Bei Titel 11, Liceum Hosianum in Braunsberg 20 208 ℳ, bedauerte der Abg. Dr. Kolberg, daß diese Anstalt nicht das Promotionsrecht besitze.
Dieser Titel, sowie der Rest des Kapitels (Universitäten) wurde bewilligt.
Nach Ablehnung eines Vertagungsantrages folgte Kap. 120, Gymnasien und Realschulen 4 573 830 ℳ, Tit. 1 fordert an Zahlungen vermöge rechtlicher Verpflichtung an 24 An⸗ stalten 221 157 ℳ
Der Abg. Knörcke begrüßte es im Interesse der Jugend mit Freuden, daß in den Vorschulen für höhere Lehranstalten nach dem in Aussicht genommenen Lehrplane in der 1. Klasse anstatt 24 nur 18, in der 2, anstatt 24 nur 21 Unterrichtsstunden gegeben werden sollten. Durch diesen neuen Lehrplan werde das Vorschulwesen insofern berührt, als durch denselben die Zahl der Stunden in denselben vermindert werde. Die frei gewordenen Lehrkräfte sollten für Schreib⸗, Zeichnen⸗ und Rechenunterricht in den unteren Klassen der Gymnasien und Realschulen zur Verwen⸗ dung kommen. Dadurch würden dem Staate Ersparnisse ent⸗ stehen, von denen im Etat nichts zu merken sei, obgleich dieselben vielfach nicht unbeträchtlich seien. Denn einer Reihe der bisher diätarisch angestellten Schreib⸗ und Zeichenlehrer sei gekündigt, weil sie nunmehr durch jene Volksschullehrer ersetzt würden. Er frage an, ob es nicht billig sei, diesen plötzlich entlassenen Beamten wenigstens für das nächste Semester eine entsprechende Entschädigung zu geben. Weiter frage er, ob es nicht möglich sei, die Einführung des neuen Lehrplans bis zum 1. Oktober hinauszuschieben. 1 .
Der Regierungskommissar Geheime Ober⸗Regierungs⸗Rath
Dr. Bonitz entgegenete, das Arrangement bezüglich der Vor⸗ schulen habe mit dem neuen Lehrplan gar nichts zu thun. Die Regulirung des Etats einzelner Anstalten habe Defizits aufgewiesen, die in Fortfall kommen würden, wenn die Zahl der Stunden in den Vorschulen auf das gebührende Maß herabgesetzt würde. Von Ersparnissen könne hier also nicht die Rede sein. Daß die frei gewordenen Lehrkräfte für den Zeichen⸗, Rechen⸗ und Schreibunterricht herangezogen seien, beruhe auf einem G Grundsatz, der Bedenken auf keiner Seite be⸗ egnet sei. S Der Abg. Schmidt (Stettin) wünschte, man möchte sich in maßgebenden Kreisen mit der so wichtigen Frage der Ueber⸗ bürdung der Schüler höherer Lehranstalten in den oberen Klassen befassen.
Der Abg. von Eynern regte die Frage nach dem Ver⸗ hältniß der Staatszuschüsse zu den verschiedenen höhe⸗ ren Lehranstalten an. Es gebe im Ganzen 466 höhere Lehranstalten, davon würden 150 vom Staate allein, 6 von diesem und anderen Verpflichteten gemeinschaft⸗ lich und 160 würden mit Staatszuschüssen in der Höhe von zusammen 939 000 ℳ unterstützt. Die Schwierigkeit bei dieser verschiedenen Art der Unterhaltung beziehe sich nament⸗ lich auf die Stellung der Lehrer. Denn wenn etwa der Petition der Lehrer nach deren materieller Gleichstellung mit den Amtsrichtern stattgegeben würde, so möchten davon nur die Lehrer an Staatsanstalten Vortheil ziehen, dagegen die an Kommunalschulen leer ausgehen. Um eine Gerechtigkeit sowohl den Lehrern als den Kommunen gegenüber auszuüben, empfehle es sich, daß der Staat das ganze höhere Schulwesen auf seinen Etat nehmen möge.
Der Regierungskommissar Ministerial⸗Direktor Greiff erklärte, daß der Gedanke, sämmtliche von Städten und Stiftungen unterhaltenen höheren Lehranstalten auf den Staatshaushalt zu setzen, eine so große finanzielle Tragweite habe, daß an eine Ausführung desselben nicht gedacht werden könne. Das System der Bedürfnißzuschüsse müsse also beibe⸗ halten werden. Der Wunsch des Borredners, daß eine Aus⸗ gleichung der Zuschüsse denen gegenüber stattfinden möge, welche nach seiner (des Vorredners) Meinung zuviel erhielten, könne Seitens der Verwaltung augenblicklich nicht erfüllt werden, da die Höhe der Bedürfnißzuschüsse erst von 6 zu 6 Jahren einer Revision unterworfen werde.
Der Abg. Kantak bedauerte, daß er immer wieder die⸗ selben Klagen über die Zustände in Posen erheben müsse, die man spöttisch als „Polenklagen“ bezeichne; es seien das aber Schmerzensschreie eines unterdrückten Volkes, dem man seine verbrieften Rechte vorenthielte. In zwei Hinsichten würden die Polen auf dem Gebiete der Schulverwaltung vergewaltigt, bezüglich ihrer Sprache und der Religion. Redner setzte ein⸗ gehend die Folgen des Systems Falk in beiden Beziehungen auseinander und richtete an den Kultus⸗Minister die Anfrage, ob er gesonnen sei, dieses System fortzusetzen oder energisch mit demselben zu brechen.
Der Regierungskommissar Geh. Ober⸗Reg.⸗Rath Dr. Stauder erwiderte, daß die Aenderung bezüglich der Unterrichtssprache an den höheren Lehranstalten der Provinz Posen seit 1873 bestehe. Die Erfolge seien nach Berichten sämmtlicher Direktoren und der persönlichen Erfahrung des Redners überraschend. Die Ueberbürdung der Schüler finde jetzt nicht in dem Maße statt als früher, weil die Kinder mit besserer Ausbildung in der deutschen. Sprache in die Anstalt träten. Ein Versuch einer Simultanisirung sei in neuerer Zeit nicht gemacht worden, die Direktoren an den 11 Posenschen höheren Simultanschulen seien allerdings alle evangelisch, doch sei bereits das Provinzialschulkollegium angewiesen worden, im Falle einer Erledigung katholische Bewerber zu begünstigen. . des katholischen Religionsunterrichts sei zu bemerken, daß derselbe an sechs der genannten Anstalten wieder ertheilt werden könne.
Der Abg. von Eynern bemerkte, daß die finanzielle Trag⸗ weite der Uebernahme sämmtlicher höherer Leyhranstalten auf den Staat keine so große sein würde, da hierzu blos eine Summe von etwa sechs Millionen Mark nothwendig wäre.
Nachdem noch der Abg. Kantak die angeblich erzielten Erfolge an den Posenschen Gymnasien bestritten, schloß die Debatte.
