1882 / 52 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 01 Mar 1882 18:00:01 GMT) scan diff

lande statt. Die Statuten wurden en bloe angenommen. Der Ver⸗ ein wird in 3 Sektionen thätig sein: 1) wissenschaftliche Geographie, 2) Auswanderung, 3) kaufmännischer Export. Gleichzeitig erfolgte 8 die Organisation des Bureaus. 2. 8 28 Wien, 28. Februar. (W. T. B.) Der Verwaltungsrath der 8 Kreditanstalt beschloß in seiner heutigen Sitzung, der General⸗ 95 versammlung vorzuschlagen, für das Jahr 1881 eine Dividende von um ul 17 ½ Fl. per Aktie zu vertheilen, den Reservefonds mit 20 % des Reingewinns, also mit circa 634 000 Fl. zu dotiren, 100 000 Fl. vom 8EEI11““ Werth des Anstaltsgebäudes abzuschreiben und den Rest des Gewinnes, 52 1“ 8 circa 10000 Fl., vorzutragen. Der aus der Konvertirung der 6 pro⸗ 1u“ 8 zentigen ungarischen Goldrente erzielte Gesammtgewinn ist in das zur Vertheilung gelangende Jahreserträgniß nicht einbezogen, sondern auf 6 das laufende Jahr übertragen. 1— 1b 1 London, 28. Februar. (W. T. B.) Die heute eröffnete

tasche. Der Jagdhund. Die Frage der Hundesteuer in Preußen (Fortsetzung). Einige Worte über das Apportiren. Jagdtasche. Zwingernachrichten. Hundemarkt. Briefkasten. Anzeigen.

Deutsche Landwirthschaftliche Presse. Nr. 16. In⸗ halt: Die Getreidepreise während des Jahres 1881. Deutscher Landwirthschaftsrath. Generalversammlung der Steuer⸗ und Wirth⸗ schaftsreformer. Kongreß deutscher Landwirthe. Funkenfänger. Wagenlaterne mit Federstütze. Wiesenverbesserung. Vom Oek.⸗ Rath Abel. Eismaschine. Von Prof. Dr. Wüst. Kraftfutter für Milchkühe. Von Benno Martiny. Spreu von brandigem Weizen als Viehfutter. Von Dr. Eisbein u. a. m.

Göttingen, 28. Februar. (Hann. Cour.) Der französische Unterrichts⸗Minister hat Hrn. H. M. Bréal, Membre de l'Institut, Inspccteur de l'Instruction publique in Paris, sowie die Biblio⸗ thekare Carrière und Chantepié beauftragt, Schritte zu thun, um die französischen Universitäten in den Druckschriften⸗Tausch⸗ verein eintreten zu lassen, welcher schon längere Zeit zwischen den deutschen und einer Reihe von ausländischen Universitäten besteht. Da es für die deutschen Universitäten an einem Centralorgan fehlt, mit welchem von Frankreich aus hätte unterhandelt werden können, so ist jeder einzelnen deutschen Universität die Frage unterbreitet, ob sie geneigt sei, auf folgende Vorschläge einzugehen: der Tausch findet jährlich! einmal statt. Die Zusendung erfolgt von Frankreich aus franco Leipzig, von hier aus franco Paris. In Tausch werden geboten die Thèses de docteur und eine Anzahl anderer akademischer Schriften, zusammen

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Anzeiger.

1882.

terungen einlassen zu dürfen, sondern indem er von der Vorauss ehung aus⸗ ging, daß ein möglicherweise zweifelhaftes Rechtsverhältniß hier vor⸗ liege, daß unter allen Umständen die Autorität der Obrigkeit zu

EFrste Beilage Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußis

Berlin, Mittwoch, den 1. März

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Gensd'armerie⸗Corps einen großen Vorzug erblickt, und ich würde es auch bedauern, wenn bei uns die Anschauung Platz griffe, daß die Rekrutirung des Gensd'’armerie⸗Corps nicht ausschließlich aus

Nichtamtliches.

legen 900 Stück gefordert, je 18 von allen unseren in Tausch erausgegebenen Schriftstücken. Unsere Georgia Augusta hat sich ereit erklärt, auf diese Vorschläge einzugehen, und es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß die anderen deutschen Universitäten das auch thun werden. Der Vortheil, der mit diesem Tauschsystem verbunden ist, ist folgender: bisher waren jene französischen Druck⸗ schriften, unter denen sich nicht selten Arbeiten von großer wissen⸗ schaftlicher Bedeutung befinden, nur durch den Buchhandel und auch auf diesem Wege oft nur schwer oder gar nicht zu beziehen. Mit Hülfe des Tauschvereins dagegen werden sie regelmäßig unseren zugeführt und so der Gelehrtenwelt zugänglich gemacht. 8 1

Land⸗ und Forstwirthschaft.

