G Bekanntmachungen auf Grund des Reichsgesetzes vom 21. Oktober 1878.
Auf Grund des §. 28 des Gesetzes gegen die gemeinge⸗ fährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie vom 21. Oktober 1878 (Reichsgesetzblatt Seite 351) wird mit Genehmigung des Bundesraths für die Dauer eines Jahres angeordnet, was folgt:
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Personen, von denen eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zu besorgen ist, kann der Aufent⸗ halt in dem die Stadt Berlin, die Stadtkreise Charlottenburg und Potsdam, sowie die Kreise Teltow, Nieder⸗Barnim und Ost⸗ Havelland umfassenden Bezirke für den ganzen Umfang desselben von der ö“ versagt werden.
§. 2.
In der Stadt Berlin und den Stadtkreisen Charlotten⸗ burg und Potsdam sind das Tragen von Stoß⸗ Hieb⸗ oder Schußwaffen sowie der Besitz, das Tragen, die Einführung und der Verkauf von Sprenggeschossen, soweit es sich nicht um Munition des Reichsheeres und der Kaiserlichen Marine handelt, verboten.
Von letzterem Verbote werden Gewehrpatronen nicht be⸗ troffen. Ausnahmen von dem Verbote des Waffentragens finden statt: 1
1) für Personen, welche Kraft ihres Amtes oder Be⸗ rufes zur Führung von Waffen berechtigt sind, in Betreff der letzteren;
2) für die Mitglieder von Vereinen, welchen die Befug⸗ niß, Waffen zu tragen, beiwohnt, in dem Umfange dieser Befugniß;
3) für Personen, welche sich im Besitze eines Jagd⸗ scheins befinden, in Betreff der zur Ausübung der Jagd dienenden Waffen;
4) für Personen, welche einen für sie ausgestellten Waffenschein bei sich führen, in Betreff der in dem⸗ selben bezeichneten Waffen.
Ueber die Ertheilung des Waffenscheins befindet die Lan⸗ despolizeibehörde. Er wird von derselben kosten⸗ und stempel⸗ frei ausgestellt und kann zu seher Zeit wieder entzogen werden.
§. 3. Vorstehende Anordnungen treten mit dem 29. November dieses Jahres in Kraft. Berlin, den 25. November 1881. Königliches Staats⸗Ministerium. von Bismarck. von Puttkamer. G. von Kameke. aybach. Bitter. Lucius. Friedberg. von Boetticher. von Goßler. 8
In der heutigen Handelsregister⸗Beilage wird Nr. 47 der Zeichenregister⸗Bekanntmachungen veröffentlicht.
Nichtamtliches. Deutsches NReich. Berlin, 25. November.
Se. Kaisex⸗
1 Preußen.
iche und Königliche Hoheit der Kronprinz nahm gestern Vormittag um 11 Uhr einige militärische Meldungen
entgegen und stattete im Laufe des Vormittags Sr. König⸗
respektive ihm nicht die aus jenem krankhaften Zustand
kann
lichen Hoheit dem Großherzog von Mecklenburg⸗Schwer
in im Königlichen Schlosse einen Besuch ab.
ZI
— Der Bundesrath trat heute zu einer Sitzung zu⸗ sammen.
— Der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Reichstags befindet sich in der Zweiten Beilage.
— In Bezug auf die schwere Körperverletzung, welche nach §. 224 des Strafgesetzbuchs darin besteht, daß sie zur Folge hat, daß der Verletzte ein wichtiges Glied des Körpers, das Sehvermögen auf einem oder beiden Augen, das Gehör, die Sprache oder die Zeugungsfähigkeit verliert oder in erheblicher Weise dauernd entstellt wird, oder in Siechthum, Lähmung oder Geisteskrankheit verfällt, und welche in diesem Paragraphen mit Zuchthaus oder Gefängniß nicht unter einem Jahre bedroht ist, hat das Reichsgericht, III. Strafsenat, durch Urtheil vom 28. September d. J. folgende Rechtssätze ausgesprochen: Tritt in Folge der Körperletzung eine der im Gesetz erwähnten schweren Folgen bei einem Verletzten ein, bei welchem jedoch bestimmte Krankheitsanlagen auf den schweren Erfolg bedingend mitgewirkt haben, so ist der Thäter dennoch
egen schwerer Körperverletzung zu bestrafen, selbst wenn ihm der Krankheitszustand des Verletzten nicht bekannt gewefen ich ergebende Gefährlichkeit seiner That bewußt war. Eine richterliche Berücksichtigung dieser mildernden Thatumstände nur bei der E. innerhalb der gesetzlich §§. 224 und 228 Str. G. B.) fixirten Grenzen erfolgen. Dagegen ist der Thäter nicht wegen schwerer Körperverletzung u bestrasen, wenn seine That nach ärztlichem Ausspruch un⸗ hlbar eine der im Gesetz erwähnten schweren Folgen haben muß, diese Folge aber zur Zeit der Aburtheilung seiner That och nicht vollständig eingetreten ist.
— Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Königlich württembergische Präsident des Staats⸗Ministeriums, Dr. von
Mittnacht ist hier eingetroffen, und der Bundesraths⸗Bevoll⸗ mächtigte Herzoglich sächsische Staats⸗Minister von Giseke ist nach Meiningen wieder abgereist.
— S. M. S. „Carola“, 10 Geschütze, Kommandant
Korvettenkapitän Karcher, ist am 14. November cr. in Funchal (Madeira) eingetroffen.
Cassel, 24. November. In der heutigen Sitzung des Kommunal⸗Landtagesreferirte zunächst der Legitimations⸗
ausschuß. Sodann ertheilte der Kommunal⸗Landtag, unter Vorbehalt der Genchmigung der Staatsregierung, seine Zu⸗ stimmung zu der Veräußerung verschiedener Straßenflächen.
1882/84 ein, und wurde beschlossen, diese Etats zu gene für jedes dieser Landeshospitäler als Zuschuß
8
Hiernächst trat die Versammlung in die Berathung der Etats der Landeshospitäler zu Haina und 1222— pro migen,
für die durch die Erweiterungen derselben entstehenden Kosten einen Jahres⸗ betrag von 29 000 ℳ aus der ständischen Schatzkasse zu be⸗ willigen und außerdem den ständischen Verwaltungsausschuß
zu ermächtigen, für etwa nothwendig werdende ausgedehntere Wegeanlagen im Hainaer Walde höhere als die veranschlagten Beträge verwenden zu können.
