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1 2
5) Aufsicht auf 1 Jahr; 40 Aufseher, deren Re⸗ muneration theilweise schon unter 1 bis 4 mitenthalten, ““
6) Kanzleipersonal (10 Personen auf 1 Jahr, durch⸗ schnittlich 2 ¾ ℳ täglich). ö“ 7) Schreibmaterial
24 000 ℳ
10 000 „ Summe zu II.. 745 500 ℳ III. Zusammenstellung für das Reich und Ver⸗ öffentlichung. 1 1) Kosten der Zusammenstellung sämmtlicher Reichs⸗
übersichten und Korrekturlesen. . . . 30 000 ℳ
2) Bersichtn für die Veröffentlichung . 140 000 „
Summe zu III.. 70 000 ℳ
IV. Lokalmiethe und Mobiliar —20000 ℳ
Summag I. bis IV. zusammen wie oben 1152 500 ℳ
Von dieser Summe dürfte ein Betrag von 300 000 ℳ noch im
laufenden, der Rest von 852 500 ℳ dagegen erst im Etatsjahre 1882/(83
zur Verwendung gelangen. Wegen Bereitstellung des letzteren Be⸗
darfsbetrages wird dem Reichstag eine entsprechende Ergänzung zu
dem gegenwärtig in Berathung begriffenen Entwurfe des Reichshaus⸗
halts⸗Etats zugehen, während die im laufenden Jahre zu bestreitenden Ausgaben außeretatsmäßig zu verrechnen sein würden.
— (Modb. Ztg.) Durch den Tod des Reichstagsabgeordneten von Heinemann in Wolfenbüttel ist der zweite braun⸗ schweigische Wahlkreis vor eine Neuwahl gestellt. Diese ist vom Herzoglichen Staats⸗Ministerium auf den 21. Dezember an⸗ beraumt worden.
Statistische Nachrichten. Eine kleine statistische Arbeit „Entwickelung der Zink⸗
industrie Schlesiens nach Herstellung der Eisenbahnen in den
Jahren 1844— 1879“ von Robert Simson, welche jüngst in dem Schmollerschen „Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volks⸗ wirthschaft“ veröffentlicht wurde, liegt uns in einem Separatabdruck vor. Wir entnehmen demselben folgende Mittheilungen: Schle⸗ siens Produktion an Rohzink, welche noch im Jahre 1821 auf 40 000 Ctr. stand, hatte sich mit den guten Preisen des Jahres 1825 bereits auf 250 000 Ctr. gehoben und ward damals schon in 28 Hüttenwerken betrieben. Schlechtere Preise ließen 1830 die Produktion auf 100 000 Ctr. sinken, doch folgte in den Jahren 1842 und 1843 bei einem Preise von 22,5 bis 24 ℳ wieder eine P.o⸗ duktion von 250 000 Ctr. In der Folgezeit sanken in schwankender Reihe zwar die Preise, aber nicht die Produktion. Das Jahr 1844, mit welchem in Schlesien die Zeit vor Erbauung der Eisenbahnen schließt, weist schon ein Jahresproduktionsquantum von 367 788 Ctrn. auf. Der Aufschwung, welchen seitdem die Fabrikation und der Handel von Zink und Zinkblech genommen hat, ist ein so überaus großer gewesen, daß in Schlesien gegenwärtig die Zinkindustrie im gesammten Berg⸗ und Hüttengewerbe nicht nur eine der ersten Stellen, sondern auch im Hande fast den hervorragendsten Platz be⸗ hauptet. In Oberschlesien sind im Jahre 1879. bereits 1 268 556 Ctr. Zink im Werthe von 19 017 576 ℳ produzirt, mithin nahezu neun Zehntel der Gesammt⸗Zinkproduktion Deutschlands. — Dem erläu⸗ ternden Text entspricht eine tabellarische Uebersicht, welche der Arbeit angehängt ist. Kunst, Wissenschaft und Literatur.
A. F. Graf von Schack in München hat neuerdings ein Epos, eigentlich einen Roman in Versen, auf geschichtlichem Hintergrunde, gedichtet und unter dem Titel „Die Plejaden“ (Stuttgart, J. G. Cotta) veröffentlicht. Ein junger Athener, Kallias, geht im Auftrage seines Vaters nach Kleinasien, um die dortigen Griechen zu einem allgemeinen Kampfe gegen die Perser aufzumuntern, lernt aber dort Arete kennen, die Tochter eines alten Marathonkämpfers, Phanor, der von Athen flüchtig und dem Perserkönig dienstbar geworden ist. Das Schicksal dieser beiden jungen Leute bildet den Inhalt dieser Dichtung, die mit der Schlacht von Salamis abschließt. Das von Julius Naue gezeichnete Titelbild zeigt das Liebespaar, das nach bitterer Trennung wieder vereint, zu dem Siebengestirn der Plejaden aufschauend, in das glücklich befreite Vaterland heimkehrt. Dem sehr anziehenden Stoffe entspricht die Gestaltung der epischen Erzählung, die namentlich in den landschaftlichen Schilderungen hochpoetisch ist.
— Rom in Wort und Bild. Eine Schilderung der ewigen Stadt und der Campagna von Dr. phil. Rud. Kleinpaul. Mit 368 Ilustrationen. 7. u. 8. Lieferung à 1 ℳ (Leipzig, Verlag von Schmidt & Günther.) — In diesen Heften werden die Karakalla⸗ thermen und die Diokletiansthermen geschildert. Nach den vorgefundenen Resten zu schließen, ist die Anlage derselben eine höchst großartige und die Ausstattung eine höchst pracht⸗ volle gewesen, denn wir wissen, daß in den Thermen die unvergleich⸗ lichen weltbekannten Statuen und Gruppen, wie der Apollo del Belvedere, der Herkulus, die Laokoongruppe und andere aufgestellt waren, gar nicht von den prächtigen Konversations⸗ und Bibliotheks⸗ sälen ꝛc. zu reden. Von diesen Thermen führt uns der Verfasser nach der Via Appia, der Gräberstraße, der Grotte der Egeria, dem Grabmal der Cäcilia Metella, nach den reizvollen Resten der
roßartigen Wasserleitung, der Aqua Claudia. Sodann folgen wir 188 nach dem Cirkus des Maxentius mit seinen reich ausgestatteten estspielen und Wettrennen, darauf zur Cestiuspyramide, zu der hrenpforte des Septimius Severus, zum Monte Testaccio und kehren zurück nach dem Aventin, dem Vestatempel und dem Temple der Fortuna virilis. Alle diese Monumente werden nicht nur im Terte instruktiv geschildert, sondern auch in großen getreuen Illustrationen vorgeführt, welche Meisterwerke der Holzschneidekunst genannt zu werden verdienen.
