1881 / 298 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 20 Dec 1881 18:00:01 GMT) scan diff

V

Oesterreich Ungarn. Wien, 19. Dezember. (W. T. B.)

Der Kaiser ließ sich heute von dem Vize⸗Bürgermeister Uhl über die Ring⸗Theater⸗Katastrophe mündlich Bericht erstatten und begab sich sodann in das Opernhaus, welches, wie bei der Vorstellung, erleuchtet war. Der Kaiser besichtigte auf das Eingehendste alle Vorkehrungen gegen Feuersgefahr, inspizirte sämmtliche Räume bis zur obersten Galerie, ordnete verschiedene weitere Vorkehrungen an und ließ die Gasbeleuch⸗ tung gan; absperren, um die Wirkung der angebrachten Oel⸗ lampen zu prüfen. Der Kaiser verweilte etwa 1 ½ Stunden im Opernhause.

Im Ring⸗Theaterist die Herausförderung des Schuttes sistirt worden, weil die Dachgiebelmauer einzustürzen droht. Vom Dienstpersonal des Theaters sind sieben Billeteure und Garderobiers, drei Orchestermitglieder, drei Theaterarbeiter und der Chef der Claque verunglückt. Das speziell mit der Unterstützung des Theaterpersonals be⸗ traute Subcomité brachte heute ca. 40 000 Fl. an 180 Per⸗ sonen zur Vertheilung.

Prag, 20. Dezember. (W. T. B.) Die Verhaftung von Sozialdemokraten am Sonntag Abend erfolgte in einer Versammlung des Arbeitervereins. An derselben nahmen auch zwei sozialdemokratische Agitatoren aus Leipzig und Dresden Theil. Es wurden revolutionäre Lieder gesungen und revolutionäre Toaste ausgebracht und wurden alsdann 18 Personen von den anwesenden geheimen Polizisten ver⸗ haftet. In den Wohnungen der Verhafteten, welche dem Ge⸗ richte zum Verhör übergeben wurden, fand man verbotene Zeitschriften, Bücher, Briefe ꝛc.

Schweiz. Bern, 19. Dezember. (W. T. B.) Der Nationalrath beschloß nach zweitägiger Debatte mit 85 gegen 31 Stimmen die Revision des Artikels 64 der Bundes⸗ verfassung behufs Einführung des Schutzes für Erfin⸗ dungen.

Großbritannien und Irland. Dublin, 17. De⸗ zember. (Allg. Corr.) Die Königin siedelte gestern mit dem Hofe von Windsor nach dem Schlosse Osborne auf der Insel Wightüber, wo Ihre Majestät während des Weihnachts⸗ festes verweilen wird.

Die Admiralität hat ein Telegramm aus Zanzibar erhalten, welches meldet, daß der Eigenthümer des Sklavpven⸗ schiffes, welches den Booten des englischen Kriegsschiffes „London“ Widerstand leistete, wodurch Kapitän Brownrigg und einige Matrosen getödtet wurden, verhaftet worden sei. Das Sklavenschiff ist genommen worden.

Dublin, 19. Dezember. (W. T. B.) Ein Erlaß des Vizekönigs erklärt die Frauen⸗Landliga für gesetz⸗ widrig und verfügt ihre Unterdrückung.

Frankreich. Paris, 19. Dezember. (W. T. B.) Das „Paris⸗Journal“ beginnt die Veröffentlichung der Akten⸗ stücke des Dossier Bokhos. In demselben sind Briefe des ersten Dragomans des italienischen Konsulats in Tunis, Pestalozza, enthalten, welche konstatiren, daß Pestalozza der eigentliche GrÜünder und Inspirator des Journals „Mostakel“ war und hierbei eine feindliche Absicht gegen Frankreich ver⸗ folgte. Aus einem Schreiben Pestalozza's vom 7. Juli 1880 geht hervor, daß die italienische Regierung wußte, woran sie sich bezüglich der Publikationen des „Mostakel“ zu halten habe. Pestalozza sandte dem Redacteur Bokhos fortgesetzt Artikel, wobei er ihm absolutes Stillschweigen anempfahl und sich alle Manuskripte zurücksenden ließ. Der französisch⸗ portugiesische Handelsvertrag ist heute unterzeichnet worden.

Die „Agence Havas“ meldet: Die Regierung habe nicht die Absicht, bei den Gesandtschaftsposten in Athen und Ispahan einen Stellenwechsel eintreten zu lassen, und sei auch nicht gewillt, den Botschafter bei der päpstlichen Kurie, Desprez, der seinerseits an eine De⸗ mission gar nicht denke von seinem Posten abzuberufen.

(Fr. Corr.) Der General Japy telegraphirt aus Tunis, vom 15. Dezember, dem Kriegs⸗Minister:

Verwichene Nacht hat ein sehr heftiger Sturm in Tunis und Umgegend gewüthet. Viele Zelte wurden fortgerissen und unter ihnen auch die der Ambulanz, von la Manuba, deren Kranke sofort nach dem Palast Khereddine übertragen worden sind. In Medjez⸗el⸗Bab stürzte eine Mauer ein, wobei 5 Mann vom 127. Linien⸗Regiment getödtet und 7, darunter 3 schwer, verwundet wurden. Viele Tele⸗ graphendrähte wurden zerrissen, darunter auch der von Ain⸗Draham.

Aus Algier wird unter dem 17. Dezember telegraphirt:

Alle Gerüchte von den Stellungen, welche die drei Marabuts, Si⸗Sliman, Si⸗Kaddur und Bu⸗Amema einnehmen sollen, sowie alles, was man von ihren Einbruchplänen gesagt hat, ist unbegründet. Ihre gegenwärtigen Lager sind über dreißig Kilometer von unserer Grenze entfernt. Die Kolonne Negrier hat gegen die Mehias, welche schon wiederholt eine verdächtige Stellung beobachteten, eine Razzia ausgeführt und ihnen 2000 Schafe abgenommen. Sie hat auch 13 Gefangene heimgeführt.

