1882 / 32 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 06 Feb 1882 18:00:01 GMT) scan diff

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Zu den Einnahmen (Kap. 9) liefern die Bergwerke (Tit. 1 und 2) 60 160 148 ℳ, 6 231 013 mehr als im laufenden Etat, davon 4 501 558 für größeren Debit der Bergwerksprodukte und 1 729 455 als Bruttoertrag des Erlöses aus dem Wiederverkauf von Materialien und Utensilien an Bergleute, wofür früher nur der Nettobetrag zum Nachweis gelangte; die zum Ankauf der Materialien und Utensilien erforderlichen Fonds sind jetzt unter Kap. 14 Tit. 8. der Ausgabe nachgewiesen. Die Hüttenwerke (Tit. 3 und 4) bringen 19 172 536 (+ 233 276 in Folge der gesteigerten Blei⸗ produktion), die Salzwerke (Tit. 5 und 6) 5 461 970 (+. 431 890 durch den besseren Markt für Kalisalze), die Badeanstalten (Tit 7 und 8) 150 140 (+ 11 310 ℳ), die Kommunionwerke (Tit. 9 bis 12)3 664 600 (— 145 370 ℳ, weil ungeachtet erheblicher Mehrproduktion in Folge des Rückgangs des Verkaufspreises für Metalle ein Ausfall zu er⸗ warten ist). Die anderen Einnahmen (Tit. 13—-18) stellen sich auf 3 793 283 (+ 268 765 ℳ, wovon für die Bergwerksabgaben mit Rücksicht auf die Regsamkeit der Montanindustrie 257 135 in Aus⸗ sicht genommen sind). 6 1h

Von den dauernden Ausgaben fallen auf die Bergwerke (Kap. 14) 49 812 945 (+ 4 769 094 ℳ), der höheren Produktion entsprechend haben die Betriebslöhne ꝛc. und Materialien ꝛc. (Tit. 7 und 8: 32 536 976 bzw. 9 264 366 ℳ) um 2 699 060 bezw. 2 105 376 höher zum Ansatz gebracht werden müssen. Die Hütten⸗ werke (Kap. 15) erfordern 18 566 288 Ausgabe (+ 562 836 ℳ, im Wesentlichen ebenfalls in Folge der stärkeren Pro⸗ duktion), die Salzwerke (Kap. 16) 4 026 050 (+ 337 490 ℳ, davon 185 500 zu Neu⸗ und Erweiterungsbauten, 25 673 zu anderen Bauten, der Rest weist in Folge erhöhter Pro⸗ duktion), die Badeanstalten (Kap. 17) 137 240 (+ 8290 ℳ, davon 7310 höhere Betriebskosten in Folge größerer Frequenz; 5053 zu Meliorationsbauten in Oeynhausen, wie auch die Rück⸗ zahlung des Schuldkapitals um 6579 vermindert ist), die Kom⸗ munionwerke (Kap. 18) 3 067 400 (— 70 320 ℳ). An den Be⸗ triebsmaterialien werden durch die niedrigen Erz⸗ und Metallpreise 123 744 erspart; die Meliorationsbauten auf den Unterharzer E 33 145 weniger erfordern; dagegen erhöhen sich die Betriebskosten durch den stärkeren Betrieb um 81 260 und die Betriebsmaterialien um 20 375

In den Ausgaben für die Ministerialabtheilung für das Berg⸗ wesen (Kap. 19: 179 280 ℳ) ist im Ganzen keine Aenderung einge⸗ treten. Die Kosten der Ober⸗Bergämter (Kap. 20: 1 241 450 ℳ) er⸗ mäßigen sich um 3965 ℳ, die der bergtechnischen Lehranstalten (Kap. 21: 399 020 ℳ) um 3380 ℳ, obwohl 11 280 mehr für sechs Unterbeamte an der geologischen Landesanstalt und Bergakademien zu Berlin angestellt und die Gehälter des Direktors und der 5 Dozenten an der Clausthaler Lehr⸗ anstalt aufgebessert werden sollen. In den sonstigen Verwaltungs⸗ und Betriebsausgaben (Kap. 22 798 308 ℳ) tritt eine Erhöhung um 268 768 ein, weil die Kosten der Tiefbohrungen (150 000 ℳ) und die Bruchprämien für Bergleute (45 000 ℳ) sowie die Darlehne von letzteren zu Bergwerken (75 000 ℳ) von dem Extraordinarium in die dauernden Ausgaben eingestellt sind.

Als einmalige und außerordentliche Ausgaben sind (Kap. 2) 100 000 als erste Rate zum Bau eines neuen Dienst⸗ gebäudes für das Ober⸗Bergamt zu Halle (416 000 ℳ) und 180000 erste Rate der Kosten einer Wasserleitung von der Friedrichsgrube bei Tarnowitz nach Königshütte (524 200 ℳ) ausgeworfen.

Die Abweichungen des vorliegenden ergaben sich aus folgender Uebersicht:

Es betragen: a. bei den Bergwerken: die Einnahmen e5* mithin verbleibt Ueberschuß ö6611DTEEVVV welcher den für das Jahr 1881/82 ver⸗ anschlagten Ueberschuß von .. „.. 8 885 284 EUashhhh6616666qA—— übersteigt; b. bei den Hüttenwerken: die Einnahmen B Ebönn11“]; mithin verbleibt b 606 248 der gegen den für das Jahr 1881/82 ver⸗ anschlagten Betrag von 935 808 11242*2* 329 560 zurückbleibt; c. bei den Salzwerken: die Einnahmen 8 Dööö. mithin verbleibt Ueberschuß .. .. welcher den für das Jahr 1881/82 auf veranschlagten Betrag um übersteigt; d. bei den mit anderen Staaten MWMerken: die Einnahmen die Ausgaben

mithin verbleibt Ueberschuß 1 597 200 der gegen den für das Jahr 1881/82 ver⸗

anschlagten Betrag von . . . .. 672 200 ͤ114161X141“*“”“ 75 000 zurückbleibt.

Der geringere Ueberschuß sowohl bei den Hüttenwerken als auch bei den Gemeinschaftswerken hat, wie sich aus Obigem ergiebt, seinen Grund in dem Rückgang einzelner Produkten⸗Verkausspreise.

Das Ordinarium überhaupt schließt

bei einer Einnahme von .

und einer Ausgabe von. 8 eb ab, wonach sich gegen den für das Etatsjahr

1881/82 veranschlagten Betrag von ..

bwö“ ergiebt.