Weiter wurden die Voranschläge der Verwaltungskosten des Viehseuchenfonds pro 1882/84 sowie der Einnahmen und Ausgaben der ständischen Wittwen⸗ und Waisen⸗Versorgungs⸗ anstalt des Regierungsbezirks Cassel (Wilhelm⸗Augusta⸗ Stiftung) pro 1882, vorbehaltlich der Feststellung des Haupt⸗ etats, genehmigt.
Schließlich fand die Vorlage des ständischen Verwaltungs⸗ ausschusses, betreffend die Festsetzung von Normativbestim⸗ mungen für den Beitritt von Kreisverbänden ꝛc. zu der kommunalständischen Wittwen⸗ und Waisen⸗Versorgungs⸗ anstalt, mit einzelnen Abänderungen die Genehmigung des Kommunal⸗Landtages.
Baden. Karlsruhe, 23. November. Die von der Ersten Kammer in ihrer gestrigen Sitzung beschlossene Adresse an den Großherzog hat nach der „Karlsr. Ztg.“ folgenden Wortlaut:
Durchlauchtigster Großherzog, Gnädigster Fürst und Herr!
Die Kunde von der ernsten und gefahrdrohenden Erkrankung Ew. Königlichen Hoheit hat in allen Kreisen unseres Landes die tiefste Bestürzung verbreitet. Voll banger Sorge weilten die Gedanken aller Badener an dem Krankenlager des innigst geliebten Landesfürsten, dessen Leben allezeit erfüllt war von segensreichem Wirken für das geistige und materielle Wohl seines Volkes. Was in angstvollen Tagen das badische Volk empfand, war begleitet von der wärmsten Theilnahme der deutschen Nation für den edlen Fürsten, den Förderer der Einheit und Größe Deutschlands. 8
Gottes gnädiger Schutz hat über dem Leben Euer Königlichen Hoheit gewaltet; an die Stelle banger Sorge ist freudige Hoffnung getreten. Wollen Euer Königliche Hoheit in diesem Augenblicke auch der versammelten Ersten Kammer huldvoll gestatten, der tiefen Dank⸗ barkeit Ausdruck zu geben, mit welcher sie die Erhaltung des theuren Lebens gegen Gott erfüllt, und damit die innigsten Wünsche zu ver⸗ binden, daß der Allmächtige Euer Königlichen Hoheit recht bald volle Wiedergenesung schenken möge zur Freude des Großherzoglichen Hauses zum Heil und Segen unseres Vaterlandes.
Baden⸗Baden, 24. November. (W. T. B.) Das heute veröffentlichte Bulletin über das Befinden des Großherzogs meldet: Den bis 2 Uhr sehr guten Schlaf beunruhigten später leichte Gliederschmerzen, welche heute früh vollständig geschwunden waren. Das Befinden des Groß⸗ herzogs ist auch dem subjektiven Gefühle nach ein ganz er⸗ wünschtes. Temperatur 36,6, Puls 64, Eßlust befriedigend. — Das anhaltend günstige Befinden läßt ein ferneres ungestörtes Fortschreiten der Rekonvaleszenz mit größter Wahrscheinlichkeit erwarten, deshalb werden tägliche Bulletins nicht mehr erscheinen.
Schwarzburg⸗Rudolstadt. Rudolstadt, 23. November. (Leipz. Ztg.) Der Landtag des Fürstenthums ist am 21. d. M. durch den Staats⸗Minister von Bertrab eröffnet worden, und es sind demselben als Vorlagen zugegangen: 1) der Staatshaushalts⸗Etat auf die Finanzperiode 1882/84; 2) ein Gesetzentwurf, einen Zuschlag zur Einkommensteuer betr.; 3) ein Gesetzentwurf über das Kammervermögen des fürstl. Hauses; 4) ein Ministerialdekret, betr. die mit der Königlich preußischen Regierung abgeschlossenen Eisenbahnverträge. Die Vorlagen wurden den Ausschüssen zur Vorberathung übergeben.
Elsaß⸗Lothringen. Straßburg, 23. November. (Els.⸗Lothr. Ztg.) Neben dem Etat des Landeshaushalts für das Jahr 1882/83 werden dem Landesausschuß in seiner bevorstehender Session auch die Uebersicht über die Einnahmen und Ausgaben des Jahres 1880/81 sowie die allgemeine Rech⸗ nung über den Landeshaushalt für das Jahr 1877 zugehen. Außer diesen finanziellen Vorlagen werden noch Gesetzent⸗ würfe über folgende Gegenstände an den Landesausschuß ge⸗ langen: 1) die Fähigkeit zum Amte eines Notars, 2) die Gerichts⸗ kosten und die Gebühren der Gerichtsvollzieher, 3) die ander⸗ weite Einrichtung der Verwaltung der direkten Steuern und der Kassenverwaltung, 4) die Bestellung von Amts⸗ kautionen in elsaß⸗lothringischer Rente, 5) die Licenzgebühren für den Kleinverkauf geistiger Getränke. Der Entwurf 3 be⸗ zweckt, eine Vereinfachung der Verwaltungsorganisation und eine erhebliche Kostenersparniß dadurch herbeizuführen, daß a. an Stelle der drei Steuerdirektoren in Straßburg, Colmar und Metz für die Zukunft ein dem Ministerium direkt unter⸗ stellter Direktor der direkten Steuern mit dem Amts⸗ sitze in Straßburg tritt; b. die drei Bezirkshaupt⸗ kassen in Straßburg, Colmar und Metz aufgehoben und ihre Obliegenheiten auf die Landeshauptkasse int Straßburg übertragen werden. Der Gesetzentwurf über die Amtskautionen (Ziffer 4 oben) soll jeden Zweifel darüber beseitigen, daß die auf den Inhaber lautenden elsaß⸗lothringischen Rentenbriefe zur Leistung von Amtskautionen verwendet werden können. Der letzte der obenerwähnten Gesetzentwürfe endlich kommt einem in der vorigen Session geäußerten Wunsche des Landes⸗ ausschusses entgegen, indem er eine Ermäßigung der Licenz⸗ gebühr für Wirthschaften an abgelegenen Orten und für den Gelegenheitsausschank einführt.
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 24. November. (W. T. B.) Der Budgetausschuß erledigte heute das Budget für das Ministerium der Landesvertheidigung. Der Minister erklärte dabei, die Organisirung der Landwehr in Dalmatien sei ohne Störung vor sich gegangen, die Regierung beabsichtige, die Maßregel in Ruhe und — wenn nicht unbedingt noth⸗ wendig — mit Vermeidung aller Gewaltmaßnahmen durchzu⸗ führen. Der u erwähnte ferner die Beunruhigung von Krivoscie durch Räuberbanden und die dagegen getroffenen Maßregeln. Der neu ernannte Statthalter werde eventuell besondere Maßnahmen beantragen. Die Regierung werde die Schonung des Blutes der Staatsangehörigen sich vor Augen halten, nöthigenfalls aber der Autorität und Macht des Staates Geltung verschaffen und jeden Widerstand mit entsprechenden Mitteln brechen. Die Regierung rechne für ihr Vorgehen auf die Unterstutzung aller Patrioten ohne Unterschied der Parteien.