In der gestrigen Sitzung des Klubs der Landwirthe sprach Oekonomie⸗Rath Hausburg über die Preisnotirungen auf dem Ber⸗ liner Centralviehhof. Er berührte dabei nicht nur eine Frage, die die Landwirthschaft seit einem Jahrzehnt lebhaft bewegt, sondern gab dabei auch einige Mittheilungen über die bei der Fleischversorgung der Reichshauptstadt in Betracht kommenden Verhältnisse, die auch weiteren Kreisen interessant erscheinen dürften. Der Verkauf auf dem städtischen Centralviehhof vollzieht sich bekanntlich nach Schlachtgewicht, d. h. der Schlächter taxirt, wieviel das zu kaufende Thier nach Entfernung der „Kräme“, Kopf, Haut, Beine und Eingeweide, wiegen wird, und bezahlt das Thier nach dem seiner Schätzung nach alsdann verbleibenden Gewicht. Die hiesigen Schlächter haben gleich den Viehkommissionären in dieser Schätzung eine große Uebung, die Landwirthe aber, denen diese Uebung fehlt, wünschen lebhaft, wenigstens eine Notirung der Preise nach Lebendgewicht eingeführt zu sehen, um darnach sich bei Handels⸗ abschlüssen richten zu können. Sie gehen dabei freilich von der Vor⸗ aussetzung aus, daß die Preisnotirungen der sogenannten amtlichen Marktberichte ein wirkliches Bild des Marktgeschäfts geben. Diese Voraussetzung dürfte jedoch nicht ganz zutreffen. Nach den eignen Ausführungen des Redners, der als Direktor dem Centralviehhof vorsteht, erfolgen die Notirungen auf der Basis einiger weniger Verkäufe, die die Beamten des Viehhofes zufällig hören; es dürfte somit, wie Kommissions⸗Rath Kiepert in der Debatte näher ausführte, allerdings schwer sein, sich auf diese Notirungen hin, auch wenn sie nach Lebendgewicht erfolgen, ein Bild des wirklichen Ge⸗ schäfts zu machen. Der Referent hält nun aber auch aus technischen und praktischen Gründen die Notirung nach Lebendgewicht min⸗ destens für verfrüht. Es könne vor Allem Berlin allein in der Sache nicht vorgehen, es sei aber auch schwer für die Notirung nach Lebend⸗ gewicht die Thiere zu gruppiren. Die einzige Möglichkeit sei vielleicht die, daß man neben der jetzigen Notirung ähnlich wie bei den Schwei⸗ nen, die Tara mit angebe und so dem Landwirth die Möglichkeit verschaffe, den Preis für Lebendgewicht sich auszurechnen. Im Allge⸗ meinen glaubte Hr. Hausburg das jetzige Verfahren nicht als ungün⸗ stig für den Landwirth ansehen zu können. Der Umstand, daß und diese Thatsache ist jedenfalls für Viele neu nur etwa 15—20 Vieh⸗ kommissionäre wohlhabende Leute seien, die übrigen 300 aber nichts erworben oder gar ihr und anderer Leute Geld zugesetzt haben, spreche dafür, daß die Landwirthe bei jetzigen Geschäftsverfahren nicht zu

kurz kämen. h“ Gewerbe und Handel.

Durch das in Nr. 58 des französischen „Journal officiel“ vom 28. Februar veröffentlichte französische Gesetz vom 27. Februar d. J., betreffend die Zollbehandlung britischer Waaren bei ihrer Einfuhr nach Frankreich, ist bestimmt, daß die britische Einfuhr gleiche Behandlung erfahren soll wie die Waaren der meist⸗ begünstigten Nation. Ausgenommen hiervon sind die Kolonial⸗ produkte, welche unter den französischen Generaltarif fallen.

Die Sächsisch⸗Thüringische Aktiengesellschaft für Braunkohlenverwerthung zu Halle erzielte im Jahre 1881 einen Reingewinn von 338 366 ℳ, welcher in folgender Weise ver⸗ wendet wird: zum Reservefond 66 894 ℳ, Tantième für den Ver⸗ waltungsrath 16 049 ℳ, Dividende auf das Aktienkapital von 3 810 000 8 % = 304 800 ℳ, Uebertrag auf 1882 622 Zu Abschreibungen sind von dem Bruttogewinn von 678 765 verwendet

worden 281 854 ℳ, nämlich 86 805 auf Grubenconto, 56 909 auf Grubenbauconto, 3000 auf Grundstücksconto, 70 655 auf Gebäude⸗ und Bauconto, 59 824 auf Utensilien⸗ und Maschinen⸗ conto, 5161 auf Wegebauconto. Der Reservefond erhöht sich durch die neue Zuschreibung auf 251 691 Außerdem besteht noch ein Extrareservefond von 10 378 G

Das 2. (Februar⸗) Heft XVI. Jahrgangs 1882 von „Kunst und Gewerbe“, Zeitschrift zur Förderung deutscher Kunstindustrie, berausgegeben vom Bayerischen Gewerbe⸗Museum zu Nürn⸗ berg, redigirt von Dr. Otto von Schorn (Druck und Verlag von G. P. J. Bieling G Dietz] in Nürnberg), hat folgenden Inhalt: Ueber Technik und Entwickelung der Spitzen. Von C. von Braunmühl, Lehrerin an der Kgl. Kunstgewerbeschule in München. A. Keims Mineralmalerei. Von C. A. Regnet. Museen, Vereine, Schulen, Ausstellungen ꝛc.: Berlin: Das Kunstgewerbe⸗Museum. Cassel: Die Landgräfliche Porzellanmanufaktur. Rom: National⸗Monument. Für die Werkstatt: Ueber Drahtzieherei. Anwendung der Elektrizität zur Reinigung der Porzellanmasse. Imitation des Jacaranda⸗ oder Palisanderholzes. Geschnitzte Arbeiten in Gips zu formen. Neuerungen in der Herstellung von Dichtungsmitteln für Dampfleitungen. Ebenholzbeize. Die Faßbinderei in Japan. Aus dem Buchhandel: Illustrirte Geschichte der Buchdruckerkunst. Von Karl Faulmann. A. Hartlebens Verlag. Wien, Pest, Leipzig. Seemanns kunsthistorische Bilderbogen. Zweites Supplement. 2. u. 3. Lfrg. Dr. Fr. G. H. Lucanus. Vollständige An⸗ leitung zur Erhaltung ꝛc. der Gemälde. 4. Aufl. Halber⸗

1881. Helmsche Buchhandlung. Kleine Nachrichten. Zeitschriften. Erklärung der Beilagen. Illustrationen: ee. Spitze (point coupé) (17. Jahrhrdt.). Venetianische

Spitze (17. Jahrhrdt.). Point d'Argentan (18. Jahrhrdt.). Point d'Alengon (18. Jahrhrdt.). Point de gaze. Geschnitzter italienischer Blasbalg (16. Jahrhrdt.). Majolika⸗Platte (Castel Durante). Kunstbeilagen: Lampenteller, entworfen und gezeichnet von Prof. C. Mell. Beilage 4. Pokal, entworfen und auto⸗ graphirt von F. Miltenberger. Beilage 5. Schmiedeeisernes Gitter von der goldenen Pforte zu Freiberg; aufgenommen von A. Gottschaldt. Beilage 6.— Die Zeitschrift „Kunst und Gewerbe“ erscheint in Monatsheften von vier Bogen mit vielen Illustrationen und Kunstbeilagen. Das Beiblatt „Mittheilungen des Bavyerischen Gewerbe⸗Museums“ am 1. und 15. jeden Monats. Der Abonnements⸗ preis beträgt für den ganzen Jahrgang 15 Bestellungen nehmen alle Buchhandlungen und Postämter an. Die Mitglieder des Bavperischen Gewerbe⸗Museums erhalten Kunst und Gewerbe bei direkter Bestellung . 7 ½ P. Hahrlich.

