigkeitsanstalten außerordentliche Unterstützungen gewährt. Die Landeskreditanstalt gab an 4 prozentigen Obligationen 8 795 800 aus (gegen 12 962 700 in 1879); sie belegte an Depositalgeldern 136 464 (1878 273 103 ℳ) und lieh gegen Verpfändung von Grundeigenthum 5 312 600 (1878 5 004 250 ℳ) aus. An Darlehen gegen Faust⸗ pfand verblieben am Jahresschlusse 1 163 000 Bestand gegen 1 873 000 Ende 1878. Der Reservefonds ist von Ende 1878 bis Ende 1879 von 1 713 133 auf 1 840 644 gestiegen.

Ueber die Ein⸗ und Auswanderungen in Elsaß⸗ Lothringen im Jahre 1880 berichtet die „Gemeinde⸗Zeitung“:

„Im Reichslande sind während des Jahres 1880 an Ausländer 540 Naturalisationsurkunden, welche sich auf 1068 Köpfe, nämlich 226 Familien und 314 einzeln stehende Personen erstrecken, ertheilt worden. Von den 1068 Naturalisirten waren 908 = 85 % aus Frankreich, 57 aus Luxemburg, 12 aus der Schweiz u. s. w. einge⸗ wandert; von der Gesammtsumme gehören 653 dem männlichen, 415 dem weiblichen Geschlecht an. Von den eingewanderten 653 Männern waren 123 jünger als 17 Jahre, im Alter von 17 bis 25 Jahren standen 87, im Alter von 25 bis 50 Jahren 385. Von den 653 eingewanderten Män⸗ nern stammen 555, von den 415 eingewanderten Frauen 353 aus Frankreich. Zu der Gesammteinwanderung aus Frankreich sind noch 52 ehemalige Angehörige des Reichslandes zu rechnen, die zwar nach Frankreich ausgewandert waren, aber die französische Nationalität nicht erworben hatten. Auf die drei Bezirke vertheilt, treffen für Unter⸗Elsaß 52 Familien und 77 einzelstehende Personen, zu⸗ sammen 255 Köpfe (163 Männer, 92 Frauen), auf Ober⸗ Elsaß 37 Familien und 103 Einzelstehende, zusammen 231 Köpfe (161 Männer, 70 Frauen), auf Lothringen 137 Familien und 134 Einzelstehende, zusammen 482 Köpfe (229 Männer, 253 Frauen). An Angehörige deutscher Bundesstaaten sind dagegen nur 21 Aufnahmeurkunden für 14 Familien und 7 Eülnelnstebenbe ertheilt worden, zusammen 57 Köpfe (36 Männer, 29 Frauen), wovon 36 aus Preußen, je 10 aus Bayern und Baden, 7 aus Württem⸗ berg, 2 aus Reuß (öltere Linie)h. Dabei sind die Männer, deren dienstliche Bestallungen die Aufnahmsurkunde ersetzen (§. 9 des Ge⸗ setzes vom 1. Juni 1870) nicht eingerechnet. Die Gesammtein⸗ wanderung aus Frankreich (1068 Köpfe) ist zum weit überwiegenden Theile aus der bald nach Abschluß der Optionsfrist entstandenen rück⸗ läufigen Bewegung zu erklären.

Im Jahre 1880 sind 878 Entlassungen und zwar an 122 Familien und 756 Einzelstehende ertheilt worden.

Diese Urkunden bezogen sich auf 1352 Personen, wovon 1098 männlich, 254 weiblich. Von den entlassenen 1098 männlichen Per⸗ sonen standen 720 im Alter von unter 17 Jahren, 185 im Alter von 17 25, 152 im Alter von 25 50 Jahren. Von den entlassenen 254 Frauen waren 147 unter, 107 7über die Altersgrenze von 25 Jahren. Von den 1347 entlassenen Personen sind 972 = 71 % nach Frankreich verzogen, und zwar 828 Männer, 144 Frauen; 248 nach Nordamerika und zwar 173 Männer, 75 Frauen; 56 in die Schweiz und zwar 42 Männer, 14 Frauen; 22 nach Afrika u. s. w. Auf die Bezirke vertheilt, sind ausgewandert: aus dem Unter⸗Elsaß 580 (474 männ⸗ liche Personen, darunter 358 Knaben unter 17 Jahren und 106 Frauen); aus dem Ober⸗Elsaß 296 (254 männliche Personen, darunter 156 Knaben unter 17 Jahren und 42 Frauen); aus Lothringen 371 (365 männliche Personen, darunter 206 Knaben unter 17 Jahren und 106 Frauen).“