Großbritannien und Irland. London, 23. Novem⸗ ber. (Allg. Corr.) Die Königin ist von Balmoral nach Schloß Windsor zurückgekehrt. Am 29. ds. sindet unter ihrem Vorsitz ein Conseil statt.
Der Lordkanzler, der sich zu seiner Erholung nach Ramsgate begeben, kehrt in wenigen Tagen nach London zur Wiederaufnahme seiner amtlichen Thätigkeit zurück. ir Charles Dilke traf gestern aus Frankreich wieder hier ein.
In Irland scheinen Mordversuche gegen Gutsverwalter und mißliebige Pächter jetzt an der Tagesordnung zu sein. Die Spalten der Zeitungen sind mit Berichten darüber ge⸗
füllt. Die „Times“ schreibt heute: „Es ist peinlich, einge⸗ stehen zu müssen, daß die Zustände in Irland noch immer enttäuschend und beunruhigend sind“, und deutet bei der Ge⸗ legenheit an, daß, wenn die Zustände sich nicht bald bessern, es nothwendig sein werde, strengere Unterdrückungsmaßregeln als die gegenwärtigen anzuwenden.
Frankreich. Paris, 24 November. (W. T. B.) Im Senat zog Griffe heute seinen Protest gegen die Wahl La⸗ vernières zum lebenslänglichen Senator zurück und brachte den Antrag auf Erlaß eines Gesetzes ein, der darauf abzielt, die Bedingungen für die Wählbarkeit der lebenslänglichen Senatoren näher zu bestimmen. Laverniéère wurde hierauf zum lebenslänglichen Senator proklamirt.
In der Deputirtenkammer brachte der Finanz⸗ Minister eine Vorlage wegen Bewilligung der für die Ex⸗ pedition nach Tunis bis Januar k. J. erforderlichen Supplementarkredite ein. — Bei der Berathung über die Wahl des für Loudeac (Departement Cotes du Nord) gewählten Deputirten Boscher erklärte der Bischof Freppel von Angers, daß er für den Klerus dieselben Rechte in An⸗ spruch nehme, welche andere Bürger hätten. Der Klerus habe sogar das Recht, von der Kanzel aus den Gläubigen die Theil⸗ nahme an der Wahl anzuempfehlen, um die Pflicht gegen das Vaterland zu erfüllen. Mehrere Deputirte der Linken legten hiergegen Verwahrung ein. Der Minister des Innern, Waldek⸗Rousseau, erklärte: die Regierung könne solchen Doktrinen gegenüber, die eine Einmischung des Klerus in die Wahlen zur Folge hätten, nicht gleichgiltig bleiben; die Regierung sei der ganz bestimmten Ansicht, daß sich der Klerus streng innerhalb der Grenzen des Konkordats halte; ebenso sei die Regierung gewillt, sich aller gesetzlichen Mittel zu bedienen, um dem Klerus Achtung vor dem Gesetz und vor der Verfassung aufzulegen. Die Wahl in Loudeac wurde mit 402 gegen 93 Stimmen für ungültig erklärt.
Der „National“ theilt über eine zwischen Gambetta und dem St. Petersburger Botschafter, General Chanzy, stattgehabte Unterredung mit: Gambetta habe erklärt, die auswärtige Politik Frankreichs könne sich nicht ändern, Frankreich müsse zu allen Mächten in guten Verhältnissen bleiben: was aber die innere Politik Frankreichs betreffe, so sei er der Ansicht, daß der Ausfall der letzten Wahlen eine accentuirtere Aktion gegen den Klerus erheische. General Chanzy halte mit Rücksicht auf diese innere Politik sein Ent⸗ lassungsgesuch aufrecht, weil es ihm nicht leicht sein würde, die Motive für diese Politik dem Auslande klar zu machen.
Italien. Rom, 24. November. (W. T. B.) Der rumänische Gesandte Maurogheni hat heute dem König sein Beglaubigungsschreiben überreicht.
Türkei. Konstantinopel, 24. November. (W. T. B.) In einigen Ortschaften bei Erzerum ist eine pestähnliche Krankheit ausgebrochen und sind alle geeigneten Maßregeln gegen deren Weiterverbreitung getroffen. — Die Abreise Ali Nizam Paschas nach Berlin ist auf Freitag verschoben.
Serbien. Belgrad, 24. November. (W. T. B.) Der italienische Gesandte de Tosi hat gestern und der öster⸗ reichische Gesandte Grafen Khevenhüller hat heute dem Fürsten sein Beglaubigungsschreiben übcreicht. Die Wahlen für die in der Skupschtina erledigten 11 Sitze sind auf den 25. k. M. anberaumt, der Zusammentritt der Skupschtina er⸗ folgt Anfang Januar k. J.
Feichstags⸗Angelegenheiten.