Der erste Titel des Kapitels wurde genehmigt.
vhenf vertagte sich das Haus um 5 Uhr auf Freitag 10 r.
Landtags⸗Angelegenheiten.
Dem Hause der Abgeordneten ist folgender Entwurf eines Gesetzes, betreffend den Erwerb des Berlin⸗Anhal⸗ 8. Eisenbahnunternehmens für den Staat, vorgelegt worden.
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen ꝛc. verordnen, unter Zustimmung beider Häuser des Landtages der Monarchie, was folgt: 1
Die Staatsregierung wird unter Genehmigung des beigedruckten
Vertrages vom 8. März 1882, betreffend den Uebergang des Berlin⸗ Anhaltischen Eisenbahnunternehmens auf den Staat, zur Verwaltung und zum Betriebe der genannten Eisenbahn nach Maßgabe der ver⸗ traglichen Bestimmungen ermächtigt.
Die Staatsregierung wird zur Ausgabe von 77 625 000 ℳ Staatsschuldverschreibungen der vierprozentigen konsolidirten Anleihe ermächtigt, um in Gemäßheit des im §. 1 gedachten Vertrages den Umtausch von 51 750 000 ℳ Stammaktien der Berlin⸗Anhaltischen Eisenbahngesellschaft ihieadn. .
Der Minister der öffentlichen Arbeiten und der Finanz⸗Minister werden ermächtigt, demnächst die Auflösung der Berlin⸗Anhaltischen Eisenbahngesellschaft nach esen des im §. 1 bezeichneten e herbeizuführen und bei der Auflösung unter Verwendung der im en⸗ bewilligten Mittel den Kaufpreis für den Erwerb der Bahn zu zahlen.
Der Finanz⸗Minister wird ferner ermächtigt, die bisher begebenen Anleihen dieser Gesellschaft zum Betrage von 47 321 800 ℳ, soweit dieselben nicht inzwischen getilgt sind, zur Rückzahlung beziehungs⸗ weise zum Umtausche gegen Staatsschuldverschreibungen zu kündigen, auch die hierzu erforderlichen Geldbeträge durch Veräußerung eines entsprechenden Betrages von (bret ungen aufzubringen.
Ueber die Ausführung der im §. 3 getroffenen Bestimmungen hat die Staatsregierung dem Landtage bei jedesmaliger Vorlage des Etats der Eisenbahnverwaltung 8ö1u zu geben.
Wann, durch welche Stelle und in welchen Beträgen, zu welchem Zinsfuße, zu welchen Bedingungen der Kündigung und zu welchen Coursen die Schuldverschreibungen verausgabt werden sollen (§. 2 und 3), bestimmt, soweit nicht durch den im §. 1 angeführten Vertrag Bestimmung getroffen ist, der Finanz⸗Minister.
Im Uebrigen kommen wegen Verwaltung und Tilgung der An⸗ leihen, wegen Annahme derselben als pupillen⸗ und depositalmäßige Sicherheit und wegen Verjährung der Zinsen die Vorschriften des Gesetzes vom 19. Dezember 1869 (Gesetzsamml. S. 1197) zur Anwendung.
Die Verwendung der dem Frte anheimfallenden Bestände des Reservefonds, des Erneuerungsfonds und des Unfallfonds der Berlin⸗ Anhaltischen Eisenbahngesellschaft bleibt nach Abzug der daraus nach §. 10 des im §. 1 gedachten Vertrages zu gewährenden Abfindungen der Verfügung durch besonderes Geses vorbehalten.
Die Staatsregierung wird auf Grund des §. 5 sub a. des Ge⸗ setzes vom 24. Februar 1850, betreffend die Verwaltung des Staats⸗ schuldenwesens und Bildung einer Staatsschuldenkommission (Gesetz⸗ samml. S. 57), ermächtigt, die Verwaltung der Anleihekapitalien der Berlin⸗Anhaltischen Eisenbahngesellschaft, soweit dieselben vom Staate als Selbstschuldner übernommen werden, der Hauptverwaltung der Staatsschulden zu übertragen.
Die behufs der Amortisation eingelösten oder angekauften Obli⸗ gationen bezw. Aktien werden nach Vorschrift des §. 17 des bezeich⸗ neten Gesetzes vom 24. Februar 1850 vernichtet und die Geldbeträge öffentlich bekannt gemacht. 8, 8
Jede Verfügung der Staatsregierung über die im §. 1 bezeichnete Eisenbahn durch Veräußerung bedarf zu ihrer Rechtsgültigkeit der Zu⸗ stimmung beider Häuser des Landtages. Alle dieser Vorschrift ent⸗ gegen einseitig getroffenen ö sind rechtsungültig.
Bis zu einer anderweiten gesetzlichen Regelung der Kommunal⸗ besteuerung der Eisenbahnen finden die bisherigen gesetzlichen Bestim⸗ mungen über die Verpflichtung der Privateisenbahnen zur Zahlung von Kommunalsteuern auf die im §. 1 bezeichnete Eisenbahn auch nach dem Uebergange derselben in das Eigenthum des Staates in gleicher Weise, wie bis zu diesem SGe Anwendung. 7
Dieses Gesetz tritt am Tage seiner Verkündigung in Kraft.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Insiegel.
Gegeben den ten 1882.
EIETN16.
betreffend den Uebergang des Berlin⸗Anhaltischen Eisenbahnunternehmens auf den Staat.
Vom 8. März 1882.
Zwischen der Königlichen Staatsregierung, vertreten durch den Geheimen Regierungsrath Fleck und den Regierungsassessor Hoppen⸗ stedt, als Kommissarien des Ministers der öffentlichen Arbeiten, und den Geheimen Finanzrath Schmidt, als Kommissar des Finanz⸗ Ministers, einerseits, und der Direktion der Berlin⸗Anhaltischen Eisenbahngesellschaft andererseits, ist unter dem Vorbehalte der landesherrlichen Genehmigung, sowie nach erfolgter Zustimmung der Generalversammlung der Aktionäre der genannten Eisenbahngesellschaft vom 8. März 1882 folgender 68 abgeschlossen worden.
Die Berlin⸗Anhaltische Eisenbahngesellschaft überträgt die Ver⸗ waltung und den Betrieb ihres ganzen Unternehmens ohne irgend welche Beschränkung auf ewige Zeiten an den Staat. Zu diesem Zwecke übergiebt die Direktion der Berlin⸗Anhaltischen Eisenbahn⸗ gesellschaft die Verwaltung und den Besitz des gesammten beweglichen und unbeweglichen Vermögens der Gesellschaft, sowie die Bestände aller zum Vermögen der Gesellschaft gehörigen oder von der Direktion der Gesellschaft verwalteten, für die Zwecke des Unternehmens be⸗ stimmten Fonds mit der im §. 10 vorgesehenen Beschränkung an die vom Staate zur Verwaltung desselben einzusetzende Königliche Behörde. 8
Die Uebergabe wird am 1. des zweiten, auf die Perfektion des Vertrages folgenden Monats bewirkt.
