1882 / 34 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 08 Feb 1882 18:00:01 GMT) scan diff

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8— seinen Einfluß bei der Kurie zu Gunsten des Friedens gel⸗ tend zu machen; die Rechte des Hauses werde es an wohl⸗ wollendem Entgegenkommen nicht fehlen lassen. 1 Bei Schluß des Blattes nahm der Abg. Dr. Gneist das

Wort.

Der Kommunal⸗Landtag der Kurmark füllte

seine 2. Plenarsitzung am 6. d. M. lediglich durch Vornahme

von Wahlen aus. Der Landtag wählte als seinen Vorsitzenden den Major von Rochow auf Plessow, welcher dieses Amt be⸗ reits seit 6 Jahren bekleidet, auf eine fernere dreijährige

Periode wieder und ebenso dessen Stellvertreter, den Landrath

von Winterfeld auf Menkin.

Alsdann wurde die Kommission

für die Revision der von dem Landtage ressortirenden Kassen,

soweit deren Mitglieder noch dem Landtage angehören, wieder⸗ gewählt. Erstere besteht nunmehr auf eine mit diesem Jahre beginnende dreijährige Periode aus dem Herrn von Rochow als Vorsitzenden, dem Erbjägermeister von Jagow als Stell⸗ vertreter, dem Gutsbesitzer Pasewaldt und dem Stadtrath Ehren⸗ berg als Mitgliedern, dem Amtsvorsteher Schultze⸗Götz und dem Stadtverordneten von Jacobs als Stellvertretern. Die nächste Sitzung wird der Landtag am Donnerstag, den 9. d. M., Mittags 12 Uhr, halten.

Der General⸗Lieutenant Freiherr von Branden⸗

stein, Commandeur der 8. Division, hat sich nach Abstattung

8

Um Khr

persönlicher Meldungen in seine Garnison Erfurt zurück⸗ begeben.

Der heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staats⸗ Anzeigers“ ist eine „Besondere Beilage“ (Nr. 98 enthaltend

Entscheidungen des Reichsgerichts, beigefügt.

Sachsen. Dresden, 7. Februar. (Dresd. J.) Gestern Mittag fand die feierliche Auffahrt der Königlich großbritan⸗ nischen Gesandtschaft, bestehend aus folgenden Personen: 1) Earl of Fife, großbritannischer außerordentlicher Gesandter, 2) Sir Albert Woods, erster Wappenkönig des Hosenband⸗ Ordens, 3) Sir Alfred Horsford, General, 4) Honourable F. L. Bertie, Legations⸗Sekretär, 5) Kapitän J. S. Wynne⸗ Finch, Royal Horse Guards, 6) Lieutenant⸗Colonel Lord Fne Gordon Lennox, 7) Mr. Cochayne, Esqu., 8) Mr. Esqu., nach dem Königlichen Schlosse statt.

Nachmittags erfolgte darauf im Thronsaale die Investitur des Königs mit den Insignien des Hosenband⸗Ordens. Um 5 Uhr war Diner im Banket⸗ saale. Bei demselben brachte der König die erste Gesundheit aus auf das Wohl der Königin von Großbritannien, Kaiserin von Indien. Der Königlich großbritannische Bevollmächtigte toastete auf das Wohl des Königs Albert, der König auf das Wohl der Ordensritter. Den vierten Trinkspruch brachte der großbritannische Bevollmächtigte auf das Wohl der Königin und der Königlichen Familie von Sachsen aus.

In ihrer heutigen Sitzung erklärte sich die Zweite Kammer durch den mittelst Königlichen Dekrets ihr vor⸗ gelegten Bericht über die Verwaltung und Vermehrung der Königlichen Sammlungen für Kunst und Wissenschaft, dem Antrage der Rechenschaftsdeputation solgend, für befriedigt. Bei dieser Gelegenheit kam der Abg. Walter auf die Angriffe zu sprechen, welche der Galeriedirektor in Cassel, Dr. Eisenmann, seiner Zeit gegen die neueren Ankäufe von Gemälden älterer Meister Seitens der Generaldirektion der Königlichen Samm⸗ lungen für Kunst und Wissenschaft erhoben hatte, und ver⸗ mißte in dem Berichte ein näheres Eingehen auf diesen Gegen⸗ stand. Von Seiten des Referenten, Abg. Grahl, und des Staats⸗Ministers Dr. von Gerber wurde dem entgegengehalten, daß über eine solche rein kunstwissenschaftliche Streitfrage in der Kammer nicht wohl verhandelt werden könne, daß die An⸗ griffe des Dr. Eisenmann übrigens auch von angesehenen Kunstgelehrten ihre Widerlegung erfahren hätten. Weiter beschloß die Kammer, einen von den Abgg. v. Oehlschlägel und Genossen eingebrachten Antrag, die Königliche Staatsregierung zu ermächtigen und zu ersuchen, im Verordnungswege die Bestimmungen des §. 1 des Gesetzes vom 22. Juli 1876, die Schonzeit der jagdbaren Thiere betreffend, in Betreff des Sperlings außer Wirksamkeit zu setzen und diejenigen Be⸗ stimmungen zu treffen, die für geeignet, beziehentlich für zu⸗ lässig zu erachten sind, um der Landwirthschaft, dem Obst⸗ baue und der Gartenkultur den nothwendigen Schutz gegen den Schaden zu verschaffen, der denselben durch eine zu große Vermehrung der Sperlinge verursacht wird, sofort in Schluß⸗ berathung zu nehmen.

Baden. Karlsruhe, 7. Februar. (W. T. B.) Nach dem heutigen Bulletin über das Befinden des Groß⸗ herzogs ist der Zustand der entzündeten Augen nicht unbe⸗ friedigend, jedoch dauert die nervöse Schlaflosigkeit fort, woraus die zögernde Krästigung und Erholung zu erklären ist.

In der Zweiten Kammer brachte der Finanz⸗ Minister Ellstätter einen Gesetzentwurf, betreffend Erleichterun⸗ gen bei der Handhabung der Weinsteuergesetz⸗ gebung ein.