— Von dem im Verlage von Edwin Schloemp in Leipzig er⸗ scheinenden Prachtwerk „Bäder und Sommerfrischen, Lebens⸗ und Landschaftsbilder von den beliebtesten Kurorten Deutschlands, Oesterreichs und der Schweiz“, sind die Lieferungen 4 bis 7 erschienen. Dieselben schildern aus der Feder von Fritz Wernick die schlesischen Bäder: Warmbrunn, Salzbrunn, Görbersdorf, Landeck, Reinerz und Cudowa, aus Sachsen: Schandau, Schweizermühle, Leisnig, Tharandt und Oybin, aus Thüringen: Friedrichroda, Eisenach und Umgebung, Liebenstein und Salzungen; ferner aus Bavern (Dr. M. Heseln. Starnberg, Partenkirchen, Ammergau, Tölz, Tegernsee, Innthal und Chiemsee, Mittenwald (Dr. H. Nöe), Reichenhall und Berchtesgaden (Dr. A. Silberstein), und Kreuth (Dr. L. von 8. mann). Zinßer zahlreichen Textbildern sind an Vollbildern beigegeben: Dr. Brehmers Heilanstalt in Görbersdorf, Villa Quisa⸗ sana und Villa Königin Carola in Schandau, die Wartburg, das Schwarzathal, Partenkirchen, Tegernsee und Hohenschwangau. Daran werden sich die Landschaften von Ti⸗ rol, Salzburg, Salzkammergut, Steiermark reihen. Dieser äöstliche Theil des deutschen Bädergebiets wird als ein abgeschlossener Pracht⸗ band für den Weihnachtstisch vorbereitet, während dem zweiten Bande die Schweiz, das Rheinland, Franken und endlich der Bäder⸗ stand der Nord⸗ und der Ostsee, darunter Zoppot, Kahlberg, Kranz, Kuhren, vorbehalten bleibt. Die Verlagshandlung führt die glück⸗ liche Idee, alle Badeorte und Sommerfrischen in Wort und Bild in einem Album zu schildern, in der ansprechendsten Weise durch und bietet unter dem Vielen, was sie bringt, Jedem, der an jenen
chönen Orten seine Gesundheit gekräftigt und seinen Geist erfrischt t, etwas. Das Prachtwerk erscheint in 20 Lieferungen zu je 2 ℳ und bringt ca. 300 Illustrarionen.
St. Petersburg, 7. Dezember. ½W. T. B.) Ein Telegramm des „Porjadok“ meldet den Tod des Chirurgen Pirogoff.
Gewerbe und Handel.
Die Aktien⸗Gesellschaft „Adler“, Deutsche Port⸗ land⸗Cement⸗Fabrik zu Berlin, emittirt sechsprozentige Grundschuld⸗Antheilscheine im Betrage von 250 000 ℳ
Dortmund, 5. Dezember. (Ess. Ztg.) Die Situation des Eifengeschäfts ist andauernd eine befriedigende. In der Hoch⸗
ofenbranche liegen feste Aufträge bis 1. April nächsten Jahres in so umfangreichem Maße vor, daß die Hochöfen ihre volle Thätigkeit ent⸗ wickeln müssen, um dieselben zu erledigen. Die sämmtlichen Roheisen⸗ sorten verharren daher und wegen anhaltend reger Nachfrage in stei⸗ gender Tendenz. Puddelroheisen notirt bis zu 68 ℳ und für Spiegel⸗ eisen wird bereits bis zu 77 ℳ pro Tonne gefragt. Walzwerk⸗ fabrikate bleiben ebenfalls in zunehmender Nachfrage und verharren in der angenommenen Aufwärtsbewegung. Während noch vor Kurzem der Preis auf 130 ℳ pro Tonne erhöht worden, liegen uns heute Cirkulärs von größeren Werken vor, in denen derselbe auf 135 ℳ pro Tonne normirt wird, und zwar für 1 so daß für kleinere bis zu 140 ℳ angelegt werden muß. räger und Winkel notiren 10 ℳ, Feinkorneisen 30 ℳ höher als Stabeisen. In verschiedenen Faconeisensorten wie in schweren Blechen erhält sich eine rege Nachfrage Seitens der Schiffsbauwerften, für letztere auch bei den Dampfkessel⸗ fabriken. Ganz besonders viele Aufträge haben aber in den letzten Wochen die Stahlwerke und die Kleineisenzeug⸗ fabriken erhalten, dazu sind noch ganz bedeutende Lieferungen von Oberbaumaterialien für Eisenbahnen zur Submission gestellt und zwar von den Reichs⸗Eisenbahnen ca. 12 000 t Schienen und Schwellen, von den sächsischen Staatsbahnen ca. 6200 t Schienen und Kleineisen⸗ zeug, von den finländischen Staatsbahnen ca. 800 t, von den holländischen 700 t und außerdem haben noch verschiedene Bahnen zusammen 2700 Stück Flußstahlradreife, 2840 komplette Satzachsen zu vergeben, wie auch im Ganzen 104 Lokomotiven und nahezu 3000 Güterwagen theils bestellt sind, theils zur Bestellung in nächster Zeit gelangen, bei deren Herstellung nicht blos die Lokomotiv⸗ und Waggonfabriken, sondern auch ganz wesentlich die Walzwerke betheiligt sind. Die Maschinen⸗ fabriken, Dampfkesselfabriken und Gießereien sind durchweg gut besetzt und es fehlt ihnen auch nicht an neuen Aufträgen. — In der Kohlenindustrie geht es rücksichtlich —Job“ und der Nach⸗ frage fortwährend nach Wunsch und die Preise ver arren in der bis⸗ herigen Festigkeit. Besonders ist ein reger Verkehr im Koksgeschäft zu konstatiren. London, 6. Dezember. (W. T. B.) In der gestrigen Wollauktion waren Preise unverändert. Glasgow, 6. Dezember. (W. T. B.) Die Verschiffungen von Roheisen während der letzten Woche betrugen 8161 gegen 9452 Tons in derselben Woche des vorigen Jahres. 8 Helsingfors, 2. Dezember. Die Glaäubiger der in Konkurs befindlichen Borga⸗Kerwo⸗Eisenbahn⸗Aktiengesellschaft werden darauf aufmerksam gemacht, daß am 20. d. M. in Helsing⸗ fors eine Versammlung der Interessenten der Bahn stattfinden wird, um hauptsächlich darüber zu berathen, ob und welche Veranstaltungen behufs Veräußerung der Bahn nunmehr getroffen werden sollen. Die deutschen Gläubiger, welche bisher durch Dr. W. Lavonius in Helsingfors vertreten waren, werden ferner darauf aufmerksam ge⸗ macht, daß an dessen Stelle die Anwaltfirma des Hrn. Karl Bergbom ebendaselbst getreten ist. New⸗York, 5. Dezember. (W. T. B.) Weizenverschif⸗ fungen der letzten Woche von den atlantischen Häfen der Ver⸗ einigten Staaten nach England 87 000, do. nach dem Konti⸗ nent 40 000, do. von Kalifornien und Oregon nach England 175 000 Ortrs.
