1882 / 16 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 19 Jan 1882 18:00:01 GMT) scan diff

8

Die erste Nummer der Zeitung hat folgenden Inhalt: Der Amazonen⸗Klub, Erzählung von Joh. v. Dewall. Die Heroen des Rebellenkrieges von J. Scheibert, Major. Feldmarschall Graf von Moltke. Das Adlerschießen beim 1. Garde⸗Rgt. z. F. Reiter⸗ bilder von Oberst Kähler. Die modernen Ordonnanz⸗Präzisions⸗ Waffen von Weygand, Major. Strategisch⸗taktische Aufgaben. Das bayerische Armee⸗Museum. Truppenübungen in Bayern. Die K. K. österr. und ungar. Infanterie. Moderne Pagen⸗ streiche von Emile Erhard. Die Wachparade, Ballade von F. v. Köppen. Militärische Mittheilungen. Millit.⸗literar. Neuigkeiten. Prachtwerke und Kunstblätter. Renn⸗ und Jagd⸗ sport u. s. w. An Illustrationen bringt die vorliegende Nummer: Titelblatt und Vignetten, entworfen von Prof. Ludw. Burger. Feldmarschall Graf von Moltke, Originalzeichnung von Prof. A. von Werner. Das Adlerschießen beim 1. Garde⸗Regiment z. F., ge⸗ zeichnet von Georg Krickel (Potsdam). Husarenbild von Th. Rocholl (Düsseldorf). Das bayerische Armee⸗Museum von H. Kauf⸗ mann (München). Bilder aus den Truppenübungen in Bayern von Heinrich Lang (München). Die K. K. österreichische und ungarische Infanterie von Prof. Ludw. Burger. Illustrationen zu „Moderne Pagenstreiche“ von Georg Krickel. Die Wachparade von H. Lüders (aus Fr. v. Köppens Balladenbuch). Aus unserer humoristischen Mappe.

Von der mit Abbildungen und Karten reich illustrirten neuen Auflage von Brockhaus' „Konversations⸗Lexikon“ ist so⸗ eben das 10. Heft erschienen. Mithin liegen bereits 10 Hefte oder 2 Drittel des 1. Bandes des erwähnten Werkes vor. Ueberall tritt das erfolgreiche Streben der Brockhausschen Verlagshandlung zu Tage, das Werk sowohl seinem Inhalt nach mit dem heutigen Stande des Wissens in Einklang zu bringen, als auch dessen äußere Ausstattung dem fortgeschrittenen Geschmack der Gegenwart anzupassen. In letzterer Hinficht ist der gleichmäßig klare Druck auf dem weißen und dauerhaften Papiere lobend zu erwähnen. Nicht minder vortheilhaft in die Augen fallend ist die artistische Ausführung der werthvollen Illustrationen. Die Hefte 6—10 bringen, außer meh⸗ reren in den Text gedruckten Figuren in Holzschnitt, 6 Bilder⸗ tafeln: die Affen der Neuen Welt, die Affen der Alten Welt, Algen, Angelfischerei, Amerikanische Menschenstämme, Appreturmaschinen, und 4 kolorirte Landkarten: Uebersicht der Alpen in Höhenstufen, Süd⸗ afrika und Madagaskar, das alte Aegypten, Algerien und Tunesivn. Der Text ist bis zum Artikel „Angelfischerei“ fortgeführt. Unter den größeren und den durch Abbildungen erläuterten Artikeln be⸗ finden sich namentlich viele aus den Gebieten der Na⸗ turwissenscheft und der Technik, wie Alaun, Albumin, Algen, Alkohol, Alpenpflanzen, Aluminium, Amalgamation, Am⸗ moniak, Ammoniten, Amphibien, Analyse. Interessante Biographien bieten die Artikel Alexander III., Kaiser von Rußland, und Alexander J., Fürst von Bulgarien. Zu den wichtigeren geographischen und ethno⸗ graphischen Artikeln gehören: Albanien, Alerandria, Algerien, Alpen, Amerikg, Amsterdam. Aber auch aus allen anderen Wissensfächern ließen sich hervorragende Artikel namhaft machen.

Gewerbe und Handel.

Nach der Bilanz der hiesigen Getreide⸗Makler⸗Bank für die am 31. Dezember beendete erste Geschäftsperiode von 7 Mo⸗ naten hatte das Kassa⸗Konto ultimo Dezember einen Bestand von 39 744 ℳ; das Effekten⸗Konto bezifferte sich auf 1 623 667 ℳ, das Courtage⸗Konto (inzwischen eingegangen) auf 39 805 ℳ, das Pro⸗ dukten⸗Termin⸗Konto auf 158 495 ℳ, und Debitoren waren im Betrage von 9163 vorhanden. Letzteren standen für 145 191 Kreditoren gegenüber. Im Gewinn⸗ und Verlust⸗ Konto figurirt der Antheil der Bank an verdienten Courtagen mit 174 120 ℳ; an Zinsen wurden 54 818 verdient. Der erzielte Reingewinn beziffert sich auf 140 906 Davon erhalten die Aktonäre eine Dividende von 12 % pro rata temporis mit 105 000 ℳ; dem Reservefonds werden 15 295 überwiesen und zu Tantièmen 20 122 verwendet, so daß 489 auf das neue Ge⸗ schäftsjahr als Gewinn vorzutragen bleiben. 9

Verkehrs⸗Anstalten. 8

Southampton, 18. Januar. (W. T. B.) Der Dampfer

des Norddeutschen Lloyd „Mosel“ ist bier eingetroffen.

““

Berlin, 19. Januar 1882.

Cöln a. Rh., 19. Januar, 1 Uhr 5 Min. früh. (Tel.) Die Englische Post vom 18. Januar früh, planmäßig in Verviers um 8 Uhr 12 Min. Abends, ist ausgeblieben. Grund: Zugverspätung in Belgien.

Abhängigkeit der Blitzschläge von der Bodenbeschaffen⸗ heit. (Stat. Corr.) Die in den lippeschen Staatsforsten auf Veran⸗ lassung des Forstmeisters Feye seit 1874 regelmäßig angestellten Auf⸗ zeichnungen der Gewitter und der Blitzschläge, welche in Hrn Häpke (Beiträge zur Physiographie der Gewitter) einen ersten Bearbeiter gefunden haben, führen zu einigen interessanten Folgerungen, welche für die Fortbildung der Gewitterlehre nicht minder, wie für prak⸗ tische wirthschaftliche Zwecke von Wichtigkeit sind.