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Die Verlagshandlung von Albert Goldschmidt in Berlin will, wie bereits mitgetheilt, unter der Bezeichnung: Klassische Novellen⸗ Bibliothet, Erzählungen aus der Literaturperiode 1750 1850, veröffentlichen, und zwar von dem Guten jener Zeit das Beste und Interessanteste. Das Unternehmen, welches sich zur Aufgabe stellt, einen Theil des Reichthums der älteren deutschen Literatur zum Hmufiglein der lebenden Generation zu bringen, die die Werke der Novellisten nur aus der Literaturgeschichte als epochemachend kennen gelernt hat, darf einer guten Aufnahme versichert sein, und der billige * jedes Bändchen, welches eine abgeschlossene Erzählung enthält, kostet im Abonnement nur 50 dürfte die Verbreitung der interessanten Sammlung, welche in Serien zu 12 Bänden ausgegeben wird, we⸗ lennic fördern. Das erste Bändchen: Die Vierhundert von Pforz⸗

beim, von A. von Tromlitz, liegt bereits in guter Ausstattung vor uns. Weitere 5 Bände von van der Felde, Framn von Gaudy, Blu⸗ menhagen, E. von Houwald, C. T.,A. Hoffmann verlassen binnen Kurzem die Presse, welchen dann Erzählungen von Brentano, Clauren

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Droste⸗Hülshof, Fouqué, von Voß, Hauff, Immermann, Musäus, Rochlitz, von Paalzow, Herlosson u. A. m. folgen sollen.

Im Verlage von A. W. Schade’s Buchdruckerei hierselst erschien eine kleine Broschüre: „Die Zukunft Charlottenburgs in besonderer Beziehung zu den neuen Verkehrswegen und zur Ein⸗ verleibung in Berlin“, vom Königlichen Baurath Orth. Einleitend bemerkt der Verfasser, durch die ihrer Vollendung entgegengehende Stadtbahn, sowie durch die dorthin verlegte technische Hochschule werde Charlottenburg in ganz neue Entwickelungsverhältnisse ein⸗ treten; er erörtert alsdann eingehend, in welcher Richtung sich die Stadtentwickelung bewegen werde. Da diese Entwickelung fast ausschließlich von der Entwickelung Berlins abhänge, Berlin aber seine Hauptentwickelung für die nächste Zukunft im Westen haben werde, kommt der Verfasser zu dem Schluß, daß Charlotten⸗ burg räumlich bald eng mit Berlin verbunden sein werde, selbst wenn die kommunale Zusammengehörigkeit noch verschoben werden sollte. Weiterhin beschäftigt sich die Broschüre spezieller mit der Bedeutung

er Stadtbahn, der Pferdebahnen, der technischen Hochschule, der Ar⸗

tillerie⸗ und Ingenieurschule ꝛc. für die Entwickelung der Westseite Berlins, geht dann zu einer Würdigung der Verhältnisse der Altstadt Charlottenburg über, wie sie sich durch die bevorstehende Vergrößerung gestalten werden, und schließt mit einer Erörterung der auf Char⸗ lottenburg bezüglichen „Organisationsfragen“.

Von Otto von Leixners „Unser Jahrhundert“ sind die 17. und 18. Lieferung erschienen. In der ersteren schließt die Schilderung des Kulturzustandes zu Anfang dieses Jahrhunderts mit interessanten Mittheilungen aus den Zeitschriften jener Zeit. In der 18. Lieferung beginnt das zweite Buch, die Jahre 1820 bis 1830 um⸗ fassend, mit dem Kongreß in Troppau und den Vorgängen in Italien, Spanien und Griechenland. Das Werk erscheint bekanntlich im Ver⸗

lage von J. Engelhornlin Stuttgart.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