(Cöln. Ztg.) Der Finanz⸗Minister hat den Kammern den Entwurf eines Gesetzes, betreffend den Staats⸗ voranschlag und die Verwaltung der Staats⸗ einnahmen und Ausgaben vorgelegt, welches die Grundlage für die vollständige und ausgiebige Wirksamkeit der vor wenigen Jahren neu organisirten Ober⸗Rechnungskammer bilden soll, indem es alle Vorschriften und Grundsätze aus dem weiten Gebiete der gesammten die Finanzen berührenden Staatsverwaltung zusammenfaßt, welche zum Theil in verschiedenen Gesetzen bereits niedergelegt sind, zum Theil sich durch eine langjährige Praxis entwickelt haben und einer gesetzgeberischen Feststellung bedürfen. Da das Gesetz, wenn es die Zustimmung der Volksvertretung findet, eine neue Einrichtung des Budgets voraussetzt, welche zur Zeit bei einzelnen Verwaltungszweigen nicht durchaus vorhanden ist, so ist vorgeschlagen, dasselbe erst mit dem Beginne der Budget⸗ periode 1884/85 in Wirksamkeit treten zu lassen. Ein anderes Gesetz, welches der Minister des Innern vorgelegt hat und das die Absicht verfolgt, der Klasseneintheilung der Wahl⸗ berechtigten für die Wahl der Stadtverordneten eine richtigere Grundlage als die bisherige zu geben, verdient darum hervorgehoben zu werden, weil in den Motiven aus⸗ drücklich erklärt wird, daß die Regierung für eine mehrfach angeregte Revision der ganzen Städteordnung die Zeit noch nicht gekommen glaubt, da die hierbei sich ergebenden schwierigen und für die Gestaltung des Gemeinwesens der größern Städte des Landes höchst bedeutsamen Fragen einer allseitigen gründlichen Prüfung bedürfen.

Mecklenburg. Schwerin, 8. Februar. (W. T. B.) Herzogin Anna, Tochter des Großherzogs aus zweiter

Bellagis,

Ehe, ist nach fün gestorben.

HOesterreich⸗Ungarn. Wien, 7. Februar. (W. T. B.) Die „Polit. Corresp.“ meldet auf Grund zuverlässiger Mit⸗ theilungen aus Lemberg, daß die von den Zeitungen ge⸗ brachten Meldungen über die Ursachen der vorgenommenen Verhastungen im Wesentlichen richtig, indessen nicht erschöpfend seien. Bei dem gegenwärtigen Stadium der Angelegenheit seien positive Angaben selbstverständlich nicht zu erwarten.

8. Februar. Amtlich wird aus Serajewo vom 7. d. M. gemeldet: Von Susjesno und Karaula Humic aus veranlaßte General Obadich in Foca kurze Offensivstöße gegen die Insurgenten. Der Gegner wich beiden Kolonnen aus, nur im Laufe des Nachmittags kam es zwischen einer Abthei⸗ lung Insurgenten und der linken Flankenkolonne bei Susjesno zu einem Feuergefecht, bei welchem 3 Mann verwundet wurden. Auch bei Humic fand erst gegen Abend ein Geplänkel statt. Das offensive Vorgehen wird fortgesetzt.

Großbritannien und Irland. London, 7. Februar. (W. T. B.) Die Eröffnung des Parlaments hat heute stattgefunden. Der Lordkanzler Selborne verlas die Thronrede. Die Beziehungen Englands zu den auswär⸗ tigen Mächten werden als herzliche bezeichnet. Im Ein⸗ vernehmen mit Frankreich richte die Königin ihre spezielle Aufmerksamkeit auf die Angelegenheiten Egyptens, wo die bestehenden Arrangements ihr besondere Verbindlichkeiten auf⸗ erlegen. Sie werde ihren Einfluß benutzen, um die, sei es durch Firmans des Sultans, sei es durch internationale Abmachungen bereits festgestellten Rechte in einem, einer guten Regierung des Landes und einer weisen Entwickelung seiner Einrichtungen günstigen Sinne aufrecht zu halten. Die Verhandlungen zwischen England und Frankreich über den Handelsvertrag wurden mit dem Wunsche fortgesetzt, einen der Entwicklung der Handelsbeziehungen beider Länder, deren enge Freundschaft so großen Werth für die Königin habe, günstigen Vertrag abzuschließen. Die Thronrede spricht ferner die Zustimmung zu der bevorstehenden Vermählung des Prinzen Leopold mit der Prinzessin Helene von Waldeck aus und glaubt, daß diese Verbindung eine glückliche sein werde. Die Hauptbestimmungen des Vertrages über die Gebiets⸗ abtretungen in Thessalien seien bereits ausgeführt worden; die Uebertragung der Souveränetät sei in einer für die kontrahirenden Theile ehrenvollen Weise ausgeführt worden. Die Wiederherstellung des Friedens jenseits der Nordwest⸗ grenze Indiens und im Innern Indiens gestatte der Regie⸗ rung von Indien, die für die öffentliche Wohlfahrt erforder⸗ lichen Arbeiten wieder aufzunehmen. Die Konvention mit dem Transvaallande werde hoffentlich vortheilhafte Resultate haben. Die Thronrede spricht das Bedauern über die un⸗ ruhige Lage im Basutolande aus. Der Handel zeige im Innern des Landes und &uch außen hin eine konstante Besse⸗ rung, wenn sich auch die Staatseinnahmen noch nicht in ent⸗ sprechender Weise vermehrtshätten. Die Thronrede konstatirt eine Besserung des Zustandes in Irland; die außerordentlichen Voll⸗ machten, welche vom Parlamente bewilligt worden, seien im weitesten Umfange angewandt worden, die Ordnung wieder herzustellen. Der vom Ministerium vorbereitete Entwurf, betreffend die Weiterentwickelung der Autonome der Graf⸗ schaften, solle sich nicht auch auf Irland erstrecken. Schließlich wird ein Gesetzentwurf über die Reform des Gemeindewesens von London angekündigt, nach welchem das bisherige System der Gemeindeverwaltung auf die ganze Stadt London aus⸗ gedehnt werden soll.

