1882 / 12 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 14 Jan 1882 18:00:01 GMT) scan diff

Landgericht in Cottbus, der Rechtsanwalt Franz Wilhelm Fischer II. aus Cöln bei dem Amtsgericht in Mülheim am Rhein, der Gerichts⸗Assessor Neuer bei dem Amtsgericht in Euskirchen, der Gerichts⸗Assessor Spangenberg bei dem Landgericht in Hannover, der Gerichts⸗Assessor Wex bei dem Landgericht in Bielefeld, der Gerichts⸗Assessor Geilen bei dem Amtsgericht in Haspe, der Gerichts⸗Assessor Dr. Stephan bei dem Landgericht in Breslau, der Gerichts⸗Assessor von Rabenau bei dem Landgericht in Schweidnitz, der Gerichts⸗ Assessor Dr. Meyßner und der Gerichts⸗Assessor a. D. Seligsohn bei dem Landgericht J. in Berlin, der bisherige Staatsanwalt Müller aus Danzig bei dem Amtsgericht in Schlawe. .

Der Ober⸗Landesgerichts Präsident Dr. Hartmann in

Hamm ist gestorben.

Personalveränderungen.

Königlich Preußische Armee.

Ernennungen, Beförderungen und Versetzungen. Im aktiven Heere. Berlin, 10. Januar. v. Conxring, Oberst u. Commandeur des Inf. Regts. Nr. 81, mit Belassung der Regts. Uniform, zu den Offizieren von der Armee versetzt. v. Struensee, Oberst, aggreg. dem Inf. Regt. Nr. 44 und kommandirt zum Inf. Regt. Nr. 81, mit der Führung des letzgen. Regts., unter Stellung à la suite desselben, beauftragt. v. Versen, Pr. Lt. vom Garde⸗ Füs. Regt., zum Hauptm. und Comp. Chef befördert. v. Goldbeck, Pr. Lt. vom Jäger⸗Bat. Nr. 9, in das Garde⸗Füs. Regt., v. Brau⸗ chitsch, Sec. Lt. vom Jäger⸗Bat. Nr. 4, unter Beförder. zum Pr. Lt., in das Jäger⸗Bat. Nr. 9 versetzt. erzoglich Braunschweigisches Kontingent. 72- e82” Mren Pr. Lt. von der Landw. Kav. des

1. Bats. Landw. Regts. Nr. 92, der nachgesuchte Abschied bewilligt.

Nichtamtliches.

Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 14. Januar. Se. Majestät der Kaiser und König nahmen heute in Gegenwart des Gouverneurs und des Kommandanten militärische Meldungen sowie demnächst den Vortrag des Generallieutenants von Albedyll entgegen.

Später ertheilten Se. Majestät in Gegenwart des Ver⸗ treters des Auswärtigen Amts, Grafen Hatzfeldt, dem neu ernannten Königlich niederländischen Gesandten Jonkheer van der Hoeven eine Audienz, behufs Entgegennahme seines Beglaubigungsschreibens. 1““

1 Beide Kaiserlichen und Königlichen Majestäten beglückwünschten gestern die verwittwete Fürstin Wilhelm Radziwill zu ihrem Geburtstage und waren bei einem Kinder⸗ feste daselbst anwesend. 8b Ihre Majestat die Kaiserin und Königin er⸗ theilte heute nach Sr. Majestät dem Kaiser und König dem niederländischen Gesandten die erbetene Antritts⸗Audienz.

Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz begab Sich gestern Vormittag 10 Uhr zur Hof⸗ jagd nach den Feldmarken von Buckow und Britz und kehrte gegen 4 ½ Uhr nach Berlin zurück. 1

Am Abend besuchte Se. Kaiserliche Hoheit der Kronprinz

die Fest⸗Vorstellung der „Räuber“ im Königlichen Schaufpiel⸗ hause und demnächst mit Ihrer Kaiserlichen Hoheit der Kron⸗ prinzessin und Ihrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Victoria die anläßlich des Geburtstages Ihrer Durchlaucht der Fürstin Mathilde Radziwill bei dem Fürsten und der Fürstin Anton Radziwill stattgehabte Soirée und Kinder⸗Vorstellung.

Se. Königliche Hoheit der Prinz Carl empfing heute den außerordentlichen Gesondten und bevoll⸗ mächtigten Minister Sr. Majestät des Königs von Portugal, Marquis de Penafiel, und den außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister Sr. Majestät des Königs der Belgier, Grafen van der Straten⸗Ponthoz, in Höchstseinem Palais in Audienz.

Der Bundesrath trat heute zu einer Sitzung zu⸗

sammen.

Der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Reichstags befindet sich in der Ersten Beilage.

In der heutigen (25.) Sitzung des Reichstages, welcher die Staats⸗Minister Bitter und von Boetticher, sowie mehrere Bevollmächtigte zum Bundesrath und Kommissarien desselben beiwohnten, machte der Präsident den Vorschlag, den ersten Gegenstand der Tagesordnung (Antrag des Abg. Kayser) an zweiter Stelle zu berathen, da der Druck des Kommissionsberichtes erst in einer Stunde fertig gestellt wer⸗ den könne. Der Vorschlag wurde ohne Debatte angenommen. Das Haus trat darauf in die Berathung des zweiten Gegen⸗ standes der heutigen Tagesordnung ein: Mündlicher Bericht der Kommission für den Reichshaushalts⸗Etat über den der⸗ selben wiederholt zur Berathung überwiesenen Titel 1 (Zölle) Kap. 1 der Einnahmen des Reichshaushalts⸗Etats für das Etatsjahr 1882/83 (Anlage XVI., Zölle und Verbrauchssteuern).

Nach dem Referat des Abg. von Wedell⸗Malchow erhielt bei Schluß des Blattes der Abg. Dr. Möller (Königsberg) das Wort.

Beide Häuser des Landtags hielten unmittelbaa nach der Eröffnung Sitzungen ab.

Die Sitzung des Herrenhauses eröffnete der Präsident erzog von Ratibor mit einem Hoch auf Se. Majestät den aiser und König. Das Haus wählte sodann durch Ak⸗

klamation den Herzog von Ratibor zum ersten Präsidenten und den Grafen Arnim⸗Boitzenburg zum ersten Vize⸗Präsi⸗ denten. eem zweiten Vize⸗Präsidenten wurde mit 38 Stim⸗ men Hr. Beseler gegen Graf Brühl, der 37 Stimmen erhielt, gewählt. Die nächste Sitzung findet am Montag, Nach⸗ mittag 2 Uhr, statt.