Es soll jedoch bereits vom 1. Januar 1882 ab die Verwaltung und der Betrieb der Berlin⸗Anhaltischen Eisenbahn für Rechnung des Staates erfolgen.
Die Berlin⸗Anhaltische Eisenbahngesellschaft, welche in der
wischenzeit die Verwaltung im Interesse des Staates in bisheriger
eise durch ihre Direktion führen läßt, wird sich seee- von der Unterzeichnung dieses Vertrages ab in allen wichtigen Angelegenheiten der vorgängigen Zustimmung des Ministers der öffentlichen Arbeiten versichern.
Vom 1. Januar 1882 ab gehen auf den Staat die gesammten Nutzungen und Lasten des Vermögens der Berlin⸗Anhaltischen Eisen⸗ bahngesellschaft ohne jede weitere Beschränkung, als in diesem Vertrage selbst näher bestimmt ist, über. Insbesondere fließt der gesammte nach Ab⸗ zug der Verwaltungs⸗, Unterhaltungs⸗ und Betriebskosten, sowie der zur planmäßigen Verzinsung und Tilgung der Anleihen der Berlin⸗An⸗ haltischen Eisenbahngesellschaft erforderlichen Beträge und derjenigen Seege welche Seitens derselben auf Grund des unter dem 26. Juni 1878 Allerhöchst bestätigten Vertrages vom 21. Februar 1878, einer⸗ seits als Zuschüsse zu den Betriebskosten der in Verwaltung und Be⸗ trieb genommenen Strecke Kohlfurt⸗Falkenberg, andererseits als Rente an die Eisenbahngesellschaft zu zahlen sind, verbleibende Reinertrag dem Staate ausschließlich zu.
Mit dem Uebergange der Verwaltung übernimmt der Staat die ordnungsmäßige Unterhaltung und Erneuerung der Bahn, der Bahn⸗ anlagen und Betriebsmittel, sowie auch die Deckung aller für die Ver⸗ waltung und den Betrieb des Unternehmens erforderlichen außerordent⸗ lichen Ausgaben. Dagegen sollen dem Staate die Bestände aller zum Vermögen der Gesellschaft gehörigen Fonds, namentlich des Re⸗ servefonds und des Erneuerungsfonds mit der im §. 10 vorgesehenen Beschränkung, zur freien Verfügung anheimfallen, und die auf die Verwendung und Verwaltung bezüglichen statutarischen Bestimmungen außer Anwendung treten. 888
Soweit nicht gesetzliche Vorschriften entgegenstehen, oder durch diesen Vertrag etwas anderes festhes tzt ist, gehen auf die zu errich⸗ tende Königliche Behörde (§. 1) alle in den durch Allerhöchste Ordre vom 15. Mai 1839 bestätigten Gesellschaftsstatuten und deren Nach⸗ trägen der Direktion sowie auch den Generalversammlungen und dem Verwaltungsrathe beigelegten Befugnisse über. Dieselbe vertritt die Berlin⸗Anhaltische Eisenbahngesellschaft bezüglich aller derselben zu⸗ stehenden Berechtigungen und obliegenden Verpflichtungen und übt namentlich alle Befugnisse aus, welche gesetzlich dem Vorstande einer Aktiengesellschaft zustehen.
Es verbleibt indeß in Bezug auf die Verwaltung bis zum Zeit⸗ punkt des Uebergangs derselben auf die Königliche Behörde bei der Bestimmung des §. 38 Nr. 2 der Gesellschaftsstatuten, wonach die von der Direktion über die Verwaltung bis zu diesem Zeitpunkte ge⸗ 87 oder zu legenden Rechnungen vom Verwaltungsrathe der Ge⸗ sellschaft zu prüfen und zu dechargiren sind. Für die Folge hat die Berlin⸗Anhaltische Eisenbahngesellschaft ihren Sitz und Gerichtsstand im Domizile der gedachten Königlichen Behörde. Gegen⸗ über den bisherign Prioritäts⸗ und sonstigen Gläubigern der Berlin⸗Anhaltischen Eisenbahngesellschaft behält diese indeß ihren Gerichtsstand in Berlin, und soll in dieser Beziehung die erwähnte Königliche Behörde der Gerichtsbarkeit in Berlin unter⸗ worfen sein. Der Verwaltungsrath der Gesellschaft besteht, sobald der Vertrag perfekt geworden ist, aus denjenigen Personen, welche zu dem gedachten Zeitpunkte Mitglieder desselben sind. Die Zahl der Mitglieder wird in der Weise allmählich auf sechs reduzirt, daß in Fällen des Ausscheidens einzelner Mitglieder durch Tod oder frei⸗ willigen Austritt eine Neuwahl unterbleibt. Im Uebrigen findet die Neuwahl der Mitglieder des Verwaltungsrathes nach Maßgabe der Gesellschaftsstatuten, jedoch ohne Beschränkung hinsichtlich des Wohn⸗ ortes der zu wählenden Mitglieder statt. .
Zur Gültigkeit der Beschlüsse ist die Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder erforderlich.
Der Verwaltungsrath hat zugleich das Interesse der Berlin⸗ Anhaltischen Eisenbahngesellschaft gegenüber dem Staate, soweit es sich um die Erfüllung dieses Vertrages handelt, wahrzunehmen und gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten.
Die den Mitgliedern des Verwaltungsrathes für das Jahr 1881 zustehende Remuneration wird in bisheriger Weise in Gemäßheit des am 21. Dezember 1857 Allerhöchst bestätigten Statutennachtrags festgesetzt. Für jedes folgende Jahr bis zur Auflösung der Gesellschaft erhält der Vorsitzende des Verwaltungsrathes eine Remuneration von 2144 ℳ, gav. Mitglied eine solche von 1072 ℳ postnumerando aus⸗ gezahlt.
Die ordentliche jährliche Generalversammlung der Aktionäre der Berlin⸗Anhaltischen Eisenbahngesellschaft findet in der Regel im II. Quartale des Rechnungsjahres füccf.
Die für das Betriebsjahr 1881 auf die Stammaktien zu zah⸗ lende Dividende wird in bisheriger stert tenttg ger Weise festgestellt.
