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ches und dem Inhalte nach unbekanntes Schreiben Katharina Elisabeth von Goethe, seine Mutter; Ottilie von Goethe, geb. von Pogwisch; Göttling, Prof. in Jena, (der ihn bei der Ge⸗ ammtausgabe seiner Werke un erstützte); Gries, den er zur Ueber⸗ setzung des Calderon anregte; Grüner; v. d. Hagen, dessen Ueber⸗ setzung des Nibelungenliedes er seinen völligen Beifall giebt, umsomehr als das Rohe und Ungeschlachte, was sich an dem Liede finde, zwar dem Charakter jener Zeit angemessen, auch bei der historischen Wür⸗ digung wohl nothwendig zu beachten, keineswegs aber zur wahren Schätzung nöthig und dem Genuß durchaus hinderlich sei; Joseph Frhr. von Hammer⸗Purgstall, der berühmte Orientalist; Hegel, mit zwei interessanten Briefen aus den Jahren 1820 und 1821; von Hendrich, Kommandant von Jena, welcher durch ein theatergeschichtlich merkwürdiges, wörtlich mitgetheiltes Schreiben Goethe’'s vom Jahre 1803 aufgefordert wird, die Jenenser Studenten, welche, nach einer Aufführung der „Braut von Messina“, Schiller eine akklamirende Ovation dargebracht hatten, von derartigen Stö⸗ rungen der Vorstellungen im Weimarer Hoftheater abzumahnen; von Henning, welcher in Berlin zuerst öffentliche Vorlesungen über Goethe's „Farbenlehre“ hielt (mit Briefen vom Jahre 1831); J. G. von Herder und seine Gattin K. M. von Herder (mehrere Briefe, darunter ein sehr gereizter an die Gattin in Angelegenheit der von ihr beim Herzog geforderten Unterstützungen für sich und ihre Kinder); J. G. J. Hermann, der berühmte Philologe; Hofmarschall⸗Amt in Weimar, vertreten durch ein Schreiben Goethe’'s an dasselbe (vom Juni 1797), Maßregeln gegen die Jenenser Studenten betreffend, welche sich am Pfingstmontage und Dienstage im Weimarer Hof⸗Theater ungebührlich betragen; Anton Aloys, Erbprinz von Hohenzollern⸗Sigmaringen, (mit Aus⸗ zügen aus einem in verschiedener Hinsicht interessanten Briefe vom Jahre 1828, betreffend die Erziehung des Sohnes des Erbprinzen, des jetzigen Fürsten Karl Anton von Hohenzollern); Freiin von Hopf⸗ garten (mit einem bisher ungedruckten Briefe vom Jahre 1818); J. J. Hottinger; Hundeshagen; endlich die ganz besonders bemerkens⸗ werthen Artikel über die Gebrüder Alexander und Wilhelm von Hum⸗ boldt (welchem Letzteren er, wie die mitgetheilten Briefauszüge ergeben, höchst interessante Aufschlüsse über die Entstehung des „Faust“ und eine geplante dramatische „Helena“ gegeben hat), Friedrich Heinrich und die anderen männlichen und weiblichen Mitglieder der Familie Jacobi. Die 6. Lieferung bricht mitten in dem Artikel über Therese Jakob, bekannter unter ihrem Dichternamen Talvj, ab. — Mit welcher er⸗ schöpfenden Gründlichkeit übrigens der Herausgeber verfährt, dafür giebt der Artikel Fritsch einen Beweis; in demselben werden nämlich sogar die Briefe registrirt, welche die intimsten häuslichen Angelegen⸗ heiten behandeln, in denen Goethe der polizeilichen Vermittelung be⸗ durfte, wie die Wiederaufnahme eines Dienstmädchens, der Lärm auf einer dem Hause benachbarten Kegelbahn ꝛc. Auch sind die Briefe an seinen früheren Diener, den späteren Wegebauinspektor Gätze, in
Jena nicht vergessen, deren einer wörtlich reproduzirt wird.
— Im Selbstverlage des Herausgebers ist unter dem Titel: „Repertorium der Reichsgesetze und Verordnungen nebst Ausführungsbestimmungen“ von dem Rechnungs⸗Rath am Königlichen Ober⸗Präsidium zu Cassel, Merklinghaus, vor Kurzem eine kleine Schrift veröffentlicht worden, welche eine nach den Kompetenzgebieten des Reichs geordnete Uebersicht über den gegenwärtigen Umfang und Stand der Reichsgesetzgebung giebt. Das Büchelchen, welches aus dem Reichs⸗Gesetzblatt und dem Centralblatt für das Deutsche Reich zusammengestellt und am 1. April 1882 abgeschlossen ist, bildet so mit den genau rerzeichneten Ab⸗ änderungen und den beigefügten Ausführungsbestimmungen ein Reper⸗
torium, das sich wie kein anderes Hülfsmittel zur raschen Auffindung der zur Zeit gültigen Vorschriften eignen dürfte. Dasselbe wird daher Allen, welche das Reichsgesetzblatt halten, willkommen sein, vornehmlich aber den Provinzial⸗, Kreis⸗ und Gemeindebehörden sich als besonders praktisch und nützlich für den dienstlichen Gebrauch erweisen. Der Preis beträgt 60 ₰ für das einzelne Exemplar und 50 ₰ bei Abnahme einer größeren Zahl und hat der Verfosser den Erlös aus dem Verkaufe des Buches zum Besten der König Wilhelm⸗ Stiftung für Beamtentöchter bestimmt. — Griechenland in Wort und Bild. Eine Schilderung des helllenischen Königreiches von A. von Schweiger⸗Lerchenfeld. Mit ca. 200 Illustrationen. In 20 Lieferungen zu je 1 ½ ℳ Leipzig, Schmidt u. Günther. — In der soeben erschienenen 7. Lieferung dieses Prachtwerks führt uns der Verfasser vom Taygetos hinab nach dem blühenden messenischen Gestade, einem Pflanzenparadies voll der prächtigsten Orangen⸗, Citronen⸗ und Oelbäume, mit stattlichen Pinien, hohen Cypressen, riesigen Feigenbäumen und vereinzelten Palmen, umrahmt von dem hellblauen messenischen Golfe, mit den malerischen Orten Kalamata, Nisi, Koroni, Modoni ꝛc. Als Voll⸗ bilder sind der Lieferung beigegeben: Der Taygetos bei Mistra, das felsige Mistra und dessen Citadelle.
Gewerbe und Handel.