Im Abgeordnetenhause führte der Abg. von Köller provisorisch den Vorsitz und eröffnete die Sitzung mit einem Hoch auf Se. Majestät den Kaiser und König, konstatirte die Anwesenheit von 259 Mitgliedern, also die Beschlußfähigkeit des Hauses, und setzte die nächste Sitzung zur wzagr, des Präsidiums und der Schriftführer auf Montag

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Nach der im Reichs⸗Eisen bahn⸗Amt aufgestellten, in der Zweiten Beilage veröffentlichten Nachweisung der auf

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deutschen Eisenbar 1-00hn eausschließlich Bayerns im

Monat November vape⸗ . J. Eisenbahnbetriebe (mit Aus⸗ schluß der Werkstätten) vorgetennltenen Unfälle waren im Ganzen zu verzeichnen: 6 Entgleisungen und 3 Zusammen⸗ stöße auf freier Bahn, 27 Entgleisungen und 37 Zusammenstöße in Stationen und 186 sonstige Unfälle (Ueberfahren von Fuhrwerken, Feuer im Zuge, Kessel⸗Explosionen und andere Betriebs⸗Ereignisse, wobei Personen getödtet oder verletzt worden sind). 8

Bei diesen Unfällen sind im Ganzen, und zwar größten⸗ theils durch eigenes Verschulden, 213 Personen verunglückt, sowie 63 Eisenbahnfahrzeuge erheblich und 148 unerheblich beschädigt. Es wurden von den 13 627 636 überhaupt beför⸗ derten Reisenden 1 getödtet, 8 verletzt (davon entfallen die 8 Verletzungen auf die Württembergischen Staats⸗Cisen⸗ bahnen und die Tödtung auf die Bahnstrecken im Ver⸗ waltungsbezirke der Königlichen Eisenbahn⸗Direktion zu Cöln (linksrheinische); von Bahnbeamten und Arbeitern im Dienst beim eigentlichen Eisenbahnbetriebe 28 getödtet und 85 verletzt und bei Nebenbeschäftigungen 2 getödtet, 28 verletzt; von Post⸗, Steuer⸗ ꝛc. Beamten 2 verletzt; von fremden Personen (ein⸗ schließlich der nicht im Dienst befindlichen Bahnbeamten und Arbeiter) 21 getödtet und 14 verletzt, sowie bei Selbstmord⸗ versuchen 23 Personen getödtet und 1 verletzt.

Von den sämmtlichen Verunglückungen mit Ausschluß der Selbstmorde entfallen auf:

A. Staatsbahnen und unter Staatsverwal⸗ tung stehende Bahnen (bei zusammen 22 047,36 km Be⸗ triebslänge und 580 367 982 gesörderten Achskilometern) 169 Fälle, darunter die größte Anzahl auf die Bahnstrecken im Verwaltungsbezirke der Königlichen Eisenbahn⸗Direktion (rechtsrheinische) zu Cöln (27), die Oberschlesische Eisenbahn (24) und die Württembergischen Staats⸗Eisenbahnen (21); auch ver⸗ hältnißmäßig, d. h. unter Berücksichtigung der geförderten Achskilometer und der im Betriebe gewesenen Längen, sind auf den vorgenannten Eisenbahnen die meisten Verunglückungen vorgekommen.

B. Größere Privatbahnen mit je über 150 km Betriebslänge (bei zusammen 5882,20 km Betriebslänge und 102 252 521 geförderten Achskilometern) 19 Fälle, darunter die größte Anzahl auf die Rechte Oderufer⸗Eisenbahn (6), die Breslau⸗Schweidnitz⸗Freiburger Eisenbahn (4) und die Berlin⸗Hamburger Eisenbahn (4); auch verhältnißmäßig sind auf diesen Bahnen die meisten Verunglückungen vor⸗ gekommen.

C. Kleinere Privatbahnen mit je unter 150 km Betriebslänge (bei zusammen 1115,76 km Betriebs⸗ länge und 8 341 208 geförderten Achskilometern) 1 Fall, und zwar auf der Nordhausen⸗Erfurter Eisenbahn.

Die Präklusion dritter Realberechtigter als Eigenthümer der zur Subhastation gestellten Gegenstände setzt nach einem Erkenntniß des Reichsgerichts, vom 20. De⸗ zember 1880, voraus, daß aus dem Subhastationspatent allein ich Fühnehos war, welche Gegenstände zur Subhastation ge⸗ tellt sind.

Ein durch gewechselte Briefe zu Stande gekom⸗ mener Vertrag ist nach einem Urtheil des Reichsgerichts, IV. Civilsenats, vom 1. Dezember v. J., auch dann als ein stempelpflichtiger schriftlicher Vertrag anzusehen, wenn aus der gewählten Form erhellt, daß die Absicht der Kontrahenten nicht blos darauf gerichtet war, die Bedingungen des Geschäfts und die Einwilligung der Kontrahenten zu vereinbaren, sondern zugleich auch darauf, ein den Beweis erleichterndes Instrument über das fragliche Geschäft zu errichten.

In Bezug auf die Bestimmung des §. 865 der Deut⸗ schen Civilprozeßordnung, betr. das schiedsrichterliche Verfahren, wonach der Schiedsspruch von den Schieds⸗ richtern zu unterschreiben und den Parteien in einer von den Schiedsrichtern unterschriebenen Ausfertigung zuzustelen ist, hat das Reichsgericht, I. Civil⸗ senat, durch Urtheil vom 5. November v. J. folgende Ent⸗ scheidung gefällt: Die Zustellung einer beglaubigten Abschrift des Schiedsspruches und nicht einer von den Schiedsrichtern unterschriebenen Ausfertigung des Schiedsspruchs (Original) an eine der Parteien bildet einen sormalen Verstoß gegen die gedachte Bestimmung der Civ. Proz. Ordn. und macht das schiedsrichterliche Verfahren wirkungslos. Ebenso macht die Zustellung der Ausfertigung des Schiedsspruches an eine der Parteien, nicht direkt auf Betreiben der Schiedsrichter, sondern der anderen Partei (es übersendet das Schiedsgericht beispiels⸗ weise dem Kläger zwei Aussertigungen des Spruchs, ihm überlassend, eine dieser Ausfertigungen dem Verklagten durch Gerichtsvollzieher zuzustellen), das schiedsrichterliche Verfahren wirkungslos.