„Stuttgart, 27. Februar. (Schwäb. Merk.) eeute fand hier die Gründung des Württembergischen aS für

Wollauktion mar stark besucht, das Geschäft war animirt, Schluß⸗ preise der letzten Auktion völlig behauptet.

Glasgow, 28. Februar. (W. T. B.) Die Verschif von Roheisen während der letzten Woche betrugen 107 11 266 Tons in derselben Woche des vorigen Jahres.

New⸗York, 27. Februar. (W. T. B.) Weizenverschif⸗ fungen der letzten Woche von den atlantischen Häfen der Ver⸗ einigten Staaten nach England 87 000, do. nach dem Konti⸗ nent 30 000, do. von Kalifornien und Oregon nach England 130 000, do. do. nach dem Kontinent 17 000 Ortrs.

fungen 39 gegen

Handelsgeographie und Förderung deutscher Interessen im Aus⸗

Berlin, 1. März 1882.

Goslar, 25. Februar. (Hann. Cour.) Decken⸗ und Wand⸗ malerei im Saale des Kaiserhauses. Vor etwa 14 Tagen war der Geh. Ober⸗Baurath Adler aus Berlin in Sachen der Deckenmalerei im Kaisersaale mit anderen Herren zur Konferenz hier anwesend. Seit jener Zeit wird an der Deckenmalerei rüstig geschafft; es arbeiten gegenwärtig daran drei Maler aus Berlin und zwei von hier. In vier Wochen gedenkt man mit dem Schmuck der Decke fertig zu sein; auch die Pfeiler, welche sich in einer Reihe der Länge nach durch den Saal ziehen, werden alsdann in der besten Farbenpracht glänzen. Einige dieser Pfeiler sind jetzt probeweise fertiggestellt, worüber in 14 Tagen eine Konferenz gehalten werden wird. (Ursprüng⸗ lich hatte der Kaisersaal Steinsäulen, an deren Stelle wohl schon seit Jahrhunderten diese Holzpfeiler, natürlich mächtige Blöcke, stehen.) Die Deckenmalerei, erschwert durch die vielen und engen Balkenlagen, ist bis auf den Mittelbogen vollendet und prangt in den schönsten Farbentönen. In den Mittelbogen kommen die Insignien des Deut⸗ schen Reiches, und zwar in Gold. Was die Wandmalereien von Prof. Wislicenus betrifft, so ist das großartige Mittelbild an der westlichen Wandfläche des Saales, die Wiederaufrichtung des Deut⸗ schen Reiches durch Kaiser Wilhelm, völlig fertig, doch gegen⸗ wärtig wegen der Deckenmalerei verhängt. Dornröschens Darstellung über den Arkaden der Fenster ist noch nicht ganz beendet. Es heißt, daß im nächsten Sommer die ornamentalen Einrahmungen der zu schaffenden Geschichtsbilder gemalt werden sollen. Zur Einweihung des Bilderschmuckes und der gänzlichen Restauration des Kaiserhauses dürfte hier ein großartiges Fest gefeiert werden, jedoch dürfte die Wandmalerei noch sechs Jahre in Anspruch nehmen. 8

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In der morgen, Donnerstag, Abends 8 Uhr, im Schloß⸗ Restaurant, Schloßfreiheit 8/9 stattfindenden Sitzung des Stolze⸗ schen Stenographen⸗Vereins wird die amerikanische Schreibmaschine demonstrirt. Gäste haben Zutritt.

Das Sunda⸗Rinder⸗Gehege des Zoologischen Gartens hat dieser Tage durch Züchtung einen neuen Zuwachs erhalten. Dem weiblichen Nilpferde, das bekanntlich an einem Bruch leidet, hat man vorgestern wieder ein neues Bruchband angelegt und dabei mit Be⸗ friedigung konstatiren können, daß das Uebel mehr und mehr schwindet. Der große Elephant, der nunmehr seit 13 Jahren dem Garten angehört genießt jetzt fleißig Unterricht, um die durch den Tod Boy'’s ent⸗ standene Lücke auszufüllen. 3

Literarische Neuigkeiten und periodische Schriften.

Preußisches Verwaltungs⸗Blatt. Wochenschrift für Verwaltung und Verwaltungsrechtspflege in Preußen. Heraus⸗ geber: Dr. jur. Binseel. Verlag und Expedition: Otto Drewitz in Berlin N., Monbijou⸗Platz 10. Jahrgang III. Nr. 22. Inhalt: Vermittelung der Seehandlung bei An⸗ und Ver⸗ käufen von Effekten. Tilgungsfrist der von Kreiskorporationen und Gemeinden ausgegebenen Anleihescheine. Uebernahme von Nebenämtern Seitens der Magistratsmitglieder. Beamteneigen⸗ schaft der Regierungsbaumeister und Maschinenmeister. Erstat⸗ tung der Krankenpflegekosten für entlassene Gerichtsgefangene an Kommunal⸗Krankenanstalten aus den Justizfonds. Ausweisung legi⸗ timationsloser Ausländer aus dem Staatsgebiet. Revi⸗ sionen der in gerichtlichen Gemüthszustands⸗ und Leichenunter⸗ suchungen aufgenommenen Protokolle und Gutachten. Revision der pneumatischen Bierdruckapparate. Momentane Hülfs⸗ bedürftigkeit in Folge Arbeitsmangels. Zu §. 30 Abs. 2 Reichs⸗ Unterstützungswohnsitzgesetzes. Verwaltungskosten des Krankenhauses betreffs Kurkostenerstattung. Unzulässigkeit des Rechtsweges über die Verbindlichkeit zur Zahlung von Gemeindesteuern. Unzulässig⸗ keit des Rechtsweges auf Untersagung des polizeilich angeordneten Eingießens von Flüssigkeiten in eine Privat⸗Wasserrinne. Zulässig⸗ keit des Rechtsweges über die Höhe der Entschädigung für die Ein⸗ quartierungslast. Vergütungspflicht der Bundeskasse aus dem Reichs⸗Viehseuchengesetz. Bestellung von Realservituten für terri⸗ toriale oder personale Kreise. Steinbrechvertrag als Pacht⸗ vertrag. Pfand⸗ oder Retentionsrecht des Vermiethers. Polkeigeseze in Sinne bder 5. 26 I. 6 fü. 2. 8. Fortbestand oder Erlöschen des im Rezeß übergegangenen Wege⸗ rechts. Bau über die Grenzlinie des Nachbargrundstückes hinaus. Rechnungslegung der städtischen Behörden bezüglich der Straßen⸗ pflasterungskosten für die Anlieger. Fälligkeitstermin für die Bei⸗ tragspflicht zu Straßenpflasterungskosten. Aneignung von im Bette schiffbarer Flüsse liegenden Steinen. Natur der Last der Guts⸗ herrschaften aus §. 36 II. 12. A. L. R. Unzucht im Sinne des §. 180 Str. G. B. Beleidigung kollektiver Einheiten. Wahr⸗ nehmung berechtigter Interessen der Gesammtheit. Beleidigung durch die Presse. Urkundenunterzeichnung mit Zustimmung des Namensträgers. Ueberschreitung des Züchtigungsrechts des Lehrers. Befugniß zur Tödtung ungeknüppelter Hunde. Polizeiliche An⸗ ordnung zur Abwehr einer strafbaren Handlung oder der Folgen PFelehen. Beseitigung von Sachen zuwider einem polizeilichen Verbote.

