Königliche landwirthschaftliche Akademie Poppelsdorf in Verbindung mit der Rheinischen Friedrich⸗Wilhelms⸗Universität Bonn.
Das Sommersemester 1882 beginnt am 15. April d. J. gleich⸗ zeitig mit den Vorlesungen an der Universität Bonn. Der spezielle Lehrplan umfaßt folgende mit Demonstrationen verbundene wissen⸗ schaftliche Vorträge: ] . . b
Einleitung in die landwirthschaftlichen Studien: Geheimer Regierungs⸗Rath, Direktor Professor Dr. Dünkelberg. Allgemeine Viehzucht: Derselbe. *Encyklopädie der Kulturtechnik: Der⸗ selbe. Landwirthschaftliches Seminar: Derselbe und Pro⸗ fessor Dr. Werner. Spezieller flanzenbau: Professor Dr. Werner. Schafzucht: Derselbe. *Allgemeiner Pflanzenbau: Dr. Dreisch. *Tarationslehre: Derselbe. *Waldbau: Forstmeister Sprengel. *Forstschutz: Derselbe. Weinbau: Garten⸗Inspektor Herrmann. Gemüsebau: Derselbe. Landesverschönerung: Derselbe. „Fischzucht: Professor Frhr. v. la Valette St. George. Organische Erperimental⸗Chemie: Professor Dr. Freytag. Chemisches Praktikum: Hersescbe *Charakteriftik der Futterstoffe und der Futtermischungen: Pro d Dr. Kreusler. Landwirthschaftliche Botanik und Pflanzen⸗ krankheiten: Professor Dr. Körnicke. Physiologische und mikroskopische Uebungen: Derselbe. Naturgeschichte der Wirbelthiere: Geheimer Regie⸗ rungs⸗Rath, Professor Dr. Troschel. Experimentelle Thierphysiologie und Uebungen im thierphysiologischen Laboratorium: Professor Dr. Finkler. *Geognosie: Dr. Lehmann. *Mineralogische Uebungen: Derselbe. *Ex⸗ perimental⸗Physik: Professor Dr. Gieseler. Physikalisches Praktikum: Derselbe. *Landwirthschaftliche Maschinenkunde: Derselbe. Mechanik: Derselbe. Baumaterialien⸗ und Baukonstruktionslehre: Baurath
rofessor Dr. Schubert. *Praktische Geometrie und Uebungen im
eldmessen und Nivelliren: Derselbe. *Wasserbau 2. Theil: Derselbe. Zeichnenunterricht für Landwirthe und Kulturtechniker: Derselbe und Professor Dr. Gieseler. Algebra: Professor Dr. Vogler. Landestriangulation: Derselbe. »Feldmessen und Nivelliren: Der⸗ selbe. „Zeichnen: Derselbe. Meßübungen: Derselbe. Volkswirth⸗ schaftslehre: Geheimer Regierungs⸗Rath Professor Dr. Nasse. *Staatsrecht: Geheimer Bergrath, Professor Dr. Klostermann. *Landeskulturgesetzgebung: Derselbe. Akute und Seuchenkrankheiten der Hausthiere: Departements⸗Thierarzt Schell. Aeußere Pferde⸗ kenntniß: Derselbe. Theoretisch⸗praktischer Kursus der Bienenzucht: Dr. Pollmann. 1 86
Außer den der Akademie eigenen wissenschaftlichen und praktischen Lehrhülfsmitteln, welche durch die für chemische, phvysikalische, pflanzen⸗ und thierphysiologische Praktika eingerichteten Institute, neben der landwirthschaftlichen Versuchsstation und dem thierphysio⸗ logischen Laboratorium eine wesentliche Vervollständigung in der Neuzeit erfahren haben, steht derselben durch ihre Verbindung mit der Universität Bonn die Benutzung der Sammlungen und Apparate der letzteren zu Gebote. Die Akademiker sind bei der Universität immatrikulirt und haben deshalb das Recht, noch alle anderen für ihre allgemeine wissenschaftliche Ausbildung wichtigen Vorlesungen zu hören, über welche der Universitätskatalog das Nähere mittheilt.
Zufolge Verfügung des Herrn Ressort⸗Ministers sind vom Sommer⸗ Semester 1876 ab spezielle Vorlesungen für angehende Kulturtechniker und seit 1880 auch für Geodäten in den Lehrplan der Akademie ständig aufgenommen worden, die in Verbindung mit an deren bereits bestehenden Vorlesungen (*) es ermöglichen, das gesammte kulturtechnische Studium an der Akademie in einigen Semestern zu absolviren und dasselbe (fakultativ) durch ein Examen abzuschließen.
Auf Anfragen wegen Eintritts in die Akademie ist der Unter⸗ zeichnete gern bereit, jedwede gewünschte nähere Auskunft zu ertheilen.
Poppelsdorf bei Bonn, im März 1882.
Der Direktor der landwirthschaftlichen Akademie: Geh. Reg. Rath, Professor Dr. Dünkelberg.
In der heutigen Handelsregister⸗Beilage wird Nr. 10 der Zeichenregister⸗Bekanntmachungen veröffentlicht.
Niicchtamtliches. Deutsches Neich.
Preußen. Berlin, 10. März. Se. Majestät der Kaiser und König hörten gestern Nachmittag den Vortrag des Vize⸗Präsidenten des Staats⸗Ministerums, von Puttkamer.
Im Königlichen Palais fand eine musikalische Abend⸗ Unterhaltung statt, in welcher, unter Leitung des Ober⸗Kapell⸗ meisters Taubert, Hr. und Fr. Artôt de Padilla, Frl. Tagliana und die Herren Grünfeld mitwirkten. .
Heute besuchten Beide Kaiserliche Majestäten da Mausoleum zu Charlottenburg.
Se. Majestät der Kaiser nahmen den Vortrag des Polizei⸗ Präsidenten von Madai entgegen und hatten eine Besprechung mit dem Generalintendanten der Königlichen Schauspiele, von Hülsen.
Mittags hatte der Major von Bülow vom 6. Badischen Infanterie⸗Regiment Nr. 114 die Ehre des Empfanges, behufs Rückgabe der Orden seines jüngst verstorbenen Vaters, des Ober⸗
Kammerherrn von Bülow in Holstein.
— Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz ertheilte gestern Nachmittag 4 ½ Uhr dem Bot⸗ schafts⸗Rath Grafen von Berchem und darauf dem Unter⸗ Staatssekretär Dr. Busch Audienz.
„Abends 9 Uhr begab Sich Se. Kaiserliche Hoheit zur Soirée zu Ihren Majestäten.
“ E“ “ — Der Bundesrath trat heute zu einer Sitzung zusammen.
— Der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Hauses der Abgeordneten und das Protokoll über die 7. Sitzung des Volkswirthschaftsraths befinden sich in der Ersten Beilage.
— In der heutigen (31.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher die Staats⸗Minister Bitter und von Boetticher nebst zahlreichen Kommissarien beiwohnten, theilte der Präsident mit, daß zwei Gesetzentwürfe von dem Abg. Dr. Windthorst, betreffend die Herstellung der Leistungen des Staates für die katholische Kirche, und betreffend die Straffreiheit des Sakramentespendens und Messelesens, eingegangen seien. Ferner sei von dem Minister der öffent⸗ lichen Arbeiten ein Schreiben eingegangen, welches die Ab⸗ geordneten zu einer Besichtigung der Stadtbahn einlade.
Hlerauf wurde die am Mittwoch abgebrochene Be⸗ rathung des Etats des Ministeriums für Handel und Gewerbe fortgesetzt. Der Abg. Dr. Franz kam nochmals auf die Lage der oberschlesischen Weberbevölkerung zurück und wünschte, daß zu den Untersuchungen der dortigen Nothstände auch die Armenkommissionen hinzugezogen würden. Der Abg. Dr. von Bitter (Waldenburg) wies auf die Frauenvereine hin, welche in dieser Beziehung sehr segensreich gewirkt hätten.
Der Abg. Frhr. von Hammerstein polemisirte gegen die
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neulichen Ausführungen des Abg. Rickert über die Handels⸗ kammern und wünschte eine Amendirung des von den Liberalen geschaffenen Handelskammergesetzes, welches eine ganz einseitige Interessenvertretung der Kaufmannschaft mit halbamtlichem Charakter herbeigeführt habe. Der Abg. Dirichlet bestritt der Regierung das Recht, die Handelskammern aufzulösen. Einer Revision des Handelskammergesetzes dahin, daß auch die Handwerker Vertretung fänden, würde seine Partei nicht entgegentreten. Der Abg. Jacobi führte aus, er sei eigentlich kein Freund der Handels⸗ kammern; wenn sie aber einmal geschaffen seien, so müßten sie auch mit der nöthigen freien Bewegung unter Beseitigung bureaukratischen Wesens ausgestattet werden.
Der Abg. Götting wies nach, daß die Handelskammern eine gesetzliche Institution, eine Interessenvertretung wie etwa der Landtag seien. Eine Auflösung sei nur möglich auf Grund der auch für diesen geltenden Prinzipien, nicht aber auf dem Wege der Oberverwaltung. Sollten die Handelskammern sich als durchaus schädlich erweisen, und ihre Auflösung nothwendig werden, so müßte dies durch ein beson⸗ deres Gesetz festgestellt werden. — Der Abg. von Rauch⸗ haupt wies darauf hin, daß nach §. 2 des Handels⸗ kammergesetzes die Errichtung einer einzelnen Handels⸗ kammer von der Genehmigung des Handels⸗Ministers ab⸗ hänge. Der Staat habe also das volle Recht, die Genehmigung zu gewähren oder sie zu versagen und das ganze Institut aufzuheben. Mit dieser Befugniß hänge auch das Recht der Regierung zusammen, die Berichte der Handelskammern vor ihrer Publikation einer Durchsicht zu unterwerfen.
Der Abg. Dirichlet äußerte, daß der Minister, wenn ein⸗ mal die Genehmigung erfolgt sei, diese nicht mehr zurück⸗ ziehen könne, ebensowenig wie man auf anderen Gebieten die Bestätigung eines Kommunalbeamten widerrufen könne. Der Abg. Frhr. von Minnigerode erkannte die Zurechtbeständigkeit des fraglichen Gesetzes an, nahm aber für die Regierung das Recht einer Interpretation desselben und einer Auf⸗ sicht über die Handelskammern in Anspruch. Da dies Gesetz selbst eine Bestimmung über die Auf⸗ lösung nicht enthalte, so neige er sich persönlich der Ansicht zu, daß die Verwaltung dieselbe vollziehen könne.
Der Abg. Grumbrecht gab zu bedenken, daß es doch nicht recht sei, alle Handelskammern zu strafen, weil sich angeblich eine, die Grünberger, vergangen habe. Könnte die Regierung eine Handelskammer auflösen, so könnte sie auch ein Stadt⸗ verordnetenkollegium auflösen, und das würde doch Niemand zulassen wollen.
Der Abg. Dr. Reichensperger (Cöln) erblickte in den Handelskammern nicht Organe der Regierung, sondern des Handelsstandes, dessen Interesse sie zu vertreten hätten. Ebensowenig wie die Regierung im Unrecht wäre, wenn sie die Handelskammern zu Instrumenten ihrer augenblicklichen wirthschaftlichen Richtung machen wollte, ebenso Unrecht wäre es, wenn die 1““ den Berichtigungen der Regierung bei ihren Publikationen nicht Notiz nähmen. Ein Mißbrauch sei auf beiden Seiten möglich. Die Regierung müßte ihr Recht gegenüber den Handelskammern nicht auf die Spitze treiben, dann würden beide Theile zusrieden sein.
Der Abg. Richter vindizirte den Handelskammern das Recht, ohne die Censur der Regierung ihre Berichte zu ver⸗ öffentlichen, gleichviel ob dieselben dem Freihandel oder dem Schutzzoll günstig seien. Hätte die Grünberger Handelskammer Unrecht in ihrem Bericht gehabt, so hätte man sie berichtigen, aber nicht mit bureaukratischen Maßregeln gegen sie vorgehen sollen. Die Handwerker würden sich sehr hüten, mit Rücksicht
auf diese Behandlung der Handelskammern, das Geschenk von
Handwerkerkammern zu acceptiren, sondern würden sich mit ihren freien Vereinigungen begnügen.
