1881 / 290 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 10 Dec 1881 18:00:01 GMT) scan diff

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Carl

Scherflein der Wittwe, Gethsemane und Kreuzigung Jesu. Das

ganze Werk ist von der Verlagsbuchhandlung aufs Eleganteste aus⸗

estattet und der Preis (in Prachtband) auf nur 10 ℳ, also in An⸗

betracht des dafür Gebotenen, außerordentlich niedrig normirt, so daß

ch dasselbe als ein würdiges, passendes Weihnachtsgeschenk ganz be⸗ onders angelegentlich empfiehlt. Für den Weihnachtstisch empfehlen sich weiter noch folgende Zücher: 1 1 Deutsche Geschichte von Wilhelm Müller, Pro⸗ essor in Tübingen. Illustrirte Ausggabe mit 25 Vollbildern und 4 historischen Karten. Eleg. geb. 6 (Verlag von Krabbe in Stuttgart). In lebendiger, lichtvoller Darstellung und fesselnder Sprache führt der Verfasser den Leser z᷑rch die verschiedenen Perioden der deutschen Geschichte. Die Be⸗ ziehungen Deutschlands zu Rom und zu Frankreich, das Verhältniß des Kaiserthums zum Fürstenthum, die Verwicklungen der Neuzeit sind vom nationalen Standpunkte aus mit Freimuth und Unpartei⸗

lichkeit dargestellt. Das Buch erscheint in einer Form, welche geeignet ist, das Interesse weiterer Kreise in Anspruch zu nehmen, und den

8

Sinn für nationale Größe zu wecken und zu beleben. Zur Erläute⸗

rung ist dem geschichtlichen Texte ein reicher Bilder⸗ und Karten⸗

schmuck beigefügt.

3 Aus demselben Verlage:

Das Soldatenleben im Frieden von F. W. Hackländer,

mit 60 Illustrationen von Emil Rumpf. 4. Aufl. Preis cart. geb. 4 Das Buch ist eine der glücklichsten und

frischesten Arbeiten Hackländers und ein interessanter Beitrag unserer

deutschen humoristischen Literatur überhaupt; es wird den Freunden

einer heiteren Lektüre eine willkommene Gabe sein. Der Illustrator hat es verstanden, die leichtsinnigen Freiwilligen und lustigen Ka⸗ noniere, die hübschen Marketenderinnen, den boshaften Rattenkönig, den poetischen Unteroffizier Dose, den grimmigen Hauptmann Feind, den donnernden Oberst v. T. in charakteristischer Weise zu porträ⸗ tiren und durch ihre komischen Physiognomien, ihre geschickt karri⸗ kirten Attituden, die Schilderungen des friedlichen Soldatenlebens auf der Wache, bei der Reveille, im Stall, beim Appell, im Manöver zu beleben. 1 1

Literarische Skizzen für die deutsche Frauenwelt von Dr. Hermann Stohn. Mit Emanuel Geibels Bildniß in Stahlstich. Leipzig. Verlag von Gebrüder Senf. Der Verfasser hat in dem vorliegenden Bande, der sich auch zäußerlich durch eine geschmackvolle Ausstattung auszeichnet, neun Aufsätze vereinigt, welche nach den Werken unserer bedeutenden Literarhistoriker und Aesthetiker bearbeitet, folgende Dichter und Dichterwerke be⸗ handeln: Goethe's Faust. Maria Stuart (ihre Geschichte und Schillers Drama). Schillers Braut von Messina und die Schicksalstragödie. Heinrich von Kleist. Das deutsche Volkslied. Ludwig Uhland. Heinrich Heine. Emanuel Geibel. Annette von Droste⸗Hülshoff. Sowohl die Auswahl der Themata, wie die Art und Weise der Behandlung derselben eignen diese treff⸗ lich geschriebenen Skizzen zu einer anziehenden Lektüre für die Frauen⸗ welt. Sie wecken und fördern Sinn und Verständniß für unsere bedeutendsten Dichter der Neuzeit und Gegenwart und führen die Leserin ein in die Gedankentiefe und die Schönheiten ihrer Dich⸗ tungen. 8 Im Verlage eee vneardt sind zwei kleine ansprechende estgeschenke für die Jugend erschienen: 1 8 Anbetung der Hirten. Ein Weihnachtsvorspiel von Wilhelm Henzen. Mit einer Musikbeilage. Der Verfasser liefert in diesem kleinen Weihnachtsspiele einen Beitrag zu einer weihe⸗ vollen Feier des Weihnachtsfestes und wünscht seine Dichtung im Familienkreise mit wirkungsvoller Ausstattung aufgeführt zu sehen.

erner:

c8 111ö1““ in drei Abthei⸗ lungen für die Jugend von M. Paar.

Böch⸗ und Antiquariatshandlung von Stoll & Bader in Freiburg i. Br., über dessen umfangreiches, fast alle Wissenschaften umfassendes Bücherlager schon viele Kataloge erschienen, hat jetzt auch einen Weihnachts⸗Katalog oder ein Verzeichniß einer Auswahl literarischer Festgeschenke, die in ihrem Lager vorräthig sind, veröffentlicht. Derselbe umfaßt folgende Rubriken: Illustrirte Prachtwerke; schöne Literatur (Klassiker, Dichter, dramatische Werke, Romane, Anthologien); billige Miniaturausgaben deutscher und ausländischer Klassiker; englische, französische und italienische Literatur; Geschichte, Alterthumskunde, Kunst⸗ und Literaturgeschichte; Malerei; Musik; Länder⸗ und Völkerkunde, Reisen, Naturwissen⸗ schaften; Atlanten; Handelswissenschaft; Hauswesen, Gesund⸗ heitslehre, Koch⸗ und Gartenbücher; Conversationslexika, Wörter⸗ bücher der deutschen, griechischen, lateinischen, englischen, französischen, italienischen und spanischen Sprache, nebst Fremdwörterbüchern; hu⸗ moristische Schriften, Spiele ꝛc.; Jugendschriften (Bilderbücher und Kinderschriften, Schr. für das mittlere Jugendalter, für die reifere Jugend,

ür Mädchen). Der vorstehende Katalog bietet in jeder Abtheilung

san für die Jugend in ihren verschiedenen Altersstufen als auch für Erwachsene interessante Schriften, die sich zu Festgeschenken eig⸗ nen. Die Preise sind billig gestellt.

