1881 / 293 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 14 Dec 1881 18:00:01 GMT) scan diff

Vorauzszuschicken ist zunächst, daß wir dem Wortlaut des Auftrags gemäß es als unsere Aufgabe ansehen mußten, nur die bautechnischen Einrichtungen, welche die Verminderung der Feuersgefahr in Theatern bezwecken, in Betracht zu ziehen, nicht aber Vorschläge, welche lediglich Verwaltungsmaßregeln behandeln wie sie von der genannten Spezialkommission vermischt mit Vorschlägen für die bauliche Einrichtung gemacht worden sind einer weiteren Prüfung zu unterziehen. Wennschon wir uns nun nicht in der Lage sehen, uns Kennt⸗ niß zu verschaffen von dem Inhalt der zur Zeit überhaupt bestehenden baupolizeilichen Vorschriften, welche sich auf die Feuersicherheit der Theater beziehen, so gestattete doch die Un⸗ vollständigkeit und Unzulänglichkeit der zum Beispiel für Ber⸗ lin gültigen Vorschriften einen Rückschluß zu ziehen auf die Lage dieser Frage im Allgemeinen.

Die Baupolizeiordnung für die Stadt Berlin beschäftigt sich nur in 2 Paragraphen mit der Anlage und Einrichtung von Theatern:

§. 29. Entfernung von feuergefährlichen Gebäuden:

In der Nähe von Theatern und ähnlichen, besonders seuergefährlichen oder zur Aufbewahrung größerer Vorräthe leicht brennbarer Stoffe bestimmten Gebäuden bleibt es dem Ermessen des Polizei⸗Präsidiums vorbehalten, eine Entfernung von 4 Ruthen (15,1 m) für die nachbarlich zu erbauenden Gebäude zu verlangen. In größerer Nähe zur Feit schon bestehende Wohngebäude dürfen auf derselben Stelle wieder aufgeführt werden. Andererseits dürfen die Theater ꝛc. nur in einer Entfernung von 4 Ruthen (15,1 m) von anderen Gebäuden und von der nachbarlichen Grenze neu errichtet werden. Eine geringere Entfernung ist zulässig, wenn die in Rede stehenden Gebäude vollkommen feuersicher erbaut werden. Eine leichtere Bauart kann unter der Bedingung des Abbruchs oder des, den allgemeinen Vorschriften entsprechenden Umbaues nach dem Ermessen des Polizei⸗Präsidiums gestattet werden.

§. 3 der Ersatz⸗Verordnung und der Zusatzbestimmungen zu §. 30. In Theatern sind alle Treppen unverbrennlich, höchstens 60 Fuß (18,8 m) von einander entfernt, mit ge⸗ wölbten Vorfluren und Austritten im Dach anzulegen, welche nur mittelst eiserner, nach der Treppe sich öffnende, durch ihr eigenes Gewicht zuschlagender Thüren zugänglich sind.

Außerdem enthalten die inzwischen unterm 29. Juni d. Is. erlassenen, allgemeinen ortspolizeilichen Vorschriften über die Feuerpolizei in den Theatern Berlins, welche im Wesentlichen sich auf Verwaltungsmaßregeln beziehen, noch einige Anordnungen, welche die bauliche Einrichtung der Theater betreffen, und zwar:

I. Allgemeines. 1) Die Feuerlöscheinrichtungen sind nach Maßgabe der nordnung der Feuerwehr herzustellen und zu erhalten. II. Erleuchtung und Heizung.

1) Im Bühnenraum, in den Garderoben, Magazinen, im Malersaal und in den sonstigen Werkstätten dürfen nur un⸗

ewegliche Gasarme verwendet werden.

2) Sämmtliche Flammen sind durch Drahtkörbe zu

schützen und mindestens 90 cm von darüber liegenden Decken⸗ onstruktionen (ausschließlich Wölbungen) bezw. Holzwerk ent⸗ ernt anzubringen; außerdem ist ein genügend großer Schutz⸗ eckel zwischen Flamme und der darüber liegen den Decke ezw. dem Holzwerk, mindestens 15 cm von dem letzteren entfernt, herzustellen. Holzwerk, welches sich seitlich von den Fammen in einer geringeren Entfernung als 60 cm befindet, t durch Eisenblech in der Art zu schützen, daß zwischen di sem und dem Holzwerk die Luft zirkuliren kann.

3) Die untersten Flammen der Coulissenbeleuchtung müssen noch mindestens 1,20 m über dem Podium liegen.

4) Die Soffittenflammen sind nach allen Seiten voll⸗

ndig in der Weise zu schützen, daß kein Theil der Schutz⸗ hülle durch die ausstrahlende Wärme erhitzt wird. . . . .

8) Die Gasleitung ist so einzurichten, daß das Gas zum Bühnenraum mit den zugehörigen Räumen und zum Zuschauer⸗

raum je eine gesonderte Zuleitung erhält, welche jede für sich außerhalb des Theaters abgesperrt werden kann.

9) Bei Luftheizungen sind die Ausströmungsöffnungen,

n deren Nähe leicht brennbare Gegenstände weder zu legen zu stellen sind, mit feinmaschigen Drahtnetzen zu ver⸗ ehen. 1 10) Sofern die Heizung der Werkstätten und Garderoben durch Oefen erfolgt, dürfen nur Kachelöfen verwendet werden, deren Feuerungsöffnungen durch eiserne Schutzgitter oder Blechschirme besonders zu schützen sind.

11) Die Heizung der Magazine ist verboten. 1

III. Besondere Bestimmungen für das Bühnenhaus.

1) Das Bühnenhaus muß von massiven, feuersicheren Wänden mit Ausnahme der Prosceniumsöffnung um⸗ chlossen sein. 8 2) Die Prosceniumsöffnung muß durch einen Metall⸗ vorhang geschlossen werden können, welcher nur während der Vorstellung und während der Proben soweit es zu diesem Zweck erforderlich aufgezogen werden darf.