Auf den neun Oberförstereien des 20 Quadratmeilen großen Fürstenthums Lippe⸗Detmold wurden beobachtet: dnrchschnittlich

EEEö1“ 15 Gewitter 1878.. 28 Gewitter .“ 5 11115“ 1876 1“ 5 V11f““] 1877 EEEE1e8. 8 I so daß im Fjährigen Mittel jährlich 32 Gewitter vorkamen. Wie wenig Bedeutung jedoch einem solchen Mittelwerthe zukommt, geht am besten aus der Thatsache hervor, daß z. B. im Jahre 1879 auf der Oberförsterei Lopshorn 56 in Falkenhagen aber nur 14, also genau ein Viertel jener Gewitter notirt wurden. Ein großer Theil dieser Gewitter sind somit ganz lokale Erscheinungen.

Die an Bäumen der Wälder konstatirten Blitzschläge vertheilen sich auf die einzelnen Jahre, wie Eeäag Blitscht

zicJ15 vom Blitz g. ene von einem Blitzschlag Jahr Blitzschläge Bäume beschädigt 1 v 141 2 111“ 12 1“ 1,42 Veö“ 1,32 nm n 1,14 59. 1,05 ee 1,39 IIFööubb 1,19

zusammen 197 1,11

lassen also eine Zunahme der Blitzgefahr in den letzten Jahren, wie sie auch für die Gebäude einzelner Gegenden Deutschlands nachge⸗ wiesen ist, deutlich erkennen. Die in den letzten drei Jahren 1878 80 hinzugefügte Unterscheidung der vom Blitz getroffenen Bäume ergab: 77 Cichen, 14 Buchen, 4 andere Laubhölzer und 34 Nadelhölzer, 27. einen Fall, wo gleichzeitig eine Eiche und eine Buche vom Blitz eschädigt wurden. Aus diesen Angaben könnte ein genauer Ausdruck für die Blitzgefahr der einzelnen Baumarten abgeleitet werden, wenn die Baumzahl jeder Gruppe derselben bekannt wäre. Werden dafür 8 en4“n tondenen Flächen substituirt, so ergiebt sich folgende ebersicht:

Prozent Prozent der der Blitz⸗ Fläche schäden 10,5 60 70,0 11 18,0 26 1,5 3

aus der die Blitzgefahr für die Eiche = 5,7, für die Buche ⸗= 0,16, für die Nadelhölzer = 1,5, für übrige Laubhölzer = 2,0

ktar ECichenbestand .. .

Buchenbestand .

Nadelholz⸗Bestand .

Rest

8 * 2* 8 82

1

sich ergiebt; oder aber, ist die Blitzgefahr der Buche 1, so ist die der Eiche 34, die der anderen Laubhölzer 12 und die der Nadelhölzer 9.

Der alten Sage, daß die Buche vom Blitz gefeit sei, liegt also etwas Wahres zu Grunde, und wenn die alten Deutschen die Eiche als Sitz des Donnergottes verehrten, so mag dies vielleicht auch darin seinen Grund haben, daß die beständig im Freien Lebenden die Beobachtung machten, daß die Eiche mit Vorliebe vom Donnerkeile getroffen werde.

Die etwa 18 000 ha großen Forsten des Fürstenthums vertheilen sich mit den Blitzschäden der 7 Jahre 1874 80 auf folgende Boden⸗

in Hektar Fläche schäden 4 735 26,0 3 5 640 31,0 10 3 160 EII 13

2 365 13,0 21 1,61 Lehmboden. * 12,6 53 4.20

Die Zahlen der letzten Spalte sind durch Division derjenigen der dritten durch die der zweiten erhalten worden. Sie lehren eine ähnliche Verschiedenheit der Blitzgefahr der Bodenarten wie die der Baumarten, welche auf jenen stehen. Wird die Blitzgefahr für Kalk⸗ boden gleich 1 gesetzt, so ist dieselbe für Keupermergel nahezu 3, Thon⸗ boden nahezu 7, Sand 14,5 und Lehmboden 38.

Gegenden mit vorherrschendem Kalkboden sind daher hinsichtlich der Blitzgefahr viel günstiger gestellt, als solche mit schwerem Lehm⸗ boden. Ob diese und ähnliche Konsequenzen nicht vielleicht die Be⸗ rücksichtigung der Versicherungsgesellschaften verdienen denn die Blitzgefahr für Gebäude hängt zweifelsohne auch vom Untergrunde ab —, möge hier nur angedeutet werden; jedenfalls wird fortan bei Untersuchungen über die Vertheilung und Verbreitung der Gewitter und Blitzschläge in einem Lande dessen geologische Karte zu Rathe gezogen werden müssen.

Alle diese Beobachtungen und Folgerungen entbehren zwar, wie wir hinzuzufügen nicht unterlassen dürfen, der Bestätigung durch aus⸗ gedehnte Forschungen; aber sie deuten wenigstens die Richtung an, wohin letztere zu steuern haben. Namentlich den forstlich⸗meteorolo⸗ gischen Stationen empfehlen sie sich als ein sehr beachtungswerther Zuwachs ihres Arbeitsfeldes.

Die Afrikanische Gesellschaft in Deutschland hat wiederum die Freude gehabt, einen ihrer Forschungsreisenden in der Heimath begrüßen zu können. Hr. Dr. Buchner ist nach einer drei⸗ jährigen Abwesenheit und nach Vollendung einer ebenso schwierigen wie erfolgreichen Reise am vergangenen Freitag nach Berlin zurück⸗ gekehrt. Dem jungen Gelehrten war es freilich nicht vergönnt, seinen großartigen Plan, von der Westküste über die Lundastaaten hinaus bis an den Congo und von hier nach der Ostküste vorzudringen, ganz auszuführen. Derselbe wurde vielmehr durch die Eifersucht des Muata Yamwo in den Lundastaaten festgehalten und schließ⸗ lich sogar gezwungen, nach der Westküste zurückzukehren, so daß seine Reiseroute von der früher von Dr. Pogge genommenen, wenig verschieden ist. Da Hr. Dr. Buchner jedoch durch mehrjährige Studien sich für die Afrikaforschung gründ⸗ lich vorbereitet und seine Studien auf die verschiedenen Zweige der Naturwissenschaft ausgedehnt hatte, so ist sein Erfolg ein ganz be⸗ sonders glänzender und wird nicht nur der Kartographie zu

Geologie,

Prozent Blis. gefahr 0,11 0,32 0,75

Kalkboden Keupermergel Thonboden. Sandboden

Gute kommen, sondern auch unsere Kenntnisse von der Botanik und Zoologie des äquatorialen Afrika wesentlich erweitern. Um so mehr ist es aus diesem Grunde aber auch zu bedauern, daß ein Theil der werthvollen Sammlungen des Reisenden in Folge der Collision zweier Dampfer im Kanal zu Grunde gegangen ist.