Die zu einmaligen und außerordentlichen Aus⸗

gaben bestimmten Fonds belaufen sich auf bleiben mithin hinter den desfallsigen Bewilligungen 1ö1ö118121.14*X*“]; aͤöääöttö1;; zurück.

Vergleicht man schließlich den in dem vorliegenden Etat zum Nachweis gelangten Nettoüberschuß von . 13 894 696 mit der für das laufende Etatsjahr veranschlagten

FööF ö1“;

so ergiebt sich ein Mehraufkommen von ... 1277761

*

60 160 148 49 812 945

19 172 536 18 566 288

1“ 1 435 920 1 341 520

94 400

gemeinschaftlich betriebenen

3 664 600 3 067 400

92 402 677 78 227 981 14 174 696

13 019 335 1 155 361

280 000

362 100 82 100

Statistische Nachrichten.

(Stat. Corr.) Die Erträge der FülnFtee in Frank⸗ reich im Jahre 1880. Nach den kürzlich vom französischen Marine⸗Ministerium über die Seefischerei dieses Landes veröffentlichten Erhebungsresultaten des Jahres 1880 wird der Gesammtwerth der von französischen ischern gewonnenen Meeresprodukte auf 86 917 668 Frcs. geschätzt. Dieser Werthbetrag bleibt zwar gegen⸗ über demjenigen des Vorjahres um 1 162 181 Frcs. zurück, was aber lediglich in dem niedrigeren Preise einzelner Fischsorten seinen Grund hat, da im Jahre 1880 sogar 8 569 817 kg Fische mehr gefangen wurden als im Vorjahre. Innerhalb der letzten fünf Jahre ist der Eesammtertrag, den die Seefischerei der französischen Fischerbevöl⸗ kerung einbrachte, ziemlich konstant geblieben, wie folgende Werth⸗ argaben beweisen:

Etats von W

nahme von einigen Ortschaften.

88 990 591 Fres. 1879 88 079 849 Frcs. 1877 87 227 191 8 1880 86 917 668 1878 86 971 721 88

Reichlicher als im Vorjahre war der Kabeljaufang an den Küsten Neufundlands und Islands, sowie die Fischerei des Herings, der Makrelen und Anchovis, von denen einschließlich der unter „andere Fischarten“ aufgeführten Fische 128 731 524 kg oder 8 569 817 kg mehr gefangen wurden. Einen um 11 644 bezw. 62 506 hl höheren Ertrag gab ferner die Fischerei der Mießmuschel und anderer Muschel⸗ thiere, Mindererträge dagegen und zwar um 1 182 705 811, 13 027 343 beww. 392 009 Stück, der Sardinen⸗, Austern⸗ und Hummerfang; auch blieb die Ausbeute der Krabbenfischerei um 645 590 zurück.

Wie erheblich der Fang der einzelnen Fischsorten innerhalb der Jahre 1877 bis 1880 war, veranschaulichen am besten nachstehende Zahlen. Es wurden gefangen: 1

8 1877 1878 1879 1880

in Tausenden Kabeljau, bei Neufund⸗ 1ö] 13 923 16 071 18 481 Kabeljau bei Island 13 102 12 952 15 306 16 30 420 21 765 29 592 akrelen.. 9 458 7 368 8 073 e1““ 576 860 1 502 Andere Fischsorten. 42 651 44 135 47 208 ““ 1 328 1 320 1 648 Sardinen.. S. 1 106 050 1 919 303 1 811 184 Seeger 1“ 1 297 1 466 1 790 1 398 hJ“*“ 104 354 169 397 157 580 144 553 Mießmuscheln . hl. 444 507 503 514 Andere Schalthiere. 135 146 129 183 Der erhebliche Ausfall in der Sardinenfischerei wurde haupt⸗ sächlich durch das zur Zeit der Fischerei ungemein ungünstige Wetter veranlaßt. Dagegen haben die zum ersten Male auf Sardinen unter⸗ nommenen Fangversuche in der Bucht von Bourgneuf und an der Küste bei Noirmoutiers ungemein günstige Resultate ergeben. Der größte Ertrag mit 33 030 361 Fres. wurde aus dem Verkaufe der frischen Seefische erzielt, demnächst aus der Austernfischerei, deren Werth einschließlich der aus den künstlichen Austernparks zum Ver⸗ kauf gelangten Austern, für überhaupt 563 943 358 Stück auf 16 856 957 Fres. geschätzt wird; hiervon entfallen jedoch nur 1 309 791 Fres. für 144 552 625 Austern, die im offenen Meere gefangen wurden. Im Jahre 1879 ergab die letztbezeichnete Austernfischerei einen Ertrag von 157 579 968 Stück. Der nicht unerhebliche Ausfall wird haupt⸗ sächlich dadurch veranlaßt, daß Seitens der französischen Regierung die Befischung der Austernbänke bei Paimpol und La Teste, um ihre Ausbeutung zu verhindern, verboten wurde. Die Zahl der in den Jahren 1878 bis 1880 in Frankreich mit der Seefischerei sich beschäftigenden Personen betrug 1878 82 431, 1879 84 905 und 1880 82 784 Mann. Hiervon betrieben im Jahre 1880 10 296 Mann die große Fischerei an den Küsten yon Neufund⸗ land (5740) und Island (4556), 72 488 Personen aber die Küsten⸗ fischerei, von denen benutzt wurden:

1876

18 383 16 828 33 081 7 467 4 048 48 324 1 002 628 478

Schiffe mit einem Gehalt von beim Kabeljaufang an der 1 1879 177 27 865 t Küste von Neufundland 1880 147 23 588 beim Kabeljaufang an der 1879 321 29272. Küste von Island j 1880 1 269 24 729 70 2029 922 225

Es betheiligten sich hiernach im Jahre 1880 82 Schiffe mit einem Gehalt von 8820 t weniger an der großen Seefischerei als im Vorjahre, während an der Küstenfischerei 184 Schiffe mehr Theil nahmen.

Welche Ausdehnung die dem Fischfang dienenden Anstalten im Jahre 1880 an der französischen Küste genommen hatten, veran⸗ schaulicht nachstehende Uebersicht. Es waren vorhanden:

im mit einem im mit einem Staats⸗ Flächeninhalt Privat⸗ Flächeninhalt

be sitz von ha a befitz von ha a Fischfang⸗Etablissements aus Stein oder Holz 924 1 487 47 Fischfang⸗Etablissements aus Netzen 1151 106 Parke, Fischbehälter, Austern⸗ depots.. 30 591 Parks für Mießmuscheln 5 356 Depots für 1 805 Reservoirs und Behälter für Hummern Reservoirs für Fische Flechtwerk⸗Behälter am Meeresstrande Thunfisch⸗Fanganstalten .. zusammen 38 929 10 711

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Der seiner Zeit eingehender besprochene Führer durch das Kunstgewerbe⸗Museum (Berlin, Weidmannsche Buchhandlung, Pr. 50 ₰) ist soeben in zweiter, durch manche Zusätze vermehrter Auflage erschienen.