Rumänien. Bukarest, 19. Dezember. (W. T. B.) In der Deputirtenkammer beantragte bei der fort⸗

ggesetzten Berathung des Adreßentwurfs der oppositionelle Depu⸗

tirte Jonescu ein Amendement, nach welchem die Kammer ihr Bedauern darüber aussprechen solle, daß in den Beziehun⸗

gen Rumäniens zu Hesterreich⸗Ungarn eine Er⸗

kaltung eingetreten sei. Der Minister des Auswärtigen, Statesco, erklärte, die Regierung sei nicht offiziell von

dem Abbruch der persönlichen Beziehungen des öster⸗

reichisch⸗ungarischen Gesandten benachrichtigt worden, son⸗ dern habe nur durch den rumänischen Agenten in

Wien Kenntniß von dieser Maßregel erhalten. Dessenunge⸗

achtet nehme er das Amendement an. Die Kammer lehnte

indessen in Folge der Erklärung der Regierung, daß ihr der Ahbbruch der persönlichen Beziehungen nicht offiziell angezeigt worden sei, das Amendement ab und nahm den Adreßentwurf unverändert mit 67 gegen 15 Srimmen an. Der Deputirte

Fleva meldete eine Interpellation darüber an, welche Maß⸗ regeln die Regierung gegen den früheren Gesandten Calli⸗

maki⸗Catargi ergriffen habe, welcher di lomatische Akten⸗ stücke entwendet und veröffentlicht habe. 2

Unter den von Callimaki⸗Catargi veröffent⸗ lichten, auf die Donaufrage bezüglichen diplomatischen Dokumenten befindet sich eine eesche vom 1. September 1880, welche der Minister⸗Präsident Bratiano an den damaligen Gesandten in London, Callimaki⸗Catargi, ge⸗ richtet hat, welch⸗ letzterer Lord Granville eine vertrauliche Notiz betreffs des Donauschiffahrtsreglements und der Ueber⸗ wachung der Donauschiffahrt übermittelt hatte. In dieser Depesche beißt es: „Ich bedauere, daß Ihre Abreise nach den

yrenäen Sie verhindert hat, jene Stellen Ihrer Notiz ent⸗ sprechend meinem Telegramme vom 25. August zu amendiren, eren Ton ein sehr aggressiver g.

die ganze Politik des Ministeriums, dem ich angehöre, beweist,

war unsere Haltung und soll unsere Haltung stets nur eine defensive und keine offensive sein.“ Man glaubt, Callimaki⸗ Catargi werde wegen Veröffentlichung diplomatischer Doku⸗ mente gerichtlich verfolgt werden.“

Amerika. Washington, 19. Dezember. (W. T. B.) Der Senat hat die Ernennung Brewsters zum General⸗ Advokaten bestätigt. Bei der Repräsentantenkammer wurde eine Bill eingebracht, welche Attentate gegen den Prä⸗ sidenten mit der Todesstrafe bedroht.

20. Dezember. (W. T. B.) Präsident Arthur hat Trescott, welcher Anfang Dezember in einer Spezial⸗ mission nach Chili gesandt worden war, zum Gesandten für Chili, Peru und Bolivia ernannt.

Zeitungsstimmen.

Gegenüber den Mittheilungen einzelner Blätter, daß aus einzelnen thüringischen Fabrikorten Klagen über unbefriedigenden Geschäftsgang laut werden, wird dem „Leipz. Tagebl.“ aus Geschäftskreisen geschrieben:

„Die hiesige (Ilmenauer) Porzellanfabrik, Aktiengesellschaft, be⸗ schäftigt ca. 200 Leute, welche vollauf zu thun haben und gut ver⸗ dienen. Die zweite Porzellanfabrik, Metzler und Orloff, welche ca. 80 Menschen beschäftigt, ist gleichfalls reichlich beschäftigt. Sämmtliche thüringer Porzellanfabriken konnten schon im Laufe des Herbstes keine Aufträge mehr annehmen, weil sie zu stark engagirt waren. Die hiesigen Thermometer⸗ und Glasinstrument⸗Fabriken lassen bis Nachts 12 Uhr arbeiten und können nicht genug schaffen, es herrscht bereits Mangel an Arbeitskräften. Die Spielwaarenfabrik von Fischer, Naumann u. Co. läßt seit August bis Nachts 11 und 12 Uhr (sogar ganze Nächte hindurch) arbeiten und kann das nicht liefern, was bestellt ist, trotzdem die Firma im November viele Auf⸗ träge zurückwies.“

Dem „Berl. Börsen⸗Courier“ wird vom ober⸗ schlesischen Eisenmarkt aus Königshütte geschrieben:

Das Eisengeschäft in Oberschlesien folgt stetig der gleichen Tendenz, wie sich solche in den anderen Eisendistrikten des Inlandes und des gesammten Auslandes durch fortschreitende Erhöhung der Preise manifestirt. Da diese Besserung des Geschäfts bei uns ledig⸗ lich auf der reellen Grundlage des steigenden Bedarfs im eigenen Lande wie des täglich wachsenden Exports ihre berechtigte und sichere Basis hat, ist derselben die so wünschenswerthe Dauer mit Sicherheit zu prognostiziren. Dabei ist allerdings die Voraussetzung maßgebend, daß nicht wieder wie Ende 1879 eine wilde, ganz unberechtigte Spe⸗ kulation des Eisengeschäfts sich bemächtigt. Das ist jedoch jetzt nicht zu befürchten, denn die trüben Erfahrungen aus jener Periode sind allen Betheiligten noch zu wohl im Gedächtniß, als daß irgend Jemand sich wieder in solche Gefahren begeben sollte. Im Gegentheil kann mit Genugthuung konstatirt werden, daß bisher immer nur der wirkliche Bedarf für die erfolgten Abschlüsse maßgebend gewesen, und daß von keiner Seite über das gewöhnliche Versorgungs maß von etwa drei Monaten hinaus weder gekauft noch auch verkauft worden ist.

Der „Germania“ schreibt man aus Osnabrück: Unsere Handelskammer veröffentlicht über die zeitige wirth⸗ schaftliche Lage des Bezirkes einen Bericht, der um so mehr Be⸗ achtung verdient, als er gewissermaßen zugleich einen Maßstab für die Beurtheilung des Standes von Handel und Industrie auch in den benachbarten Bezirken Nordwestdeutschlands bieten dürfte. Im Allgemeinen wird konstatirt, daß, mögen auch einzelne Geschäftsbranchen noch darniederliegen, im Ganzen neuerdings ein gewisser Aufschwung sich kundgiebt.

Der Correspondent verspricht, diese Thatsache näher zu begründen.

KFKFreichstags⸗Angelegenheiten.