In dem die Einnahmen (Kap. 8: 1 125 391 ℳ) gegen den laufenden Etat um 116 902 ℳ erhöht worden. Die hauptsächlichste Mehr⸗ einnahme bilden die Einnahmen des Patentamts an Gebühren (1 090 000 ℳ, (+ 90 000 ℳ). Außerdem sind in Gemäßheit des Gesetzes vom 20. April 1881 26 300 ℳ Wittwen⸗ und Waisengeld⸗ beiträge hinzugetreten. Die fortdauernden Ausgaben (Kap. 7 bis 13: 2 860 422 ℳ) haben sich nur in 4 Kapiteln geändert und gegen den Etat 1881 — 82 im Ganzen um 6530 ℳ erhöht. In Kap. 7, Reichsamt des Innern, Besoldungen, werden bei den Gehäl⸗ tern durch die Abtrennung des Reichs⸗Schatzamts 1200 ℳ erspart. In Kap. 7 a., Allgemeine Fonds, erhöhet sich der nach der Bevölke⸗ rungszahl, welche die Beitragsquote bildet, der Jahresbeitrag zu den Kosten des internationalen Maß⸗ und Gewichtsbureaus in Paris um 280 ℳ Tit. 11 desselben Kapitels sind zu Tagegeldern und Fuhr⸗ kosten des deutschen Volkswirthschaftsraths 85 000 ℳ eingestellt. Zur Begründung dieser Position, welche noch durch eine besondere Denkschrift motivirt worden ist, beißt es in den Erläuterungen:
Durch Königliche Verordnung vom 17. November 1880 ist für Preußen ein Volkswirthschaftsrath errichtet worden, welcher bestimmt ist, Entwürfe von Gesetzen und Verordnungen, welche wichtigere In⸗ teressen von Handel, Gewerbe und Landwirthschaft betreffen, zu be⸗ utachten. Eine Gee soll auch erfolgen, wenn es sich um Feugn der Reichsgesetzgebung handelt. Da die wirthschaftliche Ge⸗ etzgebung der Hauptsache nach dem Reiche zusteht und der preußische Volkswirthschaftsrath die Interessen der übrigen Bundesstaaten weder genügend vertreten kann, noch dies zu thun berufen ist, so wird be⸗ absichtigt, durch Kaiserliche Verordnung einen deutschen Volkswirth⸗ schaftsrath zu errichten. Derselbe soll lediglich die Aufgabe haben, für den Kaiser, den Bundesrath und die Reichsregierung einen tech⸗ nischen Beirath in wirthschaftlichen Fragen zu bilden. Es soll ihm weder eine gesetzliche Mitwirkung bei dem Erlasse von Gesetzen oder Verordnungen zustehen, noch soll die Reichsregierung an die Be⸗ schlüsse desselben irgendwie gebunden sein. Der preußische Volks⸗ wirthschaftsrath besteht aus 75 Mitgliedern und zerfällt in die drei Sektionen des Handels, der Gewerbe und der Landwirthschaft. Der permanente Ausschuß desselben umfaßt 25 Mitglieder, von denen je 5 durch die Sektionen gewählt und 10 von den Ressort⸗Ministern berufen werden. In analoger Weise soll der deutsche Volkswirth⸗ schaftsrath gebildet werden. Die Zahl von 125 Mitgliedern, aus welchen er bestehen soll, ergiebt sich aus dem Zahlenverhältniß der Bevölkerung im Reiche zu derjenigen Herfens. wenn für letzteres die Zahl der den preußischen Volkswirthschaftsrath bildenden 75 Mit⸗
lieder beibehalten wird. In das Ermessen der Bundesregierungen soll es gestellt werden, in welcher Weise sie die Auswahl der geeigne⸗ ten Sachverständigen für die ihr ——Ae zunächst berührenden Inter⸗ essen treffen wollen. — Ein permanenter Ausschuß soll aus 40 Mitgliedern gebildet werden, von denen je 8 von drei Sektionen des Handels, des Gewerbes und der Landwirthschaft gewählt und 16 von dem Bundes⸗ rath berufen werden sollen. Es ist von den Mitgliedern des deut⸗ schen Volkswirthschaftsraths, welche von der Reichsregierung um ihren segwersasipes Rath angegangen werden, nicht wohl zu ver⸗ langen, daß sie bei der Ausübung ihres Amtes auch noch materielle Befe bringen, zumal entscheidendes Gewicht darauf gelegt werden muß, daß der Arbeiter⸗ und der kleinere Handwerkerstand, welcher dem Gemeinwohl derartige Opfer zu bringen nicht in der Lage ist, im Volkswirthschaftsrath nicht unvertreten bleibe. Es ist daher, für den Fall der Berufung des Volkswirthschaftsrathes, die Bewilligung von Reisekosten nach dem Versammlungsorte im Betrage von 13 ₰ für das Kilometer der auf je 475 km durchschnittlich anzunehmenden Hin⸗ und Rückreise, sowie von 3 ℳ Ab⸗ und Zugang für jede Reise
Etat für das Reichsamt des Innern sind
und von Tagegeldern zum Einheitssatze von 15 ℳ in Aussicht ge⸗ nommen. Es wird dabei von der Annahme ausgegangen, daß sich im Laufe des Etatsjahres der Volkswirthschaftsrath 21 Tage und der permanente Ausschuß (bezw. die Sektion) 42 Tage lang in Thätigkeit befinden werden. Tit. 13. An Preußen Erstattung des Aufwandes für die zur Ab⸗ wehr der Rinderpest ꝛc. angestellten Gensd'armen (367 069 ℳ) ist durch die nothwendig gewordene Verstärkung der Grenzgensd'armerie um 7923 ℳ erhöht worden, dagegen werden 64 243 ℳ, welche bisher als Entschädigung an Bayern gezahlt wurden, erspart, weil jene Ueberwachung fortan von den bayerischen Grenzzollwächtern allein be⸗ sorgt werden soll. Bei der Normal⸗Cichungs⸗Kommission (Kap. 11:82 303 ℳ) sollen für die wissenschaftlichen Arbeiten zwei Techniker als Hülfsarbeiter mit 6300 ℳ Remuneration und 1320 ℳ Wohnungsgeldzuschuß angestellt werden, wodurch sich dieses Kapitel um 7620 ℳ und 150 ℳ zu Remunerationen erhöht, dagegen werden in Folge der Anstellung der beiden technischen Hülfsarbeiter 4000 ℳ bei dem Remunerationsfond erspart. In den sächlichen Ausgaben sind zu Amtsbedürfnissen des Patent⸗ Amts (Kap. 13 Tit. 7: 135 000 ℳ) 15 000 ℳ mehr ausgeworfen, weil größere Räume haben ermiethet werden müssen, dagegen werden an Ausgaben für Herstellung der Patentschriften (Tit. 8 das. 140 000 ℳ) 40 000 ℳ erspart.