Griechenland in Wort und Bild Eine Schilderung des hellenischen Königreiches, von A. von Schweiger⸗Lerchenfeld. Mit cg. 200 Illustrationen. In 20 Lieferungen zu je 1 ½ ℳ) Leipzig, Schmidt & Günther. Die 3. Lieferung bringt in schwungvoller Sprache die Schilderung der Attischen Landschaften, des Hymettos und des Pentelikon, dessen weltberühmte Marmorbrüche ihren Schatz zu den herrlichen Tempelbauten in Hellas lieferten. Dann wird der Leser zur Ebene von Marathon, dem Schauplatz der athenischen Siegesschlacht, der Rumesthat des Miltiades, des Heldentodes von 192 Athenern geführt; von dort nach Phylä und Eleutherä am Kithäron, wo im Alterthum die dionysischen Bacchanalien gefeiert wurden, darauf weiter auf klassischem Boden auf der heiligen Straße nach Eleusis, dem Schauplatz der eleusinischen Mvsterien, und an der Stelle vorbei, wo zwischen dem Festland und der 89 Sg die Seeschlacht zwischen den Griechen und Persern stattfand.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Trier, 31. Januar. Ueber den gegenwärtigen Wein⸗ handel an der Mittel⸗Moselschreibt man der „Tr. Landesztg.“: Der neue Wein entwickelt sich sehr gut; die Auslesen davon erreichen den 1878 er und 1880 er. Die Nachlese, welche durch Frost gelitten, hatte anfangs etwas viel Säure. Diese hat sich jedoch schon ziemlich verloren und es steht zu erwarten, daß dieselbe sich noch mehr ver⸗ liert. Ueberhaupt ist dieses Jahr ein solch bedeutender Unterschied hinsichtlich der Qualität sowohl zwischen dem geringsten und dem besten Fuder in einem Keller, wie auch zwischen den einzelnen Ort⸗ schaften, wie man denselben in einem Jahrgange höchst selten hat. Im großen und ganzen zeichnet sich der neue Wein durch reinen, schönen Ton aus. In letzter Zeit wurde in hiesiger Gegend viel gekauft und das Fuder in Erden mit 180 bis 200 Thlr. bezahlt. Für einige Keller soll noch etwas mehr angelegt worden sein. In Uerzig wurde viel gekauft zu 150, 160 bis 190, für einen der besten Keller, so viel man hörk, auch etwas über 200 Thlr. pro Fuder. In Zeltingen wurden für gute und bessere Keller auch 180 bis 200 Thlr. angelegt. Dort ist jedoch nicht viel gekauft worden. In Wehlen wurden auch ziemlich die besten Keller gekauft zu 190 bis 200 Thlr. In Graach ist fast alles bis auf „⸗ der besten Keller verkauft zu 130 bis 150 Thlr. Für die besten Keller werden jedoch 190 bis 200 Thlr. gefordert. Wie man ziemlich allgemein hört und auch die angelegten Preise bekunden, ist der neue Wein in oben genannten Ortschaften, wie auch in Lösnich, am edelsten und zartesten gewesen und mit weniger Säure behaftet. Der 1878er ist sas ganz verkauft, mit Aus⸗

Vielfach ist kein Fuder mehr zu

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haben. In 1880er ist jedoch viel Auswahl. Dieser Wein stand von Anfang an sehr hoch im Preise und wurde in Uerzig und Erden in letzter Zeit noch mit 250 300 Thlr., ja noch höher pro Fuder be⸗ zahlt, so auch in Kinheim, wo seit dem Herbste ziemlich 1880 er ge⸗ kauft wurde. Das sehr günstige milde Wetter vom Spätherbste an bis jetzt haben die Winzer zum Arbeiten im Weinberge ausgenutzt. um die in den letzten Jahren erfrorenen Stöcke wieder durch neue Reben zu ersetzen. Besonders hat der Frost der verflossenen Jahre in den Kleinberger Weinbergen viel Schaden angerichtet.

Gewerbe und Handel.

Königsberg i. Pr., 6. Februar. (W. T. B.) Die Be⸗ triebseinnahme der Ostpreußischen Südbahn pro Januar 1882 betrug nach vorläufiger Feststellung: im Personenverkehr 58 076 ℳ, im Güterverkehr 333 316 ℳ, an Extraordinarien 12 000 ℳ, zusammen 403 392 ℳ; im Monat Januar 1881 definitip 228 471 ℳ, mithin mehr 174 921

Antwerpen, 4. Februar. (W. T. B.) (Wollauktion.) An⸗ geboten 1247 Ballen, verkauft 632 Ballen, Preise unverändert. Buenos⸗Ayres metis prima bonne moyenne 1,85 bis 1,95 Fres.

Brüssel, 4. Februar. (W. T. B.) Die Nationalbank hat den Diskont für Wechsel, welche im Auslande auf Belgien ge⸗ zogen sind, auf 7 % herabgesetzt.

Glasgow, 4. Februar. (W. T. B.) Die Vorräthe von Roh⸗ eisen in den Stores belaufen sich auf 631000 Tons gegen 517 300 Tons im vorigen Jahre. Zahl der im Betrieb befindlichen Hochöfen 106 gegen 123 im vorigen Jahre.

Paris, 4. Februar. (W. T. B.) Der Comptantmarkt bleibt gut, die Zahlungsstockungen in der Klientel der Börsenagenten sowohl wie der Coulissiers hinterlassen aber einen Rückstand, der auf den Markt drückt. Eine Abordnung des Parquets verifizirte heute mit Zuziehung Bontoux' und Feders die Bücher und Kassen der „Union génsrale“. Die Verifikation nahm mehrere Stunden in An⸗ spruch, worauf die Angeschuldigten in die Conciergerie zurückgeführt wurden. Bis jetzt ist kein anderweitiger Haftbefehl erlassen worden, aber man glaubt, daß noch weitere Verhaftungen erfolgen dürften.

Verkehrs⸗Anstalten.

