3 I1“ 8 2 663 116 946 Achsküometer, durchschnittlich 2 587 589 709 bezw. 233 137 in 1879/80). Im Ganzen wurden auf den Staatsbahnen 75 523 107 Zugkilometer und 3 286 575 774 Achs⸗ kilometer durchfahren, gegen 71 986 005 bezw. 3 286 575 774 im Vorjahre. Die Kosten der Züge haben im Ganzen betragen: 14 714 070 ℳ im Jahre 1879/80 14 973 263 „ „ „ 1880/81 und erhöhten sich somit im letzten Jahre um 259 193 ℳ oder 1,8 %, während bei Zurückführung dieser Kosten auf 1000 gefahrene Lokomotivkilometer ein Rückgang vpon 155 ℳ im Jahre 1879/80 E1“ „ 1880/81
232 191 (gegen
stattfand, wogegen auf 1000 geförderte Wagenachskilometer der gleiche Kostenbetrag von 4,6 ℳ in beiden Jahren verblieb.
Als Feuerungsmaterial zur Heizung der Lokomotiven wurden fast ausschließlich Steinkohlen verwendet. Im Ganzen sind auf sämmtlichen Strecken der auf Rechnung des Staats verwalteten Eisenbahnen bei der Heizung der Lokomotiven im Jahre 1879/80 1 011 562 t Steinkohlen mit einem Kostenpreise von 10 581 019 ℳ, d. i. durchschnittlich für eine Tonne 10,46 ℳ, und im Jahre 1880/81 1 057 269 t Steinkohlen mit bezw. 10/672 504 ℳ und 10,09 ℳ Kosten verwendet worden, so daß also im letzten Betriebsjahre eine Ermäßi⸗ gung der Kohlenpreise um 3,5 % stattgefunden hat. Dieser Preis⸗ ermäßigung ist es hauptsächlich beizumessen, daß trotz der erheblichen Mehrleistungen der Lokomotiven im Jahre 1880/81 — 44 253 171 gefahrenen Lokomotivkilometern = 4,5 % und 105 598 937 geförder⸗ ten Achskilometern auf den eigenen Bahnstrecken d. i. 3,3 % — den⸗ noch die Gesammtkosten der Züge sich nur um 259 193 ℳ oder 1,8 % höher als im Vorjahre gestellt haben.
Die Kosten der Unterhaltung der Betriebsmittel — einschließlich der Ergänzungen — haben betragen 21 954 130 ℳ
im Jahre 1879/80, 23 329 059 ℳ im Jahre 1880/81 und erhöhten sich demnach im letzten Betriebsjahre um 1 374 929 ℳ oder 6,3 %. Auf diese Erhöhung der Kosten haben die erheblich größeren Leistungen
der Lokomotiven und Wagen, umfangxeichere Ergänzungen und außer⸗ gewöhnliche Reparaturen, sowie Konstruktionsverbesserungen einzelner Theile, wesentlichen Einfluß ausgeübt.
Im Werkstättenbetriebe waren am 1. Juli 1881 561 Lehr⸗ linge und im Direktionsbezirk Elberfeld 449 beschäftigt. Der Erfolg des Lehrlingswesens war durchaus zufriedenstellend. In den 181 Staatswerkstätten waren im Jahre 1880/81 täglich im Durchschnitt 1180 Beamte und 17 137 Arbeiter beschäftigt, wovon 13 257 Hand⸗
arbeiter (mit 0,30 ℳ Lohn pro Stunde bei 10,1 stündiger Arbeitszeit) und 3880 sonstige Arbeiter (mit 0,20 ℳ Verdienst pro Stunde bei
10,3 stündiger Arbeitszeit) beschäftigt. Die gesammten Einnahmen
und Ausgaben der Werkstätten stellten sich auf 36 656 236 ℳ
1 Die Kosten der Erneuerung des Oberbauecs betrugen 16 409 154 ℳ, 934 127 ℳ oder 6,0 % mehr als im Vorjahre; pro
Kubikmeter 778 ℳ gegen 789 ℳͤ in 1879/80. Die Kosten der
Erneuerung der Betriebsmittel haben sich von 3 991 389 ℳ auf
3 380 853 ℳ oder um 15,3 % ermäßigt. Die Kosten der Benutzung
fremder Bahnen erhöhten sich um 698 761 ℳ, oder 9,6 %, auf
7 995 601 ℳ
Die von der oldenburgischen Regierung verwaltete Wilhelms⸗ haven⸗Oldenburger Bahn brachte für Preußen im Jahre 1880/81 267 907 ℳ (3,79 %) gegen 270 609 ℳ (3,84 %) in 1879/80, die Main⸗Weserbahn 8,3 %, gegen 8,1 % im Vorjahre.
— Die Prüfung und Aufarbeitung des Materials der Volks⸗ zählung vom 1. Dezember 1880 ist für Baden größtentheils voll⸗ endet. Wir entnehmen einer Uebersicht der „Karlsr. Ztg.“ folgende Daten: Das Großherzogthum enthält 15 081 qkm und zählt 1 570 254 Einwohner. Auf 1 qkm kamen 104,1 Einwohner gegen
9,9 im Jahr 1875. Die Zahl der bewohnten Gebäude beträgt 12 767 und ist um 3067 gegen 1875 gestiegen. Die Gesammtzahl
Haushaltungen ist 322 559 (+ 13 489). Von den 1 570 254 Ein⸗ wohnern sind 765 310 männlichen, 804 914 weiblichen Geschlechts, gegen 1875 hat sich die Bevölkerung um 63 075 vermehrt. Nach der Religion setzt sich die Bevölkerung zusammen aus 992 938 Katho⸗ liken (63,23 %), 545 854 Protestanten (34,77 %), 27 278 Israeliten (1,74 %), 4058 sonstige Christen, 1 Muhamedaner, 1 Sietu, 2 Heiden; 50 Personen sind als religionslos bezeichnet, bei 30 ist eine Religion
icht angegeben. Die Evangelischen haben sich gegen 1875 etwas stärker vermehrt als die Katholiken und Israeliten. Nach der Staats⸗ angehörigkeit gab es 93,81 % Badener und 5,33 % Angehörige anderer deutschen Staaten, besonders zahlreich sind die Württemberger
vertreten (32 994), die Preußen (18 996), Hessen (10 049) u. s. w.