Neue deutsche Jagd⸗Zeitung. Offizielles 8 deutschen Jagdklub in Berün. II. Repier Hagen Peban Jes halt: Der deutsche Jagdklub. Offizielles des deutschen Jagdklubs. Die Cervusarten und die ihnen verwandten⸗ Jagd⸗ thiere (Fortsetzung). Elephantenjagden (Fortsetzung). Wald und Jagd im sächsischen Voigtlande (Fortsetzung). Von altem Schrot und Korn. Naturwissenschaftliches. Der Staar (Sturnus valgaris) mit Abbildung. Die Aufforstungsfrage. Lohnender Nebenverdienst für Förster, Waldwärter und kleine Landwirthe ꝛc.

Wetterbericht vom 1. März 1882. 8 Uhr Morgens.

Barometer auf

0 Gr. u. d. Meeres- 7. 8 8

spiegel reduz. in Wind. Wetter. in ° Celsius- Millimeter. 5 C. =4 R.

Statidnen.

Temperatur

Mullaghmore 0NO bedeckt 7 Aberdeen .. Schnee¹) 2 Christiansund 080 wolkenlos 6 Kopenhagen. 758 W bedeckt 3 Stockholm . . 756 1“ wolkenlos 14 Haparanda. 749 NO

74 Schnee 13 Petersburg. 750 WSW bedeckt 5 Moskau...

bedeckt Cork, Queens-

1909 1b BI6b Helder . . .. Hamburg .. Swinemünde. Neufahrwass Memel.... Paris Münster . .. Karlsruhe .. Wiesbaden . München .. Leipzig.. Berlin.. Wien.. Breslau. NIvaa TriIe

wolkig ²) bedeckt;*) Regen Regen⁴) bedeckt bedeckts) bedeckt) halb bed. bedeckt) bedeckts) Regen) Regen Regen Regen¹⁰) heiter Nebel bedeckt bedeckt

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¹) Scegang sehr hoch. ²) Seegang mässig. hoch. 4) Nachts Graupelschauer. ⁵) Abends wenig Schnee. 6) Abends und Morgens feiner Schnee, Regen. ⁷) Regnerisch, zeitweise stürmisch. ⁸) Gestern Regen. ²) Nachts Regen. 10) Nachts Regen.

Anmerkung: Die Stationen sind in 4 Gruppen geordnet 1. 1) Nordeuropa, 2) Küstenzone von Irland bis Ostpreussen, 3) Mittel- europa südlich dieser Zone, 4) Südeuropa. Innerhalb jeder Gruppe ist die Richtung von West nach Ost eingehalten.

Skala für die Windstäůrke: 1 = leiser Zug, 2 = leicht, 8 = g 8 frisch, 6 = stark, 7 = steif, = stürmisch, 9 = Sturm = starker Sturm, 11 = hefti Sturm, 12 = Orkan. 4“

Uebersicht der Witterung.

Eine tiefe Depression, deren Herannahen vom Ozean bereits- gestern über Westbritannien angedeutet war, liegt uber der irischen See, umschlossen von zungenförmigen von Nordwest nach Südost gestreckten Isobaren bei trübem Wetter und. ausgedehnten Regen- oder Schneefällen wehen über Ostbritannien stürmische. Nordcentraleuropa vielfach starke südöstliche Winde, während über Frankreich und Süddeutschland starke, stellenweise stür- mische südwestliche Luftbewegung herrscht. Auf ersterem Ge- biete ist daher meist Abkühlung eingetreten, während auf letzterem das warme Wetter fortdauert. Im mittleren und nörd- lichen Ostseegebiete herrscht unter dem Einflusse der Depression welche gestern bei Riga lag und jetzt dem Weissen Meere zu- eilt, sehr strenge Kälte.

Deutsche Seewarte.

Berlin, 28. Februar 1882. Marktpreise nach Ermitt. des K. Pol.-Pras

Höchstes Fiedrigate Preise. per 100 Kilogr. 2 Für Weizen gute Sorte. 8 98½ 7 88 „J1111I11“ Weisen geringe Sorto. . . . ... 7170 * 380 17 * 70 16 Roggen geringe Sorte. 3 15 C4*“ 9 80 19 14*“ʒ 50 ]16 Gerste geringe Sorte... 3 20]ʃ13 Hafer gute Sorte 3 Hafer mittel Sorte. Hafer geringe Sorte Richt-Stroh E“ Erbsen Speisebohnen, weisse ZB55 Kartoffeln . Rindfleisch von der Keule 1 Kilogr. Bauchfleisch 1 Kilogr.. Schweinefleisch 1 Kilogr. Kalbfleisch 1 Kilogr. 8 Hammelfleisch 1 Kilogr.. Butter 1 Kilogr.. Eier 60 Stück Karpfen per Kilogr.. Aale Zander Hechte Barsche Schleie Bleie 8 . Krebse per Schock.