Bayern. München, 11. Januar. Die „Allg. Ztg.“ schreibt: Bezüglich des Beschlusses der Kammer ker Abgeordneten über Aufhebung der Königlichen Verordnung vom 29. August 1873, die Simultanschulen betreffend, beantragt, wie schon früher erwähnt, Hr. Reichsrath Bischof von Dinkel als Refe⸗ rent des dritten Ausschusses die unveränderte Zustimmung; hierzu wird nun Hr. Reichsrath Dr. von Meyer, Präsident des protestantischen Ober⸗Konsistoriums, eine Modifikation be⸗ antragen, nach welcher, wie wir vernehmen, nicht die Auf⸗ hebung, vielmehr eine Revision der in Rede stehenden König⸗ lichen Verordnung bezielt werden soll. Es wird dieser Gegen⸗ stand in der Hohen Kammer in der nächsten Sitzung am 23. d. M. zur Berathung gelangen, und außerdem auch ver⸗ schiedene, von der Kammer der Abgeordneten bereits erledigte Budgetetats.

Sachsen. Dresden, 13. Januar. (Dr. J.) In der heutigen Sitzung der Ersten Kammer wurde zunächst eine Anzahl von Petitionen um Aufhebung des obligatorischen Fortbildungsschulunterrichts, unter Beitritt zu dem Beschlusse der Zweiten Kammer, auf sich beruhen gelassen. Die Kammer ging dabei von der Erwägung aus, daß mit einem ab⸗ schließenden Urtheile über die Fortbildungeschule noch, bis nach Ablauf eines längeren, als des seit 1875 verstrichenen Zeitraumes, zurückzuhalten und diesem Institut zu seiner Ent⸗ wickelung inmittelst Zeit zu gönnen sei. Eine weitere Petition um Erlaß eines Wildschadengesetzes wurde theilweise auf sich beruhen gelassen, theilweise als unzulässig erklärt.

Die Zweite Kammer erledigte in Schlußberathung das Königliche Dekret, betreffend den Ankauf der Chemnitz⸗ Würschnitzer Eisenbahn und der sächsisch⸗thüringischen Ost⸗ westbahn Zwickau⸗Weida. Die Finanzdeputation beantragte, die Regierung zum Ankauf der genannten Bahnen in Ge⸗ mäßheit der abgeschlossenen Kaufverträge und zur Entnahme der erforderlichen Mittel aus dem Erneuerungsfonds der

ͤ““ 2 1 Staatseisenbahnen zu ermächtigen. In der sich anschließen⸗ den Debatte legte der Abg. Grahl dar, daß auf seinen Be⸗ trieb die Kammer im Jahre 1878 den Ankauf der Chemni Würschnitzer Eisenbahn abgelehnt habe, in der Ueberzeugun daß dieselbe später unter günstigeren Bedingungen zu haben sein werde. Diese Erwartung habe sich erfüllt, denn nicht nur sei der Kaufpreis von 650 auf 600 Rente pro Aktie abgemindert, sondern es sei auch inzwischen der Bahnkörper durch Legung von Stahlschienen verbessert worden. Da der Staat bei den jetzigen Verkehrsverhältnissen eine Rente von 4,6 pCt. aus ver Bahn ziehen werde, so werde er heute für den Ankauf der Bahn stimmen. Der Abg. Uhl mann (Stollberg) konstatirte, daß in seiner Gegend die Sym⸗ pathien für den Ankauf der Chemnitz⸗Würschnitzer Bahn gering seien. Inzwischen werde er für den Ankauf der Bahn stimmen, da die Bahn eine sehr gute Rente ab⸗ werfen und in einem Zustand übergeben werde, welcher zu dem Kaufpreise in einem angemessenen Verhältniß stehe Die Anträge der Deputation wurden hierauf einstimmig an genommen.

Hessen. Darmstadt, 11. Januar. (Frkfrt. Ztg.) Nach dem den Ständen vorgelegten Entwurf des Finanz⸗ gesetzes soll an direkten Steuern auf die Mark Einkommen⸗ steuer und Gewerbesteuerkapital der Betrag von 17 ½ aus⸗ geschlagen und nach den gesetzlichen Bestimmungen erhoben werden. Neben Reichssteuern und Reichszöllen sollen Hessen die Weinsteuer, Brückengelder, und Gerichtsgebühren, Kollationalgelder und Abgaben von Hunden und Nachtigallen zur Erhebung langen. Das Betriebskapital der Hauptstaatskasse auf die Summe von 3 500 000 gebracht werden. Da Ministerium der Finanzen ist ermächtigt, zu diesem Behuf au dem Wege des Anlehens ein Kapital bis höchstens zum Belauf des der Stadt Mainz aus den Aktiven der Hauptstaatskass gewährten Darlehns von 2 520 000 mittelst Ausgab 4 prozentiger Schuldverschreibungen aufzunehmen, dessen Ver zinsung aus den von der Stadt Mainz zu entrichtenden Zins beträgen zu erfolgen hat.

Elsaß⸗Lothringen. Straßburg, 13. Januar (W. T. D) Die „Elsaß⸗Lothringische Zeitung“ publizirt einen Befehl des Statthalters, durch welchen der Allerhöchste Erlaß vom 4. d. M. allen Beamten 8 in Elsoß⸗Lothringen, welche dem Kaiser den Eid der Treue geleistet haben, zur Kenntnißnahme und Nachachtung mit⸗ getheilt wird. Ferner bezeichnet das nämliche Blatt die durck eine Reihe deutscher Zeitungen gehende Notiz, daß für die Erbauung des Kaiserpalastes in Straßburg eine ganz andere und ungleich ungünstigere Stelle als die ursprünglich bestimmte in das Auge gefaßt sei, als der Begründung ent behrend: es sei hinsichtlich des Platzes nichts geändert worden.

