Interessen betrauten Agenten häufig bedeutend geschädigt n
seien, und bat um Remedur. Der Staats⸗Minister von Boetticher entgegnetete, daß es sich hierbei nur um eine Folge des Privatrechts handle und ein Verschulden des Reichskommissars nicht in Frage komme, weshalb er nur Ueberweisung der Petitionen zur Erwägung anheimstellen könne. Uebrigens seien dieselben noch nicht zur Kenntniß der Regierung gelangt, weshalb sich ein materielles Eingehen verbiete. Bei Titel 11 (Deutscher Volkswirthschaftsrath) führte der Abg. von Benda aus, daß eine solche Institution wie der Volkswirthschaftsrath sehr leicht auf Abwege gerathen und einen gewissen Kastengeist ausbilden könne, der nach vielen Richtungen hin gefährlich sei. Er erinnere an die Erfahrungen, die man mit dem Landes⸗Oekonomiekollegium gemacht habe. Uebrigens böten die Organe der Selbstverwaltung vollständig die Mittel dar, um die mit dem Volkswirthschaftsrath. beabsichtigten Zwecke zu erreichen. Bei Schluß des Blattes nahm der Reichskanzler Fürst von Bismarck das Wort.
— Spiegelt ein Gläubiger seinem gesetzesunkundigen Schuldner, gegen den er den Erlaß eines gerichtlichen Zah⸗ lungsbefehls über eine den wirklichen Betrag der Schuld⸗ forderung übersteigende Summe im Mahnverfahren veranlaßt hat, vor, daß der Zahlungsbefehl nur eine bedeutungslose Mahnung sei, welche seine (des Gläubigers) Rechte nicht ver⸗ mehre, und veranlaßt er dadurch den Schuldner, von der Er⸗ hebung eines Widerspruchs innerhalb der zugelassenen Frist Abstand zu nehmen, so ist er nach einem Urtheil des Reichs⸗ gerichts, I. Strafsenats, vom 3. Oktober d. J., wegen Betruges zu bestrafen.
— Das „Marine⸗V.⸗Bl.“ veröffentlicht folgende Nach⸗ richten über Schiffsbewegungen (das Datum vor dem Orte bedeutet Ankunft daselbst, nach dem Orte Abgang von dort.) S. M. S. „Carola“ 14./11. Funchal Madeira. (Post⸗ station: Capstadt.) S. M. S. „Elisabeth“ 11./11. Madeira 15./11. (Poststation: Valparaiso [Chili]) S. M. Aviso „Ha⸗ bicht“. Letzte telegraphische Nachr cht aus Cooktown vom 6./8., nach welcher das Kanonenboot von Matupi, den Carolinen⸗ und Marschall⸗Inseln nach Apia zurückgegangen ist. (Poststation: Sidney [Australien!)). S. M. S. „Hertha“ 3,/9. Chefoo. Verbleibt bis auf Weiteres behufs Abhaltung von Schieß⸗ übungen auf der Rhede von Kung⸗Kung⸗tau. (Poststation: Hongkong.) S. M. Knbt. „Iltis“ 13/8. Chefoo. Verbleibt bis auf Weiteres auf der Rhede von Kung⸗Kung⸗tau. (Post⸗ station: Hongkong.) S. M. Av. „Loreley“ 30./9. Smyrna. — Letzte Nachricht von dort 22/11. (Poststation: Konstan⸗ tinopel.) S. M. S. „Luise“ 23./10. Bahia. (Poststation: Kingstown [St. Vincent, Westindien]. S. M. Av. „Möwe“ 8./11. Sidney. (Poststation: Sidney, [Australien]l.) S. M. S. „Moltke“ 17./9. Callao. — Letzte Nachricht von dort 19./10. (Post⸗ station: Panama.) S. M. S. „Stosch“ 28./8. Chefoo. Verbleibt bis auf Weiteres behufs Abhaltung von Schießübungen auf der Rhede von Kung⸗Kung⸗tau. (Poststation: Hongkong.) S. M. S. „Victoria“ 16./8. Rio de Janeiro 8./10. — 27./10. Mon⸗ rovia 2./11. — 8./11. Porto Grande [St. Vincent]. (Post⸗ station: Plymouth.) S. M. S. „Vineta“ 26./10. St. Vin⸗ cent (Cap Verden). 29./10. — 19./11. Plymouth 20./11. — 25./11. Kiel. (Poststation: Kiel.) S. M. Knbt. „Wols“ 18./8. Rhede Kung⸗Kung⸗tau 29./9. — 3./10. Newchwang. (Post⸗ station: Hongkong.)
Aurich, 28. November. (N. Hann. Ztg.) Nachdem gestern, als am Sonntage, der General⸗Superintendent Bartels den Eröffnungs⸗Gottesdienst gehalten und in seiner Ansprache über Apostelgeschichte 6, V. 1—7, auf das Beispiel der ersten apostolischen Gemeinde bei Einrichtung des Instituts der Almosenpfleger hingewiesen hatte, fand heute die erste Sitzung der Synode im Saale der ostsriesischen Landschaft statt. Der Regierungskommissar Ministerial⸗Direktor Barkhausen forderte den Synodalen Oberkirchen⸗Rath Pastor Koppelmann aus Schüttorf auf, das Eingangsgebet zu sprechen, und richtete, nachdem seiner Aufforderung Folge geleistet, folgende Ansprache an die Versammlung:
„Hochwürdige, Hochgeehrte Herren! Mehrere Jahrzehnte sind bereits verflossen, seitdem auch in der evangelisch⸗reformirten Kirche dieser Provinz die Ueberzeugung sich geltend machte, daß das In⸗ teresse der Kirche die Herstellung einer presbyterialen und synodalen Verfassung erfordere, um darin eine Grundlage für Ausgestaltung der kirchlichen Einrichtungen zu gewinnen und den Dienern am Worte lebendige Mithelfer zur Erfüllung ihrer Aufgaben in der Kirche zu erwecken.
Schon vor länger als dreißig Jahren wurde in einem gesetz⸗ geberischen Akte die Zusage ertheilt, eine Abänderung der Kirchen⸗ verfassung in diesem Sinne herbeizuführen. Zur Genüge ist es bekannt, welche großen inneren und süer⸗ Schwierigkeiten zu über⸗ winden waren, bevor man zu dem Ziele gelangte, für die evangelisch⸗ lutherische Schwesterkirche dieser Provinz und demnächst auch für die übrigen Landestheile des großen Staatsganzem, dem die Provinz en gegenwärtig angehört, die angestrebte Organisation zu Stande zu bringen.