Unter den Reichsausländern kommen in erster Linie die Schweizer
(6670), dann die Oesterreicher (2625), Engländer (815), Amerikaner
(773), Italiener (764), Franzosen (617) u. s. w., zuletzt 2 Zulukaffern,
je ein Bolivianer, Chilene, Costarikaner, Chinese und Japanese. Die städtische Bevölkerung hat seit 1875 um 39 615 oder 8,76 %, die ländliche um 23 460 oder nur 2,21 % sich vermehrt. Vergleicht man
die kleinen und die großen Gemeinden nach der Grenze von 2000
Einwohner, dann hat die Bevölkerung der letzteren um 12,40 % zu⸗,
die der ersteren um 0,28 % abgenommen. In dieser keineswegs er⸗ freulichen Erscheinung ist gegen früher doch insoffra eine Milderung eingetreten, indem in der Periode 1871—75 fast der gesammte Be⸗ völkerungszuwachs den größeren Gemeinden zukam. Im Allgemeinen hat die nördliche Landeshälfte mehr zugenommen als die südliche, namentlich bildet die untere Rheinebene ein Gebiet starker Zu⸗ nahme, der südliche Schwarzwald und dessen Thäler nebst der vor⸗ liegenden Rheinebene ein Gebiet schwacher Zunahme oder gar der
Abnahme. Die gesammte Bevölkerungszunahme erklärt sich aus dem Ueberschuß der Geborenen über die Verstorbenen. Jener Ueberschuß
beträgt 89 340, während auf der anderen Seite die Zahl der Aus⸗ ewanderten auf etwa 22 000 zu schätzen ist. Der Unterschied dieser
Fahlen ist rund 67 000, die Bevölkerungszunahme 63 075.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Cannes, 9. Februar. (W. T. B.) Der Schriftsteller Berthold Auerbach ist gestern gestorben.
— Von den gesammelten Romanen, Novellen und Dramen von A. E. Brachvogel, mit Einleitung und Biographie von Marx Ring (10 Bände in ca. 60 Lieferungen zu je 50 ₰. Jena, Hermann Costenoble), gelangte soeben der V. Band zur Ausgabe, der den munteren Roman „Ein neuer Fallstaff“ enthält. Brachvogels Werke bekunden eine seltene Originalität, die ihn vortheilhaft unter der Mehrzahl der deutschen Schriftsteller kennzeichnet; seine Dramen haben sich auf allen Bühnen erhalten; in ihnen vereint er mit einer stets spannenden Handlung eine tiefe Kenntniß des mensch⸗ lichen Herzens und eine edle Gesinnung; es ist daher ein beson⸗ deres Verdienst der Verlagshandlung, seine besten Dramen, Romane und Novellen den weitesten Kreisen in einer billigen Ausgabe zugäng⸗
lich zu machen. — Die Wahl⸗ und denksprüce, Feldgeschreie, Losungen, Schlacht⸗ und Volksru „ besonders des Mittelalters und der Neuzeit, von Dielit, Geheimen Re⸗ gierungs⸗Rath und General⸗Sekretär der Königlichen Museen in Berlin. Görlitz, Verlag der Königlichen Hof⸗Buchhandlung von C. A. Starke. — Das vorstehend angezeigte Werk, von dem uns der erste Aushängebogen vorliegt, soll etwa 13 000 Sprüche umfassen.
ie Anordnung ist eine sehr übersichtliche. Die Sprüche sind in alphabetischer Folge verzeichnet: die erste Spalte enthält den Spruch selbst, und zwar auch für diejenigen Sprachen, welche ein besonderes Alphabet haben, in lateinischer Schrift, wogegen in solchem Falle der Spruch in den eigenen Schriftzeichen in einer korrespondirenden An⸗ merkung unter dem Texte wiederholt ist. Die zweite Spalte nennt die Sprache oder Mundart, in welcher der Spruch abgefaßt ist. Die dritte giebt, soweit nöthig, die deutsche Uebersetzung des Spruchs. Die vierte endlich enthält die Namen der Personen, Institute, Körper⸗ schaften u. s. w., welchen der Spruch angehört, und zwar sind die
Namen der Familien, welche den Spruch in ihrem Wappen führen, von denjenigen der Einzelpersonen, Institute ꝛc. durch den Druck unterschieden. Die Anmerkungen unter dem Nexte enthalten ferner dankenswerthe Mittheilungen zur Feststellung des Schriftstellers, dem ein Spruch entlehnt oder nachgebildet ist. Das Verzeichniß beginnt mit dem Spruche der Familie Salignac: Aü, a te principium; tibi desinet, L. Der erste Bogen bringt u. a. folgende Wahlsprüche deutscher Fürsten und anderer berühmten Männer: Albrecht Günther, Graf zu Schwarz⸗ burg († 1605): A. B. C. D. E. F. (⸗Allein bei Christus die ewige Freude*); Ferdinand I., römisch⸗deutscher Kaiser: „Accidit in puncto, quod non speratur in anno“; August, Kurfürst von Sachsen (gest. 1586): „Ach Gott, erhalte uns bei Deinem Wort“; Johannes Derff⸗ linger, Feldmarschall: „A Deo et virtute splendor“; Christian II., Kurfürst von Sachsen (gest. 1611): „A Deo pro imperio“*; Albrecht von Haller (gest. 1777): „Ad simplicitatem redire“; Rudolph II., römischer Kaiser: „Adsit“; Wilhelm IV., Pfalzgraf und Herzog von Bayern (gest. 1675): „Agnosce, dole, emenda“. — Im Ganzen treten auf diesem Probebogen die deutschen Familiennamen vor den ausländischen, namentlich englischen und französischen, an Zahl auf⸗ fällig zurück.
— Ausbildung und Besichtigung oder Rekruten⸗ trupp und Compagnie, von A. v. Boguslawski. Zweite nach den neuesten Veränderungen umgearbeitete Auflage, vermehrt durch einen Anhang über die Ausbildung der Ersatzreserven. gr. 8. 1,80 ℳ — Die erste, im Jahre 1873 erschiene Auflage dieser Schrift entwickelte die Ansichten des Verfassers über die Detailausbildung der In⸗ fanterie dahin, daß die Ausbildung sich noch mehr vereinfachen, daß die natürlichen Fähigkeiten des Mannes für die zerstreute Fechtart gleich von Anfang an mehr ausgenützt werden müßten, daß auf Charakter und Gesinnung des Soldaten in dem Unterricht mehr ein⸗ gewirkt werden müßte, und daß endlich die Besichtigungen sich diesen Zielen schärfer anzupassen hätten. Die neue Auflage hat die Friedensarbeit von fast 10 Jahre, sowie die in dieser Zeit ge⸗ schehenen Veränderungen in Betracht gezogen und ist in diesem Sinne, mit Festhaltung des Grundgedankens, umgearbeitet. Ein Anhang über die Ausbildung der Ersatzreserven, welcher die Eigenartigkeit dieser neuen Einrichtung bespricht und einige daraus gewonnene Re⸗ sultate vergleicht, hieraus Folgerungen zieht und Ansichten über den Gang der Ausbildung darlegt., ist dem Buche beigefügt. Eine Zeit⸗ eintheilung für die zehnwöchentliche Ausbildung ist ebenfalls in diesem Anhange enthalten.