7. Februar, Abends. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Unterhauses, welcher der Prinz von Wales in der Pairsloge beiwohnte, sprach Bradlaugh den Wunsch aus, den Eid zu leisten. Northcote beantragte, Bradlaugh nicht zur Eidesleistung zuzulassen. Der Staatssekretär des Innern, Harcourt, stellte dagegen den Antrag auf Uebergang zur Vorfrage. Bradlaugh erklärte, daß er, wenn er den Eid leiste, denselben als bindend betrachten werde. Der Uebergang zur Vorfrage wurde mit 286 gegen 228 Stimmen abgelehnt und hierauf der Antrag Northcote's auf Nichtzulassung Bradlaughs ohne Abstimmung angenommen. Bradlaugh beharrte auf seinem Wunsche. Northceote beantragte, Brad⸗ laugh solle sich zurückziehen. Dieser Antrag, welchen der Premier Gladstone unterstützte, wurde angenommen. Glad⸗ stone theilte hierauf mit, daß er am Montag mehrere Reso⸗ lutionen auf Abänderung der Geschäftsordnung einbringen werde. Der Sprecher verlas ein Schreiben des General⸗ Sekretärs für Irland, Forster, in welchem dem Hause die Verhaftung der Parlamentsmitglieder Parnell, Dillon und O’'Kelly mitgetheilt wird. Gray beantragte, zur Er⸗ wägung der Frage, ob das Schreiben die besondere Auf⸗ merksamkeit des Hauses erheische, einen Ausschuß einzusetzen. Gladstone bekämpfte den Antrag Gray's, der schließlich mit 174 gegen 45 Stimmen abgelehnt wird. Auf eine Anfrage Wolffs antwortete der Unterstaats⸗Sekretär Dilke: Errington sei von der Regierung mit einer speziellen Mission an den Vatikan nicht beaustragt gewesen; derselbe sei aber, da er sich gerade in Rom befunden und das Vertrauen Lord Granville's be⸗ sessen habe, als Vermittler einer Kommunikation zwischen Lord Granville und dem Vatikan über gewisse Gegenstände benutzt worden; eine offizielle Stellung habe Errington nicht einge⸗ nommen, auch habe derselbe keinen Gehalt bezogen. Der Erlaß einer Adresse an die Königin wurde von Marjoribanks beantragt und von Frith unterstützt. Die De⸗ batte darüber wurde auf den Antrag Northcote’'s auf morgen vertagt.

Im Oberhause beantragte Fingall, unterstützt von Wenlock, eine die Thronrede paraphrasirende Adresse.

8. Februar, früh. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Oberhauses erklärte Lord Salisbury: die Thronrede sei unklar, die Opposition habe jedoch nicht die Absicht, die Adresse an die Königin zu bekämpfen. Er sei erfreut über die bevorstehende Vermahlung Sr. Königlichen Hoheit des Herzogs von Albany mit der Prinzessin von Waldeck und daruͤber, daß ohne Autorisation Seitens der Pforte eine Einmischung in die egyptischen Angelegenheiten keinesfalls stattfinden werde. Die freundlichen Beziehungen Englands mit den großen deutschen Mächten und die Mitwir⸗ kung des Sultans seien die Bedingungen gewesen, worauf sich die Politik der letzten Regierung gegen Egypten gegründet habe, aber die vor zwei Jahren von Gladstone gethanen Aeußerungen hätten die englische von der deutschen Politik getrennt, den britischen Einfluß in Konstantinopel geschwächt und die Schwie⸗ rigkeiten, das egyptische Problem zu lösen, erhöht. England

sollte mit Frankreich gehen, so lange die Politik Beider in gleichen Bahnen sich bewege, müsse aber die Freiheit haben, ablenken zu können, sobald die britischen Interessen im Orient eine andere Haltung erheischten. Erkenne aber England an, daß andere Mächte in Egypten gleiche Interessen besäßen, wie es selbst dort zu vertreten habe, dann entstehe die Gefahr einer Neutralisirung des Suezkanals, während ande⸗ rerseits Rußland vor den Thoren von Herat stehe. Redner befürchtete ferner, daß die Aussichten über den Abschluß des Handelsvertrages mit Frankreich keine sehr günstigen seien, verurtheilte die Ausführung der irischen Landakte und hoffte auf die Zusage einer Entschädigung für die Grundbesitzer und strengerer Maßregeln gegen die Un⸗ gesetzlichkeiten in Irland. Der Staatssekretär des Auswärti⸗ gen, Lord Granville, trat den Angriffen Lord Salisbury's entgegen und beklagte die Haltung der Führer der konservati⸗ ven Partei in der irischen Krisis. Die Lage in Irland sei indessen gegenwärtig besser als im Vorjahre, und die Regie⸗ rung vertraue auf den friedlichen Einfluß der Landakte. Die Regierung wolle keinen Handelsvertrag mit Frankreich, welcher England ungünstiger als bisher stelle. Die von Lord Salisbury herbeigeführte gemeinsame Aktion Frankreichs und Englands in Egypten sei das einzige Mittel, die Verwaltung in Egypten zu bessern. Die an den englischen Geschäftsträger in Kairo, Mallet, gerichtete Depesche habe den Zweck gehabt eine authentische Darlegung der Politik Englands zu geben; sie habe eine gute Wirkung ausgeübt und sei von der No⸗ tablenkammer, einer Körperschaft, welcher England in keinen Sinne feindlich gegenüberstehe, gut aufgenommen worden Der bezügliche Schriftwechsel könne mit Ausnahme der beiden in Egypten publizirten Noten gegenwärtig nicht vorgelegt werden; aber die Punkte, in denen sich diese beiden Noten von der an Mallet im November v. J. gerichteten zweiten Note unterschieden, seien auch von Frankreich gebilligt worden welches erklärte, daß seine Politik im Allgemeinen dieselbe sei wie die darin niedergelegte. Der Staatssekretär bemerkte weiter: die englische Regierung habe aktive Unterhandlungen über Egypten mit Gambetta bis zu seinem Rücktritte, ja bis zur Ernennung der neuen Regierung gepflogen; er wisse nicht ob die gegenwärtige französische Regierung längere Zeit zur Erwägung dieser Frage wünsche, glaube aber, daß sie betreffs der Hauptpunkte mit England übereinstimme, und er zweifle nicht, daß man in aufrichtigem Einverständniß mit Frankreich in dieser Angelegenheit kooperiren könne. Eine Besetzung Egyptens durch englische, franzosische oder türkische Trupper würde vor zwei oder drei Monaten unzweifelhaft die Gefah einer Anarchie und Unordnung herbeigeführt haben. „Un sere Politik ist die Aufrechterhaltung der Rechte des Sou veräns von Egypten, die Aufrechterhaltung der Stellung des Khedive, die Aufrechterhaltung der Freiheiten des Volkes und die Wahrung der internationalen Arrangements mittelst einer weisen Entwickelung des Reiches. Wir haben glauben, daß die anderen Mächte sowohl als auch Frankreich und die Türkei in jenen Ansichten übereinstimmen, und in dem Falle hoffe ich, daß, wiewohl die Nothwendigkeit irgend welcher Intervention nicht ausgeschlossen ist, wir im Stand sein werden, mit den übrigen Mächten zu kooperiren, um di Nothwendigkeit einer gewaltsamen Intervention zu ver hindern“. Die Adresse wurde sodann ohne Abstimmung an⸗ genommen.

8. Februar. (W. T. B.) Die Morgenblätter ver⸗ öffentlichen die neue Geschäftsordnung für die parla mentarischen Verhandlungen, nach welcher der Schluß

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Grund zu

der Debatte durch einfache Majorität erfolgt, vorausgesetzt, 8

daß der Antrag auf Schluß der Debatte entweder von mehr als 200 Deputirten unterstützt oder von weniger als 40 De putirten beanstandet wird.