Berlin, 7. Dezember 1881.
Se. Majestät der Kaiser und König haben die gestrige Hofjagd in der Göhrde in Allerhöchsteigener Person abgehalten.
An derselben nahmen auch Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz, Ihre Königlichen Hoheiten die Prinzen Wilhelm, Friedrich Carl und Albrecht von Preußen und August von Württemberg Theil.
Mit einem Jagen der Findermeute auf Sauen im ab⸗ gestellten Wilddiebshorst begann die Jagd bei nebligem, aber sonst günstigem Wetter Punkt 10 Uhr, ward gegen 12 Uhr hierselbst abgeblasen und nach eingenommenem Dejeuner mit einem Hauptjagen auf Rothwild im Diebesgrunde fortgesetzt.
Um 3 Uhr befahlen Se. Majestät den Schluß des Jagens und ergab die in der Nähe des Kaiserstandes verrichtete Hauptstrecke ein Resultat von 48 Hirschen, 36 Stück Rothwild und 186 Sauen. Hiervon erlegten Se. Majestät der Kaiser und König 9 Hirsche, 5 Stück Rothwild, 35 Sauen; Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz 3 Hirsche, 13 Sauen; Se. Königliche Hoheit der Prinz Wüͤlhelm 3 Hirsche, 1 Stück Rothwild, 26 Sauen; Se. Königliche Hoheit der Prinz Friedrich Carl 5 Hirsche, 2 Stück Rothwild, 15 Sauen; Se. Königliche Hoheit der Prinz Albrecht 4 Hirsche, 4 Stück Rothwild, 5 Sauen; Se. Königliche Hoheit der Prinz August von Württem⸗ berg 4 Hirsche, 1 Stück Rothwild, 4 Sauen.
Geleitet wurde die Jagd in Vertretung des Oberst⸗Jäger⸗ meisters Fürsten von Pleß durch den Hof⸗Jägermeister vom Dienst Freiherrn von Heintze, Ober⸗Forstmeister Rettstadt, 1a shat Duckstein, sowie die Obersörster Wallmann und
esse.
Zur Hebung des Ausfuhrhandels. “
Deutsche Manufakturwaaren bilden einen bedeutenden Einfuhrartikel in Italien, und trotz der sich entwickelnden ein⸗ heimischen Industrie, — trotz der Konkurrenz Englands, Oester⸗ reichs, Frankreichs und der Schweiz, — trotz der hohen und lästigen Kalientschen Eingangszölle, — stehen doch deutsche Tuche und überhaupt Manufakturwaaren namentlich in den nördlichen italienischen Provinzen mit in erster Reihe.
Deutsche Reisende oder in Italien ansässige Agenten und Vertreter der Fabrikanten besuchen regelmäßig die Kundschaft, um Aufträge entgegen zu nehmen und es herrscht meistens eine scharse Konkurrenz, welche wohl auch dazu beiträgt, daß, um große Aufträge zu erlangen, die nöthige Vorsicht bei dem Abschluß des Geschäfts und bei Vereinbarung der Bedingungen für die Lieferung nicht im Auge behalten wird. Die Auf⸗ träge geschehen auf Probe und es herrschen in dieser Beziehung bei den verschiedenen Auftragnehmern sehr verschiedene Usancen, aber keine bietet absolute Garantie gegen Meinungsverschieden⸗ heiten und Prozesse. — Die italienischen Tribunale sind sehr streng, wenn die Identität der Muster nicht mehr unzweifel⸗ haft festgestellt werden kann, und da die meisten deutschen Fa⸗ brikanten in dieser Beziehung keine genügenden Vorsichtsmaß⸗ regeln ergreifen, so sind Streitigkeiten an der Tagesordnung, und sowohl bei gütlichen Vergleichen wie bei gerichtlichen Aus⸗ einandersetzungen findet in den meisten Fällen der Fabrikant Schwierigkeiten, da ihm die Basis fehlt, um sein Recht geltend zu machen.
Viele Reisende und Vertreter führen große Proben mit sich und geben jedem Kunden, der einen Auftrag ertheilt, einen kleinen Abschnitt, ohne sich weiter darum zu kümmern, daß die Identität gesichert bleibt. Andere Reisende, als Vertreter mehrerer Häuser, verkaufen das Produkt des einen nach dem Muster von anderen u. s. w.
Die Folge davon ist, daß bei Ankunst der Waare in Iralien meistens zu Anfang einer Saison, sobald irgend welche Differenzen sich ergeben, der Lieferant außer Stande ist, die
mustergetreue Ausführung des Auftrages überzeugend nachzu⸗ weisen. Der Fabrikant muß sich alsdann meistens dazu be⸗ quemen, um die Waare nicht bis zur nächsten Saison liegen zu lassen, um keine Zinsen und Lagerspesen zu verlieren, und um Prozessen aus dem Wege zu gehen, den oft sehr übertriebenen Ansprüchen der Empfänger nachzugeben.