Hr. Dr. Buchner wird in der nächsten Sitzung der Gesellschaft für Erdkunde über die Ergebnisse seiner Reise Bericht erstatten.

Zu Anfang vorigen Jahres ging durch die Zeitungen die Nach⸗ richt, daß ein mit afrikanischen Reisen bereits vertrauter, über be⸗ trächtliche Mittel verfügender Holländer, Juan Maria Schuver aus Amsterdam, von Kairo nach Süden abgereist sei mit dem großartigen Plane, ganz Afrika von Nord nach Süd bis zum Kap der guten Hoffnung zu durchwandern. Bald darauf setzte sich derselbe mit der Redaktion von Petermanns Mittheilungen in Verbindung, und, in Fädassi angelangt, sandte er den ersten Bericht über seine Reise, welcher in dem soeben ausgegebenen Januarheft der genannten Zeitschrift unter dem Titel „Von Cairo nach Fädassi, 1. Januar bis 12. Juli 1881“ abgedruckt ist. Der Reisende gedenkt sich längere Zeit in Fädassi, das ihm als ausgezeichnete Station erscheint, aufzu⸗ halten und nur langsam vorwärts zu gehen. Er verspricht, eine Karte des Berta⸗Landes südlich von Beni⸗Shongul; ferner sind Positions⸗ bestimmungen und andere krrtbographische Arbeiten, sowie Mittheilungen über die Beschaffenheit des Bodens, über die Sprachen und über die all⸗ gemeinen Verhältnisse der Stämme zu einander von ihm zu erwarten. In einem weiteren Aufsatze werden die Polarfahrten des Jahres 1881 besprochen. Nachdem die Unternehmungen im europäischen Eis⸗ meer und die Fahrten im Karischen Meere rekapitulirt worden, wird die Erpedition des Kapitäns Hooper mit dem amerkkanischen Zoll⸗ schiff „Corwin“ (der schon im Jahre 1880 in den Gewässern nördlich von der Beringsstraße Umschau gehalten) zur Aufsuchung der „Jeannette“ und seine Landung auf Wrangelland beschrieben, welches von ihm am 12. August für die Vereinigten Staaten in Besitz genommen und New⸗Columbia getauft worden ist. Zu dem gleichen Zweck wie der „Corwin“ war bekanntlich der „Rodgers“ unter Kapitän Berry aus San Francisco ausgelaufen, mit der speziellen Instruktion. Wrangelland nach etwaigen Spuren der seit 2 Jahren vermißten Erpedition zu durchforschen. Dies ge⸗ schah in so gründlicher Weise durch einzelne Booterpeditionen, daß nur wenige Punkte der Insel (denn als solche ergab sie sich) ununter⸗ sucht geblieben sind, freilich für die eigentliche Aufgabe ohne Erfolg.

idessen ist durch diese Forschungen einem langjährigen Streite ein ide gemacht, gleichzeitig aber auch die Ansicht zerstört worden, als ob die Küste des Wrangellandes eine gute Basis für ein weiteres Vordringen nach Norden bieten könnte. Die Kurse der beiden Dampfer sind auf einer beigegebenen Karte eingetragen, welche auch die erste kleine, nach einer Skizze der Offiziere des „Rod⸗ gers“ entworfene Karte der Insel Wrangelland vor Augen führt. Derselbe Artikel enthält ferner Mittheilungen über die vom ameri⸗ kanischen Signal Office ausgesandten Expeditionen behufs Errichtung von Stationen innerhalb des Polarkreises, welche mit der Beobachtung der phvsikalisch⸗meteorologischen Erscheinungen nach Weyprechtschem Plane betraut werden sollen, nämlich Lieutenant Greeley’s Beobach⸗ tungsstation in der Lady⸗Franklin⸗Bay und Licutenant Ray's Station auf Point Barrow, der Nordspite des amerikanischen Kontinents. Endlich wird über die Fahrt des Wallfischfängers „Arctic“ unter Ka⸗ pitän Adams und die von ihm ermittelten Nachrichten in Betreff der lezten Schicksale einiger Gefährten Franklins sowie über Bove’s geplante Expedition nach dem Südpolargebiet berichtet. Hinsichtlich dieser italienischen antarktischen Unternehmung erfahren wir, daß Lieutenant Bove sich im September nach Buenos Aires be⸗ geben hat, um, mit einer Kommission von italicnischen Gelehrten als wissenschaftlicher Leiter, an einer Expedition theilzunehmen, welche von der argentinischen Regierung cusgesandt wird, um Studien zur Be⸗ leuchtung und Betonung der atlantischen Küste von Patagonien und Feuerland vorzunehmen, Guano⸗ und Salpeterlager, günstige Fischerei⸗ dess ꝛc. aufzusuchen. Die der Expedition zur Verfügung gestellten biffe, das Kanonenboot „Uruguay“ und die Korvette „Cabo de Hornos“ stehen unter dem Kommando des Oberst⸗Lieutenants der Marine R. Blanco und sollten etwa Mitte November in See gehen. Die wissenschaftlichen Sammlungen werden zwischen der argentinischen Regierung und der italienischen Kommission getheilt. Vom Feuer⸗ lande aus will Bove auf einem gecharterten Walfischfänger den Ver⸗ such machen, uͤber den Polarkreis vorzudringen. Die italienischen Gelehrten haben sich am 3. Oktober in Genua eingeschifft. Daran reibt sich ein Aufsaß, welcher nach Berichten russischer Blätter das Leben der nach Sibirien Verbannten schildert, und weiter eine zus

.

