v“ J1“ v““ in Breslau 30,7, in Königsberg 29,9, in Cöln 24,8, in Frankfurt a. M. 19,8, in Hannover 24,1, in Cassel 19,6, in Magdeburg 26,7, in Stettin 23,8, in Altona 21,7, in Straßburg 25,6, in Metz 26,6, in München 28,9, in Nürnberg 28,0, in Augsburg 29,2, in Dres⸗ den 26,4, in Leipzig 22,3, in Stuttgart 23,4, in Braunschweig 25,1, in Karlsruhe 29,1, in Hamburg 29,0, in Wien 29,1, in Budapest —, in Prag 30,7, in Triest 31,7, in Krakau 32,5, in Basel 28,5, in Brüssel 25,2, in Amsterdam 28,1, in Paris 31,8, in Kopen⸗ hagen 25,9, in Stockholm 21,4, in Christiania 24,7, in St. Peters⸗ burg 53,0, in Warschau 42,9, in Odessa 34,4, in Rom —, in Turin 20,8, in Bukarest 29,9, in Madrid —, in London 24,9, in Glas⸗
ow 26,6, in Liverpool 31,3, in Dublin 36,0, in Edinburg 19,1, in Alerandria (Egypten) 38,8. Ferner aus früheren Wochen: in New⸗York 30,6, in Philadelphia 21,7, in Chicago 26,2, in St. Louis 21,7, in Cincinnati 18,6, in San Franzisko 20,4, in Kalkutta 37,9, in Bombay 39,3, in Madras 39,5.
Beim Beginn der Berichtswoche herrschten an den süddeutschen Beobachtungsstationen südwestliche, an den übrigen Stationen südöstliche Luftströmungen vor, die aber bald ebenfalls in südliche und südwestliche Windrichtungen übergingen und bis an das Ende der Woche auch allge⸗ mein vorwiegend blieben. Die in den ersten Tagen der Woche niedrige Temperatur der Luft nahm bald allgemein zu und überstieg an allen Stationen das vieljährige Monatsmittel. Bei vielfach nebliger und trüber Witterung waren Niederschläge, meist in ergiebigem Maße, nicht selten. Der beim Wochenbeginn mäßig hohe Luftdruck nahm in den ersten Tagen der Woche ab, stieg vom 3. an, sank am 5. aber⸗ mals, zeigte jedoch am Schluß der Woche wieder steigende Tendenz.
„Die Sterblichkeit ist im Allgemeinen in der Berichtswoche in den größeren europäischen Städten (mit Ausnahme der westeuropäischen) eine geringere geworden. Die allgemeine Sterblichkeitsverhältniß⸗ zahl für die deutschen Städte sank auf 25,8 von 26,8 der Vorwoche (pro Mille und Jahr berechnet). Namentlich war der Antheil des Säuglingsalters an der Sterblichkeit ein kleinere, dagegen der der höheren Altersklassen (über 60 Jahr) ein etwas größerer. Von 10 000 Lebenden stacben pro Jahr 78 Kinder unter 1 Jahr gegen 85 der Vorwoche (in Berlin 65 gegen 70).
Unter den Todesursachen wurden von den Infektionskrankheiten Masern, Scharlach, Unterleibstyphus und in außerdeutschen Städten Pocken häufiger, Diphtherie etwas seltener. Masern riefen in Stutt⸗ gart, Cannstadt, Altong, Essen mehr, in Dresden, Berlin, Hamburg, Barmen, Karlsruhe, London, Liverpool weniger Todesfälle hervor. Das Scharlachfieber hat in Kiel, Fürth, Erfurt, Barmen, London, St. Petersburg, Warschau an Ausdehnung gewonnen, während in Berlin, Stettin, München, Nürnberg, Crefeld, Dortmund, Essen die Zahl der Todesfälle daran seltener wird. — Diphtherie verlief im Allgemeinen etwas milder, namentlich hat die Zahl der Todesfälle in den größeren Städten der oberrheinischen Niederung, Frankfurt a. M., Straßburg, Mainz, Karlsruhe, Freiburg i. B. abgenommen. Auch in Berlin, München, Dresden, Chemnitz hat die Zahl der Opfer etwas nachgelassen, in Königsberg, Danzig, Stargard i. Pomm., Cöslin, Breslau, Nürnberg, Hamburg, Hannover, Dortmund, Essen, Wien, Triest, Paris, London, St. Petersburg zugenommen. In Elbing zeigt die Epidemie gleich⸗ falls noch keinen Nachlaß. — Todesfälle an Unterleibstyphus kamen in Königsberg, Graudenz, Gladbach häufiger vor. Todesfälle an Fleck⸗ typhus wurden aus Thorn, Tilsit, London je 1, aus Krakau und Warschau je 2, aus Valencia 4, aus St Petersburg 11 gemeldet. — Der Keuchhusten herrscht in Coburg und Hamburg; in London läßt die Zahl der Opfer etwas nach. — Darmkatarrhe der Kinder waren im Allgemeinen seltener, nur in Breslau und Hamburg häufiger Todesveranlassung. — Pockentodesfälle haben in London, Prag und Krakau ab⸗, in Wien, Paris, St. Petersburg, Warschau, sowie in den größeren Städten Nordamerikas zugenommen. Aus deutschen Städten kamen aus Frankfurt a. O. und Aachen je 1 Todesfall an Pocken, aus Ulm 1 an Varicellen zur Meldung. — Die letzten Nach⸗ richten über die Cholera im Hedjas lauten günstiger.
Gewerbe und Handel.
Nach amtlicher Mittheilung aus Konstantinopel hat die türkische Regierung die Ausfuhr von Vieh aus dem Vilayet Tripolis bis Ende Februar d. J. verboten.
— Der Einlösungscours für die in Silber zahlbaren
T Der Coupons österreichischer Werthe ist auf 171 ℳ für 100 Gulden fest⸗
gesetzt worden.
Frankfurt a/M., 16. Januar. (W. T. B.) Der „Börsen⸗ und EEEE1 wird aus Kreuznach vom heutigen Tage gemel⸗ det: In der heutigen außerordentlichen Generalversammlung der Rhein⸗Nahebahn, zu welcher 38 Aktionäre mit 18 680 Aktien angemeldet waren, wurde die Regierungsofferte einstimmig angenom⸗ men und Dr. Heßdörffer, Kommerzien⸗Rath Köster und Joseph Stöck sen. beauftragt, den Ueberlassungsvertrag mit der Staats⸗ regierung zum Abschluß zu bringen.