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Aus den Memoiren des Hasen Löffelmann (Fortsetzung). Jagd⸗

Redacteur: Riedel.

Vierlag der Expedition (Kessel). Druck: W.

Fünf Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage

3) Seegang

eeinem nicht unbedenklichen Maße in unseren Zuständen verschlechtert

Corps

Preußen. Berlin, 1. März. Im weiteren Ver⸗ laufe der gestrigen (22.) Sitzung setzte das Haus der Abgeordneten die zweite Berathung des Entwurfs des Staatshaushalts⸗Etats für das Etatsjahr 1882/83 mit der Diskussion des Etats des Ministeriums des Innern (dauernde Ausgaben, Kap. 92, 11 in den Provinzen, Tit. 6 Polizeiverwaltung in Posen fort. Bei Tit. 6 (Polizeiverwaltung in Posen) beklagte sich der Abg. von Wierzbinski aufs Bitterste über die scharfe Ueberwachung resp. Maßregelung nichtpolitischer polnischer Vereine, als landwirthschaftlicher, Unterstützungs⸗ und sonstiger Vereine, hinter denen man unablässig großpoluische Agitation wittere, die diesen Vereinen stets fern gelegen habe.

Der Abg. Hahn führte dagegen aus, daß die genannten Vereine es sich zur Aufgabe gestellt hätten, nationale Agitationen unter dem Deckmantel eines landwirthschaftlichen Vereins zu betreiben und dadurch Unfrieden in der Bevölke⸗ rung zu säen. Eine strenge Ueberwachung der Vereine sei also durchaus geboten.

Der Abg. Kantak erklärte, man könne es doch den Polen nicht verdenken, daß sie für ihr Geld auch ihre Nationalität und ihre Sprache pflegten. Politische Agitation sei mit den Bestrebungen der qu. Vereine nicht verbunden. Neuer⸗ dings spreche man allerdings sogar von großpolnischer Agitation. Der Staat habe kein Recht, von den Polen zu verlangen, auf Dinge zu verzichten, die ihnen verfassungs⸗ mäßig garantirt seien. Harmlose Vereine, die sich um Kunst und Wissenschaft bekümmerten, würden, nur weil es pol⸗ nische Kunst und Wissenschaft sei, bewacht, als ob sie politische Agitation trieben. Auf jeder Vereinsversammlung finde sich ein Polizeikommissar ein, die Mitgliederlisten müßten pünkt⸗ lich eingereicht werden und würden aufs Peinlichste kontrolirt. Demgegenüber sei hier im Hause die nützliche Tendenz der Vereine anerkannt worden. Aber die Polizeiverwaltung schenke jeder beliebigen Denunziation ohne weiteres Glauben.

Der Abg. Günther (Fraustadt) trat den Ausführungen des Abg. Hahn bei und wies die gegen die Polizei erhobenen Gravamina als ungerechtfertigt zurück. Die Leitung dieser Vereine sei durch nationalpolnische Rücksichten beeinflußt, und sei ihre Ueberwachung zur Verhinderung von Agitationen un⸗ erläßlich. b

Titel 6 wurde darauf angenommen, ebenso der Rest des Kap. 92.

G Bei Kap. 93 (Polizei⸗Distrikts⸗Kommissare in der Pro⸗ vinz Posen 502 545 ℳ) beklagte sich der Abg. von Jazdzewski über das Institut der v im Allge⸗ meinen und speziell über die Vermehrung dieser Stellen u. A. in Inowrazlaw.

Der Abg. Hahn erklärte dagegen das Institut der Di⸗ strikts⸗Kommissarien gerade für die Provinz Posen für unent⸗ behrlich und die Vermehrung der Stellen gerade für den Be⸗ zirk von Inowrazlaw für geboten. Diese Beamten seien eine nothwendige Stütze für die Landwirthe, und ihre Zahl müßte im Interesse der öffentlichen Sicherheit womöglich noch weiter vermehrt werden.

Der Abg. von Dziembowski empfahl eine Erhöhung des für die Distriktskommissarien ausgeworfenen Pferdegelder⸗ aversums und eine Verbesserung der Entschädigungen für Bu⸗ reau⸗ und Vertretungskosten. 1

Der Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums, Minister des Innern, von Puttkamer, erkannte die Nothwendigkeit dieser Erhöhung an, er könne dieselbe aber bei der Finanzlage des Staates zur Zeit nicht versprechen. Uebrigens werde die Re⸗ gierung auch die Aufbesserung der Gehälter der Distriktskom⸗ missare im Auge behalten. 1

Das Kap. 93 wurde darauf bewilligt.

Bei Kap. 94, Landgensd'armerie, 8 969 499 erhob der Abg. Dr. Kolberg Beschwerde über die ungenügende Zahl der in Pstpreußen vorhandenen Gensd'armen. In einzelnen Kreisen mehrten sich die Diebstahle, namentlich die Pferde⸗ diebstähle, in bedenklicher Weise. Das Vagabondenthum nähme enorm zu, da die Gensd'armen zum Grenzdienst, anstatt zur inneren Verwaltung verwendet würden. Diese Uebelstände träten hauptsächlich in den Kreisen Mohrungen und Preuß.⸗ Holland zu Tage.