fassende Darstellung der Anfänge der Erschließung des Congo⸗ Beckens durch Stanley, die Miöftoncer⸗ der 2.ee der Livingstone Inland Mission, Comber, Me. Call, Bentley und Crudgington, sowie den französischen Missionar Pater Augouard und den Reisenden Savorgnan de Brazza. Da durch Stanley's Verdienst die Möglichkeit geboten ist, ohne zu große Schwierigkeiten mit dem Innern in direkte Verbindung zu treten und auch Aussicht vorhanden ist, daß diese Verbindung er⸗ halten bleibt, so hat sich eine holländische Gesellschaft, welche in der Congo⸗Mündung einen lebhaften Handel treibt, entschlossen, ihre Faktoreien bis zum Stanley⸗Pool auszudehnen und bereits diejenigen Perfönlichkeiten, welche durch langjährigen Aufenthalt am Unterlaufe Erfahrungen im Verkehr mit den Eingeborenen gesammelt haben bezeichnet, um am Stanley⸗Pool, und nach Bedarf weiter stromauf⸗ wärts, Faktoreien zu gründen. Auch mehrere belgische Compagnien sind in der Bildung begriffen, um in direkte Handelsverbindungen mit dem Mittellaufe des Congo zu treten. Sehr interessant sind endlich die Mittheilungen über das urwüchsige Völkchen der Karatschajer im Quellgebiet des Kuban im Kaukasus, nach G. Petrow im „Jahrbuch für das Kubangebiet für 1880.“ In dem geographischen Monatsbericht wird u. A. der nach mancherlei Mißgeschick doppelt erfreulichen neueren Erfolge der „Afrikani⸗ schen Gesellschaft in Deutschland“ gedacht und von ihren Früchten zunächst drei Karten erwähnt, „deren jede für sich einen großen Er⸗ folg bedeutet und einen höchst schätzbaren Beitrag zur Karte von Afrika liefert“. Es sind dies 1) eine ausführliche Routenkarte von Dr. Oskar Lenz' Reise nach Timbuktu (in der Zeitschrift der Gesell⸗ schaft für Erdkunde veröffentlicht), 2) Dr. A. Steckers Aufnahme des Tanasees in Abessinien und 3) Robert Flegels Aufnahme des mitt⸗ leren Niger in der Karte seiner Reise nach Sokoto (letztere beide in den Mittheilungen der Afrikanischen Gesellschaft). Dem Januar⸗ heft ist eine große sorgfältigst ausgeführte geologische Karte von West⸗ afrika (Maßstab 1: 12 500 000), entworfen nach seinen in den Jahren 1874 77 und 1879 81 unternommenen Reisen von Dr. Oskar Lenz, beigegeben, in welcher auch die Routen des Reisenden aus jener oben erwähnten Karte eingetragen sind. Der von dem Verfasser dazu ver⸗ faßte Text soll in einem späteren Hefte nachfolgen.

In der Generalversammlung des Vereins für deutsches Kunstgewerbe, am 11. Januar, erstattete der Vorstand über die Thätigkeit des Vereins im verflossenen Jahre Bericht. Derselbe kon— statirte, daß das Vereinsleben ein sehr reges und fruchtbringendes ge⸗ wesen ist. Der Stoff zu den Vorträgen floß reichlich, und auch an Vor⸗ lagen kunstgewerblicher Gegenstände, welche größtentheils aus dem Kreise der Mitglieder hervorgingen, war niemals Mangel. Zu den Vorträgen, welche stets ziemlich zahlreich besucht waren, trugen Autoritäten auf dem Gebiete des Kunstgewerbes bei. Versammlungen fanden im Jahre 1881 siebenzehn statt. Die Zahl der Mitglieder hat sich um 47 vermehrt und beläuft sich gegenwärtig auf 5390. Die Bibliothek des Vereins, welche den Mitgliedern jeden Mittwoch Abend geöffnet ist, wurde durch werthvolle Werke vermehrt und fleißig benutzt. Der Stand der Kasse ist ein erfreulicher. Die Jahresabrechnung ergiebt einen nicht unbedeutenden Ueberschuß. 1“

Glasgow, 18. Januar. (W. T. B.) Heute früh wurde ein der „Anchor⸗Linie“ angehöriger Schiffs bauhof durch Feuer voll⸗ ständig zerstört. Der Schaden wird auf 20 000 Pfd. Sterl. geschätzt.

Bukarest, 19. Januar. (W. T. B.) In der vergangenen Nacht um 3 Uhr brach in dem Circus Krembser auf dem Boulevard Feuer aus. Trotz der Anstrengungen der Pompiers brannte der Cireus vollständig nieder. Vom Personal werden zwei Männer und die erste Reiterin vermißt. 34 Pferde sind verbrannt.

Das Victoria⸗Theater bleibt morgen wegen der Ge⸗ neralprobe zu dem Calderonschen Schauspiel „Ueber allen Zauber Liebe“, welches am Sonnabend in glänzender Ausstattung mit Hrn. Otto Devrient als Gast in Scene geht, geschlossen. 8

Literarische Neuigkeiten und periodische Schriften. Beiheft zum Marineverordnungsblatt. Nr. 34. Inhalt: Studie über die Einführung der Fischtorpedowaffe in ihrem Einflusse auf die Machtstellung der Marinen. Die Russischen Kreuzer. Nachrichten von S. M. Schiffen und Fahrzeugen im Auslande. Nachrichten vermischten Inhalts: Artilleristisches. Torpedowesen. Vermischtes. Literarische Benachrichtigungen.

Handelspolitische Revue. IX. Jahrg. Monatsschrift für die gesammte Volkswirthschaft. Herausgeber Jos. Wiener, Berlin⸗Wien. Die Januar⸗Nummer 1882 enthält 12 Original⸗ Artikel, und zwar: Was wir wollen? Die Bismarckschen Pläne. Ein neues Aktiengesetz. Ein Volkswirthschaftsrath in Hester⸗ reich. Die Länderbank⸗Debatte. Volkswirthschaftliche Revue. Das Assekuranzjahr 1881 in Oesterreich. Die Verstaatlichung des Versicherungswesens in Deutschland. Die Unfallversicherung in praktischer Beleuchtung. Versicherung des kaufmännischen Kredits. Maritime⸗Bank. Interventions Bank. Ferner: Volkswirth⸗ schaftliche Literatur. Notizen. Monatsausweise. Rechen⸗ schaftsberichte und Bilanzen. Correspondenz und Ankündigungen.

Gewerbeblatt aus Württemberg, herausgegeben von der Königlichen Centralstelle für Gewerbe und Handel. Nr. 3. Inhalt: Versendung der aus Anlaß der Schulausstellung von 1881 verwilligten Preise. Die Einführung von Lehrlingsprüfungen. Herstellung richtiger Leiste für den „naturgemäßen Schuh.“ Er⸗ plosionssichere Brenner für Petrolcumlampen. Neuer Kitt. Diagonal gelagertes Walkfaß mit Längsrippen im Innern für Gerbe⸗ reien. Literatur. (Dr. E. Wincklers Handbuch zur Herstellung von Metallükerzügen.) Thätigkeit des Loboratoriums im Monat De⸗ zember 1881. Die Zahl der Besucher der Mustersammlungen. Zahl der ausgeliehenen Musterstücke, Zeichnungswerke und Lehrmittel im Musterlager. Frequenz der Bibliothek.