. Jahresberichte der Preußischen Central⸗ Bodenkredit⸗Aktiengesellschaft pro 1881 ergiebt sich, daß die gesammten seit 1870 abgeschlossenen Hvpotheken⸗Darlehnsgeschäfte sich bis Ende 1881 auf 231 239 000 ℳ beliefen. Durch Amorti⸗ sation oder sonstige Ab⸗ und Rückzahlungen sind in jenem Zeitraum 52 495 000 ℳ zurückgeflossen. Das Jahr 1881 hat einen Zugang von 15 696 000 ℳ ergeben. Davon waren 6 693 000 ℳ noch abzu⸗ wickeln. Die bestehenden Darlehne vertheilen sich, ohne Berücksichti⸗ gung der stattgehabten Amortisation, mit rund 101 700 000 ℳ auf Liegenschaften und 82 300 000 ℳ auf Gebäude. Das Verhältniß der kündbaren zu den unkündbaren Darlehnen stellt sich ungefähr wie 1 zu 42. Die Gesellschaft hat zur Deckung ihrer Forderungen drei Grundstücke zu übernehmen gehabt — zwei Liegenschaften und ein Haus⸗ grundstück in Berlin — welche jedoch alsbald wieder veräußert sind, ohne daß der Gesellschaft ein Verlust erwachsen ist. Im Besitze der Gesell⸗ schaft befindet sich außer dem Geschäftslokal noch das im Jahre 1879 in der Subhastation erworbene Rittergut Lissow in Pommern. Die Effekten⸗ anlagen und Lombarddarlehensgeschäfte haben sich in den statutmäßig vorgezeichneten Grenzen bewegt. Der Absatz der seit dem Februar 1880 eingeführten 4 % Central⸗Pfandbriefe hat sich fortgesetzt befrie⸗ digend entwickelt, so daß auch weiterhin größere Amortisationödarlehne gegen eine Annuität von 4 ¼ % (½ % Amortisation einbegriffen) be⸗ willigt werden konnten; — hierbei wird die Darlehnsvaluta unter Hinausrückung des Beginns der Amortisation vollgezahlt. Eine Be⸗ schwerung späterer Jahre aus Anlaß des Emissions⸗Coursverlustes und der Kosten wird auf diese Weise vermieden. Der Betrag der im Jahre 1881 neu ausgegebenen Pfandbriefe hat sich auf 8 870 500 ℳ gestellt, eine weitere Emission ist im laufenden Jahre mit günstigem Erfolge effektuirt. Nach der auch ander⸗ weit bestätigten Erfahrung der Gesellschaft ist die Krisis den städtischen Grundstücksverhältnissen im Allgemeinen in der Abnahme begriffen, wie unter Anderem die Abnahme der Subhastationsfälle erweist. Privatkapitalien sind fortgesetzt zu er⸗ heblichem Betrage angeboten gewesen und hat sich diese Konkurrenz n gesteigertem Maße fühlbar gemacht. Im Herbste 1881 hat die Gesellschaft versuchsweise eine nseaen in der Provinz Schleswig⸗ Holstein begonnen. Die für das Jahr 1881 der Generalversammlung vorgeschlagene Dividende beträgt 8 ½¼ % auf das eingezahlte Grund⸗ kapital, d. i. ½ % mehr, als in dem 5292 Bei Vertheilung der vorgeschlagenen Dividende ergiebt sich auf neue Rechnung neben dem statutmäßigen Reservefonds ein Reservevortrag von 382 822 ℳ gegenüber einem Reservevortrage von 333 573 ℳ im Vorjahre. Klußerdem sind 20 000 ℳ zur Begründung eines Pensionsfonds für die Beamten der Gesellschaft zurückgestellt; die nähere reglementarische
Ordnung bezüglich dieses Fonds 8 päterer Zeit vorbehalten.
— Das „Dresdn. Journ⸗ theilt folgenden ersten, vom 21. d. M. datirten Bericht von der Leipziger Messe mit: Begünstigt durch die schöne Witterung und unter einem großen Andrag von Fremden entfaltete sich am Montag die diesjährige Ostermesse, welche, wie bekannt, mit dem Verkauf des Garleders begann. Die Zufuhren
darin sind als normale zu bezeichnen. Die Trocknung der zur Messe gebrachten Waaren ließ viel zu wün übrig, wie dies bei der⸗
existirt);] gleichen Sortimenten fast ausnahmslos stattfindet.
Auch die künst⸗ liche Beschwerung des Leders durch Talgumanstrich und andere Ver⸗ mittelungen, welche die mangelhafte Trocknung verdecken, sind bei den Meßledern vielfach zu bemerken. Es ist kein Wunder, wenn die Preise dafür nach Verhältniß reduzirt wurden und die Meinung der Käufer allenthalben flau blieb. Besonders die zumeist nur mittelmäßigen und geringen Sortimente erreichten in Sohlenleder, Vache⸗ und Brandsohlleder, Fahlleder und Blockleder ꝛc. niedere Preise, so daß die Fabrikanten dieser Spezialitäten mit ungenügenden Resultaten abschlossen. Kipsleder dagegen erhielt sich in guter Nachfrage und be⸗ hauptete fast die seither bewilligten, recht hohen Forderungen. Das⸗ selbe gilt von Schaffellen in lohgar und weißgar, sämischgar und gefärbt. Nur sehr vereinzelt wird eine mäßige Konzession bewilligt. Auch der Artikel „Roßleder“ wurde stark gehandelt, insbesondere roß⸗ lederne Theile und Ausschnitt zur Schuhfabrikation ist lebhaft im Verkehr und findet bei den Konsumenten vielen Anklang, so daß die Produktion dieser Ledergattung entschiedene Fortschritte zu verzeichnen hat. Ein anderer Hauptartikel der Saison ist Kalbleder; das „lohgar braun“ zugerichtete, welches in großen Quantitäten am Markte war, fand sämmtlich Käufer, und hielt die seitherigen Notirungen aufrecht; einzelne Fabrikanten dieser Species beabsichtigen sogar Preiserhöhungen vorzunehmen. Im Durchschnitt gilt das Geschäft in Oberleder als meist befriedigend, dagegen in Unterleder meist gedrückt. Wirklich reelle, gewissenhafte Sortimente und gute Fabrikate, welche zur Messe fast gar nicht gestapelt werden, befinden sich natürlich stets außerhalb der Konkurrenz mit den Meß⸗ waaren, denn die ersteren halten ihre Forderungen aufrecht, unbe⸗ kümmert um die Schwankungen, denen die untergeordneten Meßsortimente immer unterworfen sind. Es ist in hohem Grade wünschenswerth, daß die Sohlenlederfabrikanten durch gutes Sortiment und solide Trocknungen ihre Waaren „vom Zwange des Meßverkaufs befreien, um sie bei momentan gedrückter Konjunktur nicht zu Schleuderpreisen losschlagen zu müssen. Der weitaus größte Theil des zur Ledermesse angefahrenen Quantums wurde verkauft, und nur ein sehr geringer Theil blieb in den Händen der Eigner. Die Zufuhren von Kips und rohen Wildhäuten waren wie gewöhnlich. Von Häuten ist in Folge der mehr oder weniger zurückgegangenen Preise für Unterleder nur sehr wenig gekauft worden. Dagegen wurde von Kips manches zu den seitherigen Preisen ge⸗ kauft, wenn auch deren Qualitäten in den meisten Fällen zu wünschen übrig ließen. Es wurde bezahlt für Kipse pro 50 kg oder 100 Pfund: Kipse Ia. 130 bis 160 ℳ, do. II a. 105 bis 130 ℳ, do. IIIa. 80 bis 105 ℳ, do. IVa. 55 bis 75 ℳ Rico⸗de⸗Janeiro Ochsen, schwere halten nPpro ½ kg oder 500 g 54 bis 60 ₰, do. Kühe, schwere 54 bis 58 ₰, do. Kühe, leichte 40 bis 46 ₰, schwere trockene Buenos⸗Aires 110 bis 120 ₰, do. Kühe leichte 90 bis 110 ₰, trockene Rio⸗Grande 85 bis 110 ₰, Puerto Cabello, Angostura und Guatemala 85 bis 100 ₰, Ceara je nach Gewicht und Qualität 85 bis 92 ₰, Uruguay und Montevideo gesalzene 60 bis 66 ₰, Rio⸗ Grande Ochsen, schwere 57 bis 62 ₰, do. Kühe, gesalzene je nach Gewicht 50 bis 60 ₰.