Dem Reichstage ist die am 3. November d. J. zu Bern unter⸗ zeichnete internationale Reblauskonvention, nachdem der Bundesrath derselben seine Zustimmung ertheilt hat, nebst deutscher Uebersetzung mit einer erläuternden Denkschrift zur verfassungsmäßigen Beschlußnahme vorgelegt worden. Die Konvention lautet in der Uebersetzung:

Se. Majestät der Deutsche Kaiser, König von Preußen, Se. Majestät der Kaiser von Oesterreich, Apostolischer König von Ungarn, der Präsident der Französischen Republik, Se. Allergetreueste Majestät der König von Portugal, die Schweizerische Eidgenossenschaft

haben, in Berücksichtigung der an den Hohen Schweizerischen

Bundesrath Seitens mehrerer der Hohen vertragschließenden Staaten gerichteten Beschwerden, welche die Abänderung ver⸗ schiedener Bestimmungen der Konvention vom siebenzehrten Sep⸗ tember Eintausend achthundert acht und siebenzig bezwecken; gemäß den Vorschriften des Artikels sechs;

beschlossen, die gedachte Konvention einer Revision zu unterziehen und

zu diesem Zwecke zu Ihren Bevollmächtigten ernannt:

Se. Majestät der Deutsche Kaiser, König von Preußen:

Hrn. Heinrich von Röder, General der Infanterie, Aller⸗

höchstihren außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister bei der Schweizerischen Eidgenossenschaft, Hrn. Adolf Weymann, Allerhöchstihren Geheimen Regierungs⸗ Rath und vortragenden Rath im Reichsamt des Innern; Se. Majestät der Kaiser von Oesterreich, Apostolischer König von Ungarn: Hrn. Baron Moritz von Ottenfels Gschwind, Allerhöchst⸗ ihren außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister bei der Schweizerischen Eidgenossenschaft, Hrn. Antonio Sen hr bisr ae odo, Allerhöchstihren Rath im Kaiserlich Königlich österreichischen Ackerkau⸗Ministerium; der e ident der Französischen Republik: rn. Emanuel Arago, Senator, französischen Botschafter bei der Schweizerischen Eidgenossenschaft, Hrn. Maxime Cornun, Doktor der Wissenschaften;

Se. Allergetreueste Majestät der König von Portugal:

Hrn. Vincent von Ernst, Allerhöchstihren Generalkonsul in

dder Schweiz Hrn. Vicomte Alfred von Villar d'Allen, Hrn. Rodrigues de Moraes; die Schweizerische Eidgenossenschaft: Hrn. Louis Ruchonnet, Bundehzrath, Vorstand des Eidgenös⸗

I sischen Departements für Handel und Ackerbau,

Hrn. Victor Fatio, Doktor der Philosophie und Naturwissen⸗

welche, nach gegenscitiger Mittheilung ihrer in guter und gehöriger orm befundenen Vollmachten, über die nachstehenden Artikel über⸗ eingekommen sind: Artikel 1.

Indem die vertragschließenden Staaten von der internationalen Konvention vom 17. September 1878 zurücktreten, um eine neue zu schließen, verpflichten sie sich, ihre innere Gesetzgebung, sofern sie es nicht bereits gethan haben, zu vervoll 24 um ein gemeinsames und wirksames Vorgehen gegen die Einschleppung und Verbreitung der Reblaus zu sichern.

Die Gesetzgebung wird hauptsächlich ins Auge

9 Ueberwachung der Weinberge, der Pflanzschulen sehs Art, der Gärten und Gewächshäuser; Untersuchungen und Nach orschungen

nach der Reblaus, um dieselbe soviel wie möglich zu vernichten;

1“ öe“]

* 1 8 2 8 11 2

2) Feststellung der angesteckten Bodenflächen und der Ausdehnung der wegen der Nähe von Ansteckungsherden als verdächtig erscheinenden Bezirke, nach Maßgabe des Auftretens und der Verbreitung des Uebels innerhalb des Staatsgebiets;

3) Regelung des Versandts und der Verpackung der Reben, der Abfälle und Erzeugnisse derselben, sowie der Pflanzen, Sträucher und sonstigen Erzeugnisse des Gartenbaues zu dem Zweck, um eine Ver⸗ schleppung der Krankheit von Ansteckungsherden aus im eigenen Lande oder nach den übrigen Staaten zu verhüten.

4) Vorschriften für den Fall der Verletzung der angeordneten Maßregeln. .

Artikel 2. 8

8

Wein, Trauben, Trestern, Traubenkerne, abgeschnittene Blumen und Erzeugnisse des Gemüsebaues, Samen und Früchte jeder Art werden zum freien Verkehr zugelassen.

Tafeltrauben dürfen nur in wohlverwahrten und dennoch leicht zu durchsuchenden Schachteln, Kisten oder Körben zum Verkehr zuge⸗ lassen werden.

Trauben der Weinlese dürfen nur eingestampft und in gut ver⸗ schlossenen Fässern in den Verkehr gelangen.

Trestern dürfen nur in gut verschlossenen Kisten oder Fässern in den Verkehr gelangen.

Jeder Staat behält das Recht, in den Grenzbezirken hinsichtlich der Erzeugnisse des Gemüsebaues, welche zwischen infizirten Reb⸗ pflanzen gewachsen sind, beschränkende Maßregeln zu treffen.

1 Artikel 3.

Alle nicht zur Kategorie der Rebe gehörige Pflänzlinge, Sträucher und sonstige Vegetabilien, welche aus Pflanzschulen, Gärten oder Gewächshäusern stammen, werden zum internationalen Verkehr zuge⸗ lassen, dürfen jedoch in einen der Vertragsstaaten nur über die hierfür zu bezeichnenden Zollämter eingeführt werden. .

Die genannten Gegenstände sind fest, jedoch dergestalt zu ver⸗

packen, daß sie die nothwendigen Untersuchungen gestatten und müssen mit einer Erklärung des Absenders und mit einer Bescheinigung de

zuständigen Behörde des Ursprungslandes versehen sein, aus welche

hervorgeht:

a. daß sie von einer Bodenfläche (einer offenen oder umfriedigte

Pflanzung) stammen, die von jedem Weinstock durch einen Zwischen

raum von wenigstens 20 m oder durch ein anderes Hinderniß getrennt ist, welches nach dem Urtheil der zuständigen Behörde ein Zusammen⸗ treffen der Wurzeln ausschließt;

b. daß jene Bodenfläche selbst keinen Weinstock enthält;

c. daß auf derselben keine Niederlage von Reben sich befindet;

d. daß, wenn auf derselben von der Reblaus befallene Weinstöck sich befunden haben, eine gänzliche Ausrottung der letzteren, ferner wiederholte Desinfektionen und drei Jahre lang Untersuchungen erfolg sind, welche die vollständige Vernichtung des Insekts und der Wurzelr

verbürgen. 8 Artikel 4.

Die Nachbarstaaten werden sich wegen der Zulassung von Trauben der Weinlese, Trestern, Kompost, Düngererde, schon gebrauchten Wein pfählen und Stützen in den Grenzbezirken, vorausgesetzt, daß diese Gegenstände nicht aus einer von der Reblaus heimgesuchten Gegend herrühren, besonders verständigen.

Artikel 5.