Die Entwickelung der öffentlichen Verhältnisse in den letzten Jahrhunderten hat es mit sich gebracht, daß für die mirte Kirche der Provinz Hannover erst jetzt mit Ausführung jener Organisation vor sich gegangen werden kann und, der ertheilten Zu⸗ age gemäß, sind Sie, Hochwürdige, Hochgeehrte Herren, durch die Allerhöchste Verordnung vom 4. Mai d. J. berufen, mit Ihrem Rathe über die beabsichtigte Veränderung der bestehenden Kirchen⸗
frfassung Sr. Majestät unserm Allergnädigst Kaiser und Könige, als dem höchsten Inhaber des Kirchenregiments zu dienen. 8 Immer stärker ist die Nothwendigkeit hervorgetreten und immer lauter mahnt die Entwickelung unserer sozialen Verhältnisse dazu, den evangelischen Kirchen eine eigene, feste Verfassung zu geben, elche sie befähigt, eine feste Schutzwehr zu bilden gegen ie grundstürzenden Irrthümer und gegen die Angriffe, die das Heiligthum der Kirchen und die Grundlagen staatlicher und kirchlicher Ordnung gleichmäßig bedrohen, zu dem Ende aber, wie es dem Grunprinzipe reformirter Kirchenverfassung von eher entsprochen hat, auf allen Stufen der Verfassung neben den berufsmäßigen Dienern der Kirche die Laien in einem solchen Umfange zu der kirchlichen Verfassung wieder zu etheiligen, daß in immer größerer Anzahl Männer aus der Gemeinde zur Mitthätigkeit im Dienste der Kirche, zur Unterstützung sowohl des geistlichen Amtes, als der Kirchenregierung in der Erfüllung ihrer Aufgaben herangezogen werden. Der Entwurf der Kirchengemeinde⸗ und Synodalordnung, den ich Ihnen vorzulegen beauftragt bin, umfaßt demgemäß den saneren Verfassungsbau. Er bezweckt, den Einzelgemeinden die Selbstverwal⸗ ung ihrer inneren wie äußeren Angelegenheiten zu überweisen und Fem ttiogfn ihrer Organe in einheitlicher Weise zu regeln. r beabsichtigt, die Gemeinden, welche durch ihre Belegenheit, sowie durch gemeinsame historische Entwickelung in unmittelbaren Be⸗ ziehungen zu einander stehen, in organischer Weise zu Bezirkssynoden mit einander gliedlich zu verbinden. 5
Er nimmt daneben in Aussicht, die sämmtlichen reformirten Ge⸗ meinden der Provinz zu einem gemeinschaftlichen Kirchenkörper zu⸗ sammenzufügen und dem geordneten Organe desselben, der Gesammt⸗ spnode, eine Mitwirkung bei “ Gesetzgebung, sowie eine
geordnete Theilnahme an de verschaffen.
Der Entwurf schließt sich in seinem inneren Aufbau an die gleichartigen Ordnungen an, welche in neuerer Zeit für die übrigen Provinzen der Monarchie erlassen sind; er nimmt besonders auf die Gestaltung der kirchlichen Einrichtungen in der evangelisch⸗lutherischen Schwesterkirche dieser Provinz thunlichste Rücksicht, und, sofern es gelingt, die innere Kirchenverfassung der reformirten Kirche der Pro⸗ vinz Hannover zu gedeihlichem Abschlusse zu fördern, besteht bei der Kirchenregierung die Absicht, die Ordnung des Verhältnisses dieser Kirche zum Staate nach denselben Gesichtspunkten anzubahnen, welche für die gleichartige Ordnung für die übrigen Provinzen maß⸗ gebend gewesen sind, damit auch dieser Kirche diejenige Selbständig⸗ keit zu Theil werde, welche es ihr ermöglicht, in ihrem Bereiche und mit den ihr verliehenen Gnadengaben ihrer Aufgabe für das Heil der Seelen gerecht zu werden. 8
Hochwürdige, Hochgeehrte Herren! Wo der Herr nicht das Haus bauet, da bauen umsonst, die daran arbeiten. Treten wir daher an die Arbeit, zu der wir gemeinsam berufen sind mit dem Gebete, daß er das Werk unserer Hände fördern wolle, mit dem aufrichtigen Willen, bei unserm Schaffen nichts anders zu suchen, als die Ehre Gottes, nach nichts Anderem zu trachten, als nach dem Bau seines Reiches auf Erden im Vertrauen auf den allmächtigen Beistand dessen, der es dem Aufrichtigen will gelingen lassen, überall in dem Geiste der Liebe, des Friedens und der Duldsamkeit, damit dies Werk gereiche zum Heil der Seelen und zum Segen des Vaterlandes! Das walte Gott! “
Im Auftrage Sr. Majestät unseres Allergnädigsten Kaisers und Königs erkläre ich die außerordentliche Synode der evangelisch⸗refor⸗ mirten Gemeinden in der Provinz Hannover für eröffnet.“
Es folgen geschäftliche Maßregeln. Zuerst wurde der Synode eine gemäß dem Allerhöchsten Erlaß vom 9. November d. J. vom Kultus⸗Ministerium ausgearbeitete Geschäftsordnung vorgelegt. Nach der letzteren wurde die Beschlußfähigkeit der Synode konstatirt, wobei sich ergab, daß alle Mitglieder (38) anwesend sind. .
Sodann wurde zur Wahl eines Vorsitzenden geschritten; gewählt ward der Staatsanwalt Treplin aus Osna⸗ brück mit 37 Stimmen. Derselbe nahm die Wahl an und übernahm das Präsidium. Nach der folgenden Wahl von zwei Beisitzern und zwei Schristführern machte der Vorsitzende die Mittheilung, daß aus der Mitte der Synode der Wunsch laut geworden, eine Adresse an Se. Majestät den Kaiser und König zu richten. Nach Zu⸗ stimmung der Versammlung wurde erklärt, daß die Adresse in der nächsten Sitzung vorgelegt werden würde.
Der Vorsitzende richtete schließlich die Bitte an die Synode, dem Regierungskommissar, Ministerial⸗Direktor Barkhausen, durch Erheben von den Sitzen den Dank auszudrücken für die Hingabe, mit der er sich der Sache gewidmet, ohne welche diese nicht so weit gediehen wäre, wie es jetzt der Fall sei. Nachdem dieser Aufforderung Folge geleistet worden, dankte der Ministerial⸗Direktor der Synode in bewegten Worten, worauf die Sitzung vom Vorsitzenden geschlossen wurde.
Cassel, 30. November. In der heutigen Sitzung des Kommunal⸗Landtags referirte zunächst der Eingaben⸗ ausschuß über mehrere Petitionen, welche theils berücksichtigt, theils durch Uebergang zur Tagesordnung erledigt wurden.
Unter diesen Petitionen befand sich namentlich vas Gesuch der Stadt Schmalkalden um Unterstützung einer von Schwebda bis Wannfried anzulegenden Eisenbahn. Der Kommunal⸗Landtag erkannte die Nützlichkeit dieser Bahn an und beschloß, unter bestimmten Bedingungen zum Bau der Bahn 20 000 ℳ à fonds perdu aus kommunalständischen Mitteln zu gewähren, sowie die Mitbenutzung der in Frage kommenden Landstraßen⸗ theile für die Bahn zu gestatten.