— (Wien. Ztg.) Das sogenannte Sperrgesetz und der in Be⸗ rathung stehende mit seinen Zollerhöhungen haben die österreichische Waareneinfuhr im Februar, wie schon wäh⸗ rend der Debatte über das Sperrgesetz bezüglich der Kaffee⸗Einfuhr amtlich konstatirt wurde, sowie auch die Zolleinnahmen sehr wesentlich gehoben. Die letzteren erreichten im Februar 1882 die Summe von 7 130 656 Fl. und stellten sich gegen Februar 1881 um 4 671 876 Fl. oder um 190 % höher heraus. Hiervon entfallen auf den Mehrertrag des Kaffeezolles 4 455 792 Fl. und auf jenen für an⸗ dere zollpflichtige Einfuhrwaaren 216 084 Fl. Für die ersten beiden Monate 1882 summirt sich der Zollertrag mit 9 969 426 Fl. und dessen Zunahme mit 4 909 108 Fl. = 97 %¼.
Antwerpen, 21. April. (W. T. B.) Wollauktion. dng Pällen angeboten, davon 1982 Ballen verkauft. Belebt,
reise fest.
London, 21. April. (W. T. B.) Nach dem jetzt veröffent⸗ lichten Prospekt der Nord. Borneo⸗Compagnie beträgt das Kapital der Gesellschaft 2 Millionen Pfd. Sterl.; das erworbene Territorium umfaßt 20 000 Quadratmeilen.
Konstantinopel, 21. April. (W. T. B.) Nach den Vor⸗ an schlägen des Administrationsraths der Besitzer türkischer Schuldtitel werden auf die im Laufe des Jahres gezogenen tür⸗ kischen Loose außer den sofort zahlbaren 25 %, noch am Schlusse des Jahres etwa 30 % entfallen.
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Verkehrs⸗Anstalten. “
(Wien. „Presse“) Die Besorgung des japanischen Dampfschiffdienstes liegt in den Händen einer Gesellschaft, der Mitsu⸗bishi, welche von der Regierung unterstützt und von der japa⸗ nischen Postverwaltung beaufsichtigt wird. Streben der Verwaltung ist, allmählich sämmtliche Linien der Pacifie Mail Company an der japanischen Küste, sowie diejenigen zwischen Japan und China unter die japanische Flagge zu bringen. Zu diesem Behufe hat die Regierung der Mitsu⸗bishi 13 Dampfschiffe überlassen und derselben einen jährlichen Zuschuß von 250 000 Yen bewilligt. 18 Dampfer sind von dieser Gesellschaft der Pacific Mail Company abgekauft worden. Gegen eine jährliche Entschädigung von 15 000 Yen unterhält die Mitsu⸗ bishi eine Seemannsschule. Nicht nur auf dem Meere, sondern auch 8 den japanischen Flüssen vermittelt die genannte Dampfschiff⸗ fahrtsgesellschaft den Verkehr. Bei dem in Japan vorherrschenden Gebirgslande und bei dem Mangel an guten Landstraßen sind die Flüsse dort für den Verkehr von größerer Bedeutung als anderswo, obwohl dieselben nur eine geringe Länge haben und viele Kanäle den Flüssen beträchtliche Wassermengen ent⸗ ziehen, um letztere den Reisfeldern zuzuführen. Nur Boote mit ge⸗ ringem Tiefgange können die japanischen Flüsse befahren, weil der Wasserstand in den letzteren fortwährend wechselt und überdies häufig Sandbänke angetroffen werden. Die gebräuchlichen Boote sind in der Regel 12m lang und 1 ½ m breit und werden theils durch Dampf, theils durch Ruder fortbewegt. Der japanische Schiffer lenkt die⸗ selben mit großem Geschick über alle Hindernisse hinweg oder an den lbbern vorüber, über Wasserfälle, Stromschnellen, Felsklippen und
ntiefen.
London, 21. April. (W. T. B.) Nach einer bei „Lloyds“ eingegangenen Depesche aus Sumbava, den 21. d., ist der nieder⸗ ländische Dampfer „Banda“ auf der Fahrt von Bima nach Nangamessie (2) Aüiln eines Sturmes in der Meerenge von Sapy gescheitert. Der Kapitän ist ertrunken, 4 Mann von der Besatzung wurden gerettet.
