1882 / 63 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 14 Mar 1882 18:00:01 GMT) scan diff

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Zustand des Indifferentismus, der zum aber in dem Sinne, daß der Friede entstehen werde, wenn das Recht eines jeden von einem jeden vollständig anerkannt werde. Gebe Gott, daß man bald zu diesem Zustande kom⸗ men möge auch gegen den Abg. von Eynern.

Der Abg. Dr. Franz wies gegenüber der vom Abg. Strosser neulich aufgestellten Behauptung, daß die evangelische Kirche schlechter dotirt sei als die katholische, darauf hin, daß die Gesammtdotation der evangelischen Kirche über 5 Millio⸗ nen, die der katholischen nur über 3 Millionen be⸗ trage. Von dieser letzteren Summe werde vom Staate aber nur ein geringer Bruchtheil freiwillig be⸗ zahlt, der Rest auf Grund einer gesetzlichen Verpflichtung als Ersatz für die vom Staate eingezogenen Pfarreien und Stiftungen, der evangelischen Kirche dagegen werde nur 1 Million auf Grund einer solchen rechtlichen Verpflichtung gezahlt. Redner verglich sodann die Gehaltsätze der katholischen und evangelischen Geistlichen in den einzelnen Diözesen und kam zu dem Schluß, daß man sich auf evangelischer Seite nicht über eine zu hohe Dotirung der katholischen Geistlichen beklagen dürfe. 8

Der Abg. Boediker sprach seine Freude darüber aus, daß gemäß seiner vorjährigen Anregung, neben der Einstellung von pekuniären Staatsleistungen für katholische Bisthümer und Geistliche auch eine solche über die Einstellung von Naturalleistungen und ein Finalabschluß hierüber dem Hause vorgelegt sei, und wünschte, daß auch über die Leistungen aus Stiftungs⸗ und ähnlichen Fonds eine Nachweisung gegeben würde. Man ersehe daraus, daß in den Sammelfonds 12 213 000 geflossen seien, leider sei aber nicht angegeben, wie viel aus dem einzelnen Spezialfond geflossen sei.

Der Regierungs⸗Kommissar Ministerial⸗Direktor Bark⸗ hausen entgegnete, daß gegen dieses Verlangen an sich nichts einzuwenden sei, daß es aber zu weit führen würde, jeden einzelnen Fonds besonders aufzuführen; das Haus habe auch an der Spezialisirung des genannten Fonds zu wenig Interesse.

Der Abg. von Eynern erklärte, der Beste könne nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbar nicht gefalle, das möge sich der Abg. Windthorst, der ihn zum Frieden mahne, gesagt sein lassen. Die Encyklika des Papstes, die derselbe nicht angeführt habe, habe den Beweis geliefert, daß die Friedlosigkeit nicht auf Seite der Liberalen allein zu suchen sei. Nach ihm gewordenen Mittheilungen liege der Rheinbrohler Fall so: die Kosten für Kirchenbau und der Glocken, deren eine zur Beerdigung von Kindern benutzt werde, seien von der Bürgergemeinde aufgebracht worden. Der Bürgermeister sei daher vollkommen in seinem Rechte gewesen. Der Abg. Windthorst habe gesagt, seine (des Redners) Fraktion lebe vom Kulturkampf, er erwidere demselben, jeder möge vor seiner eigenen Thür kehren.

Der Abg. Mosler bemerkte, der Abg. von Eynern scheine den Thomas von Aquino nicht gelesen zu haben, denn sonst

würde derselbe sich nicht darüber wundern, daß der Papst ihn

allen katholischen Studirenden der Philosophie empfehle. Glaube man, daß der Abg. von Eynern dem Frieden diene, wenn derselbe einem Bischof, der seinen Vorgänger wegen treuer Pflichterfüllung lobe, solche Vorhaltungen mache? Müsse einem Bischof nicht das Herz bluten, wenn in seiner Diözese so viele verwaiste Pfarreien bei seinem Amtsantritte sich befänden und derselbe nicht zu helfen im Stande sei, weil sein Gewissen ihm verboten habe, die Gesetze zu erfüllen? Wenn der Regierungs⸗Präsident Nasse der Einladung zum b bei dem Bischof gefolgt sei, so beweise dies, daß Herr

asse mehr Taktgefühl gehabt habe, als der Abg. von Eynern

vielleicht an dieser Stelle bewiesen haben würde.

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Die weitere Diskussion wurde vertagt. In einer persön⸗ lichen Bemerkung hob der Abg. Frhr. von Zedlitz und Neu⸗ kirch hervor, er habe in seinem Zwischenrufe nicht behauptet, daß das Centrum überhaupt verschwinden, sondern nur, daß

es an innerer Geschlossenheit zurückgehen würde, wenn der

Kulturkampf aufhöre. Der Abg. von Eynern wies den Vorwurf zurück, daß die nationalliberale Partei vom Kulturkampf lebe. Der Abg. Dr. Windthorst dankte dem Abg. von Zedlitz für den Eifer, mit dem sich derselbe fortwährend mit dem

Centrum beschäftige, aber das Centrum werde auch an innerer

Geschlossenheit nichts verlieren.

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Es sei geschlossen noch heute auf seinem Programm und das Programm laute: in necessa- riis unitas, in dubiis libertas. Dem Abg. von Eynern be⸗ merke er, daß er diesmal ausdrücklich konstatirt habe, auch unter den Nationalliberalen sei bezüglich des Kulturkampfes ein Wandel im Gange. Nur der Abg. von Eynern lebe vom Kulturkampf weiter und streite weiter, weil derselbe wisse, daß

mit dem schwindenden Kampfe auch er verschwinden werde.

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Hierauf vertagte sich das Haus um 3 ³ Uhr auf Dienstag 11 Uhr

Pro okoll der fünften Sitzung wirthschaftsraths. (Naͤchtrag.) 6

Berlin, den 4. März 1882.