Hierauf wurde ad Nr. 1 der Tagesordnung der selbst⸗ ständige Antrag der Abgg. Hollandt, Pfannstiel und Utendörffer
„Der Kommunal⸗Landtag wolle erklären, daß er die Verwendung seines ständischen Ausschusses bei dem Herrn Ober⸗Präsidenten für außerordentliche Gewährung von Streu⸗ zeug in diesem Jahre als auch auf den Kreis Schmalkalden Bezug habend, erachte und wolle ferner bei Königlichem Ober⸗Präsidenten sich dahin verwenden, daß der jährlich die Schmalkalder Privatforsten inspizirende Forstmeister an⸗ gewiesen werde, sich regelmäßig davon zu überzeugen, ob auf den jetzt Sr. Hoheit dem Herzog Ernst zu Coburg⸗Gotha gehörigen ehemals Kurhessischen Staatsforsten, Streu ohne nachtheilige Folgen für den Bestand des Waldes abzugeben sei und thatsächlich abgegeben werde“,
begründet und namentlich ausgeführt, daß die Einwohner des Kreises Schmalkalden Waldstreu nicht entbehren könnten, daß aber Seitens der Herzoglich gothaischen Forstoerwaltung, entgegenstehender Verpflichtuag ungeachtet, die Abgabe von Waldstreu verweigert werde und die hieraus entstehenden Differenzen nur durch die preußischen Behörden entschieden werden könnten.
Die Versammlung beschloß, diesen Antrag in Erwägung zu ziehen, und derselbe wurde an den Hauptausschuß zur Prüfung und Berichterstattung verwiesen.
Schließlich wurde auf Vortrag des Hauptausschusses der Beschluß gefaßt, die Rechnung des Reservefonds vom Jahre 1879 sowie die Rechnungen des Landarmensonds von den Jahren 1879 und 1880 für abgehört zu erklären und der ständischen Schatzkasse Decharge zu ertheilen.
Essen, 30. November. (W. T. B.) Die „Fssener Zeitung“ publizirt das in der am 29. November zu Düssel⸗ dorf abgehaltenen Generalversammlung des Verein s zur Wahrung der gemeinsamen wirthschaftlichen Interessen für Rheinland⸗Westfalen an den Fürsten Reichskanzler abgesandte Telegramm. Dasselbe lautet:
„Die Generalversammlung des Vereins zur x— der gemeinsamen wirthschaftlichen Interessen in Rheinland und Westfalen ergreift freudig die Gelegenheit, um mit dem Ausdrucke vollster Verehrung für Ew. Durchlaucht gegenüber den vielfachen von politischer Parteistellung beeinflußten gegentheiligen 2 een zu versichern daß sich infolge Einführung der veränderten lrtßscha tspolitik die, Arbeit erheblich gemehrt hat, daß die Arbeit lohnender geworden ist und daß sich mit unseren gesammten wirthschaftlichen Verhältnissen namentlich die Lage der Arbeiter gebessert hat.“
„3tg.)
Oldenburg. Oldenburg, 29. November. ( In der heutigen Landtagssitzung wurden zunächst der Präsident Dr. Roggemann und der Vize⸗Präsident Abg. Ahlhorn für die fernere Dauer des Landtags durch Akklama⸗ tion wiedergewählt und erledigte der Landtag sodann einige Petitionen. Ferner wurden einige Gesetzentwürfe in zweiter Lesung genehmigt und einine andere Vorlagen von unterge⸗ ordneter Bedeutung berathen; die nächste Sitzung findet am Freitag, den 2. Dezember, statt und kommt alsdann der Gesetz⸗ entwurf, betreffend die Errichtung einer Bodenkreditanstalt für das Herzogthum Oldenburg, zur ersten Lesung.
kirchenregimentlichen Funktionen
4*
Hesterreich⸗Ungarn. Wien, 1. Dezember. Kar⸗ dinal Hohenlohe, welcher vorgestern hier eingetroffen ist, machte gestern dem Erzherzog Karl Ludwig, dem Erzbischof Ganglbauer und dem Nuntius Vannutelli Besuche.
— 1. Dezember. Wie die „Polit. Corresp.“ meldet, ist die Herbstsession der europäischen Donau⸗Kommission am 29. v. M. in Galatz eröffnet worden.
Pest, 30. November. (W. T. B.) Das Abgeordneten⸗ haus hat den Antrag des Ausschusses angenommen, wonach das Immunitätsrecht des Abgeordneten Emerich Szalay wegen Herausgabe einer aufreizenden Flugschrift suspendirt wird.
Großbritannien und Irland. London, 1. Dezember. (W. T. B.) Wie der „Standard“ erfährt, sind die eng⸗ lischen Kriegsschiffe aus den tunesischen Gewässern zurückberufen worden, weil sie zum Schutz der englischen Interessen dort nicht länger erforderlich seien.
Italien. Rom, 30. November. (W. T. B.) Bei⸗ der bevorstehenden Kanonisirung werden wegen Raum⸗ mangels die Plätze der Episkopats⸗Tribüne vorzugsweise italienischen und französischen Bischöfen, als den der Nationalität der vier neuen Heiligen Angehörigen, an⸗ gewiesen. Sobald alle erwarteten Bischöfe in Rom ein⸗ getroffen sind, bestimmt der Papst den Tag, an welchem sie nebst allen in Rom anwesenden Kardinälen die ihm angekündigte lateinische Ergebenheits⸗ und Beileids⸗Adresse überreichen, welche der Papst beantworten wird. Letzterer und der Kardinal⸗Staatssekretär Jacobini konferiren über die religiösen Angelegenheiten Frankreichs nicht blos mit dem Kardinal Guibert, sondern auch mit anderen französischen Bischöfen.
Türkei. Konstantinopel, 29. November. (W. T. B.) Der „Agenzia Stefani“ wird von hier gemeldet, die Finalakte über die Festsetzung der Grenze zwischen der Türkei und Griechenland sei gestern unterzeichnet worden. — Der italienische Botschafter Corti werde Mitte k. M. seinen Urlaub antreten.
— 1. Dezember. (W. T. B.) Auf das von der Pforte gestellte Verlangen nach einer Abänderung der türkisch⸗ griechischen Grenzlinie zwischen Analipsi und Nezeros notifizirten die Botschafter der Pforte kollektiv, daß sie in eine Erörterung dieser Fragen nicht mehr eintreten könnten, nachdem die erwähnte Trace von den Grenzbestimmungs⸗Kommissarien einstimmig, die Stim⸗ men der türkischen Kommissarien ausgenommen, be⸗ schlossen worden sei. — In der gestrigen kurzen Sitzung der türkisch⸗russischen Finanzkommission legten die türkischen Delegirten eine Liste derjenigen Steuern, welche wie die Zehnten, die Hammelsteuer, die Verghis oder Einkommensteuer von jeder Belastung frei sind und sonach die Basis eines Abkommens bilden können. Hierauf begann die Debatte über den Modus der Erbebung und Einkassirung. Die Debatte wurde schließlich auf Sonnabend vertagt.