Berlin, 22. April 18822. Die Feier des 100. Geburtstages Friedrich Fröbels,
die der Berliner Fröbelverein gestern Abend im Festsaal des Rath⸗ hauses veranstaltet hatte, nahm einen würdigen Verlauf. An der Schmalseite des Saales, gegenüber dem Eingang, war von Palmen, Lorbeeren und blühenden Azaleen umgeben, die Büste Fröbels aufgestellt. Saal und Galerie füllte ein zahlreiches Auditorium. Im Auftrage des Provinzial⸗Schulkollegiums war Regierungs⸗Rath Techow er⸗ schienen. Nach dem Festmarsch von Liszt, den die erren Wolf und Michelsen auf den zur Verfügung gestellten 5000. Flügel der Duyvsenschen Fabrik wirkungsvoll vortrugen, betrat die Herzogliche 0.„ Frl. Anita Augspurg das Podium als treffliche n⸗ n des von J. Trojan gedichteten Prologes, dessen Vortrag die Festversammlung zu stürmischem Beifall hinriß. Ein Chor von sepioen und ehemaligen Schülerinnen des Fröbel⸗Seminars trug hierauf wirkungsvoll den 89. Psalm in der Nürnbergschen Komposition vor; dann nahm als Festredner der langjährige Vorsitzende des 29ö Prof. Pappenheim das Wort, Wum das Geistesleben Fröbels der Festversammlung vorzuführen.
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in herziger Weise zum Ausdruck zu bringen. Der besonderen Stim⸗ mung, die an diesem Tage die Gemüther der Frauen beseelte, gedachte hierauf in kurzen Worten Fr. Präsidentin Henschke. Der Verfamm⸗ lung wurde noch Beethovens F-moll⸗Sonate, von Faver Scharwenka vorgetragen, und als Schlußgabe das vom Chor gesungene Mendels⸗ sohnsche „Fühlingslied“ geboten.
Gestern Abend fand in der Aula des Wilhelms⸗Gym⸗ nasiums ein Konzert zum Besten der Berliner Stadt⸗ mission statt. In demselben wirkten neben Frl. Hwig Müller mehrere Damen aus der Gesellschaft, ferner der ianist Hr. Dreischock, welcher durch hervorragende Technik erfreute, sowie die Violinistin
bwechslung durch die Gesangsvorträge des geschätzten Tenoristen
rn. Jul. Sturm. — Frl. Müller erwarb sich reichen Beifall durch ihre angenehme Stimme und den innigen Vortrag mehrerer Lieder; Frl. Soldat spielte mehrere Sachen von Spohr und Sarasate mit seelenvollem Tone und abgerundeter Technik. Hr. Jul. Sturm hatte eine geschmackvolle Auswahl von Liedern getroffen und brachte die⸗ selben mit warmer Empfindung und nobler Vortragsweise zu Gehör. Wir konstatiren hierbei die erfreuliche Thatsache, daß der wohlthätige Zweck in hohem Maße erreicht sein wird, da ein überaus zahlreiches Publikum anwesend war.
. Soldat mit. Außerdem erhielt das Konzert eine wohlthuende H
„Die Feuerversicherungs⸗Gesellschaft Colonia in Cöln hat von dem Betrage der Versicherungsprämien, welche im Jahre 1881 von den bei ihr versicherten Justizbeamten eingegangen sind, wiederum die Summe von Eintausend und Achthundert Mark der Justizoffizianten⸗Wittwenkasse überwiesen.
Vollendungsbau des Ulmer Münsterthurms. (Central⸗ blatt der Bauv.) Nachdem durch die Gestattung einer Prämien⸗ kollekte im Deutschen Reiche die finanzielle Seite jenes großartigen Unternehmens gesichert erscheint, hat der Münster⸗Baumeister Prof. Beyer im März d. J. einen mit einem Beilagenhefte und 5 Blatt Zeichnungen versehenen Bericht erstattet, welcher sich auf Grund der vorgenommenen Untersuchungen auf die als nothwendig erkannten und beabsichtigten Verstärkungsarbeiten bezieht. Im Anschluß hieran hat der Sitiftungsrath beschlossen, ein Super⸗ arbitrium durch eine besondere Sachverständigenkommission ausarbeiten zu lassen, zu welcher außer dem technischen Beirathe, Ober⸗Baurath von Egle, folgende Techniker berufen worden sind: Geh. Baurath Prof. Adler in Berlin, Prof. Bauschinger in München, Ober⸗Baurath Frhr. von Ferstl in Wien, Geh. Rea.⸗Rath Funk in Cöln, Prof. Laißle in Stuttgart und Ober⸗Baurath Prof. Fr. Schmidt in Wien. Diese Kommission wird in Folge einer Seitens des Ober⸗Bürgermeisters Heim erlassenen Einladung am Montag, den 24. d. M. im Rathssaale in Ulm zusammentreten.
Dresden, 21. April. (W. T. B.) Die heute im Gewerbe⸗ hause abgehaltene Fröbelfeier war von über 3000 Personen besucht; an derselben nahmen auch die Vertreter des Kultus⸗Mini⸗ steriums, der Ober⸗Bürgermeister und mehrere ausländische Delegirte aus Venedig, Bologna, Kopenhagen und anderen Orten Theil. Die Festrede hielt Dr. Lange aus Hamburg.