Die Sparkasse. Volkswirthschaftliches Wochenblatt. Organ des Verbandes der Sparkassen in Rheinland und Westfalen. Heraus⸗ geber: Heyden. Mitglied des Verbandsvorstandes. Nr. 5. Essen, 14. Januar 1882. Inhalt: Ueber Pfennigsparkassen. Sparkassenwesen. Geld⸗, Bank⸗ und Borsen⸗Nachrichten. Versicherungewesen. Literatur. Rechnungsabschluß der städtischen Sparkasse zu Duisburg am Schlusse des Jahres 1880. Magde⸗ burger Lebensversicherungs⸗Gesellschaft. Sparkasse zu Homberg. Uebersicht über die Einnahmen und Ausgaben für das Geschäftsjahr 1880. Notizen über deutsches Papiergeld. Die wichtigsten Rechnungsmünzen und ihr Verhältniß zum deutschen Münzsystem. e nba vom 6. bis 12. Januar. Bankausweise. Münz⸗ tabelle.

Illustrirte Berliner Wochenschrift „Der Bär“, Verlag von Gebrüder Paetel in Berlin W., redigirt von Emil Do⸗ minik. Preis vierteljährlich 2 Nr. 16. Inhalt: Das Testa⸗ ment, eine Novelle aus der Mark von Ernst Brandt (Fortsetzung). August Orth, Königlicher Baurath (mit Portrait). Die Gefangen⸗ nehmung des Marschalls Viktor, dune de Bellune, zu Arnswalde am 17. Januar 1807 von v. S. (Schluß). e Sontag von Ar⸗ nold Wellmer (Fortsetzung). Miszellen: König Friedrich Wilhelm 1. auf dem Potsdamer Exerzierplatze (mit Illustration); Vom alten griechischen Buttmann; Vor funfzig Jahren; Bau des Reichstags⸗ gebäudes; ꝛc. ꝛc. Brief⸗ und Fragekasten. Inserate.

Redacteur: Riedel.

Berlag der Gmedition (Kessec). Vier Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage).

Druck: W.

8

b

aanstalten,

einer Vorlage, wie die vom vorigen Jahre gewesen sei, nicht

wisse

nzeiger und Königlich Preußi

Berlin, Donnerstag, den 19. Januar

chen St

auts⸗Anzeiger. 1882.

Aicchtamtliches. 8

Preußen. Berlin, 19. Januar. Im weiteren Ver⸗ laufe der gestrigen (28.) Sitzung begann der Reichstag die erste Berathung des von den Abgg. Dr. Buhl und Genossen ein⸗ gebrachten Gesetzentwurfs, betreffend die Entschädigung bei Unfällen und die Unfallversicherung der Ar⸗ beiter. Der Abg. Dr. Lasker nahm im Namen der Antrag⸗ steller das Wort, um die Prinzipien dieses Antrages darzu⸗ legen. Der vorliegende Antrag nehme einen hochwichtigen Platz unter den Verhandlungen des Reichstages ein; und hätten die Antragsteller erklärt, daß die Einbringung desselben nicht die Bedeutung einer Verpflichtung für jede Einzel⸗ heit in der Gesetzgebung habe, sondern lediglich die einer Verständigung in Betreff der leitenden Grundsätze. Wenn die Regierung einen Entwurf einbringe, rechne sie in Betreff einzelner Bestimmungen auf die weitere Berathung und erkläre sich bereit, jede Belehrung anzunehmen. Dazu seien auch die Antragsteller bereit. In dem Gesetz von 1871 finde man keine eigentliche Substanz der Haft⸗ pflicht, wie man sie heute verstehe. Der §. 1 behandele die⸗ jenige Pflicht, welche aus dem Eisenbahnbetriebe entspringe, gleichviel ob den Bediensteten gegenüber oder den dritten Per⸗ sonen, welche in keinerlei Dienst⸗ und Vertragsverhältniß tehen. Im §. 2 werde aber nur das allgemeine Recht in Anwendung gebracht auf einen besonderen Fall. Das Gesetz

on 1871 sei nützlich in dem Sinne gewesen, in dem dasselbe für ganz Deutschland für diese bestimmte Materie einheitliches Recht geschaffen und außerdem auch für einzelne Länder den Rechtssatz festgestellt habe, daß der Arbeitgeber, der Unternehmer verhaftet sei für das Verschulden auch der von ihm angestellten und mit der Leitung betrauten Personen selbst in dem Falle, wenn derselbe bei der Auswahl der Personen sich ein Ver⸗ chulden nicht zugezogen habe. Dennoch sei dieses Gesetz durch⸗ aus verdienstlich gewesen, weil es die Idee der Verpflichtung für Unfälle durch den Unternehmer in Bewegung gebracht und zum Theil gelöst habe in Bezug auf Eisenbahnen, obschon da außerhalb des Vertragsverhältnisses. Einige von den Abge⸗ ordneten, u. A. auch er, hätten schon 41871 dieses Gesetz als ungenügend bezeichnet und den Versuch gemacht, die Folgen des §. 1 auszudehnen auf den ganzen Fabrik⸗ und den maschi⸗ nellen Betrieb. Dies sei damals mißlungen. Seitdem aber hätten die Klagen im Publikum, namentlich unter den Arbeitnehmern, nicht aufgehört und auch nicht die Reform⸗ bestrebungen des Reichstages. Fortgesetzt seien Anträge ein⸗ gebracht aus den verschiedenen Parteien des Hauses, in der Absicht, das Haftpflichtgesetz weiter fortzusetzen, namentlich es fortzusetzen zu Gunsten der Arbeitnehmer, und im wesentlichen sei immer davon ausgegangen, das Objekt auszudehnen, auf welches die Haftpflicht aus dem §. 1 des Gesetzes von 1871 sich beziehen solle, und ferner die Beweislast insofern für den Arbeitnehmer zu er⸗ leichtern, als dem Arbeitgeber oder dem Unternehmer aufgegeben werden solle, eine Schuld des Arbeitsnehmers oder des Ver⸗ letzten nachzuweisen, so daß auch für den Zufall der Unter⸗ nehmer zu haften habe. Diese Bestrebungen, welche wohl die Mehrheit des Hauses für sich gehabt hätten, seien nun im vorigen Jahre durch eine Vorlage der Regierung unterbrochen, welche ein völlig neues System adoptirt habe, und, wie er nicht leugnen könne, sehr viele nützliche und noch mehr glänzende Ideen in sich geschlossen habe, die jedoch bei weiterer Prüfung de Probe nicht hätten bestehen können. Man könne sie in zwei Hälften zerlegen: die eine habe in der That die Ideen für die Gesetzgebung produktiv bereichert; die zweite habe einer ungewissen Zukunft vorgegriffen, in das weite Meer sozialistischer Gesetzgebung hinausgesteuert, und habe zur faktischen Lösung der Frage nicht viel beige⸗ tragen, vielmehr ihre Lösung in eine viel weitere Zukunst hinausgerückt. Besonders seien zwei Punkte von der liberalen Seite einstimmig im vorigen Jahre bekämpft: die Idee einer einheitlichen Reichsanstalt, oder einer Mehrzahl von Staats⸗ die monopolisirte Versicherungsanstalt, welche die freie Entwicklung des Versicherungswesens ganz und gar