Nußland und Polen. St. Petersburg, 30. Novem⸗ ber. (W. T. B.) Zu dem Artikel der „Times“, betreffend den angeblichen Widerspruch zwischen den Propositionen Ruß⸗ lands in Konstantinopel, betreffend die Kriegsentschädi⸗ gung, und dem Berliner Vertrage, bemerkt das „Journal de St. Petersbourg“: Rußland habe keines⸗ wegs zuerst die Frage einer Regelung der Schulden der Pforte aufgeworfen und habe noch weniger beabsichtigt, seine
Forderungen auf dem Wege von Privatverhandlungen zu
sichern. Die „Times“ befinde sich auf völlig falschem Wege,
wenn sie meine, den Interessen der Bondholders dadurch zu
dienen, daß sie die türkische Regierung zum Widerstand gegen ö11XX“
die Reklamationen Rußlands ermuthige.
Nr. 22 des Marineverordnungsblatts hat folgenden Inhalt: Statistischer Sanitätsbericht. — Uebungsberichte. — Ober⸗ Feuerwerkerschule. — Ueberwachung der Dampfkessel. — Vermessungen an Bord. — Schießübungen mit Geschützen. — Kleidersäcke. — Docken im Auslande. — Marschgebührnisse. — Schiffsverpflegungs⸗ Reglement. — Personalveränderungen. — Benachrichtigungen.
Statistischer Sanitätsbericht über die Kaiserlich deutsche Marine für den Zeitraum vom 1. April 1880 bis 31. März 1881. Auf Befehl Sr. Excellenz des Chefs der Admiralität zusammen⸗ gestellt von Dr. Wenzel, Generalarzt der Marine. Inhalt: I. Allge⸗ meiner Theil. Allgemeine Uebersicht der Kränklichkeit, Dienstunbrauch⸗ barkeit und Sterblichkeit in der Marine. — II. Spezieller Theil. Die Krankheitsverhältnisse auf den Schiffen in Ostasien. Die Krank⸗ heitsverhältnisse auf den Schiffen in der Südsee. Die Krankheits⸗ verhältnisse auf den Schiffen in Westindien und Amerika. Die Krankheitsverhältnisse auf den Schiffen im Mittelmeer. Die Krank⸗ heitsverhältnisse auf den Schiffen in heimathlichen Häfen und Ge⸗
wässern. Die Krankheitsverhältnisse am Lande. — III. Krankheits⸗
Uebersichten. Die Krankenbewegung im Allgemeinen. Die speziellen Erkrankungen auf den verschiedenen Schiffsstationen und am Lande
Die speziellen Erkrankungen auf den einzelnen Schiffen und bei den
Reichs⸗Postamts hat
beiden Marinestationen.
Nr. 60 des Amtsblatts des folgenden Inhalt: Verfügungen: Vom 28. November 1881; Porto⸗ berechnung für Packete nach und aus Italien bei der Beförderung auf dem Wege durch die Schweiz. “
Neichstags⸗Angelegenbeiten. 116“.“
Sagan, 30. November. (W. T. B.) In der Reichstags⸗ nachwahl für den Wahlkreis Sagan⸗Sprottau ist Dr. Karl Braun gewählt worden. 8
Der Etat für die Reichs⸗Justizverwaltung ist in de Einnahmen (Kap. 11: 333 831 ℳ) um 110 235 ℳ höher, und zwar um 82 900 ℳ in den Gerichtsgebühren (395 500 ℳ) und um 27 335 ℳ bei den Wittwen⸗ und Waisengeldbeiträgen.
Die fortlaufenden Ausgaben (Kap. 65 und 66: 1 707 667 ℳ) er⸗ höhen sich um 6815 ℳ, und zwar durch Vermehrung der Boten⸗ stellen bei dem Reichsgericht und um 5000 ℳ Strafprozeßkosten welche der Staatskasse zur Last fallen.
Zur Remunerirung von richterlichen, Subaltern⸗ und Unter⸗ beamten, deren Verwendung in Folge der 82 15 und 16 des Ein⸗ fuͤhrungösgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz wiederum 200 000 ℳ als einmalige Ausgaben
In dem Etat für das Reichs⸗Schatzamt steigern sich Einnahmen (Kap. 12: 158 755 ℳ) um 16 930 ℳ, davon 12 940 ℳ vom Reichs⸗Anzeiger (37 9140 ℳ) und 8040 ℳ Wittwen⸗ und Waisen⸗ geldbeiträge. 1
Die m Ausgaben (Kav. 67 bis 69: 86 317 566 ℳ) erhöhen sich um 16 856 230 ℳ, davon 6000 ℳ zur⸗ Umwandlung
Kap. 8„ ausgeworfen
erforderlich, sind
von 2 Hülfsarbeiten in Rathsstellen, 4200 ℳ für eine neu zu kreirende Sekretärstelle, 16 814 000 ℳ Ueberweisung von Zöllen ꝛc. an die Bundesstaaten (83 471 000 ℳ, und zwar 71 405 000 ℳ aus den Föllen 8 der Tabaksteuer, 12 066 000 ℳ aus den Reichsstempel⸗ abgaben). 8
1 Zu einmaligen Ausgaben sind (Kap. 9) 3 595 825 ℳ (s— 84 911 ℳ) bestimmt: 3 199 625 ℳ (+ 183 859 ℳ) für die Gotthardbahn, 200 000 ℳ (— 300 000 ℳ) fünfte Rate für das Kollegienhaus in Straßburg i. E.; 100 000 ℳ (— 50 000 ℳ) letzte Rate für das Nationaldenkmal auf dem Niederwald, 25 000 ℳ (+ 10 000 ℳ) Entschädigung der Stadt Pfalzburg, 71 200 ℳ erste Rate zum Bau eines Kaiserpalais in Straßburg i. E.