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Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 12. Januar. Communiqué der „Bud. Corr.“ über die Eventualität einer Einberufung der Delegationen lautet:

„Um dem eventuellen Ausbruche größerer Unruhen bei der bevor⸗

stehenden strengen Durchführung des Wehrgesetzes in der Kriwoschje und in der Herzegowina sicher vorbeugen zu können und in Süd⸗

dalmatien gesicherte Zustände zu gewährleisten, wurde in den jüngst in 2

Wien abgehaltenen gemeinsamen Ministerkonferenzen beschlossen, eine

entsprechende Truppenanzahl in die Kriwoschje und die Herzegowina zu disloziren. Das Aufgebot der Truppenmacht beträgt im Ganzen vor⸗ Die Kosten sind, nachdem die Truppen blos Marschzulage erhalten und weder für Munition noch für die Ver⸗

läufig 8000 Mann.

pflegung besonders große Ausgaben nothwendig erscheinen, und anderer⸗ seits die österreichische Regierung im Rahmen der inneren dalma⸗

tinischen Verwaltungsauslagen einen Theil der Kosten zu decken hat,

verhältnißmäßig gering veranschlagt, so daß die Nothwendigkeit, einen besonderen außerordentlichen Kredit zu verlangen, für jetzt nicht vorliegt. Es ist Augenblicke, wo die Vegeranen für größere Summen zu sorgen hätten, sie sofort an

glauben, daß es, weil eben rechtzeitig umfassende Vorsichtsmaßregeln

getroffen werden, dazu nicht kommen wird; dem verschließen sich aber )

die Regierungen keineswegs, daß bei einem eventuell vorauszusehenden größeren außerordentlichen Erfordernisse die Delegationen einzuberufen und von ihnen die Votirung der Summen zu verlangen wäre. Was übrigens die Herzegowina betrifft, dürfte die Anwesenheit einer entsprechenden Garnison vollständig genügen, um die Ruhe nach jeder

Richtung sicher aufrechtzuerhalten; anders gestaltet sind aber die

Verhältnisse in der Kriwoschje, wo in Folge des Terrains das Eat⸗ schlüpfen einiger Stellungspflichtiger die ganze Zahl derselben ist ja eine verschwindend kleine und es handelt sich lediglich um die Durchführung des Prinzips selbst beim Aufgebot der größten Militärmacht und wenn auch Montenegro wie dies jetzt wirklich der Fall ist einen noch so strengen Kordon zieht, kaum verhindert werden könnte, weshalb es auch als Selbsttäuschung erschiene, zu glauben, daß etwa als Resultat der getroffenen Verfügungen eine absolute Unterwerfung jedes einzelnen Bewohners der Kriwoschje er⸗ wartet wird.“

Pest, 12. Januar. Der von dem ZJustiz⸗Minister im Abgeor netenhause eingebrachte Gesetzentwurf über den Wucher und andere schädliche Kreditgeschäfte um⸗ faßt 26 Paragraphen und fixirt die straffreien Zinsen mit 8 Prozent. Auf den Wucher setzt er Strafen von 100 bis 2000 Fl. (bei geschästsmäßigem Betriebe sogar 4000 Fl.) und Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren, welche auch neben den Geldstrafen diktirt werden können. Wer ein mit dem Ehrenworte oder ähnlichen Ausdrücken bekräftigtes Versprechen ausnützt, begeht eine Uebertretung, welche mit Geldstrafen bis 300 Fl. oder eventuellen Arrest geahndet wird und wenn sich dieses Versprechen auf ein Wuchergeschäft bezog, werden die auf den Wucher ge⸗ setzten Strafen noch nebenbei diktirt und beiderlei Straf⸗ ausmaß kumulirt. Ein eigener Abschnitt (§§. 21 25) behan⸗ delt die Zasthausschulden und verfügt, daß Gasthausforderun⸗ gen für geistige Getränke nicht eingeklagt werden können, wenn der Wirth die Getränke ausfolgte, bevor noch der Gast eine frühere ähnliche Schuld getilgt hat. Die Umgehung dieser Bestimmung von Seiten des Gastwirths wird als Aus⸗ schreitung behandelt und bis zu 200 Fl. bestraft. Der Text dieser Gesetzesbestimmung muß in allen Schanklokalen affigirt werden.

Schweiz. Bern, 11. Januar. (N. Zürch. Ztg.) Der außerordentliche Gesandte und bevollmächtigte Minister Groß⸗ britanniens, Adams, überreichte heute dem Bundes⸗Präsidenten seine Kreditive. Das vom Bundesrath festgesetzte Ver⸗ zeichniß für die nächste Session der Bundesversammlung ent⸗ hält 37 Verhandlun asgegenstände, darunter einen Ge⸗ setzentwurf, betreffend Ergänzung des Bundesstrafgesetzes.

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selbstverständlich, daß in dem

as einzig kompetente Forum, an die Dele⸗ gationen deren Mandat bis zum Ablaufe der Parlamentssessionen dauert mit einer motivirten Vorlage herantreten würden. Wir

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Großbritannien und Irland. Lon (Allg. Corr.) Der Minister des Innern, Sir W. Harcourt, hat einen Reformplan für die Umgestal⸗ tung der Cityverwaltung entworfen. Der Entwurf macht der Sonderstellung der City innerhalb der Metropole ein Ende und schafft eine Gemeindevertretung für ganz London. Die Aufregung darüber in der City ist daher keine geringe.

Frankreich. Paris, 12. Januar. (Fr. Corr.) „Paris“ meldet: Hr. von Freyeinet hat gestern eine lange Unter⸗ redung mit dem Conseilspräsidenten gehabt. Die⸗ selbe hatte den herzlichsten Charakter. Der Senator zeigte Hrn. Gambetta offiziell an, daß er für die Vertretung des Seinedepartements optiren würde. Das Gespräch bewegte sich natürlich um die Revision. Hr. von Freycinet, der schon vor den Wahlen vom 8. Januar an den Erfolg einer beschränkten Revision im Senat glaubte, ist durch die Zunahme der republikanischen Ma⸗ jorität des Oberhauses in seinem Vertrauen nur bestärkt worden. Er selbst wird jedenfalls mit Nachdruck für die Regierungsvorlage im Senat eintreten. Es liegt Hrn. von Freycinet sehr fern, die Rolle anzunehmen, welche ihm die entschiedenen Feinde des Kabinets anbieten. Er begreist vortrefflich, daß sein Pro⸗ gramm fast in allen Punkten mit dem des gegenwärtigen Kabinets zusammenfällt, und daß kein Staatsmann, der dieses Namens würdig ist, sich dazu hergeben kann, Feindseligkeiten gegen Männer, die seine politischen Gesinnungsgenossen und zugleich alte und werthe Freunde sind, hülfreiche Hand zu bieten. Man wird anderwärts suchen müssen, um den Kam⸗ mern einen eventuellen Ersatzmann für Hrn. Gambetta stellen zu können.