den jüngsten amtlichen Erhebungen über die landwirth⸗ schaftliche Bodenbenutzung und die Ernteerträge war dem Tabaks⸗ bau im Großherzogthum Hessen im Jahre 1880 eine Fläche von 918,1 ha eingeräumt und wurden auf denselben 24 514 Centner oder 26,7 Ctr. pro Hektar geerntet. Auf die Bergstraße, den Haupt⸗ sitz des hessischen Tabaksbaues, treffen von der Fläche 893,1 ha oder 97,2 %, auf die übrigen Landestheile nur 25 ha oder 2,8 % des ge⸗ sammten Tabaksgelaͤndes. Den bedeutendsten Umfang besitzt dieser Kulturzweig im Kreise Bensheim, auf welchen Kreis 525 ha oder 57 % des in der Bergstraße überhaupt mit Tabak bestellten Areals entfallen. In zweiter Linie folgt der Kreis Heppenheim mit 368 ha oder 40,2 %. Von dem Erzeugnisse des Großherzogthums kommen auf die Bergstraße bezw. die genannten Kreise 23 878 Ctr., so daß also für alle anderen Gebietstheile des Landes nur 636 Ctr. verbleiben. Geht man zur Ermittelung des jeweiligen Standes der Tabakskultur im Großherzogthum Hessen auf frühere Jahre zurück, so zeigt sich, daß dieselbe im Jahre 1857 die größte Ausdehnung erreicht hatte. Es waren damals 1734 ha, also 816 ha oder 88,9 % mehr mit Tabak bepflanzt, als im Jahre 1880. Die Ernte ergab 44 843 Ctr. oder 26 Ctr. pro Hektar. Seitdem sind, je nach der Verschiedenheit der Ertrags⸗ und Preisverhältnisse, vielfache Wandlungen in dem Umfange des Tabaksfeldes ein⸗ getreten. Es betrug z. B. die Anbaufläche und das Ernte⸗ ergebniß in den Jahren: 1861 465,7 ha mit einem Ertrage von 10 491 Ctrn. im Ganzen und 22,4 Ctr. pro Hektar, 1865 1305,2 ha mit 41 087 bezw. 31,2 Ctr., 1869 722,5 ha mit 17 722. bezw. 24,4 Ctr., 1873 1320,1 ha mit 39 537 bezw. 37,5 Ctr., 1879 603,4 ha mit einem Ertrage von 15 951 Ctr. im Ganzen und 26,4 Ctr. pro Hektar. Die geringste Anbaufläche in der Periode 1849—80 trifft auf das Jahr 1877 mit 538,3 ha, die größte, wie schon oben bemerkt, auf das Jahr 1857 mit 1734 ha Der kleinste Ertrag von 19 Ctrn. pro Hektar findet sich im Jahre 1854, der höchste von 37,5 Ctr. pro Hektar im Jahre 1873. Das Mittel aus

den Erträgen pro Hektar von 1849—80 besteht in 27,5 Ctrn. Von 890 Ernten waren im Großherzogthum 13 über und 17 unter dem

Einem von dem K. K. österreichischen Ackerbau⸗Ministerium kürzlich veröffentlichten Berichte über den Stand der Saaten in Oesterreich, nach dem Stande um die Mitte April 1881, entnehmen wir folgende Angaben: Die Wintersaaten (Weizen und Roggen) überstanden sowohl den ziemlich schneearmen und dabei nicht sehr strengen Winter, als auch die anhaltend starken März⸗Fröste, ohne im Allgemeinen irgend wesentlichen Schaden zu nehmen, und haben sich im Laufe der ersten April⸗Hälfte unter dem günstigen Einflusse vorwiegend feuchter, mäßig kühler Witterung weiter gekräftigt, so daß sie nun die besten Ernteaussichten gewähren. Nur aus dem nordöstlichen Theile Böhmens und aus West⸗Galizien liegen Klagen über erwähnenswerthe Auswinterungen und aus Steiermark solche über gelbe Färbung der Saaten in Folge allzu reichlichen Regens vor. Verhältnißmäßig zahlreicher, sind die Klagen über erhebliche Beschä⸗ digungen und Auswinterungen von Rapssaaten in Böhmen Mähren und in West⸗Galizien. Die Kleesaaten haben sich mit sehr seltenen Ausnahmen sehr gut erhalten und stehen hoffnungs⸗ voll. Dasselbe gilt von den Wiesen in den Alpenländern und deren Vorländern, welche sich bereits lebhaft begrünt haben, während in den Nordwestländern und in Galizien die Wiesenvegetation noch ziemlich weit zurück ist. Der Anbau der Sommersaaten war bisher in Nieder⸗ und Ober⸗Oesterreich und Kärnten, besonders aber in Tirol von der Witterung sehr begünstigt, und konnte in diesen Ländern schon im März in Angriff genommen und in der ersten April⸗ Hälfte größerentheils, in Süd⸗Tirol sogar schon zu Ende der ersten April⸗Woche gänzlich beendet werden. In den Nordwestländern aber