In den einmaligen Ausgaben (Kap. 3: 612 572 ℳ + 157 967 ℳ) sind für die Fischzuchtanstalt in Hüningen (21 900 ℳ), dem Landeshaushaltsetat für Elsaß⸗Lothringen entsprechend, als Bei⸗ trag des Reichs 4500 ℳ mehr eingestellt worden. Für den Weiterbau der Katharinenkirche in Oppenheim a. Rh. sind wiederum 16 500 ℳ und für die Erforschung Afrikas 75 000 ℳ Beitrag ausgeworfen. Von den im laufenden Etat erwähnten Expeditionen ist die eine, von der südwestlichen Küste Afrikas ausgegangene, inzwischen zum Abschluß gelangt. Eine andere, im südäquatorialen Ost⸗Afrika sich bewegende Expedition hat, der zu⸗ nächst gestellten Aufgabe entsprechend, in der Kette der dortigen inter⸗ nationalen Niederlassungen zwischen Tabora und Karernta zu Kakoma am Tanganika⸗See eine deutsche Station errichtet, welche voraussicht⸗ lich nach Verlauf einiger Zeit durch Anlegung von Plantagen und Herstellung von Handelsbeziehungen zu den benachbarten Stämmen die Kosten der Unterhaltung selbständig zu tragen in der Lage sein wird. Die übrigen Expeditionen find noch im Gange; die nach dem Benuö entsendete wird mit erweiterten Zielen und Mitteln fortgeführt werden. Außerdem beabsichtigt die „Afrikanische Gesellschaft“ unter Festhaltung der ursprünglichen Operationsbasis, zwei neue Expeditionen von Südwesten und Westen her in das Innere Afrikas vordringen zu lassen. Zur Unterstützung dieser Unternehmungen ist die Reichsbeihülfe bestimmt. Die Kosten der Expedition zur Beobachtung des Venusdurchgangs 1882 sind mit 180 000 ℳ, und die Kosten der Betheiligung des Reichs an inter⸗ nationalen Polarforschungen mit 300 000 ℳ zum Ansatz gekommen; besondere Denkschriften motiviren diese Positionen. Die Kosten der Reichskommission mit 18 750 ℳ sind unverändert geblieben. Endlich sind noch 422 ℳ Entschädigung ausgeworfen, die Preußen in Betreff der zur Abwehr der Rinderpest an der Grenze aufgestellten Gensd'armen liquidirt hat.
Eine beigefügte Denkschrift, betreffend die Beob⸗ achtung des Vorübergangs der Venus vor der Sonne im Jahre 1882, lautet im Eingange:
„Das im Jahre 1874 beobachtete Phänomen eines Vorübergangs der Venus vor der Sonnenscheibe wird gegen Ende 1882 sich erneuern. Im vorigen Jahrhundert ist, wie im gegenwärtigen, die Erscheinung nur zwei Male (1761 und 1769) eingetreten; im nächsten Jahrhundert steht sie überhaupt nicht bevor. Hierauf hinweisend, haben die be⸗ theiligten Gelehrten, ohne Widerspruch zu erfahren, bereits bei den Vorbereitungen zur Beobachtung des Venusdurchgangs von 1874 der Erwartung Ausdruck gegeben, daß auch im Jahre 1882 das Phänomen der wissenschaftlichen Forschung unterworfen werden würde. Die da⸗ mals beschafften, noch geeigneten Beobachtungsapparate sind in Folge dessen bisher nicht anderweit verwendet worden.
Die Bearbeitung des durch die deutschen Erpeditionen im Jahre 1874 gewonnenen Materials hat dargethan, daß damals zwar ein be⸗ deutungsvoller Fortschritt in der genaueren Ermittelung der Ent⸗ fernung der Erde von der Sonne, nicht aber eine für die Gegenwart abschließende Lösung dieses Hauptproblems erreicht worden ist. Neben den in der Aufgabe selbst liegenden Schwierigkeiten sind die unberechenbaren und unvermeidlichen elementaren Zufälle hinderlich gewesen, denen astronomische Beobachtungen unterworfen sind, welche zu einer bestimmten Stunde gleichzeitig an weit von einander entlegenenen Stellen der Erde angestellt werden.
Daß die übrigen Nationen, welche im Jahre 1874 an den frag⸗ lichen Beobachtungen sich betheiligt haben, dieselben im nächsten Jahre erneuern werden, erscheint nicht wohl zweifelhaft. England und Frankreich haben ihre Vorarbeiten bereits eingeleitet.
Auch die von dem Bundesrath für die obere Leitung der Beob⸗ achtung des Venusdurchgangs von 1874 berufene, mit der wissenschaft⸗ „lichen Bearbeitung des Materials noch beschäftigte Kommission hat, um das bevorstehende Phänomen wiederum beobachten zu können, die Bewilligung einer Summe von 195000 ℳ aus Reichsfonds bean⸗ tragt. Das Programm bezweckt die Entsendung je zweier Expeditio⸗ nen nach der Gegend der Plata⸗Mündung und nach der Magellan⸗ straße oder den Falkland⸗Inseln, unter Beschränkung der Aufgabe auf die heliometrische Methode und die Methode der Beobachtung der Zeiten der Antritte der Venus an den Sonnenrand, indem das im Jahre 1874 noch angewendete Experiment photographischer Fixirun des Venusorts auf der Sonnenscheibe als von zweifelhaftem Wert sich herausgestellt hat. Jene Beschränkung, die geringere Zahl der geplanten Expeditionen und ferner der Umstand, daß der Hauptsache nach die nöthigen Instrumente bereits vorhanden sind, würden bewir⸗ ken, daß, während die Expeditionen von 1874 bisher einen Aufwand von nahezu 610 500 ℳ erfordert haben, im gegenwärtigen Fall der obengedachte Betrag von 195 000 ℳ als ausreichend sich darstelle.
Die in Rede stehenden Expeditionen würden Europa im Sommer 1882 zu verlassen haben.“
Eine Denkschrift, betreffend die Dentschlands an internationalen autet:
„Auf Grund eines Beschlusses des im April 1879 zu Rom ab⸗ gehaltenen zweiten internationalen Meteorologenkongresses sind aus der Mehrzahl der europäischen Seestaaten, auch aus Deutschland, achmänner zu einer Konferenz zusammengetreten, welche in ihren 879 zu Hamburg, 1880 zu Bern und 1881 zu St. Petersburg ab⸗ gehaltenen Versammlungen einen Plan zu methodischer Erforschun der Polargegenden aufgestellt und die Durchführung dieses Planes si zur Aufgabe gemacht hat. 1 Das Programm dieser internationalen Polarkommission geht — im Einklang mit der Anschauung der auf Anordnung des Bundes⸗ raths im Jahre 1875 berufen gewesenen deutschen Polarkommission — davon aus, daß nicht einzelne Expeditionen mit dem Charakter geographischer Entdeckungsreisen, sondern nur sospemattsche gleich⸗ zeitige und fortgesetzte Beobachtungen auf einer größeren Anzahl von Stationen in den Polargegenden zur Erreichung des Zieles ge⸗ eignet seien. 2 “
Die Lösung der vorbandenen Perilee. auf den hauptsächlich in Betracht kommenden Gebieten der Meteorologie und des Erdmagne⸗ tismus erachtet die internationale Polarkommission bedingt durch die Errichtung von mindestens acht Beobachtungsstationen in der nörd⸗ lichen Hemisphäre, für welche folgende Punkte in Vorschlag gebracht worden sind:
1) Spitzbergen,
2) Finnmarken (Nordkap), 3) Nowaja⸗Zemlja, 4) Lena⸗Mündung, 8 5) Point⸗Barrow, 11 8 6) ein Punkt im amerikanischen arktischen Insel⸗Archipel, 7) Upernivik oder ein anderer Punkt in West Grönland. 8) Jan Maven oder ein Punkt an der Ostküste Grönlands.
acht der Wichtigkei gleichzeitiger B — 2 1
Betheiligung Polarforschungen,
bachtungen in
den arktischen und den antarftischen Regionen hat die internationale Polarkommission weiterhin vorgeschlagen, womöglich an folgenden vier Punkten der südlichen Hemisphäre Stationen zu errichten:
1) Süd⸗Georgien⸗Insel, v“ 1
2) Kerguelen⸗Insel, 11“
3) Auckland⸗ oder Campbell⸗Inseln,
4) Balleny⸗Inseln.