Ausgerissene Weinstöcke und trockenes Rebholz sind von dem internationalen Verkehr ausgeschlossen.

Immerhin können die Nachbarstaaten wegen Zulassung dieser Erzeugnisse in den Grenzbezirken, vorausgesetzt, daß dieselben nicht

aus einer von der Reblaus heimgesuchten Gegend herrühren, sich be⸗

sonders verständigen. „Artikel 6. Rebpflänzlinge, Schnittlinge mit oder ohne Wurzeln und Reb⸗

holz dürfen in einen Vertragsstaat nur mit der ausdrücklichen Ge⸗ nehmigung und unter Aufsicht der Regierung desselben, nach vor⸗-⸗

gängiger wirkfamer Desinfizirung, über die hierfür besonders bezeich⸗ neten Zollämter eingeführt werden.

Die genannten Gegenstände dürfen nur in hölzernen Kisten, welche mittelst Schrauben fest verschlossen, jedoch leicht zu durchsuchen 5 sind, versendet werden. Die bh ist gleichfalls zu desinfiziren.

Artikel 7.

Die zum internationalen Verkehr zugelassenen Sendungen, welcher

Art sie immer seien, dürfen weder Theile noch Blätter von Reben enthalten. Artikel 8.

Die bei einem Zollamt wegen Uebertretung der Artikel 2, 3, 6 und 7 angehaltenen Gegenstände werden nach dem Ort der Herkunft auf Kosten des Verpflichteten zurückgeschickk oder nach Wahl des Empfängers, falls er anwesend ist, durch Feuer vernichtet.

Diesenigen Gegenstände, auf welchen die zu Rathe gezogenen Sachverständigen die Reblaus oder verdächtige Anzeichen derselben finden, werden nebst dem Verpackungsmaterial sofort an Ort und Stelle durch Feuer vernichtet. Solchenfalls ist ein Protokoll auf⸗ zunehmen und der Regierung landes zuzustellen. 8

rtikel 9.

Behufs Föͤrderung des Zusammenwirkens verpflichten sich die 8

vertragschließenden Staaten, sich, mit der Ermächtigung zum Gebrauch für die von ihnen zu erlassenden und auszutauschenden Bekannt⸗ machungen regelmäßig einander mitzutheilen:

1) die von einem jeden derselben hinsichtlich des Gegenstandes erlassenen Gesetze und Verordnungen;

2) die in Ausführung dieser Gesetze und Verordnungen, sowie der gegenwärtigen Konvention getroffenen Maßregeln;

3) die Art der Ausübung des im Innern und an den Grenzen 8 wegen der Reblausgefahr eingerichteten Dienstes, sowie die Nach.

richten über den Gang des Uebels;

4) jede Entdeckung des Auftretens der Reblaus in einem bis G

dahin als verschont angesehenen Gebiete mit Angabe der Ausdehnung und, wenn möglich, der Ursachen der Einschleppung. Diese Mit⸗ theilung wird stets unverzüglich erfolgen;

5) eine alljährlich anzufertigende mit Maßstab versehene Karte

zur 5— der angesteckten Bodenflächen und der wegen der Nähe von Ansteckungsherden verdächtigen Bezirke;

6) im Laufenden zu erhaltende Verzeichnisse derjenigen Garten⸗ bau⸗ oder botanischen Anlagen, Schulen und Gärten, welche regel⸗ mäßigen Untersuchungen in angemessener Jahreszeit unterliegen und amtlich als den Anforderungen der gegenwärtigen Konvention ent⸗ sprechend erklärt worden sind;

7) jede neue Ermittelung einer Ansteckung in Weinbau⸗, Garten⸗ bau⸗ oder botanischen Anlagen, Schulen und Gärten, thunlichst mit Angabe der von denselben innerhalb der letzten Jahre ausgeführten

anzensendungen. Diese Mittheilung wird stets unverzüglich er-⸗

olgen;

8) das Ergebniß wissenschaftlicher Forschungen, sowie der Er⸗ fahrungen und praktischen Verfahrungsmethoden, welche auf dem Ge⸗ biet der Reblauskrankheit gemacht bezw. angewendet worden sind;

9) alle anderen Dokumente, welche von Interesse für den Wein⸗ bau sein können.

Artikel 10.

Die bei der gegenwärtigen Konvention betheiligten Staaten werden Nichtvertrages schließenden Staaten selbst.

Artikel 11.

Erforderlichenfalls werden die vertragschließenden Staaten auf 1 einer internationalen Versammlung sich vertreten lassen, welche die Aufgabe hat, die aus der Ausführung der Konvention sich ergebenden Fragen zu prüfen und durch Erfahrung und Fortschritte der Wisen⸗

020G gebotenen Abänderungen der Konvention in Vorschlag zu ngen.

Diese internationale Versammlung wird zu Bern tagen.

rtikel 12. 8

8 11“ Der Austausch der Ratifikationen erfolgt vom Tage der Unte.. zeichnung der gegenwärtigen Konvention an gerechnet, binnen 6 Mo⸗ 11 naten, oder, wenn thunlich, schon früher, zu Bern. Die Konvention tritt 14 Tage nach dem Austausch der Ratifikationen in Kraft.

Li.

taaten nicht günstiger behandeln als die vertrag⸗ 8

28 Artikel 13.

Jeder Staut kann jederzeit durch eine dem Hohen schweizerischen Bundesrath abzugebende Erklärung der gegenwärtigen Konvention beitreten oder von derselben zurücktreten. Der genannte Bundesrath übernimmt hinsichtlich der Ausführung der Artikel 11 und 12 die Vermittelung, zwischen den vortragschließenden Staaten. Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten diese Konvention unterzeichnet und derselben ihre Siegel beigedrückt. 1

So geschehen zu Bern am dritten November Eintausend acht⸗

hunderteinundachtzig. 8 (Unterschriften.)

Schlußprotokoll. Die Unterzeichneten, behufs Vollziehung der internationalen Reblaus⸗Konvention versammelt, erklären ihr Einverständniß über Sinn und Bedeutung der nachstehenden Erläuterungen und Zusätze: Zu Artikel 1 Nr. 1. 1 Unter dem Ausdruck „Gewächshäuser“ ist jede zur Vervielfältigung oder Erhaltung von Pflanzen dienende Anlage (Frühbeete, Gewächs⸗ häuser, Orangerien ꝛc.) zu verstehen. Zu Artikel 1 Nr. 2. 8 Jeder Vertragsstaat wird die Ausdehnung der wegen der Nähe von Ansteckungsherden als verdächtig erscheinenden Bezirke je nach den besonderen Umständen des Falles festsetzen. Zu Artikel 1 Nr. 3. B 8 Die Konferenz lenkt die Aufmerksamkeit der Regierungen auf die im Postwege erfolgenden Sendungen. Zu Artikel 2 Absatz 1. Die vertragschließenden Staaten erkennen in Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse der Schweiz, diesem Staate das 1 Recht zu, für Weinbau treibende Gegenden bestimmte Tafeltrauben zurückzuweisen,

wogegen die Durchfuhr nicht gehindert werden darf.