konnte im März theils nur sehr wenig, theils gar nichts und selbst in der ersten April⸗Hälfte noch nicht sehr viel angebaut werden,

da erst in der zweiten Woche dieses Monats günstige Witterung ein⸗ trat. In Steiermark und Krain hatte der Anbau zwar im März begonnen und theilweise auch Fortschritte gemacht, wurde aber seit⸗ her durch anhaltendes Regenwetter gestört und zum Theil gärnzlich sistirt, zum Theil unter ungünstigen Verhältnissen ausgeführt. Der Weinstock hat, soweit die Nachrichten reichen, mit Ausnahme nie⸗ derer Lagen in Untermark, nirgends Schaden gelitten und zeigt gesundes,

gut ausgereiftes Holz; doch ist von den Reben, welche sich an Stelle

der im vorletzten Winter erfrorenen entwickelten (was namentlich in Tirol häufig der Fall), in diesem Jahre noch wenig zu erwarten.

In Süd⸗Tirol entwickeln sich schon Blätter und Gescheine, in Nieder⸗

Oesterreich treiben die Reben noch nicht an. Der Rebschnitt ist überall beendet, das Behauen aber, wenigstens im südlichen Mähren und in Vorarlberg, noch nicht vollendet. Die Obstbäume haben überall Blüthenknospen in reichlicher Menge. Während dieselben in den Nordwestländern noch nicht einmal anschwellen worüber wegen verringerter Frostschadensgefahr Zufriedenheit herrscht blühen bei Bozen schon Pflaumen und Frühbirnen, bei Trient auch schon Früh⸗ äpfel. In den Nordwestländern giebt es sehr wenige Raupennester, dagegen in Tirol ziemlich viel Raupen, besonders von Wicklern.

Gewerbe und Handel.

Die Betriebsergebnisse der Ravensberger Spinnerei in Bielefeld pro 1880 waren folgende: Es waren im Betriebe zu Bielefeld und Wolfenbüttel bei regelmäßiger Arbeitszeit 27020 Spindeln im J 1880 gegen 26 200 Spindeln im J. 1879 und wurden versponnen 86074 Ctr. im J. 1880 gegen 76 966 Ctr. im Vorjahre. Daraus wurden erzeugt in 1880 711 748 Bündel Garn gegen 629 709 ½ Bündel Garn im Jahre 1879. Verkauft wurden an rohen und gebleichten Garnen 686 695 ½ Bündel im Fakturabetrage von 5 661 154 gegen 646 641 Bündel im Fakturabetrage von 5202 186 im Vorjahre. Die Bleiche stellte fertig in 304 Tagen 3 171 172 Pfund engl. gegen 2 830 695 Ffund engl. in 305 Tagen in 1879 und erzielte dafür eine Brutto⸗ Einnahme von 380 852 in 1880 gegen 336 042 in 1879. Der Reingewinn beträgt 231 000 und wird zu einer Dividende von 5 ½ % oder 33 pro Aktie verwendet werden. Für Neubauten wurden 36 910 verausgabt, die, auf den Betrieb gebucht, mit Ab⸗

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schreibungen und Einlagen in den Erneuerungsfonds im Betrage von 152 161 eine Gesammtsumme an Amortisationen von 189 071 repräsentiren.

Die „New⸗Yorker Hdl.⸗Ztg.“ äußert sich in ihrem vom 8. April datirten Wochenbericht über die allgemeine Geschäfts⸗ lage folgendermaßen: Die Gesammtlage des Handels und der Industrie läßt sich auch heute nicht günstiger beurtheilen als vor acht Tagen. Der Verlauf der Frühjahrs⸗Saison enttäuscht all⸗ gemein; selbst wenn bei deren Beginn die Auspizien minder glänzend gewesen wären, könnte der Umfang des Geschäfts nicht be⸗ friedigen. Scheint es auch heute, als ob der Winter sich endlich zum