Der Abg. Frhr. von Minnigerode bemerkte, daß nicht Censur geübt, sondern die Unwahrheit zurückgewiesen werden solle. Der Abg. Richter warf den Konservativen vor, daß sie nur das für wahr hielten, was der Reichs⸗ kanzler für wahr halte. Das Ministergehalt sowie der Rest des Kapitels wurde bewilligt.
Bei dem Kapitel 68 (Handels⸗ und Gewerbeverwaltung), erklärte der Unter⸗Staatssekretär Dr. von Möller auf eine Anregung des Abg. Schmidt (Stettin), daß ein Fonds für die Versorgung der Hinterbliebenen der im vori⸗ gen Jahre bei der Ostseefluth verunglückten Lootsen deshalb nicht in den Etat gestellt sei, weil durch die Gnade Sr. Ma⸗ jestät schon ausreichende Unterstützung gewährt worden sei.
Im Uebrigen wurde der Etat des Handels⸗Mini steriums ohne erhebliche Debatte genehmigt.
— In Betreff der Uebungen der Ersatzreservisten sür das Etatsjahr 1882/83 ist Nachstehendes Allerhöchst be⸗ stimmt worden: Aus der Ersatzreserve 1. Klasse sind ein⸗ zuberufen: a. zu einer ersten (10 wöchigen) Uebung: bei der Infanterie 12 768 Mann, bei den Jägern 432 Mann, bei der Fußartillerie 1540 Mann, bei den Pionieren 1260 Mann, zusammen 16 000 Mann; b. zu einer zweiten (4 wöchigen) Uebung: bei der Infanterie 11 970 Mann, bei den Jägern 600 Mann, bei der Fußartillerie 1130 Mann, zusammen 13 700 Mann. Die Bestimmung über die weitere Verthei⸗ lung, sowie über das von den Truppentheilen zu kom⸗ mandirende Aufsichtspersonal hat durch das Kriegs⸗Ministerium zu erfolgen; bei dem Garde⸗Corps finden derartige Uebungen nicht statt. Für die 10 wöchige Uebung ist im Besonderen Folgendes bestimmt: a. Die übenden Ersatzreservisten werden im Allgemeinen bei der Infanterie in eine Compagnie bei jedem Regiment, bei der Fußartillerie und den Pionieren in eine Compagnie bei jedem Bataillon, und bei den Jägern in ein Detachement bei jedem Bataillon formirt. b. Als Uebungs⸗ orte für die Infanterie werden in der Regel Garnisonorte dieser Waffe bestimmt. c. Die Ersatzreservisten der Jäger und Pioniere üben bei den betreffenden Bataillonen. d. Die Uebungsorte für die Fußartillerie bestimmt die General⸗In⸗ spektion der Artillerie im Einverständniß mit den bezüglichen General⸗Kommandos. e. Die Zeit für die Uebungen aller Waffen ist, soweit es unter Berücksichtigung des §. 15 A. 3 der Kontrolordnung und des §. 18 A. 2 der Landwehrordnung angängig ist, durch die General⸗ Kommandos auf die Herbstmonate festzusetzen, und zwar möglichst so, daß die Uebungen mit der Einstellung der Re⸗ kruten beendet sind; für die Schiffahrt treibenden Mannschaften finden dieselben im Winter⸗Halbjahr 1882/83 statt. Gleich⸗ zeitig ist event. eine Nachübung anzusetzen (efr. §. 18 A. 2 und 3 der Landwehr⸗Ordnung). Ob aus den betreffenden Mann⸗ schaften besondere Abtheilungen zu formiren sind, bestimmen die Generalkommandos bezw. Waffeninstanzen. Die zu einer
zweiten (4 wöchigen) Uebung einzuberufenden Ersatzreservisten
8 8 8 8 8 sind, soweit es unter Berücksichtigung der zu e. angezogenen
Bestimmungen angängig ist, während der letzten vier Wochen der für die 10 wöchige Uebung festgesetzten Zeit einzu⸗ ziehen. Die zum zweiten Male übenden Ersatzreservisten sind bei der Infanterie in besondere Compagnien zu formiren, bei den Jägern und der Fußartillerie aber den vorhandenen Ersatzreserve⸗Detachements bezw. Compagnien zuzutheilen. Befinden sich mehr als eine Ersatsreserve⸗ Compagnie desselben Regiments in derselben Garnison, so empfiehlt es sich, dieselben der Aufsicht eines Stabsoffiziers oder des ältesten Hauptmanns zu unterstellen. Aus den hohenzollernschen Landen üben die Ersatzreservisten 1. Klasse mit denen des XIV. Armee⸗Corps gemeinsam. Die im Be⸗ reiche des XV. Armee⸗Corps kontrollirten Ersatzreservisten 1. Klasse üben bei den preußischen Truppentheilen dieses Armee⸗Corps und dem Herzoglich Braunschweigischen Infanterie⸗ Regiment Nr. 92.
— Mittelst Allerhöchster Kabinets⸗Ordre vom 23. v. Mts. ist bestimmt worden, daß der Stab der 18. Kavallerie⸗ Brigade zum 1. Oktober dieses Jahres von Flensburg nach Altona zu verlegen ist.
— Die Reichsbank hat den Diskont für Wechsel auf 4 und den Lombardzinsfuß auf 5 pCt. herabgesetzt.
Schleswig, 8. März. (Kl. Ztg.) Vom Provinzial⸗ Landtage wurde heute der Antrag auf Bewilligung einer Subvention von 750 ℳ für das für die Allgemeine deutsche Ausstellung auf dem Gebiete der Hygiene und des Rettungs⸗ wesens herzustellende Werk genehmigt.
Bayern. München, 9. März. (W. T. B.) Die Kammer der Reichsräthe hat heute bei der Berathung der Rückäußerung der Abgeordnetenkammer über den von dieser in der Simultanschulfrage gefaßten Beschluß den Beschluß der Abgeordnetenkammer und ebenso auch den vom Ausschuß gestellten Antrag abgelehnt und den Vorschlag des Reichsraths Neumayr auf Aufrechterhaltung seines früheren Majoritätsbeschlusses angenommen.