Das Königliche Schauspielhaus brachte gestern vom Dichter der „Karolinger“, Ernst von Wildenbruch, ein neues fünfaktiges Trauerspiel „Harold“ zur ersten Der Autor hat seinen Stoff der nordischen Geschichte entlehnt, die ein reiches Feld der Auslese für die tragische Dichtung gewesen ist. Mit un⸗ erschöpflichem Reichthum zeigt sie uns in wechselvollem Bilde den Kampf der Völker um ihre höchsten Ideale immer von Neuem in einer heldengroßen Seele verkörpert, welche mit ihrem eigenen Geschick auch das Schicksal der Nation besiegelt. So steht Harold als letzter Rettungsthurm der Angelsachsen an der Scheidegrenze der Völker den heranfluthenden Normannen gegenüber. Mit ihm fällt auch die Frei⸗ heit und Selbständigkeit seines Volkes. Der Dichter hat mit meister⸗ hafter Sicherheit die Fäden der Verwickelung und der Lösung in seinen dramatischen Stoff hineingetragen. Harold trotzt dem König Eduard, als dieser ihm gebietet, den Normannenherzog Wilhelm, den Erbfeind seines Volkes, unter irgend einem Vorwande in seinem Schlosse zu empfangen. Der König verbannt ihn und seine stolze Mutter, behält aber als Geisel den jüngsten Sohn, das Herzblut der Mutter, zurück. Harold kehrt an der Spitze eines Heeres nach England zurück, um seine Rechte und die des unterdrückten Volkes zu wahren, und muß hören, daß das Kind sich im Normannenland befindet Als er von dort sein Kind holen will, ereilt ihn sein furchtbares Geschick. Des Herzogs liebliche Tochter erglüht in Liebe zu ihm; auch Wilhelm er⸗ kennt den Edelsinn und die Größe seines Feindes und sucht denselben an sich zu fesseln. Harold schwört zuvor, ohne langes Besinnen, einen Eid, dessen feindlichen Doppel⸗ sinn er nicht erkannt hat, und durch welchen England in die Hände des Normannen fallen soll. Als er die Deutung erfährt, opfert er seine Liebe und setzt durch Eidbruch sein ewiges Seelenheil auf das Spiel, um sein Vaterland zu retten. Seine von Gewissensqualen zerrissene Seele findet erst im Tode Ruhe. Wilhelm, der Normanne, erreicht das Ziel seines Ehrgeizes, aber er erkauft es mit dem Leben der heißgeliebten Tochter, die mit dem Namen Harolds auf den Lippen stirbt. Das Stück legt aufs Neue beredtes Zeugniß ab für die hohe drama⸗ tische Begabung des Autors. An einzelnen Stellen sind die Scenen etwas zu weit ausgesponnen, doch selbst dann verfehlten sie nicht eine tiefgehende Wirkung auf das Publikum. Die Charaktere sind klar und plastisch herausgearbeitet bis zu ihrer letzten Konsequenz. Die Wirkung des Dramas wird durch die wohl⸗ lautende, bilderreiche und edle Sprache wesentlich erhöht. Von hinreißender Lieblichkeit waren die Scenen, in denen Prin⸗ zessin Adele in ihrem fröhlichen Jugendreiz vorgeführt wird und denen gegenüber die düsteren Schlußscenen in noch grellerem, unheimlicherem Lichte erschienen. Die Besetzung der Tragödie war vorzüglich. Selbst die weniger zur Geltung kommenden Rollen lagen in den Händen begabter Künstler. Den Helden Harold brachte Hr. Ludwig in seiner ganzen Größe zur Anschauung. Schon in den ersten Scenen kündigte das Aufbrausen des jugendlichen Harold den später heranziehenden Gewittersturm an, der den Jüngling zum Mann und Helden gestaltet und ihn schließlich qualvoll vernichtet. Hr. Berndal
ab die Rolle des schlauen und doch großherzigen Normannenherzogs
sehr wirkungsvoll. Aus dem schwankenden Charakterbilde des Königs Eduard hatte Hr. Kahle ein ergreifendes Kabinetsstück heraus⸗ gearbeitet. Frl. Meyer spielte die „Adele“ mit der ganzen bezaubernden Anmuth, die ihr eigen ist. Auch Frl. Stoll⸗ berg (Gytha) löste ihre Aufgabe in befriedigender Weise. Das über⸗ aus zahlreiche Publikum gab durch seinen “ eifall zu er⸗ kennen, daß die echte dramatische Poesie nichts von ihrem unver⸗ gänglichen Einfluß auf die Menschen verloren hat. Schauspieler und Dichter wurden nach jedem Akte, besonders dem vierten und fünften, stürmisch gerufen und mit Beifall überschüttet. 8
— Belle⸗Alliance⸗Theater. Das Ensemble⸗Gastspiel der Mitglieder des Wallner⸗Theaters, welches sich gerade in diesem Jahre eines außerordentlichen Erfolges erfreute, findet mit Ende dieser Woche seinen Abschluß und bringt nur noch 5 Wiederholungen der Gesangsposse rh.Partt.. Am Sonnabend beginnt das Gast⸗ spiel des Hrn. Emil Thomas und seiner Gattin in einer Nov ität, „Villa Sanssouci“.
Redacteur: Riedel.
Verlag der Expedition (Kessel). Druck: W. Elsner. Fünf Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage).
Berlin:
Wieder traten nun die Sängerinnen vor, um Tauberts Wiegenlied
erheische noch mehrere Stellen.
der Neustadt,
einer Bahnhofsanlage. Beides sei jedoch unrichtig. Ueberaus
n.
No 95.
1“ Erste EEV““]; Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.
Verlin, Sonnabend, den 22. April
5 “
MNicchtamtliches.
Preußen. Berlin, 22. April. Im weiteren Ver⸗ laufe der gestrigen (50.) Sitzung setzte das Haus der Abgeordneten die zweite Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Erweiterung, Vervollständi⸗ gung und bessere Ausrüstung des Staatseisen⸗ bahnnetzes fort. Bezüglich des Centralbahnhofes zu Cöln, zu dessen Gestaltung die Regierung 22 500 000 ℳ for⸗ derte, empfahl die Kommission die Streichung dieser Position, und schlug zugleich folgende Resolution vor:
„Die Königliche Staatsregierung aufzufordern, mit der Stadt Cöln wegen deren Theilnahme an den Kosten der Verlegung des Cölner Güterbahnhofes und der Durchgangsgeleise an die Festungs⸗ Enceinte in Verhandlung zu treten, und dem Landtage in dessen nächster Sitzung mit dem Bericht über das Resultat dieser Ver⸗ handlungen auch die Pläne und Kostenanschläge über die von der Stadt Cöln gewünschten Bahnhofsanlagen und die damit zusammen⸗ hängenden Aenderungen vorzulegen.“
Hierzu hatten die Abgg. Berger und Genossen Folgendes beantragt: Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen: Unter Ablehnung des Antrages der Kommission sub 2, in §. 1 III. Nr. 3 die Regierungsvorlage: „Für die Umgestaltung der Bahnhofsanlagen in Cöln die Summe von ... 22 500 000 wiederherzustellen und am Schlusse des §. 1 folgendes neue Alinea hinzuzufügen: „Für die Ausführung der vorstehend unter III. Nr. 3 vorgesehenen Umgestaltung der Bahnhofsanlagen in Cöln ist ein neuer Plan festzustellen, durch welchen, unter Beibehaltung des jetzigen Centralbahnhofes von den den Dom umgebenden Straßen und Plätzen keine größere Grundfläche als seither in Anspruch ge⸗ nommen wird. Außerdem sind der derzeitige Güterbahnhof und die Durchgangsgeleise an die zukünftige Umwallung zu verlegen und ist für den Personenverkehr in der Neustadt geeignete Vor⸗ sorge zu treffen.“ Ferner beantragten die Abgg. Dr. Roeckerath und Genossen: Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen: „Unter Ablehnung des Kommissionsantrages sub 2 die Regie⸗ ungsvorlage in §. 1 III. Nr. 3 in folgender Fassung wieder her⸗ zustellen: 3 „Für Erhöhung und Umbau des gegenwärtigen Cölner Central⸗ Personenbahnhofs am Dom, Herstellung angemessener Bahnhofs⸗ anlagen für den Personenverkehr in der Neustadt Cöln, Beseitigung der Nipeauübergänge innerhalb der neuen Umwallung von Cöln, sowie für Verlegung der dortigen Güter⸗ und Rangirbahnhöfe die Summe von 22 500 000 ℳ Der Abg. Büchtemann als Referent motivirte den ab⸗ lehnenden Standpunkt der Kommission und hob die Bedeutung der von derselben vorgeschlagenen Resolution hervor. Es handle sich nach dem Regierungsprojekt lediglich um eine Höherlegung des Bahnhofsterrains, so daß also die Bahn über verschiedene Straßenunterführungen hinweg einen Theil der Stadt durchschneiden, im südlichen Stadttheil jedoch in das alte Niveau übergehen würde. Gegen dieses Projekt seien die verschiedensten Bedenken laut geworden. Vor Allem sei für den ablehnenden Beschluß der Kommission maßgebend gewesen, daß man eine Erweiterung des Centralbahnhofs über kurz oder lang sür nothwendig halte, und daß dann die jetzt be⸗ willigte Summe verschwendet wäre. Die Pläne der Regierung
hätten die Zustimmung der städtischen Behörden nicht erhalten
und sei dieses Urtheil ebenfalls für die Kommission von Ge⸗
wicht gewesen.