Die Revisionsvorlage wird, wie im heuti gen Ministerrathe beschlossen worden, unmittelbar nach der Konstituirung der Deputirtenkammer und zwar in dieser allein eingebracht werden. Die Präsentirung im Senate bleibt einem späteren Momente vorbehalten. Die Regierung glaubt nämlich, nach dem „Voltaire“, zu wissen, daß ihre Vorlage im Senat, dem sie doch ungleich größere Opfer zumuthet, weit. mehr Aussicht hat, durchzudringen, als in der Deputirten⸗ kammer. Sie verschmäht es aber, auf die letztere einen Druck durch das Votum des Senats zu üben und wendet sich daher offen und ehrlich zuerst an die Stelle, von welcher sie die stärkste Opposition zu gewärtigen hat.

13. Januar. (W. T. B.) Die der Regierung nahe⸗ stehenden Zeitungen machen darauf aufmerksam, daß das Kabinet die Aufnahme des Prinzips des Listenskruti⸗ niums in die Verfassung verlange, daß dasselbe aber den Beschluß eines diesem Prinzip entsprechenden Wahlgesetzes für den letzten Zeitabschnitt der jetzigen Legislaturperiode vor⸗ behalte und demzufolge die Existenz der gegenwärtigen Legis⸗ latur in keiner Weise bedroht sei.

Türkei. Konstantinopel, 11. Januar. Dem ‚Reuter⸗ schen Bureau“ wird von hier gemeldet: Die aus den Herren Wettendorf, Gescher und Bertram zusammengesetzte Kommis⸗ sion ist vom Sultan beauftragt worden, einen Plan für die Reorganisation der Gensd'armerie auszuarbeiten. Man glaubt, daß die mit den englischen Gensd'armerie⸗Offi⸗ zieren bestehenden Kontrakte, welche in diesem Monat oblaufen, nicht erneuert werden würden. Eine Ausnahme wird indeß zu Gunsten von Baker Pascha gemacht werden. Die drei deutschen Beamten sind auch mit dem Entwurf eines Münzreform⸗ planes betraut worden. Es wird bemerkt, daß seit der Rückkehr der türkischen Botschaft aus Berlin der Sultan mehr Neigung bekundet hat, die Reformfrage in die Hand zu neh⸗ men. Es haben im Palast mehrere Berathungen für die all⸗ gemeine Erörterung des Gegenstandes slattgefunden, und Rechid By hat dern Regierung einen von ihm entworfenen Bericht überreicht, welcher die Nothwendigkeit für innere Re⸗ formen betont. Ein ernster Unfall ereignete sich heute im Arsenal. Ein Torpedo explodirte, infolge dessen zwei Personen getödtet und 30 verwundet wurden. Heute wurde im Palast ein Ministerrath abgehalten, in welchem angeb⸗ lich das Vorgehen Englands und Frankreichs Gegenstand der Erörterung bildete.“

Philippopel, 11. Januar. Seit der Herstellung von Ostrumelien als eine abgesonderte Provinz ist die Pforte be⸗ ständig ersucht worden, die Ernennung von Präfekten Wund Departements⸗Direktoren zu bestätigen, indeß ohne Resultat. Gestern ist die amtliche Bestaͤtigung sämmt⸗ licher Ernennungen unerwartet eingetroffen.

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Serbien. Belgrad, 12. Januar. (W. „Presse“.) Die Verhandlungen wegen des serbisch⸗griechischen Handelsvertrages werden zwischen dem griechischen Gesandten Delyannis und dem Finanz⸗Minister Mijatovics geführt und dürfte der Abschluß des Vertrages künftige Woche stattfinden.

Dänemark. Kopenhagen, 11. Januar. (Hamb. Corr.) Das Landsthing setzte gestern und heute die erste Lesung der Zoll⸗ und Steuervorlagen fort. Auch vie seit gestern zu Worte gekommenen Redner sprachen sich im Ganzen zu Gunsten der Vorlage aus und erklärten, daß sie jedenfalls ihre etwas abweichenden Standpunkte nicht festhalten würden, falls sie dadurch den Vorlagen unüberwindliche Hin⸗ dernisse in den Weg legen sollten. Der Finanz⸗Minister hob unter dem Beifall des Things hervor, daß die Diskussion die Unrichtigkeit der umlaufenden Gerüchte ergeben habe, welchen zufolge wegen der Zoll⸗ und Steuervorlagen Uneinigkeit im Thing selbst und zwischen letzterem und Ministerium herrsche.

Zeitungsstimmen.

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Der „Neuen Preuß. Ztg.“ wird

7. Januar, geschrieben: 18 Das verflossene Jahr hat unserer Stadt den schlimmen Vor⸗ aussagungen der hier besonders zahlreichen und enragirten Anhänger des schrankenlosen Freihandels zum Trotz eine ruhige, aber zugleich stetige Entwickelung zum Bessern im Handel und Wandel gebracht, während in den früheren Jahren gerade das Gegentheil der Fall war. Bis zum Ueberdruß hatten die sertschcitaftcen und sezessionistischen Blät⸗ ter gerade für unseren Ort unausgesetzt die schlimmsten Folgen der Steuer⸗ reform des Reichskanzlers prophezeit und dadurch die Gemüther befangen gemacht, nun strafen sie die Thatsachen Lügen und an der Hand der⸗ selben greift die bessere Erkenntniß in immer weiteren Kreisen Platz. In der Stadt Danzig selbst haben zahlreiche Neubauten bis zum Schlusse des Ih den Bauhandwerkern lohnende Beschäftigung sheanbrr Die Thätigkeit auf den Schiffswerften hat einen Auf⸗ chwung genommen, wie er seit Jahren nicht mehr gekannt war. Das Gleiche ist in Elbing der Fall und zahlreiche Arbeiter finden beim Bau von eisernen See⸗ und Flußdampfern, deren etwa zehn

aus Danzig,

don, 12. Januar.