„Bei der mehrfachen Anwesenheit Sr. Majestät des Kaisers in Straßburg hat es sich als ein erheblicher Uebelstand fühlbar gemacht, daß zur Aufnahme Sr. Majestät und Dero Gefolge geeignete Räum⸗ lichkeiten dort nicht vorhanden sind. Als Absteigequartier konnten nur einige Räume in dem dem Bezirke Unterelsaß gehörigen Bezirks⸗ Präsidialgebäude benutzt werden, welches dermalen durch die Landes⸗ verwaltung von Elsaß⸗Lothringen als Dienstwohnung für den Kaiser⸗ lichen Statthalter gemiethet ist. Die Räume, welche in diesem Ge⸗ bäude Sr. Majestät zur Verfügung gestellt werden konnten, sind un⸗ zulänglich, auch ist es mit erheblichen Mißständen verknüpft, das Ge⸗ folge und die Dienerschaft, wie bisher geschehen, in den zum Bezirks⸗ Präsidialgehäude gehörigen Nebengebäuden unterzubringen und die letzteren während der Dauer der Anwesenheit des Kaisers ihren regelmäßigen Zwecken zu entziehen. Für Ihre Majestät die Kaiserin konnten geeignete Räumlichkeiten nicht zur Verfügung gestellt werden. Es ist daher das Bedürfniß der Beschaffung eines zur Aufnahme der Kaiserlichen Majestäten geeigneten Gebäudes in Straßburg unabweisbar. Diesem Bedürfnisse kann, in Ermangelung dem Zweck entsprechender Gebäude, nur durch einen Neubau abgeholfen werden. Die Kosten desselben werden aus Mitteln des Reichs zu be⸗ streiten sein.é Denn es entspricht vor Allem dem politischen Interesse des Reichs, daß durch Herstellung eines angemessenen Residenzgebäudes in Straßburg dem Kaiser der Aufenthalt in der Wiedergewonnenen Westmark des Reiches möglich gemacht werde. Durch Erbauung eines solchen in Straßburg würde der Bevölkerung des Reichslandes ein deutliches und dauerndes Zeichen der unwiderruflichen Zusammenge⸗ hörigkeit Elsaß⸗Lothringens mit Deutschland vor Augen gestellt wer⸗ den. Seit Errichtung des Reichs hat dasselbe die Aufrechterhaltung seiner Würde nach Außen durch Erbauung von eigenen Gebäuden für die Kaiserlichen Botschaften im Auslande dokumentirt, um wie viel mehr erfordert es diese Würde, daß es für eine Wohnstätte für das Oberhaupt des Reiches in der Hauptstadt des Reichslandes Sorge trägt. Die Wabl des Bauplatzes bietet keine Schwierigkeit und es besteht gegenwärtig zur Erwerbung eines solchen eine so günstige Gelegenheit, daß die Benutzung derselben auch finanziell durchaus zu empfehlen ist. In dem Bebauungsplan für die in Folge des Gesetzes vom 12. Februar 1875 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 63) und des Vertrages vom 2. Dezember 1875 der Stadt Straßburg hinzutreten⸗ den neuen Stadttheile ist die Anlage eines großen Platzes gegenüb er dem Theater, im Centrum der künftigen Stadt vorgesehen. Dieser Platz eignet sich hinsichtlich seiner Lage und Größe vorzugsweise zur Frrichtung öffentlicher Gebäude von hervorragender Bedeutung. Die Landesverwaltung von Elsaß⸗Lothringen beabsichtigt, das in Straß⸗ burg neu zu errichtende Landesausschußgebäude an der östlichen Seite des Platzes zu erbauen und die beiden, den Kaiserplatz an der nörd⸗ lichen Seite begrenzenden Grundstücke für etwaige fernere Bauten der Landesverwaltung zu erwerben. Das an der westlichen Seite befind⸗ liche Terrain bietet den geeignetsten Bauplatz für das Kaiserpalais. Dieses Terrain befindet sich zur Zeit noch im Besitze der Stadt Straßburg, welche bereit ist, dasselbe unter angemessenen Be⸗ dingungen an das Reich zu verkaufen.“ Nach den vor⸗ läufigen überschläglichen Ermittelungen würden die Kosten für den Bau eines Kaiserpalais sich auf 2 000 000 ℳ berechnen.
Dem Etat für das Reichs⸗Eisenbahnamt treten in den Einnahmen (Kap. 13: 8851 ℳ) und 4612 ℳ Wittwen⸗ und Waisen⸗ geldbeiträge hinzu, die Ausgaben (Kap. 70: 303 150 ℳ) sind unver⸗ äudert geblieben. In dem Etat der Reichsschuld sind die fort⸗ dauernden Ausgaben (Kap. 71 und 72: 13 700 500 ℳ) 3 100 000 ℳ hinzugetreten, davon 2 900 000 ℳ zur Verzinsung, die im Ganzen bei ca. 350 000 000 ℳ Schuldkapital am 1. Oktober 1882 13 000 000 ℳ erfordern wird. Außerdem sind zur Verzinsung der Schatzan⸗ weisungen (500 000 ℳ) 200 000 ℳ mehr auf den Etat gebracht, weil der ö“ derselben von 40 auf 70 Millionen Mark erhöht worden ist.
Als einmalige Ausgabe sind (Kap. 9 a.) 227 300 ℳ (+ 117 300 ℳ) zum 19- der umlaufenden Reichskassenscheine durch neue auf Wilcor⸗ schem Pflanzenpapier herzustellende ausgesetzt worden.
Der Etat für den Rechnungshof des Deutschen Reichs erhöht sich in den Einnahmen (Kap. 14: 13 285 ℳ) um 13 240 ℳ Wittwen⸗ und Waisengeldbeiträge, in den fortdauernden Ausgaben (Kap. 73: 528 673 ℳ) um 63 220 ℳ, was durch neue Stellen (1 vor⸗ tragender Rath, 8 Revisoren, 1 Registrator, 10 Bureau⸗ und Unter⸗ beamte, 1 Kanzleidiener) und Vermehrung der sächlichen Ausgaben veranlaßt ist. 3
In dem Etat über den allgemeinen Pensionsfonds sind, die Einnahmen (Kap. 15: 16 876 ℳ) 6100 ℳ Wittwen⸗ und Waisengeldbeiträge von Wartegeldempfängern und Pensionären hinzu⸗ getreten. Die Ausgaben stellen sich wie folgt: Verwaltung des Reichsheeres Kap. 74: 18 266 829 ℳ (+ 606 016 ℳ): a. Preußen 16 593 500 ℳ (+ 551 400 ℳ), b. Sachsen 930 349 ℳ (+ 41 586 ℳ), c. Württemberg 742 980 ℳ (+ 13 030 ℳ). Kap. 75: Marinever⸗ waltung 449 733 ℳ (+ 48653 ℳ). Kap. 76: Civilverwaltung 378 725 ℳ (+ 40 625 ℳ), zusammen 19 095 287 ℳ (*+ 695 294 ℳ). Der Etat über den Reichs⸗Invalidenfonds steigert sich in dem Zuschuß für die Bearbeitung der Invalidensachen (Kap. 78 in 56 290 ℳ) um 409 ℳ Die Invalidenpensionen in Folge des Krieges 1870 — 71 (Kap. 79) stellen sich auf 24 182 070 ℳ (— 748 298 ℳ), die Invalidenpensionen in Folge der Kriege vor 1870 (Kap. 80) auf 4 213 7099 ℳ (— 148 126 ℳ), die Ehren⸗ zulagen an die Inhaber des Eisernen Kreuzes von 1870—71 (Kap. 81) auf 41 616 ℳ (+ 108 ℳ), die Pensionen für ehemalige französische Militärpersonen (Kap. 82) auf 657 257 ℳ (s— 90 657 ℳ), die Ausgaben für die Invalideninstitute (Kap. 84) auf 562 365 ℳ (+ 44787 ℳ). Die übrigen Kapitel sind unver⸗ ändert geblieben. Die Gesammtausgaben stellen sich auf 30 129 567 ℳ (— 941 777 ℳ), deren Einnahmen in gleicher Höhe und dem Reichs⸗Invalidenfonds gegenüberstehen; außerdem stehen noch 892 ℳ Wittwen⸗ und Waisengeldbeiträ der Beamten in Ein⸗
Statistische Nachrichten.