— Rom in Wort und Bild. Eine Schilderung der ewigen Stadt und der Campagna von Dr. phil. Rud. Kleinpaul. Mit 368 Illustrationen. 11. und 12. Lieferung (Pr. 1 ℳ Leipzig, Schmidt & Günther). — In diesen beiden Lieferungen wird zunächst das Pantheon, jenes herrliche besterhaltene Denkmal aus der Blüthezeit der römischen Baukunst geschildert und in Abbildungen vom Inneren und Aeußern vor Augen geführt. Sodann folgt die Schilderung des ehrwürdigen Capitols; die guten Abbildungen zeigen, daß von dessen früherem Glanze leider nicht mehr viel zu sehen ist; viel besser erhalten ist die 2 Jahrtausende alte Reiterstatue des Mare Aurel. Ferner folgen wir dem Verfasser in das Capitolinische Museum, dessen wichtigste und schönste Statuen und Büsten ebenfalls ab⸗ gebildet sind, wie der Satyr des Praxiteles, der sterbende Fechter, die beiden Agrippinen, Messalina, Marius u. s. w. De 12. Heste ist ein schöner, großer Plan des modernen Rom beigegeben, der den Subskribenten zur Orientirung sehr erwünscht sein dürfte.
Neapel, im Januar. (Allg. Ztg.) Das neapolitanische Jour⸗ nal „Il Piecolo“ meldet, daß in einem noch nicht ganz ausgegrabe⸗ nen Gebäude Pompejis eine überaus zierliche, von Muscheln ein⸗ gerahmte Mosaik⸗Fontaine aufgefunden wurde. Wie die übrigen ist sie von Kapellenform, übertrifft aber alle durch ihren reichen ma⸗ lerischen Schmuck. Die Decke stellt das Meer dar, mit Aphrodite, wie sie der Muschel entsteigt. Die Göttin hält einen aus dem Wasser ragenden Amorino am Arme; andere Liebesgötter sind ringsum vertheilt. Unterhalb dieser Gruppe ein Amor, der einen Delphin umfaßt und vor dem eine Nereide hinschwebt. Am Ufer links zwei Frauen im Profil, die eine stehend mit der linken Hand ihr Kinn fassend, die andere sitzend und die rechte in Bewunderung empor⸗ haltend. Dieser Gruppe gegenüber ein anderes aufrechtstehendes Frauenbild. In der Mitte endlich sitzt ein dem Beschauer den Rücken zukehrendes Weib, den Blick auf das Meer richtend.
— Die am 11. Februar erscheinende Nr. 2015 der „ Illustrirten Zeitung“ (Leipzig, J. J. Weber) enthält folgende Abbildungen: Die heilige Elisabeth als Kind. Gemälde von Gabriel Mar. Nach einer Photographie aus dem Verlag von H. O. Miethke in Wien. — Berliner Bilder: Speisenvertheilung an Arme in einer Kasernenküche. Nach einer Zeichnung von E. Hosang. — Porträts aus dem deutschen Reichstage: 10) Frhr. von Schorlemer⸗Alst. — Volkstypen aus dem dalmatinisch⸗herzegowinischen Aufstandsgebiete. Nach Originalskizzen. — Aus der Wereschagin⸗Ausstellung in Berlin: Sieger (aus dem russisch⸗türkischen Krieg). Nach einer Photographie von A. Braun u. Co. in Dornach. — Hermann von Schlagintweit⸗Sakünlünski, † am 19. Januar. — Theodor Schwann, † am 11. Januar. — Eine Ehrengabe für Karl von Piloty in München. — Scene aus Richard Wagners „Tristan und Isolde“. Nach der Aufführung im Leipziger Stadt⸗Theater gezeichnet von Fr. Waibler. — Bilder aus Centralasien: 7 Abbildungen, nach Skizzen und Photographieen ge⸗ zeichnet von Th. von Eckenbrecher: 1) Russisches Lager in Kiselkum auf dem Wege nach Chiwa. 2) Thor in Chiwa. 3) Bocharische Soldaten auf dem Exerzierplatz. 4) Ein Hauptmetsched (Bethaus) in Bochara. 5) Ein chinesischer Bazar “ in Kuldscha. 6) Ein Metsched (Bethaus) in Taschkend. 7) Thor in Bochara. — Kuriositäten aus den Gebieten der Heraldik, Numismatik und Sphra⸗ gistik. Siegel von Schiffergilden: 1) Das Siegel der „Islandfahrer“
zu Hamburg. Gewerbe und Handel.
Wie gestern bereits mitgetheilt, sind laut Dekret des Präsidenten der französischen Republik vom 6. Februar 1882 die zwischen Frank⸗ reich einerseits und Oesterreich⸗Ungarn, Belgien, Spanien, Italien, Portugal und Schweden⸗Norwegen andererseits bestehenden Handels⸗ verträge bis zum 15. Mai d. J., die Handelsverträge Frankreichs mit Großbritannien, den Niederlanden und der Schweiz bis zum 1. März d. J. verlängert worden.
Die hiernach verlängerten französischen Konventionaltarife finden auch auf Deutschland, welches nach Art. 11 des Friedensvertrags vom 10. Mai 1871 die Rechte der meistbegünstigten Nation in Frankreich genießt, Anwendung.
— Die Preußische Bodenkredit⸗Aktienbank hat ihren Abschluß fertig gestellt; derselbe soll vom 14. c. ab von den Revisoren geprüft werden. Am 11. März soll die Generalversammlung stani finden. Wie mitgetheilt wird, beträgt der Gesammtgewinn nach Abzug von ca. 252 000 ℳ Geschäftsunkosten, Steuern ꝛc. über 2 750 000 ℳ inkl. des Gewinnvortrags aus 1881 (74 430 ℳ). Die Direktion beabsichtigt, dem Kuratorium vorzuschlagen, auf das Bankgebäude ca. 63 000 ℳ abzusetzen und hiermit die Abschreibungen auf dies Grundstück, welches alsdann noch mit 1 200 000 ℳ zu Buche stehen würde, aufhören zu lassen; ferner wird die Direktion vorschlagen, das ganze Disagio auf die in 1881 begebenen 5 ½ Millionen Pfandbriefe zu beseitigen. Werden die Propositionen der Direktion vom Kura⸗ torium angenommen, so kommt eine Dividende von 6 ½8 % = 40 ℳ pro Aktie zur Vertheilung und würden ca. 128 000 ℳ Gewinn pro 1882 vorgetragen werden können.