Das gerichtliche Verfahren, falls die Identität der Probe nicht unzweifelhaft festnestellt wird, ist langwierig und kost⸗ spielig. Es liegt im dringenden Interesse der deutschen Fabri⸗ kanten von Manufakturwaaren, Mittel und Wege ausfindig zu machen, um sich bei der Ausführung von Aufträgen nach Italien sicher zu stellen.
Das Siegeln oder Plombiren der Muster, welche als Basis der Aufträge dienen, oder. das Versiegeln der einen Hälfte unter Couvert oder das Deponiren in dritten Händen, — irgend etwas muß eingerichtet werden, damit Zwistägkeiten zwischen Fabrikant und Käufer wenigstens bei größeren Ge⸗ schäften beseitigt werden.
In früheren Jahren, wo deutsche Fabrikanten ausschließ⸗ lich an italienische Großhändler verkauften, welche dann den Einzelverkauf besorgten, kamen Differenzen seltener vor, — aber jetzt, wo auch die Kleinhändler und Schneider in der Provinz direkt von den Fabrikanten und Agenten besucht werden, erweisen sich Vorsichtsmaßregeln in der Art, wie sie vorstehend vorgeschlagen sind, als sehr nothwendig.
Münster, 4. Dezember (Merk.) Die drei eisernen Käfige, welche einst die Wiedertäufer in sich bargen und fast 350 Jahre vom Lamberti⸗Thurme auf unsere Stadt hinabschauten, sind, als diese bei den nöthig gewordenen Restaurationsarbeiten am Sonnabend aus der luftigen Höhe zur Erde kamen, noch in gutem Zustande be⸗ funden worden. Nur an demjenigen, in welchem Johann von Leyden gesessen, war eine Stange beschädigt. Der linksseitige Käfig wiegt 421, der mittlere 435 und der rechtsseitige 443 Pfd.
Glarus, 6. Dezember. Der „N. Zürch. Ztg.“ wird über die Beschießung des Risikopfes von hier geschrieben: Der gestrige Tag gab nur wenig Gelegenheit zum Schießen, so daß im Ganzen nur 40 Schüsse abgegeben werden konnten. Daß diese Zahl kein Resultat ergeben konnte, ist wohl selbstverständlich, und um so natür⸗ licher, als die genaue Distanz unbekannt und die Beobachtung wegen Nebels und Schneegestöbers stark erschwert wurde. Immerhin hat sich gezeigt, daß die 8 Centimeter⸗Granate das Material zu zerstören im Stande ist. Dies ist damit zu beweisen, daß von dem ersten Schuß, der an einer Felswand explodirte, das Feuer ganz gut beob⸗ achtet werden konnte, während bei den folgenden, die in dem Gestein sprangen, dies nicht mehr so klar gesehen werden konnte. Ueberdies zerschellten nur vier Stück, während alle übrigen Granaten regelrecht sprangen. Als weiterer Beweis, daß die Leistungsfähigkeit der Granate zu Hoffnungen berechtigen darf, mag der Umstand des Herabfallens von Steingeröll schon nach den ersten zwei Schüssen dienen. Die Sache liegt nun für den weiteren Versuch am Sonnabend einfach so, daß der Versuch weiter fortgesetzt wird und hierbei die Ziele etwa 20 Fuß höher gelegt als gestern und gruppenweise ver⸗ theilt werden. Das Höherlegen des Treffpunktes geschieht, um besser die alten Trümmermassen zu packen und das gruppenweise Streuen, um die ganze angegriffene Partie zu schwächen und zu erschüttern. Dabei ist die Hoffnung ausgesprochen, daß der Zufall vielleicht einen Stützpunkt des stark zerklüfteten Gesteins zu zerstören gestatte. Ob noch ein kräftigeres Geschütz herbeigeholt, oder einfach die erst zur Verwendung gestellte Munition verdoppelt werden müsse, wird der heutige Tag beweisen.
Elm, 4. Dezember. (Bund.) Gestern wurden 128 Schüsse ge⸗ than und damit zwei Schnitte erreicht. Ob das Schießen fortgesetzt wird, ist noch unentschieden. “ .
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Stolze’scher Stenographen⸗Verein. Hauptversammlung Donnerstag, den 8. Dezember 1881, Abends 8 Uhr, im Schloß⸗ restaurant, Schloßfreiheit 8/9. Tagesordnung: 1) Vortrag des Hrn. Dr. Wölfert über die internationale Lautschrift von Prof. Karl. 2) Vortrag des Hrn. Stud. med. Mantzel über das Zeitschriftenwesen der Stolze'schen Schule im Jahre 1881. 3) Vereinsangelegenheiten. Jeden Donnerstag, Abends 8 Uhr, im Vereinslokale Lese⸗Abend. Ca. 70 stenographische Zeitungen verschiedener Sprachen und Systeme, sowie die neuesten stenographischen Literaturerzeugnisse liegen zur freien Benutzung für Stenographen aller Systeme aus. (Der Lese⸗ Abend am 29. Dezember fällt aus.) Gäste sind willkommen.
Im Repertoire des Wallner⸗Theaters tritt schon heute ein theilweiser Wechsel ein. Statt des Schwanks „Herrn Schulze’s Mor⸗ genschuhe“ geht am heutigen Abend dem mit so vielem Beifall auf⸗ genommenen Lustspiel „Hausse und Baisse“ der Schwank „Mein Töchterchen“ voraus. Wie das Lustspiel ist auch dieser Schwank nach dem Französischen des Labiche bearbeitet.
Der Umtausch der Billets zum 2. Cyclus der Quartett⸗ Abende, der Herren Joachim, de Ahna, Wirth, Haus⸗ mann, findet noch bis Donnerstag, den 8. d. M., Abends 6 Uhr, in der Sing⸗Akademie statt. Erster Abend: Sonnabend den 17. d. M.