bzug entschlossen hat, so wäre es doch thöricht, sich mit der Hoff⸗ nung zu tragen, daß das Versäumte noch eingeholt werden könnte. Bedarf für Frühjahrsartikel hat sich gar nicht eingestellt, und da auch im günstigsten Fall noch mehrere Wochen vergehen werden, ehe der noch immer gestörte Verkehr nach und in dem Innern des Landes von den Nachwehen der schlechten Witterung befreit und die Binnenschiffahrt vollständig eröffnet ist, werden selbst Sommerartikel so spät an ihren Be⸗ stimmungsort gelangen, daß der Absatz hinter der normalen Dimen⸗ sion zurückbleiben wird. Unter diesen Umständen müssen wir uns mit dem Gedanken vertraut machen, daß sowohl von fremden als von einheimischen Fabrikaten sehr große Quantitäten unverkauft bleiben werden. Ueber die Störungen, welche das Exportgeschäft durch den ungewöhnlich langen Winter erlitten, haben wir seit vielen Wochen klagen müssen und erwarten auch vor Ende dieses Monats keine den disponiblen Produktenvorräthen entsprechende Verschiffungen. Wenngleich am Brodstoffmarkte sich gegen Ende dieser Woche eine ziemlich rege Thätigkeit, namentlich im Exporthandel, entfaltete und in Folge derselben Fahrzeuge für volle Ladungen Getreide zu etwas festeren Raten genommen wurden, muß das Geschäft am Waaren⸗ und Produktenmarkt im Allgemeinen doch noch als unbefriedigend bezeichnet werden. Baumwolle hatte in disponibler Waare an⸗ fangs recht lebhaftes Geschäft, war später jedoch wieder ruhiger, behaup⸗ tete aber dafür wie für Termine den anfangs etablirten Avanz. Rio⸗, sowie west⸗ und ostindische Kaffee's hatten stilles Geschäft und wäh⸗ rend erstere in Folge der günstigeren Statistik etwas höher sind, haben letztere vorwöchentliche Notirungen behauptet. Der Zucker⸗ markt war ruhig. Der Exportbegehr für Provisionen, mit Einschluß von Schmalz, wurde durch die lebhafte Spekulation, welche in allen Artikeln herrscht, die zu dieser Branche gehören, sehr beein⸗ trächtigt. Das Hopfengeschäft hat noch immer durch die un⸗ günstige Witterung zu leiden. Raffinirtes Petroleum ist höher und in steigender Tendenz. Terpentinöl sowie Harz haben bei sehr stillem Geschäft letzte Notirungen nicht behaupten können. Ueber fremde Manufakturwaaren ist nichts speziell Neues zu sagen. Der Import fremder Webstoffe betrug für die heute beendete Woche 1 905 907 Doll. gegen 2 571 436 Doll. in der Parallelwoche des Vorjahres.

Frankfurta. M., 21. April. (W. T. B.) Von morgen ab soll die

5prozentige österreichische Papierrente von 1881 im offiziellen Coursblatte notirt werden. Die Stücke sind in Appoints zu 10 000 Fl., 1000 Fl., 200 Fl., 100 Fl. österreiche Währung ein⸗ getheilt und der Scontro⸗ und Lieferungstag auf den 28. d. M. fest⸗ gesetzt. * Teplitz, 21. April. (W. T. B.) Die Generalversammlung der Aktionäre der Dux⸗Bodenbacher Eisenbahngesellschaft genehmigte die Vertheilung einer Dividende von 5 % für die Prio⸗ ritätsaktien und einer Dividende von 4 % für die Stammaktien. Die Auszahlung erfolgt vom 1. Mai c. ab.

Antwerpen, 21. April. (W. T. B.) Wollauktion. An⸗ geboten 2505 B., verkauft 1410 B. Schöne Wollen gesucht, andere unverändert, Preise wie gestern.

Stockholm hatte bei Beginn dieses Jahres 168 019 Ein⸗ wohner. In den Jahren 1800 1840 vermehrte sich die Einwohner⸗ zahl nur von 75 517 auf 84 161, wogegen 1 dieselbe in den letzten 40 Jahren verdoppelte; 1850 stieg dieselbe auf 93 070, 1860 auf 109 878, 1870 auf 133 597 und 1880 auf 163 057. 1

Philadelphia, 22. April. (W. T. B.) Der Gerichts⸗ hof hat unter Annullirung der früheren Entscheidung vom 18. No⸗ vember v. J. erklärt, daß die Emission von Obligationen der Phi⸗ ladelphia⸗Reading Eisenbahn gesetzwidrig seit. 86

ö 4 Verkehrs⸗Anstalten.