Gera, 13. Janugr. Wie der „Weim. Ztg.“ von hier geschrie⸗ ben wird, häͤt die seit 2 Jahren in Gera bestehende Konsular⸗Agentur der Vereinigten Staaten von Nordamerika jüngst eine Export⸗ liste veröffentlicht, aus welcher sich ergiebt, daß die Ausfuhr (aus G Jahre 1881 gegenüber der von 1880 um 140 % gestie⸗ gen ist.
Hamburg, 16. Januar. (W. T. B.) Der Verwaltungsrath der Kommerzbank hat die Dividende auf 9 % festgesetzt. Außer⸗ dem wird aus dem vorjährigen Reingewinn 1 %, gleich 219 000 ℳ als Extradotation dem Delkrederefonds überwiesen. Der ganze Emissionsgewinn auf die Nationalbankaktien wird dem neuen Jahre zu Gute kommen; ebenso bleibt die zweite Spezialreserve mit 314 000 ℳ unangerührt. Der Reservefond betrug im Vorjahre 1 169 000 ℳ und beläuft sich jetzt auf 3 Millionen. Der Delkredere⸗ fonds stieg 1881 von 91 000 ℳ auf 529 000 ℳ
London, 13. Januar. (Allg. Corr.) Die Central⸗Bank of London vertheilt eine Jahresdividende von 10 %, erhöht ihren Reservefonds um 5000 £ auf 45 000 f, und trägt 6812 4 auf neue Rechnung vor. Die United Discont Corporation erklärte eine Jahresdividende von 6 %. Die Bank von Bombay hat für das abgelaufene Jahr eine Dividende von 2 ½ % erklärt und erhöht ihren Reservesonds um 308 500 Rupien.
Verkehrs⸗Anstalten.
Ueber die Eisenbahnen Oesterreichs im Jahre 1880 ent⸗ nehmen wir einer vom österreichischen statistischen Departement des Handels⸗Ministeriums kürzlich herausgegebenen Statistik der beiden Reichshälften der Monarchie gemeinsamen und der österreichischen Eisenbahnen folgende bemerkenswerthe Daten:
Im Jahre 1880 erfuhr das Netz der gemeinsamen und der öster⸗ reichischen Eisenbahnen durch die Eröffnung neuer Bahnen einen Zu⸗ wachs von 50,946 km (25,719 km Staatsbahnen, 25,227 km Pribat⸗ bahnen) und erreichte mit Jahresschluß eine Ausdehnung von 13 966,195 km, wovon auf die gemeinsamen Eisenhahnen 5271,438 km, auf die österreichischen Eisenbahnen 8694,757 km kamen, von welch letzteren 976,293 km auf die Staatsbahnen und 7718,464 km auf die Privatbahnen entfallen. Rechnet man zur Länge der öster⸗ reichischen Eisenbahnen noch die Theilstrecken der gemeinsamen Eisen⸗ bahnen auf österreichischem Staatsgebiete mit 2625 km, ferner die Länge der Kahlenberg⸗Eisenbahn mit 5,490 km und die Länge der im Betriebe ausländischer Verwaltungen stehenden Eisenbahnlinien auf österreichischem Staatsgebiete mit 85,3 km und bringt die schweizerische Strecke der Vorarlberger Bahn mit 2,364 km in Abzug, so ergiebt sich die Länge aller auf österreichischem Territorium im Veteiebe befindlichen Eisenbahnen, welche dem öffentlichen Verkehre dienen, mit 11 408,188 km. Diese Gesammtlänge vertheilt sich unter 39 Besitzer, und zwar 3 Staatsverwaltungen (die K. K. österreichische, die Königlich bayerische und die Königlich sächsische), 2 ausländische und 34 theils gemeinsame, theils österreichische Aktiengesellschaften. Rechnet man zur Länge der öffentlichen Eisenbahnen auch die mit denselben in direkter oder indirekter Verbindung stehenden, für Privatzwecke bestimmten Eisenbahnen ee. 568,037 km, so beträgt die Ausdehnung sämmtlicher Lokomotivbahnen Oesterreichs 11 976,225 km. Von der Gesammtlänge aller Bahnen waren
der Eisenbahnen partizipirt Böhmen mit der stärksten Prozentziffer, nämlich mit 32,73 %, während die anderen Länder in dieser Hinsicht sich folgendermaßen reihen: Galizien mit 13,61, Niederösterreich mit 10,96, Steiermark mit 8,72, Mähren mit 8,50, Oberösterreich mit 5,46, Tyrol mit 5,07 Kärnten mit 3,67, Schlesien mit 2,80, Küsten⸗ land mit 2,40, Krain mit 2,34, Salzburg mit 1,80, Bukowina mit 1,02 und Dalmatien mit 0,92 %. — Das auf die gemeinsamen und österreichischen Eisenbahnen und die im Besitze der Bahnverwaltungen befindlichen Industriebahnen bis Ende 1880 verwendete Anlagekapital beträgt 2 372 713,834 fl. und zeigt im Vergleiche zum Vorjahre einen Zuwachs von 20 105 378 fl. oder 0,85 %. Die kilometrischen Durch⸗ berechnen sich mit 167 015 fl. gegen 167 058 fl. m Jahre 1879. Die Anlagekosten sind nach der Beschaffenheit der Bahnen sehr verschieden und variiren zwischen 18 787 fl. bei der Dniesterbahn und 431 775 fl. bei der Wiener Verbindungsbahn. Nach den einzelnen Bahngruppen zusammengefaßt beträgt das verwendete Anlagekapital bei den gemeinsamen Eisenbahnen 1 123 981 651 fl. (für 1 km Bahnlänge 209 906 fl.), bei den österreichischen Eisenbahnen 1 248 732 183 fl. (für 1 km Bahnlänge 141 070 fl.) und zwar bei den Staatsbahnen 75 669 595 fl. (für 1 km Bahnlänge 77 507 fl.) und bei den Privatbahnen 1 173 062 588 fl. (für 1 km Bahn⸗ länge 148 950 fl.). Für alle gemeinsamen und öͤsterreichischen Eisenbahnen zusammengenommen betrug mit Ende des Jahres 1880 das emittirte Anlagekapital 2 855 766 987 fl., das noch zu emittirende 27 885 418 fl. und das bereits amortisirte 87 045 902 fl. — Der Bestand an Fahrbetriebsmitteln hat sich im Jahre 1880 um 47 Lo⸗ komotiven und 933 Lastwagen vermehrt, dagegen um 5 Personenwagen vermindert. Das Betriebsmaterial bestand zu Ende des Jahres aus 2973 Lokomotiven mit 2607 Separattendern, dann 6132 Personen⸗ wagen mit 12 878 Achsen und 229 605 Sitz⸗ und Stehplätzen, ferner 68 882 Lastwagen mit 139 411 Achsen und 697 028 Tonnen Tragfähigkeit, endlich 316 Postwagen mit 690 Achsen. Die Leistungen der Fahrbetriebsmittel bestanden in 61 Millionen Lokomotiv⸗ und 58 Nutzkilometern, ferner in 2573 Achs⸗Kilometern von eigenen und fremden Wagen auf eigener Bahn und 890 Millionen Achs⸗Kilometern von eigenen Wagen auf fremden Bahnen. Diese Betriebsleistungen sind namhaft größer als im Vorjahre und im Zu⸗