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dort und hier theils bereits im Bau begriffen, theils für den Sommer bestellt sind, lohnende Beschäftigung. Dazu kommt noch der Bau eines Eisbrechdampfers, welchen die Staatsregierung am hiesigen Ort in Arbeit gegeben hat. Auch der Neubau und die Reparatur von sogenannten Oderkähnen wird lebhafter als sonst be⸗ trieben, während der Neubau von Seeschiffen aus Holz ganz auf⸗ gehört hat. Der ausgedehnte Mühlenbetrieb in der Stadt, wie auch in der Provinz, hat reichlichere Beschäftigung gefunden, nicht nur für den eigenen Bedarf, sondern auch für den Export. Die sonstigen hier bestehenden Fabriken haben sämmtlich eine erhöhte Thätigkeit ent⸗ falten können, so daß die zu erwartenden Dividenden der verschiedenen industriellen Aktiengesellschaften gegen die Vor⸗ jahre nicht unerheblich höher geschätzt werden. Die zahl⸗ reichen, besonders in letzter Zeit neu begründeten Zucker⸗ fabriken in unserer Provinz tragen wesentlich mit dazu bei, die Lage des Landmanns zu verbessern, die auch durch einen gegen das Vorjahr günstigeren Ernteausfall einigermaßen wenigstens gewonnen hat. Nach Vollendung der jetzt noch im Bau begriffenen Zucker⸗ fabriken schätzt man das zu gewinnende Quantum Zucker auf 500 000 Centner, was sich bereits im Laufe dieses Jahres beim Erport see⸗ wärts geltend machen wird. Der Konsum an schlesischen Steinkohlen gewinnt in unserer Provinz an Ausdehnung, zum Theil auch deshalb, weil diese Kohlen weniger Gruß abfallen lassen, als bei den englischen Kohlen der Fall ist. Trotz der so vielfach geschmähten Ge⸗ treidezölle hat der Ertrag der reichen Getreide⸗Ernte in Polen und Rußland doch zum guten Theil seinen Weg zum überseeischen Export über Danzig genommen; Tage, an welchen 150 bis 200 Waggon⸗ ladungen Getreide hier anlangten, gehörten nicht zu den Seltenheiten. Auch dies ist eine thatsächliche Widerlegung der behaupteten Verderb⸗ lichkeit unserer Getreidezölle. Als weiterer Beweis der Besserung unserer wirthschaftlichen Zustände wird ferner die Thatsache an⸗ zuerkennen sein, daß sich nach der Veröffentlichung der Danziger Sparkasse die Spareinlagen bei derselben vom Schlusse des Jahres 1880 bis zum Schlusse des Jahres 1881 von 7 877 288 auf 8 040 069 ℳ, also um 162 781 im Laufe des letzteren Jahres erhöht haben. Damit steht es im unmittelbaren Zusammenhang, daß sich vom 15. Dezember 1880 bis dahin 1881 die Pfänder bei dem städtischen Leihamte von 40 199 mit 327 562 Leihbetrag auf 33 191 mit 278 536 Leihbetrag verminderten. Das sind gewiß sehr erfreuliche Thatsachen, weil sie ein größeres Wohl⸗ ergehen und solidere Verhältnisse in den niederen Kreisen der Be⸗ völkerung konstatiren, welche unter den früheren Zuständen am em⸗ pfindlichsten zu leiden hatten.

„— Glückauf“, Berg⸗ und Hüttenmännische Zeitung für den Niederrhein und Westfalen, giebt über die Entwicke⸗ lung der deutschen Eisenindustrie seit dem neuen Zolltarif Mittheilungen wieder, welche in der Generalversammlung des Vereins deutscher Eisen⸗ und Stahlindustrieller der Geschäfts⸗ führer Dr. Rentzsch machte. Wir entnehmen diesen Mitthei⸗ lungen folgende Stellen:

Im vergangenen Geschäftsjahr, sagt der Bericht, ist zunächst in fast allen Branchen der Eisenindustrie und des Maschinenbaues in letzterem mit Ausnahme des bis zum 1. Juli d. J. noch schwer darniederlegenden Lokomotivbaues eine sehr ansehnliche Steigerung der Produktion wahrzunehmen gewesen. Für das laufende Jahr liegen die Zusammenstellungen der offiziellen Statistik noch nicht vor, doch dürfte nach der vom Verein fortgeführten Monatsstatistik die Produktion an Roheisen aller Art, falls bis zum Jahresschluß ein (nach Lage der Dinge un⸗ wahrscheinlicher) Rückschlag nicht eintreten sollte, sich für 1881 auf ca. 2 900 000 t belaufen, während in 1880 nur 2 729 038, in 1879 nur 2 226 588 t produzirt wurden. Nahezu dieselben Produktions⸗ steigerungen werden für die Weiterverarbeitung des Roheisens zu Stab⸗ und Walzeisen aller Art, zu Stahl und Stahlfabrikaten, Draht, Blechen und Platten, zu den Artikeln der Gießerei und der sog. Kleineisen⸗Industrie u. s. w., endlich für den Maschinenbau an⸗ zunehmen sein. Da zugleich die Lagerbestände sich nicht gehäuft, viel⸗ mehr abgenommen haben, unser Export wiederum gewachsen ist, vor allen Dingen jedoch die Preise für nahezu alle Eisenartikel sich mehr und mehr befestigt und sogar eine steigende Tendenz angenommen haben, da ferner durch die zur Zeit vorhandenen Bestellungen dem Arbeits⸗ bedürfnisse vieler Werke auch für die nächsten Monate einigermaßen entsprochen sein dürfte, kann füglich für jetzt von einer Ueberproduk⸗ tion nicht die Rede sein, vielmehr bietet die Summe dieser Erschei⸗ nungen Gewähr für einen zwar langsamen, aber doch normalen und gesunden Geschäftsaufschwung, von dem nur zu wünschen bleibt, daß er sich stetig weiter entwickeln und nicht, wie im Frühjahr 1880, durch eine stürmische Hausse künstlich gesteigert, in das Gegentheil umschlagen möge .. ...