Der Violoncell⸗Virtuos Er. David Popper veranstaltete gestern Abend im Saale der ingakademie ein Konzert. Unter⸗ stützt wurde derselbe durch die Konzertsängerin Frl. Fanny Ernst aus Wien und den K. K. Kammervirtuosen Hrn. Javer Scharwenka. — Zuerst spielte Hr. Popper eine selbstcomponirte „Suite“ für Violon⸗ cell mit Pianoforte, betitelt „Im Walde“. In diesem Stücke konnte der Konzertgeber seine vollendete Technik in reichstem Maße zur Gel⸗ tung bringen. Die Komposition selbst: a. Eintritt, b. Gnomentanz, c. Andacht, d. Reigen, e. Herbstblume, f. Heimkehr ist schöne Salonmusik, die Stücke sind zierlich und manche Stellen von wirklich poetischer Schönheit, wie z. B. in der „Andacht“. Spezialität des Konzertgebers scheint aber das Gebiet der Gno⸗ mentänze, Elfenreigen ꝛc. zu sein; das Spiel eines solchen Elfenreigens brachte Hrn. Popper auch verdienten Her⸗ vorruf ein. Die vorgedachte „Suite“ jedoch kann allen Cellospielern warm empfohlen werden. — Prächtigen voll empfundenen und gesangreichen Ton zeigte Hr. David Popper in einem Largo von Tartini. Hier erwies er sich als der vollendete, mit Recht gefeierte Virtuose seines Instruments. Das Publikum dankte durch lebhaftes Applaudiren, und als Zugabe spielte Hr. Popper eine Transskription des Schubertschen „Du bist die Ruh“ und gab damit nach unserer Meinung die Perle des Abends. — Die Sänge⸗ rin Frl. Fanny Ernst aus Wien, zeigte eine angenehme, weich erklin⸗ gende Mezzosopranstimme von mäßiger Kraft, doch störte namentlich beim Vortrage der Lieder das starke Tremuliren und dann die nicht deutliche Aussprache. Im Uebrigen waren aber die Sachen warm empfunden und rein gesungen. Hr. Faver Scharwenka, der unermüd⸗ liche, viel begehrte Konzertspieler in diesem Winter, erfreute und be⸗ geisterte das zahlreich erschienene Publikum durch das vollendete Spiel mehrerer Chopinscher Stücke und erntete verdienten Beifall und Hervorruf. Als Begleiter für die Cellosachen und Gesangsstücke zeigte sich in tüchtiger Weise Hr. Kapellmeister Plothow.
Verlag 8 Drei Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage).
chen Reichs⸗Anz
No. 287.
Erste Beilage
Berlin, Mittwoch, den 7. Dezember
eiger und Königlich Preußi
1881.
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Nichtamtliches.
Preußen. Berlin, 7. Dezember. Im weiteren Verlaufe der gestrigen (11.) Sitzung setzte der Reichstag die zweite Berathung des Entwurfs eines Ge⸗ setzes fort, betreffend die Feststellung des Reichshaushalts⸗ Etats für das Etatsjahr 1882/83 mit dem der Budget⸗
kommission zur Vorberathung überwiesenen Theile des Etats
der Verwaltung des Reichsheeres.
Die Mehrforderung von 19 650 ℳ für die Vermehrung der Arbeitskräfte des Ministeriums für das Militär⸗Bauwesen ist von der Kommission nicht beanstandet worden; das Haus sprach ebenfalls die Bewilligung aus.
Im Kap. 24 Tit. 7 hatte die Budgetkommission in ihrer ersten Lesung 800 000 ℳ ersparen wollen durch Verlänge⸗ rung der Rekrutenvakanz. Auf den Widerspruch des Staats⸗ Ministers von Kameke beschloß sie, in der zweiten Lesung bei den Positionen für die Ersatzreservisten 600 000 ℳ zu er⸗ sparen, die sich auf die verschiedenen Kapitel vertheilen. Es sollten nämlich im Jahre 1882/83 statt 38 041 nur 29 700 Ersatzreservisten eingezogen werden. Nachdem der Referent Abg. Frhr. von Maltzahn⸗Gültz diesen Antrag der Kom⸗ mission begründet hatte, bemerkte der Abg. Rickert: nachdem die von der Kommission in der ersten Lesung beschlossene Ersparung von 800 000 ℳ in solge der Rekrutenvakanz auf den entschiedenen Wider⸗ tand des Kriegs⸗Ministers gesioßen, habe die Kommission, seinem Fingerzeige folgend, sich dazu entschlossen, eine Er⸗ sparniß bei den Ersatzreservisten zu machen. Es müsse an⸗ erkannt werden, daß der Kriegs⸗Minister vollkommen auf dem Boden des Gesetzes stehe, wenn derselbe die Mannschaften so lange, als es geschehe, unter der Fahne behalte. Der Minister selbst sei aber bereits von diesem Standpunkte abgewichen, indem derselbe die dreijährige Präsenzzeit der In⸗ fanterie faktisch auf 2 Jahre 4 Monate 28 Tage herabgesetzt habe. Der Minister scheine der Meinung zu sein, daß sich bei gutem Willen etwas ersparen ließe, aber zu befürchten, daß der Reichstag ihn von Schritt zu Schritt von seinem Rechts⸗ standpunkte verdrängen könne. Dies Mißtrauen sei durchaus unbegründet. Soweit es sich um die Schlagfertigkeit des Heeres handele, würde der Minister den Reichstag stets bereit finden, die nöthigen Mittel zu bewilligen. Aber er glaube, daß es auch ohne Verminderung der Schlagfertigkeit gelingen werde, auf dem beschrittenen Wege weiter fortzugehen und die Präsenzzeit für den einzelnen Mann noch mehr herabzusetzen und zwar in Folge des Instituts der Ersatzreservisten, wenn nicht in diesem Jahre, so doch in der Zukunft.
Hierauf ergriff der Bevollmächtigte zum Bundesrath,
Staats⸗Minister von Kameke das Wort:
Auf das von dem Herrn Vorredner Gesagte habe ich nur zu er⸗ widern, daß von einem Mißtrauen der Kriegsverwaltung gegen den Reichstag nicht die Rede gewesen ist, und daß die Kriegsverwaltung ebenso bestrebt ist, die Militärlasten zu erleichtern wie der Reichstag, daß die Kriegsverwaltung aber glaubt, bis an den Punkt entgegenge⸗ kommen zu sein, den die Schlagfertigkeit des Heeres gestattet.