Gewerbe und Handel.

Nach dem Geschäftsbericht der Stadtberger Hütte wurden im verflossenen Geschäftsjahre im Ganzen 848 250 Ctr. gegen 809 591 Ctr. im Jahre 1879/80 an Erzen gefördert. Der durch⸗ schnittliche Kupfergehalt der Gesammt⸗Erzförderung berechnet si⸗ auf 1,17 %. Aus den im verflossenen Betriebsjahre verhütteten 838 248 Ctr. Kupfererzen wurden an Raffinatkupfer dargestellt 8835 Ctr. Die Kosten auf die Gesammtproduktion von 8835 Ctr. Kupfer vertheilt, ergaben sich an Selbstkosten pro Centner Raffinat⸗ kupfer 55 37 gegen 57 42 im vorhergegangenen Be⸗ triebsjahre. Der Gewinn auf dem Kupferfabrikationskonto betrug 109 688 und der gesammte r 93 669 Nach Ab⸗ chreibungen im Betrage von 25 331 beträgt der Reingewinn

8 337 ℳ, wovon 56 250 als 2 ½ proz. Dividende vertheilt werden.

London, 9. Dezember. (W. T. B.)

Wollauktion waren Preise unverändert

New⸗York, 9. Dezember. (W. T. B.) Baumwollen⸗ Wochenbericht. Zufuhren in allen Unionshäfen 231 000 B., Aus⸗ fuhr nach Großbritannien 65 000 B., Ausfuhr nach dem Kontinent 60 000 B., Vorrath 1 036 000 B.

Verkebhrs⸗Anstalten. New⸗York, 9. Dezember. (W. T. B.) Der Dampfer olland’ von der National⸗Dampfschiffs⸗Compagnie (C. Messingsche Linie) ist hier eingetroffen.

In der gestrigen

8* 8

1

9 Berlin, 10. Dezember 1881.

Bekanntmachung.

Die Residenz Wien ist in diesen Tagen von einem ent⸗ setzlichen Unglück heimgesucht worden. Bei dem Brande des dortigen Ring⸗Theaters sind viele Hunderte von Menschen jämmerlich zu Grunde gegangen und jede neue Nachricht von dort erhöht die Zahl der dabei Verunglückten und zur Zeit noch Vermißten.

Alle Gemüther sind von der Größe des Unglücks aufs Tiefste erschüͤttert und auch hier spricht sich vielfach der Wunsch aus, zur Linderung des namenlosen Elends nach Kräsften bei⸗ zutragen.

Zur leig teren Bethätigung dieses Wunsches erkläre ich mich hierdurch gern bereit, etwaige Unterstützungen an Geld entgegen zu nehmen, und den Behörben Wiens zu über⸗ mitteln und bitte deshalb, derartige Beiträge den V

steher des Centralbüreaus des Polizei⸗Präsidii, Herrn Polizei⸗

Rath Caspar Zimmer 27 gelangen zu lassen, welcher von mir ermächtigt worden ist, über die eingehenden Gelder zu quittiren. v11A““ Berlin, den 10. Dezember 1881. Der Polizei⸗Präsident. von Madai.

Den ersten Gegenstand der Tagesordnung der gestrigen Sitzung des deutschen Handelstages bildete: Der Einfluß der im Eisen⸗ bahnwesen eingetretenen Aenderungen auf die Leistungen und Tarife im Güterverkehr. Nach lebhafter Debatte gelangte ein Antrag Puls in namentlicher, nach Handelskammern vorgenommener Abstimmung mit 54 gegen 25 Stimmen zur Annahme. Derselbe lautet: 1) „der Handelstag überweist die Anträge der Referenten zur Berathung den Handelskammern und den Eisenbahn⸗Konferenzen; 2) der Handelstag erachtet die baldige gesetzliche Einrichtung von Eisenbahnräthen und eines Landes⸗Eisenbahnraths für dringend geboten.“ Hierauf v“ der Kommerzien⸗Rath Kühnemann (Berlin) über die elt⸗ ausstellung in Berlin. Derselbe begründete folgenden Antrag: „Der deutsche Handelstag wolle beschließen: das Aeltesten⸗Kollegium der Berliner Kaufmannschaft zu beauftragen, bei der Reichsregierung dahin vorstellig zu werden, daß, falls die Reichsregierung über⸗ haupt geneigt ist, eine in Deutschland zu veranstaltende inter⸗ nationale Ausstellung zu begünstigen, sie die nöthigen Schritte thun möge, die nächste derartige Ausstellung nicht in Italien, wie solche für 1885 bis 1886 geplant worden ist, sondern im Jahre 1885 oder 1886 in Deutschland abgehalten werde. Falls die Reichs⸗ regierung aber der Veranstaltung einer Weltausstellung in Deutsch⸗ land überhaupt ihre Mitwirkung nicht gewähren will, sie dann wenigstens dem Plan, in den Jahren 1885 oder 1886 eine nationale deutsche Ausstellung zu veranstalten, dadurch Vorschub leisten möge, daß sie die Hinausschiebung der in Italien für das Jahr 1885 bis 1886 geplanken internationalen Ausstellung um etwa zwei Jahre erwirkt.“ 8u8

In namentlicher, nach Handelskammern vorgenommener Abstim⸗ mung votirten nach Schluß der Diskussion 45 für eine Weltausstel⸗ lung und 22 gegen eine solche. 62 Handelskammern votirten ferner gegen eine nationale Ausstellung und 8 für eine solche.

Zum Schluß referirte Handelskammer⸗Sekretär Dr. Landgraf (Mannheim) über den Entwurf eines gemeinsamen Schemas für die Anordnung der Jahresberichte der Handelskammern.

Heute hielt der deutsche Handelstag seine zweite Sitzung ab, in welcher zunächst die Wahl des bleibenden Ausschusses erfolgte. Sodann trat der Handelstag in die Debatte über das Tabaks⸗ monopol und über die Straßburger Tabaksmanufaktur ein. Nach längerer Debatte gelangte eine Resolution zur Annahme, welche sich gegen die Einführung des Tabaksmonopols in Deutschland sowie segeg,de⸗ Fortbestehen der Tabaksmanufaktur in Straßburg aus⸗ pricht.