Die Gründung von Beobachtungsstationen auf den bezeichneten 8 Punkten der Nordhemisphäre ist nach den vorliegenden amtlichen Nachrichten als gesichert zu betrachten; und zwar werden besetzt werden:
1) die Mosselbay auf Spitzbergen durch Schweden,
2) Alten⸗Fjord durch Norwegen,
3) 4) Lena⸗Mündung und Nowaja⸗Zemlja durch Rußland,
5) 6) Point⸗Barrow und Lady Franklin⸗Bay durch die Ver⸗
einigten Staaten von Amerika,
7) Godthaab (an der Westküste Grönlands) durch Dänemark,
8) Jan Mayen durch Oesterreich,
Außerdem hat die niederländische Regierung die Zusage ertheilt, 30 000 Gulden zur Verwendung für Polarexpeditionen in das nächste Budget aufzunehmen, falls die gleiche Summe im Wege der Privat⸗ subskription aufgebracht wird. Die letztere hat bereits einen bedeu⸗ tenden Betrag ergeben, so daß das Zustandekommen des Projekts als unzweifelhaft gilt. Als Stationsort ist Dicksonshaven in Westsibirien in Aussicht genommen.
Die französische Regierung beabsichtigt, eine Erpedition nach dem Kap Horn oder einem Punkte in der Nähe des letzteren zu entsenden und die hierfür auf etwa 300 000 Franken veranschlagten Kosten in Form eines Supplementarkredits zum Budget von 1882 zu beantragen.
Endlich ist dem Präsidenten der internationalen Polarkommission eine — amtlich jedoch bisher nicht bestätigte — Mittheilung zuge⸗ gangen, wonach Großbritannien in Kanada eine Beobachtungsstation einzurichten gedenkt.
Der Beginn der gemeinschaftlichen Beobachtungen ist auf den Herbst 1882 festgesetzt.
In Deutschland ist der Gedanke systematischer Polarforschungen im Zusammenwirken der zumeist betheiligten Nationen bereits vor geraumer Zeit angeregt und, wie Eingangs erwähnt, auf Veranlas⸗ sung des Bundesraths durch eine Kommission von Fachgelehrten ein⸗ gehend erörtert worden. Auch später ist in den wissenschaftlichen Kreisen Deutschlands das dringende Verlangen nach Verwirklichung des Projekts kundgegeben worden. Ebenso hat der Reichstag durch Beschluß vom 27. April d. J. an den’ Reichskanzler das Ersuchen gerichtet, 8 8
geeignete Maßnahmen zu treffen, um eine Betheiligung
Deutschlands an der Erforschung der Polargegenden zunächst
im Interesse der Meteorologie, der Aufklärung der erdmagne⸗
tischen Erscheinungen und, soweit thunlich, auch im Interesse
der Erdkunde und der übrigen Naturwissenschaften in Verbin⸗
dung mit anderen Nationen, welche in gleicher Richtung vor⸗ zugehen bereit sind, herbeizuführen.
Diejenige Schwierigkeit, welche bisher der Ausführung eines Unternehmens der fraglichen Art hauptsächlich entgegenstand, nämlich die Ungewißheit einer den Erfolg genügend sichernden Betheiligung anderer Nationen, erscheint nach den obigen Darlegungen als besei⸗ tigt. In Folge dessen hat nunmehr auch die Mitwirkung Deutsch⸗ lands in Aussicht genommen werden können. Der Plan für eine solche ist auf Grund des Programms der internationalen Polarkom⸗ mission von den deutschen Mitgliedern der letzteren aufgestellt wor⸗ den und richtet sich auf die Besetzung einerseits eines Punktes auf der Ostküste Grönlands, andererseits der Insel Süd⸗Georgien. Die deutsche Mitarbeit auf der nördlichen Hemisphäre wird die Erfüllung der dort zu lösenden Aufgaben ganz wesentlich vervollkommnen, die Ausdehnung der Beobachtungen die südliche Polarzone wird für gewisse Wissenschaftsgebiete die vollständige Durchführung des Plans überhaupt erst ermöglichen, da derjenige Theil der Forschungen, wel⸗ cher auf den Zusammenhang des Erdmagnetismus, der Erdströme und Polarlichter sich bezieht, gleichzeitige Beobachtungen in den ant⸗ arktischen Regionen zur nothwendigen Voraussetzung hat. 8b
Die Kosten der gedachten beiden Expeditionen nach der Ostküste Grönlands und beziehungsweise nach Süd⸗Georgien sind von den deutschen Mitgliedern der internationalen Polarkommission unter Zu⸗ grundelegung einer Zeitdauer von 18 Monaten im Ganzen auf 890 0909 h—
Hierbei ist davon ausgegangen, daß nur die meteorologischen und magnetischen Untersuchungen als zur Erreichung des erstrebten Zieles unerläßlich und in den Ergebnissen ausschlaggebend zu betrachten sind; daß daher auch der für Rechnung des Reichs zu verwirklichende For⸗ schungsplan auf die Probleme jener beiden Disziplinen sich zu be⸗ schränken hat, wogegen den deutschen Akademien der Wissenschaften zu überlassen sein wird, behufs etwaiger Wahrnehmung der Interessen anderer Zweige der Naturkunde, an den zu veranstaltenden Expeditionen durch Entsendung besonderer Fachgelehrten sich zu betheiligen und die in Folge dessen entstehenden Mehrkosten aus den jenen Körperschaften für derartige Zwecke zu Gebote stehenden Fonds zu bestreiten.“
Statistische Nachrichten.