Nach dem Etat sollten 29 700 Ersatzreservisten eingestellt werden und zwar nach den Erläuterungen 16 000 zu zehn⸗ wöchentlicher, der Rest zu vierwöchentlicher Uebung. Im In⸗ teresse besserer Klarstellung, im Interesse des Rechnungshofes, dem die Kontrole erleichtert werden müsse, und der sich nur an den Etat in der vom Reichstage beschlossenen Form halten könne, endlich im Sinne des Gesetzes selbst wünschte der Abg. Richter (Hagen) die beiden Kategorien mit den entsprechenden Kosten im Etat auch äußerlich zu trennen, weil sonst die Kriegsverwaltung möglicherweise die gesammte Summe von 29 700 Ersatzreservisten zu dem Maximum der Uebungszeit heranziehen könne, indem sie sich die Mehrkosten dafür durch Ersparungen an anderen Stellen des Militäretats beschafft habe.
Der Abg. Rickert theilte diesen Wunsch durchaus, obwohl er selbst ohne äußere Trennung die Verwaltung für verpflichtet
alte, die beiden Kategorien von 10⸗ resp. 4wöchentlicher ebungszeit streng auseinander zu halten. Da der Staats⸗ Minister von Kameke gegen diese Trennung gar nichts einzu⸗ wenden gehabt habe, so werde er (der Referent) die redaktionelle Aenderung für die dritte Lesung vorbereiten. Das Haus trat den Vorschlägen der Budgetkommission in
allen Punkten bei und ermäßigte in Folge dessen die betreffenden
Positionen der einzelnen Kapitel um 620 000 ℳ Ebenso wur⸗ den „zum Ersatze des Abganges an kleinen Feuer⸗ und Hand⸗ waffen, wie derselbe namentlich durch allmähliche Abnutzung der im dauernden Gebrauche der Truppen befindlichen Garnitur entsteht“, statt der geforderten 1 490 600 ℳ nur 1 000 000 ℳ gemäß den Beschlüssen der Kommission bewilligt. Beim ordent⸗ lichen Etat der einmaligen Ausgaben beantragte die Kommission 130 000 ℳ, die als erste Rate für den Neubau einer Garnison⸗ bäckerei und eines Dienstgebäudes in Altona gefordert wurden, zu streichen, während sie bei einer Reihe anderer Neubauten nur eine erste Rate zur Projektbearbeitung zu bewilligen, da⸗ gegen die darüber hinausgehende Ferbena einer Summe zum Terrainerwerb abzulehnen vorschlage. en bezüglichen Anträgen trat das Haus durchgängig bei.
Desgleichen hatte die Koemmfsston im außerordentlichen Etat des Extroordinariums die ersten Raten für die Neu⸗ bauten von Kasernen für das Train⸗Bataillon des Garde⸗ und des III. Armee⸗Corps nur in so weit bewilligt, als sie ebenfalls je 15 000 ℳ zur Projektbearbeitung anwies, die Forderungen für den Terrainerwerb in Höhe von 190 000 resp. 135 000 ℳ ablehnte. —
Sämmtliche Beschlüsse der Budgetkommission fanden ohne Debatte des Hauses Genehmigung; ebenso wurden die 7 Titel des ordentlichen Extraordinariums für Sachsen und die 6 ent⸗ sprechenden Titel für Württemberg, 972 361 resp. 796 795 ℳ bewilligt. 1
Der außerordentliche Etat des Extraordinariums ver⸗ langte in 59 Titeln 23 466 747 ℳ, darunter 9 161 605 ℳ für Kasernenbauten. 8
Der Abg. Sonnemann sah sic veranlaßt, für sich und seine Parteigenossen eine kurze Erklärung hinsichtlich des Extraordinariums abzugeben. Die heutige Debatte habe ge⸗ zeigt, wie schwer es sei, so lange das Militärgesetz von 1880 in Kraft sei, im Ordinarium des Militäretats wesentliche Er⸗
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sparnisse durchzuführen. Nach langen Verhandlungen in der Budgetkommission sei es nur möglich gewesen, einen Abstrich von 620 000 ℳ herbeizuführen, an einem Etat, der seit 1874 von 267 Millionen auf 343 Millionen gestiegen sei, sich dem⸗ nach seit 7 Jahren um 76 Millionen erhöht habe. Daneben seien seit 1874 im Extraordinarium 354 Millionen bewilligt worden. Allerdings seien hierfür zum Theile besondere Fonds vorhanden. Theilweise müßten aber die erforder⸗ lichen Summen durch Anleihen beschafft werden. In die Unmöglichkeit versetzt, am Ordinarium Ab⸗ striche von Bedeutung zu machen, halte seine Partei sich verpflichtet, für die Dauer des Militärgesetzes von 1880 wenigstens im Extraordinarium die strengste Sparsamkeit walten zu lassen. Die Budgetkommission habe von den pro⸗ jektirten Bauten schon mehrere abgelehnt. Seine Partei⸗ genossen würden gegen jede einzelne Bewilligung in diesem Extraordinarium stimmen, weil wirkliche Neubauten in Frage kämen und nicht schon theilweise frühere Theilbewilligungen vorlägen. Durch diese Abstriche würde die Wehrfähigkeit der Nation in keiner Weise beeinträchtigt werden. Seine Partei wolle durch dieses Votum ihrer Ueberzeugung Ausdruck geben, daß die bestehende Militärlast auf die Dauer unerschwinglich erscheine, und daß die wirthschaftlichen und finanziellen Ver⸗ hältnisse des Volkes durch den gegenwärtigen Zustand von Jahr zu Jahr schwerer geschädigt würden.