Frankreich. Paris, 7. Februar. (W. T. B.) Di Abendblätter weisen auf den Erfolg hin, welchen de Conseils⸗Präsident in der gestrigen Sitzung der Depu tirtenkammer errungen hat, und sind der Ansicht, daß di Mehrzahl derer, welche sich gestern der Abstimmung enthielten dies nur gethan hätten, um ihre Meinung in dem vorliegen den Falle nicht zu ändern, daß sie aber bei anderer Gelegen heit für das Kabinet stimmen würden.

8. Februar. (W. T. B.) Lefebvre de Béhain wird auf sein Ersuchen Gesandter im Haag bleiben; der bis herige Gesandte in München, Graf Montebello, geht i gleicher Eigenschaft nach Brüssel.

Türkei. Konstantinopel, 8. Februar. (W. T. B Die Pforte überreichte gestern den Botschaftern eine Note in Beantwortung der Note vom 30. November in Betreff de bezüglich Feststellung der türkisch⸗griechischen Grenz streitigen Punkte Analipsis und Nezeros. Sie hält di von den türkischen Kommissären proponirte Trace Konvention vom 24. Mai entsprechend aufrecht, und spricht

als der

die Hoffnung aus, daß die Botschafter, da die europaischen

über diesen, sowie über mehrere andere Punkte verschiedene Ansicht seien, sich der von türkischer Seite vorgeschlagenen

Serbien. Belgrad, 7. Februar. (W. T. B.) In der Skupschtina wurden Seitens der Minorität und M. jorität Interpellationen an die Regierung gerichtet bezüglich der Angelegenheit der Union générale. Die Minoritä verlangte eine sofortige Antwort. Der Justiz⸗Minister ersuchte da von Paris noch keine näheren Datails eingegangen seien die Beantwortung der Interpellation bis auf Weiteres zu vertagen.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 8. Februar (W. T. B.) In dem Befinden der Großfürstin Maria Paulowna ist eine Verschlimmerung eingetreten; die Nacht war unruhig, das Fieber hat zugenommen.

Ueber das angebliche Entlassungsgesuch des Generals Skobeleff ist in hiesigen unterrichteten Kreisen nichts be⸗ kannt, dagegen bestätigt es sich, daß demselben der Ratt ertheilt worden sei, Urlaub zu einer Reise nach dem Auslande nachzusuchen.

Trace anschließen würden.

Dem „Golos“ ist wegen zweier Leitartikel die erste

Verwarnung ertheilt und der Einzelverkauf untersagt worden

Schweden und Norwegen. Christiania, 2. Fe⸗ bruar. Das dem Storthing vorgelegte Budget für das Finanzjahr 1882/83 balancirt in Einnahme und Ausgabe mit 41 440 000 Kronen. Die Einnahmen sind wie folgt veran schlagt: Indirekte Steuern: Zölle 18 750 000 Kronen, Brannt Ueinsan⸗n 3 700 000 Kronen, Malzsteuer 2 000 000 Kronen Stempelpapier 940 000 Kronen, Spielkartenstempel 45 000 Kronen, Erbschaftssteuer 230 000 Kronen, Departements⸗ und Gerichtssportel 875 000 Kronen, im Ganzen 26 540 000 Kro

nen; direkte Einnahmen: Staatsbesitzungen 1 211 600 Kronen, Staatsaktive 1 381 400 Kronen, verschiedene Verwaltungs⸗ zweige 11 663 210 Kronen, zufällige Einnahmen 224 789 Kro⸗ nen, durch Staatsanleihe beschaffte Mittel zu Eisenbahnanlagen 419 000 Kronen. Die Ausgaben sind dagegen folgendermaßen berechnet: Königliches Haus und Staatsdomänen 490 472 Kronen, Storthing 434 800 Kronen, Staatsrath und Regie⸗ rung 1 179 838 Kronen, Kultus⸗Departement 4 178 313 Kro⸗ nen, Justiz⸗Departement 4 310 527 Kronen, Departement des Innern 6 197 740 Kronen, Finanz⸗ und Zoll⸗Departement 9 973 240 Kronen, Armee⸗Departement 6 847 500 Kronen, Marine⸗ und Post⸗Departement 6 744 796 Kronen, aus⸗ ländische Angelegenheiten 534 325 Kronen, unvorhergesehene Ausgaben 129 447 Kronen, Eisenbahnbau 419 000 Kronen. Die Regicrung stellt außerdem eine neue vorläufige Anleihe für Rechnung der Staatskasse im Betrage bis 5 Millionen Kronen in Aussicht und verlangt die Autorisation zur Auf⸗ nahme derselben für den Fall, daß die Einnahmen der Staats⸗ kasse sich zur Bestreitung der Ausgaben ungenügend erweisen sollten, was die Regierung auf Grund des geringen kontan⸗ ten Bestandes der Staatskasse nicht für unwahrscheinlich hält. Nach dem Berichte über den Zustand des Reiches betrug letzterer am Schlusse des Jahres 1881 nur 4 003 000 Kronen gegen 9 151 000 Kronen zu Anfang dieses Jahres. Außerdem hatte die Staatskasse aber einen Reservefonds von 2 423 215 Kronen, Prioritätsaktien der norwegischen Hauptbahn im Betrage von 2 809 000 Kronen und 33 001 900 Kronen aus⸗ stehende Forderungen. Die Staatsschulden betrugen Ende 1881 104 492 000 Kronen.

Afrika. Egypten. Kairo, 7. Februar. Ein Reuter⸗ sches Telegramm meldet: In einem heute abgehaltenen Mi⸗ nisterrathe ist das organische Gesetz in der von der No⸗ tablenkammer vorgeschlagenen Form genehmigt und zugleich bezüglich des Budgets eine Erklärung festgestellt worden, welche konstatirt, daß das Budgetbewilligungsrecht vom Khe⸗ dive, in Gemäßheit der demselben durch die Firmans der Sultane verliehenen Gewalten, an die Notabelnkammer übertragen worden sei und daß die Einräumung dieses Rechts den internationalen Verpflichtungen Egyptens nicht zuwider⸗ laufe. Der Khedive hat das bezügliche Dekret unterzeichne t und das organische Gesetz genehmigt.

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Zeitungsstimmen.