3) Sämmtliche Thür⸗ oder sonstige Oeffnungen, welche das Bühnenhaus mit den sonstigen Näumen des Gebäudes verbinden, sind feuersicher zu verschließen. Diese Verschlüsse vPlen sich nur nach außen öffnen und müssen von selbst zu⸗ fallen. 4) Die Magazinirung von Theatergegenständen ist auf der Bühne selbst, unter oder über derselben, unter oder über dem Zuschauerraum verboten.

11) Die Fenster der Garderoben dürfen nicht ver⸗ gittert sein.

IV. Bestimmungen für das Zuschauerhaus.

2) Die Treppen sind auch an der Wandseite mit festem Geländer zu versehen.

3) Alle Thüren müssen nach außen aufschlagen.

. 4) Etwaige Nothausgänge sind mit deutlicher Schrift als solche sn bezeichnen, der Verschluß derselben darf nur in einem einz zen oberen Schubriegel bestehen, welcher an der Innenseite der Thür in bequemer Höhe anzubringen ist. 5) Für die Garderobe des Publikums sind besondere Räume zu bestimmen, welche die Verkehrswege in keiner Weise hindern. Das Benutzen der Gänge und Ausgänge zum Auf⸗ hängen oder zum sonstigen Unterbringen von Garderobe ist unstatthaft. 7) Die Zugänge zum Dachboden sind durch eiserne Thüren abzuschließen, welche von selbst Eees. Durch diese nachträglichen Bestimmungen sind nun zwar für Berlin die bestehenden Baupolizeivorschriften in einigen entlichen Punkten ergänzt; es sind aber bei Weitem nicht vollständig alle Anordnungen in Betracht gezogen, welche nach unserer Ansicht in bautechnischer Beziehung bei der Anlage und Einrichtung von Theatern zur Vermeidung der Feuers⸗

gesahr berücksichtigt werden müssen; namentlich ist dies der Fall betreffs der Vorschriften über die Anlage der Treppen und Ausgänge für das Publikum. Da nun mit Sicherheit anzunehmen, daß wenn überhaupt so jedenfalls in weit geringerem Maße, als in Berlin, in den Provinzialstädten Sorge getragen ist für geeignete Schutzmaßregeln der Theater gegen Feuersgefahr, so scheint es bei der Wichtigkeit der Sache nicht länger aufschiebbar, Verbesserungsvorschlägen in dieser Beziehung näher zu treten.

Die Statistik der Theaterbrände, wie sie A. Fölsch in seinem Werk: „Theaterbrände und die zur Verhütung der⸗ selben erforderlichen Schutzmaßregeln“ giebt, beweist, daß die von Jahr zu Jahr zunehmende Zahl der Fälle, in denen Theater durch Feuer zerstört werden, nicht allein bedingt ist durch die Vermehrung der Theater überhaupt, sondern namentlich dadurch, daß in einer dem Fortschritt der Technik entsprechenden Weise für die Verminderung der Feuersgefahr nicht gesorgt ist, vielmehr in der Regel die nothwendigen Maßregeln zur Erreichung dieses Zweckes vernachlässigt worden sind. Nach ꝛc. Fölschs Angabe entfallen von 516 überhaupt bekannt gewordenen Theater⸗ bränden 426 auf die neuere Periode seit 1761, und seit 1871 durchschnittlich 13 auf jedes Jahr. Abgesehen von den materiellen Verlusten Fölsch berechnet den Betrag derselben für die letzten 30 Jahre auf nicht weniger als 250 Millionen Mark sind es namentlich die beklagenswerthen großen Verluste an Menschenleben, welche dringend Verbesserung der Schutzmaßregeln gegen Feuersgefahr fordern. Die Fälle, in denen der Brand während der Vorstellung entstanden ist, sind viel häufiger, als in der Regel angenommen wird. Unter 289 Fällen, für welche die Zeit des Beginnes des Brandes über⸗ haupt sich hat ermitteln lassen, befinden sich 36, also 12,4 Proz., in denen das Feuer während der Vorstellung ausgebrochen ist und mehr oder weniger große Berluste an Menschenleben herbeigeführt hat. Katastrophen, wie sie in Quebec 1846, Karlsruhe 1847, Brooklyn 1876 und neuerdings in Nizza stattgehabt haben, sordern dazu auf, daß jedes mögliche Fsäe angewendet werde, um ähnliche Vorkommnisse zu ver⸗ meiden.

Wir sind deshalb der Ansicht, daß alle Veranlassung vorliegt, die bestehenden baupolizeilichen Vorschriften zu ver⸗ schärfen und zu ergänzen.

In erster Linie ist dabei Sorge zu tragen, daß die nöthigen Maßregeln zum Schutz von Menschenleben getroffen und mit Strenge durchgeführt werden. Hierzu sind besonders zu rechnen die Anlagen der Korridore, Treppen und Aus⸗ gänge, sowie die Einrichtungen zum sicheren Abschluß der Menschen gegen den Heerd des Feuers.

In zweiter Linie sind die Anordnungen zu berücksichtigen, welche den Schutz der Nachbargebäude bezwecken. Hier handelt es sich im Wesentlichen um die Lage der Theater zu den Nachbargebäuden.

In dritter Linie endlich stehen die Maßregeln zum Schutze der Theatergebäudz an sich, um deren vollständige Zerstörung zu verhinderng Hierbei kommt namentlich die Art der Konstruktionen und die Einrichtung der Feuerlösch⸗Apparate in Betracht. Bestimmt formulirte baupolizeiliche Vorschriften unter Angabe von Zahlen und Maßen zu entwerfen, schien uns nicht möglich,/ ohne per nach unserer Ansicht dabei nöthigen Mitwirkung voneuerwehr⸗ und Bühnentechnikern vorzugreifen. Wie bei des Fassung des oben angeführten Paragraphen 29 der Berliner Baupolizeiordnung, be⸗ treffend die Entfernung der Theater von Nachbar⸗ gebäuden, wird auch bei einer neuen Bearbeitung allgemeiner Polizeivorschriften den Behörden für die Entscheidung in jedem einzelnen Fall ein ziemlich weiter Spielraum ge⸗ lassen werden müͤssen; namentlich bei den nothwendigen Veränderungen in bereits vorhandenen Theatern. Als wünschenswerth aber ist zu bezeichnen, daß die Vorschriften möglichst bestimmt und allgemein gültig formulirt werden, wenigstens betreffs der zur Sicherheit des Publikums dienen⸗ den Anordnungen. Die Ausarbeitung dieser Vorschristen dürfte einer Spezialkommission zu übertragen sein, in welcher wie gesagt neben Architekten, auch Feuerwehr⸗ und Bühnentechniker vertreten sein müßten.