Der Staat gewährt den Inhabern der Aktien der Berlin⸗ Anhaltischen Eisenbahngesellschaft eine feste jährliche Rente von 6 % des Nominalbetrages, also von 36 ℳ pro Aktie à 600 ℳ Die Zahlung der Rente erfolgt postnumerando am 1. Juli und 2. Januar jeden Jahres gegen Rückgabe der bisherigen Dividendenscheine mit der Maßgabe, daß, wie bisher, auf den am 1. Juli fälligen Schein 12 ℳ und der Rest von 24 ℳ auf den Restdividendenschein am 2. Januar gezahlt wird. Nach der Fälligkeit des letzten derselben werden gegen Rückgabe des bisherigen Talons neue Dividendenscheine und Talons nach den anliegenden Formularen ausgereicht. Dividendenscheine, welche nicht innerhalb vier Jahren nach dem Fälligkeitstermine zur Entgegennahme der Zahlung präsen⸗ tirt werden, verfallen ohne Weiteres zum Vortheile der Pensionskasse der Berlin⸗Anhaltischen Eisenbahnbeamten, jedoch mit der Maßgabe, daß die der Kasse zugeflossenen Rentenbeträge, soweit deren nachträg⸗
liche Zahlung bei späterer Präsentation der Zinspapiere von dem
Minister der öffentlichen Arbeiten aus Billigkeitsrücksichten angeordnet werden sollte, zurückzuerstatten sind.
§. . Den bisherigen Prioritätsgläubigern der Berlin⸗Anhaltischen Eisenbahngesellschaft bleiben ihre Rechte bezüglich des Berlin⸗Anhal⸗
tischen Eisenbahnunternehmens ungeschmälert vorbehalten. Der Staat wird die Berlin⸗Anhaltische Eisenbahn nebst allem Betriebmaterial und sonstigem Zubehör zunächst als einen getrennten Vermögenskompler verwalten.
Der Staat ist jedoch berechtigt, das gesammte Berlin⸗Anhaltische Eisenbahnunternehmen, oder einzelne Theile desselben mit anderen Staats⸗ oder vom Staate verwalteten Eisenbahnstrecken zu einer gemeinsamen Verwaltung zu vereinigen.
Zur Vermeidung einer getrennten Betriebsrechnung wird fest⸗ esetzt, daß für diesen Fall die Berlin⸗Anhaltische Eisenbahn an famentlichen Betriebsausgaben der vereinigten Bahnen in folgender Weise partizipirt:
1) an den Kosten für die allgemeine Verwaltung nach Verhältniß der Bahnlänge;
2) an den Kosten der Bahnverwaltung nach Maßgabe der wirk⸗ lichen Ausgaben;
3) an den Kosten für die Transportverwaltung nach Verhältniß der durchlaufenen Lokomotiv⸗ und Wagenachskilometer.
Im Falle der Abtrennung einzelner Theile des Unternehmens und der Vereinigung derselben mit anderen Staats⸗ oder vom Staate verwalteten Privateisenbahnen zu einer gemeinsamen Verwaltung, wird der Minister der öffentlichen Arbeiten diejenige Königliche Behörde bestimmen, welche die Funktionen des Vorstandes der Berlin⸗Anhalti⸗ schen Eisenbahngesellschaft wahrzunehmen hat.
Der Minister der öffentlichen Arbeiten ist berechtigt, den Beginn des Rechnungsjahres für das Berlin⸗Anhaltische Eisenbahnunternehmen auf einen anderen Zeitpunkt, als den Anfang des Kalenderjahres zu verlegen. Sofern diese Verlegung erfolgt, wird der bis zum Beginn des ersten abgeänderten Rechnungsjahres bereits abgelaufene Theil des Kalenderjahres dem vorhergehenden Fechnengeiahre zugerechnet.
Der Staat ist berechtigt, den noch unverwendeten Erlös aus der Begebung der Prioritäts⸗Obligationen der Berlin⸗Anhaltischen Eisen⸗ bahngesellschaft nach Maßgabe des eheihäses zu verwenden.
Der Staat ist verpflichtet, spätestens vier Monate nach der Ueber⸗ nahme der Verwaltung Seitens des Staates den Inhabern von Aktien der Berlin⸗Anhaltischen Eisenbahngesellschaft gegen Abtretung ihrer Rechte, d. h. gegen Einlieferung ihrer Aktien nebst zugehörigen Divi⸗ dendenscheinen und Talons. Staatsschuldverschreibungen der vier⸗ prosentgeg konsolidirten Anleihe und zwar für je eine Aktie Staats⸗ u zum Gesammtnennwerthe von neunhundert Mark anzubieten.
Sofern bei dem Umtausche die mit einzuliefernden Dividenden⸗ ir fehlen sollten, werden die Coupons der Staatsschuldverschrei⸗ bungen für die entsprechende Zeit zurückbehalten. Der Staat wird in Höhe der umgetauschten Aktien Aktionär der Gesellschaft und übt als solcher nach Maßgabe seines Besitzes an Aktien das statutarische Stimmrecht aus.
„Die Stimmberechtigung der Aktionäre regelt sich von der Per⸗ fektion dieses Vertrages ab in der Weise, daß jede Aktie Eine Stimme gewährt, wogegen die Vorschriften im §. 27 des Gesellschaftsstatuts außer Kraft treten. 8
Die Bekanntmachung des Angebots ersolgt spätestens 4 Wochen vor dem Beginne des Umtausches in den Gesellschaftsblättern. Die⸗ sabe ist sechsmal in Zwischenräumen von einem Monate zu wieder⸗
olen. Zu dem Umtausche wird der Staat eine Frist von mindestens einem Jahre bewilligen.
Den Mitgliedern der Direktion werden die von ihnen in ihrer amtlichen Eigenschaft deponirten Aktien nach dem Uebergange der Verwaltung des Berlin⸗Anhaltischen Eisenbahnunternehmens auf den
taat alsbald zurückgegeben er Artikel IV. sub a. des am 26.