Wie die „West⸗Preußische Ztg.“ mittheilt, hat der Verein der Konservativen zu Danzig unter dem 11. v. M. in Folge des Allerhöchsten Erlasses an das Staats⸗Ministerium vom 4. Januar eine Adresse an den Reichskanzler gerichtet,

welche folgenden Wortlaut hat:

Durchlauchtigster Fürst! Hochgebietender Herr Reichskanzler!

Ew. Durchlaucht hoffte der Verein der Konservativen zu Danzig bereits durch die von ihm erstrebte Sendung eines christlich⸗konser⸗ vativen Abgeordneten in den Reichstag einen Beweis seiner Königs⸗ treue und seiner vaterländischen Gesinnung geben zu können. Die Umtriebe der hiesigen Liberalen haben für dieses Mal noch den von uns gehofften Erfolg vereitelt, dafür aber unsern Muth gestählt und unsern Eifer für die Sache des Vaterlandes, die wir durch Ew. Durch⸗ laucht Politik auf das Beste berathen sehen, neu entflammt. Wir sind uns der heiligen Pflicht bewußt, für die Geltendmachung gesunder, christlich⸗verklärter politischer Grundsätze grade hier in dem unter einem drückenden liberalen Terrorismus Jahre lang niedergehaltenen Danzig mit zäher Entschiedenheit einzutreten, und schrecken vor keinen Drohungen und Verhöhnungen zurück. Wir wissen, hier lebt noch ein konservativ⸗christlicher, königstreuer Geist, besonders im Hand⸗ werker⸗ und Arbeiterstande. Durch Nichts ist unser Muth und unsere aber so gehoben, als durch den jüngsten Allerhöchsten Erlaß Sr. Majestät, unseres heißgeliebten Kaisers und Königs, der aller Welt was jedem guten Preußen freilich von jeher bekannt, daß Se. Majestät im Vollbewußtsein Seiner, Ihm von Gott ge⸗ stellten Aufgabe und der damit verbundenen Verantwortlichkeit die verfassungsmäßige Stellung des Königthums von Gottes Gnaden in Preußen gegen alle unberechtigten und jederzeit von der Geschichte ge⸗ richteten Eingriffe einer Preußens Kraft und Ruhm gefährdenden Demokratie mit Königlicher Freimüthigkeit und Entschiedenheit zu wahren weiß. Wir sehen mit Begeisterung und Dank gegen Gott unsern angestammten, so einzigartig reich gesegneten Kaiser und König getreu den Hohenzollernschen Traditionen wieder einmal der ganzen Kulturwelt um ein Menschenalter in der Begründung neuer noth⸗ wendiger Reformen zum Heile Deutschlands und Europas vorauseilen und preisen die Generation glücklich, die in besserem Verständniß der Kaiserlichen Pläne und im Genuß ihrer Erfolge Gott für das danken wird, was ihnen jetzt unser innig verehrter Kaiser und Herr unter dem Beirathe Seiner bewährten Diener erkämpft.

Ew. Durchlaucht bitten wir gehorsamst, Sr. Majestät, unserm Allergnädigsten Kaiser, König und Herrn, den Ausdruck unseres be⸗ geisterten Dankes für diese Königliche Kundgebung hochgeneigtest über⸗ mitteln zu wollen. Wir Konservativen in Danzig flehen mit In⸗ brunst zu Gott, daß er unsern Kaiser und König sammt Ew. Durch⸗ laucht uns noch lange erhalte und auch diesen neuesten Akt Allerhöchst Seiner Regierung segne.

Danzig, den 11. Januar 1882.

Im Auftrage des 2389 Mitglieder zählenden Vereins der Konservativen zu Danzig: Der Vorstand. Hierauf ist nun, wie die genannte Zeitung weiter be⸗ jichtet, dem Vorstande, zu Händen des Kaufmanns Boehm, folgende Antwort zugegangen: Berlin, den 3. Februar 1882. Die mir von dem Vorstande des dortigen Bereins der Konser⸗ vativen übermittelte Adresse habe ich Sr. Majestät dem Kaiser und König vorgelegt. Auf Allerhöchsten Befehl spreche ich Eurer Wohl⸗ geboren und den beihelligten Herren für die patriotische Gesinnung, welche sich in der Adresse zu erkennen giebt, den Dank Sr. Majestät aus. v. Bismarck.

Dem „Düsseldorfer Anzeiger“ wird aus Unna, 4. Februar, geschrieben: „Die am 29. v. M. hier versammelt gewesenen konservativen Vertrauensmänner des Wahlkreises Hamm⸗Soest haben folgende dresse an den Fürsten Reichkanzler beschlossen und abgesandt: Den hier gerade versammelten Vertrauensmännern der konserva⸗ tiven Partei im Wahlkreise Hamm⸗Soest gestatten Ew. Durchlaucht, Ihnen die Versicherung der unentwegten Dankbarkeit für das ent⸗ hegenzubringen, was Sie für 5 und Deutschland gethan aben. Wir werden es nie vergessen, daß Sie in schwerer kampfvoller Zeit die Fahne des preußischen Königthums hochgehalten und mit Ihrer ganzen Persönlichkeit dafür nun eingetreten sind, diese Grundlage unserer Sicherheit unserer Macht und unseres Glückes zu erhalten. Und ebensowenig werden wir dessen jemals uneingedenk sein, daß Sie Ihre Kraft ein⸗ gesetzt haben, um als treuester Diener Sr. Majestät unserer Nation die ersehnte Einheit zu verschaffen und das deutsche Kaiserthum und Deutsche Reich wieder aufzurichten. Wir bedauern es von anzem Herzen, daß Sie durch die Verhältnisse genöthigt ind, Ihre kostbare Kraft und Zeit aufzuwenden, um An⸗

on Gegnern zurückzuschlagen, die gegen Ihre Verdienste

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nichts in die Waagschale werfen können, als Phrasen und die Fähigkeit, das Volk mit allen Mitteln der Dema⸗ gogie zu verführen und für ihre Absichten zu gewinnen; aber wir hoffen fest, daß das ganze Volk bald erkennen wird, daß es in Ihnen, wie den treuesten Diener unseres Kaisers, so seinen eigenen besten Freund zu verehren hat. Wir unsererseits bitten Sie, versichert zu sein, daß Sie fest auf uns in dem Kampfe gegen Bestrebungen rech⸗ nen können, welche an die Stelle alter bewährter Ueberlieferung und unzweifelhaften segensvollen Rechtes unfruchtbare oder verderbliche Theorien setzen wollen und verharren, Ew. Durchlaucht ergebenste ꝛc.