Massen⸗
sammenhange damit steht eine beträchtliche Zunahme der beförderung, welche beim beförderten Personengewicht 3,16 %, beim expedirten Gütergewicht 4,70 %, beim ganzen Nettogewicht 4,66 % und bei der Bruttolast (ausschließlich Lokomotiven und Tender) 4,28 % betrug. — Die Betriebsergebnisse der gemeinsamen und öster⸗ reichischen Eisenbahnen im Jahre 1880 weisen einen merklichen Auf⸗ schwung in allen Verkehrszweigen auf. Es kamen zur Beförderung 34 698 398 Personen und zwar auf den gemeinsamen Bahnen 13 392 177, auf den österreichischen Bahnen 21 306 221 (gegen 1879 + 3,08 %), 128 395 Tonnen Gepäck (+ 4,80 %), 234 416 Tonnen Eilgut (+ 3,88 %), 43 679 993 Tonnen Frachtgut (+ 6,69 %o), 3 836 841 Tonnen Regiegut (+ 0,74 %). — Auch die finanziellen Betriebsergebnisse sind, den Verkehrsresultaten entsprechend, im Jahre 1880 durchaus bessere als im Vorjahre. Aus allen Verkehrszweigen wurden Mehreinnahmen erzielt. Im Ganzen bezifferten sich die Betriebseinnahmen für die Beförderung von Personen mit 38 544 856 fl. und zwar auf den gemeinsamen Bahnen 16 789 100 fl., auf den öster⸗ reichischen Bahnen 21 755756 fl. (gegen 1879 + 4,09 %), für die Beförderung von Gepäck mit 1 (653 827 fl. und zwar auf den gemeinsamen Bahnen 712 184 fl., auf den österreichischen Bahnen 941 643 fl. (+ 3,70 %), für die Beförderung von Eilgut mit 3 630 384 fl., und zwar auf den gemeinsamen Bahnen 1 904 888 sjl⸗ auf den österreichischen Bahnen 1 725 496 fl. (+ 5,19 %) und die Beförderung von Frachtgut mit 137 913 398 fl., und zwar auf den gemeinsamen Bahnen 55 323 902 fl., auf den osterreichischen Bahnen 82 529 496 fl. Rechnet man zu diesen Einnahmen noch die für Mieth⸗ und Pachtzinse, Wagen⸗ und Sackmiethe, Gebühren für telegraphische Depeschen und sonstige Erträgnisse, so stellen sich die Einnahmen aus allen Verkehrszweigen heraus bei den gemeinsamen Bahnen mit 75 686 784 fl. (gegen 1879 * 0,55 %), bei den österreichischen Eisenbahnen mit 109 458 524 fl. (+- 5,13 %.) — Die Betriebsausgaben haben betragen bei den gemeinsamen Bahnen 30 886 594 fl. (gegen 1879 — 1,35 %), bei den österreichischen Bahnen 50 426 153 fl. (+ 3,71 %) Von diesen Gesammt⸗Betriebsausgaben kommen auf die allgemeine Verwaltung 4,95, auf die Bahnaufsicht und Bahn⸗ erhaltung 31,35, auf den Verkehrs⸗ und kommerziellen Dienst 35,54 und auf den Zugförderungs⸗ und Werkstättendienst 28,16 %. Mit Hinzurechnung der übrigen Auslagen beziffern sich die Gesammt⸗ ausgaben bei den gemeinsamen Bahnen mit 78 131 620 fl. (gegen 1879 — 1,87 %), bei den österreichischen Bahnen mit 112 691 850 fl. (+ 2,70 %). Einschließlich der übertragenen Ueberschüsse früherer Jahre, der Zinsen und sonstigen Einnahmen, des Erforder⸗ nisses aus dem Titel der staatlichen Garantie ꝛc. betragen die Gesammt⸗ einnahmen im Jahre 1880 229 661 069 fl., und da hiervon 225 999 258 fl. verausgabt wurden, so verbleibt ein Einnahmenüber⸗ schuß von 3 661 811 fl., an welchem die gemeinsamen Eisenbahnen mit 211 474 fl., die österreichischen Bahnen mit 3 450 337 fl. parti⸗ zipiren. — Die Fonds der gemeinsamen und österreichischen Bahnen hatten zu Ende des Jahres 1880 folgenden Stand: Pensionsfond 29 311 295 fl., Unterstützungs⸗ und Krankenfond 1 738 216 fl., Reserve⸗ fond 23 674 288 fl., Erneuerungs⸗ und sonstige Fonds 13 447 943 fl., zusammen also 68 171 742 fl. — Was die Betriebsstörungen und Bahnunfälle betrifft, so ist zu konstatiren, daß sich im Jahre 1880 auf den gemeinsamen und österreichischen Eisenbahnen 170 Ent⸗ gleisungen, 58 Zusammenstöße und 485 sonstige Betriebsstörungen, im Ganzen also 713, um 176 weniger als im Jahre 1879 ereigneten. Es fanden 9 Entgleisungen und 6 Zusammenstöße mehr als im Jahre 1879 statt; in Folge der außergewöhnlichen Bahnereignisse wurden 16 Reisende, 30 Bahnbedienstete und 4 andere Personen verletzt, 2 Bahnbedienstete und 2 dritte Personen (Nichtpassagiere) getödtet. Im Ganzen sind im Jahre 1880 anläßlich des Eisenbahnbetriebes 3 Reisende, 52 Bahnbedienstete und 80 dritte Personen (hiervon 44 Selbstmörder) getödtet, 30 Reisende, 247 Bahnbedienstete und 62 dritte Personen verletzt worden. Die Gesammtzahl der Getödteten beträgt sonach 135 (7 mehr als im Jahre 1879) und jene der Ver⸗ letzten 339 (67 mehr als im Jahre 1879).
Triest, 16. Januar. (W. T. B.) Der Lloyddampfer „Achille“ ist heute Vormittag 10 Uhr mit der ostindischen Ueber⸗ landpost aus Alexandrien hier eingetroffen.
New⸗York, 16. Januar. (W. T. B.) Der Dampfer des Norddeutschen Lloyd „Neckar“ und der Hamburger Post⸗ dampfer „Silesia“ sind hier eingetroffen.