— (Allg. Ztg.) Der Antrag, welchen Hr. von Schultes in der Sitzung des Gemeinde⸗Kollegiums am 8. d. M. eingebracht hat, lautet wörtlich: „Es sei an den Magistrat der Antrag zu stellen: 1) mit Wirksamkeit vom Schuljahre 1882/83 ab die sämmtlichen Simultanschulen in katholische Schulen umzuwandeln und, um den Bedürfnissen der Pro⸗ testanten Rechnung zu tragen, diesen außer dem Schulhause an der Glockenstraße und dem Schulhause an der Herrnstraße auch noch die durch Verlegung der höheren Töchterschule freiwerdenden Räumlichkeiten an der Louisenstraße zuzuweisen; 2) die hiernach veranlaßte neue Schulsprengeleintheilung zu entwerfen und diesen Entwurf, sowie den Antrag auf Umwandlung der Simultan⸗ schulen in katholische Schulen, der Königlichen Regierung zur Genehmigung zu unterbreiten; 3) den Herrn Rektor Dr. Roh⸗ meder seiner Stelle als Schulrath, in der Erwägung, daß von demselben bei dessen bisherigen prinzipiellen Eintreten für die Simultanschulen ein ersprießliches Mitwirken zur Umwandlung der Simultanschulen in konfessionelle Schulen nicht zu erwar⸗ ten steht, zu entheben, diese Stelle zur Bewerbung auszuschrei⸗ ben und die hiernach veranlaßten Anträge an die Königliche Regierung zu stellen.“ Der Antrag wurde einem Ausschusse zur Vorberathung überwiesen.
Hessen. Darmstadt, 9. März. (Cöln. Ztg.) Die Zweite Kammer beschloß in Uebereinstimmung mit der Re⸗ gierung, den Weinhandel von der bisher erhobenen besondern Steuer zu befreien.
— 10. März. (W. T. B.) Die Zweite Kammer hat heute bei der zweiten Lesung des Etats für das Poly⸗ technikum mit 25 gegen 22 Stimmen beschlossen, die Re⸗ gierung zu ersuchen, bei fortdauernd schwacher Frequenz die Anstalt mit Ablauf der kommenden Finanzperiode aufzuheben.
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 9. März. (W. T. B.) Der Erzherzog Eugen erlitt während eines heutigen Spazierrittes im Prater einen Sturz mit dem Pferde, wobei er unter das Pferd zu liegen kam. Der Erzherzog, der sofort unter dem Pferde hervorgeholt und nach dem Palais gebracht wurde, klagt hauptsächlich über Schmerzen am Kopfe.
— Aus Risano wird gemeldet: Gestern wurden Vratlo und Ubli besetzt. Etwa 150 Insurgenten flohen, ohne Wider⸗ stand zu leisten, auf allen Punkten; 10 derselben wurden ge⸗ fangen genommen. Die Truppen erstiegen die Höhen und standen am 8. März in der Linie Orahovac⸗Ubolac⸗Ledenice⸗ Greben⸗Celina⸗Jelovica⸗Berg. Bei Konjisko südöstlich Trebinje fand gestern ein Gefecht gegen etwa 100 Insurgenten statt, welche zurückgetrieben wurden. Die Truppen hatten keine Verluste. 1
— Die „Polit. Corresp.“ meldet aus Belgrad: Auf die vom Präsidenten der Skupschtina an ihn gerichtete An⸗ sprache erwiderte der König, er fühle sich glücklich, den Vertretern seines Volkes mittheilen zu können, daß schon 24 Stunden nach der Rangerhöhung Serbiens von zwei Großmächten, welche jederzeit Wohlwollen für Serbien an den Tag gelegt hätten, die Anerkennung des neuen Königreichs kundgegeben worden sei. Er glaube nur seine Schuld und die Schuld des serbischen Volks abzutragen, wenn er seinem Danke gegen die erhabenen Personen des Kaisers Franz Josef und des Kaisers Wilhelm Aus⸗ druck gebe. — Gestern besuchte der König den Minister⸗Prä⸗ sidenten Pirotschanac und sprach demselben die vollste An⸗ erkennung für die konsequente, klug geleitete und mit einer historischen Thatsache gekrönte Politik des dermaligen serbi⸗ schen Kabinets aus. Nach einer Meldung aus Konstantinopel steht die Anerkennung des neuen Königreichs von Seiten der Pforte allernächstens zu erwarten.
gest, 8. März Das ungarische Finanz⸗ gesetz pro 1882 stellt, nach dem „Pest. L.“ die gesammten Ausgaben mit 328 228 281 Fl. fest, wo⸗ von auf ordentliche Ausgaben 288 396 313 Fl., auf transitorische Ausgaben 3 502 447 Fl., auf Investitionen 29 211 311 Fl., auf außerordentliche gemeinsame Ausgaben 7 118 210 Fl. entfallen. Die gesammten Einnahmen sind mit 301 967 214 Fl. beziffert, so daß ein Defizit von 26 261 067 Fl. verbleibt. Die Vorlage ermächtigt den Finanz⸗Minister, diesen Ausfall bis zur Höhe von 23 251 067 Fl. im Wege einer Kreditoperation zu bedecken. Hinsichtlich der Bedeckung des Defizitrestes von drei Millionen soll ein besonderes Gesetz verfügen. 6.
eine Entwurf sei von Cogalniceano selbst, von seinem
dürfte dem Reichstage vor Ende dieser 8 8 1“ 55 8 111““ 11“
Großbritannien und Irlaund. London, 9. März. (W. T. B.) Bei der heute im Unterhause fortgesetzten Debatte über den Antrag Gladstone's bezüglich der irischen Landakte wurde der von Gibson beantragte Uebergang zur Vorfrage mit 303 gegen 219 St. abgelehnt und hierauf der Antrag Gladstone’'s mit 303 gegen 235 St. angenommen. Die Anhänger Parnells enthielten sich bei dem Antrage Gibsons der Abstimmung und stimmten bei dem Antrage Gladstone's mit der Minorität.