Nach Mittheilung des statistischen Bureaus der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 13. November bis inkl. 19. November cr. zur Anmeldung ge⸗ kommen: 201 Eheschließungen, 784 Lebendgeborne, 31 Todtgeborene, 502 Sterbefälle. 8
— Bei der MagdeburgerzAllgemeinen Versicherungs⸗ Aktiengesellschaft — Abtheilung für Unfallversicherung — kamen im Monat Oktober 1881 zur Anzeige: 17 Unfälle, welche den Tod der Betroffenen zur Folge gehabt haben, 9 Unfälle, in Folge deren die Beschädigten noch in Lebensgefahr schweben, 66 Unfälle, welche für die Verletzten voraussichtlich lebenslängliche, theils totale, theils partielle Invalidität zur Foice haben werden, 729 Unfälle mit voraussichtlich nur vorübergehender Erwerbsunfähigkeit; im Ganzen 821 Unfälle.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Von den im Verlage der Gebr. Henniger zu Heilbronn er⸗ scheinenden: „Zeitfragen des christlichen Volkslebens, be⸗ ründet von Ober⸗Kirchen⸗Rath Dr. Mühlhäuser und Professor
r. Geffken, fortgeführt von C. Frhr. von Ungern⸗Stern⸗ berg und Professor G. Schlosser“ liegen seßt das erste und zweite Heft des siebenten Bandes vor. Heft 1 enthält eine Abhand⸗ lung über das Alter der Erde von Dr. Friedrich Pfaff, Professor der Universität Erlangen, und Heft 2 bringt eine Arbeit über die evangelische Kirche Oesterreichs im Jahre des Toleranz⸗ jubiläums aus der Feder von J. M. Kühne, epang. luth. Pfarrer zu Langenwolmsdorf in Sachsen. — Der Preis der Hefte beträgt 1 ℳ und 1,20 ℳ — Die „Zeitfragen“, von denen nunmehr sechs Bände vollständig vorliegen, in christlichem und konservativem Sinne geleitet, haben sich von ihrer Begründung an einer günsti⸗ len Aufnahme und Beurtheilung zu erfreuen gehabt. Wir ben bei dem Erscheinen der früheren Bände Gelegenheit gehabt, anzuerkennen, daß diese Schriften es sich angelegen sein lassen, über die wichtigsten Fragen der Gegenwart in christlichem Sinne Auf⸗ klärung zu bringen und zur Orientirung auf den verschiedenen Ge⸗ bieten des staatlichen, kirchlichen und gesammten Kulturlebens in erfolgreicher Weise beizutragen. Die „Zeitfragen“ erscheinen in eften, deren jedes ein abhgeschlossenes Ganzes ildet. Von Band — IW. bilden sechs Hefte einen Band zu dem sehr mäßigen Preise von 5 Mark. Vom V. Vande an ist die Vergünstigung für die Abonnenten eingetreten, daß denselben acht * per Band geliefert werden ohne Erhöhung des Subskriptionspreises von 5 ℳ Die Hefte sind zu erhöhtem Preise auch einzeln käuflich. Vom VII. Bande an können die „Zeitfragen auch im Postzeitungswege bezogen werden.é Wie die Verlagshandlung mittheilt sind an Beiträgen zur Veröffentlichung zunächst in Aussicht renommen: Die politische Gemeinde und der Realkredit von B. leicken. — Der Alkoholismus, von Pfr. Fuchs. — Das russische
feine Hopfen ausgeboten.
Sektenwesen, von C. N. von Gerbel⸗Embach. — Die soziale Frage im Lichte des Reiches Gottes, von Dekan H. Guth. — Der Pro⸗ fessorenroman, von Otto Kraus. — J. H. Wichern. Ein Lebensbild. Von Konsistorial⸗Rath Krummacher. — Christenthum und Sittlichkeit. Von Pastor Maaß. — Der Kampf um Christum, ein Zeuge für Christum. Von Pastor Meumann. — Der Pessimismus und seine Stellung im Geistesleben unserer Zeit. Von Dr. R. Pfleiderer. — Oberkirchen⸗Rath Dr. Mühlhäußer. Ein Lebensbild. Von Pfr. Reinmuth. — Ueber vergleichende Religionswissenschaft mit beson⸗ derer Berücksichtigung der neuesten altegyptischen Forschungen. Von Victor von Strauß. — Ueber Heidenmission. Von Dr. G. Warneck.
— Die Schulzesche Hofbuchhandlung (C. Berndt & A. Schwartz) in Oldenburg hat zum bevorstehenden Weihnachtsfeste außer dem schon erwähnten Album „Kulturgeschichtlicher Bilder aus den Nordsee⸗ Marschen“, von Heinrich von Dörnberg und Hermann Allmers, von einer Reihe älterer bewährter Erscheinungen ihres Verlages neue, elegant ausgestattete Auflagen besorgt. Zuerst sind zu nennen die „Römischen Schlendertage“ von Hermann Allmers, welche bereits in fünfter Auflage vorliegen. Die neueste ist mit einem Titel⸗ bilde von Otto Knille geschmückt und erscheint in einer Aus⸗ stattung in Druck und Einband, welche sich nicht nur für den Touristen praktisch erweisen, sondern auch dem Büchertisch zur Zierde gereichen dürfte (gr. 80, geheftet 5 ℳ 60 ₰, in elegantem Original⸗Einband 6 ℳ 50 ₰). — Dem vorgenannten reihen sich in zweiter Auflage die „Italienischen Gypsfiguren“ von Woldemar Kaden an (gr. 80, in eleganter Ausstattung geheftet 5,60 ℳ, in elegantem Originaleinband 6,50 ℳ), eine Sammlung lebendig und farbenreich geschriebener Skizzen, welche in ihrer Totalität ein interessantes Bild von dem geistigen und sozialen Leben Italiens gewähren. — In reichster Ausstattung liegen ferner die unter dem Titel: „Ost und West“ in weiteren Kreisen bekannten Gedichte von Murad Efendi vor. Der kürzlich verstorbene Dichter und osma⸗ nische Diplomat hat sich durch seine „Dramatischen Dichtungen“ und „Türkischen Skizzen“ sowie die ebenfalls im Verlage der Schulze⸗ schen Hofbuchhandlung in wiederholten Auflagen erschienenen „Balla⸗ den und Bilder“ und den türkischen Eulenspiegel „Naßreddin Chodja“ ꝛc. einen literarischen Namen gemacht. In den stylvollen, charak⸗ teristischen Einbänden, in welchen sich orientalischer Reich⸗ thum mit feinem Geschmack paart, bietet die Verlagshand⸗ lung kleine Kunstwerke, die jede Bibliothek schmücken werden. (S8“, elegant geheftet 4 ℳ, in Original⸗Prachtband 5 ℳ) — Ebenfalls in dritter, gänzlich umgearbeiteter und stark vermehrter Auflage wird das Werk des Bibliothekars am Kensington⸗Museum in London, Dr. J. W. Appell: „Werther und seine Zeit“ ausgezeben (in reicher typographischer Ausstattung, 8⁰, geheftet 5 ℳ, in feinem Orig.⸗Einbd. 6 ℳ). Der bekannte Verfasser hat das sei⸗ ner Bedeutung nach hinreichend gewürdigte Werk unter flei⸗ ßiger Benutzung der vielen neuen Goethe⸗Forschungen derart verändert und erweitert, daß einen neuen, sehr schätzens⸗ werthen Beitrag zur Geoethe⸗Literatur darbietet. — End⸗ lich liegt das erste Bändchen der „Sammlung deutscher Pup⸗ penkomödien“ in zweiter Auflage als besonderes Werk vor, mit dem Titel: „Das Volksschauspiel Doktor Johann Faust,“ herausgegeben mit geschichtlichen Nachrichten über den Träger der Faustsage und mit einer Bühnengeschichte des „Faust“, von Karl Engel (Mit Fausts Portrait nach Rembrandt. Gr. 80., eleg. geheftet 4 ℳ, in Orig.⸗Einbd. 5 ℳ). Die unermüdlichen Faust⸗ Forschungen des bekannten Verfassers und Herausgebers der um⸗ fassenden „Bibliotheca Faustiana“ haben die geschichtlichen Nachrichten über Faust und vor allem die Bühnengeschichte desselben so sehr er⸗ gänzt und umfangreich gemacht, daß durch die Herausgabe dieser zweiten Auflage des Volksschauspiels die Faust⸗ und Goethe⸗Literatur um einen neuen, hervorragenden Beitrag bereichert wird. Auch der Text des Volksschauspiels hat bedeutende Zusätze und namhafte Verände⸗ rungen nach älteren, vom Verfasser neuerdinngs aufgefundenen Manu⸗ skripten erfahren.