Der Abg. Richter (Hagen) hemerkte, an diese allgemeine Bemerkung wolle er auch seinerseits eine solche anknüpfen, um einer mißverständlichen Auffassung seines Standpunkts außerhalb dieses Hauses zu begegnen. Seine Partei sei über⸗ einstimmend mit dem Vorredner der Ansicht, daß die gegen⸗ wärtige Militärlast im Verhältniß zu der wirthschastlichen Leistungsfähigkeit des Volkes zu hoch sei und daß auch Er⸗ sparnisse gemacht würden werden könnten, ohne die Wehrkraft des Landes nach außen hin zu beeinträchtigen. Seine Partei habe zu jeder Zeit versucht, diesen Standpunkt geltend zu machen, namentlich habe sie s. Z. bei Gelegenheit der Berathung des Millitärgesetzes gegen die Erhöhung der Präsenzstärke gestimmt, und obwohl durch Annahme desselben die Befugnisse dieses Hauses sehr eingeschränkt seien, habe seine Partei doch noch im Einzelnen versucht, Ersparnisse zu machen. Er halte es aber nicht für angemessen, nun von diesem Standpunkte aus in Pausch und Bogen sich gegen sämmtliche Neubauten zu erklären. Er könne es doch nicht leugnen, daß auch für denjenigen Bestand der Armee, den seine Partei für nothwendig halte — seine Partei unterscheide sich ja von der rechten Seite dieses Hauses nur in dem Mehr oder Weniger, keineswegs meine er, daß das Land durch eine Miliz oder Bürgerwehr vertheidigt werden könne —, gewisse bauliche Aufwendungen nöthig seien. Man könne unmöglich alte Kasernen und Lazarethe — es handele sich doch hier vor⸗ zugsweise um Ersatzbauten — verfallen lassen, um schließlich doch neue an deren Stelle setzen zu müssen. Der Radika⸗ lismus des Vorredners würde nicht zu einer Verminde⸗ rung der Last führen, sondern dieselbe noch mehr erschweren. Er meine auch, daß diejenigen Soldaten, die man in Deutsch⸗ land dauernd nöthig habe, auch heute noch nicht vollständig kasernirt seien; man müsse daher noch eine gewisse Zahl von Kasernenbauten bewilligen, falls man nicht überhaupt das Prinzip habe, daß die Soldaten besser in Bürgerquartieren untergebracht würden — eine Anschauung, die dem Vorredner im Lande wohl wenig Beifall verschaffen dürfe. Er halte daher das von dem Vorredner vorgeschlagene Mittel der Oppo⸗ sition für untauglich und sachwidrig und könne sich ihm des⸗ halb nicht anschließen.
Der Abg. von Bühler (Oehringen) hielt diese Gelegenheit für passend, um die Erklärung abzugeben, daß er seinen Ab⸗ rüstungsantrag, wenn nicht in dieser, so doch in der nächsten Session wieder einbringen werde. Die darin vorgeschlagene Maßregel scheine ihm der einzige Weg zu sein, um das von den Vorrednern angestrebte Ziel zu erreichen.
Titel 1—5 wurden darauf bewilligt.
Bei Titel 5 A. „zur Errichtung eines Militär⸗Knaben⸗ Erziehungs⸗Instituts mit Unteroffiziervorschule in Neu⸗ Breisach I. Rate 290 000 ℳ.“ erklärte der Abg. Richter (Hagen), der Gedanke, Unteroffiziervorschulen einzurichten, sei ein ganz neuer. Die erste derartige Schule sei in Anna⸗ burg errichtet, ohne Mitwirkung des Reichstags auf Grund des Pauschquantums; debattirt sei die Frage im Reichstag erst im 89— 1878 bei Gelegenheit der Errichtung der Weil⸗ burger Unteroffiziervorschule, die nur mit geringer Majorität genehmigt sei. Er halte die Einrichtung solcher Anstalten, wie die hier vorgeschlagene, für verfehlt, weil sie auf dem Prinzip beruhten, junge Leute schon zu einer Zeit für einen Beruf zu bestimmen, wo sie über denselben noch kein klares Urtheil haben können. Zudem werde dadurch eine kastenmäßige Abschließung einzelner Stände herbeigeführt, der man in der heutigen Zeit gerade entgegentreten sollte. „Bei der hier vor⸗ geschlagenen Knabenschule werde schon ein erst 12jähriges Kind dem Unteroffizierherufe entgegengeführt, dem es sich später, falls es keine Neigung dazu mehr Cab⸗ nur unter großen Opfern entwinden könne. Der ü⸗ ler müsse die Verpflichtung übernehmen, für jedes Schuljahr 2 Jahre im Heere zu dienen; wolle der⸗ selbe sich von dieser Pflicht befreien, so müsse dem Staat eine Entschädigung von 465 ℳ pro Jahr gezahlt werden. Daß bei den hier in Betracht kommenden Verzältnissen die Aufbringung einer solchen Summe . unmöglich sei, liege auf der Hand. Der Umstand, daß für diese Anstalt schon viele Anmeldungen vorlägen, falle nicht ins Gewicht. Die Zahl der Eltern, die bereit seien, ihre Kinder auf Staats⸗ kosten erziehen zu lassen, werde stets — leider — sehr be⸗ deutend sein. Die französischen Verhältnisse, auf die zur Empfehlung dieses Instituts hingewiesen sei, lägen doch wesentlich anders als die deutschen. Dort sei der Unter⸗ offiziersstand mehr Lebensberuf, in Deutschland sei derselbe vorzugsweise ein Durchgangsstadium zu einer Civilstellung. Er bitte in dieser Frage nichts zu überstürzen und wenn das Haus irgend zweifelhaft sei, die Position abzulehnen.
Der Bundesrathskommissar Hauptmann Haberling ent⸗
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gegnete, die Knabenschule solle nicht lediglich eine militärische
Vorbildung geben, sondern auch für den späteren Civildienst brauchbar machen. Sie solle eine vierklassige sein und der Eintritt mit dem 11. Lebensjahr erfolgen. Was die Ver⸗ pflichtung betreffe, die den Schülern auferlegt werde, so müsse jeder, der die Unteroffiziervorschule und die Unteroffizierschule durchmache, acht Jahre dienen, die zuzüglich der in der letzteren durchgemachten Zeit eine aktive Dienstzeit von 10 Jahren dar⸗ stellten. Auch der Vorwurf der Beschränkung der Wahlfrei⸗ heit hinsichtlich des Berufs scheine ungerechtfertigt; denn bei unfreiwilliger Entlassung eines Schülers — und diese trete gewöhnlich ein, wenn die Leistungen nicht genügten und keine genügende Qualifikation vorhanden sei — höre jede Verpflich⸗ tung desselben auf. Außerdem könne jeder Knabe mehrere Monate lang probeweise in der Anstalt bleiben und, falls derselbe sich nicht gefallen sollte, dieselbe ohne Ersatz verlassen. Uebrigens sei die Einrichtung der Schule durch den Unter⸗ offiziermangel, der noch herrsche, geboten.