hierzu entschließt, h
“ “ “
Juli 1848 Allerhöchst bestätigten Nachtrages zu den Gesellschafts⸗ statuten wird dahin abgeändert, daß jedes Mitglied des Verwaltungs⸗
athes eine Aktie besitzen und für die Dauer seines Amtes deponiren muß. Die bisher über diese Zahl deponirten Aktien werden den Verwaltungsrathsmitgliedern alsbald nach der Perfektion dieses Ver⸗ trages zurückgegeben. Den Mitgliedern des Verwaltungsraths bleibt der Umtausch der von ihnen in ihrer amtlichen Eigenschaft deponirten Aktien bi Beendigung der im §. 9 vorgesehenen Liquid lon vor⸗
8 [1— 8 §. 9. S8 “
Die Berlin⸗Anhaltische Eisenbahngesellschaft räumt dem Staate das Recht ein, nach Ablauf der für den Umtausch der Aktien festge⸗ setzten Frist (§. 8) zu 12 Zeit das Eigenthum der Berlin⸗Anhalti⸗ schen Eisenbahn mit ihrem gesammten unbeweglichen und beweglichen Zubehör, insbesondere mit ihrem Betriebsmaterial, überhaupt mit allen an dem Unternehmen der Berlin⸗Anhaltischen Eisenbahn haften⸗ den Rechten und Verpflichtungen zu erwerben und die Auflösung der Berlin⸗Anhaltischen Eisenbahngesellschaft auf Grund der nachstehenden Bestimmungen “ herbeizuführen. Falls der Staat sich at er:
1) die sämmtlichen Prioritätsanleihen, sowie alle sonstigen
Schulden der Berlin⸗Anhaltischen Eisenbahngesellschaft als Selbst⸗
schuldner zu übernehmen; 2) an die Liquidatoren einen Kaufpreis von 51 750 000 ℳ
ehufs statutenmäßiger Vertheilung an die Inhaber der Aktien zu überweisen. Die Aktionäre sind demnächst durch die Gesellschaftsblätter auf⸗ zufordern, binnen einer Frist von 3 Monaten ihre Aktien an die Gesellschaftskasse gegen Empfangnahme ihres Antheils an dem Liquidationserlöse abzuliefern. Bei Einlösung der Aktien sind die Talons, sowie die noch nicht zahlfälligen Dividendenscheine mit abzu⸗ liefern, widrigenfalls der Geldbetrag der letzteren von dem auf die Aktien entfallenden Betrage in Abzug gebracht wird. Dieser Abzug gelangt erst nach Verlauf der Verjährungsfrist zur Auszahlung, wenn innerhalb derselben von anderer Seite ein Anspruch auf Auszahlung nicht erhoben sein sollte. 1 Die nach Ablauf der angegebenen dreimonatlichen Frist nicht abgehobenen Beträge werden mit der Maßgabe bei der gesetzlichen Hinterlegungsstelle eingezahlt, daß die Auszahlung nur gegen Rück⸗ gabe der Aktien oder auf Grund eines die Aktien für kraftlos er⸗ klärenden rechtskräftigen Ausschlußurtheils erfolgen darf. Die Liquidation wird für Rechnung des Staates bewirkt. b Behufs der im Falle des Eigenthumserwerbes Seitens des Staates erforderlichen Uebertragung des Grundeigenthums auf den Staat soll derjenige Beamte der Berlin⸗Anhaltischen Verwaltung zur Abgabe der Auflassungserklärungen ermächtigt sein, welchen in jedem einzelnen Falle das Königliche Eisenbahnkommissariat zu Berlin, eventuell die an dessen Stelle getretene Eisenbahn⸗Aufsichts⸗ behörde benennen wird. Die Berlin⸗Anhaltische Eisenbahngesellschaft ist nicht berechtigt, in anderer Weise ihre Auflösung zu beschließen, den Gegenstand ihres Unternehmens zu ändern oder auszudehnen, oder Bestandtheile ihres Eigenthums zu veräußern oder zu verpfänden, Aktien zu emittiren und Anleihen aufzunehmen.
Der Absatz 2 des §. 69 des Gesellschaftsstatuts wird aufgehoben.
§. 10.
Das gesammte Beamten⸗ und Dienstpersonal, mit Ausnahme der Mitglieder der Direktion und des Syndikus der Berlin⸗Anhal⸗ tischen Eisenbahngesellschaft, tritt mit dem Uebergange des Unter⸗ nehmens auf den Staat in den Dienst der Königlichen Verwaltung über, welche die mit jenem Personal zur Zeit des Ueberganges beste⸗ henden Verträge zu erfüllen hat. Die Pensions⸗, Wittwen⸗ und Unterstützungskasse der Beamten der Berlin⸗Anhaltischen Eisenbahn⸗ gesellschaft bleibt nach dem betreffenden Statut bestehen, wenn nicht mit Zustimmung der beiderseitigen Berechtigten eine Vereinigung der genannten Kasse mit den entsprechenden Kassen der mit der Berlin⸗ Anhaltischen zu einer Verwaltung vereinigten Staatsbahnen oder vom Staate verwalteten Privatbahnen zu Stande kommt.
Der Staat tritt in alle rücksichtlich der erwähnten Kasse von der Berlin⸗Anhaltischen Bahn übernommenen Verbindlichkeiten ein. Die reglementsmäßigen Rechte der Gesellschaft und der Direktion werden künftig durch die mit der Verwaltung der Berlin⸗Anhaltischen Eisenbahn bezw. mit der Funktion des Vorstandes der Gesellschaft (§. 3) betraute Königliche Behörde ausgeübt. Bei dem Uebergange des Berlin⸗Anhaltischen Eisenbahnunternehmens auf den Staat er⸗ halten sechs Mitglieder der Direktion und der der Direktion ange⸗
hörende Syndikus der Gesellschaft gegen Aufgabe der ihnen vertrags⸗ mäßig zustehenden Ansprüche eine von dem Verwaltungsrathe auf insgesammt 906 250 ℳ — neunhundert und sechs Tausend zweihundert und fünfzig Mark — festgesetzte Abfindung, welche aus dem Reserve⸗ resp. Erneuerungsfonds entnommen wird. Den Mitgliedern der Direktion, welchen nach Vorstehendem eine Abfindung zu gewähren ist, soll jedoch bis zum Ablaufe von 14 Tagen nach Perfektion des Vertrages das Recht zustehen, anstatt der Ab⸗ findung ihre vertragsmäßigen Kompetenzen zu verlangen, in welchem Fäne 8 die unsgesetzte Gesammtabfindungssumme entsprechend er⸗ mäͤßigt. Ebenso tritt eine Ermäßigung der letzteren ein, wenn ein Ab⸗ kommen wegen des Uebertritts einzelner Direktionsmitglieder in den Staatsdienst getroffen werden sollte, und zwar um die durch dieses Abkommen festzusetzenden Beträge. Den übrigen beiden Mitgliedern der Direktion werden bis zum Ablauf der in ihren Anstellungsverträgen festgesetzten Fristen die ihnen zustehenden Kompetenzen und demnächst die ihnen zugesicherten Pen⸗ sionen vom Staate gewährt. 88
EE““
In Gemäßheit des bereits im §. 2 erwähnten, unter dem 26. Juni 1878 Allerhöchst bestätigten Vertrages vom 21. Februar 1878 (ver⸗ gleiche Gesetzsammlung pro 1878 pag. 286 ad Nr. 16 und 17) hat die Berlin⸗Anhaltische Eisenbahngesellschaft den Betrieb und die Verwaltung der zu dem Oberlausitzer Eisenbahnunternehmen ge⸗ hörenden Strecke Kohlfurt⸗Falkenberg übernommen. Mit dem Zeit⸗ punkte des Uberganges der Verwaltung und des Betriebes des Berlin⸗Anhaltischen Eisenbahnunternehmens auf den Staat, scheidet die Berlin⸗Anhaltische Eisenbahngesellschaft aus dem mit der Ober⸗ lausitzer Eisenbahngesellschaft abgeschlossenen Vertrage vom 21. Fe⸗ bruar 1878 aus, und tritt der Staat mit dem gleichen Zeitpunkte an ihrer Stelle mit denselben Rechten und Pflichten in diesen Vertrag ein, womit sich die Oberlausitzer Eisenbahngesellschaft in §. 21 desselben bereits im Voraus einverstanden erklärt hat.
§. 12.