Aurich, 7. Dezember. (Neue Hann. Ztg.) In der heutigen Sitzung der außerordentlichen Synode der evangelisch reformirten Gemeinden der Provinz Hannover wurde die Spezialdebatte der Synodalordnung fortgesetzt. Die §§ 77, 78 und 79 wurden ohne Debatte unverändert angenommen. Zu §. 80 waren vor der Debatte bereits drei Anträge eingegangen. Der Paragraph regelt die Diätenfrage bei den Bezirkssynoden und der Gesammtsynode. Der Entwurf bestimmt Ersatz der Reisekosten und Tagegelder im Betrage von 5 resp. 10 Nach kurzer Debatte wurde der §. 80 mit der Aenderung, durch welche die Diäten der Bezirkssynodalen auf 3 festgesetzt wurden, angenommen; ebenso mit einigen redaktionellen Aenderungen die §§. 81 und 85, w nit die erste Lesung der Synodalordnung beendet war. 1“

Wien, 9. Dezember. (W. T. B.) Nach dem offiziellen Berichte sind 96 Männer⸗ und 41 Frauenleichen und 20 verkohlte unkenntliche Leichen als Opfer des gestrigen Ring⸗Theaterbrandes in das Krankenhaus gebracht worden. Mehrere der widrigsten Ereignisse sind zusammengetroffen, um dem Unglücksfalle eine so große Aus⸗ dehnung zu geben; 5 Wasserwechsel oberhalb der Bühne waren nicht geöffnet, die eiserne Courtine wurde nicht herabgelassen, die Oel⸗ lämpchen auf den Gängen waren nicht angezündet, die Gänge und Rettungspfade waren unbeleuchtet. Die Bühne bildete bereits ein Feuermeer, als das auf der Galerie befindliche Publikum erst Kenntniß von der Feuersbrunst erhielt.

Ueber die Entstehungsursache des Brandes giebt der Ma⸗ schinenmeister an, daß der Brand beim Anzünden der Flammen mittelst des elektrischen Stromes dadurch entstanden sei, daß die Dekoration Feuer gefangen habe. Dasselbe habe sich so rasch ver⸗ breitet, daß das Herablassen der Courtine wegen des wahren Flammen⸗ meeres nicht mehr zu bewerkstelligen war. Das Unglück ist viel ent⸗ setzlicher, als bisher angenommen wurde: es haben über 300 Opfer den Tod in den Flammen gefunden! Ganze Familien, viele Mit⸗ glieder des Orchesters, Theaterarbeiter werden vermißt. Die Wiener Leichenbestattungs⸗Unternehmungen haben sich geeinigt, um die Opfer des Unglücks zur letzten Ruhestätte zu bringen. Die Feuer⸗ wehr ist unausgesetzt mit Wegräumung der rauchenden Trümmer im Innern des Theaters beschäftigt. Auf den Gallerien sollen noch ver⸗ kohlte Leichname liegen, zu welchen man erst nach Stützung der Gallerien gelangen kann. Die Sanitätswagen vom Rothen Kreuz führen die Leichname und Leichnamtheile von der Unglücksstätte hin⸗ weg. Der Andrang der Familienangehörigen in das allgemeine Krankenhaus und das Garnison⸗Spital, wo die Leichname zur Agnoszirung niedergelegt sind, ist so groß, daß Militär und Polizei die Ordnung aufrechterhalten müssen. Ganz Wien ist in großer Bestürzung. Bei der Polizei langen fortwährend Meldungen über vermißte Personen ein.

9. Dezember. (W T. B.) Der Kaiser und die Kaiserin haben zur Unterstützung der bei dem Brande des Ring⸗Theaters Ver⸗ unglückten und der bedrängten Theaterbediensteten 10 000 Fl. ge⸗ spendet, und die Mitglieder des Kaiserhauses haben gleichfalls nam⸗ hafte Beträge gespendet. Alle Kreise der Residenz sind bestrebt, den Hinterbliebenen der bei der gestrigen Katastrophe Verunglückten und dem existenzlos gewordenen Theaterpersonale rasche Hülfe zu bieten. Im Gemeinderath wurde mit erschütternden Workten dem tiefsten Mit Ausdruck gegeben; die Finanzsektion wurde mit schleunigster Vorlegung von Anträgen zur Linderung des Schmerzes und der Noth der betreffenden Familien beauftragt Sämmtliche Theater erklärten bereits, demnächst Vor⸗ stellungen zu Gunsten der Hinterbliebenen der Verunglückten ver⸗ anstalten zu wollen. Die Zahl der angemeldeten Personen, welche vermißt werden, übersteigt 600.

9. Dezember, Nachts. (W. T. B.) Die Agnoszirung der Leichen der bei dem Brande Verunglückten dauert fort. An der Westseite des Theaters stehen noch einige Balken in Brand; Abends 7 Uhr mußte wegen des Einsturzes einer Mauer mit der Wegräumung des Schuttes eingehalten werden.

Brüssel, 9. Dezember. (W. T. B.) Eine heute bei der Boͤrse eingelaufene Depesche meldet einen ernsten Unglücksfall in einer Koblengrube bei Cockerill, wobei 60 Menschen ums Leben gekommen seien.

Das Victoria⸗Theater bringt, seitdem das Gastspiel der F. jegler beendet ist, ein älteres Schauspiel in fünf Aufzügen: „Die roßmutter’, nach dem Französischen frei bearbeitet von Ida Görner, zur Aufführung. Es hat sich damit dem Residenz⸗ und dem National⸗ Theater angeschlossen, deren Re⸗ eertoire jetzt ebenfalls zum größten Theil aus französischen Werken älteren und neueren Datums bestebt. Mit wenigen Worten 1 der Inhalt des Stückes wiedergegeben. Von blinder Liebe zu ihrer Enkelin Jeanne üllt, verfolgt die Marquise ihres Schwiegersohnes, des