Die Sitzung wird von dem Vorsitzenden, Staats⸗Minister von Boetticher, um 10 ¼ Uhr eröffnet. Als Kommissarien der Staatsregierung sind anwesend:

für den ersten Gegenstand der Tagesordnung der Unter⸗ Staatssekretär Dr. von Mayr, der Geheime Regierungs⸗Rath

Boccius und der Regierungs⸗Rath Dr. Roller, für den zweiten

Gegenstand der Tagesordnung der Direktor im Reichsamt

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des Innern, Bosse, und der Geheime Ober⸗Regierungs⸗Rath Lohmann. Hr. Dr. Jansen hat für die heutige Sitzung sein Aus⸗

pleiben entschuldigt.

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Der Vorsitzende bemerkt, daß sich die Besprechung zu⸗

nächst auf den zweiten der von ihm in der gestrigen Sitzung bezeichneten Punkte, nämlich das Inte

resse der Landwirthschaft

ron dem Tabackmonopol, zu richten habe.

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daher für Deutschland

119 1 Hierzu bemerkt zunächst Hr. Kiepert, nach den gestrigen Ausführungen des Regierungskommissars werde für ne Land⸗

wirthschaft nach Einführung des Monopols in der im Entwurfe

SForgehenen Form die beste Gelegenheit gegeben sein, den Tabackba

u zu erweitern. Das englische 8*½ tem beruhe auf dem gänzlichen Verbot des inländischen Tabackbaues und sei nicht brauchbar. Aber auch die gmexikanische Fabrikatsteuer werde zu einer Schädigung unserer Tabackkultur führen, weil der inländische Taback mit Rücksicht auf seine geringere Qualität vom ausländischen werde zurück⸗

Bösen führe, wobl

gedrängt werden. Die Einführung des Monopols dagegen werde bei Festhaltung des Grundsatzes, daß der Bedarf der Monopolverwaltung an Rohtaback mindestens zu durch inländischen Taback gedeckt werden müsse, die Anregung zu weiterer Ausdehnung des Tabackbaues geben; namentlich sei zu erwarten, daß der Absatß für den inländischen Produzenten ein stetiger sein werde, da der Staat regelmäßig als Abnehmer auftreten und gleichmäßige Preise zahlen werde. Solle über⸗ haun⸗ eine bedeutende Erhöhung der Tabacksteuer eintreten, so ei hierfür die von Hrn. Krüger vorgeschlagene Form sder Flächensteuer nicht geeignet; der Unterschied der einzelnen Pflanzungen nach Bodenbeschaffenheit und Klima, und folge⸗ weise des Werths der Erträge sei außerordentlich bedeutend, und diese Art der Besteuerung werde daher sehr ungleichmäßig wirken. Die Tabackkultur erfordere sehr geübte Arbeiter und eigne sich nicht für Lohnarbeit, setze vielmehr die persönliche durch den Planteur und seine Familie voraus. Diese Art der Kultur aber befördere den Fleiß und die Arbeitsamkeit der Land⸗ bevölkerung in hohem Maße und sei im Interesse der Land⸗ wirthschaft so viel als möglich zu fördern. Hiernach müsse er (Redner) sich dahin zusammenfassen, daß die höhere Besteue⸗ rung des Tabacks in einer Weise eingerichtet werde, bei welcher die inländische Tabackkultur erhalten bleibe. Hierzu sei aber von den in Betracht kommenden Besteuerungsformen nur das Tabackmonopol für geeignet zu erachten.

Hr. Breithaupt erklärt, er beabsichtige im Gegensatz zu Hrn. Kamien als Arbeiter für das Monopol zu sprechen, behält sich dies aber für einen späteren Zeitpunkt der Be⸗ rathung vor.

Hr. Schöpplenberg will bereits in der Taback⸗Enquete⸗ kommnüsfänn den Standpunkt vertreten haben, daß man die inländische Tabackkultur nicht preisgeben dürfe, er bezweifelt aber, daß die Einführung des Monopols der richtige Weg sei, um dies zu erreichen. Jede Regie sei gezwungen, ihre Fabri⸗ kate dem Geschmack des Publikums anzupassen. Die nord⸗ amerikanischen Tabacke seien aber weit mehr geeignet, die Ge⸗ schmacksrichtung des rauchenden Publikums zu befriedigen, als unser deutscher Taback. Ohne den bestehenden hohen Zoll⸗ schutz würde letzterer sich nicht in dem Maße haben Eingang verschaffen können, wie dies geschehen sei. Die Regie aber werde mehr und mehr zur Verwendung ausländischen Tabacks übergehen müssen, wenn sie dem Geschmack des Publikums Rechnung tragen und für ihre Fabrikate Absatz finden wolle. Zum Theil habe der inländische Taback eine der⸗ artige Qualität, daß er vielleicht lokal in den Konsum übergehe, zur allgemeinen Verwendung für die Monopol⸗ verwaltung aber ganz unbrauchbar sei. Dies gelte namentlich von Ost⸗ und Westpreußen, sowie von Schlesien und Hannover. In diesen Bezirken werde bei Einführung des Monopols der Tabackbau eine erhebliche Einschränkung erleiden müssen, wenn nicht ganz aufhören. Dazu komme die große Strenge der Kontrolvorschriften, welche 8. belästigend seien, daß viele Planteure den Tabackbau voraussichtlich aufgeben würden. Nach alledem glaube er, daß die Seitens der Land⸗ wirthschaft an das Monopol geknüpften Hoffnungen nicht in Erfüllung gehen würden.

Hr. Kennemann führt in Anknüpfung an die von ver⸗ schiedenen Seiten gemachten Aeußerungen bezüglich höherer Besteuerung des Spiritus aus, daß dieser schon in einem Maße besteuert sei, wie kaum ein anderer Gegenstand, und daß eine Erhöhung dieser Steuer zum Untergang aller mitt⸗ leren Brennereien führen und eine Monopolisirung der großen Anlagen nach sich ziehen werde. Gegenüber den Befürchtungen des Hrn. Schöpplenberg wegen Verdrängung des inländischen Tabacks durch den aus ündischen sei darauf hinzuweisen, daß auch die Fabrikanten sich nach dem Geschmacke des Publikums richten müssen, daß sie aber gleichwohl in großem Umfange inländischen Taback verwenden. Die Form des Monopols sei 8 die Landwirthschaft die beste und wohlthätigste Form der

esteuerung des Tabacks, weil der Tabackbauer an der Monopolverwaltung einen sicheren Abnehmer habe.