Wir haben indeß nicht unterlassen, in der Anlage ein möglichst vollständiges und übersichtlich geordnetes Verzeichniß von allen denjenigen Anordnungen aufzustellen, welche in bau⸗ technischer Beziehung zum Zweck der Verminderung der Feuers⸗ gefahr in Theatern in Frage kommen können, und im Ein⸗ zelnen Erläuterungen hinzugefügt, welche geeignet sein möchten, den Berathungen der Spezialkommission als Unterlage zu dienen und den Abschluß derselben zu sördern und zu erleich⸗ tern. Dabei wird es sich eventuell empfehlen, den der Kom⸗ mission zu ertheilenden Auftrag auszudehnen auf die Formu⸗ lirung allgemein gültiger Verwaltungsvorschriften, betreffend die Behandlung, Unterhaltung und Kontrole der zum Schutz der Theater gegen Feuersgefahr dienenden Einrichtungen, so⸗ wie die Vorschriften, welche geeignet sind, die Entstehung eines Brandes überhaupt zu verhüten.

Königliche Akademie des Bauwesens. 1“ Herrmann. 3 8

Zusammenstellung der Anordnungen und Einrichtungen, welche in bautechnischer resp. özuolteiliche Beziehung zur Verminderung 28 Feuersgefahr in Theatern ienen.

I. Betreffend die Lage der Theater.

Größere Theater sind auf freien Plätzen in möglichst großer Entfernung von Nachbargebäuden aufzuführen. Nach §. 29 der Baupolizeiordnung für Berlin sind Theater⸗ neubauten 15,1 m von anderen Gebäuden und von der nachbarlichen Grenze zu errichten. Eine geringere Ent⸗ fernung ist dabei zulässig, wenn die Nachbargebäude voll⸗ kommen feuersicher erbaut sind. (Nach der Polizeivorschrift für Paris genügen 3; m Entfernung, wenn die Nachbar⸗ gebäude Brandmauern haben). Beim Neubau kleiner Theater wird der Zusammenbau mit Nachbarhäusern zu gestatten sein, wenn hinreichend starke Brandmauern aufgeführt werden. Ein Minimalmaß von 25 cm wie es die Pariser Polizei⸗ verordnung vorschreibt wird sich dabei zur Annahme empfehlen. Die wünschenswerthe Höhe der Brandmauern über Dach giebt Fölsch auf 2 m an. Ein geringeres Maß, etwa 0,50 ,60 m dürsfte genügen. Wenn bargebäaude vorhandener Theater nur durch schmale Gassen oder Höfe von derselben getrennt sind, so empfiehlt sich vorzuschreiben, daß alle gegen das Theater hinausgehenden Fenster⸗ und Thür⸗ öffnungen der Nachbarhäuser durch eiserne Laden oder Ja⸗ lousien verschließbar sein müssen. 8

II. Betreffend die Konstruktion der Theater im Allgemeinen. Die Umfassungs⸗ und Scheidewände sind massiv von

Mauerwerk aufzuführen. Die Zwischendecken sind, soweit

thunlich, feuersicher herzustellen, namentlich alle Korridore zu überwölben. Für die Dachkonstruktion ist Eisen zu wählen, und die Anwendung von Holz thunlichst zu vermeiden. (Die Pariser Baupolizeiordnung schreibt auch für den Plafond 8

über dem Zuschauerraum eine feuersichere Konstruktion ganz in Eisen und Gips vor.) Soweit Holz überhaupt bei Kon struktionstheilen zur Anwendung kommt, empfiehlt es sich, dasselbe mit Flammenschutzmitteln zu imprägniren Versuche, die mit einem solchen Präparat von Fölsch

in Frankfurt a. M. im vergangenen Jahre in Berlin ange⸗

stellt sind, haben ein sehr günstiges Resultat ergeben. Wenn die Anwendung desselben für Coulissen, Requisiten und Garde⸗

robestücke auf vielleicht berechtigten Widerstand gestoßen

ist, so hindert doch nichts, dies Mittel zum Imprägniren von hölzernen Konstruktionstheilen zu verwenden. III. Betreffend die innere Einrichtung der Theater.

Der Zuschauerraum einerseits, die Räume für das

Theaterpersonal andererseits müssen von der Bühne durch

Brandmauern getrennt werden. Die darin befindlichen Thüren

sind von Eisen mit selbstthätigem Verschluß anzuerdnen.

Die Bühnenöffnung muß durch einen eisernen Vorhang zu schließen sein. Die Nützlichkeit eines eisernen Vorhanges ist von mehreren Seiten bestritten. Er ist aber zweifellos das vorzüglichste Mittel, um die Panik des Publikums beim Aus

bruch eines Feuers auf der Bühne zu verhüten. Eingezogenen Erkundigungen nach hat ein solcher Vorhang in neuerer Zeit im

Hof⸗Theater in München und im neuen Theater zu Frank⸗

furt a. M. vortreffliche Dienste geleistet. Er verhindert zudem das Eindringen von Rauch in den Zwischenraum, während, wenn er fehlt, von der starken Luftströmung über dem Kronen⸗ leuchter die Feuergase in den Zuschauerraum hineingezogen

werden.