Berlin, 17. Januar 1882
Verein für Geschichte der Mark Brandenburg. Sitzung vom 11. Januar 1882. Der Ober⸗Lehrer E. Meyer machte auf Bratrings „Magazin für die Land⸗ und Geschichtskunde der Mark Brandenburg“ aufmerksam, welche 1798 zu erscheinen begann, alsbald aber wiederum einging, und verweilte namentlich bei der im ersten Hefte enthaltenen Geschichte der Torfgewinnung und des Torf⸗ gebrauchs in der Mark. — Der Geheime Archiv⸗Rath Hassel legte den von einem ungenannten Autor ihm zur Prüfung übergebenen hand⸗ schriftlichen Entwurf eines Atlanten vor, welcher auf 29 Blättern in Folio, denen stets dieselbe Kartenskizze von Deutschland zu Grunde gelegt ist, das allmähliche Wachsen des Landbesitzes der Hohenzollern mit allen seinen Wandlungen graphisch darstellt. — Der Schulvorsteher Budczies berichtigte aus bisher ungedruckten Urkunden einen Irrthum in Ledeburs Adelslexikon, den Uebergang des Erbschenkenamtes der Mark Brandenburg an die Familie von Hacke betreffend. Noch bei Lebzeiten der Lützendorf, eines bayerischen Ge⸗ schlechts, das mit den Wittelsbachern in die Altmark gekommen war und sich im Besitze der Schenkenwürde befand, erhielt die Bergische Linie der Hacke die Anwartschaft auf dieses Hofamt (1585), mit welchem sie dann 1616, nach dem Tode Daniels, des letzten Lützen⸗
1721,626 km oder 12,38 % doppelgeleisig. An der Gesammtlänge
dorfers, belehnt wurde und das sie bis zum Jahre 1801 bekleidet hat.
Im Verein für die Geschichte Berlins hielt am Sonn⸗ abend der Professor Euler einen Vortrag über das Thema: „Berlin im Jahre 1812“. Der Gegenstand war für die Vereinz⸗ mitglieder um so interessanter, als vor einigen Jahren der Geheime Archiv⸗Rath Hassel in einem fesselnden Vortrage „Berlin im Jahre 1813“ dargestellt und das lebhafte Verlangen hervorgerufen hatte, es möchten sich im Verein Mitglieder finden, welche die umliegenden Jahre in ähnlicher Weise bearbeiten möchten, wie dies von dem ge⸗ nannten Herrn geschehen war.
Die im Jahre 1813 gegründete „Gesellschaft zur Ver⸗
Juden im preußischen Staate“ hielt am Sonntag Mittag ihre Generalversammlung ab. In der Zeit vom 1. Mai 1875 bis 31. Dezember 1881 — so theilte der Vorsitzende Hr. Simon mit — hat der Verein 110 Zöglinge unterhalten, welche bei hiesigen Meistern ein Handwerk erlernten. 18 von diesen Zöglingen haben die Lehrzeit nicht beendigt, 52 sind Gesellen geworden und 40 sind noch Pfleglinge des Vereins. Außerdem gewährt die Gesell⸗ schaft augenblicklich 7 Akademikern, welche theils auf der Bau⸗ gewerk⸗Akademie, theils auf der technischen Hochschule die Vorlesungen hören, die zur Förderung dieser Studien nöthigen Mittel. Die Gesellschaft sei bemüht, mit Hülfe der Schulen, Waisenhäufer ꝛc. in den jüdischen Knaben die Liebe zum Handwerk zu wecken und diesen die Ueberzeugung beizubringen, daß Handwerk noch immer einen goldenen Boden habe und oftmals lukrativer sei als irgend ein Handelsgeschäft. Zu diesem Zwecke sei auch die Gesellschaft mit den meisten jüdischen Gemeinden des preußischen Staates in Verbindung getreten. Bezüglich des Ackerbaues habe die Gesellschaft nur geringe Erfolge aufzuweisen. Die Bilanz der Einnahmen und Ausgaben vom 1. April 1875 bis 31. Dezember 1881 beziffert sich auf 40 911 ℳ 27 ₰. Das Vermögen der Gesellschaft beträgt 77 575 ℳ — Es wurden hierauf einige Statutenänderungen vorgenommen, die sich auf die Wirksamkeit dieser Gesellschaft beziehen. Diesen Statuten gemã unterstützt die Gesellschaft junge Leute jüdischer Religion, welche 8 und Fähigkeit haben, ein Handwerk oder technisches Gewerbe zu erlernen, nach Maßgabe ihrer Mittel und des nachgewiesenen Bedürf⸗ nisses. Sie macht es sich insbesondere zur Aufgabe, unter den vor⸗ erwähnten Voraussetzungen, junge Leute bei tüchtigen Meistern in die Lehre zu bringen, sie während der Lehrzeit mit angemessener Kleidung zu versehen und ihnen zur Erlangung eines zweckentsprechenden Unterrichts in solchen Lehrgegenständen behülflich zu sein, welche sie bei ihren Meistern nicht erlernen können. Die Lehrlinge werden außerdem in Betreff ihrer moralischen und religiösen Führung von den Inspektoren der Gesellschaft überwacht; jüdischen Handwerkern und Technikern aber, welche nach Beendigung ihrer Lehrzeit 4 Jahre als Gehülfen gearbeitet und über ihr gutes Verhalten und ihre Tüch⸗ tigkeit Zeugnisse aufweisen können, werden zum Zwecke ihrer Selb⸗ ständigmachung Geldvorschüsse bewilliitt.
Nach einem Telegramm aus New⸗York ist auf der Hudson Riverbahn ein großes Unglück vorgefallen. Der Zug, in den sich eine große Anzahl Mitglieder der Staatslegislatur von Albany auf der Fahrt nach New⸗York befand, wurde durch einen Lokalzug an einer Station in der Nähe New⸗Yorks von hinten eingestoßen. Die Lokomotive drang in zwei Palace Wagen, die in einander geschoben wurden und dann sofort in Brand geriethen. Acht bis zwölf Menschen sind umgekommen und vier Leichen aus den Trümmern gezogen worden. Mehrere Mitglieder der Legislatur sind verwndet.