— Die gestrige ordentliche Generalversammlung der Effekten⸗ Makler⸗Bank genehmigte den vorgelegten Geschäftsbericht nebst Rechnungsabschluß pro 1881 und ertheilte Decharge. Die auf 17,2 % „nc7“ ℳ per Dividendenschein festgesetzte Dividende ist sofort zahlbar.
— Das 25. Geschäftsjahr der Commerzbank in Lübeck hat nach dem Geschäftsberichte einen recht erfreulichen Verlauf genommen. Das Gewinn⸗ und Verlustkonto weist einschließlich eines Gewinn⸗ Vortrages von 1880 im Betrage von 2051 ℳ einen Reingewinn von 173 751 ℳ nach, welcher nach den statutmäßigen Abzügen eine Divi⸗ dende von 6 % zu vertheilen gestattet. Außerdem konnten 3256 ℳ auf neue Rechnung vorgetragen werden. Zu dieser befriedigenden
“ “
lebt, die Auswahl der Wollen eine gute.
Gestaltung des Rechnungsabschlusses haben die im Allgemeinen günstigen Geldverhältnisse des verflossenen Jahres vornehmlich bei⸗ etragen. Der Diskonto der Reichsbank, im Durchschnitt nach Tagen berechnet, betrug im verflossenen Jahre 4,42 % gegen 4,24 % im Jahre 1880. Demgemäß weist die Netto⸗Zinseinnahme der Bank für das verflossene Jahr eine entsprechende Erhöhung auf Die Zunahme der verzinslichen Depositen erforderte im vorigen Jahre einen erhöhten Zinsbetrag zu Lasten des Gewinn⸗ und Verlustkontos. Derselbe stellt sich einschließlich der Ende Dezember rückständigen Zinsen auf 26 098 ℳ gegen 14 368 ℳ im Jahre 1880. Auch die Zinsen auf Girokonto erhöhten sich, entsprechend der Zunahme dessel⸗ ben, von 92 642 ℳ im Jahre 1880 auf 96 212 ℳ im Jahre 1881. Verluste hat die Bank für das abgelaufene Jahr nicht zu beklagen. Auf abgeschriebene Forderungen aus früheren Jahren gingen dagegen ein 4179 ℳ, welche im Kredit des Gewinn⸗ und Verlustkonto figu⸗ riren. Der Notenumlauf betrug im täglichen Durchschnitt 858 300 ℳ gegen 953 500 ℳ im Jahre 1880. Eine Banknotensteuer war auch im verflossenen Jahre nicht zu entrichten. Der Gesammtumsatz betrug im vorigen Jahre 388,73 Millionen Mark gegen 377,65 Millionen Mark im Jahre 1880. Antwerpen, 8. Februar. (W. T. B.)
1 (Wollauktion.) 1692 Ballen angeboten, 1570 Ballen verkauft.
Die Auktion war be
Verkehrs⸗Anstalten.
8 8 New⸗York, 8. Februar. (W. T. B.) Der Dampfer des 11“.“ Lloyd „General Werder“ ist hier ein⸗ getroffen.
Berlin, 9. Februar 1882.
London, 9. Februgr. (W. T. B.) von altem Hanf brach gestern auf der Staatswerft in Devon⸗ port Feuer aus. angerichtete Schaden wird auf 20 000 Pfd. Sterl. geschätzt.
Die XXXII. ufführung der Hochschule für Musik, Abtheilung für ausübende Tonkunst, findet unter Leitung des Hrn. Direktor Joachim am Mittwoch, den 15. Februar, Abends 7 ½ Uhr, im Saale der Sing⸗Akademie statt. Auf dem Programm steht: „Das Paradies und die Peri von Robert Schumann.“
Literarische Neuigkeiten und periodische Schriften.
Deutsche Bauzeitung, Verkündigungsblatt des Verban⸗ des deutscher Architekten⸗ und Ingenieurvereine, Redacteure K. E. O. Fritsch und F. W. Büsing, XVI. Jahrgang. Nr. 11. — Inhalt: Die Berliner Stadt⸗Eisenbahn. — Mittheilungen aus Vereinen: Verein für Eisenbahnkunde. — Architekten⸗ und Ingenierverein zu Hamburg. — Vermischtes: Zwischendecken aus Neuwieder Tuff⸗ steinen. — Ueber die Arbeiten zur Erhaltung der Hahnenthorburg. — Konkurrenzen: Die Konkurrenz für Entwürfe zum Hause des deutschen Reichstages. — Monatskonkurrenzen des Architektenvereins zu Berlin. — Personalnachrichten. — Brief⸗ und Fragekosten.
Baugewerks⸗Zeitung. Organ des Verbandes deutscher Baugewerksmeister. Zeitschrift für praktisches Bauwesen. Redaktion und Verlag von Bernhard Felisch, Baumeister in Berlin. Nr. 10. — Inhalt: Ueber die Verwerflichkeit der Submissionen bei baulichen Bedingungen. — Französische Fensterläden, sog. Persiennes. — Notizen vom Gotthard. — Vereinsangelegenheiten. — Lokales und Ver⸗ mischtes. — Technische Notizen. — Juristisches. — Konkurrenzen. — Amtliches. — Personalnachrichten. — Brief⸗ und Fragekasten. — Berliner Baumarkt. — Submissionen. — Annonzen.
Nr. 11. — Inhalt: Gewerbliche Bedenken gegen die geplanten drei Sozialeinrichtungen. — Ein Wort zu Gunsten der Steinbrücken. — Patentirter verbesserter Regulirfüllofen. — Eine Gruftkapelle. — Buauverhältnisse, Bauaussichten, Löhne, Miethsverhältnisse in verschiedenen deutschen Städten. — Vereinsangelegenheiten. — Lokales und Vermischtes. — Schulnachrichten. — Amtliches — Brief⸗ und Fragekasten. — Berliner Baumarkt. — Submissionen. — Annonzen.