Die Verbindung von Dekorationsmagazinen mit den

Theatern ist zu vermeiden und die Anlage von Dienst⸗ wohnungen in denselben thunlichst einzuschränken.

feuersicher erbaut und unterwölbt, mit graden Läufen ohne

Wendelstufen angelegt und mit starkem Handgeländer auf beiden Seiten versehen werden. Was speziell die Treppen für

das Zuschauerhaus anlangt, so ist zu bemerken, daß sie leicht

mittelbar ins Freie gelangt.

Für die Breite der Tre verlangt die Pariser

Baupolizei⸗Ordnung als

geringstes Maß für die oberen Laufe 1,5 m, für die unteren, entsprechend der größeren Zahl der hier zusammenströmenden 8

Theaterbesucher eine angemessene Verbreiterung. Für die Breite der Gänge im Parquet, sowie für die Gesammtbreite der Ausgänge nach dem Korridor wird ein bestimmtes Ma

vorzuschreiben sein, welches zur Zahl der Plätze im Verhältniß

stehen muß. (Die Baupolizei⸗Ordnung für Paris verlang allgemein entweder einen Mittelgang von 1,30 m, oder 2 Seiten gänge von 1 m Breite und für die Ausgänge auf die Korri⸗ dore [möglichst nahe dem Ausgangsvestibüle] eine Gesammt⸗ breite von 6 m). Die Korridore in allen Rängen sind aus

reichend breit anzulegen und dürfen nicht zugleich als Garderobe

dienen. Diese sind vielmehr unmittelbar neben den Korridoren und so anzulegen, daß jede Gegenströmung vermieden wird. Die Thüren sämmtlicher Ausgänge müssen nach außen aufschlagen. Sind die Thüren zweiflüglich, so muß der fest⸗ stehende Flügel auf nöglichst leichte Weise zu öffnen sein. Die Pariser Vorschristen verlangen für die Gesammtbreite der Ausgänge auf die Straße 6 m pro 1000 Personen, für je 100 mehr 0,60 m Verbreiterung. Fölsch giebt zu der gleichen Zweck 2 m Breite für 500 Personen, für je 100 mehr 35 cem Verbreiterung an. Er betrachtet dabei maßgebend, daß das Haus unter gewöhnlichen Verhältnissen in 4 4 ½ Minuten sich müsse entleeren können. 8

Die Aus änge und Treppen sollen serner möglichst abge⸗

wandt von der Bühne angelegt werden, so daß das Publikum beim Ausbruch eines Brandes nicht gezwungen wird, sich dem Feuer zu nähern, sondern sich von demselben entfernend ins Freie gelangt. 1 Die Fenster dürfen überall nicht vergittert sein. Na der Pariser Polizeiverordnung sollen ohne Rücksicht auf das Aussehen an den Seitenfronten und in den inneren Höfen der Gebäude eiserne Leitern angebracht werden, die dem PGublikum im Falle der Noth das Entweichen erleichtern.

Alle Zugänge zu den Dachböden sind durch eiserne Thüren

abzuschließen, welche von selbst zufallen. Die Gasleitung ist in 3 selbständige Gruppen für Zu⸗ schauerraum und Zubehör, für die Bühne und für di Verwaltungsräume zu zerlegen. Als Material für die Rohr⸗ leitungen darf nur Eisen zur Verwendung kommen. Die Gasarme sind, so viel zulässig, unbeweglich anzulegen. Im

Uebrigen cf. die allgemeinen ortspolizeilichen Vorschriften I die Feuerpolizei in den Theatern Berlins vom 29. Juni d. ZJZ.

sub gl. 1, 2, 3 und 8. Die Pariser Vorschrist verlangt außerdem, daß die Coulissen⸗Beleuchtung mit nach unten bren⸗ nenden Flammen und mit Gittern umgeben werden soll; fer⸗ ner, daß die Leitungen für elektrische Beleuchtung, welche im Falle einer Unterbrechung sehr hohe Temperaturen annehmen, in unverbrennbaren Haltern isolirt sein sollen.

Für die Heizungen sind Centralanlagen zu wählen. Eiserne Oefen sind unter allen Umständen zu verbieten. cf. die eben genannten Vorschriften für Berlin vom 29. Juni d. J. sub II. 9, 10.

Die Theater sind mit Wasserleitung von hohem Druck in allen Theilen auszustatten. Wo der Druck nicht groß genug ist, um die höher gelegenen Theile des Gebäudes zu erreichen, sind über Dach Reservoire von ausreichendem In⸗ halt, eventuell auch sogenannte Kompressoren anzulegen. ie Standhähne sind in hinlänglicher Anzahl und ein Theil der⸗ selben möglichst nahe den Treppen anzulegen, damit die Lösch⸗ mannschaft thunlichst lange auf ihren Posten ausharren kann. Die mehrbezeichneten Vorschriften vom 29. Juni d. J. be⸗ stimmen für Berlin, daß die Feuerlöscheinrichtungen nach Maßgabe der Anordnung der Abtheilung für Feuerwehr her⸗ zustellen und zu erhalten sind. Es erscheint wünschenswerth, daß bestimmte Prinzipien in dieser Beziehung festgestellt werden.

Gegen die Anlage eines sogenannten Bühnenregens haben sich viele Stimmen geltend gemacht. Er ist indeß in mehreren Theatern (z. B. München, Gotha, Frankfurt a. M.) ausgeführt und hat in einigen Fällen gute Dienste e Gerechtfertigt ist vielleicht der Vorwurf, daß der Apparat

Ee trifft, wo es zur Wirkung kommen soll.