Herzogs, zweite Frau und deren Tochter Blanche mit Haß und Rache Um Jeanne Rang und Reichthum durch eine gleiche Verbindung mit Gaston von Montmarcy, zu sichern, macht sie Vergiftungsversuche auf das Leben Blanche's, welche durch ihre Enkelin Jeanne vereitelt werden und der Verbrecherin das Leben kosten. Das Stück entrollt vor uns das zerrissene Familienleben auf dem Schlosse des Herzogs. Daz Interesse des Zuhörers hat bei der lebendig fließenden Handlung keine Zeit zu erlahmen; die Theilnahme steigert sich im Gegentheil von Akt zu Akt, da die verderblichen Künste der Großmutter Unschuldige in Verdacht bringen. Die Erregung, von der der Zuschauer ergriffen wird, erreicht den höchsten Grad, wenn die gespenstische Gestalt der Großmutter, die man vollständig gelähmt glaubt, lebendig wird, um Gift zu mischen. Die Titelrolle wurde von Fr. Witt mit Würde gegeben. Die Herzogin, welche von Frl. Lange dargestellt wurde, trat in den ersten Akten wenig hervor, aber der dritte zeugte von einer bedeutenden Begabung der Künstlerin für leidenschaftliche Rollen. Frl. Honnef und Fr. Keßler spielten die beiden Töchter, Jeanne und Blanche, mit vielem Geschick. Die Leistungen der Hrrn. Bassermann als Commandeur und Bergmann als Herzog sind mit Anerkennung hervorzuheben. Das Haus spendete reichen Beifall, be⸗ sonders nach dem dritten und fünften Akte.

Im Belle⸗Alliance⸗Theater findet morgen die erste Aufführung der Weihnachts⸗Komödie für Alt und Jung: „Robinson Crusoe“ statt. .

Ihre gestrige 2. Kammer⸗Musik⸗Soirée in der Sing⸗ Akademie eröffneten die Herren Barth, de Ahna und Hausmann unter Mitwirkung des Hrn. Josef Kotek mit dem Mozartschen Klavierquartett in Es-dur, welches in seiner naiven Einfachheit so gewiegten Spielern keine Schwierigkeiten bot. Später folgte, von den Herren Barth und Hausmann vorgetragen, die Sonate in D-dur (op. 12²) für Klavier und Violoncell von Beethoven, deren schwieriger Allegro⸗ Fugato⸗Satz meisterhaft ausgeführt wurde. Neu war eine Serie von nicht weniger als 12 Novelletten (op. 59) für Klavier, Violine und Violoncell, von Kirchner, die im Schumannschen Stvyl gehalten nur den einen Fehler haben, daß sie hintereinander gespielt des Guten zu viel bieten. Die einzelnen fein erfundenen und elegant ausgearbeiteten Kleinigkeiten verdienten den Beifall wohl, der ihnen in der vortrefflichen Ausführung, die sie durch die Zusammenwirkung der Concertgeber fanden, auch zu Theil wurde. Fr. Marie Schulz verschönte die interessante Soirée durch eine Reihe hübscher Liedervorträge, von denen eine zierliche Arie von Scarlatti, „Le Violette“, und Schumanns reizend⸗charakt eristisches „Frühlingslied“ der Sängerin den reichsten Applaus eintrugen.

Literarische Neuigkeiten und periodische Schriften.

Der Bexuf des Unteroffiziers. Separatabdruck einer Reihe von Artikeln aus der Unteroffizier⸗Zeitung, als Fest⸗ gabe für ihren Leserkreis. Berlin, 1882 Verlag der Kebel⸗ schen Buchhandlung, W. Linkstraße 15. Preis 50

Deutsche Bauzeitung, Verkündigungsblatt des Verban⸗ des deutscher Architekten⸗ und Ingenieurvereine, Redacteure K. E. O. 8 und F. W. Büsing, XV. Jahrgang. Nr. 98. Inhalt: Förderung des technischen Unterrichts und der technischen Lehranstalten in England. (Fortsetzung.) Mittheilungen aus Vereinen: Central⸗ verein zum Ausbau der Wasserstraßen in Oesterreich⸗Ungarn. Archi⸗ tekten⸗ und Ingenieur⸗Verein in H nnover. Architekten⸗Verein zu Berlin. Bau⸗Chronik. Vermischtes: Eigenthümliche Wirkung des Sturmes auf einen Schornstein. Elektrische Straßenbeleuch⸗ tung in Paris. Schornsteinkopf zur Verhütung des Ausstoßens von Ruß aus Bäckereischornsteinen. Statistik des Straßenverkehrs. Zur Frage des Baues des Donau⸗Oder⸗Kanals. Ein Vorschlag zur

rrrichtung eines Schlüter⸗Denkmals in Hamburg. Die Kuppel der Hagia Sofia in Konstantinopel. Eine internationale Ausstellung von Rauch verhindernden Apparaten und Vorrichtungen. Konkur⸗ renzen. Personalnachrichten. Brief⸗ und Fragekasten. 8

Nr. 99. Inhalt: Das Rathhaus zu Kalau. Neue Hy⸗ drantkonstruktion. Gottland und Wisby. Neue patentirte Stoßverbindung für zweitheiligen Langschwellenoberbau. Die Kon⸗ kurrenz für Entwürfe zur St. Gertrud⸗Kirche in Hamburg. Prozeß wegen Verschuldung an einem Hauseinsturz. Mittheilungen aus Vereinen: Architekten⸗ und Ingenieur⸗Verein zu Bremen. Architekten⸗ und Ingenicur⸗Verein zu Hamburg. Architekten⸗ und Ingenieur⸗Verein zu Hanpover. Architektenverein zu Berlin. Vermischtes: Die Nachfolger Fr. Hitzigs. Der Bau des deutschen Reichstagshauses. Die Erhaltung des Hahnenthors in Cöln. Semper⸗Stipendium. Neues in der Berliner Bauausstellung. Konkurrenzen. Brief⸗ und Fragekasten.

Das Schiff, Wochenschrift für die gesammten Interessen der Binnenschiffahrt, herausgegeben unter Mitwirkung von Arthur von Studnitz, Dresden. (Viert Ijährl. 2 ℳ) Nr. 88. Inhalt: Prozeß Rheinische Eisenbahngesellschaft contra Mathias Stinnes. Der schwimmende Trödelsteig in Küstrin. Zum Zollanschluß von Ham⸗ burg. Die Flußregulirungen. Projekte. Häfen. Wasser⸗ bau. Schiffbau. Personenschiffahrt. Flößerei. —. Schiff⸗ fahrtsbetrieb. Vom Frachtenmarkt. Unfälle. Polizei und Gericht. Personalien. Verschiedenes. Literatur. Wasser⸗ stand. Course. Briefkasten. Inserate.