Hr. Kosmack macht gegenüber den Ausführungen des Hrn. Kiepert geltend, daß die erhofften Vortheile des Taback⸗ monopols für die Landwirthschaft nur denjenigen Landestheilen zugute kommen würden, in welchen nach dem Entwurf der Tabackbau gestattet sein solle. Dies seien aber in den östlichen Provinzen nur wenige Bezirke.

Hr. von Nathusius geht auf die allgemeine wirth⸗ schaftliche Bedeutung des Tabackbaues für die Land⸗ wirthschaft ein und kommt dabei zu dem Schluß, daß die Landwirthschaft gegenwärtig mehr und mehr gezwungen werde, sich auf Spezialitäten zu werfen, und daß sie nur da große Erträge liefere, wo dies geschehe. Zu diesen Spezialitäten ge⸗ höre aber in erster Linie der Taback. Bedenklich könne es er⸗ cheinen, den Tabackbau abhängig zu machen von den Be⸗ dürfnissen der Monopolverwaltung; allein daneben verbleibe ja nach dem Entwurfe auch der Anbau für den Export. Den Tabackbau unter weitgehende Staatskontrole zu stellen, unter⸗ liege keinem Bedenken; man müsse auf das Wohlwollen der Regierung vertrauen. Von größter Bedeutung sei es für die Landwirthschaft, daß der Tabackbau den Familien der ärmeren Arbeiter eine lohnende Beschäftigung gewähre. Die gegen⸗ wärtige Unsicherheit sei für die Tabackkultur auf die Dauer nicht zu ertragen. Was die Industrie anlange, so mögen allerdings die kleineren Anlagen unter dieser Unsicherheit auch gelitten haben; für die großen Fabriken aber werde dieselbe eine erhebliche pekuniäre Schädigung wohl kaum herbeigeführt haben. 88 den landwirthschaftlichen Betrieb dagegen sei es unerläßlich, daß endlich eine definitive Entscheidung herbei⸗ geführt werde.

Hr. Krüger erkennt an, daß die Regierungsvorlage viel Verlockendes für den Tabackpflanzer enthalte, erklärt aber, daß er sich Ffeichwahl nicht für das Tabackmonopol aussprechen könne. Auch eine Erhöhung der Gewichtssteuer auf das Drei⸗ oder Vierfache ihres jetzigen Betrages könne nicht als zulässig betrachtet werden. Deeße Form der Besteuerung wirke zu un⸗ gerecht da sie den geringsten Taback eben so hoch elaste, wie den guten. Schon jetzt sei für den Morgen bei einem durchschnittlichen Ertrag von 15 Centner eine Steuer von 225 zu entrichten, die sich vom nächsten Jahre ab auf 337 erhöhen werde. Eine noch weitergehende Steigerung eintreten zu lassen, sei unmöglich. Auch die Flächensteuer unterliege gewissen Bedenken, da sie auf die Menge und auf die Qualität des Ertrages keine Rück⸗ sicht nehme. Allein, da die geringen Tabacksorten der Quantität nach einen um so viel höheren Betrag liefern, als die besseren, so gleiche sich die Steuer beinahe aus.

Im Einzelnen gebe die Vorlage für die Landwirthschaft zu großen Besorgnissen Veranlassung. Die Möglichkeit sei

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nicht ausgeschlossen, daß in Folge der Einführung des Mo⸗ nopols der Konsum abnehme. Die nothwendige Folge davon werde eine entsprechende Einschränkung des inländischen Taback⸗ baues sein müssen, und es dränge sich die Frage auf, wie in diesem Falle vorgegangen werden solle. Es sei zu befürchten, daß zuerst diejenigen Tabackpflanzungen eine Einschränkung erfahren würden, welche einen geringwerthigen Taback liefern. Dies werde aber für viele Pflanzer zum Ruine führen, da vielfach der Boden, welcher sich zu anderen Kulturen nicht eigene, mit Rücksicht auf den Tabackbau theuer bezahlt worden sei. Eine 8 Gefahr liege in der im Entwurfe vorge⸗ sehenen Zulassung neuer Distrikte zum Tabackbau. Dadurch könne leicht eine Beschränkung der bestehenden Pflanzungen mit den für die Besitzer daran sich knüpfenden Nachtheilen herbeigeführt werden. Es empfehle sich daher, die Zulassung neuer Anbaubezirke im Gesetze auszuschließen.

Demnächst geht der Redner auf die einzelnen Kontrol⸗ vorschriften des Entwurfs näher ein, indem er nach⸗ zuweisen versucht, daß dieselben für den Pflanzer nicht nur äußerst belästigend, sondern zum Theil geradezu un⸗ ausführbar seien, wie namentlich die Vorschriften über die Feststellung der Blätterzahl (§. 14) und die unbedingte Vertretung der Haftmenge durch den Pflanzer 19, das Verbot der Untermischung anderer Bodengewächse (§. 16 Nr. 2), die Bestimmungen über den Zeitpunkt des Köpfens und Ausgeizens der Tabackpflanzen und über die Zeit der Ernte (§. 16 Nr. 3 ff.).

Hr. Heimendahl schließt sich den Ausführungen des Herrn von Nathusius darin an, daß der inländische Tabackbau 8. Möglichkeit in seinem Bestande zu erhalten, und daß eine end ich Klärung der Verhältnisse dringend erwünscht sei, und fügt hinzu, es seien auch vom Standpunkt der landwirthschaft⸗ lichen Interessen gegen die ausschließliche Kundschaft des Staats mancherlei Bedenken geltend zu machen, welche vielleicht bei der Fabrikatsteuer vermieden werden könnten.