Ganz besondere Sorgfalt ist auf die Anlage der Treppen, Korridore und Ausgänge zu verwenden. Die Treppen müssen

findbar und so anzulegen sind, daß das Publikum möglichst in 3 radialer Richtung das Theater verläßt und beim Austritt un⸗

ist, das Wasser also nicht gerade die Dagegen bietet der Apparat den Vortheil, daß er selbstthätig weiter fungirt, wenn bereits die Löschmannschaft vor dem Feuer aus dem Innern des Gebäudes sich hat zurückziehen müssen. Daß dieser Apparat nicht regelmäßig geprobt werden kann, ohne durch die große Menge ausströmenden Wassers im Bühnenhause Schaden anzurichten, ist freilich ein Uebel⸗ stand. Zu bemerken ist aber, daß wenn die Rohrleitungen aus Kupfer hergestellt sind, ein Zurosten der feinen Oeffnun⸗ gen nicht zu befürchten steht. Ebensowenig ist wahrscheinlich, daß durch Staub oder auf andere Weise die Oeffnungen in dem Maße verstopft werden könnten, daß das Ausströmen des Wassers dadurch verhindert werden könnte. Hiermit sind die wesentlichsten Punkte berührt, welche betreffs der bautechnischen Anordnungen und Einrichtungen zur Verminderung der Feuersgefahr in Theatern zur Sprache kommen können. Welchen Einfluß eventuell die Einführung der ausschließlichen Beleuchtung durch elektrisches Licht in Bezug auf die vorlie⸗ gende Frage ausüben wird, läßt sich zur Zeit noch nicht über⸗ sehen. Bemerkt sei noch, daß eine Trennung der Vorschriften nach den in dem Gutachten bezeichneten 3 Gesichtspunkten nicht wohl möglich sein wird, weil die nothwendigen Maß⸗ regeln für den einen und den andern Fall in einander über⸗ greifen. Es wird indeß nicht schwer sein, nach den gegebenen Erläuterungen in jedem einzelnen Falle die unerläßlichen Be⸗

wer zu

dingungen genau zu bezeichnen.

Königliche Akademie des Bauwesens. Herrmann.

Der Minister des Innern hat an den Polizei⸗Präsidenten

von Madai nachstehende Versügung erlassen: Berlin, den 12. Dezember 1881.

Mittelst diesseitigen Erlasses vom 18. November d. J. sind Ew. Hochwohlgeboren ersucht worden, die Einrichtungen der hiesigen öffentlichen Theater und ähnlicher Loka⸗ litäten hinsichtlich ihrer Feuergefährlichkeit nach den Seitens der Akademie des Bauwesens aufgestellten allge⸗ meinen Grundsätzen einer Revision zu unterziehen, auch nach dem Vorschlage der gedachten Akademie die Bildung einer mit der Berathung der Maßregel zum Schutze des Publi⸗ kums gegen Feuersgefahr zu beauftragenden Spezial⸗Kommis⸗ sion für die Stadt Berlin in Erwägung zu ziehen und her⸗ beizuführen.

Die inzwischen eingetretene erschütternde Katastrophe im Ring⸗Theater in Wien giebt mir Veranlassung, Ew. Hoch⸗ wohlgeboren auf das Dringendste zur Pflicht zu machen, die angeordneten Revisionen schleunigst durchzuführen und auf alle hiesige Theater und ähnliche Lokalitäten ohne irgend welche Ausnahme zu erstrecken. Ich erwarte, daß Sie je nach dem Befunde und nach der durch die Konstruktion der betreffenden Gebäude bedingten Möglichkeit sofort die als erforderlich erkannten Maßregeln zum Schutze des Publikums anordnen werden, insbesondere was die Feuerlösch⸗Einrichtun⸗ gen, die Anlagen der Korridore, Treppen und Ausgänge, die Ein⸗ richtungen zum sicheren Abschluß der Menschen gegen den Heerd des Feuers, die Gaseinrichtungen im Innern des Gebäudes und die gesonderte Erleuchtung der Zugangsräume betrifft. Die bei dem Brandunglücke im Wiener Ring⸗Theater ge⸗ machten Erfahrungen haben indeß ergeben, wie leicht im Augenblicke der Gefahr die gehörige Anwendung der bestehen⸗ den Schutzmaßregeln verabsäumt oder unterlassen wird. Ew. PLE“ werden daher ihr besonderes Augenmerk darauf zu richten haben, in welcher Weise die Ausführung der zur Sicherheit des Publikums getroffenen Einrichtungen sichergestellt und kontrolirt werden kann. Es erscheint er⸗ forderlich, daß vor dem Beginn jeder Theater⸗ ꝛc. Vorstellung konstatirt werde, ob die angeordneten Schutz⸗ und Sicherheits⸗ Apparate sich in dem gehörigen Zustande befinden und ob die in dieser Beziehung getroffenen Maßregeln zur Aus⸗ führung gelangt sind. Ferner ist dafür zu sorgen, daß ge⸗ eignete Personen ausschließlich dazu bestimmt werden, während der Zeit, in welcher die betreffenden Räume dem Publikum geöffnet sind, die angeordneten Schutzmaßregeln zur

and haben und sich während dieser Zeit an derjenigen

Stelle aufzuhalten, wo die Maßregeln zu ergreifen, also wo z. B. der betreffende Schutzapparat in Bewegung zu setzen ist. Hierbei kann ich nicht unbemerkt lassen, daß anscheinend die in den hiesigen Theatern, neben den gewöhnlichen angebrachten außerordentlichen Ausgänge nicht überall für das Publikum leicht zu erkennen und aufzufinden sind.

Bei der hohen Wichtigkeit der Sache für die Sicherheit der gesammten Einwohnerschaft der Residenz kann ich nicht umhin, mich an Ew. Hochwohlgeboren persönliche Verantwort⸗ lichkeit in dem Sinne zu wenden, daß die Durchführung der in Rede stehenden Maßregeln mit der größten Sorgfalt und Strenge geschehe. Ueber die Ausführung des gegenwärtigen Erlasses sehe ich Ihrem gefälligen Berichte ergebenst entgegen.

Der Minister des Innern. von Puttkamer.

Ppersonalveränderungen.

Königlich Preußische Armee.