Frankreich. Paris, 8. März. (Cöln. Ztg.) Die gestrige Erklärung des Conseils⸗Präsidenten de Freycinet in der Kammer lautet nach amtlichem Bericht folgendermaßen: , Denn wenn die Kammer, was ich jedoch meinerseits für jetzt nicht glaube, zur Abschaffung des Konkordats gelangen will, so liegt auf der Hand, daß sie die Form des Antrages des Herrn Boysset ändern und z. B. die Regierung auffordern wird, das Nothwendige zu thun, um das Konkordat aufzukündigen.“ Herr de Freycinet legt den Nachdruck darauf, daß man erfahre, daß er der französischen Regierung das Recht vor⸗ behalten habe, das Konkordat nach ihrem Belieben zu kündigen, und nicht genöthigt sei, deshalb vorher mit dem Papste zu unterhandeln. Fast die ganze republikanische Partei, darunter alle Minister und Staatssekretäre, welche Deputirte sind, stimmten gestern für den Antrag Boyssets. Die 132 Stimmen starke Minder⸗ heit bestand aus 80 Mitgliedern der Rechten und 52 Repu⸗ blikanern aller Schattirungen. Gambetta enthielt sich der
Abstimmung.
März W 8. Fg.) Der Ministerrath beschloß heute, daß die in Tunis erhobenen Kriegskon⸗ tributionen nicht dem französischen Staatsschatze zuge⸗ führt, sondern für den Schatz des Bey reservirt werden sollen, da Frankreich als Hülfsmacht des Bey thätig gewesen sei. — Nach einer Meldung aus Tunis hat eine französische Kavallerie⸗Abtheilung aus Kahiruan die Marodeurs, welche auf dem Wege zwischen Hammamet und Kahiruan neun Europäer (Franzosen, Italiener und Malteser) ermordet hatten, erreicht, mehrere derselben nieder gemacht und die andern gefangen genommen. — Eine De⸗ pesche des „Temps“ aus Tunis macht auf den übelen Einfluß aufmerksam, den die Anhäufung türkischer Truppen in Tripolis ausübe.
In der Deputirtenkammer sprach sich heute Lanessan (Intransigent) mißbilligend über die Absendung von Truppen nach Besseèges bei Gelegenheit, des dortigen Arbeiterstrikes aus. Der Minister des Innern wies nach, daß die Anwesenheit der Truppen zum Schutze der Arbeit nothwendig gewesen sei, und daß dieselbe die Unordnungen verhindert habe, welche ein sozialistischer revolutionärer Agent hervorzurufen bemüht gewesen sei. Clémenceau warf der Regierung vor, die Arbeitgeber in Schutz genommen zu haben, anstatt die Arbeiter den Arbeit⸗ gebern gegenüber zu schützen. Nach einer kurzen Replik des Ministers des Innern wurde eine von Lanessan beantragte, die Absendung von Truppen nach Bessoͤges mißbilligende Tagesordnung mit 386 gegen 70 Stimmen abgelehnt und die Tagesordnung Berniers, welche das Verhalten der Regie⸗ rung billigt, mit 309 gegen 48 Stimmen angenommen.
Italien. Rom, 9. März. (W. T. B.) General Me⸗ dici ist heute früh gestorben. — Auch der ehemalige Mi⸗
8 8 nister Lanza ist gestorben.
Türkei. Konstantinopel, 9. März. (W. T. B.) Die Abreise der außerordentlichen preußischen Gesandt⸗ schaft ist auf Wunsch des Sultans noch vertagt worden. Zum Diner ist dieselbe heute in der deutschen Botschaft.
Rumänien. Bukarest, 9. März. (W. T. B.) Der Berichterstatter der parlamentarischen Untersuchungs⸗ kommission über die diplomatischen Aktenstücke theilte heute der Kammer mit, daß die Kommission bei der Prüfung der diplomatischen Aktenstücke bezüglich der Abtretung von Bessarabien, sowie der Donaufrage ꝛc. keinerlei Ver⸗ drehung oder Unterschlagung gegenüber dem rumänischen
Grünbuch gefunden habe, wie solches von Cogalniceano be⸗
hauptet worden sei, und daß Cogalniceano sich geweigert habe, der parlamentarischen Kommission Auskunft zu geben unter dem Vorwande, daß die Mitglieder derselben seine politischen Gegner seien. — Für die Kreditforderung von vier
Millionen zur Ausrüstung der Armee wurde von der
Kammer die Dringlichkeit votirt.
— In dem der Kammer vorgelegten Berichte der parla⸗ mentarischen Untersuchungskommission wird ferner konstatirt, daß die Kommission im Ministerium des Aus⸗ wärtigen zwei Entwürfe des Grünbuches vorfand, welche sich auf die Frage der Wiederabtretung von Bessarabien, auf die die Anklage Cogalniceano's besonders hinweist, beziehen; der der andere Nachfolger Boeresco vorbereitet Diese beiden Grünbücher enthielten Dokumente, in denen gewisse, persönliche Fragen behandelnde Dokumente unter⸗ drückt worden seien. Hierdurch werde jedoch an dem Sinne der Dokumente nichts geändert. Cogalniceano suchte nach Vorlegung des Berichtes nachzuweisen, daß zahlreiche Unter⸗ drückungen vorgenommen worden seien. Der Minister des Auswärtigen, Statesco, bewies sodann, daß die Anklagen Co⸗
galniceano's in Nichts zerfallen, da die fraglichen Grünbücher
niemals vertheilt worden seien; der beste Beweis, daß die An⸗ klage unbegründet, sei die Weigerung Cogalniceano's, vor der Kommission zu erscheinen, um die Anklage zu präzisiren. Die Kammer ging schließlich über diese Angelegenheit zur Tages⸗ ordnung über.
Serbien. Belgrad, 9. März. (W. T. B.) Das
Amtsblatt“ veröffentlicht eine große Anzahl von Ergeben⸗
heits⸗ und Glückwunschadressen, welche dem Könige aus Anlaß der Erhebung Serbiens zum Königreich aus allen Schichten der serbischen Bevölkerung zugegangen sind.