Hr. von Rath führt aus, zum größeren Theile werde der Tabackbau in Deutschland in der Weise betrieben, daß die kleinen Familien ihren Acker unter Betheiligung sämmtlicher Familienmitglieder kultiviren. Diese Leute nun seien den Tabackhändlern gegenüber beim Absatz des Produkts sehr un⸗ günstig gestellt, da die Händler es in der Hand hätten, durch

egenseitige Verständigung die Preise vorzuschreiben. Es sei ehr erwünscht, den Tabackbauer dagegen zu sichern, und dies könne nicht wirksamer geschehen, als wenn der Staat zum alleinigen Abnehmer gemacht werde. Ueberdies wisse die Monopolverwaltung genau, welche Art Taback jeder einzelne Bezirk liefere und welche Verwendung sie von demselben machen könne; sie sei v in der Lage, dem Pflanzer an die Hand zu gesen. in welcher Weise er seine Kultur einzurichten habe, um sein Produkt am Vortheilhaftesten verwerthen zu können. Nach alledem sei das Monopol für den kleinen Tabackbauer günstiger, als irgend eine andere Form der Besteuerung.

Hr. Kochhann will es dahingestellt sein lassen, ob der Tabackbauer, wenn er mit seinem Absatze vom Staate abhängig sei, sich besser stehe, als wenn er von den Händlern abhänge. Im Allgemeinen regele die Konkurrenz die Preise und dies sei bisher wohl nicht zum Nachtheil der Landwirthschaft geschehen. Ein Hauptbedenken gegen die Vorlage bestehe in der Kon⸗ tingentirung dessen, was die Monopolverwaltung brauche, nach einem dreijährigen Durchschnitt. Mehr als für die Monopol⸗ verwaltung erforderlich sei, könne der Staat nicht kaufen; der Anbau für die Ausfuhr sei aber derart erschwert, daß er vor⸗ aussichtlich eine große Verbreitung nicht finden werde. Das Monopol werde in Deutschland nicht anders wirken, als in den übrigen Monopolstaaten, d. h. es werde eine Abnahme des Konsums zur Folge haben, und daraus werde sich mit Nothwendigkeit auch eine Abnahme des inländischen Taback⸗ baues ergeben. Auch die komplizirten Manipulationen, welche der Entwurf für den Tabackbauer vorschreibe, würden dazu beitragen, Unzufriedenheit zu erregen und viele Tabackbauer von der Ferh der Kultur abhalten. Wolle man das Monopol einführen, dann müsse wenigstens Alles geschehen, um dem kleinen Pflanzer möglichst entgegenzukommen um ihn bei der Tabackkultur zu erhalten. ü

Hr. Burghardt erkennt an, daß das Interesse der Land⸗ wirthschaft in dem Entwurfe sehr gewahrt sei, mehr als sich dies bezüglich der Industrie sagen lasse. Die Untersagun des Tabackbaues wegen Zuwiderhandlung gegen das Monopol⸗ gesetz, welche im §. 10 Absatz 2 des Entwurfs erwähnt sei, dürfe nicht schon bei der ersten Kontravention ausgesprochen werden, auch sei zu empfehlen, sie nur auf eine bestimmte Zeit eintreten zu lassen. Die Nachtheile, welche eine solche Unter⸗ suchung fur den Pflanzer zur Folge hätten, beschränkten sich nicht auf diesen selbst, sondern träfen vielfach auch dritte Personen, wie namentlich die Hypothekengläubiger in Folge der unvermeidlichen Entwerthung der betreffenden Grundstücke. Die Zusammensetzung der im §. 11 des Entwurfs erwähnten Tabackbaukommission sei derartig, daß den Organen der Re⸗ gierung stets die Majorität gesichert sei. Wenn gleichwohl die Entscheidungen der Kommission endgültige sein sollten, so seien dagegen begründete Bedenken zu erheben.

Hr. Meyer 88 betont die große Unpopularität unseres gegenwärtigen Steuer shstemns, welche wesentlich auf dem Ueber⸗ wiegen der direkten Besteuerung beruhe. Wenn auch vom rein theoretischen Standpunkte die direkten Steuern den Vorzug verdienen mögen, so müsse doch aus praktischen Rück⸗ sichten die indirekte Besteuerung bei uns 5 entwickelt werden, und als besonders geeignete Steuerobjekte seien der Taback und die geistigen Getränke 9 betrachten. Die Vorlage würde mehr Beifall gefunden haben, wenn gleichzeitig eine höhere Besteuerung der geistigen Getränke angebahnt worden wäre. Wenn er (Redner) sich auch noch nicht von den Vor⸗ zügen des Monopols überzeugen könne, so verkenne er degh nicht, daß durch eine andere Besteuerungsform sich ein gleig hoher Ertrag nicht werde erzielen lassen. Gleichwohl müsse er sich gegen das Monopol dis prestec und zwar aus einem schwerwiegenden Bedenken sozialpolitischer Natur: man betrete damit Fheacgs. den Boden des Staatssozialismus. Aus den Motiven müsse man den Eindruck engangen, daß sich dieselben mit den Theorien Lassalle's in vielen Punkten be⸗ rühren. Es sei Pflicht des Volkswirthschaftsraths, auf dieses Bedenken hinzuweisen.