habe unterdrücken sollen; und der Staatszuschuß, an dem die

Regierung mit kaum erklarlicher Tenazität festgehalten habe. Die

ggroße Mehrheit des Hauses habe vom Staatszuschuß nichts wissen

wollen weder von dem beständigen, noch von dem vorübergehenden. In Betreff der Monopolisirung der Versicherungsanstalten

aber habe man in diesem Jahre die glänzendste Genug⸗ tbhuung erhalten, indem man aus dem Munde des Reichs⸗

kanzlers gehört habe, daß derselbe die Errichtung solcher Anstalten für gänzlich unpraktisch halte, und geradezu schädlich für die Entwickelung. Innerhalb 9 Monaten habe derselbe sich also selbst überzeugt, daß die Grundlage seiner Vorlage vom vorigen Jahre durchaus unhaltbar sei. Man werde sich hier also, wenigstens so lange der Reichskanzler seinen Einfluß behalten werde mit

wieder zu beschäftigen haben, so daß leider nichts weiter übrig bleibe, als daß man ein oder vielleicht zwei Jahre einer nütz⸗ 22 Reformbewegung für die Ausdehnung des Hastpflicht⸗ gesetzes verloren habe. Nun sollte es doch natürlich scheinen,

haAu der besser vorbereiteten und von der Mehrheit bereits aocceptirten Grundlage zurückzukehren.

Dies sei aber nicht

ddeerr Fall, sondern der neue Vorschlag werde nur durch einen anderen neuen abgelöst, der womöglich noch weniger vor⸗ bereitet zu sein scheine, als der vom vorigen Jahre. Die

Versicherung solle nämlich von gewissen Schöpfungen in die Hand genommen werden, die erst ins Leben gerufen werden sollten mit dem Beruf, das ganze Gebiet der sozialen Gesetz⸗ gebung in ihre Hand und Mitwirkung zu nehmen. Man von alledem nur das Wort „korporative Verbände“, die nach den Andeutungen des Staats⸗Ministers von Beoetticher eine Huülfe und ein Senperne werden sollten, für die Vorlagen, betreffend die Unfallversicherung; diese Vorlage folle aber selbst unabhängig sein von der Beschaffenheit der korpo⸗

rativen Verbände, von denen ein deutliches Bild noch nicht .gegeben werden könne. Der Minister habe 852 das Gesetz üÜber die Berufsstatistik für nothwendig erklärt, weil ohne