Ernennungen, Beförderungen und Versetzungen. Im aktiven Heere. Berlin, 8. Dezember. EErhr. v. Secken⸗ dorff, Rittm. vom Ulan. Regt. Nr. 6, unter Entbind. von dem Kommando als Adiut. bei dem Generalkommando des VIII. Armee⸗ Corps, dem Regt. aggregirt. v. Kröcher, Rittm. vom Ulan. Regt. Nr. 15, in das Ulan. Regt. Nr. 9 versetzt und zugleich in seinem Kommando als Adjut. von der Kav. Div. des XV. Armee⸗Corps zum Generalkommando des VIII. Armee⸗Corps übergetreten. v. Oertzen, Fützmeüfdr und Escadr. Chef vom Ulanen⸗Regiment Nr. 11, als Adjutant zur Kavall. Div. des XV. Armee⸗Corps komman⸗ dirt. Baron v. Schwartzenberg⸗Hohelandsberg, Pr. Lt. vom Garde⸗Hus. Regt., unter Beförder. zum Rittm. und Escadr. 8 in das Ulan. R. st. Nr. 11 bersett Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg⸗Schwerin Hoheit, Pr. Lt. à la zuite des Garde⸗Hus. Regts., unter Belass. à la suite des Jäger⸗ Bats. Nr. 14, in das Garde⸗Hus. 82 einrangirt. v. Vincenti, Königl. bayver. Sec. Lt. a. D., zuletzt im dortigen 3. FM E.,Eher in der preuß. Armee, und zwar als Sec. Lt. mit Patent vom 27. No⸗ vember 1876, im Feld⸗Art. Regt. Nr. 23 angestellt.

SIeneg. Im aftsses Heezs. Berlin, 8. Dezember. Bothe, Sec. Lt. vom Inf. Regt. Nr. 70, mit Pens., Sitz, Föonfe⸗ vom Art. Depot zu Coblenz, mit Pens. nebst Aus⸗ sbc im Civildienst und seiner bisher. Unif., der Ab⸗

ed bewilligt.

Im eurlaubtenstande. Berlin, 8. Dezember. Liebrich, Sec. Lt. von der Landw. Inf. des Res. Landw. Regts Nr. 35, der Abschied bewilligt. 1AX“

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2

XIII. (Königlich Württembergisches) Armee⸗Corpsz.

Ernennungen, Beförderungen und Versetzungen. Im aktiven Heere 5. Dezember. v. Donat, Pr. Lt. im Inf. Regt. Nr. 122, in das Inf. Regt. Nr. 126, Haag, Pr. Lt. im Inf. Regt. Nr. 126, in das Inf. Regt. Nr. 122 versetzt.

Abschiedsbewilligungen. Im aktiven Heere. 5. De⸗ zember. Frhr. v. Palm, Sec. Lt. im Ulan. Regt. Nr. 19, Hoff⸗ mann, Sec. Lt. im Inf. Regt. Nr. 126 behufs Uebertritts in Königl. preuß. Dienste der Abschied bewilligt.

Im Beurlaubtenstande. 5. Dezember. Sigel, Sec. Lt. von der Landw. Inf. des Res. Landw. Bats. Nr. 127, behufs Aus⸗ wanderung der Abschied bewilligt. 8

Im Sanitäts⸗Corps. 5. Dezember. Dr. Leisinger, Ober⸗Stabsarzt 1. Kl. und Regts. Arzt im Ulan. Regt. Nr. 19, der Abschied mit Pens. und mit der Unif. des Sanitäts⸗Corps bewilligt.

Herzoglich Braunschweigisches Kontingent. Dezember. Dr. Henking, Assist. Arzt 2. Kl. im Hus. Regt. Nr. 17, zum Assist. Arzt 1. Kl., mit Patent vom 7. Dezember cr., befördert.

Nichtamtliches. Deutsches NReich. .

Preußen. Berlin, 14. Dezember. Se. Majestät der Kaiser und König nahmen heute den Vortrag des Wirk⸗ lichen Geheimen Raths von Wilmowski entgegen 9

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In der unter dem Vorsitze des Staats⸗Ministers von Boetticher am 13. Dezember abgehaltenen Plenarsitzung des Bundesraths wurden zunächst die Vorlagen, betreffend die Form der Marschrouten für Kriegsveryältnisse, einige Aenderungen des amtlichen Waarenverzeichnisses zum Zoll⸗ tarif, die Erhebung von Nachsteuer aus Anlaß des Zollanschlusses der Unterelbe und die Zulassung fremder Schiffe zur deutschen Küstenfrachtfahrt, den zuständigen Ausschüssen überwiesen. Ueber mehrere Gesuche um Zulassung zur Schifferprüfung wurde gemäß den Anträgen der Ausschüsse Beschluß gefaßt und über einen aus diesem Anlaß gestellten Antrag der Ausschüsse, be⸗ treffend die Vereinfachung des bei der Behandlung derartiger Gesuche künftig zu beobachtenden Verfahrens, die Beschluß⸗ fassung ausgesetzt. Die Versammlung erklärte sich da⸗ mit einverstanden, daß, Falls der Reichstag über die Vorlage wegen Erwerbung eines Bauplatzes für das Reichstagsgebäude die Anwendung des in §. 23 der Ge⸗ schäftsordnung für den deutschen Reichstag vorgesehenen ab⸗ gekürzten Verfahrens beschließen sollte, Namens des Bundes⸗ raths hierzu die nach §. 25 der gedachten Geschäftsordnung erforderliche Zustimmung ertheilt werde. Auf die Eingabe einer Handelskammer, betreffend die Einziehung der Reichskassen⸗ scheine zu 5 und 20 ℳ, wurde beschlossen, an dem dieserhalb gefaßten Beschlusse des Bundesraths vom 25. Juni d. J. festzuhalten. Schließlich wurden für die Berathungen im Reichstage mehrere Kommissarien ernannt und einige Ein⸗ gaben den zuständigen Ausschüssen überwiesen.

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für Zoll⸗ und Steuerwesen und für Rechnungswesen sowie die vereinigten Ausschüsse für das Landheer und die Festungen und für Handel und Verkehr hielten heute Sitzungen.

Der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Reichstags befindet sich in der Ersten Beilage.