Triest, 21. April. (W. T. B.) Der Lloyddampfer “ist heute Nachmittag aus Konstantinopel hier eingetroffen. New⸗York, 21. April. (W. T. B.) Der Dampfer „Denmark“ von der National⸗Dampfschiff⸗Compagnie (C. Messingsche Linie) und der Hamburger Postdampfer „Gellert“ sind hier eingetroffen.

Berlin, 22. April 1881.

Dem Postmuseum ist unlängst von Direktion der italienischen Telegraphen eine werth⸗ volle Sammlung von Telegraphenapparaten sowie von Abbildungen verschiedener Einrichtungen aus dem Bereiche der optischen und elektrischen Telegraphie zum Geschenk gemacht worden, welche insofern ein besonderes Interesse beansprucht, als sie nur solche Gegenstände enthält, welche ausschließlich der italienischen Verwaltung eigenartig sind. Außerdem sind dem Postmuseum mehrere Abbildungen berühmter um die Elektrizitätslehre hochverdienter italienischer Physiker zugewendet worden, namentlich eine Büste Alexander Volta’s und Photographien von Matteucci sowie von den Stand⸗ bildern Volta's und Galvani's. Aus der Sammlung von Apparaten u. s. w. machen wir namhaft ein Exemplar des elektro⸗magnetischen Apparats von Moretta, einen Blitzableiter, einen Rheostaten, einen Kondensator, Batterien nach dem System von Minotto und Ponci, Isolatoren und Kabel⸗ proben, ferner die Photographie einer Semaphorenstation nebst mehreren lithographischen Tafeln über einzelne Theile eines semaphorischen Apparats, zwei Photographien des elektro⸗ chemischen Apparats von Bonelli, dessen einziges Original sich im Museum der italienischen Telegraphenverwaltung befindet. Durch die im Ganzen aus 27 Nummern bestehende Samm⸗ lung erfährt die Abtheilung des Postmuseums für das Tele⸗ graphenwesen einen sehr willkommenen eigenartigen Zuwachs. Gleichzeitig mit den vorerwähnten, aus Nom angelangten Gegen⸗ ständen hat das Postmuseum ein werthvolles Geschenk von Herrn Kommerzien⸗Rath Guilleaume in Cöln erhalten; es ist dies eine Kopie des von der vorjährigen Berliner Kunstausstellung her bekannten Sellschen Gemäldes „Legung des Telegraphenkabels Berlin⸗Cöln 1878“„. Das im Maßstabe des Originals von Hrn. Maler A. Schultz in Berlin künstlerisch ausgeführte Bild in reicher äußerer Ausstattung wird zur Zierde des Postmuseums beitragen, in dessen Näumen auch die Kunst eine gastliche Stätte findet. Das Sellsche Originalbild ist, wie wir bemerken, von Hrn. Guilleaume der Nationalgalerie in Berlin zugewendet worden.

der General⸗

Von den Amtlichen Berichten über die Fischerei⸗ Ausstellung zu Berlin 1880 sind nunmehr im Verlage von Paul Parey hierselbst die zwei ersten der im Ganzen zu erwartenden

Abtheilungen erschienen. Dieselben umfassen die Gebiete der

Fisgäucht in Bearbeitungen von M. v. d. Borne, H. Haack und K. Michaelis nebst einem Anhange über die Angelfischerei von

M. v. d. Borne und der Seefischerei von Dr. M. Lindemann. Die mit fachmännischer Kenntniß verfaßten Berichte sind zur besseren Veranschaulichung und Erläuterung durch 201 in den Text ge⸗ druckte, treffliche Holzschnitte bereichert und illustrirt und dürften wohl geeignet sein, den Nutzen, welchen die Ausstellung selbst schon in hohem Maße gestiftet hat, noch nachhaltiger zu gestalten. Das etwas späte Erscheinen dieser Berichte entschuldigt der Verleger mit der Schwierigkeit der Anfertigung einer großen Anzahl von Ab⸗ bildungen und namentlich mit dem Umstande, daß die Herren, welche Jeder für ein spezielles Gebiet die Berichte verfaßten, an ver⸗ schiedenen Orten domizilirt sind und vielfach mit einander sowie mit Ausstellern im In⸗ und Auslande zu korrespondiren hatten. Wir erblicken in dem späteren Erscheinen eine Garantie mehr für die Gründlichkeit des lehrreichen Werkes.