Glasers Annalen für Gewerbe und Bauwesen vom 1. Fe⸗ bruar 1882. Nr. 111. — Inhalt: Protokoll des Vereins deutscher Maschinen⸗Ingenieure: Versammlung vom 13. Januar 1882: 1) Ge⸗ schichte des Vereins seit dem Entstehen desselben von J. Veitmevyer, Civil⸗Ingenieur in Berlin. 2) Nachruf, gewidmet dem Hrn. Over⸗ beck, Eisenbahn⸗Maschineninspektor aus Hannover. 3) Ueber das Patentwesen, Brief von Hrn. Ober⸗Bürgermeister André in Chem⸗ nitz. 4) Ueber die praktische Ausbildung der Maschinentechniker vom Regierungs⸗Maschinenmeister von Borries aus Hannover. 5) Ueber Omnibuszüge im Bezirk der Königlichen Eisenbahndirektion Hannover vom Regierungs⸗Maschinenmeister von Borries; mit 6 Abbildunge 6) Ueber die universelle Entlastung größerer Brückenwaagen vo H. Bockhacker, Maschinenfabrikant in Berlin, mit 9 Abbildunge 7) Ueber die Reparatur an Lokomotiven von H. Stahl, Direktor des Vulkan in Bredow bei Stettin. — Protokoll des Vereins fü Eisenbahnkunde: Sitzung vom 10. Januar 1882: 1) Ueber die B dingungen der deutschen Eisenbahnverwaltungen für Lieferung von Schienen, Radreifen und Achsen aus Flußeisen vom Standpunkte der Fabrikation. Vortrag des Geheimen Bergrath Dr. H. Wedding in Berlin, mit 2 Abbildungen. 2) Ueber ausgeführte Tiefbrunnen Vortrag des Hrn. Baurath Wiedenfeld in Berlin. 3) Ueber die dem Regierungs⸗Maschinenmeister Kuntze in Breslau patentirten Brems klotzgehänge. Vortrag des Hrn. Eisenbahn⸗Maschineninspektor Stoesger in Berlin. — Berlin. Englischer Wochenbericht von H. Simon, Manchester. Verschiedenes. Personalnachrichten. Inserate.
Deutsche Landwirthschaftliche Presse. Nr. 10. — In⸗
halt: — Zur Kultur der Sandböden. Von Professor Dr. E. Wollny in München. — Zur Korbweidenkultur. Von Bürgermeister Krahe.
— Die Sandwicke (Vicia villosa, Roth). — Feldeisenbahnen mit Kipp⸗Lowrys. — Füͤtterung des Rindviehs. Von Benno Martiny. — Mästung von Hammeln und Schafen. Von Muhr in Hellers⸗
dorf. — Düngerwerth der Lshasche. Von Professor Dr. Petermann
in Gembloux, Königreich Belgien. — Erdnußschrot als Viehfutter.
Von Peofefsor Dr. Dammann, Dr. Stutzer und Graf Schulenburg.
eltpost. Blätter für deutsche Auswanderung, Kolonisation und Weltverkehr. Herausgeber: Richard Lesser, Leipzig. 1882. II. Jahrg. Februar, 2. Heft. — Inhalt: Friedrich Münch, der Nestor der deutschen Pioniere in Amerika. Von Carl E. Wolffradt — Die deutsche Mission auf der Koldküste. I. Von Dr. R. Grundemann. — Deutsche Geometer in Egypten. Von Mar Müller. — Lagos in West⸗Afrika. II. Von Rud. Rabenhorst. — Geschichte der deutschen überseeischen Kolonisation und Auswanderung. IV. Die Auswanderung nach den Vereinigten Staaten von Amerika im 19, Jahrhundert. Von A. Altenberg. — Deutsches Leben an der Pacifikküste. — Litterarisches. „Nach Ecuador von Jos. Kolberg.“ — Redakt. Corre⸗ spondenz. 1) Aus Chile. 2) Aus Mexiko. 3) Aus Argentinien. 4) Eine Schule für Deutsche in London. 5) Entgegnung des Nordd. Llopd in Bremen. 6) Auswanderung nach Syrien. — Echo aus allen Welt⸗ theilen. — Briefkasten. — Illustrationen: — Ein Hat (Bilder aus Eenador) 8 8
Redacteur: Riedel.
Berlin:
Sechs Beilagen (einschließlich Börsen⸗B
Durch Selbstentzündung
Deutscher Marktbericht von O. Philipp, Iogenieur in Ingenieur in Patentbeilage.
Verlag der Erxpedition (Kesse0). Druck: W. Elsner
Februar
Berlin, Donnerstag, den 9.
Anzeiger. 1882.
—
Aichtamtlichee.
8
Preußen. Berlin, 9. Februar. Im weiteren Ver⸗ laufe der gestrigen (10.) Sitzung setzte das Haus der Abgeordneten die erste Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffen Abänderungenderkirchenpolitischen Gesetze, fort. Der Abg. Dr. Gneist erklärte, die Mehrheit seiner politischen Freunde sei bei der Beschließung des Gesetzes vom 14. Juli 1880 bereit gewesen, zur Beförderung des kirch⸗ lichen Friedens das Ihrige beizutragen. Seine Partei sei damit einverstanden gewesen, die Maigesetze dahin zu amen⸗ diren, daß der Staat keinen Anspruch erhebe, Bischöfe ihres geistlichen Amtes zu entsetzen, sondern nur im äußersten Fall die Ausübung des Amtes zu interdiciren. Seine Partei sei bereit gewesen, einzelne Härten der Ausführung mildern zu helfen. Um die Wiederherstellung bischöflicher Verwaltungen zu ermöglichen, habe seine Partei sich einverstanden erklärt, auf Zeit der Dispensation von einer Bestimmung über die Bisthumsverweser zuzustimmen. Er und seine politischen Freunde hätten sich hier und in der Kommission wiederholt bereit erklärt, von gewissen Erfordernissen zur Besetzung des Pfarramts abzusehen, so lange es an der noth⸗ wendigen Zahl studirter Theologen fehle, um die erledigten Pfarrämter zu besetzen. Seine Partei sei von dem Gesichts⸗ punkte ausgegangen, daß es ebenso im Interesse des Staats, wie der Kirche liege, einem erwiesenen Nothstand der Seelsorge ab⸗ zuhelfen. Freilich seien das alles nur kleine Abschlagszah⸗ lungen, welche den Forderungen der römischen Kirche nicht genügten. Allein wenn sich Staatsregierung und Parteien nun schon länger als seit zwei Jahren bemühten, achtung für die römische Kirche und ihre Friedensliebe auszu⸗ sprechen, und wetteisernd neue Maßregeln ausfindig zu machen, um den Kirchenstreit zu besänftigen: so wäre es nun endlich wohl an dem Centrum, zu sagen, was es seinerseits für den Frieden thun wolle, an welchem irgendwie greifbaren Punkt es die Staatsgesetze als berechtigt anerkenne, 1 Gründen das halbe Hundert und mehr Artikel dieser Gesetze, die in Bayern, Württemberg, in der oberrheinischen Kirchen⸗ provinz befolgt würden, von der Kirche dem Staate Preußen nicht zugestanden werden könnten. Statt dessen scheine mit jedem Entgegenkommen der Staatsregierung wie der Parteien an jener Stelle