8 dasselbe die korporativen Verbände, welche soziale Fragen zu

ordnen berufen sein sollten, nicht gut dargestellt und konzipirt

werden könnten. Das Unfallversicherungsgesetz solle im We⸗ sentlichen auf ihnen beruhen, ihr Bild aber könne sich die Regierung noch nicht entwerfen. Dennoch sei die Regierung entschlossen, dieses Gesetz einzubringen, ehe noch die Berufs⸗ statistik abgeschlossen und das Material für die korporativen Verbände geschaffen sei, das heiße, das zukünftige Subjekt, der Träger aller Ausführungen des Gesetzes, welches dem Hause vorgelegt werden solle, brauche weder körperlich ge⸗ schaffen zu sein, noch auch nur im Bilde dargestellt zu werden, sondern es solle das Zutrauen wahrscheinlich zu der zukünfti⸗ gen Entwickelung gehegt werden, es würden diese zu er⸗ mittelnden Personen wahrscheinlich geeignet sein, diese Fragen, die ihnen aufgetragen wergen follken. zu lösen. Un⸗ möglich aber könne man ein dringendes Reformbedürfniß auf solche Gestaltungen hin hinausschieben. Um auf die Einzelheiten des vorliegenden Gesetzes zu kommen, so bemerke er, daß der wesentliche Charakter desselben sei, daß es sich nur mit Arbeitgebern und Arbeitnehmern beschäftige, nicht mit Dritten. Der gegenwärtig vorgelegte Gesetzentwurf knüpfe an die bestehenden gesetzlichen Bestimmun⸗ gen an und suche aus diesen heraus diejenigen Verbesserungen zu schaffen, welche zur Befriedigung der allgemeinen Verhält⸗ nisse und der Bedürfnisse der Industrie für erforderlich er⸗ achtet würden. Zunächst sei in dem Gesetz bestimmt, daß auf der Basis des allgemeinen bürgerlichen Rechts die Entschädigung von dem Unternehmer dem Ar⸗ beitgeber gezahlt werde an den Arbeiter oder Beamten, der durch Unfall bei dem Betriebe bestimmter Unter⸗ nehmungen getödtet oder körperlich verletzt worden sei. Der Reichskanzler habe seinen vorjährigen Plan gleichzeitig mit dem weitgreifenden Projekt verwirklichen wollen, das ge⸗ sammte Versicherungswesen zu verstaatlichen. Der Gesetzent⸗ wurf wolle also in Zukunft, b die Normativbestim⸗ mungen festgesetzt seien, den Unfallversicherungsbetrieb den Versicherungsgesellschaften überlassen, bis dahin aber dem Bundesrath die Entscheidung darüber überlassen, welche Ge⸗ sellschaften zu diesem Betrieb zuzulassen seien. Die Antrag⸗ steller glaubten in der Vorlage alle diejenigen Vorkehrungen getroffen zu haben, welche zur Sicherung der Arbeiter erfor⸗ derlich seien in den Fällen des Unfalls und der Beschädigung, sowohl in allgemeiner Beziehung als auch in Bezug auf die Entschädigung der arbeitsunfähig gewordenen Arbeitnehmer, wie auch der Hinterbliebenen im Falle des Todes, sowohl was die Sicherheitsbestellung anlange, als auch in Bezug auf das weiter zu beobachtende Verfahren bei der Untersuchung des Thatbestandes und der Feststellung der Entschädigung und Geltend⸗ machung der Rechte. Er wolle zugeben, daß diese Bestimmun⸗ gen Vielen noch nicht genügten, er glaube aber, daß die in dem Gesetze getroffenen Bestimmungen den Erfahrungen ent⸗ sprächen, welche seither auf diesem Gebiete gemacht seien. Er glaube, daß die Antragsteller mit ihrem Antrage einem dringenden Bedürfniß entsprochen hätten. Unter den Einwendungen, die er heute gelesen habe, finde sich auch der Einwand, daß dadurch, daß man die ge⸗ sammte Last dem Arbeitgeber auferlegen wolle, die Möglich⸗ keit einer vereinigten Versicherung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer entzogen und dadurch die moralische Verbindung, die sich durch eine gemeinschaftliche Versicherung herstellen lasse, unmöglich gemacht werde. Das sei keineswegs richtig, denn nach dem vorliegenden Gesetzentwurf solle eben der Arbeiter nur bis zur Höohe der Zweidrittel entschädigt werden, seine Nachkommen im Maximum nur bis zur Hälfte; nicht verboten bleibe es aller⸗ dings für. den Arbeitnehmer, sich auch eine höhere Entschädigung aus seinen eigenen Mitteln zu versichern, und wenn in der That die Neigung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vor⸗ handen sein werde, eine solche Vereinigung herbeizuführen, so werde sie auch jetzt noch herbeizuführen sein. Es sei von allen Seiten anerkannt, daß ein wesentlicher Bestandtheil für die glückliche Wirkung des Gefetzes darin bestehen müsse, daß es ge⸗ linge, möglichst schnell das Sachverhältniß festzustellen und in der einsachsten Weise dem Arbeitnehmer zu seiner Entschädigung zu verhelfen, soviel wie möglich Prozesse auszuschließen. Durch diesen Gesetzentwurf werde die Sache soviel wie möglich ver⸗ einfacht und glaube er in der That, daß die Antragsteller ein Ver⸗ fahren angeboten hätten, das in dengroßen Grundzügendieschnellste und beste Art der Erledigung herbeiführe. Der Gedanke ser nämlich folgender: sobald einer der Unfälle sich ereigne, welcher überhaupt mehr Aufmerksamkeit verdiene, nicht einer bloßen Verletzung, der in einer kurzen Zeit etwa sich erledigt, müßte Anzeige gemacht werden. Sei der Unfall von etwas größerer Bedeutung, so werde derselbe dem Unfallskommissar angezeigt. Die Antragsteller hätten den Ausdruck „Unfallskommissar“, deren Einsetzung sie obligatorisch gemacht hätten, gewählt, nicht etwa, um damit zu bezeichnen, daß diese Person nicht zusammenfallen dürfe mit dem Fabrikinspektor. Der Fabrik⸗ inspektor könne zum Unfallskommissar ernannt werden; er sei nur der Meinung, daß wahrscheinlich das Geschäft der Unter⸗ suchung eine so große Last mit sich führen könne, daß der Fabrikinspektor sie nicht bewältigen könne, und in diesem Falle derselbe koordinirt oder subordinirt, Unfalle⸗ kommissare zur Seite erhalten müsse, deren Aufgabe sein würde, sich mit diesen Untersuchungen zu beschäftigen. er⸗ selbe müsse die Einigung mit den betheiligten Parteien ver⸗ suchen und wenn diese Einigung nicht gelinge, so würde der⸗ selbe jedenfalls, insofern er uͤberhaupt eine Einigung herbei⸗ führen wolle schon das Material zu einer Begutachtung des Falles vor sich haben, und derselbe werde pan leicht mit seinem Gutachten dann die Sache abgeben können an den Amtsrichter, der dann nach einer sormell auf dem Prozeßwege sich ergebenden Anhörung der Parteien im Wege des Dekrets die Höhe der Entschädigung festsetze und diese Ent⸗ schädigung sei rechtsgültig für beide Parteien und nur an⸗ greifbar mit der Klage desjenigen, der sich nicht fuür befriedigt erkläre. Die Antragsteller seien der Ansicht, daß die ganze Prozedur in gewöhnlichen Fällen im Laufe von 8 bis 14 Tagen sich abwickeln könne, wenn der Amtsrichter seine Pflicht thue. Er glaube, daß man sehr wohl daran gethan hätten, einen olchen Antrag dem Hause zu unterbreiten. Das vorjährige

ettz liege zerschmettert in rben. Das Gesetz, welches in

Aussicht gestellt werde, schwebe in unerreichten Lüften.

man sich auf den Boden der Thatsachen stellen, so müsse man vorangehen und dem Hause ein materiell ausgeführtes Bild geben, wie die Antragsteller die Angelegenheiten ordnen wollten, wie sie in dem vollen Rechtsbewutztsein, daß den Ansprüchen der Arbeiter zur Zeit nicht Genüge ge⸗ schehe, sich nun die Regelung dieser Angelegenheit dächten. Die Frage der Unfallversicherung, so schwierig sie an und für sich sei, sei dennoch lösbar. Ebenso sei auch die Frage der Invalldenversorgung der Arbeiter lösbar, wenn aber der Staat diese Lösung in die Hand nehmen wolle, so könnte er dadurch leicht erhebliches Unheil anrichten; sie könne nur in Form der Genossenschaft geregelt werden, wenn die Arbeiter sich zu gemeinsamen Gesellschaften für diesen Zweck vereinig⸗ ten. Eine Regelung der Arbeiterfrage im inter⸗ nationalen Wege halte er für ganz unmöglich, sie könne nur auf nationalem Wege erzielt werden. Sollte das Haus wünschen, den Entwurf einer Kommission zur Vorberathung zu überweisen, so würde er diesen Vorschlag mit Freuden begrüßen. Die Antragsteller legten dem Hause ihren Antrag vor als eine Einladung, auf dem positiven Boden der Verhältnisse über das Wohl der Arbeiter zu ver⸗ handeln und so die brennende soziale Frage zu lösen. Eine Gefahr für die Versicherung der Invalidität, wenn sie mit Staatshülfe geschehe, liege darin, daß die Fälle der Inva⸗ lidität sich sehr häufen würden. Bei einer Arbeitsstockung vom Staate Hülfe zu erwarten, sei ein reines Phantasie⸗ gebilde. Beim besten Willen wäre dieser nicht im Stande, alle Arbeitslosen, die Arbeit suchten, zu beschäftigen. Bei allen diesen Gesetzen könne nicht die Gesammtheit der arbeitenden 88 Klassen, sondern nur eine bestimmte Kategorie berücksichtigt wer⸗ den; wolle man diesen aus dem Staatssäckel Hülfe zukommen lassen, so sei dies eine Ungerechtigkeit gegen die Gesammtheit der Steuerzahler. Nicht aus Oppositionslust, sondern ledig⸗ lich aus den angeführten sachlichen Gründen sei er gegen jede Staatshülfe. Für jede Nation sei die erste Bedingung zu ihrem Wohl, die Arbeitskraft und den Arbeitswerth des ein⸗ zelnen Individuums zu erhöhen. Die Staatshülfe thue das Gegentheil. Mache man also einen Versuch mit der Annahme des Antrages; er bitte bei der Berathung derselben um mög⸗ lichst große Objektivität und Unparteilichkeit.