Hr. Hagen bemerkt zu den Ausführungen des Hrn. von Rath, nicht der Kaufmann mache die Preise, sondern die Konkurrenz. Sei der Staat der alleinige Abnehmer für den Tabackbauer, so müsse man die Frage aufwerfen, wie er bei der Festsetzung der Preise verfahren werde. Bringe das Monopol nicht so viel ein, als man erwarte, so werde die Monopolverwaltung entweder die Fabrikatpreise erhöhen, oder

““ v1““ 11e“ nkaufspreise des Rohtabacks herabsetzen. In beiden Fällen werde dies schließlich zu einer Schädigung der Land⸗ wirthschaft ausschlagen. Nach einer kurzen Erwiderung des Hrn. von Nathusius auf die Ausführungen des Hrn. Kochhann bemerkt Hr. Hessel, wenn man die Befürchtung hege, daß der Staat die Pro⸗ duzenten schädigen werde, so übersehe man, daß in Preußen die Staatsregierung von jeher für die Landwirthschaft die wärmste Fürsorge gehegt habe, und daß der Staat schon in seinem eigenen Interesse darauf angewiesen sei, die Pro⸗ duzenten zu schützen. Vom Handel könne dies keineswegs in gleicher Weise gesagt werden. Dieser habe vielmehr durch Heranziehung der ausländischen Konkurrenz die Landwirthschaft schwer geschädigt. . Hr. Baare bemerkt gegenüber den Ausführungen des Hrn. Hagen, daß die Monopolverwaltung selbstredend hinsichtlich der Normirung der Preise in derselben Weise von den allge⸗ meinen Konjunkturen im Tabackgeschäft abhängig sei und bei⸗ spielsweise beim Eintritt von Mißernten in Amerika die Preise hrer Fabrikate unter Umständen ebenso werde erhöhen müssen, wie die Privatindustrie. Unter der Monopolverwaltung sei agegen eine mißbräuchliche Ausbeutung der wechselnden Kon⸗ junkturen im Wege der Spekulation ausgeschlossen, wie sie eitens der Privatindustrie stattfinden könne und stattgefun⸗ den habe. Hr. Rosenbaum glaubt darauf aufmerksam machen zu müssen, daß die amerikanische Fabrikatsteuer im Interesse der Tabackpflanzer deshalb den Vorzug vor dem Monopol verdienen werde, weil dieselben unter der Herrschaft des Monopols ge⸗ zwungen seien, ihre Erzeugnisse an die Monopolverwaltung als den einzigen vorhandenen Käufer abzusetzen, während unter der Fabrikatsteuer eine Beschränkung hinsichtlich der freien Veräußerung nicht eintrete. Der Regierungskommissar Hr. Unterstaatssekretär Dr. von Mayr weist darauf hin, daß gegen die Gefahren, welche für den Tabackpflanzer aus der Einführung des Monopols nach Ansicht der Vorredner entstehen sollen, in dem Gesetz⸗ entwurf eine zweifache Garantie gegeben sei, und zwar erstens dadurch, daß unter allen Umständen die Fabrikate der Monopol⸗ verwaltung zu einem bestimmten Prozentsatz aus einheimischem Taback herzustellen seien, und zweitens dadurch, daß die Ans⸗ fuhr von Taback auch ferner zulässig sein solle. Unter diesem Schutze erscheine der Fortbestand der inländischen Taback⸗ produktion in ihrem bisherigen Umfange völlig gesichert, während dem bestehenden Bedürfniß, eine große Menge ein⸗ heimischen und fremden Tabacks nebeneinander zu verwenden, bei einem der anderen in Vergleichung gezogenen Be⸗ steuerungssysteme schwerlich zu allseitiger Befriedigung dürfte genügt werden können. b Die Befürchtungen des Hrn. Schöpplenberg, betreffs der ungünstigen Wirkungen des Monopols für die Tabackpflanzer, würden durch die Thatsache entkräftet, daß die elsässischen Tabackbauer die Rückkehr des Monopols lebhaft wünschten und in dieser Auffassung auch durch die lebhaftesten Agita⸗ tionen der Gegner des Monopols nicht hätten irre gemacht werden können. Die im Elfaß gemachten Erfahrungen be⸗ wiesen auch, daß die Technik des Tabackbaues sich unter der Herrschaft des Monopols vervollkommne, während die Kultur bei dem System der freien Konkurrenz, welche die Qualität der Waare weniger resperiire⸗ zurückgehe. Das Bestreben der Monopolverwaltung das selbstredend vorhanden sein werde —, ihre Fabrikate dem Geschmack des Publikums an⸗ zupassen, könne auch eine Verminderung des Verbrauchs an einheimischem Taback schwerlich herbeiführen. Es würde sonst nicht verständlich sein, wie die Privat⸗Industrie, jeden⸗ falls von demselben Bestreben geleitet, solche Quantitäten in⸗ ländischen Tabacks, wie geschehen, habe verwenden können. Uebrigens gebe es auch unter dem amerikanischen Taback sehr geringwerthigen und unter dem deutschen Taback solchen von Fehr hohem Werth. Wenn der amerikanische Taback dem deut⸗ schen so unbedingt vrent.en wäre, würde nicht verständlich sein, weshalb fetther unter der Herrschaft des niedrigen Taback⸗ zolles die Verwendung des deutschen Tabacks überhaupt eine folche Ausdehnung erhalten hätte, wie thatsächlich der Fall sei. Auf die Wünsche des Hrn. Kosmack hinsichtlich der Er⸗ weiterung der Anbaubezirke glaubt Redner erst bei der Spezial⸗ diskussion näher eingehen zu sollen, bezeichnet im Uebrigen eine Modifikation der bezüglichen, im Gesetzentwurf in Aussicht ge⸗ nommenen Bestimmungen als nicht prinzipiell ausgeschlossen. G Dagegen bezweifelt Redner den Bemerkungen des Hrn. Krüger gegenüber, daß die von demselben befürwortete einfache Flächensteuer mit hohen Sätzen in weiteren Kreisen der Pflanzer Anklang finden werde. Wenn behauptet werde, daß der ge⸗ ringere Taback im Allgemeinen mehr Blätter trage als der bessere, und eine angemessene Besteuerung durch diese Ver⸗ schiedenheit herbeigeführt werde, so seien doch auch noch andere Momente, wie namentlich die Verschiedenheit, welche insichtlich der Ertragsmenge durch die Bodenbeschaffen⸗ eit hervorgerufen werde, in Betracht zu ziehen. Die Beschwerden des Hrn. Krüger bezüglich der Kontrol⸗ orschriften des Entwurfs seien vielmehr gegen die be⸗ tehenden gesetzlichen Bestimmungen über die Tabackbesteuerung zu richten, mit denen sie vollständig übereinstimmten. Gerade die Einführung des Monopols würde in dieser Beziehung