Die Königliche Oper brachte gestern „Curlo Broschi“ oder „Des Teufels Antheil“, komische Oper in 3 Akten von Auber, neu einstudirt wieder zur Aufführung. Das Werk hat seine vorübergehenden Erfolge eigentlich nur dem interessanten Textbuch zu verdanken gehabt, welches nach Scribe’'s „La part du diable“ bearbeitet ist, denn die Aubersche Musik dazu ist zwar sehr gefällig, steht aber an Originalität der Erfindung und Ausgestaltung hinter anderen Werken des fruchtbaren, liebenswürdigen Meisters doch erheblich zurück In der vortrefflichen Besetzung, welche das Werk bei seiner jetzigen Wiederaufnahme erhalten hat, fanden auch gestern das Lied des Carlo und das Duett zwischen Carlo und Rafael im ersten Akt sowie die heiteren Nummern des zweiten Aktes den meisten Beifall. Frl. Lehmanm wurde als Inhaberin der dankbaren Titelpartie selbstverständlich am meisten ausgezeichnet; sie entledigte sich ihrer Aufgabe auch mit der erforderlichen schauspielerischen Gewandtheit, indessen ließ das Organ doch einige Zeichen der Ermüdung merken. Die anderen Partien waren in den Händen der Damen Frl. Horine (Königin) und Pollack (Casilda) sowis der Herren Ernst (Rafael), der recht gut disponirt war, Krolop (Gil Vargas), Oberhauser (König Ferdinand), dessen Stimme sich immer erfreulicher entwickelt, und Salomon (Fray Bentos). Die Oper ist wirksam inscenirt und dürfte getragen von tüchtigen Einzelleistungen und einem frischen Ensemble, sich wieder einige Zeit auf dem Revpertoire erhalten.
— Das Friedrich⸗Wilhelmstädtische Theater bleibt morgen geschlossen, da an diesem Abend die Generalprobe der neuen Operette von Strauß: „Der lustige Krieg“, abgehalten wird. Der Komponist trifft heute in Berlin ein.
— Das National⸗Theater bringt seit Sonnabend eine No⸗ vität unter dem Titel „Verfehmt“, Volksstück mit Gesang in 4 Akten von M. Brée, Musik vom Kapellmeister Ad. Wiedeke. Die Hand⸗ lung bewegt sich im Rahmen eines ländlichen Gemäldes, in einem süddeutschen Dorfe. In kurzen Worten ist der Inhalt des Stücket folgender: Franz, der Sohn der Lohnerin, der wegen Todtschlags zu 10 Jahren Gefängniß verurtheilt worden, kehrt schon nach 2 Jahren entlassen in das Dorf zurück; er ist der Verfehmte um sein
Strafe willen, die er unschuldig an Stelle des Schloßbauen verbüßt hat, dessen Tochter Monika Franz liebt. Auch sie hält ihn für schuldig, bis sie die Wahrheit erfährt. Ihr starrer Stol bricht zusammen vor der Entehrung, die ihren Namen bedroht. Dir Liebenden finden sich wieder und werden vereinigt durch den Seger des Schloßbauern. — Das Stück ist eine Nachahmung Anzen gruberscher Vorbilder; es erreicht aber nicht die Höhe derselben, son⸗ dern steht an spannender Handlung hinter ihnen zurück. Trotzdem muß man zugeben, daß die Entwicklung eine einheitliche und recht geschickte ist, wenn auch das Leben nicht so kräftig darin pulsirt wie in jene Vorbildern. Der süddeutsche Dialekt, dessen sich die Schauspieler in dieser Novität befleißigen müssen, kam nicht gleichmäßig zur Geltung. Wir sind aber daran gewöhnt, denselben immer nur mangelhaft zu höre und finden diesen Fehler auch sehr entschulbbar. — Die Darstellung war im Ganzen eine recht treffliche. r. Berla (Franz) hatte die Hauptrolle in Händen, ein Schauspieler, der die innen Bewegung und die Leidenschaftlichkeit mit Gewandtheit zur An⸗ schauung zu bringen vermag. Auch Frl. Baumeister als Monik⸗ ist lobenswerth zu erwähnen; sie gab das trotzige und bereuende Mädchen geschickt wieder. Außer diesen beiden Hauptdarstellern is noch die Leistung des Hrn. Pategg (Schloßbauer), besonders in 55 Akt hervorzuheben. Fr. Hüftel (Crescenz) verdient ebenfalls noch lobende Erwähnung. Das Haus war verhältnißmäßig gut besetzt und gab seine Zufriedenheit durch Beifall kund.
außerdem ein Fahrplau der Berliner Stadt⸗ und Ring
breitung der Handwerke und des Ackerbaues unter den
zum Deutschen Reichs⸗Anz
No. 14.
Berlin, Dienstag, den 17. Januar
ciger und Königlich Preußischen
Staats⸗Anzeiger. 1882.
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Nichtamtliches.
1 Preußen. Berlin, 17. Januar. In der gestrigen (26.) Sitzung trat der Reichstag in die erste und event. zweite Berathung der zu Berlin am 3. November v. J. unter⸗ zeichneten internationalen Reblauskonvention und der unterm 17. Dezember 1881 in Bern unterzeichneten Zusatz⸗ erklärung zu jener Konvention in Verbindung mit dem mündlichen Bericht der Kommission für Petitionen. Die Petitiouskommission beantragte: „Der Reichstag wolle beschließen: .““ 1 1) über die Petitionen, insoweit sie auf eine Ablehnung der internationalen 11““ 3. November 1881 gerichtet sordnung überzugehen; 11“ sie 8 auf Einführung strengerer Maßregeln im internen Rebverkehr gerichtet sind, dem Herrn Reichskanzler zur thunlichsten und baldigsten Berücksichtigung Eö 3) die oben angeführten Petitionen hierdurch für bledi erklären. lag ein Antrag des Abg. Dr. Schulze⸗Delitzsch vor: Der Reichstag wolle beschließen: Nr. 2 der Anträge der Petitionskommission zu setzen: 2) die Petitionen, insoweit sie auf Einführung strengerer Maß⸗ regeln im internen Rebverkehr gerichtet sind, dem 1” 1114““ Ersuchen um ige Eiabringung eines Gesetzentwurfs, wonach: ““ des Deutschen Reichs, in denen Wein⸗ bau getrieben wird, der Verkehr mit Reben und irgend welchen Theilen der Rebe, ausschließlich der Trauben, eine Beschränkung in 8 88 ag sice nür nog geehans unmittelbar an einander Gemeindebezirke stattfindet; stö . vö Weinbaubezirke, auf welche diese An⸗ ordnung Anwendung findet, von den betreffenden Landesregierungen bestimmt und Zuwiderhandlungen unter angemessene Strafe zu im Sinne des Gesetzes die Pflanzung und Kultivirung der Reben zum Zwecke der Weinbereitung verstan⸗ vwird.