Hierauf ergriff der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Geheime Ober⸗Regierungs⸗Rath Lohmann, das Wort:

Meine Herren! Der Herr Vorredner hat seinen Vortrag damit begonnen, den verbündeten Regierungen einen Vorwurf zu machen, daß sie nämlich durch die Einbringung des vorjährigen Gesetzentwurfs ein dringendes Reformbedüfniß (Unruhe, Glocke des Präsidenten.)

Ich sage, meine Herren, der Herr Vorredner hat den verbündeten Regierungen den Vorwurf gemacht, daß sie durch Einbringung des vorjährigen Gesetzentwurfs die Befriedigung eines dringenden Reform⸗ bedürfnisses nicht gefördert, sondern nur hinausgeschoben hätten, und zwar dadurch, daß sie, anstatt an die bisherige Entwickelung der hier vorliegenden Materie anzuknüpfen, einen ganz neuen, ungenügend vor⸗ bereiteten und nicht durchdachten Entwurf vorgelegt hätten. Der Herr Vorredner hat dann, wenigstens dem Sinne nach, den von ihm und seinen Genossen eingebrachten Antrag als den Versuch be⸗ zeichnet, nun wieder anzuknüpfen an die Entwickelung, die von den verbündeten Regierungen muthwillig verlassen worden sei und nunmehr die Aufgabe zu lösen, welche die verbündeten Re⸗ gierungen billiger Weise schon längst hätten lösen sollen, da bereits auf allen Seiten des Hauses Einverständniß über die einzuschlagenden Wege geherrscht habe. Damit nimmt, wie mir scheint, der Herr An⸗ tragsteller für den Entwurf, welcher von ihm und seinen Freunden eingebracht ist, jedenfalls in Anspruch, daß er im Stande sei, nun wirklich jenes Reformbedürfniß zu befriedigen. Der Gesetzentwurf wird ja auch von dem Herrn Antragsteller dem Reichstage dargeboten mit dem Antrage, die verfassungsmäßige Zustimmung zu geben. Allerdings hat der Herr Vorredner befürwortet, daß im einzelnen über die Bestimmungen dieses Gesetzentwurfs diskutirt wer⸗ „den könne, er hat in dieser Beziehung für den Gesetzentwurf

dasselbe in Anspruch genommen, was auch die verbündeten Regierun⸗ gen bei Einbringung ihrer Vorlagen in Anspruch zu nehmen pflegen, daß sie nämlich nach empfangener Belehrung im Einzelnen Aenderungen eintreten lassen. Es muß hiernach aber doch angenommen werden, daß im Großen und Ganzen der Herr Vorredner und seine Mitantrag⸗ steller diesen Gesetzentwurf als ein brauchbares Mittel zur Befriedi⸗ gung des vorliegenden Reformbedürfnisses hinstellen.

Nun, meine Herren, will ich zunächst dem Einwand begegnen, daß der im vorigen Jahre eingebrachte Entwurf der verbündeten Re⸗ gierungen zur Förderung der Befriedigung des Reformbedürfnisses nichts gethan hätte und daß der jetzige Gesetzentwurf anknüpfe an die⸗ jenigen Bestrebungen, die vor Einbringung dieses Gesetzent⸗ wurfs auf die Befriedigung des Bedürfnisses gerichtet waren.

Meine Herren! Was sehen wir denn jetzt in dem Entwurf der Herren Antragsteller? Zwei ganz wichtige Prinzipien, die, so viel mir bekannt ist, vor dem Entwurf der verbündeten Regierungen über⸗ haupt, wenigstens in der Debatte dieses Hauses niemals aufgetaucht sind: das eine ist die Ermittelung der Entschädigungen und das an⸗ dere ist die Sicherung des Verletzten, daß seine Ansprüche auch wirk⸗ lich realisirt werden. Im Wesentlichen kommt der Inhalt des uns jetzt vorliegenden Gesetzentwurfs lediglich darauf hinaus, daß der letzte paft in einer andern Weise geregelt wird, als von den verbündeien

Kegierungen versucht wurde. Run, meine Herren, kommt es ja darauf an, ob auf diesem Wege wirklich jenes Bedürfniß befriedigt werden kann, und namentlich, ob der Entwurf alles dasjenige regelt, was nothwendig geregelt werden muß, wenn auf diesem Wege das Ziel erreicht werden soll. Ich bin nun der Meinung, daß gerade die schwierigsten Fragen, die u dem Ende zu lösen sind, von dem Gesetzentwurf überhaupt nicht n Angriff genommen werden, sondern dem zukünftigen Reichsgesetze, bezw. Anstrengungen der verbündeten Regierungen im Bundes⸗ rathe überlassen werden, und 89. meine Herren, würde ich glauben, den Herren Antragstellern den

nicht genügend vorbereiteter und nicht genügend durchdachter Gesetz⸗ entwurf an das Haus gebracht ist.

Der Herr Vorredner hat allerdings einen sehr wesentlichen Unter⸗ schied zwischen dem jetzt vorliegenden Gesetzentwurfe und dem der verbündeten Regierungen darin gefunden, daß der erstere nicht einen unbedingten und direkten Versicherungszwang ausspreche, sondern unr überhaupt die Sicherstellung des verletzten Arbeiterz dafür, daß sein Anspruch auf Entschädigung realisirt werden könne, in Aus⸗ sicht nehme. Wie aber diese Sicherstellung auf andere Weise als durch Versicherung gegeben werden soll, das, meine Herren, suche ich in dem Gesetzentwurf vergeblich, es ist eben nur gesagt, der Unter⸗ nehmer soll diese Sicherheit leisten; auf welche Weise er sie leisten soll, zu welchem Betrag er sie leisten

olle heit

und wie er den Nachweis führen soll, daß er diese Sicher⸗ bestellt habe, das ist wiederum dem Bundebsrath und

elben Vorwurf zurückgeben zu können, der soeben den verbündeten Regierungen gemacht ist, daß nämlich ein