aber Erleichterungen möglich machen, da die Gefahren einer

Umgehung der steuergesetzlichen Bestimmungen bei freier Fa⸗ brikation natülich größer seien als bei eintretender Monopoli⸗ sirung. Die befürchtete Einschränkung der Anbaubezirke sei durch die im Gesetz vorzuschreibende proportionale Verwen⸗ dung inländischen Tabacks asselchlosjen, urch diese Bestim⸗ mung vielmehr die größtmögliche Garantie dafür gegeben, en es dem Tabackproduzenten nicht an Bestellungen fehlen werde. Dem Hrn. Heimendahl entgegnet Redner, daß auch die amerikanische Fabrikatsteuer zu lebhaften Kämpfen zwischen den südlichen und den nördlichen Staaten Veranlassung ge⸗ geben habe, indem die ersteren eine Beseitigung dcfer Steuer verlangten und eine Ermäßigung vor Kurzem auch durchgesetzt Pten Die tabackbauenden Südstaaten gerade wollten die

abacksteuer durch eine Einkommensteuer ersetzen. Die Ver⸗ theidiger der amerikanischen Fabrikatsteuer handelten demnach schwerlich im Interesse gerade der Tabackpflanzer.

Die Abhängigkeit des Pflanzers vom Staate, welche Hr. Kochhann hervorgehoben, sei in der That wohl nicht bedenk⸗ lich; eine Bedrückung des as.e. durch den Staat sei schon deshalb nicht zu befürchten, weil letzterer ja der Landesvertretung verantwortlich bleibe. Ebenso müsse die behauptete Fricgzehee der Ausfuhr geleugnet werden, da der Entwurf alle Möglich⸗ keiten der Ausfuhr vorsehe. Der hervorgehobene geringe Taback⸗ konsum in anderen Ländern, welche das Monopol eingeführt

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““ 1 8 haben, erkläre sich zur Genüge daraus, daß dasselbe eingeführt sei, als der Konsum noch wenig entwickelt gewesen, und daß als⸗ bald eine sehr hohe Belastung eingetreten sei. Wenn die Mono⸗ polverwaltung an den gegenwärtigen Preisen festhalte, sei ein Rückgang des Konsums nicht zu befürchten. Auch zu einer Belästigung des „kleinen Pflanzers“ würden die Bestimmun⸗ gen des Entwurfs nicht führen. Wo Schwierigkeiten aus den „komplizirten“ Bestimmungen zu erwarten seien, würde durch Herstellung von Formularen, durch Unterstützung und Anlei⸗ tung der u. s. w. geholfen werden können.

Den von Hrn. Meyer (Celle) erhobenen Vorwurf der staatssozialistischen Tendenzen des Entwurfs weist Redner durch den Hinweis darauf zurück, daß die Bestimmung des Mono⸗ pols lediglich die sei, dem finanziellen Bedürfniß des Staates zu dienen: die eintretende Verstaatlichung der Tabackindustrie sei nicht der Zweck, sondern die Folge der beabsichtigten Maß⸗ regel. Nur weil eine ausreichende Besteuerung des Tabacks auf anderem Wege unthunlich sei, nehme der Staat die Fabri⸗ kation selbst in die Hand. Die Einführung des Tabackmono⸗ pols habe hier keinen anderen Charakter, wie in anderen Län⸗ dern, in denen dasselbe bestanden habe lange Zeit, bevor man den Begriff des „Staatssozialismus“ gekannt.

Endlich wird den Bemerkungen des Hrn. Hagen gegenüber noch hervorgehoben, daß die französische Staatsverwaltung, welche den fiskalischen Standpunkt im Allgemeinen mit ganz besonderer Schärfe vertrete, den Tabackpflanzern stets lohnende Preise gezahlt habe und ein gleiches Verfahren der deutschen Monopolverwaltung um so mehr erwartet werden könne, als ein Herabdrücken der Rohtabackpreise gegenüber den einheimi⸗ schen Pflanzern vom Standpunkte des Finanzmannes aus als 88 wenig zweckentsprechendes Mittel angesehen wer⸗

en müsse.

Hr. Dietze will bei dieser Gelegenheit dem ö Be⸗ dauern Ausdruck geben, daß es in Folge der Beschlüsse des Reichstages nicht möglich gewesen sei, den preußischen Volks⸗ wirthschaftsrath zum deutschen Volkswirthschaftsrath zu er⸗ weitern, und daß die Versammlung deshalb des sachverstän⸗ digen Beirathes der elsässischen, bayerischen, badischen u. A. Tabackbauer entbehren müsse. Er müsse sich daher darauf be⸗ schränken, hier zu konstatiren, wie er auf Grund privater Mit⸗ theilungen annehmen dürfe, daß der Standpunkt des Herrn Krüger nicht von allen Tabackpflanzern getheilt werde.

Hr. Schöpplenberg vermißt noch die wünschenswerthe Klarheit über die Preise, die seitens der Monopolverwaltung in Aussicht genommen werden, und hält an der Ansicht fest, daß eine Erhöhung der in der Vorlage mitgetheilten Preise sich nicht werde vermeiden lassen. Daß auch eine Verminde⸗ rung der Verwendung des einheimischen Tabacks eintreten werde, dafür sprächen die Erfahrungen, die in Frankreich und Oesterreich gemacht seien.

u Punkt 3 „die Einrichtung der Regiefabrikation“ wird das Wort nicht verlangt.

Zu Punkt 4 „die Einrichtung des Vertriebes“ erbittet

r. Kalle Auskunft über die Berechnung des Reingewinns in

eilage I. der Denkschrift, betreffend die Einrichtung des deut⸗ schen Tabackmonopols (S. 58 der Motive). Der allgemeine Satz für Generalunkosten betrage 7,44 pro 100 Pfund. Bei Verechnung der Gestehungskosten für den billigsten Rauch⸗ taback seien dieselben nur mit 2,48 berechnet. Demgemäß hätte bei den besseren Rauchtabacken beziehungsweise bei den Cigarren ein höherer Satz als 7,44 eingestellt werden müssen, was 86 nicht geschehen sei.