In dem 1. Theile werden Deutschland, Oesterreich, die Schweiz, Holland, Italien, Rußland, Schweden, Norwegen, Dänemark und Nordamerika mit ihren Leistungen auf dem Gebiete der Fischzucht in den Kreis der eingehendsten Besprechung gezogen; alsdann folgt eine Beurtheilung und Erläuterung über die Beschaffung, Renovirung und Konservirung des Wassers der Ausstellung und schließlich wird in er⸗ schöpfender Weise das Kapitel der Fischpässe behandelt. Bezüglich des Abschnittes, welcher von dem „Wasser der Ausstellung“ handelt, ist es interessant zu erfahren, daß der gesammte Bedarf desselben aus der Wasserleitung bezogen wurde, und es erregte das Erstaunen der Sachkundigen, daß in diesem sich so empfindliche Fische wie Forellen, Saiblinge, Californische Lachse und Maränen so vortrefflich konser⸗ virt hatten. Die Gründe für diese überraschende Thatsache hat Hr. Henry Gill, der Direktor der stätischen Wasserwerke, in einem spe⸗ ziellen Berichte entwickelt, welcher in diesem 1. Theile ebenfalls ent⸗ halten ist.

Von hohem Interesse ist die Abhandlung über Fischpässe. Diese, welche neben, in oder auf den den Fluß oder Bach aufstauenden Wasserfällen, Wehren oder Schleusenwerken angelegt werden, haben den Zweck, den Fischen die in den oberen Theilen des Flusses befindlichen Laichgründe wieder zugänglich zu machen, zu welchen ihnen bisher durch die theils ganz unüberwindlichen, theils nur bei den höchsten Fluthen des Flusses passirbaren Stauwerke der Zugang abgeschnitten war. Es wird den Fischen durch diese An⸗ lagen Gelegenheit nicht allein zum Laichen, sondern auch zur Er⸗ haltung der jungen Brut wiedergegeben und wird die Aufschließung und Vervielfachung der Zahl der Brutstätten vortheilhaft auf Hebung des Fischbestandes des Flusses einwirken. Deutschland speziell, welches wie in allen Abtheilungen so auch hier eine hervorragende Stellung einnahm, hatte außer mehreren Mo⸗ dellen, welche die einzelnen Systeme der Pässe mit konstantem Ge⸗ fälle und der Treppenpässe zur Anschauung brachten, ein instruktives Modell des Fischpasses der Ems beim Haneken⸗Wehre von der Land⸗ drostei zu Osnabrück zur Ausstellung gebracht.

Von der Angelfischerei hatte neben Deutschland besonders England, Nordamerika und Norwegen ein anschauliches Bild geboten, und der Laie, dem beim persönlichen Beschauen auf der Ausstellung Manches vielleicht noch fremd und unverständlich erschien, kann nun⸗ mehr durch Nachlesen in den vorliegenden Berichten sich überzeugen, zu welcher hohen Vollkommenheit auch diese Art des Fischfangs ge⸗ langt, ja man kann sagen, zu welcher Kunst und vollendeten Technik sie gediehen ist.

In diesem Anhang über Angelfischerei sind neben den oben ge⸗ nannten Ländern auch noch die diesbezüglichen Leistungen Englands, Japans, Niederländisch Indiens und Chinas dem Leser in ausreichender Weise geschildert und im Bilde vor Augen geführt.

In dem 2., speziell die Seefischerei behandelnden Theile sind wiederum die erstbezeichneten Länder mit naturgemäßem Aus⸗ schluß der Schweiz und von Oesterreich⸗Ungarn einer Betrach⸗ tung unterzogen, nur hat der Verfasser, Dr. M. Lindemann hier, auch noch Brasilien, Samoa, Annam und Madagaskar mit berücksichtigt. Auch hier war die Ausstellung Deutschlands reich und mannigfaltig an Gegenständen der deutschen Seefischerei; die außerordentlichen Verschiedenheiten des Betriebes werden dem Leser so recht vor Augen geführt: in der Nordsee die begonnene oder in der Entwickelung begriffene Hochseefischerei, in der Ostsee die Küsten⸗ und Hafffischerei mit ihren verschiedenartigen Fahrzeugen und zahl⸗ reichen, zum Theil uralten Fangmethoden und Geräthen. Bei dieser Besprechung ist der Stoff in der Weise geordnet, daß die Gegenstände b nach den einzelnen Küstentheilen von West nach Ost vorschreitend erläutert werden.