“ 8 1 b bes Abg. Dr. Thilenius wies vor Allem auf die erst neuerdings festgestellte ungeheure Vermehrungsfähigkeit der Phylloxera vastatrix (sowohl der geflügelten als unge⸗ flügelten) hin. Die Petenten, welche eine Verschärfung der Konvention verlangt hätten, hätten die Unzulänglichkeit der Schutz⸗ maßregeln behauptet, da jeder Gegenstand, der irgend wie mit insizirten Reben in Verührung gewesen sei, Uebertrager der Reb⸗ laus sein könne. Sie führten den von der russischen Kommission in der Krim konstatirten Fall an, daß durch Obstbaumwurzeln die Seuche auf sehr weite Entfernung übertragen sei. Getadelt werde die Erlaubniß der Einfuhr von Trauben, während das Ausland sie verboten hätte. Trotz der scharfen Maßregeln sei an der Aar in Heimersheim eine Fläche von 12 000 qm infizirt worden und auch bei Bonn ein ähnlicher Fall vorge⸗ kommen. Im Auslande nähme die Krankheit stets größere Dimensionen an und so drohe auch der deutschen Weinkultur gänzliche Vernichtung, wodurch die große Masse der wein⸗ bauenden Bevölkerung der Existenz beraubt würde. In Frankreich sei 1879 bis 1881 laut offiziellem Berichte ein Drittel der ganzen Weinbaufläche zerstört, der Wein⸗ export um 448 000 hl gesunken, dagegen der Import um 4 000 000 gestiegen. Die temporãre Schädigung der deutschen Handelsgärtnerei durch die Verschärfung der Vorschriften 8 Export verschwinde nach Ansicht der Petenten der Gefahr des Weinbaues gegenüber. Es könne nur das absoluteste Verbot der Einfuhr aller bewurzelten Gewächse, mithin der Rücktritt von der Konvention vom 3. November helfen. Dieser Gefahr des Weinbaus in Deutschland gegenüber müßten die eher ab⸗ schwächenden Bestimmungen der vorgelegten Konvention sehr ungeeignet erscheinen und empfehle er demnach die Anträge der Kommission sub 2, die wenigstens dem internen Rebver⸗ kehr Remedur schaffen sollten, angelegentlich zur Annahme. Wenn auch die Konvention vom 3. November anerkannter⸗ maßen mehr als die frühere Schutz biete, so stehe doch das direkte Einfuhrverbot auf alle bewurzelten Gewächse an radikaler und sicherer Wirkung weit höher, und möchte er den Erlaß des Einfuhrverbotes dringend empfehlen. Wenn nun in der Kommission die Vertreter des Rheingaues sich seiner Ansicht angeschlossen hätten, so habe doch die Mehrheit der Kommission gemeint, bei der Schwierigkeit des Zustandekom⸗ mens einer internationalen Konvention und den unleugbaren Vortheilen, welche sie biete, daß man die Konvention nicht hätte ablehnen sollen, zumal die strengste Durchführung des absoluten Einsuhrverbots doch Italien nicht vor der Seuche bewahrt habe. Was dagegen den erbetenen Erlaß eines Gesetzes zur Beschränkung des inneren Rebverkehrs auf das nothwendige Minimum betreffe, so sei die Kommission der Ansicht gewesen, daß dem Gesuch schleunigst Folge gegeben werden müsse. Alle Sachkenner seien fest überzeugt, daß Rebschulen und Handels⸗ gärtnereien die allergefährlichsten Verbreiter der Seuche seien, wie die zahlreichen Belege bestätigt hätten. Hier müßten zuerst die Hebel angesetzt werden, um Schutz für die Zukunft zu schaffen. Die sorgfältigste Beobachtung müsse mit der Absperrung und Vernichtung des gefundenen Heerdes Hand in Hand gehen. Der Art. 3. schädige den Export der Gärtnerei. Einige dieser Petitionen wollten, der Reichstag möge der Konvention adie Bestätigung versagen, andere aber bäten um unbedingte An⸗ nahme derselben. Er (Redner) sei aufgefordert worden, hier zur Sprache zu bringen, welche Nachtheile die Gärtnerei in Ersurt durch das von Rußland plötzlich erlassene Einfuhrver⸗ bot für bewurzelte Gewächse habe. Er richte daher an die Reichsregierung die Bitte, sie möge stets so früh als möglich von dem Erlaß eines solchen Einfuhrverbots die Interessenten benachrichtigen. Es handele sich um einen Geßenstand der allerschwierigsten Art. Allen liege wohl der deutsche Weinbau am Herzen und das Haus werde demselben daher ꝛden Schutz nicht vorenthalten wollen. Er empfehle somit die Anträge der mmission. 1 * 1 8. n Abg. Ackermann bemerkte, die Reichsregierung sei in Unterhandlung getreten mit den betheiligten Staaten, und das Resultat dieser Unterhandlungen liege dem Hause heute vor. Er erkenne es dankbar an, daß die vorliegende Konvention
statt
gebracht habe. Auf der anderen Seite enthalte auch die jetzige Konvention eine ganze Reihe von Beschränkungen für die Handelsgärtner und es wäre die Frage erlaubt gewesen, ob nicht vorher der Nachweis zu geben sei, daß überhaupt die Phylloxera an andern Pflanzen als an der Rebe vorkomme. Auf Grund der einschlägigen Literatur müsse er dies entschieden bestreiten. Die Reblaus finde nur an den Reben Nahrung und gehe bei anderen Pflanzen zu Grunde. Aus der Konvention gehe aber unverkennbar das Bestreben hervor, die Weinbauer auf Kosten der Handelsgärtner zu schützen. Sehr bedenklich sei in dieser Beziehung die Bestimmung des Art. 3, wonach Pflanzen nur nach einer Bescheinigung der Behörde des Ursprung⸗ landes abgesendet werden könnten, aus welcher hervorgehe, daß sie von einer Bodenfläche stammten, die von jedem Wein⸗ stock durch einen Zwischenraum von wenigstens 20 Meter ge⸗ trennt sei, welcher ein Zusammentreffen der Wurzeln aus⸗ schließe. Der Gärtner könne hiernach in seinem Gewerbe vollständig ruinirt werden, wenn es seinem Nachbar einfalle, in dem bezeichneten Zwischenraum einen einzigen Weinstock an der Grenze zu pflanzen. Dies würde zu bedenklichen und chikanösen Erpressungen Anlaß geben. Er nehme jedoch an, daß man bei der Ausführung dieser Bestimmung mit Milde verfahren werde, weil die Gärtner