Milch⸗Zeitung. Organ für die gesammte Viehhaltung und das Molkereiwesen. Begründet von Benno Martiny. Unter Mit⸗ wirkung von Fachmännern herausgegeben von C. Petersen, Oeko⸗ nomie⸗Rath. in Eutin (Fürstenthum Lübeck). Verlag von M. Heinsius in Bremen. Nr. 49. Inhalt: Beseitigung des Wrucken⸗

eschmacks der Milch. Von Thesen in Aas (Norwegen). —. Ver⸗ e Mittheilungen: Deutschland. Berlin. Betrunkene Kühe. Bromberg. Buttertransport auf Eisenbahnen. Hannover. Lebens⸗ mittel⸗Untersuchungen. Eutin. Molkerei⸗Jestruktor. Stuttgart. Molkerei Genossenschaft. Oesterreich⸗Ungarn. Wien. Grenzsperre. Erster Molkerei⸗Lehrkursus in Vorarlberg. Ansteckende Haus thierkrankheiten: Oesterreich⸗Ungarn. Rinderpest. Ausstellungen: Deutschland. Die internationale Maschinen⸗ und Gerätheausstellung in Altona. Von G. Dangers, Hamburg. Oesterreich⸗Ungarn. Jährliche Viehausstellungen in Ungarn. Mastviehausstellung in Wien. Großbritannien. Allgemeine Weltausstellung von land⸗ wirthschaftlichen Produkten in London. Allgemeine Berichte. Gesetz betr. Verkehr mit Nahrungsmitteln. Geburt eines Gaxpal und eines Gayalbastardes. Von Julius Kühn, Halle a. d. S. Vieh⸗ markt⸗Einrichtungen in Oesterreich. Erfahrungen in der Praxis: Milcherträge von Kühen des Neckarschlages. Zwei Kälber inner⸗ halb 11 Tagen. Sandwicke (vicia villosa). Vergiftung von Kühen durch Bleimennige und von Schafen durch Karbolfäure.

aidekraut als Futtermittel. Pilzbildung als Ursache von Ge⸗ chwulstbildungen bei dem Rinde. Einfluß des Alters der Kühe auf die Beschaffenheit der Milch Geräthe⸗, Maschinen⸗ und Bau⸗ kunde: Patente. Literatur: Sher. be en. und „Thorntons Shorthorn⸗Cirkular“. esseal; lchkontrole. Deutsche Viehzucht⸗ und Herdbuch⸗Gesellschaft: Zuchtbücher. Zur Taget⸗ frage der Viehzucht⸗ und Herdbuch⸗Gesellschaft. Von Brödermann, Knegendorf. Marktberichte. Anzeigen.

Redacteur: Riedel. Verlag der Expedition (Kessel). Druck: W. Elsner.

Vier Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage).

Anzeiger

Erste Beilage

Berlin, Sonnabend, den 10. Dezember

und Königlich Preußischen Staats⸗An

Eöö“ 8 8

Deutsches Neich.

11“ Uebersicht der in den deutschen Münzstätten bis Ende November 1881 stattgehabten Ausprägungen von Reichs⸗Gold⸗ und Silbermünzen.

1) Im Monat November Goldmünzen

Silbermünzen

Doppel⸗ Kronen Aℳ5 ℳ.

Halbe

1881 sind geprägt wor⸗ Kronen

Kronen den in:

Hiervon auff Fuͤnf⸗

vurivartrech. Markstäcke Markstücke Markstücke

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8 Pfennig⸗ Pfennig⸗ stůcke stücke I

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1 509 389 35 717 922

3) Gesammt⸗Ausprägung 4) Hiervon wieder eingezogen 403 260 308 630 5 130

1 271 007 700 455 479 350 27 960 925 457 707 960 71 653 005 101 026 942 163 601 386 71 486 552

35 717 922 5 000 647—

3 175 3 456 2 346

1 307

5) Bleiben. 1270610,55 170750576-795 —1753739 955 .“

71649 920 101523486163 599 070 ,7 185 275 50717575 85

238 774 966,80

Nichtamtliches.

Preußen. Berlin, 10. Dezember. Im weiteren Verlaufe der gestrigen (13.) Sitzung setzte der Reichstag die erste Berathung des Entwurfs eines Ge⸗ setzes fort, betreffend die Erhebung einer Berufsstatistik, sowie die Vornahme einer Viehzählung im Jahre 1882 in Verbindung mit der ersten Berathung des Entwurfs einer Ergänzung des dem Reichstage vorliegenden Ent⸗ wurfs des Reichshaushalts⸗Etats für das Etatsjahr 1882/83.

Der Abg. Dr. Frhr. von Hertling erklärte im Namen seiner politischen Freunde, daß sie im Allgemeinen dem Gesetzentwurf sympathisch gegenüberstehen, daß aber auch sie gewisse Bedenken und Schwierigkeiten sehen, die in kommissarischer Berathung zu beseitigen seien. Wenn auch der Begriff „Berus“ in der Wissenschaft seststehe, so sei es doch noth⸗ wendig, daß derselbe demjenigen, welcher der Wissenschaft ferner stehe, ausführlich erläutert werde. Dies sei in den Motiven leider nicht geschehen. Diese Schwierigkeit sei um so größer, als es sich hier nicht allein um die Arbeitsverhält⸗ nisse, sondern um die gesammten Erwerbsverhältnisse han⸗ dele. Es werde nöthig sein, ganz bestimmt die verschiedenen Kategorien festzustellen, innerhalb deren das Arbeitsverhältniß sich bewege, ob der Eine Handwerksmeister oder Hausindu⸗ strieller oder Lohnarbeiter sei. Auch in der Landwirthschaft werde die Statistik eine Trennung zwischen dem kleinen Grund⸗ besitzer und dem Lohnarbeiter vornehmen müssen. Diesen Schwierigkeiten gegenüber werde man die Erwartungen über die Statistik nicht allzu hoch anspannen dürfen. Sollten die Bestimmungen des §. 4 wirklich aufrecht erhalten werden, so müßten genaue Vorschriften über die Vertheilung der Formu⸗ lare u. s. w. gegeben werden, welche dem Publikum die Be⸗ folgung erleichterten. Auch wäre es angezeigt, Korporationen und Vereine heranzuziehen. Schließlich sei ihm noch die Be⸗ merkung gestattet, daß seine Freunde es mit Freuden begrüß⸗ ten, daß die Regierung, wie auch die Motive bewiesen hätten, auf dem betretenen Wege der Sozialreform fortschreiten wolle.