Hierauf ergriff der Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums von Puttkamer das Wort: Meine Herren! Wenn ich zuerst auf den ersten Theil der Be⸗ merkungen des geehrten Herrn Vorredners eingehen darf, so b8 mir aus meiner früheren Stellung in der Provinz Ostpreußen persönlich der von ihm gerügte Uebelstand des häufigen Pferdediebstahls, nament⸗ lich in den Grenztheilen, sehr wohl bekannt. Aber das Uebel hat eben hauptsächlich seine Wurzel in der Grenzlage der meisten Theile der Pro⸗ vinz Sftpreußen Es gelingt den Pferdedieben nur zu leicht, ihre Beute bei Nacht über die Grenze nach Ueafland hineinzubringen und dann hat der Eigenthümer meist das Nachsehen. In den aller⸗ eltensten Fällen kann die Anzeige des betreffenden Diebstahls an die olizeiorgane so rasch erfolgen, man den Dieben auf der kurzen ntfernung von wenigen Meilen bis zur Grenze mit Wirkung nach⸗ setzen kann. Wenn der Herr Vorredner dann zu der in meinen Augen aller⸗ dings wichtigeren und bedeutungsvolleren Frage der nach seiner Meinung erschreckenden Zunahme der Vagabondage überging, so bin ich der Meinung, daß dies eine Lokalfrage nicht ist. Vielmehr ist die Ueberzeugung davon, daß wir uns auf diesem Gebiete in

haben, eine ziemlich allgemeine. Ich glaube, auf die Gründe dieser Erscheinung, die ja gewiß sehr verschieden beurtheilt werden, hier nicht weiter eingehen zu sollen. Sie werden wohl bhbäufig auf wirthschaftlicheem Gebiete liegen. Aber was von dem Herrn Abgeordneten gegen die auch von mir anerkannten Uebelstände vorgeschlagenen Hülfsmittel anbetrifft, so muß ich mir doch in dieser Beziehung die Bemerkung gestatten, daß ich, wenn er zunächst die Qualifikation unseres Gensd’armerie⸗ Corps bezweifelt, mich mit ihm in der Beurtheilung auf einen sehr

erschiedenen Standpunkt stellen muß. Ich glaube, daß die militärische Qualifikation und die militärische Organisation unserer Gensd'armerie⸗ gerade eine der Säulen der öffentlichen Sicherheit ist. Ich glaube, die öffentliche Meinung in Preußen steht ganz über⸗

dem Miilitärstande erfolgen sollte. Ich glaube, der Herr

Vorredner würde, wenn dieser sein Wunsch ich habe ihn so

aufgefaßt in Erfüllung ginge, sehr bald finden, daß wir üble Er⸗

fahrungen machen würden, und ich kann nur bitten, auf diesen Gesichts⸗

punkt nicht zu sehr Nachdruck legen zu wollen. Ich glaube, meine Herren,

der Zunahme der Vagabondage, deren Grund ich, wie gesagt, nicht

untersuchen will, wird auf dem Wege der Repression kaum abgeholfen

werden können. Wir bedürfen dazu größerer organisatorischer Ein⸗

richtungen, die hier zu erörtern viel zu weit führen würde. Ich glaube,

daß gerade auf dem Gebiete der Selbstverwaltung und Selbsthülfe

die Heilmittel liegen, welche dem gedachten Uebelstande Abhülfe zu

schaffen in der Lage sein werden. Aber, wie gesagt, ich möchte weder

die Tüchtigkeit des Gensd'armerie⸗Corps mit dieser Frage in Verbin⸗

dung bringen, noch auch die Tüchtigkeit und Pflichttreue der Lokal⸗

polizeibehörden, von denen der Hr. Abg. Dr. Kolberg sprach.

Der Abg. Bachem bemerkte, die Erklärung des Ministers

vom Sonnabend, daß die Requirirung militärischer Kräfte

zur Unterdrückung von Volksunruhen in der Hand der Be⸗

hörden ein zweischneidiges Schwert sei und nur in den äußersten

Nothfällen angewendet werden könne, sei vom Centrum mit

dem lebhaftesten Beifall aufgenommen worden. Es hätten sich

allerdings im Centrum sehr eigenthümliche Erinne⸗

rungen einstellen müssen. In Westpreußen und Pommern habe es sich um ernste Exzesse, um Personen⸗ und Sachbeschädigungen gehandelt, welche erhebliche Gefängniß⸗ strafen nach sich gezogen hätten, trotzdem habe man die Requi⸗ sition von Militär nicht für nöthig gehalten. In der Rhein⸗ provinz sei dagegen bei dem bekannten Fall, der in der Vergangenheit liege und den er nicht weiter erörtern wolle, nicht eine einzige thatsächliche Ausschreitung nachgewiesen worden und doch sei Militär requirirt. Ebenso ssei man vor Kurzem im eigenthümlichen Gegensatz zu der Erklärung des Ministers in der rheinischen Gemeinde Rheinbrohl verfahren. Der Bürgermeister habe von dem katholischen Ortsgeistlichen das kirchliche Geläute bei dem Begräbniß eines zweijährigen Kindes verlangt, obwohl es in der ganzen Gegend garnicht üblich sei, bei einem solchen Begräbniß zu läuten. Der Weigerung des Geistlichen sei auch die kirchliche Gemeindevertretung und der Gemeinderath beigetreten, auch gegenüber der Intervention des dortigen aus dem Kulturkampfe noch sehr wohl bekannten Landraths von Runkel. Man habe passiven Widerstand ge⸗ leistet, indem man die Herausgabe der Kirchthurmschlüssel verweigert habe. Darauf habe sich der Landrath unter Zu⸗ hülfenahme von 4—6 Landgensd'armen zur Kirche begeben, um in den Kirchthurm einzudringen. Da jedoch die zahlreich versammelte Volksmenge eine drohende Haltung angenommen hätte und da der Landrath sich dem Volke gegenüber nicht eine genügende Autorität zugetraut habe derselbe werde wohl mit Rücksicht auf seine reiche kulturkämpferische Thätigkeit ein böses Gewissen gehabt haben so habe der Landrath sich sofort telegraphisch an den Regierungs⸗Präsidenten von Coblenz um militarische Hülfe gewant. In Abwesenheit des Regierungs⸗Präsidenten habe der Ober⸗Präsident das Gewünschte angeordnet und es sei endlich ein Piquet Land⸗ gensd'armerie mit einer Compagnie Militär in Rheinbrohl eingerückt nebst einigen mit Aexten und Brecheisen bewaff⸗ neten Arbeitern. Diese hätten die Kirchthurmsthür erbrochen und mit allen Glocken bei dem Begräbniß des zweijährigen Kindes eine Stunde lang geläutet. Uebrigens wäre es nicht Sache des Landraths, sondern des Bürger⸗ meisters gewesen, die Sache auf dem Wege Rechtens zum Austrage zu bringen. Aber auch dieser hätte das Läuten nicht anordnen können, denn der sog. Glockenparagraph räume der bürgerlichen Gemeinde dieses Recht nur ein bei feierlichen Gelegenheiten und Unglücksfällen. Er möchte nun den Minister bitten, sich zu überzeugen, ob auch in diesem Falle der Landrath nach seinem weisen Grundsatz verfahren habe, wenn nicht, so möge der Minister dem Landrath den kalten Wasserstrahl appliziren, auf den derselbe einen begrün⸗ deten Anspruch habe.