sonst ihr Exportgeschäft würden einstellen müssen. Die Regierung werde recht thun, wenn sie den Nachbar veranlasse, seinen einzigen Weinstock herauszunehmen. Der Gärtner könne seinen Garten doch nicht mit einer chinesischen Mauer umgeben. Sodann bedaure er, daß dem Grenzverkehr mit Pflanzen nicht die gewünschte Er⸗ leichterung zu Theil geworden. Dieser Pflanzenhandel sei sehr bedeutend, namentlich nach Böhmen, und er hoffe, daß es gelingen werde, durch Verhandlungen mit der österreichischen Regierung diesen Detailhändlern noch wesentliche Erleichte⸗ rungen zu schaffen. Diese Bedenken könnten ihn jedoch nicht abhalten, für die Konvention zu stimmen, da dieselbe in anderen Beziehungen sehr zweckmäßige Bestimmungen enthalte. Ob er für den Antrag öö“ stimmen könne, hänge von den Ausführungen desselben und den Erklärungen der Reichsregierung ab. b 8 Der Abg. Dr. Buhl erklärte, die deutschen Weinberg⸗ besitzer hätten schon mit klimatischen Verhältnissen zu käm⸗ pfen; komme nun noch der gefährlichste Feind derselben, die Reblaus dazu, so sei ihr Ruin unvermeidlich. Die Reblaus tödte, wo sie auftrete, die Pflanze an der Wurzel, nehme ihr also jede Lebensfähigkeit. An der Aar seien die seit längerer Zeit infizirten Reben ab⸗ gestorben und neue Ansiedelungen des geflügelten Insekts seien in der Umgegend entstanden. So seien die beiden Er⸗ scheinungen, welche Frankreich einen Schaden von Milliarden beigebracht hätten, auch in Deutschland konstatirt. Zwar sei ein derartiges Auftreten des Uebels in Deutschland nach dem Vorfall in Oesterreich nicht zu erwarten, aber jetzt erscheine nach dem Unglück an der Aar auch jede Hoffnung illusorisch. Eine weitere bedauerliche Erscheinung an der Aar sei der Indiffe⸗ rentismus der dortigen Bevölkerung. Obwohl daselbst eine große Anzahl von Weinstöcken bereits abgestorben gewesen sei, sei die Krankheit trotzdem blos durch einen Zufall und die Sorgfalt eines dortigen Verwaltungsbeamten aufesfunden. Nun sei die Situation von ganz besorgnißerregender Art; von der Infektionsstelle dehne sich ein ununterbrochener Gürtel von Weinbergen bis in das Rheinthal aus und wo das Aarthal in das Rheinthal einmünde, liege gegenüber ein großer Weinberg, von dem aus sich die Weinberge bis zum Rhein⸗ gau fortsetzten. Man habe also zu befürchten, daß, wenn nicht die Infektionsstellen energisch vernichtet würden, es nur eine Frage der Zeit sei, ob überhaupt der Weinbau an dem Rhein erhalten werden könne. Er müsse sämmtlichen Be⸗ hörden, die dort zu thun hätten, seine Anerkennung für die bei Bekämpfung dieses Uebels bewiesene Energie aussprechen. Er hoffe, daß man in den nächsten Jahren mit der größten Sorgfalt nach neuen Infektionsheerden suchen werde, denn nur dadurch werde es möglich sein, die Vernichtung des ganzen rheinischen Weinbaues fernzuhalten. Es habe sich der wein⸗ bautreibenden rheinischen Bevölkerung eine große Erregung bemächtigt; diese Erregung sei sogar bis zu einem gewissen Grade wünschenswerth, denn nur diese beseitige den Indif⸗ serentismus, welcher den Behörden die Unterdrückung der In⸗ fektionsheerde erschwere. Wenn man in Deutschland noch keine Infektionsheerde hätte, so könne es vielleicht gerechtfertigt er⸗ scheinen, daß man ein Verbot des Pflanzenhandels verlange, da man in Deutschland aber schon eine Reihe von Infek⸗ tioncheerden habe, könne die Gefahr vom Inlande eine eben so große sein, wie die vom Auslande. Italien habe voll⸗ ständig seit Jahren jeden Pflanzenverkehr verboten, kein Blumenstrauß dürfe nach Italien hineingebracht werden, und trotzdem nehme das Uebel immer mehr zu, weil dort ein In⸗ fektionsheerd bestehe. Die Konvention wolle der Verbreitung der Krankheit durch Wurzelläuse entgegentreten. Zur Er⸗ reichung dieses Zweckes scheine ihm der richtige Weg einge⸗ schlagen zu sein. Werde die Hauptbestimmung, die sich in Art. 3 der Konvention befinde, gewissenhaft durchgeführt, so⸗ sei die Garantie geboten, daß mit den Pflanzen nicht auch Wurzelläuse eingeführt würden. Er hätte nur gewünscht, daß aus der früheren Konvention noch die Be⸗ stimmung, daß Pflanzen nur aus seuchenfreien Be⸗ zirken eingeführt werden dürften, aufgenommen wäre. Die vorhandenen Schutzmittel genügten nicht. Er schlage noch vor, daß Jeder, der eine Rebe einführe, eine Bescheinigung beibringe, wo sie herstamme und ob sie gesund sei. Eine Untersuchung von dem Käufer allein genüge nicht, da das Thier nur mit Hülfe eines guten Vergrößerungsglases sichtbar sei und noch dazu einen Sachverständigen erfordere. Gesetz⸗ liche Bestimmungen müßten den Weinbergbesitzern mehr Schutz gewähren, als es die der Reblauskonventiom zu thun im Etunde seien. Es werde die Phylloxera auch nicht nur durch Weinreben und Schößlinge verbreitet, wie behauptet sei, son⸗ dern es sei erwiesen, daß sie auch durch Obstbäume sich verbreitet habe. Auch die Weintrauben selbst, nament⸗ lich die Speiseweintrauben könnten sehr gut die Träger
voraussichtlich in den nächsten Jahren ein recht lebhafter Han⸗ del mit Reben und Sprößlingen zu gewärtigen sei, in Folge der Beschädigungen, die der starke Winter von 1878/79 und die Nässe des letzten Jahres verursacht hätten. Er heiße daher jeden Antrag gut, der einen größeren Schutz gegen die Reb⸗ laus zu gewähren ihm geeignet scheine. Er bitte das Haus um Annahme der Konvention.
Die Diskussion wurde hier dadurch unterbrochen, daß der Präsident durch den Schriftführer Abg. Hermes ein Schreiben des Reichskanzlers verlesen ließ, Inhalts dessen aus Stutt⸗ gart telegraphisch gemeldet worden sei, daß der Abg. Dietz au der Haft entlassen worden sei. b
Das Haus trat wieder in die Tagesordnung ein.