Der Abg. Dr. Roeckerath befürwortete seinen Antrag. Derselbe sei von sämmtlichen in Cöln wohnenden Mitgliedern
dieses Hauses unterzeichnet, sei von der Cölner Stadterweite⸗ rungs⸗Deputation sehr eingehend diskutirt und einstimmig
gebilligt worden. Auch das Gros der Cölner Bürgerschaft, soweit dies aus der Cölner Presse ersichtlich, sei mit demsel⸗ ben einverstanden. Was er wolle, sei auch von oer Regierung für diskutabel erklärt worden, sie sei auch bereit, alles Mög⸗ liche, was Cöln wolle, zu machen, aber die Cölner sollten es bezahlen. Dies sei aber unmöglich. Cöln habe für diese Bahn bereits sehr schwere Opfer gebracht. Nur dadurch, daß es das Risiko der Stadterweiterung, welche 5 Millionen gekostet habe, übernommen habe, sei diese Anlage überhaupt möglich ge⸗ worden. Der Vorschlag der Regierung laufe aber den Ver⸗ kehrsinteressen Cölns zuwider. Der Ausbau des Centralbahn⸗ hofs am Dom genüge nicht, der Personen⸗ und Güterverkehr Wollte man den Centralbahn⸗ hof am Dom der Frequenz entsprechend weiter ausbauen, so müßte man den Dom abbrechen, um Platz zu schaffen. Dies würde auch mehr als 22 ½ Millionen kosten, während sein Vorschlag zu demselben oder zu einem noch geringeren Preise, aber mit besserem Effekt, ausgeführt werden könne. Der Abg. Berger zog seinen Antrag zu Gunsten des Antrags Roeckerath zurück. Betreffs der Bahnhofsanlagen in
Cöln seien eine Menge Mißverständnisse entstanden. Einerseits
habe die Regierung geglaubt, die Cölner wünschten zwei Centralbahnhöfe, andererseits meinten wieder die Bewohner die Altstädter mißgönnten ihnen den Besitz
nothwendig wäre
aber der Bau einer zweiten Rhein⸗ brücke,
die durchaus nicht so theuer zu stehen käme, als man vielleicht glaube. Die jetzige Brücke habe allerdings seiner Zeit 4 Millionen Thaler gekostet, man würde ’1. aber gegenwärtig für ebensoviel Mark herstellen können. Wenn die zweite Brücke errichtet würde, dann könnten die verstaat⸗
lichten Bahnen den gesammten Güterverkehr und einen Theil
des Personenverkehrs, nämlich den Transitverkehr, in die Hand bekommen. Der Antrag Roeckerath beabsichtige nicht, an dem gegenwärtigen Zustand etwas su ändern. Niemand wolle den Centralbahnhof von seiner jetzigen Stelle entfernen, aber der Antrag wolle doch der Zukunft Rechnung tragen. Cöln werde in 20 Jahren voraussichtlich eine Bevölkerung von 300 000 Seelen haben. Cöln sei in seinem Wachesthum durch die shestumn werke gewaltsam zurückgehalten worden, es würde daher von ihm angegebene Vermehrung der
Einwohner keineswegs eine ungesunde Entwickelung sein. Sein Hauptinteresse bei dem Projekt liege “ber an dem Dom, den er und seine politischen Freunde in keiner Weise benachthei⸗ ligen, sondern in seiner Umgebung in möglichstem Glanze
erscheinen lassen wollten. Eine Konsequenz des Re⸗ gierungsprojekts wäre jedoch in der That die, daß der Dom dadurch leiden müßte. Möge daher die Regierung den gegen⸗ wärtigen Umbauplan in geeigneter Weise modifiziren. Ebenso wäre zu wünschen, daß sowohl der Westbahnhof, als auch der Bahnhof am Pantaleon wieder in Betrieb gesetzt würde. Es wären für ein so großes Gemeinwesen, wie Cöln, drei Bahn⸗ höfe keineswegs zuviel. Die Annahme des Antrages Roeckerath sei dringend zu empfehlen.