New⸗York, 5. Februar. (W. T. B.) Der Hamburger Postdampfer „Wieland“ ist heute hier eingetroffen.

Berlin, 6. Februar 1882.

Dr. Max Buchner, der kühne Erforscher des Lunda⸗Reiches, der nach mehr denn dreijähriger Abwesenheit hierher zurückgekehrt ist, er⸗ stattete in der am Sonnabend abgehaltenen Sitzung der Gesell⸗ schaft für Erdkunde Bericht über seine Reise. Buchner hatte sich am 5. November 1878 in Lissabon eingeschifft und war genau nach einem Monat in S. Paulo de Loando an der Westküste Afrikas ge⸗ landet. Am 10. Dezember trat er seine Reise in das Innere an. Bis Malansh (9⁰ 32 s. Br., 160 38 5. L. v. Gr.) dem Endpunkt der Civili⸗ sation, wählte er den auch von Schütt eingeschlagenen Weg. In Malansh wartete er die Trockenzeit ab und brach dann Ende Juli 1879 mit einer aus 160 Köpfen bestehenden Karavane in das Innere auf. Er hielt sich etwas südlicher als Schütt und gelangte ohne sonderliche Schwie⸗ rigkeiten durch das Gebiet der Songo über den Koango und zahlreiche andere Flüsse bis in die Nähe der Residenz des Kioko⸗Fürsten Mona Kissenge, der den Dr. Buchner, in dem er natürlich einen Händler erblickte, aufhalten wollte, um mit ihm die Handelsgeschäfte zu machen, die er andern Fürsten nicht gönnen wollte. Erst nach verschiedenen kriegerischen Demonstrationen gelang es dem Reisenden, den Weiter⸗ marsch zu erzwingen. Nach wenigen Tagen erreichte er Kabongo (90 30“ s. Br., 210 5. L. v. Gr.) und am 11. Dezember konnte er seinen Einzug in Muati Yambos, des Lundafürsten Residenz Mussumba halten. Be⸗ reits am Tage darauf wurde er vom Fürsten und der neben ihm selbständig regierenden Königin Lukukesse in feierlicher Audienz empfangen, aber auch der Lundafürst glaubte in ihm nur einen Händler erblicken zu können, dem er ein weiteres Vordringen in die Gebiete, aus denen der Fürst selbst das Elfenbein und die Sklaven bezog, die er dann weiter verhandelte, nicht gestatten zu dürfen glaubte. Sechs Monate verblieb Buchner in Mussumba, dem Eldorado des Sklavenhandels, einer Stadt von etwa 2000 Einwohnern. Nachdem es ihm nicht gelungen war, den Sinn des Fürsten zu ändern, trat er scheinbar den Rückweg an, wandte sich aber in der Nähe des Kassai nordwärts, um auf eigene Faust zu versuchen, durch das Land der Tukungo in die unbekannten Gebiete einzudringen. Sowohl aber dieser Versuch wie noch zwei andere, nach Kilua, wo Schütt zur Um⸗ kehr gezwungen wurde, und zu Muata Kumpana zu gelangen, scheiterten theils an dem positiven Widerstande der Einwohner, theils daran, daß er gar keine oder solche Führer erhielt, die ihn vorsätzlich auf falschen Weg brachten. Von allen seinen Trägern bis auf 8 verlassen, mußte er vom Loango aus den schleunigen Rückzug nach Malansh antreten, wo er Pogge antraf.

Die Ausstellung der Gemälde des russischen Malere Basil Wereschagin ist am gestrigen Sonntage in den Kroll⸗ schen Sälen eröffnet worden und hatte bei dem ungewöhnlichen, dem merkwürdigen Künstler vorangegangen Rufe zahlreiche Besucher angezogen, welche sich in dem elektrisch erleuchteten großen Königs⸗ saale mit unverholener Bewunderung der Betrachtung und dem Studium der Kunstwerke widmeten. Wir kommen auf die; höchst interessante Ausstellung, welche täglich von 1 bis 4 und von 6 bis 9 Uhr geöffnet ist, noch zurück.

Im Residenz⸗Theater ist am Sonnabend Victorien Sar⸗ dou’s „Odette“ vor ausverkauftem 8,55 zum ersten Male in Scene gegangen. Der bühnengewandte Dichter erzielte mit diesem fein dialogisirten, wirkungsvollen und fesselnden Drama, welches wiederum für die Ehescheidung eintritt, einen um so größeren Erfolg, als die -e. den besten Kräften anvertraut sind. Hr. Keppler, als

zast an diese Bühne zurückgekehrt, deren Zierde er lange Zeit war, kann den Grafen von Clermont zu seinen besten Leistungen zählen. Frl. Elise Bach, hier von den Vorstellungen der Münchener her noch in bestem Andenken, zeigte sic als Bérangdère im Salon ebenso heimisch, wie früher im Bauernhause des bayerischen Gebirges; ihrer dramatischen Begabung war der große Erfolg der Odette vorzugs⸗ weise mit zu verdanken. Auch die Titekrolle fand in Fr. Frohn eine treffliche Darstellerin. Das Ensemble ließ nichts zu wünschen, die Ausstattung ist glänzend, und der rauschende sich bis zum Schluß noch immer steigernde Beifall, welcher die ganze Vorstellung begleitete, war ein wohlverdienter. Die Odette wird voraussichtlich noch häufig vor aus⸗ verkauftem Hause aufgeführt werden, und wir werden noch eine ein⸗ gehendere Besprechung folgen lassen.

In Böttchers instruktiven Soiréen bringt die neue Woche wieder ein neues Programm. Dasselbe bietet im ersten Akt ein Conterfei der „Dreimillionenstadt London“, ihrer großartigen Architektur neuerer Zeit in Kirchen, Palästen, Museen, Theatern, sowie auch ein Stück des alten London. Im harmonischen Gegensatze folgt im zweiten Akte eine „malerische Rundfahrt durch die Schweiz“, welche alle pittoresken Punkte, wie den Rheinfall bei Schaffhausen, die Via Mala, das Bernhard⸗Hospiz, das Chamounpthal, den Pont de niége und sonstige sehenswerthe (Gebirgspanoramen, umfaßt. Der Konzertist C. Waßmann bringt in dieser Woche eine neue Suite auserlesener Violinsolos zum Vortrag. .

Derlin:; ——— Verlag der Expedition (Kessel⸗). Druckt W. Elsner. Vier Beilagen

Redacteur: Riedel.

zum Deutschen

Anzeiger und Königlich Pr

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Berlin, Montag, den 6. Februar

Anae

eußi

Nichtamtliches.