Der Abg. Walter (Sachsen) führte aus, es sei doch nicht Recht, wenn man aus Rücksicht nur auf die Gärtner es ver⸗ absäume, dem Weinbau den nöthigen Schutz angedeihen zu lassen. Die Herren aus dem Osten und Norden des deutschen Vaterlandes könnten die hohe Wichtigkeit der vorliegenden Frage kaum beurtheilen; sie hätten für ihre Existenz in Folge des Austretens der Phylloxera nicht zu fürchten. Er hoffe, daß von Seiten der Reichsregierung möglichst viel werde gethan werden, die Einschleppung der Phylloxera zu verhindern. Die Ausführungen des Abg. Ackermann seien nicht stichhaltig. Der Export für die deutschen Gärtner würde durch gewisse Beschränkung des Handels mit Pflanzen nicht in dem Maße leiden, daß man ihretwegen die Weinbergbesitzer ungenügend schützen müßte. Er würde für den Antrag Schulze⸗Delitzsch stimmen, da nur durch strenge Maßregeln das Uebel zu beseitigen sei. Der Abg. Dr. Schulze⸗Delitzsch erklärte, die Petitionen zerfielen in zwei Theile, in solche, welche das Verbot der Ein⸗ fuhr der Gewächse beträfen, und in solche, die auf die innere Beschränkung des Verkehrs hinzielten. Man stehe hier vor der Behandlung eines Uebels, welches man nur in den ersten Anfängen bekämpfen könne. Auch die gegen die Infektion ergriffenen Schutzmaßregeln hätten sich als wenig erfolgreich 8 erwiesen. Nothwenbig wäre es vor allen Dingen, daß nur diejenigen Gärtner exportiren dürften, welche eine wirkliche Untersuchung hätten stattfinden lassen. Wichtiger noch sei die Beschränkung des inneren Verkehrs. Es seien 17 neue Infektionsheerde bekannt geworden und bekanntlich werde der Weinbau durch die innere Verbreitung der Reben mehr bedroht als durch die von außen. Die Interessen der Handelsgärtner kämen hier nicht in solchem Umfange in Be⸗ tracht, wie die des Weinbaus, dessen ganze Existenz gefährdet sei. Zur Abhülfe genüge Nr. 2 des Kommissionsantrages nicht. Es müsse sofort mit einem Schutze vorgegangen werden, namentlich in den so bedrohten Rheingauen. Sein Antrag decke sich wörtlich mit dem vom Reichstage im Jahre 1880 gefaßten Beschlusse. Dieser Schutz könne aber nicht den 1 einzelnen Regierungen überlassen werden, sondern müsse durch Reichsgesetz ausgesprochen werden. Die Weinbaugebiete grenzten so nahe aneinander, daß es nichts nützen würde, wenn die eine Regierung vorginge, die andere nicht. . 8
Der Bundesrathskommissar Geheime Reg.⸗Rath Weymann bat, der Konvention zuzustimmen, zumal dieselbe durchaus in der Richtung liege, die durch den Reichstagsbeschluß ange⸗ deutet sei. Das Ziel, den Weinbau wirksamer zu schützen als bisher, sei durch die Konvention erreicht. Wenn die Interessenten des Gartenbaues sich beklagten, so sei ihnen ja das nicht zu verargen, da sie in der That zu Opfern im 1 Interesse des Weinbaues genöthigt seien. Aber was zu ihren Gunsten habe geschehen können, sei geschehen. Mit der Kon⸗ vention sei man dem Ziele einer Ausgleichung widerstreiten⸗ der, zum Theil unversöhnlicher Interessen erheblich nahe ge⸗ kommen. Den Kommissionsantrag betreffend, so erkenne die Reichsregierung das Bedürfniß an und habe die Absicht, auch die innere Regelung so schleunig als möglich herbeizusühren. Der Antrag Schulze⸗Delitzsch würde der Erledigung der Sache in einer bestimmten Weise präjudiziren.
Der Abg. Buddeberg führte aus, der Pflanzenverkeh an der böhmischen Grenze würde erheblich geschädigt werden, wenn derselbe, wie dies nach der Konvention den Anschein habe, nur über bestimmte Grenzpunkte gehen solle. Im Interesse der Erleichterung dieses Verkehrs bitte er, in ein Einvernehmen mit der österreichischen Regierung zu treten.
Der Abg. Dr. Reichensperger (Crefeld) schlug vor, durch möglichst populär gehaltene Schriften in den betheiligten Kreisen Aufklärung über die Natur der Reblauskrankheit und deren einzelne Stadien zu verbreiten. Mit bloßen Bürger meister⸗ und Polizeimaßregeln werde man der Masse der Be⸗ völkerung den nöthigen Ernst und das nöthige Interesse nicht beibringen. Im Uebrigen halte er mit dem Abg. Schulze⸗ Delitzsch ein möglichst schleuniges Eingreifen der Gesetzgebung für erforderlich. 8 b Der ganc. nle erklärte, die zahlreichen Petitionen be⸗ wiesen, daß die neue Konvention das Loos menschlicher Ein⸗ 8 richtung theile, nach keiner Seite ganz zu befriedigen und den gleichmäßigen Widerspruch der einander entgegenstehenden “ Interessen hervorzurufen. Der Gärtnerei zu Lieb sei der Berner Kongreß veranlaßt worden, Niemand werde aber die ¹ Verantwortlichkeit übernehmen wollen, eine weitergehende Be günstigung der Gärtnerei zu beantragen. Er empfehle daher die Annahme der Konvention. In Betreff des Antrages von Schulze⸗Delitzsch stehe er ganz auf demselben Standpunkte, daß energische Vorkehrungen zur Verhütung der Verschleppung 8 im internen Verkehr getroffen werden müßten, er halte aber den vorgeschlagenen Weg, daß nur zwischen anliegenden Gemeinde bezirken Verkehr in Reben stattfinden dürfe, zur Erreichung der Absicht nicht für geeignet, und glaube, daß nähere Prüfung nothwendig, energische und rasche Entschließung aber geboten r. wurde die erste Berathung geschlossen und in der sofort begonnenen zweiten Berathung die Konvention nebst der Zusatzerklärung und dem Schlueßprotokoll unverändert angenommen. Ebenso wurden die Anträge der Petitions⸗ kommission, unter Ablehnung des Antrages Schulze⸗Delitzsch mit 115 gegen 109 Stimmen ohne Aenderung genehmigt.
und Verschlepper der Reblaus sein. Ein noch
den Hauptanstoß für die Gärtnerei, nämlich die Garantie der den Liuntanse bei Exportprodukten der Gärtnerei, in Wegfall
größerer Schutz sei unumgänglich nöthig, um so nöthiger, da
Der zweite Gegenstand der Tagesordnung war der Kon⸗ Ufularvertrag zwischen dem Deutschen Reiche und