Der Abg. Simonis bemerkte, er würde nicht in die Dis⸗ kussion eingegriffen haben, wenn nicht die Behauptung auf⸗ gestellt wäre, daß die Elsässer aus der französischen Zeit sich eine besondere Neigung, Unteroffizier zu werden, bewahrt hätten. Diese Behauptung, die dem Reichskanzler entlehnt sei, sei erfunden und habe seiner Zeit im Elzaß Staunen erregt. Man habe sich damals erinnert, daß aus dem Elsaß 140 Generale hervorgegangen seien. Er protestire daher gegen die Behauptung, daß die Elsässer nur zu Unteroffizieren taug⸗ lich seien. Uebrigens beweise die Regierungsvorlage nur, daß ein Defekt in dem deutschen Schulwesen eingetreten sei. Hätte die Regierung den Katholiken ihre Primär⸗ und freien Schulen gelassen, so würde es dieser kostspieligen Vorlage nicht bedurft haben. Seine Partei werde daher diese Position ablehnen.
Der Abg. Richter (Hagen) entgegnete, die Frage, die er vorhin berührt habe, ser eine deutsche Frage und habe mit Elsaß⸗Lothringen gar nichts zu thun. Der Abg. Simanis habe ihn auch mißverstanden, wenn derselbe glaube, daß er die Elsässer unterschätze. Er habe nur gesagt, daß es fraglich sei, ob die Neigung, Unteroffizier zu werden, jetzt noch so groß sei als früher. Der französische Unteroffizier nehme eben eine andere Stellung ein und habe ein anderes Avancement vor sich. Dem Regierungskommissar müsse er bemerken, daß derselbe keines seiner Bedenken beseitigt habe. Wenn im Elsaß wirklich so große Neigung vorhanden sei, als Unteroffizier in die Armee zu treten, warum habe es denn hier eines Reiz⸗ mittels bedurft, das in dem übrigen Deutschland nicht vor⸗ handen sei? Er habe dann weiter gesagt, daß noch 3000 Manquements an Unteroffizieren seien. Das wolle gar nichts besagen gegenüber den 50 000 bis 60 000 etatsmäßigen Unteroffizierstelen der deutschen Armee Der Rest der Manquements werde in den nächsten Jahren ganz verschwinden, da dieselben schon jetzt gegen das vorige Jahr bedeutend abgenommen hätten. Nun sage man, das Bedürfniß einer solchen Schule sei sehr gro im Elsaß, die Zahl der Anmeldungen sei eine derartige, daß nur ein Theil derselben berücksichtigt werden könnte. Er glaube, daß es immer Eltern, die das Bedürfniß haben, ihre Kinder auf Staatskosten zu erziehen, in großer Anzahl werde. Man könne sich davon sogar hier in Berlin über zeugen. Aber gerade die Bedenken, die er am schärfsten her⸗ vorkehre, seien durch den Regierungskommissar nicht abge schwächt worden. Die Knabenschule, die jetzt in Neu⸗Brei⸗ sach errichtet werden solle, sei eine ganz neue Einrichtung denn die in Annaburg bestehende Schule sei ledialich für die Kinder von Unteroffizieren bestimmt. Nun sollten in diese Schule die Knaben mit dem elsten Jahre also noch früher, als er angenommen habe, aufgenommen und da schon entschieden werden, was aus dem Kinde werden solle. Nicht einmal finanziell empfehle sich ein solches Ver⸗ fahren, denn die Behörden hätten selbst bekundet, daß der dritte Theil der in die Unteroffizierschulen Aufgenommenen sich später als untauglich erweise, und also auch der dritte Theil der Ausgaben umsonst gemacht ser Wenn endlich die Regierung noch im Unklaren darüber sei, ob die Verpflichtung für jedes Schuljahr zwei Jahre im Heere zu dienen auch auf die Knabenschule ausgedehnt werden solle, so begreife er nicht, was den Reichstag bewegen solle, ein so bedenkliches Institut u schaffen. Er empfehle daher unter der gegenwärtigen Fenznelc diese Position wenigstens für dieses Jahr zu treichen. 6
Der Bundeskommissar bemerkte, daß das Manquement von 3000 Unteroffizieren sich allein auf Preußen beziehe, welches etatsmäßig 39,000 Unteroffiziere haben solle. 1
Der Abg. Petersen erklärte, er müsse den Ausführungen des Abg. Simonis widersprechen. Das Schulwesen in Elsaß⸗ Lothringen 22 sich seit der Annexion nicht verschlechtert, sondern im Gegentheil verbessert. Der Abg. Simonis könne für seine Behauptungen aus der Vorlage selbst kein Argument entnehmen. Es beständen bereits solche Schulen in den übrigen Theilen Deutschlands, dieselben sollten nun auch in den Reichs⸗ landen eingeführt werden.
Der Abg. Richter (Hagen) bemerkte, man habe darauf hingewiesen, daß bis zum 17. Jahre ein Drittel der Zöglinge wegen körperlicher Untauglichkeit aus den Unteroffizier⸗ vorschulen entlassen worden seien. Dieser Uebelstand werde jetzt noch viel größer werden, weil die Aufnahme in die Schule nun schon im elften Lebensjahre stattfinden solle. Es habe dann der Zögling im Falle der etwa erst zur Zeit seines Eintritts in die Armee zu Tage kommenden Untauglichkeit einen Verlust von acht Jahren zu beklagen. Auf praktische Erfahrungen könne man sich bei diesen Anstalten noch nicht berufen, da die Unteroffiziervorschule in Weilburg erst seit 1878 bestehe; die Zöglinge derselben könnten also gar nicht in die Armee eingetreten sein.
Der Abg. Dr. Lasker erklärte, es handele sich hier um Einführung eines neuen Erziehungssystems. Denn es liege nicht ein Spezialfall vor, sondern es sollten systemattsch zu Unteroffizierschulen Vorschulen, und zu diesen wieder Knaben⸗ serlan eingerichtet werden. Er glaube, der Reichstag könne ür dieses Jahr die vorliegende Frage noch offen lassen, da die Vorberathung derselben in der Budgetkommission eine nicht genügende gewesen zu sein scheine.