Das soeben ausgegebene Oktoberheft der Monatshefte des Kaiserlichen Sta est ischen Amts enthält außer den regelmäßigen bandelsstatistischen Veröffentlichungen für den betreffenden Monat noch: die Produktion der Bergwerke, Salinen und Hütten im Deut⸗ schen Reiche und in Luremburg für das Jahr 1880; Bierbrauerei und Bierbesteuerung im deutschen Zollgebiet für Nas Etatsjahr 1880/81; vorläufige Nachweisungen über den Tabakbau im Etats⸗ jahre 186b0/81.
— Die evangelischen Taufen während des Jahres 1880, verglichen mit den Ergebnissen des Jahres 1879. (Stat. Corr.) Vergleicht man die Zahl der in den Jahren 1879 und 1880 von evangelischen Eltern lebend geborenen Kinder (einschließlich der halben Zahl der in Mischehen lebend geborenen) mit der Zahl
r in denselben Jahren evangelisch getauften ehelichen Kinder, und e Zahl der von evangelischen Muüttern unehelich Lebendgehorenen mit der Zahl der evangelisch getauften unebelichen Kinder, so läßt ich folgende Uebersicht über die Häufigkeit der evangelischen Taufen i den einzelnen Provinzen zusammenstellen. 8 8
Es wurden evangelisch getauft von je 1000 lebendgeborenen kcehelichen Kindern unehelichen Kindern
1879 1880 1879 1880 Ostpreußen. . 945 949 7 820 Westpreußen 905 918 764 ö1““] — 522 Brandenburg.. 28 944 2 829 Vomrhiern. . 969 876 b“ 954 5 833 111““ 86 876 1111Iq1X“X“ 8 825 Schleswig⸗Holstein . 92 8 75 765 111112121*“ L 6 894 Wetfalen .. 4 973 8 828 essen⸗Nassau.. 975 844 Nhei 967 826 Hobenolln 824 4 1000 Staat.. 935 928 80 810. Beeii der gesammten evangelischen Bevölkerung des Staates ist die Taufziffer sowohl bei den ehelichen wie bei den unehelichen Kin⸗ dern im Jahre 1880 gestiegen; denn von den letztgenannten sind im Jahre 1879 nur 80,97 %, im Jahre 1880 dagegen 81,03 % getauft worden. Nur bei den unehelichen Kindern evangelischer Mütter hat die Zahl der Taufen in einigen Provinzen abgenommen, und zwar in Westfalen um 55 Promille, in Sachsen und Hessen⸗Nassau um 22, in Brandenburg um 10, in Ostpreußen um 9 und in Pommern um 5 Promille. Die Taufziffer ehelicher Kinder ist allenthalben ge⸗ stiegen und namentlich in der Landes⸗Hauptstadt Berlin, sowie in Hohenzollern darf die Zunahme der Taufziffer sowohl bezüglich ehe⸗ licher wie unehelicher Kinder als sehr bedeutend bezeichnet werden.
In allen Landestheilen, mit Ausnahme von Hohenzollern, werden verhältnißmäßig mehr von den ehelichen als von den unehelichen Kindern evangelisch getauft. Daß Hohenzollern hiervon eine Aus⸗ nahme macht, erklärt sich aus der geringen Zahl der dort vorhandenen rein evangelischen Ehepaare; die in evangelischen Mischehen geborenen Kinder werden in jenem vorzugsweise von Katholiken bewohnten Lande in der Regel in der katholischen Kirche getauft.
Innerhalb des Amtsbereiches des Evangelischen Ober⸗Kirchen⸗ rathes läßt sich noch eingehendere Auskunft über die Häufigkeit der bei der evangelischen Bevölkerung vorgekommenen Taufen geben. Wir lassen die betreffenden Nachrichten für die in rein evangelischen Ehen und in evangelischen Mischehen lebend Geborenen nach Provinzen gruppirt hier folgen.
Es wurden evangelisch getauft von je 1000 Lebendgeborenen
aus rein aus evangelischen evangelischen Ehen Mischehen
1879 1880 1879 188 Sstnreue‚ah.1“ 952 638 685 Westpreußzen. 616161 943 480 Berin 11“ 780 826 Brandenburg . .88382 948 919 Vommerhi . . . 8189. 971 360 11““*“ 957 792 v11n1“ 983 790 L11mq1“ 951 646 E11I1m“ 1001 489 1““ 991 Febe b Hohenzollern .6067 1038 475 500
Um die Taufziffer der in rein evangelischen Ehen Geborenen vergleichsfähig mit der Taufziffer der in evangelischen Mischehen Ge⸗ borenen zu machen, wurde bei Berechnung der letzgenannten nur die halbe Zahl der Lebendgeborenen mit der Zahl der in evangelischen Mischehen vorgekommenen Taufen verglichen, weil im Allgemeinen anzunehmen ist, daß die halbe Anzahl der Kinder aus evangelischen Mischehen einem anderen Bekenntnisse zugeführt wird. Erwägt man, daß ein Theil der Kinder schon innerhalb der ersten Lebenswochen stirbt, und daß sich unter diesen in zartester Jugend gestorbenen stets verhältnißmäßig viele ungetaufte Kinder befinden, so darf behauptet werden, daß im Jahre 1880 in allen Provinzen mit Ausnahme der Landes⸗ hauptstadt nahezu sämmtliche in rein evangelischen Ehen lebend geborenen und drei Viertel der auf die evangelische Kirche entfallenden Kinder aus Mischehen evangelisch getauft worden sind, und daß mehr als neun Zehntel der von evangelischen Müttern außerehelich Geborenen, welche die erste Lebenswoche überlebten, ebenfalls der evangelischen Kirche durch die Taufe zugeführt worden sind. Die höchste Taufziffer er⸗ reichten im Jahre 1880 Kinder aus rein evangelischen Ehen in Hohen⸗ zollern und Westfalen, wo mehr Taufen als Geburten in dem genann⸗ ten Jahre vorgekommen sind, in Rheinland, Schlesien und Pommern, die Kinder aus evangelischen Mischehen dagegen in Posen und Berlin, demnächst in Schlesien, Rheinland und Westfalen. Auffällig ist die niedrige Taufziffer der Kinder aus Mischehen in Pommern, da diese Provinz fast nur von Evangelischen bewohnt wird, während die für Westpreußen, Westfalen und Hohenzollern berechnete Taufziffer der in evangelischen Mischehen Geborenen sich aus dem Ueberwiegen der katholischen Bevölkerung ohne Weiteres erklärt. Nur in Posen ist die Taufziffer der Kinder aus rein evangelischen Ehen im Jahre 1880 im Vergleiche zu der des Vorjahres etwas gesunken, in allen übrigen Provinzen dagegen und auch für Kinder aus Mischehen neuer⸗ dings gestiegen. Diese im Jahre 1880 beobachtete erfreuliche Zu⸗ nahme der Taufen tritt namentlich in Berlin sehr bemerkbar hervor, und zwar ebensowohl für die in rein evangelischen Ehen wie für die in evangelischen Mischehen oder von evangelischen Müttern außerehe⸗ lich geborenen Kinder.