Schweden und Norwegen. Stockholm, 6. März (Hamb. Corr.) In einer am Donnerstag in Christiania unter dem Vorsitz des Königs abgehaltenen schwedischen Staatsrathssitzung wurde beschlossen, dem RNeichstage einen neuen Zolltarif zu unterbreiten, dessen Bestimmun⸗ gen wesentlich mit den Anträgen der Zollkommission überein⸗ stimmen; die Abänderungen der letzteren werden hauptsächlich durch den Handelsvertrag mit Frankreich bedingt, dessen Ge⸗ nehmigung von Seiten des Reichstages vorausgesetzt wird. Wie verlautet, soll der neue Tarif zugleich mit dem französischen Handelsvertrag in Kraft treten. er neue Zolltarifentwurf Woche zugehen. —
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Der Bericht der wegen des Handelsvertrages mit Frankreich niedergesetzten Reichstagskommission wird dem Reichstage am Mittwoch zugehen und am kommenden Sonnabend zur Be⸗ rathung gelangen. — Ein dem Reichstage von privater Seite unterbreiteter Antrag, betreffend die Ausarbeitung eines neuen Schiffahrtsgesetzes für Schweden, ist dem Antrage des Gesetz⸗ ausschusses entsprechend von der ersten Kammer verworfen worden. 9 “
Zeitungsstimmen. „Dem „Deutschen Tageblatt“ wird aus Bublitz u. d.
7. März geschrieben:
Im Anschluß an den hier soeben gehaltenen zahlreich besuchten und mit großem Beifall aufgenommenen Vortrag des Professors Dr. Contzen ging folgende Zustimmungsadresse an den Reichs⸗
kanzler ab: 8 Durchlauchtigster Fürst, 1 Hochgebietender Herr Reichskanzler!
Die heute hier stattgefundene Versammlung patriotisch gesinnter
uner aus allen Ständen erklärt hiermit, daß sie den Hauptge⸗ danken des Vortrages von Professor Dr. Contzen über die wirth⸗ schaftliche Frage in Deutschland und die materiellen Grundlagen der von Ew. Durchlaucht eingeleiteten Sozialreform zustimmt und die zur Beförderung dieser Politik dienenden nationalwirthschaftlichen und sozial⸗reformatorischen Bestrebungen und Vereine, wie den Listklub, nach ihren besten Kräften befördern will. Mit der Versicherung un⸗ verbrüchlichster Treue für den Kaiser und größter Ehrerbietung und
Achtung für Eure Durchlaucht verbleiben wir:
folgen die zahlreichen Unterschriften. 8
— Der „Staats⸗Anzeiger für Württemberg enthält einen Artikel über die Tabakmonopolvorlage, in wel⸗ chem es heißt:
Zweifellos ist, daß eine gesunde Finanz⸗ und Steuerreform in den meisten deutschen Staaten nur mit Hülfe einer stärkeren Tabak⸗ besteuerung erreicht werden kann; und daß lettere am rationellsten auf dem Wege des Monopols herbeizuführen ist, darüber sind die Fachmänner längst einig. In den Budgets der deutschen Staaten und Gemeinden liegen so bedeutende Momente für das Tabakmono⸗ pol, daß es den Augen des richtig belehrten Volkes schließlich doch nicht verschlossen bleiben wird, wo der wahre Vortheil liegt. Wie alle menschlichen Dinge, hat auch das Monopol seine Kehrseite; es kommt eben nur darauf an, ob die daraus zu ziehen⸗ den Vortheile oder die mit in den Kauf zu nehmenden Nachtheile größer sind. Die württembergischen Stände haben durch ihren letztes Frühjahr mit großer Majorität gefaßten Beschluß ausgesprochen, daß sie das Monopol im Interesse der Herstellung des Gleichgewichts in dem Staatsbudget für nothwendig halten; durch die Einbringung des Entwurfs wird somit einem Wunsche der württembergischen Stände und des durch dieselben vertretenen württembergischen Volkes entsprochen. Dem Reichskanzler sind schon öfters von seinen Gegnern Niederlagen prophezeit worden, wo hintennach die Sache ganz anders gegangen ist, als sie sichs träumen ließen; aber auch wenn diese
Voraussagungen sich bewahrheiten sollten, so darf sich der Reichs⸗ kanzler sagen, daß er das Seinige gethan hat, um der beengenden Finanz⸗ und Steuerkalamität zu begegnen, während die Gegner die Hände in den Schooß legen und unter Verzicht auf jeden positiven Vorschlag mit ihrem „Nein“ genug für das Staatswohl gethan zu haben glauben.
— Auch der „Düsseldorfer Anzeiger“ widmet dem Tabackmonopol einen Artikel, dem wir folgende Stellen entnehmen: .
Wi sind keine Puritaner, sondern wissen recht gut, daß nament⸗ lich der geringe Mann gewisser Genußmittel bedarf, um die Schwere des Daseins leichter zu ertragen, um zeitweilig den Jammer zu ver⸗ gessen und auf andere Gedanken zu kommen. Solche Erwägungen aber können uns nicht dazu veranlassen, das Laster des Rauchens plötzlich zu einer Tugend zu stempeln und das „Pfeifchen des armen Mannes“ in wahrhaft widerwärtiger Weise rauchen zu helfen
In politischer Hinsicht zwingt uns die Liebe zum Deutschen Reiche, dem Monopol das Wort zu reden. Wenn die Oppositionspresse ruft: die Reichsregierung wird zu stark, namentlich wird der Kanzler an Macht gewinnen! so ist das für uns nur ein Grund mehr, für und nicht gegen das Monopol zu sein, welches die finanzielle und po⸗ litische Stärkung des Reiches befördern wird. Bis jetzt ist das Reich leider nicht stark genug. In Folge der partikularistischen Untugenden der Deutschen drohen vielmehr große Gefahren. Es wird wieder Alles in Frage gestellt werden können, wenn es uns jetzt nicht ge⸗ lingt, goldene Reifen um das Faß der deutschen Einheit zu schlagen.