Hr. Hessel bezeichnet es als wünschenswerth, daß in größe⸗ ren Orten Tabackverschleißer in geringerer Zahl, als in dem Entwurf in Aussicht genommen (auf 750 Einwohner eine Verschleißstelle), angestellt und deren Verdienst dementsprechend vergrößert werde.

Hr. Brockhoff bemängelt gleichfalls die in Aussicht ge⸗ nommenen Preise der Fabrikate als zu niedrig berechnet. Wenn, wie in der Heimath des Herrn Redners (Duisburg), der billigste, unter Verwendung von Virginiastengeln herge⸗ stellte Rauchtaback 60 beziehungsweise mit der vollen Steuer 80 koste, so sei es ungerechtfertigt, jetzt einen Taback für 50 liefern zu wollen, und es werde angemessen sein, hier die Preise in der gegenwärtigen Höhe zu erhalten, um lieber mit der so vermehrten Einnahme die zu niedrig veranschlagten Entschädigungen zu erhöhen.

Hr. Leyendecker wünscht Auskunft darüber, welcher Betrag unter der Nr. 10 Seite 60 der Motive enthaltenen Position auf die Beschaffung von Gebäuden und Maschinen entfalle und giebt zu erwägen, ob die Position 9 ibid. „für Unter⸗ hatung von Gebäuden und Maschinen“ ausreichend be⸗ messen sei.

Hr. Burghardt bemängelt die Kalkulation auf Seite 50 der Motive. Es scheine ein 39 für Sauce zu fehlen. Dies angenommen, sei aber der angesetzte Verkaufspreis zu niedrig.

Hr. Fgaf theilt die Befürchtungen verschiedener Vor⸗ redner hinsichtlich der Nothwendigkeit einer Erhöhung der in der Vorlage in Aussicht genommenen Preise nicht, glaubt vielmehr, daß nach eingetretener Amortisation des Betriebskapitals und der Entschädi ungen beziehungsweise mit dem Eintreten eines vermehrten 8 vaüms eine Ermäßigung der Preise ein⸗ treten werde. 1—

Hr. Kalle fürchtet, daß bei richtiger Kalkulation der Preise, also Füagenelt auch Berechnung der Verschleißkosten und des Ausfalles an Zöllen, von manchen Fabrikaten überhaupt kein Gewinn zu erwarten sei, und bezweifelt um so mehr, daß das Tabackmonopol sich als eine ergiebige Finanzguelle erweisen werde, als der Konsum von Taback ohne Zweifel zurückgehen werde, wie dies auch bereits nach Einführung der erhöhten Steuer geschehen sei.

Auf eine Anfrage des Redners bezüglich des für Arbeits⸗ löhne ausgeworfenen Betrages erwidert der Regierungs⸗ kommissar, Hr. sinter⸗Staatssekretär Dr. von Mayr, daß hier nur Durchschnittssätze für Arbeiter beiderlei Geschlechts und jeden Alters in Ansatz gebracht seien; auf die Verwendung von Mädchen sei in größerem Umfange gerechnet, wie solche auch in der Straßburger Tabackmanufaktur in sehr zFoßer Zahl beschäftigt würden. Ebenso müsse der Satz von 750 Ein⸗ wohnern für jede Verschleißstelle lediglich als ein Durch⸗ In größeren Städten würde o zu erhöhen, wie in kleinen Orten zu er⸗

schmnittssatz 8 werden.

ie Kopfzahl eben niedrigen sein. E G

Hinsichtlich der im Entwurf für die verschiedenen Sorten berechneten Preise der Fabrikate bemerke er, daß dieselben lediglich die Bedeutung von Probekalkulationen hätten, um einen Anhalt dafür zu geben, wie die Ausführung des Monopols im Detail gedacht sei. Diese Kalkulationen seien nicht bei jeder Sorte vollständig durchgeführt und könnten selbstredend nicht als entscheidend für die Berechnung der Rentabilität des

Unternehmens angesehen werden. Hr. Brockhoff scheine zu sehr mit lokalen und zwar mit extraordinären Verhältnissen zu rechnen. An anderen Orten würden NSgre; billigere Tabacke geraucht. Hr. Schöpplenberg habe den Preis des billigsten Tabacks selbst auf 35 angegeben. kläre sich die Differenz zwischen den von Herrn Brockhoff an⸗ gegebenen und den in der Vorlage in Aussicht genommenen Preisen dadurch, daß Ersterer Fabrikate aus Virginiataback im Auge habe. Hinsichtlich der Kalkulation der Preise für die Fabrikate der Monopolverwaltung müsse übrigens hervor⸗ gehoben werden, daß nach Einführung des Monopols ein Steuerbetrag als besonderes Element der Kalkulation nicht mehr hervortreten könne. Die bisherigen Steuereinnahmen gingen auf in dem gesammten Monopolgewinn, und es könne deshalb nichts verschlagen, wenn der Staat an einer Sorte etwas weniger verdiene. Sei der Erfolg der, daß der arme Mann den Taback etwas billiger erhalte, so sei das doch nicht erade zu beklagen. Die Anfrage des Hrn. Leyendecker er⸗ edige sich durch die Angaben auf Seite 22 der Motive.

Zu Punkt 5 „die Uebergangsbestimmungen“ erklärt der Regierungskommissar, Hr. Unterstaatssekretär Dr. von Mayr, auf Anfrage des Hrn. von Felsen hinsichtlich der Kontrole der Hausindustrie unter der Monopolverwaltung, daß es für die letztere ebenso unbedenklich sei, Taback der Hausindustrie zur Verarbeitung zu überlassen, wie es dies gegenwärtig für die Privatfabriken sei. Auch die seitens der Tabackmanufaktur in Straßburg gemachten Erfahrungen bestätigen dies. Dort sei neuerdings eine erhebliche Erweiterung des Filialbetriebes eingetreten.