Seitens der Königlichen Staatsregierung wird die Genehmigung der Landesvertretung sobald als thunlich herbeigeführt werden. 1— Dieses Abkommen wird hinfällig, wenn zu demselben die landes⸗ herrliche Genehmigung nicht bis zum 1. Juni 1882 erlangt wor⸗
den ist.
8 vorgehenden Rechte und Verpflichtungen auf das Reich zu ü — 1
§. 13.
1 Die Bestimmungen dieses Vertrages sollen nach dessen Perfektion für die Berlin⸗Anhaltische Eisenbahngesellschaft die Geltung statuta⸗
rischer Bestimmungen haben, so daß also dieser Vertrag als Nachtrag
zum Gesellschaftsstatute anzusehen ist. 9-
Z““
Der Staat ist berechtigt, alle für ihn aus diesem Vertrage her⸗ übertragen.
§. 15. v“
Der Stempel dieses Vertrages bleibt außer Ansatz. Berlin, den 8. März 1882. G 1 3 (L. S.) Fleck. Schmidt. Heppenstedt. 8 Die Direktion der Berlin⸗Anhaltischen Eisenbahn⸗Gesellschaft.
Fournier. S Marti
... ter Dividendenschein
Aktie Litt Nr.
8 Eisenbahngesellschaft über zwölf Mark, welche am 1. Juli
dieses Scheines aus der
gezahlt werden.
der Berlin⸗Anhaltischen
dem Inhaber Kasse zu Berlin
. ., den Königliche Eisenbahndirektion. 1 Trockenstempel.) (Facsimile.)
.. ter Dividendenschein = 24 ℳ
Nr. der Berlin⸗Anhaltischen Eisenbahngesellschaft über vierundzwanzig Mark, welche am 2. Januar dem Inhaber dieses Scheines aus der zu Berlin Feahke werden. „ den Königliche Eisenbahndirektion. (Trockenstempel.) (Faesimile.)
8
Aktie Litt
11“ .1 der Berlin⸗Anhaltischen Eisenbahngesellschaft.
Der Inhaber erhält hiergegen nach vorgängiger öffentlicher Be⸗ kanntmachung die .. . te Serie Dividendenscheine Nr. .. . bis ... für die ... Jahre nebst Talon.
6“ Königliche Eisenbahndirektion. (Trockenstempel) ((Faesimlle.)
ung es Gesetzentwurfs, betreffend den Erwerb des Berlin⸗ Anhaltischen Eisenbahnunternehmens für den Staat.
Der Erwerb des Berlin⸗Anhaltischen Eisenbahnunternehmens für den Staat behufs Durchführung des Staatseisenbahnsystems in
d
Preußen ist schon in der Begründung des Regierungsentwurfs zu dem
Gesetze, betreffend den Erwerb mehrerer Privateisenbahnen für den Staat vom 20. Dezember 1879 (S. 82 der Nr. 5 der Drucksachen des Hauses der Abgeordneten, Session 1879/80), als erforderlich bezeichnet worden. In der That vereinigt das Unternehmen in ganz besonderem Maße die Bedingungen und Voraussetzungen in sich, unter welchen die Ueberführung der wichtigeren Eisenbahnlinien in die Hand des Staats für g erkannt ist. Im inter⸗ nationalen Verkehr wie im Verkehr der Reichshauptstadt mit wich⸗ tigen deutschen Handelsplätzen und Industriebezirken nimmt es ebenso, wie in Beziehuug auf die Landesvertheidigung, unter den Eisenbahnen des Landes eine hervorragende Stelle ein.
Von der Hauptstadt Berlin ausgehend sind die Linien der Berlin⸗ Anhaltischen Eisenbahn — durchweg unter den günstigsten Betriebs⸗ verhältnissen — an dem Verkehr mit dem Königreich Sachsen, ins⸗ besondere mit Dresden, Leipzig und dem westlichen Säͤchsischen In⸗ dustriegebiet, — darüber hinaus am Verkehr mit Oesterreich⸗Ungarn, Bayern, der Schweiz und Italien in besonderem Grade betheiligt. In Halle an die Thüringische Eisenbahn anschließend, ver⸗ mitteln sie den Verkehr mit dem Thüringischen Lande und als Glied der alten mitteldeutschen Route mit Frankfurt a./M. und dem Süd⸗ westen Deutschlands Durch die Stammbahn ist Berlin mit dem fruchtbaren und gewerbreichen Herzogthum Anhalt und durch die für eigene Rechnung von der Berlin⸗Anhaltischen Eisenbahngesellschaft in Betrieb genommene Oberlausitzer Eisenbahn (Kohlfurt⸗Falkenberg) die Provinz Schlesien mit der Provinz Sachsen verbunden. Durch die direkte und kürzeste Verbindung bedeutender Handelsplätze, wie Leipzig und Halle, sowie der fruchtbaren und industriereichen Bezirke an der Saale und Mulde mit Berlin ist zugleich dem Lokalverkehr der Bahn eine feste Grundlage und eine erhebliche, stetig steigende Bedeutung gesichert. .
In wichtigen Verkehrsrichtungen mit Staatsbahnen konkurrirend und an den Hauptpunkten an solche sich anschließend, fügt sich das Unter⸗ nehmen in das Staatseisenbahnnetz in günstigster Weise ein und füllt eine höchst empfindliche Lücke desselben aus. Der Erwerb der Thüringischen Eisenbahn wird, wie in der Begründung des Gesetzentwurfs, betreffend den weiteren Erwerb von Privateisenbahnen für den Staat (S. 79. der Regierungsvorlage) schon hervorgehoben, durch den Hinzutritt der Berlin⸗Anhaltischen Eisenbahn erst seine volle Bedeutung, und der Erwerb der in der Lausitz belegenen Privatbahnen durch die gleich⸗ zeitige Uebernahme der Kohlfurt⸗Falkenberger Bahn eine sehr werth⸗ volle Ergänzung erhalten. An den Verkehrslinien zwischen Magdeburg und Leipzig, sowie zwischen Magdeburg und Schlesien über Zerbst ist der Staat schon jetzt mit einer Theilstrecke betheiligt, und die ein⸗ heitliche Leitung des Betriebes auf diesen Linien sehr erwünscht. Die allgemeinen Verkehrsinteressen der Hauptstadt können durch den Hinzu⸗ tritt der Berlin⸗Anhaltischen Bahn mit ihrem günstig gelegenen und gut ausgestatteten Berliner Personen⸗ und Güterbahnhofe zu den übrigen von Berlin ausgehenden, in Staatsbetrieb befindlichen großen Verkehrslinien nur gewinnen. Für eine, den diesseitigen Interessen entsprechende Regelung der Verkehrsbeziehungen zu den öster⸗ reichischen und ungarischen Eisenbahnen ist der Besitz der Berlin⸗ Anhaltischen Bahn für den Staat unerläßlich. Ebenso wird eine dauernde und beiderseitig befriedigende Ordnung der Beziehungen zu den sächsischen Staatseisenbahnen, wie sie diesseits lebhaft gewünscht wird, durch die Vereinigung aller wichtigeren Anschluß⸗ linien, ganz besonders aber der Berlin⸗Anhaltischen Bahn, in der Hand des Staats wesentlich erleichtert und gefördert werden.