Demnächst nahm der Vize⸗Präsident des Staats⸗Mini⸗ steriums von Puttkamer das Wort:

Meine Herren! Ich werde den von dem Herrn Vorredner erör⸗ terten Fall ohne die Schärfe, die er in seine Aeußerungen gelegt hat, hier vor Ihnen vortragen und will damit beginnen ausdrücklich zu betonen, daß ich keine Veranlassung habe, von denjenigen Grundsätzen, die ich in der vom Herrn Vorredner erwähnten Sitzung über die Anwendung militärischer Gewalt zur Unterdrückung von Unruhen eutwickelt habe, irgendwie zuruͤckzutreten; im Gegentheil, ich halte dieselben noch heute für richtig und will mir nun erlauben, an der Hand des That⸗ bestandes, soweit er mir bekant ist, zu erörtern, ob im vorliegenden Fall die Behörde eine Schuld dahin trifft, daß sie zu voreilig und ohne Noth militärische Kräfte zur Unterdrückung eines drohenden Auf⸗ standes oder einer drohenden ernstlichen Ruhestörung zu Hülfe ge⸗ rufen habe. Ich muß dabei vorausschicken, daß mir bis jetzt ich habe selbstverständlich, sobald ich in einer Wolffschen Telegraphen⸗ depesche den Vorfall las, mich an den Ober⸗Präsidenten mit der Bitte um gewandt daß mir bis jetzt nur die Berichte der betreffenden Behörden vorliegen ohne aktenmäßiges Material über und weiteres Eindringen in die Sache selbst; ich referire 8 nach den mir vorliegenden Berichten der Behörden, die ich in keiner Weise Veranlassung habe, in ihrer thatsächlichen Richtigkeit irgendwie anzuzweifeln. Es ist richtig, meine Herren ich weiß mich des Tages nicht mehr genau zu entsinnen, es kommt darauf aber nicht an daß in dem zur Bürgermeisterei Hönningen gehörigen kleinen Orte Rheinbrohl des Kreises Neuwied der Gemeinderath dem Bürgermeister es verweigert hat, das Glockengeläute herzugeben zur Beerdigung eines der konfes⸗ sionellen Minorität angehörigen zweijährigen Kindes. Es ist ferner richtig, was der Hr. Abg. Bachem zu erwähnen vergessen hat, daß die Kirche, um die es sich handelt, ich nehme an, also auch das Glockengeläute auf Kosten der politischen Gemeinde erbant ist, und daß in Folge dessen die Civilgewalt auch schon in früheren Fälsen mit Erfolg den Gebrauch der Glocke zu anderen als unmittelbar kirchlichen Zwecken in Anspruch genommen hat.

Das ist die Vorgeschichte des Falles, und nun hat sich daran folgendes Zerwürfniß geknüpft. Der Bürgermeister hat auf Wunsch der betreffenden Eltern, nicht etwa aus eigener Initiative, das Ver⸗ langen gestellt, daß das Begräbniß dieses Kindes mit Glockengeläute, wie es in der Gegend üblich ist, stattfinden möge. Der Geistliche, der Kirchenrath und ich glaube mich recht zu entsinnen, auch der

wahren sei, hat er geglaubt, im Wege des administrativen Zwanges sein und der betreffenden Eltern Verlangen durchsetzen zu müssen. In

Folge dessen hat ein großer Theil der Ortsbevölkerung eine überaus drohende Haltung angenommen, auch dem Landrath gegenüber, welcher zur Assistenz des Bürgermeisters, um dessen Anordnungen durchzusetzen,

an Ort und Stelle erschien, diese drohende Haltung hatte ein solches Maß

angenommen, daß sogar der Kirchthurm, dessen Thür verschlossen war, oben besetzt war und daß der Landrath und Bürgermeister mit Thät⸗ lichkeiten bedroht wurden für den Fall, daß sie den Versuch machen wollten, dennoch in den Kirchthurm einzudringen und das Glocken⸗ geläute stattfinden zu lassen. Der Bürgermeister und Landrath haben sich nun die Frage vorgelegt, ob es mit den vorhandenen Exekutiv kräften, die, glaube ich, aus 6 oder 4 Gensd'armen bestanden ich weiß es augenblicklich nicht genauer, weil mir der Bericht nicht vorliegt, es wird auch auf die Zahl nicht ankommen ob es mit den vorhandenen geringen Kräften möglich sein würde und unter allen Umständen möglich, den entgegengesetzten thatsächlichen Widerstand eines großen Theils der Bevölkerung zu brechen, und der Landrath, nicht durch sein böses Ge⸗ wissen getrieben ich bedaure, daß der Hr. Abg. Bachem diesen Ausdruck gebraucht hat sondern im Vollgefühl der ihm obliegenden Verantwortung hat er sich davon überzeugt, daß in diesem Fall und ich kann ja da nur aus seinem Bewußtsein urtheilen nicht möglich sein würde, ohne Aufwendung einer am Ort nicht aufzubringenden größeren Exekutivkraft seinen Anordnungen thatsächliche Folgen zu verschaffen. In Folge dessen hat er allerdings militärische Hülfe requirirt und sich mit seiner Bitte an den Regierungs⸗Präsidenten gewandt, in dessen Abwesenheit hat der Ober⸗Präsident die Sache selbst untersucht und ist auf Grund des erstatteten Berichts, welcher die Nothlage als folche hinstellt, zu dem Entschluß gelangt, eine Compagnie auf der Eisenbahn nach Rheinbrohl zu schicken. Es ist auch glücklicherweise ohne irgend welche Thätlichkeiten gelungen, durch Aufbieten der militärischen Hülfsmacht den Widerstand that⸗ sächlich zu überwinden. Die militärische Macht hat sich übrigens nach den mir vorliegenden Berichten insofern im Hintergrund gehalten, als die Gensd'armerie, indem sie sich dem Kirchengebäude näherte, im Vordergrund sich befunden hat und das Militär nur in einer gewissen Entfernung gefolgt ist. Man hat die Thüren geöffnet und das Glockengeläut hat stattgefunden. Ich kann zu meiner großen Freude die bereits konstatirte Thatsache wiederholen, daß die Nothwendigkeit, von der Waffe Gebrauch zu machen, nicht eingetreten ist. Es ist nur, nachdem die ganze Angelegenheit auf dem Wege thatkräftigen Ein⸗ schreitens erledigt war, noch die Erwägung übrig geblieben, ob das Militär noch zur Vorsicht eine Zeitlang, etwa 48 Stunden, an dem Ort Rheinbrohl stationirt bleiben soll, um der etwaigen Wiederkehr von Ausschreitungen entgegenzutreten. Das ist jedoch nicht die Meinung der oberen Behörde gewesen; das Militär ist in seine Garnison zurückgekehrt und in diesem Augenblick hat man, da nicht mehr perieulum in mora ist, aus den benachbarten Kreisen eine größere Anzahl von Gensd'armen 26 unter einem Oberst⸗Wachtmeister zusammengezogen, die jetzt noch in Rheinbrohl stationirt sind, um für den Fall der Noth der immer noch sehr aufgeregten Haltung der Be⸗ völkerung gegenüber den nöthigen Schutz zu gewähren.