Der „Hannoversche Courier“ bringt einen „Der Sieg des Staatsbahnsystems in Preußen“ überschriebenen Artikel, in welchem es heißt:

Daß wir mit den finanziellen oder wirthschaftlichen Ergebnissen der bisherigen Verstaatlichungspolitik üble Erfahrungen gemacht hätten, wurde im großen Ganzen auch von den Gegnern nicht behauptet. Vielmehr wurde der Gesichtspunkt in den Vordergrund geschoben, daß die Probezeit noch zu kurz gewesen, um ein abschließendes Urtheil zu ermöglichen, und dann wurden einzelne mehr oder weniger geringfügige Vorwürfe gegen die Eisenbahnverwaltung erhoben, die ja in manchen Punkten gerechtfertigt waren und Be⸗ achtung verdienen und hoffentlich auch finden werden, bei der Beurtheilung der wirthschaftlichen Vorzüge der großen Reform aber gewiß nicht entscheidend ins Gewicht fallen können. Wenn die Gegner des Staatsbahnsystems mit finanziell⸗wirthschaft⸗ lichen Einwendungen wenig auszurichten vermochten, so boben sie die große politische Prinzipienfrage von der übermächtigen Stellung der Regierung, von der gewaltigen Verstärkung der Bureaukratie, von der Schmälerung des Budgetrechts der Volksvertretung u. s. w. hervor. Ein Redner verstieg sich sogar zu der Bemerkung, wir seien auf dem Wege vom Polizeistaat zum Rechtsstaat in die Irre gegangen und würden zum Eisenbahnstaat gelangen. Daß der Staat und auch die jeweilige Regierung durch den Besitz der Eisenbahnen eine Verstärkung ihrer Macht erhalten, wollen wir nicht in Abrede stellen. Allein den Staat zu stärken haben wir nie für eine Preisgebung liberaler Grundsätze gehalten, und eine große, als nothwendig erkannte wirthschaftliche Reform zu unterlassen, weil einem die gegenwärtige Regierung kein volles Ver⸗ trauen einflößt, kann doch auch nicht als der richtige Standpunkt be⸗ zeichnet werden. Was heute einer konservativen Regierung bewilligt wird, kommt vielleicht morgen einer liberalen zu gut, und umgekehrt; wenn wir heute einer Reform zustimmen würden, weil ein liberales Ministerium am Ruder ist, wer bürgte dafür, daß die Früchte nicht bald eine konservative Regierung pflücken würde? Eine Ge⸗ setzgebung darf nur nach sich selbst und ihrem inneren Werthe beurtheilt, nicht als ein Vertrauens⸗ oder Mißtrauensvotum gegen wechselnde Regierungen behandelt werden. Man vergesse doch nicht, daß in nicht allzuferner Zeit die großen Nachbarstaaten alle in den Besitz der Eisenbahnen gelangen werden, daß in den süddeutschen Staaten von jeher das Staatsbahnsystem herrschte, ohne daß der allmächtige bureaukratische Eisenbahnstaat alle konsti⸗ tutionellen Rechte verschlungen hätte oder zu verschlingen drohte. Die finanziellen und wirthschaftlichen Garantien, über die man mit Un⸗ recht geringschätzig abzuurtheilen pflegt, werden im Abgeordnetenhause noch verstärkt werden, und dann wird sich zeigen, daß die Besorg⸗ nisse der Gegner vor einer Alles beherrschenden Staatsomnipotenz maßlos übertrieben sind. Der Eisenbahn⸗Minister hat ganz recht, wenn er behauptete, nach fünfzig Jahren würde kein Mensch mehr begreifen, daß es je einen Zustand gegeben, wo dieses Verkehrsmittel sich nicht in den Händen des Staates befunden, und es würde eben so wenig Jemand einfallen, an dem Staatsbahnsystem zu rütteln, wie es heutzutage Jemand an dem Post⸗ oder Telegraphen⸗ regal thut. Was die Frage der politischen Rechte der Beamten und der Disziplinargewalt der Regierung betrifft, so kann sie doch bei dem gewaltigen Beamtenheer, das der Staat ohnehin schon besitzt, unmöglich bei einer verhältnißmäßig geringfügigen neuen Vermehrung der Beamtenzahl zum Austrag gebracht werden. Es ist dies eine der fundamentalsten Prinzipien und Machtfragen, die dadurch nicht ge⸗ löst wird, daß man den Uebertritt von ein paar tausend neuen Be⸗ amten in den Staatsdienst hintertreibt. 1

Dem „Deutschen Tageblatt“ wird aus Bielefeld geschrieben:

Daß unsere westfälische Montanindustrie, desgleichen auch das Kohlengeschäft sich eines sichtbar steigenden Aufschwunges erfreut, dürfte allgemein bekannt sein und kann selbst von Denjenigen nicht in Abrede gestellt werden, die so gerne oft aus prinziellem Wider⸗ spruchsgeiste geneigt sind, Alles, was unter den jetzigen Verhältnissen aufblüht und emporwächst, sofort herabzudrücken und zu verkleinern. Heute bin ich in der Lage, von dem Aufblühen eines anderen In⸗ dustriezweiges zu berichten, der Glasindustrie, die namentltch im Regie⸗ rungsbezirke Minden seit einiger Zeit einen ganz außerordentlichen Aufschwung genommen hat. So arbeitet die Glashütte in unserer Stadt mit angestrengter Kraft; diejenige in unserer unmittelbaren Nähe, in Brackwede, ist gezwungen, auf das Schleunigste eine Ver⸗ größerung und Neubau vorzunehmen, um den konkraktlich übernom⸗ menen Verpflichtungen Genüge leisten zu können. Noch lebhafter geht es in den in nächster Nähe von Minden gelegenen Werken in der Porta, Obernkirchen und Stadthagen (Schaumburg⸗Lippe) zu. Im letzteren Orte geht die neue Glashütte der Vollendung entgegen und auch das ausgedehnte Werk in der Porta, die „Glasfabrik Wittekind“ das namentlich Hohlgläser fabriziren soll, wird in kürzester Zeit fertig gestellt sein und dem Betriebe übergeben werden. Alle diese Werke beziehen den weißen Sand aus den im Fürstenthum Lippe⸗Detmold in der Nähe von Lemgo gelegenen Sandsteinbrüchen, dessen Transport früher per Achse, jetzt zumeist per Eisenbahn ge⸗ schieht. Unmöglich könnte die Glasindustrie einen so lebhaften Auf⸗ schwung nehmen, wenn nicht die industriellen Verhältnisse überhaupt eine Wendung zum Bessern genommen hätten, denn das Eine hängt doch mit dem Anderen zusammen. Da es aber immer noch syo viele Anders⸗ und Ungläubige giebt, so wird es gut sein, durch den Hinweis auf bestimmte im Aufblühen begriffene Industriezweige, durch eine demonstratio ad oculos, sie eines Besseren zu belehren.