die Zuversicht des Sieges zu wachsen, die nur noch eine Unterwerfung des Staates sans phrase kenne. Jene Partei habe seit Jahrzehnten in diesem Hause keine Lage gehabt, in welcher sie sich so unbedingt als Herrin der Situation gefühlt habe, wo ein Parteiführer sich in dem Maße als Censor des Hauses sammt oder sonders gerirt habe, wobei aber steits die Versicherung fortdauere, diese kampfmuthige Streitkolonne sei die Seite des verfolgten Lammes, die anderen Seiten, welche die Protektion und das Bündniß des Centrums so eisrig suchten oder doch in Ver⸗ sprechungen der Friedfertigkeit und des guten Willens sich überböten, das seien die wilden Kulturkämpfer, die die Ver⸗ nichtung der Kirche und des Christenthums zu ihrem Lebens⸗ zweck gemacht hätten. Die natürliche Folge dieser Streitweise werde sein, daß in den Friedensbestrebungen eine ruhigere Ueber⸗ legung und ein ruhigeres Tempo eintreten werde. Habe sich das mit der Zustimmung des Hauses erlassene Gesetz vom 14. uli 1880 zufriedenstellend bewährt, so ziehe er daraus die Folgerung, daß es das Richtige sein werde, bei dem bewährten Gesetz stehen zu bleiben, nicht aber die Folgerung, daß die Grundsätze jenes Gesetzes geändert werden sollten. Dies ge⸗ chehe aber, indem die Regierungsvorlage im Art. 1 drei zeit⸗ liche Bestimmungen des Juligesetzes dauernd zu machen beabsichtige, und umgekehrt, indem die Regierungsvorlage Art. 3 und 5 Bestimmungen der Maigesetze für temporär und dispensabel erkläre, die das Haus in wiederholten Be⸗ schlüssen als dauernde Normen anerkannt habe. Er meine, wenn eine Dispensation von sekundären Bestimmungen auf Zeit sich als nützlich erwiesen habe, daraus noch nicht folge, daß die Gesetzesnorm selbst als unrecht oder üͤberflüssig zu beseitigen sei. Und er meine umgekehrt, daß die wesentlichen Vorschristen der Kirchengesetze überhaupt nicht diskretionär gehandhabt werden sollten, welche zu den dauernden Existenz⸗ bedingungen des preußischen Staats gehörten. Es sei ein verhängnißvoller Irrthum, der an dieser Stelle täglich von Neuem sich ausspreche, als ob die Kirchengesetze von den Liberalen oder von den gemäßigten Mittelparteien gemacht worden seien. Solche Behauptungen mögen in Belgien und Frankreich irgend einen Sinn haben. In Deutschland wäre ein solcher Hergang geradezu gegen die nationale Natur der Deutschen. Die radikalen Elemente der Gesellschaft seien nie⸗ mals für Kirchengesetze, sondern für das laisser aller in kirch⸗ lichen Dingen. Die indolenten und kirchenfeindlichen Elemente seien ebenso selbstverständlich für das laisser aller in Dingen, die sie für überwundene Standpunkte hielten. Aber auch die gemäßigten Elemente liberaler und konservativer Rich⸗ tung hätten in Deutschland noch niemals eine Neigung gezeigt, sich ohne Noth Beschränkungen aufzuerlegen, am wenigsten in Religionssachen, in denen jede Sekte nach deutscher Weise die schrankenloseste Autonomie beanspruche. Wenn eine beschrän⸗ kende staatskirchliche Gesetzgebung entstehe, so gehe sie in Deutschland stets von einem Bedürfniß der Regierungen aus. So auch in Preußen und hier zuerst von dem Minister von Mühler, der in der letzten Zeit seiner Amtsführung so⸗ wohl ihm (dem Redner), wie oft wiederholt seinem Kollegen Richter offen ausgesprochen habe, daß derselbe als treuer Diener seines Königs nicht mehr weiter könne, daß es nicht moͤglich sei, in Frieden zu bleiben mit einer Kultus⸗ und Unterrichtsverwaltung, .2 unter den Diktaten des katho⸗ lischen Kirchenregiments zu einer Filiale der katholischen Partei werde. In derselben Lage habe sich das Departement des Innern wie der Zustiz besunden, und es sei nur der Wille des Minister⸗Präsidenten ewesen, der aus höheren Rücksichten eine Rassumption der Rechte des Staats verschoben habe, um zuvor die deutsche Frage zu ordnen. Seit jener Zeit aber seien unter Führung des leitenden Staatsmannes ealle Organi⸗ sationsgesetze aus der Initiative der Staatsre ierung her⸗ vorgegangen, aus einem Bedürfniß des kirchlichen Friedens und der Gleichberechtigung der protestantischen Kirche. Wenn die
ihre Heoch⸗
aus welchen
geschichtli “
gemäßigt liberalen und konservativen Parteirichtungen die
Königliche Staatsregierung darin unterstützt hätten, so sei es weder aus Streitlust, noch aus Haß gegen die Kirche ge⸗ schehen, für die auf der linken Seite volles Verhändniß und volle Würdigung vorhanden sei, sondern es sei geschehen in dem Bewußtsein und Anerkenntniß, daß der Staat diese Rechte be⸗ anspruchen könne, jederzeit beansprucht habe und in den übrigen Staaten Deutschlands solche noch heute übe. Und trotz aller Anerkenntniß der Staatsraison sei keine Gesetz⸗ gebung schwerer und unter heftigeren Kämpfen zu Stande ge⸗ bracht als diese. Denn nirgends sei es wohl schwerer, Kirchen⸗ gesetze zu Stande zu bringen, als in dem Staat Preußen, wo zwei alte Kirchen mit dem Vollgefühl ihrer historischen Alleinberech⸗ tigung und Ausschließlichkeit einander gegenüberständen, wo die Mehrheit der Geistlichkeit und die Mehrheit der Bevöl⸗ kerung nicht einzusehen vermöge, daß die Kirche, für welche sie stritten, keine einfache, sondern eine zwiespältige Kirche sei, und daß zwei souveräne kirchliche Selbständigkeiten im Staate nebeneinander ebenso wenig einen Platz hätten, wie zwei Personen in einem Raum stehen könnten. Werde es dadurch nothwendig, daß eine dritte Macht für das äußere Leben der Kirche Grenzlinien ziehe, durch welche der Frieden und die Gleichberechtigung der Religionsparteien und die Einheit der Nation erhalten werde, so entstehe in Deutschland stets ein Widerstreit der extremsten, einander direkt wider⸗ sprechenden Anforderungen an den Staat, die