Zu Artikel 2 Absatz 3. Die Fässer müssen einen Raumgehalt von wenigstens fünf Hekto⸗ liter haben und derart gereinigt sein, daß sie kein Theilchen von Erde oder Reben an sich tragen. Zu Artikel 3 Absatz 2. Die Erklärung des Absenders, mit welcher die Sendungen anderer als Rebpflanzen zu versehen sind, muß: 1) bescheinigen, duß der Inhalt der Sendung vollständig aus seiner eigenen Gartenanlage stammt; 18 3 ) den letzten Bestimmungsort und die Adresse des Empfängers angeben; 8 3) ausdrücklich bestätigen, daß die Sendung keine Reben enthält; 4) angeben, ob die Sendung Pflanzen mit Erdballen enthält; 5) die Unterschrift des Absenders tragen. Zu Artikel 3 Absatz 2a. und d. 8 Die Bescheinigung der zuftändigen Behörde muß auf der Erklä⸗ rung eines amtlichen Sachverstä⸗ gen beruhen. Zu ertikel 6. .“ I. Die vertragschließenden Staaten werden hinsichtlich auslän⸗ discher oder ihrer Herkunft nach verdächtiger Reben innerhalb der Grenzgebiete soviel wie möglich Vorsichtsmaßregeln zu Gunsten der Nachbarstaaten anwenden. 1 Zu Artikel 6. 3 II. Die Wahl unter den durch die Wissenschaft als wirksam

erkannten Desinfektionsmethoden wird jedem Staate überlassen.

Zu Artikel 8 Absatz 1. 1 Hinsichtlich der nicht zur Kategorie der Reben gebörigen Ge⸗

wächse, der Blumen in Töpfen und der Tafeltrauben ohne Blätter

oder Rebholz, welche von Reisenden als Handgepäck mitgebracht werden, wird jeder Staat seinen Zollämtern besondere Vorschriften

ertheilen. Zu Artikel 9 Nr. 5..

Ein oder mehrere einzeln stehende Weinstöcke, welche außerhalb einer zum Handel bestimmten Anlage und außerhalb einer Weinbau treibenden Gegend sich befinden, sollen auf den ganzen Verwaltungs⸗ bezirk sich erstreckende Maßregeln nicht nach sich ziehen, wenn amtlich festgestellt worden ist, daß die im Artikel 3 Absatz 2 lit. d. vorge⸗ schriebenen Vernichtungsmaßregeln streng ausgeführt worden sind.

Jeder Vertragsstaat wird in derartigen Fällen die Ausdehnung der diesen Punkt einschließenden verdächtigen Fläche festsetzen. Die Dauer der Sicherungsmaßregeln darf nicht weniger als 3 Jahre be⸗ tragen.

den derartige Oertlichkeit soll womöglich unter Angabe des Namens auf der Reblauskarte durch einen Punkt bezeichnet werden; in jedem Falle muß eine Bemerkung die Bedeutung des Auftretens des Insekts oder die Ausdehnung der von den gedachten Maßregeln betroffenen Bodenfläche genau angeben. 1 B

So geschehen zu Bern am dritten November Eintausend acht⸗ hunderteinundachtzig. v“ *

Definitives Nachwahlresultat nach Meldung des „W. T. B.“:

Reg.⸗Bez. Münster. 1. Wahlkr. Tecklenburg. Abgegeben 15 781 St., davon für

Peermann (Centr.) 14 764, für von Diepenbrock⸗Grüter (lib.) 720 St.

8 8 Landtags⸗Angelegenheiten.

Im 3. Merseburger Wahlbezirk (Delitzsch⸗Bitterfeld) ist an Stelle des zum Landrath ernannten Rittergutsbesitzers von Boden⸗ hausen der Major von Busse auf Zschortau mit 208 gegen 128 Stimmen, welche der Fuef Werner zu Doelsdorf erhalten hat,

zum Mitglied des Hauses der Abgeordneten gewählt worden.

Sttatistische Nachrichten.

Gemäß den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheiks⸗ amts sind in der 49. Jahreswoche von je 1000 Bewohnern auf den Jahresdurchschnitt berechnet als gestorben gemeldet: in Berlin 25,2, in Breslau 28,8, in Königsberg 24,7, in Cöln 28,8, in Frankfurt a. M. 16,7, in Hannover 24,1, in Cassel 18,7, in Magdeburg 21,9, in Stettin 24,9, in Altona 20,6, in Straßburg 23,1, in Metz 15,7, in München 26,2, in Nürnberg 19,2, in Augsburg 21,7, in Dres⸗ den 24,3, in Leipzig 23,7, in Stuttgart 24,4, in Braunschweig 27,2, in Karléruhe 18,7, in Hamburg 21,4, in Wien 24,3 *), in Budapest 30,5, in Prag 31,9, in Triest 27,7, in Krakau 34,7, in Basel 15,1, in Brüssel 22,9, in Amsterdam 21,6, in Paris 25,8, in Kopen⸗

gen 24,5, in Stockholm 16,7, in Christiania 16,0, in St. Peters⸗

rg 38,3, in Warschau 31,3, in Odessa 25,9, in Rom —, in Turin 23,6, in Bukarest 29,6, in Madrid 37,1, in London 20,7, in Glas⸗ ow 22,9, in Liverpool 25,8, in Dublin 28,8, in Edinburg 20,1, in

lerandria (Egvpten) 40,8. Ferner aus ν Wochen: in New⸗York 29,1, in Philadelphia 19,8, in Chicago 23,0, in St. Louis 25,1, in Eincinnati 18,4, in San Franzisko 21,3, in Kalkutta 35,9, in Bombay 28,1, in Madras 34,9.

Beim Beginn und in den ersten Tagen der Berichtswoche herrschten an den ostdeutschen Stationen und in Cöln füdöstliche, an den mittel⸗ und norddeutschen Beobachtungsstationen östliche und nordöstliche, in Bremen und Heiligenstadt bis nach Südwest um⸗ laufende, aber um die Mitte der Woche gleichfalls nach Südost gebende Windrichtungen und blieben mit vorübergehendem Wechsel mit Süd

Erklusive der beim ding⸗Theaters Umgekommenen.

und Südwest, in Berlin und Cöln mit Nordwest bis zum Schluß der Woche vorwiegend. Nur in München herrschten während der Woche mit West wechselnde Ost⸗ und in Karlsruhe Südwestwinde. Die Temperatur der Luft lag meist über, in München unter der normalen, während sie in Karlsruhe derselben entsprach. Bei meist trübem nebligem Wetter erfolgten wenig Niederschläge. Der beim Wochenbeginn hohe Druck der Luft sank am 7. allgemein und rasch und zeigte auch am Schluß der Weoche noch keine Neigung zum Steigen.