Die „National⸗Ztg.“ widmet dem nun dem öffent⸗ lichen Verkehre übergebenen Bauwerke der Berliner Stadtbahn und deren Schöpfer Worte der Anerkennung und sagt zum Schlusse ihres Artikels:

„Ja, man darf keinen Anstand nehmen, die Berliner Stadtbahn zugleich mit der Gotthardbahn zu nennen: beide Werke sind in dem⸗ selben Jahre vollendet worden, beide haben Schwierigleiten vorge⸗ funden, die niemals in gleicher Weise sich gezeigt hatten, beiden ist es gelungen, dieselben glänzend zu überwinden. Die Gotthardbahn und Stadtbahn sind Werke, die mehr von großen Gesichtspunkten, von Berechnungen der Zukunft eingegeben sind als von dem augen⸗ blicklichen Nutzen, in beiden ist namentlich der politische Gedanke des neuen Deutschen Reiches zum entscheidenden Ausdruck gekommen. Zu der Vollendung der Stadtbahn speziell beglückwünschen wir die Pfleger des Gedankens derselben, die Leiter des Baues, die Stadt Berlin - ganzes Staatswesen, dem sie zur Zierde und Förderung gereicht.“

Statistische Nachrichten.

Das soeben ausgegebene Dezemberheft 1881 der Monats⸗ hefte zur Statistik des Deutschen Reichs bringt Nachweise über die Einfuhr und Ausfuhr der wichtigeren Waarenartikel im Jahre 1881 und über Durchschnitts⸗ preise wichtiger Waaren im Großhandel für das Jahr 1881; ferner über die Besteuerung, Ein⸗ und Ausfuhr von Taback im Ernte⸗ jahre 1880/81, und vorläufige Uebersichten über die Ergebnisse der Rübenzucker⸗Fabrikation im Campagnejahre 1881/82; außerdem für das Jahr 1880 die Nachweisungen über Ehe

chließungen Geburten und Sterbefälle im Reiche. S. eue

Das jüngste Heft der „Zeitschrift des Königlich bayerischen statistischen Bureau“, dessen Erscheinen wir kürzlich anzeigten, bringt u. A. einen Aufsatz über „die Hülfskassen auf Gegenseitigkeit zur Unterstützung bei Krankheit, Invalidität und Tod“ nach dem Stande vom Jahre 1877 in Bayern aus der Feder des Dr. Mar Sevydel, des verdienten Vorstandes des genannken Bureaus. Wir geben den hauptsächlichen Inhalt dieses Artikels hier wieder:

Die statistischen Angaben, welche hier mitgetheilt werden, sind durch eine im Jahre 1877 veranstaltete Erhebung geliefert worden. Sie beziehen sich auf den Stand an Hülfskassen auf Gegenseitigkeit zur Unterstützung bei Krankheit, Invalidität und Tod, wie er am 1. Januar 1877 in Bayern vorhanden war. Es handelt sich dabei Wum fünf Gruppen von Hülfskassen: Krankenunterstützungskassen Invaliditätskassen, Sterbekassen, Wittwen⸗ und Waisenkassen und gemischte Hülfskassen, d. i. solche, welche zwei oder mehrere der hier in Betracht kommenden Unterstützungs⸗ zwecke verfolgen. Bayern besaß am 1. Januar 1877 1822 derartige Hülfskassen mit 513 355 Mitgliedern und einem Vermögen von 49 957 964 Die gesammte Jahreseinnahme dieser Kassen betrug 10 562 032 ℳ, die gesammte Jahresausgabe 7 891 464 Die ge⸗ mischten Hülfskassen waren am zahlreichsten (704 mit 170 796 Mit⸗ gliedern) und unter diesen selbst wieder jene, welche zugleich Kranken⸗ und Sterbekassen sind (578 mit 122 917 Mitgliedern). Verhältniß⸗ mäßig gering an Zahl sind die Wittwen⸗ und Waisenkassen (67 mit 24 699 Mitgliedern) und die Invaliditätskassen (42 mit 22 454 Mit⸗ gliedern). Dagegen haben die ersteren weitaus den bedeutendsten Vermögensstand mit 28 869 149 Die Betheiligung der städtischen Bevölkerung an den Hülfskassen ist, wie begreiflich, durchweg eine größere, als jene der Landbevölkerung. Um zu zeigen, wie die verschiedenen Bevölkerungsklassen an den fraglichen Hülfskassen sich betheiligen, hebt der Verfasser folgende Kategorien von Berufsthätigkeiten heraus: Handwerk, Großindustrie und Fabriken, Eisenbahnen, Post, sonstiger niederer Staatsdienst. Es ergiebt sich, daß von den vorhandenen Krankenunterstützungskassen 525 mit 60 848 Mitgliedern treffen auf das Handwerk 170 mit 11 362 Mitgliedern, auf die Groß⸗ industrie und Fabrikbetriebe 105 mit 8152 Mitgliedern, auf die Eisenbahnen 10 mit 3574 Mitgliedern, auf den sonstigen niederen Staatsdienst 3 mit 405 Mitgliedern. Bei den Invaliditätskassen und Pensionsvereinen 42 mit 22 454 Mitgliedern treffen auf das Handwerk 2 mit 26 Mitgliedern, auf die Großindustrie und Fabrik⸗ betriebe 6 mit 562 Mitgliedern, auf die Eisenbahnen 3 mit 7417 Mitgliedern, auf den sonstigen niederen Staatsdienst 15 mit 10 289 Mitgliedern. Bei den Sterbekassen und Leichenkassen 404 mit 234 558 Mitgliedern treffen: auf das Handwerk 44 mit 22 800 Mitgliedern, auf die Großindustrie und Fabrikbetriebe 6 mit 720, auf die Eisenbahnen 19 mit 13 733, auf die Post 7 mit 1757, auf den sonstigen niederen Staatsdienst 21 mit 7653 Mitgliedern. Bei den Wittwen⸗ und Waisenkassen 87 mit 24 699 Mitgliedern treffen: auf das Handwerk 2 mit 345 Mitgliedern, auf die Großindustrie und Fabrikbetriebe 2 mit 36 Mitgliedern; auf den sonstigen niederen Staatsdienst 59 mit 14 572 Mitgliedern. Bei den „Gemischten Hülfskassen“ (d. h. solche Kassen, welche zwei oder mehrere der vorbenannten Unterstützungenzwecke verfolgen) 704 mit 170 796 Mitgliedern treffen: auf das Handwerk 169 mit 18 510 Mitgliedern, auf die Großindustrie und Fabrikbetriebe 192 mit 38 217 Mitgliedern, auf die Eisenbahnen 15 mit 16 538, auf die Post 2 mit 1889, auf den sonstigen niederen Staatsdienst 2 mit 861 Mitgliedern. Aus der Zahl der sonst an den Hülfskassen betheiligten Bevölkerungsgruppen sind noch besonders die Feuerwehren und die Veteranen⸗ und Kriegervereine hervorzuheben. Die Feuerwehren zählten im Jahre 1877: 16 Krankenunterstützungs⸗ kassen mit 2063 Mitgliedern, 4 Sterbekassen mit 601 Mitgliedern, 7 gemischte Hülfskassen mit 1276 Mitgliedern. Die Veteranen⸗ und Kriegervereine besaßen: 68 Krankenunterstützungskassen mit 5533 Mitgliedern, 1 Invaliditätskasse mit 22 Mitgliedern, 12 Sterbe⸗ kassen mit 922 Mitgliedern, 72 gemischte Hülfskassen mit 5265 Mit⸗ gliedern. Was die Leistungen der Mitglieder an die Hülfskassen betrifft, so ergiebt sich bezüglich der Höhe der Jahresbeiträge Folgendes: Bei den Krankenunterstützungskassen bewegen sich die Jahresbeiträge in der Gruppe des Handwerks zwischen einem Marximum von 15,60 und einem Minimum von 0,60. ℳ; der durchschnittliche Jahresbeitrag ist 5,23 In der Gruppe der Groß⸗ industrie und des Fabrikbetriebes sind die entsprechenden Ziffern 34,29, 1,04 und 6,06 ℳ, bei den Eisenbahnen 10,40, 2,40 und 8,27 ℳ, bei den sonstigen niederen Staatsbediensteten hat von den beiden vor⸗ 8 handenen Krankenunterstützungskassen die eine einen Jahresbeitrag von 8,40 ℳ, bei der andern findet jährliche Repartition statt. Für die Invaliditätskassen sind die betreffenden Ziffern: Handwerk 10,40, 2,60, 5,77 ℳ, Großindustrie und Fabrikbetrieb 10,40, 1,08, 5,66 ℳ, Eisenbahnen 12,60, 9,60, 9,85 ℳ, sonstige niedere Staats⸗ bedienstete 16,00, 1,72, 7,80 Bei den Sterbekassen werden die Mitgliederbeiträge auf zwei verschiedene Arten geleistet. Bei einem Theile der Kassen werden Jahresbeiträge erhoben, bei einem andern Theile derselben zahlen die Mitglieder ihre Beiträge für jeden ein⸗ zelnen Sterbefall. Bei der Großindustrie und dem Fabrikbetriebe erheben die Sterbekassen nur Jahresbeiträge; das Maximum der letz⸗ teren ist 5,20, das Minimum 2,40, der Durchschnitt 3,95 Bei 8 der Post kommt ausschließlich der zweite Erhebungsmodus zur An⸗ wendung, und zwar ist das Maximum der Beiträge für den Sterbe⸗ fall 2,00 ℳ, das Minimum 0,86 ℳ, der Durchschnitt 1,29 Bei den Gruppen des Handwerks, der Eisenbahnen und der niederen Staatsbediensteten finden sich beide Arten der Beitragserhebung. Bei, den Handwerkersterbekassen mit Jahresbeiträgen ist das Maximum der letzteren 6,76, das Minimum 0,00, der Durch⸗ schnitt 3,94 ℳ; bei jenen mit Beiträgen auf den Sterbefall sind die betreffenden Ziffern 0,90, 0,10 und 0,23 Bei der Gruppe der Eisenbahnen finden wir für die Jahresbeiträge die Ziffern 4,80, 2,40 und 2,59 ℳ, für die Sterbefallbeiträge 5,20, 0,12 und 1,15 ℳ; bei den niederen Staatsbediensteten endlich für die Jahres⸗ beiträge 51,00, 1,40, 6,99 ℳ, für die Sterbefallbeiträge 9,00, 0,20, 1,42 Die Jabresbeiträge bei den Wittwen⸗ und Waisenkassen entziffern sich im Maxrimum, Minimum und Durchschnitt beim Hand⸗ werk auf 9,60, 5,20, 6,22 bei der Großindustrie und dem Fabrik⸗ betriebe auf 5,20, 2,60, 4,17 ℳ, bei den niederen Staatsbediensteten auf 46,98, 1,00, 15,59 Für die gemischten Hülfskassen endlich ergeben sich bei der gleichen Betrachtung folgende Ziffern: Handwerk 52,00, 0,88, 7,90 Großindustrie und Fabrikbekrieb 41,60, 0,90, 8,72 Eisenbahnen 10,40, 2,40, 6,67 Post 14,40, 4,12, 11,31 Sonstige niedere Staatsbedienstete 7,00, 1,71, 2,20

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Der Historien⸗ und Genremaler Professor Eduard Stein⸗ brück, welcher sich in den dreißiger und vierziger Jahren durch liebliche Genrebilder aus dem Kinderleben und dem Elfenrelch (z. B. Erl⸗ königs Töchter) bekannt gemacht hat, ist am 3. d. M. in Landeck im achtzigsten Lebensjahre gestorben. Die Natinalgalerie besitzt von ihm mehrere reizende Gemälde. Der Verstorbene war Mitglied der Königlichen Akademie der Künste.

Gewerbe und Handel.

Das „Journal officiel“ der französischen Republik vom 7. d. M. veröffentlicht eine amtliche Bekanntmachung, wodurch die bestehenden Handelsverträge mit Oesterreich⸗Ungarn, Belgien, Spanien, Italien, Portugal und Schweden. Norwegen bis zum 15. Mai d. d., diejenigen mit Großbritannien, den Niederlanden und der Schweiz bis zum 1. März d. d. verlängert werden.

Die Direktion der Militärwerkstatt (Direzione dell Opificio di Arredi militari) in Turin, Nr. 80 del Corso Oporto, wird am 15. d. M., Nachmittags 2 Uhr, Lieferungen von 60000 Ge⸗ wehrriemen, einer gleichen Anzahl von Säbelkoppeln und ebenso vielen Patronentaschen im Gesammtwerthe von etwa 449 000 Lire im Submissionswege vergeben. Die näheren Bedingungen sind bei der genannten Adresse vorher einzusehen.

Die dem Abgeordnetenhause zugegangene Denkschrift über die Verwaltung der fiskalischen Bergwerke, Hütten und Salinen während des letzten Etatsjahres 1880/81 bringt interessante