Dies, meine Herren, ist dasjenige, was ich von der Sache weiß und ich kann in diesem Falle, so sehr ich an dem Grundsatz festhalte, den der Hr. Abg. Bachem im Eingange seines Vortrages als den richtigen und auch von mir anerkannten bezeichnete, den Behörden keinen Vorwurf daraus machen, daß sie geglaubt haben, einer derartigen

der Anwendung militärischer Macht, zu schreiten. Ich wiederhole keinen Falles auch nur einen Anschein dafür zu daß der Landrath von Runkel unbesonnen verfahren und über das nöthige Maß in seiner Requisition hinausgegangen ist. Ich möchte wirklich bitten ohne vosliegende Akten es wird ja gewiß über den Fall eine Untersuchung eintreten und es werden ja wohl eine Anzahl Leute, die am Tumult betheiligt sind, in den Anklagezustand versetzt werden ich betrachte es als ein großes Glück, daß die ganze Angelegenheit ohne thatsächlichen Zusammenstoß verlaufen ist, ich kann natürlich nicht sagen, ob die Präventive, welche in diesem Fall in der Requisition der Militärgewalt lag, wirklich die Ursache davon gewesen ist, daß keine größere Unzuträglichkeit eingetreten ist, das aber möchte ich vor allen Dingen nochmals betonen, daß ich nicht in der Lage bin über den Fall abzuurtheilen. Es wäre das eine sehr mißliche Sache. Ich bin dazu völlig außer Stande, ich kann soweit ich d Sachlage zu übersehen vermag, nur daran festhalten, daß ich den Behörden aus ihrem Verhalten bei dem fraglichen Vorfall einen Vor wurf nicht machen kann.

Der Abg. von Eynern erklärte, nach den ausführlichen Debatten über den traurigen Vorfall in Rheinbrohl möchte er den Minister nur noch fragen, ob der Hr. Bischof Korum, der als Friedensapostel in Trier seinen Sitz habe, seinerseits zur Beruhigung der Gemüther in Rheinbrohl beigetragen habe. Bekomme er vom Minister keine Antwort, so sei keine Antwort auch eine Antwort.

Der Minister des Innern von Puttkamer entgegnete, er habe nur zu erwidern, daß in diesem Falle keine Antwort doch nicht eine, sondern eben keine Antwort sei.

Der Abg. Freiherr von Minnigerode brachte die große Anzahl der Pferdediebstähle in Ostpreußen zur Sprache und empfahl als zweckentsprechendstes Mittel dagegen, aus Vereins⸗ mitteln Belohnungen für Entdeckung der Pferdediebe auszu⸗ setzen. Dieses Verfahren hätte in manchen Gegenden besser seinen Zweck erfüllt, als der größte Eifer der Gensd’armerie.

Der Abg. Dr. Lieber kam nochmals auf den Fall in Rheinbrohl zurück. Zwischen den heutigen Erklärungen des Ministers und denen vom vorigen Sonnabend sei ein großer Unterschied. In Pommern und 71 Personen thätlich angegriffen und verletzt, Häuser demolirt, Eigenthum geplündert und zerstört. 89 habe der Minister keinen einzigen Erzeß nachweisen können. Die konfessionellen Gegensätze in diese Frage zu tragen, wie der Minister gethan, sei geeignet, die Sach⸗ lage zu verdunkeln. Der Abg. Bachem habe den Fall rein sachlich lediglich vom Rechtsstandpunkte aus beurtheilt. Nach den ihm zu⸗ gegangenen Darstellungen sei der Kirchthurm nicht besetzt ge⸗ wesen: beim Anmarsche der siegreichen Armee unter Führung des Landraths hätten sich vielmehr die geordneten Vertreter der Kirchenvermögensverwaltung vor dem Thurme befunden, lediglich um ihren Besitz zu wahren. Glockengeläute sei bei Beerdigung eines zweijährigen Kindes keineswegs orts⸗ üͤblich. Daß dasselbe der Civilverwaltung bisher auch zu Privatzwecken hergegeben worden, habe auch der Minister nicht zu behaupten vermocht. Uebrigens ergebe ein ihm vorliegendes Regierungsreskript, daß die Ver⸗

wiegend auf dem Standpunkte, daß sie in der militärischen Organi⸗ sation und auch in der fortdauernden llitärischen Diezipli des

..

Gemeinderath haben sich diesem Ansinnen widersetzt, und der Bürger⸗

meister hat geglaubt, in diesem Falle sich nicht auf prozessualische;

pflichtung der Civilverwaltung zum Bau und Unterhalt der kirchlichen Gebäude der evangelischen Kirche noch keinen An⸗

drohenden Haltung der Bevölkerung gegenüber zu den äußersten Mitteln,