Durch Allerhöchste Kabinetsordre vom 13. d. Mts. ist der General⸗Lieutenant von Berken, Kommandant von Berlin, zum Commandeur der 29. Division, und der General⸗ Major von Winterfeld, bisher Commandeur der 9. Ka⸗ vallerie⸗Brigade, zum Kommandanten von Berlin ernannt worden.

Ein Rappier, d. h. ein zu Fechtübungen bestimmtes Instrument, ist nach einem Urtheil des Reichsgerichts, II. Strafsenats, vom 21. Oktober d. J., keine Waffe im Sinne des Sozialistengesetzes, und es erstreckt sich somit das Verbot des Waffentragens beim kleinen Belagerungszustand nicht auf Rappiere.

Der Disziplinarhof für nichtrichte rliche Be⸗ amte trat heute zu einer Sitzung zusammen.

Cassel, 13. Dezember. In der heutigen Sitzung des Kommunal⸗Landtages wurde ohne Debatte einstimmig beschlossen, den Landes⸗Direktor von Bischoffshausen, gemäß dem von demselben eingereichten Pensionirungsgesuche, in dank⸗ barer Anerkennung der dem Kommunalverbande geleisteten Dienste unter Bewilligung eines Ruhegehalts von jäahrlich 5400 sowie einer eventuell an seine Wittwe zu zahlen⸗ den Wüttwen⸗Pension von jährlich 800 vom 1. Mai 1882 ab aus dem kommunalständischen Dienste zu entlassen.

Sigmaringen, 11. Dezember. Heute Mittag 11 ½ Uhr wurde der auf Befehl Sr. Majestät des Königs einbe⸗ rufene 88 enzollernsche Kommunal⸗Landtag im Sitzungssaale des hiesigen Ständehauses durch den Königlichen Landtags⸗Kommissar, Regierungs⸗Präsidenten Graaf, in herkömmlicher Weise eröffnet.

Bayern. München, 13. Dezember. (W. T. B.) Bei den heutigen Ergänzungswahlen zum Gemeinde⸗ rath siegte die katholisch⸗konservative Partei in 9 von 10 Bezirken mit 18 Bevollmächtigten gegen 2 Liberale.

Sachsen. Dresden, 13. Dezember. (Dr. J.) Die Zweite Kammer verwies in ihrer heutigen Sitzung einen Gesetzentwurf, betreffend Errichtung von Familienanwart⸗ schaften an Lehrer, an die Gesetzgebungsdeputation. Eine Petition der Stadt Zittau und Umgegend um Errichtung eines Landgerichts in Zittau wurde, nachdem mehrere lausitzer Abgeordnete sich warm für dieselbe verwendet, andere aber die gegen eine solche Maßregel sprechenden Bedenken hervorgehoben hatten, der Staatsregierung ur Erwägung überwiesen. Derselbe Beschluß wurde nach Debatte gefaßt bezüglich einer Petition des Gemeinde⸗ raths zu Plauen bei Dresden auf Aufhebung der Bestimmung in Absatz 2 des §. 23 der revidirten Landgemeindeordnung und §. 30 der revidirten Städteordnung, nach welchen bei der von den Gemeinden erhobenen Einkommensteuer festes Diensteinkommen, Wartegeld und Pension nur zu in An⸗ schlag zu bingen sind.

Hamburg, 12. Dezember. (Hamb. Corr.) Der Senat hat heute die Bürgermeisterwahlen für das Jahr 1882 vorgenommen und für diesen Zeitraum den Bürgermeister

Dr. Petersen zum Zweiten Bürgermeister erwählt. Der gegenwärtige Erste Bürgermeister Dr. Kirchenpauer konnte nach

abermaliger zweijähriger Verwaltung des Bürgermeisteramtes

nicht unmittelbar wieder gewählt werden.

Der Senat veröffentlicht solgende Bekanntmachung, betreffend den Anschluß der Unterelbe undeinige LEEI1öu Elbinseln an das Deutsche Zoll gebiet:

Der Bundesrath hat in der Sitzung vom 8. d. M. beschlossen, daß derjenige Theil der Unterelbe, einschließlich der auf demselben befindlichen Elbinseln vom 1. Januar 1882 ab dem deutschen Zoll⸗ gebiet angeschlossen werden soll, welcher durch die nachstehend be⸗ schriebenen beiden Zolllinien begrenzt wird.

Am Ausflusse der Elbe beginnt die neue Zollgrenze bei den Ufer⸗ werken am Quarantainehafen von Cuxhaven an dem durch eine Zoll⸗ tafel bezeichneten Punkte im Anschlusse an die bisherige Zolllinie und führt in gerader Linie zum westlichen Punkte des Kaiser Wilhelm⸗ Koogs, wo sie sich mit der bisherigen Zollgrenze wieder vereinigt.

Von Altona läuft die neue Zollgrenze im Anschlusse an die bis⸗ herige von dem die Gemeindegrenze zwischen Altona und Neumühlen bezeichnenden Grenzsteine XII. längs der nördlichen Einfriedigung des Neumühlener Quais bis zu dem auf der Mitte desselben durch eine Zolltafel bezeichneten Punkte und von hier aus in gerader Linie über den Quai und die Elbe bis zu dem am Ufer des Mühlenwärder durch eine Zolltafel bezeichneten Punkte. Von hier aus läuft die Zollgrenze längst des westlichen Ufers des Köhlbrands bezw. der öst⸗ lichen Seite der in das Zollgebiet einzuschließenden Elbinseln Mühlen⸗ wärder, Waltershof und Altenwärd er, das Mühlenfleth und Köhlfleth überschreitend, bis zur südöstlichen Spitze von Altenwärder. Sodann überschreitet die Zollgrenze, indem sie sich am nördlichen Ufer der Kleinen Kattwick hinzieht, die alte Süder⸗Elbe und mündet bei dem mit einer Zolltafel bezeichneten Punkte des Landungsdammes bei dem Nebenzollamte zu Moorburg in die bisherige Zollgrenze.