Hierauf ergriff der Minister der öffentlichen Arbeiten Maybach das Wort:
Meine Herren! Der Hr. Abg. Berger hat empfohlen, den An⸗ trag Roeckerath anzunehmen, obwohl er in seinem Vortrage der Her⸗ stellung einer zweiten Brücke in Cöln sehr lebhaft das Wort geredet hat, diese Brückenanlage in dem Antrage Roeckerath indeß nicht vor⸗ gesehen ist. Ich könnte ja mit ihm — rein eisenbahntechnisch — der Ansicht sein, daß eine zweite Brücke in Cöln ganz erwünscht wäre, ich könnte sogar soweit gehen, wenn wir tabula rasa machen könnten, zu sagen; lassen wir die alte Brücke ganz im Stich, bauen wir die neue Brücke, legen wir draußen im neuen Stadttheil einen Central⸗ bahnhof an, der für die Eisenbahnbedürfnisse ausreichend ist; — wir können dann vermeiden ein Provisorium, die Unbequemlichkeiten während des Umbaues, wir koͤnnen uns einrichten, so weit und so breit wie wir wollen — das wäre rein eisenbahntechnisch, — aber, meine Herren, nicht im Interesse der Stadt Cöln und ich glaube, auch nicht ganz im Interesse des Verkehrs. — Darüber, daß es ein Bedürfniß ist, in Cöln einen Umbau vorzunehmen, Wandel zu schaffen in den jetzigen unleidlichen Zuständen, ist nirgend, weder innerhalb noch außerhalb des hohen Hauses ein Zweifel erhoben, die Frage ist nur: wie ist dem Bedürfniß abzuhelfen? Seit Jahren ist, wie auch die Motive mittheilen, darüber verhandelt worden welcher Weg einzuschlagen sein möchte, um dem auch früher schon, bevor die Stadterweiterung beschlossen und durchgeführt war, vorhandenen Be⸗ dürfniß zu begegnen. „Es war unter den damaligen Verhältnissen schwierig, zu einer Verständigung zu gelangen, über das Wie und Wann über die Kostenfrage. Jetzt ist uns die letztere Frage in ge⸗ wisser Beziehung erleichtert, die erstere ist nach wie vor schwierig. Die Staatsregierung hat sich bei Uebernahme der Rheinischen und der Cöln⸗Mindener Bahn und Angesichts der geplanten Verstaat⸗ lichung der Bergisch⸗Märkischen Bahn alsbald darüber hergemacht, ein Projekt aufzustellen, wie es im Anschluß an die gegenwärtigen Verhältnisse in Cöln das geeignetste bu sein schien. Wir haben ge⸗ hofft, daß innerhalb der Stadt Cöln bald Aeußerungen darüber laut werden würden, ob auch die Interessen der Stadt dabei zu ihrem Rechte kämen. Wir haben, glaube ich, darin richtig gehandelt, daß wir das Projekt auf der Grundlage des bestehenden Zustandes aufgebaut haben, denn das gebe ich dem Hrn. Abg. Berger nicht zu, daß künst⸗ lich und unnatürlich sich eine Hyperthrophie des Verkehrs in Cöln um den Dom, in der Nähe des Bahnhofs, entwickelt habe. Ich glaube, der Dom wird für den Verkehr der Stadt von außen wie von innen immer ein Hauptanziehungspunkt bleiben, es wird sich dort immer der Hauptverkehr entwickeln; wir werden niemals — das will allerdings auch der Herr Abgeordnete nicht — in die Lage kommen können, einen Hauptbahnhof aus der Nähe des Doms zu verlegen.
Wir haben also ein Projekt ausgearbeitet, darüber verhandelt und geglaubt, das Projekt treffe im Allgemeinen das Richtige. Wäh⸗ rend der Verhandlungen in diesem hohen Hause aber haben die städti⸗ schen Behörden von Cöln sich veranlaßt gefühlt, die Angelegenheit noch näher als früher zu erörtern — ich bemerke übrigens, daß auch bei den früheren Erörterungen schon Vertreter der Stadt Cöln und auch der Dombaumeister zugezogen waren — und haben nun verschiedene Vorschläge gemacht, wie nach ihrer Ansicht noch besser allen Interessen zu genügen wäre. Es mag sein, daß es mißverstanden ist, wenn man behauptet, die Stadt Cöln wolle zwei Centralbahnhöfe haben. Ich muß indeß ge⸗ stehen, daß nach Allem, was ich bis jetzt gehört habe, ich mich nicht habe überzeugen können, daß der Wunsch der Stadt Cöln in der That nicht auf zwei Centralbahnhöfe gerichtet ist. Daß dem aber nicht zu entsprechen ist, liegt auf der Hand. Wir haben also ein Projekt auszuarbeiten gehabt mit einem Kostenanschlage und haben nun Einwendungen dazu entgegengenommen. Ihre Budget⸗ kommission, die anfänglich sich ja auch diesem Projekt zuneigte, ist durch die Aeußerungen der Stadt Cöln in ihrer ursprünglichen Auffassung wankend geworden, und hält dafür, daß das von der Stadt Vorgebrachte besonderer Prüfung bedarf, — daß also die Sache augenblicklich zur Entscheidung noch nicht reif sei. Und, meine Herren, wenn Sie dem Wunsche der Stadt Cöln in mehrerer Weise, als die Staatsregierung es bisher in Aus⸗ sicht genommen hat, entgegenkommen wollen, — darüber läßt sich ja sprechen —, dann muß ich sagen, der Beschluß der Budgetkommission ist ein durchaus korrekter. Und ich muß weiter sagen, daß ein Be⸗ schluß nach dem Antrage des Hrn. Abg. Roeckerath für die Staats⸗ regierung nicht brauchbar ist. Dieser Beschluß würde der Staatsregierung einen Kredit gewähren für eine Projekt und eine Anlage, deren Kosten, deren Art der Ausführung wir gar nicht kennen. Ich glaube, meine Herren, auf diesen Boden dürfen wir nicht treten, wir würden uns damit einer großen Verantwortlichkeit aussetzen. Und so so sehr ich im Interesse der Eisenbahnverwaltung wie auch im Interesse der Stadt Cöln wünschen möchte, recht bald diese Frage in befriedigender Weise zu lösen, so könnte ich Ihnen doch nur rathen, diesen Antrag nicht anzunehmen. Die Regierung san nach dem Feseh gteurf die Ermächtigung erhalten, diese Aus⸗ ührungen, deren im Gesetzentwurfe gedacht ist, vorzunehmen; aber wenn diese Ermächtigung 8 ertheilt würde, wie hier vorgeschlagen, würden wir doch genoͤthigt sein, neue Projekte, neue Kostenanschläge aufzu⸗ stellen, mit der Stadt Cöln in Verhandlung zu treten und zu prüfen, ob wir denn überhaupt mit den 22 ½ Millionen die ganze Sache machen können? Wenn, wie ich glaube, das aber nicht der Fall ist, dann würden wir uns hüten müssen, die Anlagen zu beginnen und genöthigt sein, von Neuem mit einer Forderung an den Landtag zu treten, bevor wir beginnen. Auf die Einwendungen technischer Natur, die hier gegen das Projekt erhoben sind, wird mein Herr Kommissar nachher noch antworten.