Preußen. Berlin, 6. Februar. Im weiteren Ver⸗ laufe der vorgestrigen (8.) Sitzung setzte das Haus der Abgeordneten die erste Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Erweiterung, Vervollständi⸗ gung und bessere Ausrüstung des Staatseisen⸗ bahnnetzes, fort. Nach dem Abg. Dirichlet ergriff der Mi⸗ nister der öffentlichen Arbeiten Maybach das Wort:

Ich werde mich auf den Gegenstand beschränken, der augenblicklich zur Diskussion steht und da zunächst dem Hrn. Abg. Dr. Wehr auf seine Fragen erwidern bezüglich der Bahnen, für welche er sich interessirt, zunächst einer Bahn von der Marienburg⸗Mlawkaer Bahn nach der Stadt Löbau. Provinz und Kreise haben dort das ihrige dafür gethan und es handelt sich jetzt um einen Staatszuschuß von, wenn ich nicht irre, 38 000 ℳ. Die Angelegenheit wird bei uns in wohlwollende Erwägung genommen; bestimmte Zusicherungen zu ertheilen bin ich natürlich nicht in der Lage, bevor ich mich mit dem Herrn Finanz⸗Minister darüber verständigt habe. Was die Frage angeht, ob ein Projekt Gnesen⸗Nakel⸗Konitz zur Ausführung kommen werde, so muß ich bemerken, daß die Aufschließung des Landestheiles, der zwischen den Eisenbahnen Kreutz⸗Posen, Posen⸗Inowrazlaw⸗ Bromberg und Kreutz⸗Bromberg liegt, den Gegenstand eingehender Erwägungen der Staatsregierung bildet. Es handelt sich darum, wie man diesen Landestheil am besten aufschließen könne. Er bedarf dieser Aufschließung und ich glaube, daß solche recht fruchtbringend sein würde. Indessen die Ansichten über das Wie? sind sehr getheilt. Wäͤhrend ein Theil eine Linie Posen⸗Bromberg verlangt, verlangt ein anderer eine Linie Gnesen⸗Nakel⸗Konitz, und ein dritter eine Linie über Rogasen. Die Frage ist eben augenblicklich noch nicht spruchreif, sie

bedarf gründlicher Erörterung, und dazu sind die nöthigen Aufträge

Seitens der Staatsregierung ertheilt.

Der Hr. Abg. von Eynern, dem ich für seine Worte sehr dankbar bin, hat mit vollem Rechte hervorgehoben, daß die Anforderangen, welche wir jetzt stellen in Bezug auf den Umbau großer Bahnhöfe, früber allerdings nicht haͤtten gestellt werden können. Wir haben, wenn ich nicht irre, auch in den Vorlagen, die wir seiner Zeit bezüg⸗ lich der Verstaatlichung der Rheinischen und der Cöln⸗Mindener Eisen⸗ bahn gebracht haben, kein Hehl daraus gemacht, daß die betreffenden großen Bahnhöfe des Umbaues sehr bedürftig wären. Wer in Cöln, Düsseldorf, Duisburg ꝛc. die Verhältnisse kennt, wird zugeben müssen, daß der gegenwärtige Zustand ein ganz unbalt⸗ barer geworden ist. In Cöln hat die Bergisch⸗Mär⸗ kische Eisenbahn keinen direkten Anschluß an den Hauptbahnhof, sie ist auf einen Bahnhof draußen angewiesen, zur Belästigung der Rei⸗ senden, wie der Bevölkerung. Der Bahnhof in der Stadt selbst ist nicht ausreichend für die jetzigen Bedürfnisse; die Frage, wie diesen Bedürfnissen am besten abzuhelfen sei, hat die Staatsregierung schon seit vielen Jahren beschäftigt, indessen alle Projekte scheiterten bis dahin an anderen Hindernissen, besonders auch an der Frage, wie der Umbau technisch am zweckmäßigsten auszuführen sei bei der dermaligen Zersplitterung des Eigenthums, und auf wessen Kosten. Wir sind jetzt o weit, daß wir unter der 18u1“ es werde auch die Bergisch⸗ Märkische Bahn verstaatlicht, ein Projekt haben aufstellen können, welches, wie ich hoffe, den Anforderungen des Verkehrs wie der Be⸗ völkerung der Stadt Cöln in vollem Maße entspricht. Die Verhält⸗ nisse dort liegen allerdings außerordentlich verwickelt, es handelt sich um den Erwerb sehr kostspieliger Terrains und das ist der Grund, weshalb der Kostenaufwand ein sehr erheblicher sein wird. Indessen es wird, wie Sie sich auch aus der Vorlage überzeugen können, eine Reduktion desselben eintreten, insofern manche der Terrains der Re⸗ gierung wieder zur Verfügung kommen, welche späaͤter verwerthet werden können, ähnlich wie in Frankfurt a. M., wo die großen Kosten des Umbaues des Bahnhofs zum großen Theil einen Ersatz finden bei dem demnächstigen Verkauf des zur Disposition kommenden Terrains. Düsseldorf, um gleich darauf einzu⸗ gehen, hat gegenwärtig Verhältnisse, wie sie auf die Dauer gar nicht zu ertragen sind: drei, vier Bahnhöfe in gewisser Entfernung von einander belegen, eine Bahn durchgeführt durch die Stadt mit einer Niveauüberführung über die Straße zur großen Belästigung der Be⸗ völkerung und in einer Weise, daß die Sicherheit des Verkehrs häufig gefährdet erscheint. 1

Es ist absolut nothwendig, daß wir da Abbülfe schaffen und, Gott sei Dank, kommen wir gerade durch die Verstaatlichung der Bahnen in die Lage, jetzt ein einheitliches, allen Bedürfnissen und Interessen entsprechendes Projekt aufstellen zu können. Auch dort wird durch den Verkauf des disponibel werdenden Terrains ein Theil der Ausgaben zurückzugewinnen sein.