Der Abg. Dr. Hirsch bemerkte, der Vorredner hätte es nicht nöthig gehabt, der linken Seite des Hauses eine wohl⸗ wollende Beurtheilung des vorliegenden Entwurfes anzu⸗ empsehlen. Die liberalen Parteien hätten stets jedem Ver⸗ such, eine wirklich genaue Kenntniß der⸗wirthschaftlichen und sozialen Verhältnisse herbeizuführen, ihren vollen Beistand ge⸗ leistet. Sie hätten stets früher als die gegnerischen Parteien und die Reichsregierung die unerläßliche Nothwendigkeit einer solchen Enquete in den Vordergrund gestellt. Um so mehr müsse es seine Partei mit Genugthuung erfüllen, daß jetzt die Reichsregierung selbst den Weg beschreite, den seine Partei bisher vergeblich empfohlen habe. In der Form, wie sie jetzt sei, könne man indessen der Vorlage nicht zustimmen. Was das Gesetz jetzt enthalte, sei nichts Anderes als eine Blankovollmacht für den Bundesrath. Erst müsse der Inhalt und Umfang der vorzunehmenden Statistik klar gelegt werden, was sich am besten bei kommissarischer Be⸗ handlung erreichen lasse. Die Regierung stehe übrigens mit dem hier vorgelegten Gesetzentwurf zu dem Verhalten, das sie im Vorjahr bei Gelegenheit des Unfallgesetzes beobachtet habe, im Widerspruch. Sie habe damals behauptet, daß ein aus⸗ reichendes statistisches Material für den Entwurf bereits vor⸗ gelegen habe; gleichwohl trete sie hier mit der Forderung einer Berussstatistit hervor. Wenn die Motive von der Anstellung von Erhebungen über das gesammte nationale Erwerbsleben sprächen, so scheine ihm, daß man soweit nicht sesen könne. Das wäre eine so riesenmäßige, unausführbare Aufgabe, daß Schon bei weiser

seine Partei ihr nicht zustimmen könne. 1 einer Beruss⸗

Beschränkung auf dasjenige, was bei atistik nöthig, würden die Schwierigkeiten nicht gering ein. Der vorliegende Entwurf lasse überdies leicht den Gedanken aufkommen, als liege es in der Absicht, diese Berufsstatistik im Interesse der Steuergesetzgebung zu be⸗ nutzen, auch liege die Besorgniß nicht fern, dieselbe werde tief in die individuellen Erwerbsverhältnisse eingreifen. Mit Miß⸗ trauen siehe er der Strafbestimmung im 8. 4 gegenüber. Der vom Bundeskommissar angezogene Vorgang bezüglich der Waarenstatistik scheine ihm nicht beweiskräftig zu sein. Bei dieser habe es sich um ein direktes Steuerinteresse des Reichs gehandelt, von dem hier nicht die Rede sei. Man sei doch bei den großen Volkszählungen ohne Strasbestimmungen aus⸗ gekommen; sollte das hier nicht möglich sein? Ein Grund dafür, daß die gesammte Bearbeitung des bei den Landes⸗ Centralbel'örden gesammelten Materials in den Händen des eichs centralisirt werden solle, sei nicht angegeben. Diese tolossale Arbeit erfordere eine so große Vorübung, daß er nicht wisse, warum man die vorhandenen landesstatistischen Bureaus uͤbergehen und die Arbeit bei einer in dieser Be⸗ ziehung noch unerprobten Centralstelle des Reichs konzentriren wolle. Mit der Ueberweisung der Vorlage an eine Kom⸗

mission sei er einverstanden. Die Fortschrittspartei habe keine Ursache, sich vor der wissenschaftlichen Feststellung der wirklichen Verhältnisse zu scheuen. Je zuverlässiger die An⸗ gaben sein würden, desto mehr sei seine Partei überzeugt, daß die rückläufigen, abenteuerlichen Sozialprojelte ver⸗ schwinden würden.

Hierauf ergriff der Bevollmächtigte zum Bundesrath Staats⸗Minister von Boetticher das Wort:

Meine Herren! Ich beabsichtige nicht auf die Sache tiefer ein⸗ zugehen, der Herr Kommissarius des Bundesraths hat bereits erklärt, daß wir selbstverständlich nichts dagegen zu erinnern haben, wenn die Vorlage einer Kommission zur Vorberathung überwiesen wird, und bei dieser kommissarischen Berathung wird sich ja die Gelegenheit bieten, alle die Bedenken und Zweifel, die von den Herren Vor⸗ rednern bisher geäußert worden sind, zu beleuchten und, wie ich hoffe, zu erledigen.

Was mich bestimmt hat, jetzt um das Wort zu bitten, das ist ein Vorwurf, den der Herr Vorredner der Regierung gemacht hat, indem er äußerte, es sei im vergangenen Jahee bei der Beratbung des Unfallversicherungsgesetzes behauptet worden, daß ein ausreichendes statistisches Material vor der Herstellung des Entwurfs bereits vor⸗ gelegen habe und daß gleichwohl jetzt die Regierung mit der Forderung hervortrete, eine Berufsstatistik aufzunchmen.

Meine Herren, ich habe diesen Vorwurf bereits in der Presse ge⸗ lesen und ich bin bemüht gewesen, irgend eine Aeußerung vom Re⸗ gierungstisch aus den Verhandlungen des vorigen Jahres zu ermitteln, worin eine solche Behauptung enthalten wäre. Ich habe das nicht ver⸗ mocht, und in der That ist auch wiederholt und durch meinen Mund geäußert worden, daß wir nicht in der Lage seien, ein ausreichendes statistisches Material dem Hause vorzulegen, wie es für die Beur⸗ theilung der damaligen gesetzgeberischen Vorlage wünschenswerth gewesen wäre. Ich muß also dagegen protestiren, daß die Regierung im vergangenen Jahr etwas für vorhanden erachtet hat, was sie jetzt erst als herstellungsbedürftig bezeichnet. Dann, meine Herren, wünsche ich, da ich einmal das Wort habe, doch in Kurzem noch ein paar Be⸗ merkungen zu erledigen. Der Herr Vorredner hat davon gesprochen, daß man auf den Gedanken kommen könne, es liege in der Absicht, die Berufsstatistik zur Vorbereitung von Steuervorlagen zu benutzen, und es liege wenigstens nicht fern, daß die Besorgniß entstehe, es werde so tief in die individuellen Erwerbsverhältnisse der Bevölkerung ein⸗ gedrungen werden, daß eine solche Schlußfolgerung möglich sei.