In den meisten Großstädten Europas haben sich im Vergleich zur Vorwoche die Sterblichkeitsverhältnisse nur wenig geändert. Die allgemeine Sterblichkeitsverhältnißzahl für die deutschen Städte ist ein wenig gestiegen, auf 22,9 von 22,7 der Vorwoche (pro Mille und Jahr). Die Betheiligung des Säuglingsalters blich im Allgemeinen die gleiche. Von 10 000 Lebenden starben (aufs Jahr berechnet) 70 Kinder unter 1 Jahr wie in der Vorwoche, in Berlin 72 gegen 75. Die Sterblichkeit der höheren Altersklasse (über 60 Jahr) war dagegen eine größere.

Unter den Todesursachen zeigten die Infektionskrankheiten im Allgemeinen keine wesentliche Veränderung in ihrem Vorkommen, nur Masern, Diphtherie und in den österreichisch⸗ungarischen Städten Pocken veranlaßten wieder mehr Todesfälle. Die Masernepidemien in Berlin, Christianig, Liverpool zeigen noch keinen wesentlichen Nachlaß. Auch in Tilsit, Stuttgart, Regensburg, Hamburg, Altona, Essen haben Masern größere Verbreitung gefunden. Das Scharlachfieber zeigte in Kiel, Erfurt, Berlin, Leipzig wohl einen Nachlaß, in Bam⸗ berg, Guben, Cöln, Crefeld, Dortmund, Budapest, London, St. Peters⸗ burg, Warschau eine Steigerung der Todesfälle. Die Diphtherie forderte im Allgemeinen in der Berichtswoche wieder mehr Opfer. Die Gesammtzahl der durch sie hervorgerufenen und gemel⸗ deten Todesfälle aus deutschen Städten stieg auf 203. In Königsberg, München, Hamburg, Hannover, Wien war eine Abnahme, in Stettin, Lübeck, Elbing, Breslau, Dresden, Freiberg, Berlin, Magdeburg, Barmen, Essen, Budavpest, Triest, Paris und St. Petersburg eine Zunahme der Sterbefälle ersichtlich. Todesfälle an Unterleibstyphus varen in Posen, Mülheim a. Rh., Berlin und Paris häusiger, in Wien und St. Petersburg seltener. Sterbefälle an Fleckentyphus kamen aus Thorn 3, aus St. Petersburg und Valencia je 2, aus Saragossa und Granada je 1 zur Meldung. Der Keuchhusten bedingte in Görlitz, Hamburg, Berlin und London vielsach Todesfälle. Todesfälle an Darm⸗ katarrhen der Kinder wurden in Breslau, Berlin und München nicht selten Todesveranlassung. Die Pocken gewannen besonders in den österreichisch⸗ungarischen Städten größere Ausdehnung. So stieg die Zahl der durch sie hervorgerufenen Todesfälle in Wien, Budapest, Prag, Krakau. Auch in St. Petersburg und Saragossa ist kein Nach⸗ laß derselben ersichtlich. In Paris, London und Warschau hat die Zahl abgenommen, betrug jedoch in letzterer Stadt noch immer 30.

Bekanntlich ist auf Veranlassung der Reichsregierung eine Erhebung über die öffentliche Armenunterstützung in allen Bundesstaaten vorgenommen. Die „Karlsr. Z.“ veröffentlicht nun die für das Großherzogthum Baden ermittelten Zahlen. Wir entnehmen dieser Uebersicht folgende Daten, wobei bemerkt wird, daß in Baden der Erhebung der Stand vom 1. Oktober d. J. zu Grunde gelegt worden ist. Am 1. Oktober wurden in Baden Ortsarme Unterstüätztt:

in den Städten in den übrigen hlüber 3000 Einw. Gemeinden

1) dauernd, und zwar:

ö1I1““ 7 623 11 023 theilweife . . . . 85 815 10 225 16 038 zusammen 9 213 17 848 27 061

2) vorübergehend 2 606 7 279 9 885

im Gesammten 11 819 25 127 36 946

Die Bevölkerung der betreffe den Städte beträgt 350 225, der übrigen Gemeinden 1 219 895, des ganzen Landes 1 570 120. Es kam also 1 Ortsarmer in den Städten auf 29,6, in den übrigen Ge⸗ meinden auf 48,5, im ganzen Lande auf 42,5 Einwohner. Im Ganzen wurden 7821 Männer, 13 835 Frauen und 15 290 Kinder unterstützt. Von den dauernd Unterstützten werden 11 023 oder rund 40 % völlig, 16,038 oder rund 60 % theilweise unterhalten. Von den völlig Unter⸗ haltenen sind (in der Annahme, daß Männer, Frauen und Kinder gleichmäßig in völlig und theilweise Unterhaltene zerfallen) 3128 Männer, 5534 Frauen und 6116 Kinder, von den theilweise Unter⸗ haltenen 4693 Männer, 8301 Frauen und 9174 Kinder. Der durchschnittliche Werth des völligen täglichen Unterhalts beläuft sich für einen Mann auf 75,0 ₰, für eine Frau auf 62,5 und für ein Kind auf 32,9 ₰4. Der Werth der theilweisen Unter⸗ stützung ist natürlich mannigfaltig: es darf aber wohl angenommen werden, daß derselbe im Durchschnitt sich der Hälfte des Werths der völligen Unterhaltung annähern wird. In dieser Voraussetzung be⸗ rechnet sich der Tagesaufwand der Ortsarmenverbände für die Orts⸗ armen für den 1. Bklober 1881 folgendermaßen:

8 Männer, völlig unterhalten, 2346

theilweise 1760 Frauen, völlig 1“ 3459 theilweise 2594 Kinder, völlig 2012 theilweise 5 1509 Summe 13 680