Kann hiernach über die Bedeutung des Unternehmens und über die Nothwendigkeit der Uebernahme desselben auf den Staat kaum ein Zweifel obwalten, so wird nur in Frage kommen, ob der verab⸗ redete Preis als ein angemessener zu erachten ist.
Nach dem Vertrage soll den Aktionären an Stelle der jjährlichen Dividende eine feste jährliche Rente von 6 %, also diejenige Dividende dauernd gewährt werden, welche die Aktionäre für das Jahr 1880 bezogen haben, und — nach den Berechnungen in der Denkschrift, sowie nach der Vorlage der Verwaltungsvorstände an die General⸗ versammlung vom Januar 1882 — für das Jahr 1881 zu demselben oder doch nahezu gleichen Betrage voraussichtlich beziehen werden. Im Durchschnitt der letzten fünf Jahre (von 1876 bis 1880) hat die Dividende 511⁄20 %, im Durchschnitt der letzten sechs Jahre (von 1875 bis 1880) 5²⁄24 %, also fast genau 6 %, betragen. Seit dem Jahre 1851 ist eine geringere Dividende als 6 % nur in den Jahren 1877 bis 1879 (5,75 und zwei⸗ mal 5 %) erzielt worden. Wenn auch die zum Theil enor⸗ men Resultate früherer Jahre (1872 — 17 %; 1871 — 18 ½ %) für die jetzt vorliegenden, durch die seit 1874 eingetretene erhebliche Ver⸗ mehrung des Aktienkapitals und durch den Ausbau nicht unwichti⸗ ger Konkurrenzlinien veränderten Verhältnisse nicht ins Gewicht fallen können, so lassen sie doch immerhin einen Rückschluß auf die reichen und sicheren Verkehrsquellen des Unternehmens zu. In der That ist die Frequenz nach dem durch die Ungunst der wirthschaft⸗ lichen Verhältnisse und durch die neu aufgetretene Konkurrenz der Berlin⸗Dresdener Eisenbahn in den Jahren 1875 bis 1879 hervor⸗ erufenen Rückgang wieder in erfreulicher Zunahme begriffen und hat im Jahre 1880 sowohl in der Zahl der beförderten Personen wie der Gütertonnen bereits die außerordentliche Frequenz des Jahres 1874 nicht unerheblich übertroffen. Das absolute Gewicht der beförderten Güter erreichte im Jahre 1880 die Höhe von 2 256 945 t, — d. i. die größte Gewichtsmenge, welche auf der Berlin⸗Anhaltischen 88 bahn bis dahin jemals verfrachtet war. Auch in den Verkehrs⸗ einnahmen zeigt sich in den letzten Jahren wiederum eine aufsteigende Richtung. Im Jahre 1880 wurde eine Mehreinnahme aus dem Personenverkehr von etwa 200 000 ℳ, und aus dem Güterverkehr von etw 400 000 ℳ und im Jahre 1881
— nach den vorläufigen Ermittelungen — aus dem Personenverkehr eine solche von etwa 33 000 ℳ und aus dem Güterverkehr von etwa 200 000 ℳ gegen das Vorjahr erzielt.
Wenn hiernach bei der Schätzung der künftigen Rentabilität des Unternehmens in der beigefügten Denkschrift von der Annahme aus⸗ egangen ist, daß die Betriebsergebnisse der Berlin⸗Anhaltischen Eisen⸗
ahn gegen diejenigen der beiden letzten Jahre 1880 und 1881 eine wesentliche Veränderung nicht erleiden werden, so findet diese An⸗ nahme in den thatsächlichen Verhältnissen ihre volle Begründung. Die dem Unternehmen nachtheilige Wirkung der Konkurrenz der Berlin⸗Dresdener Eisenbahn und der bisherigen Erweiterungen des Staatseisenbahnnetzes ist im Wesentlichen überwunden und durch die fortschreitende rege Entwickelung in dem eigenen Verkehrsgebiet der Bahn ausgeglichen. Auch für die Zukunft ist nach den bisherigen Erfahrungen die Erwartung berechtigt, daß eine etwaige ungünstige Einwirkung der weiteren Veränderungen in dem Staatseisenbahn⸗ besitz durch die Entwickelung des eigenen Verkehrs der Bahn und sehr wahrscheinlich auch durch den festeren Anschluß der letzteren an die südlichen Nachbarbahnen, insbesondere an die säch⸗ sischen, bayerischen und österreichischen Bahnen, sehr bald ihre Ausgleichung finden werde. Die Beziehung zu jenen
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außerpreußischen Bahnen ist von den Gesellschaftsvorständen in der
Vorlage an die Generalversammlung vom 16. September 1881 nicht mit Unrecht als die wichtigste Verbindung der Bahn bezeichnet. Jeden⸗ falls darf, wenn man nicht davon absehen will, die möglichen Folgen der jetzt gleichzeitig vorbereiteten Erwerbungen für die Beurtheilun des Werthes des Berlin⸗Anhaltischen Eisenbahnunternehmens in Rück⸗ sicht zu ziehen, mit gutem Grund davon ausgegangen werden, daß die Verkehrseinnahmen sich im Durchschnitt mindestens auf der Höhe des Jahres 1881 erhalten werden.
Alsdann aber wird, wie in der anliegenden Denkschrift näher ausgeführt und ziffermäßig nachgewiesen ist, auch auf einen annähernd ebenso hohen Reinertrag Seitens der Aktionäre gerechnet werden können. Dem Mehraufwand an Zinsen für die bisher noch aus Bau⸗ fonds verzinsten Obligationen, der Erhöhung der Minimalpacht für die Kohlfurt⸗Falkenberger Eisenbahn und der Mehrausgabe für er⸗ heblichere Erweiterungen und Verbesserungen der Bahnanlagen, in der Denkschrift auf zusammen 182 000 ℳ (bezw. bei Hinzutritt der Re⸗ paraturbauten an der Roßlauer Elbbrücke auf 209 000 ℳ) nachge⸗ wiesen, steht eine Reduktton der nach jetzt nicht mehr zutreffenden Sätzen bemessenen jährlichen Rücklagen für den Erneuerungsfonds um mindestens 200 000 ℳ gegenüber, auf welche vom Jahre 1883 ab ge⸗ rechnet werden darf. Im Einzelnen kann auf die ausführlichen Erör⸗ terungen in der Denkschrift Bezug genommen werden.
Von den Gesellschaftsvorständen ist in der Vorlage an die Ge⸗ neralversammlung die Offerte der Staatsregierung als dem zeitigen Nutzungswerth des Unternehmens entsprechend bezeichnet, zugleich aber der Meinung Ausdruck gegeben, daß der dauernde Werth des Unter⸗ nehmens für die Gesellschaft den gebotenen Preis noch übersteige.