Unter solcher Sachlage haben sich auch die Lohnverhältnisse wesentlich besser gestaltet, einmal nach der Richtung hin, daß mehr Arbeiter beschäftigt, andererseits das Verdienst des Arbeiters selbst höher bemessen werden konnte. Nach der vom Verein angestellten Statistik beschaftigten 305 durch das ganze Reich vertheilte Eisen⸗ hüttenwerke, Gießereien und Maschinenbauanstalten im Januar 1881 155 816 Arbeiter mit 10 199 930 Monatslohn, während auf den⸗ selben Werken im Januar 1879 nur 134 652 Arbeiter mit 8 237 049 Monatsverdienst vorhanden waren. Demnach war die Zahl der Arbeiter um 21 164 (15,7 %), der Arbeitsverdienst pro Monat um 1 962 881 (23,8 %) gestiegen. Im Januar 1879 verdiente durchschnittlich (also mit Einschluß der jüngern und geringer bezahlten Arbeitskräfte) ein Arbeiter monatlich 61,16 ℳ, im Januar 1881 dagegen 65,46 Für die 12 Monate des Jahres berechnet, würde sich ein Mehrverdienst des Arbeiters von 51,650 und für die 305 Werke, die nur erst einen, wenn auch sehr ansehnlichen Theil der deutschen Eisenindustrie repräsentiren, eine Erhöhung der Löhne um die be⸗ deutende Summe von 23 554 572 annehmen lassen. Seitdem hat sich diese Rechnung auf Einstellung noch weiterer Arbeiter und ander⸗ weite Steigerung des durchschnittlichen Monatsverdienstes noch günsti⸗ ger gestellt Wenn demgegenüber zu bemerken ist, daß die Lage der deutschen Eisenindustrie als eine vollbefriedigende noch nicht angesehen werden kann, so liegt der Grund vorzugsweise darin, daß die Einführung der neueren technischen Erfindungen Wund Verbesserungen nur mit Ausfwendung sehr beträcht⸗ licher Anlagekapitalien zu realisiren war und die auch noch im vergangenen Vereinsjahre erzielten niedrigen Preise die für industrielle Unternehmungen angemessen erscheinende Renta⸗ bilität, die in sogenannten guten Jahren selbstverständlich den landes⸗ üblichen Zinsfuß übersteigen muß, um den Ausfall der schlechten Jahre mitzudecken, nur ausnahmsweise erreichen ließen Aus den Geschäftsberichten einer großen Zahl von Aktiengesellschaften der Eisenindustrie ist indeß zu entnehmen, daß das Jahr 1880 bereits eine wesentliche Erhöhung des durchschnittlichen Reingewinnes dieser Gesellschaften gebracht hat und das laufende Jahr scheint noch günstigere Resultate zu versprechen. Die bessere Lage der Eisen⸗ industrie wird ferner kontastirt durch die steigenden Frach⸗ ten und die höheren Einnahmen der Eisenbahnen und zwar durch einen derart steigenden Verkehr, daß zu dessen regelrechter Bewältigung das vorhandene Eisenbahnmaterial sich als unzureichend erweist. Mit Ausnahme des Kohlen⸗ bergbaues verfügt keine Erwerbsbranche über so große Massenfrachten, wie die Eisenindustrie und der Maschinenbau und selbst von den Kohlen nimmt bekanntlich die Eisenindustrie 28 bis 30 % der ge⸗ sammten Produktion für sich in Anspruch. Eine Mehreinnahme der Bahnen (noch dazu Bayern nicht eingerechnet) von 19 ½ Mill. Mark in 10 Monaten, wie solche aus den neuesten Eisenbahnausweisen hervorgeht, steht denn doch in dem direktesten zu der von freihändlerischer Seite unaufhörlich wiederholten Behauptung, die neue Zollpolitik haben das Land ; ruinirt,

andel und Verkehr lägen elend darnieder. Im Gegentheil. Der ufschwung, dessen sich die deutsche Industrie zu erfreuen beginnt, ist in erster Linie auf unsere neue Handelspolitik zu basiren, und gerade

bei der Eisenindustrie liegen die namhaften Erfolge bei allen denen, welche

nicht von vornherein prinzipiell widersprechen und negiren wollen, klar

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Sppezialitäten sogar um zwei Drittheile und darüber.

auf der Hand. Durch den der nationalen Arbeit gesetzlich gewährten Schutz ist es der Eisenindustrie möglich geworden, ihren Erzeugnissen bis zu einem gewissen Grade den einheimischen Markt zu sichern. Sofort mit dem Inkrafttreten des neuen Zolltarifs sank die Einfuhr fremder Eisenwaaren aller Art um mehr als die Hälfte, in manchen Die Deckung dieser Mindereinfuhren ist seit 1879 von der einheimischen Industrie bernommen worden, und diese Versorgung des vaterländischen Marktes gab derselben erst die nothwendige Sicherheit der Produktion. Mit dem zurückkehrenden Vertrauen wendeten sich der Eisenindustrie größere Kapitalien zu, der Kredit wurde besser und billiger. Ausreichen⸗ des Kapital zu niedrigerem Zinsfuß und erweiterter Betrieb ermäßigten die Generalkosten der Produktion; die Industrie konnte billiger liefern und, in den Stand gesetzt, zu ermäßigten Preisen zu verkaufen, konnte sie auch auf ausländischen Märkten die fremde Konkurrenz besser be⸗ 8 stehen und ihren Erport erweitern. Von unseren freihändlerischen Gegnern ist während und nach den Berathungen über den neuen Zolltarif mit besonderem Nachdruck behauptet worden, durch die ein⸗ geführten Zölle werde unser Export auf das Empfindlichste benach⸗ theiligt werden. Sie haben sich vollständig geirrt, der Export ist seitdem nicht blos in Eisenartikeln und Maschinen, sondern in nahezu allen Industrieprodukten ansehnlich gestiegen, und auch nach dieser Richtung hat sich die neue Zollpolitik mit ihrer Tendenz, Rohstoffe in der Regel zollfrei zu belassen, von den Halbfabrikaten nur Zollsätze von durchschnittlich mäßiger Höhe zu erheben, recht gut bewährt. Vor 1879: empfindlicher Mangel an Aufträgen und falls solche erlangt wurden, Offerten zu verlustbringenden Preisen; geringer, durch die ausländische Konkurrenz empfindlich eingeengter Absatz im Inlande, deshalb forcirter, jedoch nicht lohnender Export; unvermeidliche Re⸗ duktuion der Arbeitskräfte, selbst bei verminderter Arbeiterzahl Ein⸗ schränkung der täglichen Arbeitszeit, fallende Lohnsätze; sehr geringe Rentabilität der Anlage⸗ und Betriebskapitalien, die sich in vielen Hüttenwerken und Maschinenbau⸗Anstalten bis zu stetig wiederkehren⸗ den Unterbilanzen herabminderte; nachtheilige Einwirkung auf die Transportanstalten; Schwächung der Steuerkraft für Staat und Ge⸗ meinde, wie der allgemeinen Konsumtionskraft, schwindendes Ver⸗ trauen für die Wiederkehr besserer regulärer Zustände heute dagegen trotz in Folge schlechter Ernten noch immer geschwächter Kauffähigkeit doch: erfreuliche Zunahme in der Versorgungdes einheimischen Marktes, steigen⸗ der Export, vermehrte Produktion, Einstellung neuer Arbeitskräfte, bessere Löhne, mäßig erhöhte Preise, nach Beseitigung der Unter⸗Bilanzen allmählich wachsende Rentabilität, erhöhte Steuerfähigkeit, Belebung des Verkehrs, steigende Einnahmen der Transportgewerbe, Rückkehr des früher geschwundenen Vertrauens. Nach jahrelanger trüber Zeit sind dies wieder Lichtblicke, welche die trostlose dunkle Nacht müͤhe⸗ vollsten und doch erfolglosen Ringens mit nicht zu beseitigenden Hemmnissen und Schwierigkeiten unterbrechen; es sind nur erst Licht⸗ blicke, noch nicht der volle Glanz eines zu hoher Blüthe entwickelten Geschäftsganges, aber es ist doch hoffentlich das Morgenroth für den Eintritt eines langen Sommertags voll Licht und Wärme, der Beginn einer besseren Zukunft.