— Im Monat November cr. wurden bei der Allgemeinen Un⸗ fallversicherungs⸗Bank in Leipzig 12 Todesfälle, 8 lebens⸗ gefährliche Verletzungen, 7 Unfälle, die ihrer Natur nach eine gänz⸗ liche oder theilweise Invalidität der Beschädigten erwarten lassen, und 936 Unfälle, aus welchen sich für die Verletzten voraussichtlich nur eine vorübergehende Erwerbsunfähigkeit vorhersagen läßt, in Summa 963 Unfälle angemeldet.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Von dem Bilderatlas zur Weltgeschichte, werken alter und neuer Zeit (146 Tafeln gr. Folio mit über 5000 Darstellungen. Gezeichnet und herausgegeben von Professor Ludwig Weißer, weil. Inspektor des Königlichen Kupferstichkabinets in Stuttgart. Mit erläuterndem Tert von Pr. Heinrich Merz. Seene verbesserte Auflage. Vollständig in 25 Lieferungen.
erlag von Paul Neff in Stuttgart. Jede Lieferung mit 6 Bilder⸗ tafeln und 6 Blatt erläuterndem Tert. Preis der Lieferung 1. ℳ) sind die Lieferungen 9—12 erschienen. Dieser Bilder⸗ atlas — das Ergebniß einer mehr als zehnjährigen mühevollen Arbeit — fand schon bei seinem erstmaligen Erscheinen wegen seiner Reichhaltigkeit und künstlerischen Ausführung allseitig die vollste An⸗ küheru konnte aber wegen der kostspieligen Herstellung und des
Provinzen:
hohen Preises von 80 ℳ, geb. 108 ℳ, die wohl berechtigte allge⸗ meine Verbreitung nicht finden. Derselbe bildet gleichzeitig ein Seitenstuͤck zu Andree’s Handatlas; denn was dieser in geographischer binsicht bietet, leistet der Weißersche Bilderatlas in geschichtlicher und unsthistorischer Beziehung. Die neu erschienenen Lieferungen enthalten:
IX. Tafel 51. Cultus, Theater, Musik, Gymnastik ꝛc. Tafel 65. Jagd, Fischfang. Tafel 86. Theseus, Perseus ec. Tafel 87. Argonauten ꝛc. Tafel 96. Deutsche Kaiser. Tafel 115. Die Niederlande im XVI. Jahrhundert.
X. Tafel 6. Egypten. Tafel 18. Trojanischer Sagenkreis. Tafel 24. Oreste. Tafel 40. J. Caesar. M. Brutus. Tafel 93. Die altchristlichen Katakomben und die Basilika. Tafel 141. Deutsche Gelehrte, Dichter und Künstler. 9
XI. Tafel 13. Affprien. Tafel 37. Romulus — III. Samni⸗ tischer Krieg. Tafel 74. Hades, Demeter, Avpollon. Tafel 104. Marimilian 1. Tafel 134. Deutschland. XVII. Jahrhundert. Tafel 146. Frankreich. XVIII. Jahrhundert.
II. Tafel 8. Egvpten. Kultus. Tafel 29. Griechen: Plato.
nach Kunst⸗
— Menander. Tafel 44. Caligula. — Domitian. Tafel 99. Italien im XIV. Jahrhundert. Tafel 107. Deutsche Gelehrte und Künstler aus dem XV. und XVI. Jahrhundert. Tafel 125. Dreißigjähriger
Illustrationen veranschaulichen wieder viele klassische Meister⸗
werke; der erläuternde Text enthält treffliches geschichtliches und kulturgeschichtliches Material. 8
Für den Werth des Werks spricht die uns von der Verlags⸗ handlung mitgetheilte Thatsache, daß in Folge unerwartet vieler Nachbestellungen bereits der dritte Neudruck der ersten Lieferung ver⸗ anstaltet werden mußte.
- Auf die in demselben Verlage erschienene: Goldene Bibel illustrirt von den größten Meistern, herausgegeben von Alfred von Wurzbach, in unveränderlichem Photographie⸗Druck von Martin Ror mel, erster Theil: Das Alte Testament, zweiter Theil: Das Neue Testament (Ausgabe für Katholiken: erläuternder Bibeltert nach Allioli, evangelische Ausgabe: erläuternder Bibeltert nach Luther), jeder Theil komplet in 25 Lieferungen à 2 Tafeln gr. Folio, 2 der Bilder 46 ½, Breite 34 ½ cm, Preis der Lieferung 1 ℳ 50 ₰, jeder Theil gebunden in reichstem Originalband (Leiwbd.) 50 ℳ, in Saffianband 62 ℳ 50 ₰ — haben wir bereits wiederholt aufmerksam gemacht. Die „Goldene Bibel“, welche die Meisterwerke der Malerei, denen ein biblischer Stoff zu Grunde liegt, in getreuen Lichtdru Reproduktionen der berühmtesten Kupferstiche vereinigt und so ein Bibelwerk bildet, welches nicht dem Genie eines einzigen Künstlers entsprungen ist, sondern zu welchem die größten Meister mehrerer Jahrhunderte beigetragen haben, eignet sich besonders zum Festgeschenk.
— Daß Professor Oskar Erdmann in Königsberg, der sich bedeutende und bleibende Verdienste um die sprachliche Erforschung Otfrids von Weißenburg erworben hat, auch eine Ausgabe von Otfrids Evyangelienbuch vorbereite, war in den germanistischen Kreisen längst bekannt. Vor Kurzem ist diese Ausgabe erschienen und zwar als 5. Theil der Germanistischen Handbibliothek, heraus⸗ gegeben von Julius Zacher (Halle a. S., Verlag der 1“ des Waisenhauses, 1882). Das Werk ist „dem Andenken Graffs geweiht, des würdigen Mannes, der in Königsberg vor einem halben Jahrhundert die erste kritische Ausgabe Otfried erscheinen ließ und durch dieselbe ebenso wie durch das liebevolle Ver⸗ senken in die Sprache dieses Dichters, dem wir die reichen Gaben des althochdeutschen Sprachschatzes verdanken, für das wiseenschaftliche Studium Otfrids die Bahn eröffnet hat.“ Die fleißige Einleitung eröͤrtert zunächst die handschriftliche Ueberlieferung, dann die literari⸗ schen und biographischen Verhältnisse. Erdmann legt für seinen Text eine andere Handschrift zu Grunde als sein Vorgänger Prof. Paul Piper in Altona, der die Heidelberger vorzog, nämlich die Wiener. Unter dem Terxt stehen die Lesarten und Hinweisungen auf die benutz⸗ ten lateinischen Quellen, Evangelien und Kirchenväter; dem Terte folgen sehr werthvolle erklärende Anmerkungen.