Nach einer in der ersten Hälfte des Jahres 1881 vorgenommenen Berechnung war die dauernde Rente des Unternehmens von der Staatsregierung nur auf 5 ¼ % geschätzt worden. Diese Schätzung beruhte auf der Annahme, daß nach Maßgabe der damass bekannten Betriebsresultate der ersten vier Monate des Jahres sich für das Jahr 1881 eine Mindereinnahme ergeben und die Dividende dieses Jahres sich höchstens auf 56/⁄10 % stellen werde. Für die folgenden Jahre war auf eine Vermehrung der Ausgaben durch die Verzinsung der vollen Restsumme des noch in der Abwickelung begriffenen Baufonds
und auf die Erhöhung der Minimalpacht für 11““ um
80 000 ℳ) Rücksicht genommen, ohne zugleich eine Reduktion der Rück⸗ lagen in den Erneuerungsfonds in Rechnung zu ziehen. Die auf Grund dieser Schätzung gemachte Offerte einer dauernden Rente von 5 ½ % wurde von der Gesellschaft abgelehnt. Nachdem inzwischen die Bergisch⸗Märkische, die Thüringische, die Berlin⸗Görlitzer, die Cott⸗
bus⸗Großenhainer und die Märkisch⸗Posener Eisenbahngesellschaft die
Ueberlassung ihrer Unternehmungen an den Staat beschlossen hatten, hielt es die Staatsregierung mit Rücksicht auf die dadurch für die Berlin⸗Anhaltische Eisenbahn geschaffene Lage, wie das große Inter⸗
esse des Staates an dem Erwerb der Berlin⸗Anhaltischen Eisenbahn im Interesse des Staates sowohl, wie auch der Gesellschaft selbst für
ihre Pflicht, zu einer Verständigung über die den Aktionären für die
Ueberlassung ihres Unternehmens an den Staat zu gewährende Ver⸗ gütung durch eine gemeinsame Besprechung der Grundlagen für die Bewerthung des Unternehmens von Neuem die Hand zu bieten, zumal
aus dem Ergebniß der bisherigen Verhandlungen mit der Gesellschaft nicht zu erkennen war, welche anderweitigen Bedingungen für die Ab⸗ tretung des Unternehmens an den Staat Seitens der Aktionäre für angemessen erachtet werden möchten.
Die in Folge dessen stattgehabten kommissarischen Verhandlungen haben zu einer Berichtigung der früheren Berechnung in manchen Punkten geführt. das Jahr 1881 hatte sich als nicht zutreffend erwiesen; es war viel⸗ mehr eine Vermehrung der Einnahmen gegen das Vorjahr zu kon⸗ statiren. Außerdem ergab sich aus den speziellen Mittheilungen der
Kommissarien der Gesellschaftsvorstände, daß bei dem Baufonds eine
Die frühere Annahme einer Verkehrseinbuße für
in der Denkschrift näher erläuterte sehr erhebliche Ersparniß von
mehr als 2 000 000 ℳ zu erwarten sei, während früher auf die Ver⸗ zinsung des Baufonds zum vollen Betrage gerechnet war.
legten besonderen Berechnungen die Annahme, daß eine Reduktion der
en 1 Auch fand bei eingehender Prüfung der über das Erneuerungsbedürfniß vorge⸗-
Rücklagen für den Erneuerungsfonds nach Ablauf des zur Zeit gel⸗ tenden Regulativs (Ende 1882), wenn auch nicht zu dem von der
Gesellschaftsvertretung in Aussicht genommenen Betrage von etwa
450 000 ℳ, so doch in Höhe von 200 000 ℳ angängig sein werde,
ihre Bestätigung.
Hiernach mußte die Erhöhung des früheren Angebots auf 6 %
gerechtfertigt erscheinen. Andererseits kann es keinem Zweifel unterliegen, daß der Werth
des Unternehmens für den Staat den gebotenen Preis erheblich über⸗ In einer von den Gesellschaftsvorständen mitgetheilten Be⸗
steigt.
rechnung ist dieser Werth sogar auf 8,8 % (beziehungsweise, wenn die Konvertirung der 4 ½ %igen in 4 ¹%ige Obligationen unterbleibt,
auf 8,4 %) des Aktienkapitals beziffert worden.
Wenn diese Be⸗
rechnung auch auf vielfach nicht zutreffenden Voraussetzungen beruht,
so werden doch bei Bemessung der dauernden Rentabilität des Unter⸗
nehmens für den Staat die erheblich vorgeschrittene Schuldentilgung, die Möglichkeit der anderweitigen nutzbaren Verwendung des Gesell⸗ seiasene und die in der Denkschrift dargelegten erheblichen Er⸗ sparnisse 8— sein.
Erwägt man hierzu die eminente Bedeutung, welche gerade dem Berlin⸗Anhaltischen Unternehmen für die Durchführung des Staats⸗ eisenbahnsystems beizumessen ist, so erscheint es unbedenklich, den ge⸗ botenen Preis, welcher den Aktionären ein angemessenes Aequivalent für 78 ufgabe ihrer Rechte gewährt, durch die für den Staat mit dem C wogen wird, zu bewilligeu. “
Der Gesetzentwurf sowie der demselben beigefügte Vertrag ent⸗ sprechen in ihrer Fassung im Wesentlichen den bisher vorgelegten Ge⸗ setzentwürfen und Verträgen gleicher Art.
Danach übernimmt der Staat den Betrieb des Unternehmens
auf seine Rechnung — und zwar schon für das laufende Jahr (§. 2
des Vertrages), während die Dividende für das Jahr 1881 noch in der bisherigen Weise festgesetzt und an die Aktionäre vertheilt werden ie den Aktionären in Zukunft zu ge⸗
soll (§. 4 des Vertrages). 1— 1 währende feste Rente von 6 % für die Stammaktie (§. 5 des Vertrages)
erb verbundenen weiteren Vortheile aber noch erheblich über⸗
im Betriebe und in der Verwaltung in Rücksicht zu
beläuft sich 8 jährlich 3 105 000 ℳ; der zum Umtausch der Stamm⸗
aktien in uldverschreibungen der vierprozentigen
1882 bereit zu stellen ist. Zählt man den auszugebenden Staats⸗ schuldverschreibungen den Betrag der ultimo 1881 im Umlauf befind⸗
lichen Prioritätsobligationen von 47 321 800 ℳ hinzu, so ergiebt sich die Summe von 124 946 800 ℳ, oder nach Abzug des disponiblen
— konsolidirten Staatsanleihe (§. 8 des Vertrages) erforderliche Betrag an Staats⸗ schuldverschreibungen auf 77 625 000 ℳ, welcher spätestens vier Mo⸗ nate nach der Betriebsübernahme, voraussichtlich also am 1. Oktober