Die „Leipz. Ztg.“ äußert sich in ihrem Bericht über die Neujahrsmesse speziell über die Lage der Tuchindustrie folgendermaßen: 86

Ein mächtiges Leben entfaltete sich gleich beim Beginn der Tuchmesse. Schönes mildes Wetter hatte die Käufer aus Deutsch⸗ land in Schaaren herbeigelockt, um sich mit Nouveautés für das zeitig beginnende Frühjahrsgeschäft zu versehen. Verschiedene große Fabrikanten in Mustersachen waren so mit Aufträgen überhäuft, daß sie keine Waaren nach hier brachten. Wer nicht zeitig Aufträge er⸗ theilt hatte, wurde von den renommirten Fabriken in Cottbus wegen voller Beschäftigung abgewiesen. In der Niederlausitz, wo unsere einheimische Tuchindustrie zu 8 ause ist, weht ein günstiger Wind, der Bismarcks Fahne hoch in den Lüften flattern läßt. Nur seiner großen Einsicht ist es zu danken, daß ein frisches Leben dort pulsirt. Cottbus und Peitz brachten sehr wenig mit zur Messe, und was sie brachten, wurde schnell ver⸗ kauft. Große Aufträge sollten noch untergebracht werden bei ersten Häusern, die wohl nun in die Hände von kleineren Fabrikanten ge⸗ langen werden. Forst hatte eine starke Zufuhr, aber Alles ging bald in andere Hände über, und selbst die telegraphisch nach hier beorder⸗ ten Ballen wurden, ohne geöffnet zu werden, weiter versandt. Be⸗ sonders Süddeutschland kaufte große Posten darin; englische Dessins vorherrschend. Auch Spremberg hatte eine tüchtige Zufuhr gebracht; und obgleich es die Hauptmesse für dieses Fabrikat ist, waren die Käufer in Anbetracht der großen Lager zurückhaltend, auf billigere Preise rechnend; aber bald fanden auch hierbei die Fabrikanten ihre Rechnung, indem schnell die großen Vorräthe zum Verkauf kamen u s. w.

Aus Schwetz wird der „Norddeutschen Allgem. Ztg.“ über die erfreuliche Entwickelung der dortigen Kreis⸗ sparkasse, resp. über die heilsamen Wirkungen des Wucher⸗ gesetzes für einen gesunderen Kapitalsumlauf, Folgendes berichtet:

„Während die Kreissparkasse vor dem Inkrafttreten des Wucher⸗ gesetzes bei einem geringen Angebot der von der Kasse mit 5 % ver⸗ zinsten Einlagen, der Nachfrage nach Darlehen, welche von den Geld⸗ empfängern mit 6 % zu verzinsen sind, kaum zu genügen vermochte, hat sich seit dem Juli v. J. der Zufluß von Einlagen in demselben Maße gesteigert, als die Anträge auf Gewährung von Dar⸗ lehen abgenommen haben, so daß sich die Sparkasse nunmehr zu einer Herabsetzung des Zinsfußes genöthigt sehen wird. Auch Privatdar⸗ leiher haben in dem genannten Kreise den Zinsfuß in verschiedenen Fällen aus freien Stücken herabgesetzt, in der Besorgniß, daß bei dem freien Spielraum, welchen das Gesetz vom 24. Mai v. J. dem richterlichen Ermessen gewährt, ihre betreffenden Kreditgeschäfte als wucherliche angesehen werden möchten. So ist schon jetzt, trotz des verhältnißmäßig kurzen Bestehens jenes Gesetzes, der segensreiche Einfluß desselben zu Tage getreten.“

Statistische Nachrichten.

(Centralbl. der Bauv.) Im Jahre 1881 haben in Preuße im Ganzen 145 Kandidaten die Feldmesser⸗Prüfung bestanden. Die Durchschnittszahl der vorhergegangenen 5 Jahre 1876 80 betrug 189, während die Zahl für 1877 81 auf 170 zurückgegangen ist. Gegen das Vorjahr 1880 mit 164 Bestandenen ist eine Abnahme von 19 Kandidaten zu verzeichnen.

(Fr. Corr.) Nach der Volkszählung vom 18. Dezember 1881 beläuft sich die Bevölkerung von Paris auf 2 225 910 Seelen. Sie betrug im Jahre 1876 1 988 806 Seelen, ist also in den letzten fünf Jahren um 237 104 Seelen gestiegen. Das ganze Seine⸗Depar⸗ tement mit den Bezirken St. Denis und Sceaux zählte 1876 2 410 849 und Ende 1881 2 752 810 Einwohner, hat also um 341 961 Einwohner zugenommen.

Land⸗ und Forstwirthschaft. 1

Kurz vor den Sitzungen des Deutschen Landwirtschaftsraths vor aussichtlich in der Woche vom 6. bis 11. Februar, wird, wie die „Landw. Presse“ mittheilt, eine Session (2.) der 2. Sitzungsperiode des Landes⸗Oekonomie⸗Kollegiums stattfinden, und sind auf die Tagesordnung bis jetzt gestellt worden: I. Vorlagen des Land⸗ wirthschafts⸗Ministers. Gutachten über den Viehverkauf nach Lebend⸗ gewicht. Referent: Nobbe⸗Niedertopfstedt. II. Anträge von Mit⸗ gliedern des Kollegiums und von landwirthschaftlichen Central⸗ Vereinen: 1) Antrag von Rath, betreffend Ermäßigung der Eisen⸗ bahntarife für Torfstreu. Referent: Bokelmann⸗Kiel. 2) An⸗ trag des Vereins nassauischer Land⸗ und Forstwirthe, betref⸗ fend Ermäßigung der Eisenbahntarife für den Transport von Dünger. Referent: Dünckelberg⸗Poppelsdorf. 3) Antrag des Vereins Nassauischer Land⸗ und Forstwirthe, betreffend Erlaß eines einheit⸗ lichen Währschaftsgesetzes. Referent: Freiherr