Wenn der Hr. Abg. von Eynern aufgefordert hat, zu prüfen, daß die Kreise und Gemeinden in Bezug auf die Beiträge zu den Grund⸗ erwerbungskosten nicht zu schwer belastet werden, so kann ich ihm in der Tendenz dieser Aufforderung ja nur vollständig beistimmen. Wir haben früher schon ausgeführt, daß es in einem so großen Staate wie Preußen positiv unmöglich ist, eine feste Regel aufzustellen, was als Beihülfe von den Interessenten im konkreten Falle gefor⸗ dert werden muß. Wir haben uns bis jetzt daran gehalten, Grund und Boden zu verlangen, indessen auch da wieder den Umständen Rechnung getragen und nach eingehender Prüfung Seitens der Pro⸗ vinzialbehörden uns dafür entschieden, hier einen Zuschuß zu den Grunderwerbungskosten zu geben, dort den Grunderwerb pure zu ver⸗ langen, dort sogar auch noch einen Baarzuschuß Seitens der Inter⸗ essenten zu den Bahnbaukosten selbst in Anspruch zu nehmen. Wir sind dabei geleitet worden von der Rücksicht auf die Kosten der An⸗ lage, 2. die Aussicht für ihre Rentabilität, auf das Interesse und auch insbesondere auf die Leistungsfähigkeit der Interessenten. Die⸗ selben Gesichtspunkte, welche uns bei den früheren Vorlagen geleitet haben, sind auch hier maßgebend.

„Wenn ich nunmehr zu den Bemerkungen des Hrn. Abg. Dirichlet übergehe, so kann ich nicht anerkennen, daß in Bezug auf den Be⸗ trieb und auch auf den Bau von Sekundärbahnen die Privatunter⸗ nehmung sich mehr anzuschließen vermag an die lokalen Bedürfnisse als die Staatsbahn. Was zunächst den Bau angeht, „so sind die Vorschriften über die Ausführung des Baues der Sekundärbahnen ganz für Staatsbahnen wie für Privatbahnen. Es ent⸗ scheiden überall die Rücksichten auf den öffentlichen Verkehr und die Landesvertheidigung. Der Vorwurf, daß die Staatsverwaltung die lokalen Bedürfnisse nicht genügend berücksichtige, ist durch bestimmteste Beweise dafür zu widerlegen, daß man dankbar ist im Lande gerade dafür, daß die Staatsverwaltung den lokalen Bedürfnissen ganz besonders gerecht zu werden sich bemüht. Ich halte das auch für ihre Pflicht, denn das ist ja eben ihre Aufgabe, daß sie den Interessen des Landes und der wirthschaftlichen Hebung vorzugsweise ihre Fnß merksamkeit zuwende, während die Privatbahnen als Erwerbsgesell⸗ Gelben selbstverständlich ihre eigenen Interessen in den Vordergrund ellen.

Der Hr. Abg. Dirichlet hat besonders anstößig gefunden eine Vollbahn mit Sekundärbetrieb, er sagt, eine solche Bahn habe alle die Nachtheile der Vollbahn ohne ihre Vortheile und die Nachtheile der Sekundärbahnen dazu. Ja, meine Herren, wir haben ja Bah⸗ nen, die als Vollbahnen ausgeführt sind und als Sekundärbahnen betrieben werden, die aber, wenn die Verhältnisse sich ändern, über⸗

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der Post;

mit Sekundärbetrieb wird der

gehrt, und

rechtigung er bestreite.

gehen in einen Vollbetrieb; es sind das Bahnen, welche sich gewisser⸗ maßen als Theile einer künftigen großen Linie darstellen, es wäre Verschwendung, wenn man solche Bahnen, die zunächst nur sekundären Zwecken dienen, gleich als Vollbahnen betreiben wollte. Es ist nun zwar richtig, daß ein solcher Betrieb den Adjazenten der Bahn nicht gerade angenehm ist wegen der Langsamkeit der Beförderung, so daß in manchen Fällen sogar die Korrespondenz langsamer befördert wird, wie früher mit b aber hier steht zur Wahl: will man eine Bahn mit vor⸗ läusigem Sekundärbetrieb oder gar keine Bahn? Eine Sekundärbahn err Abgeordnete nicht erfechten wollen.

Der Hr. Abg. Dirichlet hat dann einen Punkt erwähnt in Be⸗

treff der Bahn von Königsberg nach Labiau und hat mich einer be⸗

sonderen Antipathie gegen Privatbahnen geziehen. Ich kann diesen Vorwurf nicht acceptiren. Die Verhältnisse in Koͤnigsberg liegen wesentlich anders als in Insterburg und Lyck, dort haben wir militärische Rücksichten zu beobachten und können, selbst wenn wir die ostpreußische Südbahn mitbenutzen wollten, nur mit erheblichen Kosten aus der Festung her⸗ auskommen; ganz abgesehen davon, daß es mit außerordentlichen Schwierigkeiten verbunden sein würde, durch das Terrain einer anderen Verwaltung hindurch den Betried der Hauptbahn zu leiten. Es wird, wenn es darauf ankommt, mein Kommissar in der Kommission dar⸗ über nähere Auskunft geben.

3 Der Herr Abgeordnete hat dann betont, der Staat hätte die Verpflichtung, für den Osten ganz besonders zu sorgen. Wenn darin ein Vorwurf liegen soll, als wenn wir zu wenig für den Osten gethan hätten, so muß ich diesen Vorwurf ablehnen. Sehen Sie die Vor⸗ lage vom vorigen Jahre an, in derselben handelt es sich um 37 000 000 von dieser Summe fallen allein 18 ½ Millionen auf die Provinz Ostpreußen für die beiden Bahnen von Allenstein über Mehlsack nach Braunsberg und von Allenstein über Ortelsburg nach Johannisburg. Auch in dem Vorjahr haben wir die östlichen Provinzen nicht ver⸗ gessen, ich weise hin auf die Bahnen von Güldenboden nach Moh⸗ rungen, von Mohrungen nach Allenstein und von Marienburg über Marienwerder nach Culm und Thorn und auf die Bahn von Schneide⸗ mühl nach Deutsch⸗Krone. In diesem Jahre bringen wir Ihnen wieder zwei Strecken. Wenn die Provinz Ostpreußen sich beklagt, daß sie nicht genügend berücksichtigt sei, so meine ich, daß sie in den letzten 3 Jahren wahrlich nicht zu kurz ge⸗ kommen ist.

Meine Herren! Sehen Sie sich die ganze Liste dieser Bahnen vor zwei und drei Jahren an: sinden Sie nur bei einer einzigen die⸗ ser Bahnen, daß sie durch eine politische Rücksicht bestimmt sein könnte? Nein, meine Herren, in Bezug auf die Ausführung des Bahnnetzes sind für uns nur die wirthschaftlichen Interessen maß⸗ gebend, ohne Rücksicht auf politische Parteifarben.

Auf die Frage der Beamten jetzt noch einmal einzugehen, kann ich mich wirklich nicht überwinden, ich glaube, ich habe mich darüber

genügend ausgesprochen.