Dies, meine Herren, ist in keiner Weise die Absicht; wir werden allerdings nicht umhin können, gewisse Fragen zu stellen, die sich auf den Betrieb innerhalb der einzelnen Industrie⸗ zweige richten, allein daraus folgt noch keineswegs, daß wir so weit gehen, das ergründen zu wollen, was jeder Geschäftsmann als sein Geschäftsgeheimniß anzusehen gewohnt und berechtigt ist. Die Arbeiten, die der Bundesrath vor hat in Bezug auf die Fest⸗ stellung der Formulare und in Bezug auf den Erlaß derjenigen Bestim⸗ mungen, die maßgebend sein sollen für die Erhebung und für die Verarbei⸗ tung des gewonnenen Zählungematerials, sind in diesem Moment noch gar nicht in Angriff genommen. Die Sache liegt augenblicklich so, daß das statistische Amt aufgefordert ist, Entwürfe für die Formu⸗ lare und für die Perscheclten. welche der Bundesrath demnächst zu erlassen haben wird, aufzustellen. Heute früh bin ich in den Besitz dieser Arbeiten des statistischen Amts gelangt. Dieselben sind noch nicht der Revision im Reichsamt des Innern unterzogen und noch weniger zur Vorlage an den Bundesrath gelangt. Ich glaube, indem ich mir ja natürlich offen halten muß, daß diese Formulare nach der einen oder anderen Richtung ergänzt werden, doch den Geist, in welchem diese ganze Arbeit unternommen worden ist, nicht deutlicher kennzeichnen zu können, als wenn ich die Rubriken des Aufnahmeformulars den Herren schon jetzt mittheile. Sie werden aus diesen Rubriken ersehen, daß in der That uns nichts ferner liegt, als einzudringen in solche Dinge, die man als Geschäfts⸗ geheimnisse zu betrachten gewohnt ist. Ich werde mir also erlauben, die laufenden Rubriken des von dem statistischen Amt entworfe nen Formulars vorzulesen.

Die Rubriken lauten: erstens Vorname; zweitens Familien⸗ name; drittens Verwandtschaft oder sonstige Stellung zum ausbaltungsvorstande; viertens Geschlecht; fünftens Alter; echstens Familienstand; siebentens Religionsbekenntniß; sodann Zeruf und zwar zunächst achtens: genaue Bezeichnung des Hauptberufszweiges; neuntes: Stellung im Hauptberuf (geschäft⸗ liches, Arbeits⸗ oder Dienstverhältniß); zehn und elf sind die Rubriken für Nebenberufe, und da lautet die Rubrik 10: genaue Be⸗ zeichnung der Nebenberufszweige; elftens Stellung in jedem Neben⸗ berufszweige (geschäftliches, 2 cbeits⸗ oder De e tng) Die Rubrik 12 handelt von dem vormaligen Berufe erstens bei solchen Personen, welche früher einen Hauptberuf ausgeübt haben, aber wegen hohen Alters oder in Folge von Verletzungen oder Krankheiten dauernd erwerbsunfähig geworden sind; zweitens bei Wittwen: der Hauptberuf des letztverstorbenen Ehemanns. Die Rubriken 13 und 14, welche nur auszufüllen sind für diejenigen Personen, welche aus einer in der beigefügten Anleitung näher angegebenen Veranlassung vorüberg⸗hend anwesend sind. In diesen Rubriken ist anzugeben, ob die betreffende Person anderswo eine Wohnung oder Schlafstelle hat, und zweitens, wenn mit Ja geantwortet wird, Ort und Land, wo die Wohnung oder Schlafstelle gelegen ist. Dann haben wir endlich noch die Rubriken 15 und 16, welche die Anzahl der nicht für Lohn arbeitenden oder dienenden Kinder unter 14 Jahren, und zwar ge⸗ ,5 nach Knaben und Mädchen, summarisch aufzunehmen be⸗ timmt sind. . Das ist vorläufig der Entwurf des Schemas und Sie werden

daraus erseben, daß darin keine der Industrie und dem Geschäfts⸗ betrieb schädlichen Fragen gestellt worden sind. Ob diese Fragen

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allerdings nach der Richtung, da beispielsweise in Bezug auf

. w., lasse ich vorläufig dahingestellt. Der Herr Vorredner und auch der 85 Abg. Ackermann haben sodann Bemerkungen gemacht über die Art der Verarbeitung des zu gewinnenden Zählmaterials. Auch in dieser Beziehung ist es keines⸗ wegs die Absicht, absolut centralistisch zu verfahren und das Mate⸗ rial an der Centralstelle ausschließlich verarbeiten zu lassen. Es ist sogar schon im Bundesrath „zur Sprache gekommen bei Berathung des Entwurfs, daß es wohl nützlich sein könne, in denjenigen Staaten, denen eigene statistische Burcaus zur Disposition stehen, die Bearbei⸗ tung dort vornehmen zu lassen, und der Entwurf von Vorschriften über die Verarbeitung des Zählmaterials, welcher im statistischen Amte aufgestellt ist, hat auch gerade diesen Modus der Verarbeitung vorgesehen; es ist darin beispielsweise ein Paragraph enthalten, welcher sich über die Kostenliquidation verbreitet, die im Falle der

Verarbeitung von den einzelnen Staaten aufzustellen sein werden.

Wie gesagt, meine Herren, Hintergedanken sind dieser Vorlage fern. Sie ist darauf gerichtet, ein Gesammtbild und ein voll⸗ ständiges Gesammtbild über die Erwerbsthätigkeit des Volkes zu verschaffen, und ich glaube nicht, daß irgendwelche Besorgnisse be⸗ steben können, die davon abhalten dürften, die Maßregel selbst zu be⸗

hließen.