Bei der weiteren Annahme, daß dieser Tagesaufwand ein durch⸗ schnittlicher ist, ergiebt sich der Jahresauswand der öffentlichen Armen⸗ pflege für die Ortsarmen zu 13 680 % 365 oder 4 993 000 oder rund 5 Millionen Mart. Ferner hat die Erhebung ergeben, daß die Unterstützungsbedürftigkeit beruht auf Unfall bei 642 oder 1,7 % der Unterstützten, auf geistigen und körperlichen Gebrechen (Schwach⸗, Blöd⸗, Irrsinn, Blindheit, Taubheit, Verkrüppelung ꝛc.) bei 5607. oder 15,2 %, auf sonstiger Invalidität (Arbeitsunfähigkeit) bei 12 649 oder 34,2 % und auf anderen Gründen bei 18 048 oder 48,9 %. Von den 642 Personen, welche in Folge eigenen Unfalls oder Unfalls des Ernährers den Ortsarmen⸗Verbänden zur Last fallen, kommen 249 oder 0,65 % der Gesammtzahl auf die eigentlichen gewerblichen Unfallbetriebe (Bergwerke, Salinen, Aufbereitungs⸗ anstalten, Brüche, Gruben, Werfte, Anlagen für Bauarbeiten (Bauhöfe), Fabriken und Hüttenwerke, Bauausführungen, ferner alle Betriebe mit Wasser⸗, Dampf⸗ Gas⸗ und Heißluftbetrieb), 164 oder 0,44 % auf dic Land⸗ und Forstwirthschaft und 229 oder 0,62 % auf sonstige Gewerbe. Von den Unterstützten der Unfallklasse sind 35 % Kinder, von denen der Gebrechenklasse 13 %, von denen der Invaliden⸗ klasse 21,5 % und von der Restklasse 63,5 %. Von den Land⸗ armenverbänden wurden am 1. Oktober 1323 Männer und 721 Frauen. im Ganzen 2044 Personen unterstützt, wozu dann noch 25 Männer und 24 Frauen, im Ganzen 49 Personen kommen, welche in

eil⸗ und Pflege⸗, Kranken⸗ und Taubstummenanstalten auf Staats⸗ osten unterhalten werden. Landarme waren also 1348 Männer 745 Frauen, im Ganzen 2095 vorhanden. Im Ganzen beträgt schließlich die Zahl der öffentlich unterstützten Armen (angenommen, daß die bei den Ortsarmen aufgeführten 15 290 Kinder zur Hälfte Knaben und zur Hälfte Mädchen sind): e“ 88 änner Frauen Zusammen Ortsarme 15 466 21 480 36 946 e“

Landarme 1 348 745 2 095

Im Ganzen 16 814 22 225 39 041

Es kommt sonach auf 40,2 Einwohner 1 öffentlich unterstützter Armer oder es giebt 2,5 % der Bevölkerung öffentlich unterstützte Arme. Der Aufwand der Kreise für die Armenpflege betrug im Jahre 1880 annähernd 800 000 Den gleichen Aufwand für 1881 an⸗ genommen, treten dem obgedachten Aufwand der Ortsarmenverbände von 5 Millionen dieser weitere Betrag, sowie die Kosten der vom Staat unterhaltenen Armen hinzu, und kann also der Gesammt⸗ aufwand für öffentliche Armenpflege im Großherzogthum auf annähernd 6 Millionen Mark geschätzt werden. ““

im Ganzen

1“

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Aus dem Verlage von J. Guttentag (D. Collin) in Berlin und Leipzig liegen folgende Bücher juristischen Inhalts vor:

Das Gesetz, betreffend die Anlegung und Verände⸗ rung von Straßen und Plätzen in Städten und länd⸗ lichen Ortschaften vom 2. Juli 1875 von R. Friedrichs, Ober⸗Verwaltungsgerichts⸗Rath. Das Gesetz vom 2. Juli 1875 behandelt einen Gegenstand, welcher sowohl für die Einzelnen wie für die Gemeinde⸗ und Polizeibehörden von hervorragender Wichtig⸗ keit ist; es wird in der Mehrzahl der Städte fortwährend zur An⸗ wendung gebracht und es birgt trotz seiner Kürze eine verhältnißmäßig große Zahl von Zweifeln. Um so mehr wird ein Handbuch, welches den Behörden wie den Privatpersonen praktisch brauchbare Fingerzeige giebt, von Nutzen sein. Das vorliegende Schriftchen ist geeignet, diesen Zweck zu erfüllen.

Von dem „Strafgesetzbuch für das. Deutsche Reich“ Mit Kommentar von Dr. Hans Rüdorff, Geheimer Ober⸗Finanz⸗ Rath zu Berlin“ ist die zweite Hälfte der von M. Stenglin herausgegebenen dritten Auflage erschienen. Die Auflage ist mit be⸗ sonderer Berücksichtigung der Praxis des Reichsgerichts bearbeiter worden.

Das soeben ausgegebene Doppelheft 11 u. 12 (Jahrg. XXXI.) der Zeitschrift für Bauwesen, herausgegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten (Redaktions⸗Kommission: H. Herrmann, Fr. Hitzig⸗ J. W. Schwedler, O. Baensch, H. Oberbeck, Redacteur: F. Endell, Berlin, Verlag von Ernst u. Korn Gropiussche Buch⸗ und Kunsthandlung), hat folgenden Inhalt: Originalbeiträge: Central⸗ und Kuppelkirchen der Renaissance in Ober⸗ und Mittel⸗ Italien (Schluß) mit Zeichnungen, vom Architekten H. Strack in Berlin. Die Quaimauern auf Feyenvord bei Rotterdam, mit Zeichnungen, vom Regierungs⸗Baumeister Havestadt in Berlin. Bemerkungen über den Betrieb von Schiebebühnen mit Maschinen⸗ kraft, insbesondere die Lokomotivschiebebühne mit Gasmotor⸗Betrieb in dem Lokomotivschuppen zu Landsberg a. W., mit Zeichnungen, vom Maschinen⸗Bauführer Queißer in Berlin. Ueber die Stöße des hydraulichen Widders in den Leitungen. Eine Untersuchung der Mittel, die man behufs Abschwächung ihrer Wirkungen angewandt hat, von J. Michaud, Ingenieur. Uebersetzt von Ernst Wolff, Do⸗ zenten an der technischen Hochschule in Berlin. Schluß.) Gothische Zimmermalerei aus Fritzlar, mit Zeichnungen, vom Architekten Carl Schäfer, Dozenten an der technischen Hochschule in Berlin. Mit⸗ theilungen nach amtlichen Quellen.