Wenn endlich gesagt worden ist, ez würde einem Wahlkreise von der Staatsregierung eine Bahn nicht konzedirt werden, wenn nicht konservativ gewählt werde, so ist mir der Vor⸗ gang absolut unbekannt, und kann de nur auf einem Irrthum beruhen; ich glaube gerade aus dem, was ich vorhin angeführt und durch die Thatsachen erhärtet habe, Ihnen den Beweis liefern zu können, daß wir die politische Richtung der Einwohner dafür nicht maßgebend sein lassen, ob ihnen eine Bahn zuzuwenden und Verkehrs⸗ erleichterungen, unsere Züge, Tarife sind gleichmäßig eingerichtet, gleichviel, ob die betreffende Gegend dieser oder jener politischen Rich⸗ tung angehört.

Ich gehe jetzt auf einige der vorgeschlagenen Bahnen über, welche von besonderer Bedeutung sind. Die sub 1 vorge⸗ schlagene ist ein wahres Bedürfniß, seit vielen Jahren be⸗ wichtig für den Anschluß an Bayern, sie ist eine Konsequenz des Erwerbes der Thüringischen Bahn. Von allen übrigen Bahnen möchte ich Ihre Aufmerksamkeit besonders richten auf eine Bahn von Osnabrück nach Brackwede, welche wich⸗ tige Landestheile aufschließt und für die Provinzen Hannover und Westfalen außerordentlich nützlich sein wird. Durch die Bahn von Westerburg nach Hachenburg erfüllten wir gewissermaßen eine Zusage, im Interesse dieses so lange vernachlässigten Landestheils. Wir wollen

bei dem Westerwald auf die Dauer hierbei nicht stehen bleiben, son⸗

dern noch einen Anschluß versuchen nache der Deutz⸗Gießener Bahn; es ist das eine Frage der Zukunft.

Was dann den Anschluß an das Luxemburgische Gebiet anbetrifft, so ist auch in den Motiven bereits angeführt, daß derselbe nur eine Frage der Zeit sein kann, es handelt sich dabei nur um eine Strecke von etwa zwei Meilen.

Die Vermehrung der Betriebsmittel ist bereits hinreichend er⸗ örtert worden, über die Bahnhöfe habe ich mich ebenfalls ausge⸗ sprochen, es bleibt mir also nur noch übrig, einen anderen Punkt zu erörtern, der in diesen Tagen erwähnt ist, daß es nämlich nicht korrekt sei mittels einer Anleihe die nöthigen Gelder zu beschaffen, sie müßten n den Etat und zwar in das Extra⸗Ordinarium eingestellt werden; es ist sogar behauptet worden, es sei verfassungswidrig, wenn wir anders handelten. Wäre dem so, daun hätten wir uns in den letzten Jahren unendlich viele Verfassungswidrigkeiten zu Schulden kommen kassen. Der Hr. Abg. Frhr. von Zedlitz hat bereits angeführt, in welchem Maße dies in früheren Jahrm gewesen ist. Ich will Sie nur verweisen auf die betreffenden Gesetze aus 1871, 1872, 1873, 1874 und endlich auf ein Gesetz von 1877, in welchen überall auf dem Wege der Anleihe, sogar recht kleine Vergrößerungen und Erweite⸗ rungen von Betriebsmitteln, von Bahnhöfen, von Doppelgeleisen im Wege der Anleihe in Antrag gebraht worden sind. Namentlich möchte ich Sie auf das Anleihegeset vom 29. März 1877 hinweisen, welches eine sehr Zahl von genz kleinen Positionen enthält, insgesammt 6 238. Es wurden darin unter Andern gefordert 46 000 für eine Anlage auf Bahnhof Mörs, für eine Wasser⸗ leitung auf dem Bahnhofe zu Cassel 55000 u. s. w. Also, wenn wir den Weg, der in allen diesen Jahrm beschritten ist, jetzt wieder betreten, so kann uns daraus wohl kein Vorwurf gemacht werden. Die Anlagen, welche wir beabsichtigen, die Anschaffungen, welche wir vorschlagen, sind Ausgaben im Interesse des Verkehrs, um das Land zu befruchten und den Wohlstaĩd seiner Bevölkerung zu heben, um uns in den Stand zu setzen nach allen Richtungen den Anforderungen des Verkehrs gerecht zu werden. Daß es besser geworden ist auf dem Gebiete des Eisenbahnwesens, das wird mir Niemand bestreiten; alle Wünsche konnten wir noch nicht erfüllen, weil wir mit vorläufigen Einrichtungen uns haben be⸗ helfen müssen, aber ich wiederhole, es ist besser geworden, und ge⸗ währen Sie uns die Mittel zur weiteren Besserung, dann wird auch mit der Zeit ein allseitig befriedigender Zustand hergestellt werden.

Der Abg. von Schwerin verwahrte sich gegen die Aeuße⸗ rungen des Abg. Dirichlet. Unter dem 6. November v. J. habe er vom Abg. Dirichlet einen Biief bekommen, worin ihm mitgetheilt sei, daß der Abg. Dirichlc ihn nicht nur in seinem eigenen Kreise, sondern auch bei eder sonstigen Gelegenheit zum Gegenstand direkter Angriffe nachen würde. In Folge dessen habe es ihn nicht überrascht, den Abg. Dirichlet heute Verdächtigungen gegen ihn vorbringen zu hören, deren Be⸗ Zur Sache selbst bemerke er, daß die

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Mitglieder eines Comités in seinem Kreise ihn gebeten hätten,

eine aus ihrer Mitte gewählte Deputation nach Berlin zu be⸗

gleiten, um ihnen hier zum Zweck der Erlangung einer Bahn behülflich zu sein. Nach den Wahlen, nachdem der Abg. Dirichlet an Stelle des früheren Vertreters, des Hrn. von Mirbach, gewählt gewesen sei, habe er die Begleitung abge⸗ lehnt, weil er sich geschämt habe, sich in Berlin sehen zu lassen. Dieser Ansicht sei er auch heute noch.

Der Abg. von Thokarski richtete die Aufmerksamkeit des Ministers auf eine für seinen heimathlichen Kreis wünschens⸗ werthe Bahnstrecke, er bedaure, daß auch in der diesjährigen Vorlage die Provinz Westpreußen so wenig berücksichtigt sei; er bitte in Zukunft dieser Provinz größere Fürsorge angedeihen zu lassen, und namentlich die so wichtige Strecke Carthaus⸗ Danzig zu bauen.