—— Die neueste Nummer des „Deutschen Familienblatts“ (Berlin, Verlag von J. H. Schorer) hat folgenden Inhalt: Herodias, Roman von E. Vely (Fortsetzung). — Die elektrische Bahn zu Charlottenburg, von Julius Stinde (mit Abbildung). — Plaudereien von der maritimen Ausstellung in Hamburg, von Franz Siewert. — Chodowiecki in der Mädchenschule, kulturhistorische Skizze von Karl Neumann⸗Strela (mit Illustration). — Ein nationales Geschichts⸗ werk, von Gerhard Pfeilschmied (Schluß, mit Illustrationen). — Plauderecke: Am liebsten „allein“. Das Eldorado der Schriftsteller. Blut und Eisen. Keiner siegte, keiner wich. Die Elektrizität und ihre Zukunft. — Holzschnitte: Das schlecht bewachte Mädchen, von A. Laupheimer. Chodowieeki in der Mädchenschule, Zeichnung von Woldemar Friedrich.
Land⸗ und Forstwirthschaft.
Der Jahresbericht über die Beobachtungs⸗Ergeb⸗ nisse der im Königreich Preußen und in den Reichs⸗ landen eingerichteten forstlich⸗meteorologischen Statio⸗ nen, herausgegeben von Dr. A. Mittrich, Professor an der K gl. Forst⸗Akademie zu Eberswalde und Dirigent der meteorologischen Abtheilung des forstlichen Versuchswesens in Preußen, 6. Jahrg., für das Jahr 1880 ist erschienen. (Berlin 1882. Verlag von Julius Springer, Monbijouplatz 3.)
Gewerbe und Handel.
Nürnberg, 23. November. (Hopfenmarktbericht von Leopold Held). Die Tendenz des Hopfenmarktes ist fortgesetzt eine ge⸗ drückte. Die Exporteure kaufen nur zu ganz niedrigen Preisen und zahlen selten mehr als 85 — 100 ℳ, und die Kundschaftshändler halten mit der Deckung ihres Bedarfs so lanje wie möglich zurück. Die Zufuhren bleiben anhaltend starke und ersetzen stetig die, durch Ver⸗ käufe entstandene Minderung des Lagerbestandes aufs Reichshaltigste. Trotz der großen Vorräthe sind aber verhältnißmäßig sehr wenig wirklich F Die Frage nach solchen ist eine gute. Die Preise sind seit acht Tagen abermals um 5 —- 10 ℳ gefallen. — Die Notirungen lauten: Marktwaare prima 105 — 110 ℳ, mittel 90 — 100 ℳ, Gebirgshopfen 110 — 115 ℳ, Hallertauer prima 135 — 145 ℳ, mittel 105 — 115 ℳ, Aischgründer prima 105 — 110 ℳ, mittel 90 — 100 ℳ, Württemberger prima 135—145 ℳ, mittel 105 — 115 ℳ, Polnische prima 135 — 145 ℳ, mittel 105 — 115 ℳ, Elsässer prima 110 — 115 ℳ, mittel 95 — 100 ℳ, Geringe aller Sorten
Hamburg, 24. November. (W. T. B.) Die Dividende der Aktien⸗Bierbrauerei 8 Hamburg ist auf 3 % festgesetzt, egen 24 % im vorigen Jahre. 8 a. Londo n, 24. Hovember. (W. T. B.) In der gestrigen Wollauktion verkaufte sich Kapwolle, hauptsächlich aus sehr fehler⸗ 36 Snow Whites bestehend, ¼ d. höher als zu den Preisen der
eptemberauktion. Verkehrs⸗Anstalten. Triest, 24. November. (W. T. B.) Der Lloyddampfer „Ettore” ist heute Nachmittag 3 ½ Uhr von Konstantinopel hier angekommen. 3
Berlin, 25. November 1881.
In Krolls Theater wird morgen die Weihnachtsaus⸗ tellung eroöffnet. b Uebe as m Königssaale werden die Mitglieder des Victoria⸗ Theaters die Märchenkomödie: „Der gestiefelte Kater“ von C. A. Görner aufführen.
Im Wilhelm⸗Theater beginnen die Prima Ballerina Frl. Flora Jungmann und der Balletmeister gr. tto Thieme morgen, Sonnabend, nochmals ein dreimaliges Gastspiel, und zwar wird das Ballet „Der hüpfende Freier“ zur Aufführung gelangen.
Concerthaus. Heute veranstaltet Hr. Hosmusildirektor Bilse einen Wagner⸗Abend. Im morgigen Spmphonie⸗Concert ge⸗ langt die 1. Symphonie von Beethoven zur Aufführung.
Dieselbe bringt viele neue und interessante Ueber⸗- 1