„Gustav Freytag⸗Galerie. Nach den Original⸗Gemälden und Cartons der ersten Meister der Neuzeit, photographirt von Fr. Bruckmann.“ Mit begleitenden Texten von Johannes Proelß. Leipzig, Verlag von Edwin Schlömp. Diese neue Ausgabe der „Gustav Freytag⸗Galerie“, deren frühere mehrfach an dieser Stelle mit Anerkennung besprochen worden sind, vereinigt die einzelnen Blätter zu einem geschlossenen Werke, in dem sich die bildliche Darstellung mit der des Schriftstellers zur Veranschaulichung des reichen poetischen Schatzes vereint hat, welchen das Schaffen Gustav Freytags der deutschen Literatur zugeführt hat. Zu der Arbeit des Griffels und Stiftes hat sich die der Feder gesellt; neben den 30 Bildern der Freytag⸗Galerie bietet das „Freytag⸗Album“Terte, die nicht nur die ein⸗ zelnen Darstellungen erläutern, sondern auch im Zusammenhange ein voll⸗ ständiges Bild von des Dichters Entwickelungsgang und Bedeutung geben. Die einzelnen Blätter dieser elegant ausgestatteten (Folio⸗) Ausgabe sind von einem geschmackooll erfundenen Ornament umrahmt, und der splendid gedruckte Tert mit hübschen Initialen, Kopfleisten und Schlußstücken geziert. Die vorliegende erste Lieferung enthält zwei der schönsten Blätter aus der ersten Abtheilung, Illustrationen zu den „Bildern aus der deutschen Vergangenheit“, und zwar: die bekannte reizende Komposition zur „Sage vom Thränenkrug“, von Paul Thumann, und die prächtigen „germanischen Frauen nach der Schlacht bei Aquae Sextiae“, von W. Lindenschmidt. Ein von Woldemar Friedrich erfundenes charakteristisches Titelbild in Bunt⸗ druck eröffnet diese erste Abtheilung, welche wie die anderen je 10 Bilder umfassen wird; die zweite wird die Illustrationen zu den Romanen und Dramen Freytags, die letzte die zu seiner reifsten vollendetsten Dichtung, den „Ahnen“, enthalten. Das prächtige, Ihrer Kaiserlichen und Königlichen Hoheit der Kronprinzessin gewidmete Werk wird aus 15 Lieferungen von je 2 Bogen Text und 2 bis 3 photographischen Blättern bestehen (Preis jeder Lieferung 2 50 ₰) und soll zu Ostern 1882 vollendet sein. Nach dem Erscheinen tritt ein erhöhter Ladenpreis von 50 ein.

Paul Mosers Notizkalender als Schreibunter⸗ lage für 1882. In eleganter Ganzleinewandmappe mit grünem Tuchpapier überzogen. Größe 25 *% 35 em. Preis 2 Verlag des Berliner Lithographischen Instituts, Berlin W., Potsdamerstraße Nr. 110. Dieser praktische Kalender für Kaufleute enthält außer dem Comtoirkalender, welcher die Innenseite des Deckels einnimmt, einen liniirten Notizkalender für alle Tage des Jahres, mit Löschpapier durchschossen, die neuesten Be⸗ stimmungen über den Post⸗ und Telegraphenverkehr, ein Verzeichniß derjenigen Banken, deren Noten bei allen Reichsbanken angenommen werden, der gleichnamigen Postorte, der Straßen Berlins mit Angabe der Lage nach Himmelsrichtung, Münz⸗, Maß“, Gewichts⸗ und Zinsen⸗ berechnungstabellen, die Genealogie der europäischen Negentenhäuser, Be⸗ stimmungen über den Verkehr mit der Reichsbank, Wechselstempel u. v. A., endlich auch ein Verzeichniß der bedeutenderen Städte des Deut⸗ schen Reichs, Oesterreich⸗Ungarns und der Schweiz mit Angabe der Einwohnerzahl, Gerichtsbarkeiten, Eisenbahnen und der Adressen von Rechtsanwälten, Gerichtsschreibern, Bank⸗, Speditions⸗ und Kommis⸗ sionsfirmen. Eine werthvolle Beilage des Kalenders bildet die Liebe⸗ now'sche Eisenbahnkarte.

Die Firma F. A. Brockhaus in Leipzig, welche die weitbekannte Verlagshandlung, ein Sortiment und Antiquarium, so⸗ wie ein Kommissionsgeschäft, eine Buchdruckerei ꝛc. umfaßt, veröffent⸗ licht von Zeit zu Zeit sog. „Mittheilu ngen“. In denselben er⸗ stattet die genannte Firma Bericht über die neuen Unternehmungen ihres Verlags sowie über üe der deutschen und aus⸗ ländischen Literatur, welche durch ihr Cortiment und Antiquarium zu beziehen sind. So ist soeben Nr. 6 ihrer „Mittheilungen“ dieses Jahres erschienen, welche von ihrem neuesten Verlage Nachricht giebt, wie Besprechungen mehrerer Werke und allerhand bibliographische Notizen enthält. Aus der Zahl der neuesten Brockhausschen Verlagsartikel heben wir hervor: „Nordenskjölds Umsegelung Asiens und Europas auf der Vega, eine authentische Schilderung seiner epochemachenden Reise auf der Vega nebst einer Darstellung der sämmtlichen früheren englischen, holländischen, norwegischen und schwedischen Versuche, die Nordost⸗ Durchfahrt zu gewinnen; ferner die 4. Auflage von v. Rönnes Staatsrecht der preußischen Monarchie, welche sehr wesentliche Be⸗ reicherungen und Umgestaltungen erfahren hat, so daß sie auch für die Besitzer früherer Ausgaben unentbehrlich ist; endlich den „Neuen Pi⸗ taval“, eine Sammlung der interessantesten Kriminalgeschichten aller Länder aus älterer und neuerer Zeit. Die Brockhaussche Buch⸗ handlung hat auch mehrere neue Kataloge ausgegeben, sowie ein Ver⸗ zeichniß ausgewählter Werke aus ihrem Verlage in eleganten Ein⸗ bänden; ein Verzeichniß ausgewählter Werke der französischen, englischen, stalienischen und spanischen Literatur, zu beziehen durch die genannte

andlung; ein Verzeichniß der hauptsächlichsten ausländischen Zeit⸗ schriften, gleichfalls durch dieselbe Firma zu beziehen; endlich 2 anti⸗ quarische Kataloge von 1210 resp. 1830 rechtswwissenschaftlichen bepv. efemzstenschafthichen Werken ihres antiquarischen Bücherlagers. Diese Kataloge sind durch jede Buchhandlung gratis zu erbalten.

—. Nach einer Mittheilung der schweizerischen Erdbeben⸗ kommission (Präsident A. Forster) war der verflossene Monat November an Erdbeben ungewöhnlich reich. Es fanden an 17 Tagen nicht weniger als 29 zeitlich getrennte Erderschütterungen mit ctwa 41 Einzelstößen statt. ““

Gewerbe und Handel. Am 20. Januar 1882, Morgens 11 Uhr, kommen in der König⸗

lich spanischen Pulverfabrik zu Murcia und im Artilleric⸗Depot ka

Ceö1“