Der Abg. Frhr. von Zedlitz und Neukirch (Mühlhausen)

erklärte, seine Ausführungen bezüglich des Rechts der Re⸗

gierung, ihre in der Vorlage enthaltenen Forderungen in ein besonderes Anleihegesetz aufzunehmen, seien neulich vom Abg. Rickert angegriffen, und es sei ihm (dem Redner) zugleich der Vorwurf gemacht worden, als ob zwischen seiner Haltung im Jahre 1877 und jetzt ein Widerspruch bestände. Aber gerade der Kommissionsbericht von 1877, den der Abg. Rickert er . stattet habe, habe in klaren und dürren Worten dargelegt, daß man die damals von der Regierung vorgeschlagene Anleihe “” den Etat aufnehmen müsse, weil in derselben über 100 kleine Positionen figurirt hätten, von denen zum Theil erste Raten schon in den Etats enthalten gewesen wären. Diese Erwägung treffe doch bei dem gegenwärtigen Gesetz nicht zu, die Vorlage von 1877 bilde also für seine Partei kein Prä⸗ judiz. Nun sage der Abg. Richter, es müßten in Preußen

wie im Reiche alle Ausgaben auf den Etat gebracht werden

Der Abg. Richter übersehe aber, daß es im Reiche nur ein Kammer, in Preußen zwei gebe, daß in Preußen das Herren

haus Anleihegesetzen gegenüber in seinen Befugnissen nicht so

beschränkt sei, wie dem Etat gegenüber, und daß die Auf⸗ nahme der Anleihe in den Etat mit einer Eludirung der verfassungsmäßigen Rechte des Herrenhauses iden tisch sein wuürde. Zu einer solchen Eludirung könne er sich wenigstens nie hergeben. Wirkliche Präjudizien habe man in dem Nothstandsgesetz für Oberschlesien, in dem An⸗ leihegesetz für die Verbesserung märkischer Wasserstraßen.

Auch Zweckmäßigkeitsgründe sprächen gegen die Einführung ir

den Etat; jedenfalls würde es einen völligen Bruch mit de bisherigen Finanzpolitik bedeuten, wollte man die Neubautern von Bahnen in das Extraordinarium des Etats einsetzen. Die Anleihen müsse man als regelmäßigen Bestandtheil der Etatsaufstellung überhaupt los werden. Die Vorlage sei also verfassungsmäßig korrekt, entspreche der bisherigen Praxis und werde auch durch Zweckmäßigkeitsgründe unterstützt. Er be⸗ antrage die Verweisung der Vorlage an die Budgetkommission. Der Abg. Berger bat, daß sich die Freunde des Staats⸗ bahnsystems der vielen Angriffe gegen die Privatbahngesell⸗ schaften enthalten möchten. Dieselben seien ja jetzt in der Majorität und könnten dies daher füglich unterlassen. Wisse denn übrigens der Abg. von Eynern nicht, die Eisenbahn im Westerwalde bereits vor 10 Jahren der Hessischen Ludwigs⸗Eisenbahn⸗Gesellschaft konzessionir worden sei? Letztere sei nur wegen finanzieller De route nicht in der Lage gewesen, den Bau auszu führen. Der Abg. von Eynern meine, das Publikum werde durch die Konkurrenz der vielen Bahnen nur belästigt. Wenn dem Abg. von Eynern bisher weiter kein besonderes Unglü⸗ passirt sei, dann gratulire er demselben. Sonst habe man e immer als einen Segen empfunden, wenn in eine Stadt mehrere Bahnen mündeten. Kommunale Zuschüsse lasse sich auch der Staat geben und mit Recht. Die Bahnen hätten das Anwachsen der kommunalen Steuern keineswegs veranlaßt; daran seien vielmehr die hohen Armen⸗ und Schullasten schuld. Die angebliche Bevorzugung des Westens vor dem Osten sei ein Märchen. In den Jahren 1879 und

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1880-81 seien für die 7 östlichen Provinzen 74, für die 5 west⸗

lichen nur 14 Millionen Mark aufgewendet worden. Gehe die große

Vorlage durch, dann dürfte die Regierung moralisch verpflichtet

sein, jene Linien auszubauen, zu denen die Bergisch⸗Märkisch Bahn seit vielen Jahren die Konzession bekommen habe. Auffallend sei ihm gewesen, daß der Besitzer des großen Bleiwerks in der Nähe von Prüm sich geweigert habe, seinen Beitrag zu zahlen. Er würde Angesichts einer solchen Renitenz die Verweigerung des Anschlusses für berechtigt halten. Die Summe zur Aus⸗ führung weiterer Geleise bitte er zu bewilligen. Das Kost⸗ spieligste im ganzen Etat seien die Bahnhofsbauten. Es seien dafür in den letzten Jahren über 100 Millionen ausgegeben worden. Die Rente dürfte dabei schließlich so dünn werden daß man längere Zeit auf die Ausführung weiterer Sekundär⸗ bahnen werde verzichten müssen. Der Abg. Graf Wintzingerode bemerkte, zu seiner Freude sei vom letzten Redner der Vorlage die Anerkennung nicht versagt worden. Er wisse ja, daß es schon von früher her bei Staatseinrichtungen Sitte gewesen sei, jeder Provinz etwas zuzuwenden. Heute aber müsse man dem Minister be⸗ sonders dankbar sein, daß derselbe gesucht habe, nach allen Seiten hin gerecht zu werden. Für seine Heimathprovinz Sachsen könne er das konstatiren und hoffe, daß es auch später werde der Fall sein können. Er wisse, daß für Sachsen noach weitere Sekundärbahnen geplant würden. Er enthalte sich daher, noch näher darauf einzugehen. Den Angriffen des Abg. von Eynern gegen die betreffenden Interessenten zu Zu⸗ schassen heranzuziehen, könne er nicht beistimmen. Der Abg. ickert habe die neulichen, vom Abg. von Zedlitz beleuchteten Ausführungen des Abg. Nichter als harmlose bezeichnet. Das seien sie keineswegs gewesen. Sie hätten einen direkt gegen das Mi⸗ nisterium gerichteten schweren Vorwurf enthalten. Daß der preußische Etat nicht durchsichtig genug sein solle, müsse er bestreiten. Zu keiner Zeit sei die Anforderung, die Schulden Feehhe zu bezahlen, dringender an das Haus herangetreten. as gesammte Steuersystem sei in der Schwebe. Dadurch, daß man den Staat mit Ausgaben e belaste, könne man diese Aufgabe nur erschweren. In.. 1