Was demnächst den von verschiedenen Herren Vorrednern be⸗ sprachenen Strafparagraphen anlangt, so hat bereits der Herr Kom⸗ missarius darauf hingewiesen, daß in der That dieser Paragraph nicht ohne Vorgang ist. Er ist in dem Gesetz über die Aufnahme der Waarenstatistik enthalten, und wenn der Hr. Abg. Hirsch davon ge⸗ sprochen hat, daß es sich bei jener Aufnahme gerade um eine steuer⸗ liche Rücksicht handelt, welche hier nicht vorliege, so ist das nicht richtig. Die Waarenstatistik hat keine steuerliche Rücksicht, sohdenn hat den Zweck, die Ein⸗ und Ausfuhr im Lande estzustellen, und an anderer Stelle werde ich vielleicht noch Gelegen⸗ heit haben, darauf hinzuweisen, daß die Einnahme aus der statisti⸗ schen Gebühr kaum hinreicht, um die Kosten der Aufnahme des Waarenverkehrs zu decken. Von einer steuerlichen Rücksicht dabei kann also nicht gesprochen werden.

Wenn nun Bedenken getragen wird, eine Vorschrift, die eine Strafe androht, hier, wo es sich um die Aufnahme der Berufsstatistik handelt, zu erlassen, während eine gleiche Vorschrift für die Aufnahme der Bevölkerungsstatistik nicht besteht, so möchte ich doch darauf kurz hinweisen, daß gerade die bei der Bevölkerungsaufnahme gesammelten Erfahrungen die Nothwendigkeit einer solchen Strafvorschrift außer Zweifel stellt. Es ist, wie mir persönlich bekannt ist, vielfach nur mit sehr unangenehmem polizeilichem Druck möglich ge⸗ wesen, gewisse Angaben zu erhalten, die, wie unsere Zählkarten bei der Bevölkerungsaufnahme lauten, doch ganz gewiß unverfänglich sind, und ich ziehe es vor, von vornherein zu sagen: wir wollen den, der nicht beantwortet, der wissentlich falsch beantwortet, mit einer Strafe bedrohen, als daß wir nachher durch Polizeimaßregeln das erreichen, was wir erreichen müssen, wenn wir eine vollständige Statistik haben wollen.

Uebrigens ist Deutschland nicht das einzige Reich, für welches eine solche Vorschrift in Aussicht genommen wird. In Italien, wo nächstens eine allgemeine Bevölkerungsaufnahme stattfinden wird, ist in dem welches die Bevölkerungsaufnahme regelt, dieselbe Vorschrift enthalten, wie wir sie Ihnen vorschlagen.

Der Abg. Frhr. von Ow (Freudenstabt) erklärte, die Bedürfnißfrage werde allseitig anerkannt. Im Einzelnen seien in der Vorlage mannigfache Mängel und Unvollständigkeiten, die wohl in der Kommission Abhülfe finden würden. Nach den Auf⸗ klärungen, die der Staatssekretär über die Art der Erhebungen gene⸗ ben, wundere es ihn, weshalb man die Volkszählung des Vorjahres nicht gleichzeitig mit der Aufnahme dieser Berufsstatistik ver⸗ bunden habe. Das sei um so mehr zu bedauern, als 1880 das Bedürfniß nach einer solchen allseitig anerkannt sei. Auch im Interesse des finanziellen Gesichtspunktes wäre diese Ver⸗ bindung wünschenswerth gewesen. Der kleine Mann blicke mit Mißtrauen auf diese statistischen Erhebungen, in denen derselbe Vorbereitungen zu neuen Steuervorlagen sehe. Diesen Anlaß zur Unzufriedenheit habe man um so mehr zu beklagen, als derselbe von denjenigen Parteien, die sich zu den Oppositionsparteien rechneten, wiederholt benutzt werde, um Unzufriedenheit gegen die Reichs⸗ institutionen selber rege zu machen. Seine Partei werde dem Entwurf zustimmen, und zwar nicht blos, weil sie diese Statistik für ein dringendes Bedürfniß halte, sondern nament⸗ lich auch im vollen Vertrauen auf den Reichskanzler und die Reichsregierung. Seine Partei stimme demselben ebenso zu, wie sie dem Volkswirthschaftsrath zugestimmt habe. Er und seine politischen Freunde erhofften von dieser gesetzgeberischen Maßregel namentlich auch eine genauere Einsicht in die Be⸗ deutung des kleinen Grundbesitzes.

Der Abg. Meyer (Jena) sprach im Namen seiner politi⸗ schen Freunde sein Einverständniß mit den Erklärungen des Vorredners aus. Nach den Motiven hielte auch seine Partei eine Prüsung in der Kommission für nöthig; die heutigen Erklärungen des Staatssekretärs gäben der Sache einen anderen Charakter. Warum habe man diese Erhebungen nicht gleichzeitig im Vorjahr bei Gelegenheit der Volkszählung angestellt. Indessen, das sei jetzt vorüber. Die Strafbestim⸗ mungen enthielten ein vollständiges Blanket, das seine Partei nicht genehmigen könne. Er glaube, die Freiheits⸗ strafe lönne ganz wegfallen und die Geldstrafe erheblich ermäßigt werden. Er halte eine Kommission von 14 Mit⸗ gliedern für ausreichend. Was die an die Oppositionsparteien gerichtete Erklärung des Vorredners betreffe, so wisse er nicht, was derselbe unter Oppositionsparteien verstehe. Seines Wissens habe noch keine Partei die Unzufriedenheit mit stati⸗ stischen Maßnahmen dazu benutzt, Mißtrauen gegen die Re⸗ gierung zu säen.

Der Bundesraths⸗Kommissar Geheime Regierungs⸗Rath Bödiker entgegnete, die Gründe dafür, daß man im Vorjahr nicht gleichzeitig die Berufsstatistik aufgenommen, seien in den Motiven anfgesahrt. Es sei nicht gerathen erschienen, die Erhebungsformulare noch weiter zu kompliziren. Auch hätten sich die Vertreter der verschiedenen statistischen Behörden dae gegen erklärt. Was die Blanketstrafbestimmungen betreffe, so hätten dieselben in dem Polizeistrafrecht ihr Analogon.

Der Abg. Retter erklärte, daß er und seine Gescnnungs⸗ genossen auf die Berathung des Gesetzes eingehen wuͤrden, falls dasselbe an eine Kon mission verwlesen und der . 4 ent⸗ fernt werde. Er frage dann, ob der Werth des Viehes bei