jedes Kirchen⸗ gesetz in Preußen zu einer Schwergeburt mache. Man habe dies die letzten zehhn Jahre zur Genüge empfunden und werde es noch zur Genüge erfahren. So schwergeborene Gesetze über das Verhältniß der Kirchen unter sich und zum Staat müßten aber eben deshalb nach seiner Ueberzeugung als Gesetze respektirt, d. h. dauernd gehandhabt werden, unabhängig von dem jähr⸗ lichen Wechsel der Parteistellungen, mabhängig vom Minister⸗ wechsel, unabhängig von äußerlichen Interessen. Eine Ver⸗ quickung dieser staatskirchlichen Fragen mit Streitfragen wirthschaftlicher Natur und Steuerfragen sei etwas so Wider⸗ natürliches, daß daraus für keinen Theil etwas Gutes hervor⸗ gehen könne. Gegen die diskretionäre Handhabung solcher Gesetze könne er sich auf die Erfahrungen der konstitutionellen Mittelstaaten Deutschlands berufen, in denen der kirchliche Friede immer noch leidlich erhalten sei, indem die Kirchen⸗ gesetze wesentlich gleichmäßig unter wechselnden Ministern ge⸗ handhabt würden. Er koöͤnne umgekehrt an die Erfah⸗ rungen Preußens erinnern, wo der Konflikt zwischen Kirche und Staat immer tiefergehender geworden sei, seitdem die Anwendung oder Nichtanwendung der bestehenden Ge⸗ setze lediglich in die Hand der Minister gelegt sei. Eben nach den letzten ernsten Erfahrungen wolle seine Partei den Weg nicht noch einmal betreten, der im letzten Menschenalter den Kirchenstreit in Preußen geschaffen habe. Er meine, der Staat selbst erwecke den Zweifel an seinem Recht, wenn der⸗ selbe ein Gesetz heute anwende, morgen nicht anwende, an einer Stelle ausführe, an der anderen Stelle darauf verzichte. Die Folge sei dann nur, daß mit dem Wechsel der Minister und der Maßregeln der ganze Prinzipienstreit von Neuem erwache. Die Anwendung der Gesetze erscheine dann als Willkür und Härte, die Nichtanwendung als ein Zurück⸗ weichen und moralische Niederlage. Das sei es, was namentlich den Artikel 2 der Gesetzvorlage für seine Partei unannehmbar mache. Sei der Staat durch den offenen hundertfältigen Widerstand gegen das Staatsgesetz zu dem schweren äußersten Entschluß gekommen, einem Bischof die Ausübung seines Amtes zu interdiziren, so handele es sich nicht um Vergehen und Fehltritte, die im Wege der Königlichen Gnade zu erlassen wären, sondern um die höchsten Prinzipien⸗ fragen zwischen Staat und Kirche, die das Recht und das Gewissen von Millionen berührten, bei denen ein Zurück⸗ weichen zur moralischen Niederlage, zur Verleugnung von Grundsätzen werde. Sei der Staat dabei in seinem Recht gewesen, so müsse er es behaupten, weil derselbe sonst in den Augen der katholischen Welt widerrufe und ein Un⸗ recht bekenne. Wolle man sich des Hergangs mit dem Erz⸗ bischof von Dunin erinnern, der trotz zehnfacher Verklausuli⸗ rung zu einer moralischen Niederlage für den Staat gewor⸗ den sei, deren Folgen, könne er wohl sagen, man noch heute fühle und zu tragen habe. Indem seine politischen Freunde und er auch heute den früher vertretenen Grundsätzen treu blieben, stimmten sie für die Berathung in einer Kommission von 21 Mitgliedern, die jedenfalls nothwendig sein werde, um die Tragweite j solcher Aenderung der Kirchengesetze
jeder genügend zu würdigen. . 1 Der Abg. Strosser sbemerkte, die Abgg. Gneist und Virchow hätten nur das Thema von einer Alliance mit dem Cen⸗ trum variirt, die vor Kurzem noch als staatsgefährlich hingestellt sei. Aber auch in diesen ver öhnlichen Reden hier und da trete der Geist hervor, der die Kämpfe der letzten zehn Jahre getragen, und das Centrum werde gut daran thun, vorsichtig zu sein. Der Abg. Gneist sage zwar, der Kulturkampf sei nicht aus der Intention der Liberalen hervorgegangen, die⸗ selben hätten dem Kulturkampf mehr Bedenken entgegen⸗ gebracht als die Konservativen. Leider habe der Abg. Gneist dabei seine eigenen großen Reden vergessen; sowie, daß die Konservativen gegen die Maigesetze gestimmt und durch Amen⸗ dements ihre Härten zu beseitigen gesucht hätten. Sich jetzt mit der Schuld der Regierung zu entschuldigen, sei doch wirk⸗ lich zu bequem und vollends widerspreche die Behauptung des Abg. Gneist der historischen Wahrheit, daß der Kirchenstreit chon unter Friedrich Wilhelm IV. akut gewesen sei. enn rgend ein König, so habe derselbe Herz und Sinn für die Kirche gezeigt. Zeuge dessen sei Se. Majestät der Kaiser, — seit dem Erlaß vom 4. Januar sei es ja nicht mehr verboten, die Person des Königs in die Debatte zu ziehen und er hoffe daher, daß dieses Verbot auch aus der Geschäftsordnung ent⸗ fernt werde. Se. Majestät habe am 18. Oktober 1861 bei seiner Krönung zu den Bischöfen gesagt: „Er freue sich, die Verhältnisse der ee Kirche für den ganzen Staat durch Geschichte, Gesetz und Verfassung wohl geordnet zu wissen“, und im April 1866 zu den Erzbischöfen von Cöln und Posen, daß die katholische Kirche im ganzen Lande durch che Entwicklung, Recht und Verfassung wohl geordnet —8 8 .“