Die bisherige Zollgrenze am linken Elbufer vom Landungs⸗ damme beim Nebenzollamt zu Moorburg bis unmittelbar oberhalb Cuxhaven und am rechten Elbufer vom Neumühlener Quai bis zum Kaiser Wilhelms⸗Koog wird mit dem Eintritt des Zollanschlusses aufgehoben.

Das anzuschließende Gebiet gehört dem Grenzbezirk an.

Vorstehendes wird mit dem Bemerken zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß die Verwaltung der Zölle und indirekten Abgaben in den dem Zollgebiete anzuschließenden hamburgischen Gebietstheilen, nämlich Finkenwärder (hamburgischer Theil), Dradenau, Waltershof, Mühlenwärder, Kleine Kattwick und was dem anhängig, auf Preußen übertragen ist. Die anzuschließenden Gebietstheile gehören zum Ge⸗ schäftsbezirk der Provinzial⸗Steuer⸗Direktion in Hannover.

Die zollamtliche Behandlung der Waaren⸗Ein⸗, Aus⸗ und Durch⸗ fuhr auf dem dem deutschen Zollgebiet angeschlossenen Theile der Unterelbe wird nach Maßgabe des nachstehenden, vom Bundesrathe festgestellten Regulativs erfolgen, welches mit dem 1. Januar 1882 in Wirksamkeit tritt.

Gegeben in der Versammlung des Senats.

Hamburg, den 12. Dezember 1881.

(Folgt das Regulativ, betreffend die zollamtliche Behandlung der Waaren⸗Ein⸗, Aus⸗ und Durchfuhr auf dem zum deutschen Zollgebiet gehörigen Theile der Unterelbe.)

8 Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 13. Dezember. (W. T. B.) Das Abgeordnetenhaus nahm die Wehrgesetznovelle im

Sinne der Anträge der Regierung an; das provisorische

Budgetgesetz wurde ebenfalls genehmigt, nachdem Plener Namens der Linken gesprochen hatte. Der Finanz⸗Minister erklärte gegenüber den Angriffen Pleners, daß die Regie⸗ rung sich nicht bei jeder Gelegenheit in eine allge⸗ meine politische Debatte einlassen könne, weil es ihre Pflicht sei, für eine möglichst rasche Erledigung der Staatsgeschäfte zu sorgen. Die Regierung wende nur gesetzliche Mittel zur Durchführung ihrer Politik an. In konstitutionellen Staaten werde immer bei der Besetzung hoherer politischer Stellen auf die politische Parteigenossenschaft Rücksicht genommen. Schließ⸗ lich erklärte der Finanz⸗Minister, daß die nöthigen Zahlungen in den ersten zwei Monaten des nächsten Jahres bei dem günstigen Stande der Staatskassen ohne Inanspruchnahme eines Kredites geleistet werden könnten.

Das Herrenhaus setzte die Debatte über die Ver⸗ staatlichung der Westbahn fort. Der Antrag der Majorität der Kommission auf Ablehnung des Gesetzentwurfs wurde mit 71 gegen 57 Stimmen abgelehnt, dagegen der Antrag der Minorität, in die Spezialdebatte über die betreffende Regie⸗ rungsvorlage in der vom Abgeordnetenhause beschlossenen Fassung einzutreten, angenommen. Auf Antrag Falkenhayns wurde der Gesetzentwurf sodann en bloc und in dritter Lesung angenommen.

Schweiz. Bern, 10. Dezember. (Cöln. Ztg.) Der Bundesrath wird, wie er heute beschlossen hat, an die Bundesversammlung folgende Botschaften richten: 1) für Erweiterung des Artillerie⸗Schießplatzes in Thun sollen 266 000 Fr. bewilligt werden; 2) für den Bau einer Verbindungsbahn von Biberbrück (Station der Einsie⸗ delner Bergbahn) nach Schwyz und Brunnen zum An⸗ schluß an die Gotthardbahn soll die Konzession gewährt, dagegen die nachgesuchte Verlängerung der Frist für den Bau einer Bahn von Pfäffikon (am Zürcher See, Rappers⸗ wyl gegenüber) nach Brunnen verweigert werden; 3) Ge⸗ setzentwurf über literarisches und künstlerisches Eigenthum; 4) Verwaltungsordnung für das schweizerische Heer; 5) Kon⸗ zession einer schmalspurigen Bahn von Tavannes (zwischen Basel und Biel) nach Tramelah; 6) soll dem Kanton Bern wieder eine Abschlagszahlung von 54 437 Fr. geleistet werden für die Juragewässer⸗Korrektion, zu welcher durch Bundes⸗ beschluß vom 18. Juli 1867 ein Bundesbeitrag von 4 340 000 Fr. bewilligt worden ist. Der Gotthard⸗ tunnel ist, amtlichem Berichte zufolge, mit Kanal und Nischen zu Ende November fertig geworden. Der Werth der bis jetzt geleisteten Arbeiten beträgt 56 808 620 Fr.

Frankreich. Paris, 13. Dezember. (W. T. B.) Die Anzeige des russischen Hofes, daß Chaudordy als Bot⸗ schafter genehm sei, ist heute Abend hier eingetroffen.

Die Deputirtenkammer bewilligte heute einen Kredit von 81 Millionen für das Kriegs⸗Ministerium und einen solchen von 43 Millionen für das Marine⸗ Ministerium. Im Laufe der Debatte warf Hugues (Intransigent) dem Kriegs⸗Minister die Wahl der Generale Miribel und Gallifet zu Mittgliedern des obersten Kriegsrathes vor. Gambetta unterbrach den Redner und erklärte: die genannten Generäle seien gewählt worden, weil sie die sähigsten wären. Der Kriegs⸗

Ainister hob hervor: man müsse der Unzulänglichkeit des Generalstabsdienstes abhelfen, denn das neue Gesetz habe nicht die erwarteten Resultate geliefert. Seine (des Kriegs⸗Ministersz) Hingebung für die Republik stehe

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