Da auf dem Bestande des Reiches auch die wirthschaftliche Existenz der Reichsbürger beruht, so ergiebt sich schon hieraus die Ursache, weshalb wir ferner vom volkswirthschaftlichen Standpunkte für das Monopol sind. Wenn sogar Republiken wie Nordamerika und Frankreich den Tabak schwer bluten lassen und wenn das Volk sich dabei wirthschaftlich wohl befindet; wie soll man denn glauben, daß uns Deutsche das Monopol ruiniren wird? Die Entschädigung ist fürwahr nicht gering. Die Summen werden auch volkswirth⸗ schaftlich befruchtend auf unsere ganze Produktion wirken. Die Ar⸗ beiter ꝛc. bleiben in der Industrie, denn es müssen doch nach wie vor Cigarren gemacht werden. Die Heinzelmännchen stehen dem Kanzler nicht zur Verfügung. Es ist uns unbegreiflich, wie man das über⸗ sehen kann. G
— Die „Essener Zeitung“ eröffnet eine, wie es scheint, längere Reihe von Artikeln über das Tabackmonopol mit einer allgemeinen Betrachtung. In derselben wird gesagt:
Wäre die heutige Vorlage schon im Sommer des vergangenen Jahres bekannt gewesen, so hätten unseres Erachtens nicht alle die Unwahrheiten und Hirngespinnste über die „Vergewaltigungspläne“ des Fürsten Bismarck Wurzel fassen können, welche die fortschrittliche Presse in geschickter Weise und geflissentlich seitdem im Volke ver⸗ breitet hat. Zum Glück kommt die Wahrheit niemals zu spät und schon aus diesem Grunde muß der dem preußischen Volkswirthschafts⸗ rath vorgelegte Tabackmonopolentwurf mit Genugthuung begrüßt werden. — Es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß weite Kreise, wir sind überzeugt, es ist die Mehrzahl unseres deutschen Volkes, in der Theorie Anhänger des Monopols find.... ..
Wir sehen weder, wie die Fortssbrittöleuie in Anhängern des Monopols „Verräther des Vaterlandes“, noch in sachgemäßen Gegnern des Monopols idealistische Eiferer. Gerade so wie wir den interes⸗ sirten Kreisen der Tabackfabrikanten und ⸗Händlern ihr gutes Recht lassen gegen eine Sache zu kämpfen, aus der sie bisher nichts Vor⸗ theilhaftes für sich erhoffen, gerade so ist auch den Monopolfreunden, insbesondere aber der Reichsregierung das Recht nicht zu bestreiten, sich für eine Art der Besteuerung zu erwärmen, welche, wenn sie ohne Schädigung großer Interessentenkreise eingeführt werden kann, in der That das Ideal aller leichten und doch einträglichen Steuerlasten ge⸗ nannt werden muß.
Landtags⸗Angelegenheiten.
Seitens des Bureaus des Abgeordnetenhauses ist, wie di „Nat. Ztg.“ mittheilt, ein Plan für dessen Ge s steeie die keit vorgelegt worden. Darnach würde sich das Haus am Sonn⸗ abend, den 1. April, vertagen und am 17. April seine Arbeiten wieder aufnehmen. Bis zum 1. April incl. sollen erledigt werden die resti⸗ renden Etats in zweiter Lesung, als da sind: die Etats des Han⸗ dels⸗Ministeriums, der direkten und indirekten Steuern, der allge⸗ meinen Finanzverwaltung, des Kultus⸗Ministeriums — für dessen Berathung 4 Tage gerechnet d der Eisenbahnverwaltung,
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und die dritte Lesung des Etats, mit welcher erst Ende März würde abgeschlossen werden können. Ferner sollen bis zum 1. April noch erledigt werden: in dritter Berathung die Vorlagen wegen Verstaatlichung der Eisenbahnen, die Landgüterordnung für Westfalen in zweiter und die Vorlage wegen Ankaufs der Berlin⸗Anhalter Bahn in erster Lesung. Nach dieser Aufstellung wird angenommen, daß alsdann das noch vor⸗ handene Pensum vom 17. April bis zum 18. Mai, dem Himmel⸗ fahrtstage, werde aufgearbeitet werden können. Es werden dann durch⸗ zuberathen sein die Kreisordnung für Hannover, die Kirchenvorlage, für welche die Tage des 22. bis 25. April in Aussicht genommen sind. Die Vorlagen über den Landes⸗Eisenbahnrath, die Sekundär⸗ bahnen, die beiden Pensionsgesetze, die Hundesteuer, die Verlegung des Packhofs. Auch die erste Lesung des noch zu erwartenden Verwen⸗ dungsgesetzes hat man in die Berechnung einbegriffen. Die beiden Schwerinstage bis Ostern werden Anträgen und Petitionen gewidmet sein. Außerdem befinden sich noch verschiedene Anträge von Mitglie⸗
dern in den Kommissionen.
ESsteatistische Nachrichten.
Nach Mittheilung des Statistischen Bureaus der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 26. Februar bis inkl. 4. März cr. zur Anmeldung gekommen: 187 Eheschließungen, 890 Lebendgeborne, 29 Todtgeborene, 587 Sterbefällce.
— Einer im „Hamburger Corresp.“ enthaltenen Uebersicht der im Jahre 1881 im Hamburgischen Staate vorgekommenen Ehe⸗ schließungen, Geburten und Sterbefälle entnehmen wir folgende Daten: Im Jahre 1881 wurden 4050 Ehen geschlossen (die meisten im Monat Mai 549, die wenigsten im Monat Januar 217). Geboren wurden mit Einschluß der Todtgeborenen überhaupt 17 764 (davon männlich 9073, weiblich 8691); gestorben waren excl. der Todtgeborenen überhaupt 11 140 (davon männlich 5901, weiblich 5239. Von den Geborenen waren lebend: männlich 8745, weiblich 8433, todt: männlich 328, weiblich 258, ehelich: männlich 8209, weiblich 7850; unehelich männlich 864, weiblich 841. Von den ehelich Geborenen waren lebend: männlich 7928, weiblich 7643, todt: männlich 281, weiblich 207. Von den unehelich Geborenen waren lebend: männlich 817, weiblich 790; todt: männlich 47, weib⸗ lich 51. Zwillingsgeburten waren 250 (253 männlich und 247 weib⸗ lich); Drillingsgeburten 4 (6 männlich, 6 weiblich)h. Lebendgeborene überhaupt waren 17 178, Gestorbene überhaupt 11 140; der Ueber⸗ schuß der Lebendgeborenen über die Gestorbenen betrug 6038.