Die Seefischerei⸗Ausstellung Dänemarks, besonders die des eigentlichen Königreiches, wird ihrer Bedeutung entsprechend speziell gewürdigt, ebenso die reiche ethnographische Sendung des Königlichen Museums zu Kopenhagen und Thorshavn mit Bezug auf die dänischen Kolonien in Grönland und Faroer, während von Island für diese Klasse nichts eingeschickt war. Die Ausstellung Großbritanniens war, nach Dr. Lindemann, im Verhältniß zu dem großen, mächtigen Reiche mit seinen zahlreichen ausgedehnten Kolonien, deren Seefischereien z. Th. ebenso bedeutend sind wie die des Mutterlandes selber nicht ent⸗ sprechend vertreten. Immerhin bietet die Beschreibung der englischen Kollektivausstellung manches Beachtenswerthe, worauf noch näher hin⸗ gewiesen zu haben, das Verdienst des von Hrn. von Bunsen bearbei⸗ teten Spezialkatalogs: „Guide to the British Section of the Berlin. international Fishery Exhibition“ ist. 8

Der Abschnitt, welcher über Italien handelt, ist von außer⸗ ordentlichem Interesse. Die italienische Seefischerei ist in mancher Beziehung eine so eigenthümliche und zugleich eine so bedeutende und umfangreiche, daß die Betheiligung Italiens an der Ausstellung eine wahrhafte Bereicherung war. Da weder Frankreich noch die iberische Halbinsel vertreten waren, so bot allein die italienische Abtheilung ein Bild der Fischereien des Mittelmeeres. Auch die in früherer Zeit durch die nordische Fischerei und heute durch den Heringsfang die „groote Vischerij“, berühmten Niederlande, wie den mit Recht als den ältesten in Europa und verhältnißmäßig größten der Welt bezeichne⸗ ten Groß⸗Fischereibetrieb Norwegens hat Lindemann in sehr belehren⸗ der und umfassender Weise geschildert, wie auch alle übrigen betheiligten Länder, vorzüglich aber die Vereinigten Staaten Nordamerikas irn Beurtheilung und Berichterstattung ihrem Verdienste nach gehörig gewürdigt werden. Besonders der Umfang der Kollektivausstellung Nordamerikas, man könnte sagen, die Ueberfülle der aus⸗ gestellten Gegenstände dieses Landes, erregten s. Z. die Bewunderung aller Beschauer und jetzt des Lesers. Einen nicht geringen Reiz biete die Chinesische Abtheilung. Zwar war nur eine Provinz, die in ihrem Haupttheile vom 28. bis 30. Gr. n. Br. und vom 118. bis 122. Gr. östl. L. sich erstreckt, vertreten; allein grade in dieser Provinz, Ningpo, deren Küsten zahlreiche Baien und Fjorde haben und mit Gruppen von größeren und kleineren Inseln besetzt sind die gleichsam die Betriebsstationen bilden, sind die Seefischereien sehr bedeutend. Auch die Beschreibung der Japanischen Aus⸗ stellung ist von hohem Interesse, was sich schon dadurch erklärt, daß der Fisch dort die wichtigste Speise für Arm und Reich bildet.

Die Ausstellung Niederländisch Indiens war eine so reichhaltige und anziehende, daß der Berichterstatter Dr. Lindemanmn sich genöthigt sieht um den Raum für seine Arbeit nicht zu über⸗ schreiten nach einigen allgemeinen Bemerkungen sich auf die kurze Beschreibung einer Anzahl besonders charakteristischer Objekte zu be⸗ schränken. Die den Schluß bildenden und von Brasilien Samoa, Annam und Madagaskar handelnden Kapitel geben ein ausreichendes Bild von dem Seefischereibetriebe und Ertrage dieser Länder. 7

Das Erscheinen der 3 weiteren Theile des Werkes wird von Verleger für den Herbst in Aussicht gestellt und sind alsdann di

gesammten offiziellen Berichte im Ganzen oder auch in einzelnen

Theilen zu beziehen. Der Preis der beiden bis jetzt erschienenen Abtheilungen beträgt 3 für Theil I. und 8 fürTheil IN. Die diesjährige Generalversammlung des Vereins de Künstlerinnen und Kunstfreundinnen wird am Sonntag, den 24. April, 12 Uhr, in der Zeichenschule, Anhaltstraße 14 III., statt⸗ finden. 8 4

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