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sei unter dem Schutz gerechter Gesetze. Die Revision der Maigesetzgebung, für die der Abg. Virchow jetzt eintrete, habe seine Partei immer befürwortet, sowie die Beseitigung der Härten jener Gesetze. Darum erfü–lle es ihn mit großem Bedenken, daß abermals nur diskretionäre Vollmachten gefordert würden statt der organischen Reform der ganzen Kulturkampfsgesetze. Der Minister sage freilich, daß es für eine Revision an korrekten Vorschlägen von Seiten des Centrums gefehlt habe. Er glaube, daß es das Centrum keineswegs an Vorschlägen habe fehlen lassen, die Wünsche der evangelischen Kirche seien leicht for⸗ mulirt. Sie wünsche mit der katholischen die Beseitigung des Kanzelparagraphen, des Kulturexamens und die Aufsicht über die Volksschulen. Für sich allein verlange sie eine bessere Besoldung ihrer Geistlichen, wie sie der katholischen Geist⸗ lichkeit schon seit 1821 gewährt sei. Was 1873 durch den Minister Falk bewilligt worden, solle dankbar anerkannt werden, allein das sei doch nichts als eine kümmerliche Ab⸗ schlagszahlung auf die 1810 feierlich zugesagten Zulagen. Er offe, die Königliche Staatsregierung werde mit aller Kraft auf die Revision und gänzliche Beseitigung der Maigesetze hinwirken und alles entfernen, was dem Frieden nicht förder⸗ lich sei. In diesem Sinne fasse er auch den Schlußpassus der gestrigen Rede des Kultus⸗Ministers auf und glaube, daß man einer Regierung, welche dies dokumentire, auch das Zu⸗ trauen schenken dürfe, daß sie mit den ihr ertheilten Voll⸗ machten nicht zu weit gehen, zumal vom Hause nicht Einführung neuer Maßnahmen, sondern nur die Wiederher⸗ stellung der früheren Zustände verlangt werde, wie das gestern der Abg. von Holtz hier entwickelt habe. Seine Partei wolle Freiheit für die katholische Kirche, sie fordere aber für die Protestanten wenigstens gleiches Recht. Bisher sei die katho⸗ lische Kirche durch Zuwendungen von Seiten des Staates be⸗ deutend besser gestellt, als die protestantische. Die Gehälter der Konsistorial⸗Räthe seien klein gegenüber den Gehältern katholischer Geistlichen gleichen Ranges. Auch die Dotation für den Ober⸗Kirchenrath möchte er erhöht sehen. Wenn die Polen in der Provinz Posen und Westpreußen Bestrebungen gezeigt hätten, die gegen den preußischen Staat gerichtet seien, so koͤnne man das nach seiner Meinung nur ausgleichen an der Hand der Verwaltungsgesetzgebung. Die Kulturkampf⸗ frage dürse man mit diesen Bestrebungen nicht ver⸗ quicken. Die Beschwerden, die gegen die Polen vorgebracht seien, seien sehr harmloser Natur. Aber selbst, wenn sie begründet gewesen seien, müsse darum die übrige katholische Bevölkerung und die evangelische Kirche mit Ruthen gestrichen werden? Der Minister habe zum Schlusse seiner Rede seinem Friedensbedürfniß noch einmal Ausdruck verliehen. Er wolle wünschen, daß der Minister die große Aufgabe, die ihm geworden: den kirchlichen Frieden zu bringen, rasch erledigen möge.
Der Abg. RNichter erklärte, der Vorredner habe über
Vieles gesprochen, was mit diesem Gesetz nicht im Zusammen⸗
hang stehe. Nur in Bezug auf die Geldforderungen für die evangelische Kirche bemerke er, was selbständig sein wolle, müsse sich auch selbständig erhalten. Eine erhöhte Zuwen⸗ dung für die evangelische Kirche aus Staatsmitteln würde nur bedeuten: Steuern auch aus den Taschen der Katholiken, Altkatholiken und Juden zum Besten der Evangelischen. Das entspräche nicht der Gerechtigkeit. Nur der Gang der Debatte habe ihn noch veranlaßt, das Wort zu ergreifen. Der Abg. Strosser halte die Praxis der Geschäftsordnung durch den Erlaß vom 4. Januar durchbrochen, den Monarchen nicht in die Debatte zu ziehen. Der Erlaß sei für die Ge⸗ schäftsordnung nicht bestimmend, beziehe sich auch darauf nicht. Die Autorität des Monarchen werde durch das Hineinziehen in die Debatte nicht gefördert. Es beweise nur, daß man seine sachlichen Gründe für so mangelhaft halte, daß man einer solchen äußeren Autorität dafür zu bedürfen glaube. Auch könne man sich hier für jede Ansicht auf die Autorität cines Königs und der Dynastie, für verschiedene Ansichten auf Aussprüche desselben Monarchen berufen. Wie komme der Abg. Strosser dazu, sich gegen den gegenwärtigen auf den hochseligen Monarchen zu berufen, warum berufe derselbe sich auf den letzteren nur aus der Zeit der sechziger Jahre? Freilich sprächen neuere Thronreden, Erlasse, Antworten des Königs auf Adressen von Katholiken das Gegentheil dessen aus, was der Abg. Strosser für richtig halte. Halte man sich deshalb lieber, statt sich auf den König für und gegen zu be⸗ rufen, an den Wortlaut der Verfassung: der König sei un⸗ verantwortlich, die Minister seien verantwortlich. Der Abg. Strosser sollte, statt so nebensächlich, in erster Reihe den Kanzler verantwortlich machen dafür, wie der kirchenpolitische Kampf geführt sei. Gerade die besondere Kampfmethode des Kanzlers habe diesem Kampf seine eigenartige Richtung ge⸗ geben. Nur von dieser besonderen Methode wolle seine Partei sich lossagen. Den Kulturkampf, wie er denselben auffasse, habe seine Partei nicht gemacht und könne ihn auch nicht beendigen. Derselbe beruhe auf dem Gegensatz einer organisirten kirchlichen Hierarchie zu freiheitlichen Bestrebungen. Dieser Kampf werde nicht aufhören. Aber jene Methode, welche ihn erbittert gemacht habe, und keine Früchte habe bringen lassen, jene Methode dort, wo geistige Ueberzeugungen in Frage kämen, mit äußeren Mitteln zu wirken, wolle seine Partei verlassen. Bereits 1873 habe der Abg. Virchow eine Erklärung veröffentlicht, worin derselbe die positiven Ziele der Fortschrittspartei dargelegt habe, aber zugleich erklärt habe, daß „die einseitige Verfolgung des von der Regierung betretenen Weges nur zu einer Verschärfung und nutzlosen Verbitterung führen müsse“. Inzwischen habe die Erklarung des Kanzlers vom 30. November im Reichstage gegen die Civilehe, — Erklärung, daß demselben die Centrumspartei näher stehe als die Fortschrittspartei, seiner (des Reduers) Partei die letzten Zweifel benommen, daß jene Unterstützung des Kanzlers nur in der äußeren Zurück⸗ drängung der hierarchischen Gewalt nicht die Nation zu den positiven Zielen seiner Partei führe. Was der Abg. Strosser gegen die Liberalen ausgeführt habe, könne derselbe mit vollem Rechte gegen den größten Theil
seiner eigenen Partei, vor Allem aber gegen den Reichskanzler