— Die in Leipzig am 3. Dezember erscheinende Nr. 2005 der „Illustrirten Zeitung“ enthält folgende Abbildungen: Das Präsidium des deutschen Reichstags. 3 Porträts: 1) A. E. K. G. von Levetzow, Präsident. 2) Georg Arbogast Frhr. zu Frankenstein, 1. Vize⸗Präsident. 3) Karl G. Ackermann, 2. Vize⸗Präsident. — Eine Stichwahl im Schwarzwald. 10 Abbildungen. Originalzeich⸗ nung von Fritz Reiß. — Porträts aus dem deutschen Reichstag: 1) Eugen Richter. —. Innere Ansicht der im Abbruch begriffenen Stadt⸗ mauer am Hallerthor in Nürnberg. Nach einer Zeichnung von H. Grünwald. — Lessing, seine Freunde und Gegner. 9 Porträts aus H. Düntzers neuestem Werke „Lessings Leben“ (Leipzig, E. Wartig): 1) Gotthold Ephraim Lessing. Nach dem Gemälde von Graff. 2) Moses Mendelssohn. 3) Karl Wilhelm Ramler. 4) Johann Melchior Göze. 5) Friederike Karoline Neuber. 6) Jo⸗ hann Christoph Gottsched. 7) Friedrich Heinrich Jacobi. 8) Eva Katharina König. 9) Johann Joachim Eschenburg. — Ueberraschte Schmuggler an der deutschen Nordseeküste. Nach einer Zeichnung von Th. Presuhn. — Abendstille. Originalzeichnung von S. Read und Idylle. Nach einem Gemälde von M. Beyle. Probe⸗ Illustrationen aus dem soeben vollendeten 3. Band der „Meister⸗ werke der Holzschneidekunst.“ (Leipzig, J. J. Weber.) — Moden: Der neue englische Patentregenschirm. — Kuriositäten aus den Gebieten der Heraldik, Numismatik, Sphragistik ꝛc.: Das Siegel der medizi⸗ nischen Fakultät der „hohen Karlsschuhe.“ — Polptechnische Mit⸗ theilungen: Kerzenhalter. Kunstguß in Bronze: Weinkühler im Re⸗ naissancestil. Wandschilder, auf Bronze geätzt. 2 Fig. — Weihnachts⸗ büchertisch: Die Kathedrale von Gloucester und Die Abtei Jedburgh. 2 Abbildungen aus dem illustrirten Werk „Nordlandfahrten“ (Leipzig, F. Hirt u. Sohn). — Drei Abbildungen aus Paul Thumanns Bilderbuch „Für Mutter und Kind“ (München, Th. Stroesers Kunstverlag).
Gewerbe und Handel.
Ueber Schutzvorrichtungen an Maschinen’ ist im Verlage der Jaegerschen Buchhandlung in Frankfurt a./M. eine von C. W. Pfeiffer, Subdirektor der Unfall⸗Versicherungs⸗Gesellschaft Zürich, herausgegebene Zusammenstellung erschienen (Preis 60 ₰), welche alphabetisch geordnet die Vorschläge enthält, die Seitens der Fabrikinspektoren in deren letzten Jahresberichten in dieser Richtung gemacht wurden, sowie Verordnungen der Königlichen Behörden und Vorschriften von Fabrikanten⸗ und anderen Vereinen, welche geeignet sind, die Unfallgefahr, welcher die Arbeiter ausgesetzt sind, abzu⸗ schwächen. Die übersichtliche Anordnung des in den erwähnten Jahresberichten sowie anderwärts zerstreuten Materials und die Gruppirung der von verschiedenen Seiten gemachten Vorschläge unter besondere Rubriken dürfte den Fabrikanten, und namentlich solchen, welchen es an Zeit fehlt, Fachwerke und Fachzeitschriften zu studiren, willkommen sein.
Frankfurt a. M., 30. November. (Oelbericht von Wirth u. Co.) Der Stand des amerikanischen Petroleummarktes hat keine wesentlichen Aenderungen erfahren. Die gehoffte Abnahme der Produktion ist nur in geringem Maße eingetreten, denn statt 5000 Faß, wie man erwartete, betrug sie im September durchschnitt⸗ lich 1200 Faß pro Tag, was bei der Größe der Ueberproduktion und den enormen Vorräthen kaum in Betracht kommt. Deshalb blieben auch alle Hausseversuche für Rohöl ohne jeden Erfolg, im Gegentheil ging der Markt unter geringen Schwankungen stetig zurück. Die gegenwärtige Notirung für Rohöl ist laut Kabeltelegramm 81 Cents per Faß. Raffinirtes konnte sich unter dem Einfluß der weichenden Tendenz des Rohölmarktes und der flauen ECourse aus Europa ebenfalls nicht behaupten. Trotz der guten Jahreszeit gehen die Vorräthe an den europäischen Hafenplätzen nur fangsam ab, daher fehlt es auch momentan in Amerika an Orders. Loco⸗Waare ist knapp. In New⸗York notirt man Raffinirtes eben mit 7¼ Cents per Gallone. — Eine für den Petroleumhandel wichtige Erfindung ist von einem in Rußland wohnenden Deutschen Namens Dittmar gemacht worden. Derselbe hat sich ein Verfahren patentiren lassen. Petroleum in einen festen, wachs⸗ oder gelatineartigen Zustand zu versehzen, was für den Transport und zur Vermeidung von Leccage von großem Vortheil sein wird.
Amsterdam, 30. November. (W. T. B.) Bei der heute von der niederländischen Handelsgesellschaft abgehaltenen SerMiten wurden 24 322 Blöcke Bankazinn zum Preise von 31¼ à 64¼, Durchschnittspreis 64 Cents, verkauft.
London, 30. November. (W. T. B.) In der gestrigen Wollauktion waren für australische Wollen bei fester Haltung Preise unverändert, Kavwollen fast nichts angeboten.
Havre, 30. November. (W. T. B.) Wollauktion. Auktion belebt. Angeboten 2048 B., verkauft 1612 B. zu vollen Preisen.
Wasbington, 30. November. (W. T. B.) Schatzsekretär Folger hat einregistrirte Obligationen von 1861, welche zu 3 ½ % rolongirt sind, bis zum Betrage von 20 Millionen Dollars zur
mortisirung einberufen. Die Zinsenzahlung hört am 29. Januar
1882 auf. Verkebhrs⸗Anstalten. Von dem Reichs⸗Kursbuch, Uebersicht sämmtlicher Eisen⸗ bahn⸗, Post⸗ und Dampfschiffverbindungen in Deutschland, Oester⸗ reich⸗Ungarn, Schweiz, sowie der bedeut i Verbindungen der
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