2. ‚Die Bevölkerungszahl des Hamburgischen Staates betrug 1864 275026, 1881 453 869 Personen. Eheschließungen fanden statt 1864 2326, geboren wurden 1864 8841, unehelich geboren waren 1864 1175, todt geboren 605, gestorben 7051, lebendgeboren 8236: Ueber⸗ schuß der Lebendgeborenen über die Gestorbenen 1185.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
I Verlage der Gebr. Henninger in Heilbronn erschien soeben: Kaiser büchlein, Kaiser Wilhelm als Christ. Dieses Lebensbild Sr. Majestät des Kaisers, in der Hauptsache aus
eigenen Aeußerungen Allerhöchstdesselben zusammengestellt und bis auf die neueste Zeit vervollständigt, hat seit seinem ersten Erscheinen 1878 achtzehn Auflagen und einen Absatz von 50 000 Eremplaren erreicht. Diese Verbreitung erstreckt sich über ganz Deutschland, namentlich ist aber Preußen stark daran betheiligt. Wie diese Zeugnisse unerschütter⸗ lichen Glaubens und Gottvertrauens in Sr. Majestät des Kaisers Allerhöchsteigenen Worten einerseits gerade in gegenwärtiger Zeit als ehrfurchtgebietendes Beispiel zu weitester Verbreitung anregen, so ist andererseits eine solche Verbreitung durch die billige Preisstellung ermöglicht. Die Preise für das Kaiserbüchlein sind, bei 3 Bogen Umfang in elegantem Umschlag mit Brustbild des Kaisers, wie folgt festgesetzt: 1 Exemplar 20 ₰, 25 Ex. 4 ℳ, 50 Ex. 7 ℳ 50 J, 100 Ex. 14 16 92 96, 1o Cr. à 10 ₰ per Er.
— Von der ulze'schen Hofbuchhandlung und Hofbuchdruckerei (C. Berndt & A. Schwartz) in Oldenburg sind 8 folgenden beiden, in deren Verlage erschienenen Schriften zugegangen:
Bedürfenwir künftig einer Schlachten⸗Kavallerie? Skizzirte Darstellung der Ursachen des Verfalls der Verwendung dieser Waffe in den Schlachten, sowie der Bedingungen zur Wiederbelebung ihrer Schlachtenthätigkeit von v. B. — Preis 2 ℳ — Ob die Kavallerie in der Neuzeit noch ihre frühere Bedeutung habe und wie sie eine solche gegenüber den vervollkommneten Feuerwaffen der Infanterie wieder erlangen könne, ist eine Streitfrage, die bereits eine ziemlich ansehnliche Literatur hervorgerufen hat. Die Tendenz der vorliegen⸗ den Schrift ergiebt sich schon aus dem Titel. Der Verfasser geht im ersten Theile der Brochüre die Hauptmomente in der Thätigkeit der Kavallerie, in erster Linie der preußischen in den Kriegen des 18. und 19. Jahrhunderts durch, um daran zu zeigen, daß sie zu allen Zeiten durch Massenangriffe und entschiedenes Vorgehen ihre Lorbeeren er⸗ rungen habe. Im zweiten Theile beschäftigt er sich dann in ein⸗ gehender Weise mit der Verwendung größerer Reitermassen in den Schlachten der Neuzeit der modernen Taktik und dem heutigen Feuergefecht gegenüber. Allerdings bemerkt der Verfasser im Vor⸗ worte, daß er kein Mann von Fach sei, fügt aber hinzu, daß in An⸗ betracht des wenn auch ganz nakürlichen Umstandes, daß bisher fast nur Fachleute für ihre Waffe eingetreten seien, es vielleicht nichts ver⸗ schlagen möge, wenn auch solche Stimmen laut würden, denen der Vorhalt „pro domo“ plaidiren zu wollen, nicht gemacht werden könne. Diesen Umstand bittet der Verfasser auch als Meßsab für die Beurtheilung seiner Arbeit an⸗ zulegen, welche Neues nicht bringe, sondern nur Bekanntes für den vorliegenden Zweck zusammenfassen wolle.
Johann Faust. Ein allegorisches Drama, gedruckt 1775 ohne Angabe des Verfassers, und ein Nürnberger Textbuch desselben Dramas, gedruckt 1777. Herausgegeben von Karl Engel. Zweite durch das Nürnberger Textbuch vermehrte Auflage. — Preis 2ℳ — Da Alles, was über Faust, besonders vor Goethe, versucht, gedacht und niedergeschrieben wurde, volle Theilnahme verdient, so wird der vorliegende Abdruck der gänzlich verschwundenen Münchener Aus abe, wie auch des Nürnberger Textbuches den Freunden der Faustschriften sicher willkommen sein.
— Im Verlage von J. Klönne u. G. Müller hierselbst ist vor Kurzem unter dem Titel: „Petroleum in der Mark Bran⸗ denburg“ eine vergleichende geographische Studie von Dr. Rein⸗ hold Pallmann erschienen. — Die Schrift, welche der Abdruck eines von dem Verfasser in der Fortbildungsschule des Aeltesten⸗Kollegiums der Kaufmannschaft von Berlin gehaltenen Vortrages ist, hat folgen⸗ den Inhalt: Die Versorgung Deutschlands mit Petroleum vom national⸗ökonomischen Standpunkte aus. — Die absoluten Depressio⸗ nen der Erde. — Die geologische Depression der norddeutschen Ebene. — Die vulkanischen Erscheinungen der neueren Zeit in der norddeut⸗ schen Tiefebene. — Die Petroleumspuren in der Mark Brandenburg. — Bemerkungen über das Auftreten von Rohpetroleum an der Ober⸗ fläche und im Innern der Erde.
— Das soeben erschienene zweite Heft des neuen Jahrgangs des Deutschen Familienblatts hat folgenden Inhalt: Natalie. Roman von W. Black (Fortsetzung). — Ein Traum. Novelle von W. Jensen. Illustrirt von Woldemar Friedrich (Fortsetzung). — Der Koranleser. Von Vambery. Mit Bild. — Etwas über Kinder. Von Margarete Treu. — Die Anforderungen der Schule an unsere Jugend. II. Von F. A. Petermann. — Im Hofbräuhause. Mit Bild. — Die projektirte Ueberlandbahn der Kolonie Queensland. Von F. Reuleauxr. Mit Karte. — Die Bühne der Gegenwart. Von Albert Lindner. I. Allgemeines als Vorwort. — Deutscher Rennsport. Von Herrmann Vogt. — Conrad Ferdinand Meyer. Von Justus Herwalt. Mit Bildniß und Faksimile. — Reisen und Entdeckungen. VIII. Mit Illustrationen. — Kleine und große Sorgen. Von Elisabeth L. Liwanna. — Die Johanneskirche zu Dresden. Mit Illustrationen von B. Mannfeld. — Astronomische Briefe. III. Von Paul Zech. Mit Kärtchen. — Aus den Memoiren