Zu Punkt 3 „die Entschädigungsfrage“ 1 Wesenfeld, daß, wenn auch im Laufe der Diskussion eine Reihe von Bedenken gegen das Monopol beseitigt seien, die vorgeschlagene Regelung der Entschädigungsfrage doch noch zu sehr gewichtigen Bedenken Anlaß gebe. Der bea sichtigte Eingriff des Staates in die freie Bewegung der Industrie werde nur bei sehr coulanter Entschädigung der Interessenten gerechtfertigt werden können, und werde der permanente Ausschuß in dieser Richtung die Vorlage sehr ernst⸗ zu prüfen haben. Anstößig müsse besonders der Umstand er scheinen, daß anscheinend nicht beabsichtigt sei, den Fabrikanten neben dem abzuschätzenden Werth ihrer Fabriken eine Ent schädigung für die Untersagung des Betriebes zu gewähren und daß die im Zollausland belegenen Etablissements ohn Entschädigung bleiben sollten.

Hr. Breithaupt bemerkt gegenüber den gestrigen Ausfüh⸗ rungen des Hrn. Kamien, daß er, gestützt auf seine während langjähriger Beschäftigung sowohl in Staatswerkstätten wie in Privatetablissements gesammelten Erfahrungen, der Be⸗ schäftigung der Arbeiter in staatlichen Betrieben das Wort reden und eine Ausdehnung derselben gerade im Interesse de Arbeiter wünschen müsse. Der Staat pflege seine Arbeite besser als der Privatmann in sanitärer Einrichtung zu schützen er gewähre absolute Sicherheit für die Auszahlung des ver dienten Lohnes; die angebliche Beschränkung der Willens freiheit der Arbeiter sei wohl auf Ausschreitungen einzelner weniger Beamten zurückzuführen, entspreche aber im Allge meinen den Absichten und Erklärungen der Staatsregierung nicht. Hinsichtlich der Ausschließung älterer Arbeiter verfahr die Privatindustrie sogar rigoroser als der Staat, indem jene meistens eine Altersgrenze von 35 Jahren 8

Hr. Kroos wünscht eine besonders scharfe und präzise Fassung der Bestimmungen des Gesetzes, um einer mißbräuch lichen usnutzung derselben durch die steuerfiskalischen Be⸗ hörden, wie solche in Betreff der Bestimmungen des Zoll⸗ gesetes vom Jahre 1879 bekanntlich erfolgt sei, nach Möglich⸗

eit vorzubeugen.

Hr. Hagen ist der Ansicht, daß entweder die von der Monopolverwaltung zu zahlenden Entschädigungen zu niedri‚ bemessen seien und dadurch die Interessen der in der Taba industrie bisher beschäftigten Personen verletzt würden, ode aber die Entschädigungen höher ausfallen und einen erheblicher 1 Ertrag des Monopols illusorisch machen würden. Wenn die in Aussicht genommene Entschädigung der Fabrikanten mit dem Betrage des fünfjährigen Reingewinns für manche Fälle ausreichend und sogar ziemlich hoch gegriffen erscheine, so sei die Versagung jeder Entschädigung an solche Personen, dere Geschäfte noch nicht fünf Jahre beständen, beziehungsweise die Reduktion der Entschädigung auf die Hälfte des fünffägrigen Reingewinns für Sechaft⸗ welche über 5, jedoch noch nich 10 Jahre im Betriebe seien, eine sehr empfindliche Härte. Die Taback⸗Enquete⸗Kommission habe auch als Entschädigung den 8⸗ bis 12 jährigen Reinertrag gewähren wollen. Die Abfindung der Rohtabackhändler mit dem Zweifachen beziehungsweise Ein⸗ fachen des jährlichen Reingewinns sei viel zu niedrig bemessen. Ebenso würden die Händler mit Tabackfabrikaten fehr pet ge⸗ troffen. Unter diesen Personen, die zum Theil mit sehr ge⸗ ringem Gewinn, dagegen wegen des ausgedehnten Borgwesens mit großem Risiko arbeiteten, befänden sich zahlreiche, durch⸗ aus berechtigte Existenzen, die mit der Einführung des Mono pols würden vernichtet werden, weil es ihnen an der Gelegen⸗ heit zu anderweitigem Erwerb fehlen werde. Uebrigens würde auch eine große Zahl von Arbeitern im ; der Unterstützung su entschädigen sein, da von den 120 000 Arbeitern, die nach

en Verhandlungen des Handelstages in der Tabackindustrie beschäftigt seien, nach der Vorlage nur 80 000 unter der Monopolverwaltung Verwendung finden würden. dieser Redner betont noch den zu erwartenden Rückgang des Tabackkonsums. Das Publikum werde den Konsum ein scheüöten, weil entweder die Preise zu hoch sein, oder dem ehr individualisirten Geschmack bei der geringen Auswahl der von der Monopolverwaltung produzirten Fabrikate nicht werde entsprochen werden.

Hr. Meyer (Celle) fragt an, ob für die Berechnung der im §. 66 normirten Fristen im Fall des Wechsels der Geschäfts⸗ inhaber derselben Veng die Zeit des Bestehens der Firma oder die Dauer der Betriebsführung durch die zeitigen Inhaber als entscheidend zu erachten sei? 5,.

Auch Hr. Leyendecker befürchtet⸗ daß bei billiger Be⸗ messung der Entschädigungen das Reich mit einer Schuldenlast werde belastet werden, welche die Erträge des Monopols gan erheblich beeinträchtigen werde. Die in Aussicht genommenen Entschädigungen seien in verschiedenen Beziehungen ungenügend, wie aus zahlreichen aus den Kreisen der Interessenten ihm

ugegangenen Erklärungen hervorgehe, auch seien die bezüg⸗ sichen Bestimmungen des Entwurfs nicht klar. Es sei unbillig, wenn die Fabrikanten, welche die Fabriken dem Fiskus ver

kauften, keine Personalentschädigung erhalten sollten. Die Art und Weise, wie dieser Verkauf veihenommen, wie der Preis bestimmt werden solle, ob die Beschreitung des Rechtsweges zulässig sein werde, alles das sei nicht klar. Man möge die

Uebrigens er⸗