Wir können also, wie gesagt, es beklagen, daß wir im Augen⸗ blick in dieser — nicht weiter vorgehen können. Wir können an⸗ erkennen, daß einzelne Wünsche der Stadt Cöln Beachtung verdienen, wir wollen aber vorerst uns bemühen, ein Projekt zu finden, welches den Wünschen der Stadt Cöln ohne zu große Belastung der Staatskasse — ich muß auch dies hinzufügen — gerecht wird. Aber wir dürfen uns, ich wiederhole es, nicht ohne Weiteres in Unterneh⸗ mungen einlassen, deren Tragweite wir nicht übersehen können. Ich kann also hiernach und nach der Stimmung, die hier im Hause zu valtfg scheint, nur empfehlen, dem Vorschlage der Kommission sich anzuschließen. Die Frage, ob es nicht gut sein wird, die Brücke, von der er sprach, herzustellen eine Frage der Zukunft. Das Projekt der taatgregierung ist berechnet auf die Gegenwart und die absehbare Zukunft, auf eine mögliche Entwickelung, die in weiter Ferne liegt, können wir unmöglich jetzt schon Rücksicht nehmen. Ich glaube auch, daß bei keiner Anlage ein anderer Gesichtspunkt inne gehalten werden dann,
als daß wir das gegenwärtige und das absehbare I. ins Auge fassen. Wollten wir mehr, dann müßten wir eben An agen
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lich beanspruchen.
schaffen, die sofort sehr große und vielleicht ganz unnütze Kosten verursachen würden. Ich kann nach alledem nicht widersprechen, wenn Sie Ihrerseits sich dazu verstehen, dem Beschlusse Ihrer Kom⸗ mission beizutreten. Darum muß ich aber bitten: lehnen Sie den Antrag Roeckerath ab.
Der Abg. Dr. Reichensperger erklärte, trotz der Aeuße⸗ rungen des Ministers habe er noch nicht alle Hoffnung auf⸗ gegeben, daß das Haus dem Antrage von Roeckerath zustim⸗ men werde, da keine ernstlichen Bedenken gegen denselben er⸗ hoben seien. Auch der Minister erkläre den Antrag nicht für schlechthin unannehmbar. Der Minister habe nur gesagt, daß der Antrag nicht brauchbar sei. Indessen seien die Gründe, die hierfür vorgebracht seien, von so allgemeiner Natur, daß das Haus mit denselben alle die Beschlüsse, die hier gefaßt seien, vernichten könne. Auch bei den Düsseldorfer Bahnhofsbauten seien die Kosten der Anlagen nicht genau festgestellt, und an ein gewisses Hin⸗ und Herschwanken den Kostenanschlägen gegenüber sei man in Preußen immer bei der Ausführung von Bauten gewöhnt gewesen. Vergegenwärtige man sich doch auch, daß die Stadt Cöln eine preußische Stadt sei, daß sie im Inland liege und ihre Interessen mit denen des S.aates nicht im Widerspruch ständen, da sei es wohl nicht gerecht⸗ fertigt, die Sache zu verzögern, in der Hoffnung, daß man der Stadt weitere Zugeständnisse abzwacken könne. Es entspräche ein solches Verhalten auch nur wenig den Aeußerungen, die man immer gehört, daß die Gemeinden überlastet seien und an ihre Entlastung gedacht werden müsse. Gerade bei Cöln wäre eine Entlastung sehr indizirt, und er bitte darum, daß die Regierung, falls der Antrag von Roeckerath ab⸗ gelehnt werde, nicht suche möglichst viel vom Staate auf die Stadt abzuwälzen. Für alle Kenner habe der Abg. Roeckerath die in Cöln obwaltenden Verhältnisse in so klarer Weise dar⸗ gestellt, daß er sich jeder weiteren Auslassung enthalten könne. Die Stadt Cöln habe schon 12 000 000 ℳ aufwenden müssen, um früheres Eigenthum an sich zu bringen, obschon die Rechts⸗ frage eine offene sei, ob die Stadt nicht eine unentgeltliche Ueberlassung des Tarrains, das vormals zu Befestigungswerken verwendet worden, beanspruchen könne; die Stadt Cöln habe ferner, indem sie als Bollwerk gegen das Ausland gedient habe, die Staatsinteressen in höchster Weise wahrgenommen. Cöln dürfe daher wohl mit Recht soviel Schonung als mög⸗ . Stände ihm persönlich eine Entschei⸗ dung zu, so würde er stehen bleiben bei dem Beschluß der Stadtverordneten, so wie derselbe vom Abg. Roeckerath interpretirt worden sei. Der Centralbahnhof solle bleiben, da sich alle Verhältnisse nach demselben gestaltet hätten. Das schließe aber nicht aus, daß in der Peripherie der Stadt, ebenso wie es in anderen Städten geschehen sei, Succursalbahnhöfe geschaffen würden. Ein Grund, der ihn bewogen habe, auf Seiten des Stadtverord⸗ netenbeschlusses zu treten, beruhe auf dem Ver⸗ hältniß des Bahnhofsprojektes zum Dom. Denn würde dasselbe ausgeführt, so würde der Dom den Bahn⸗ hofsanlagen gegenüber sich wie ein Wartesaal 3. oder 4. Klasse ausnehmen. Er bemerke indessen, daß der Minister nach dieser Richtung hin Erklärungen abgegeben habe, die be⸗ ruhigen könnten. Redner ging nun näher auf den Antrag Roeckerath ein. Derselbe sei formulirt nach den Beschlüssen der Stadtverordnetenversammlung. Zu ernsten Bedenken könne derselbe also nicht Veranlassung geben. Eine Hinausschiebung, wie der Minister sie angedeutet, werde aber nur eine Ver⸗ theuerung der Grundstücke, deren man benöthige, zur Folge haben. Denn erfahrungsmäßig steigerten sich die Ansprüche der Besitzer von Jahr zu Jahr. Er hätte darum gar nicht gezweifelt, daß der Minister dem Antrag zustimmen würde, wenn derselbe nicht vor ihm gesprochen hätte.
Der Abg. Frhr. von Minnigerode wünschte erst genau fest⸗ gestellt zu wissen, wieviel die Stadt Cöln zu den Anlagen zu kontribuiren habe. Vorher eine Entscheidung zu treffen, empfehle sich aus finanztechnischen Gründen nicht. Er halte die Bauangelegenheit noch nicht für spruchreif, um einen de⸗ finitiven Beschluß, wie der Antrag Roeckerath, dem er prinzipiell nicht entgegen sei, wolle, zu fassen. Er, Redner, werde also heute gegen diesen Antrag stimmen.
Der Abg. Bachem bemerkte, da sich nur ein Redner gegen den Antrag Roeckerath gewendet habe, so dürfe er daraus wohl schließen, daß das Haus demselben zustimmen werde. Die Angelegenheit hinauszuschieben, würde nicht ungefährlich sein.
Der Antrag Roeckerath wurde hicrauf abgelehnt, dagegen der Antrag der Kommission angenommen.
Die Ausgaben für die Bahnhöfe in Bonn und Trier wurden genehmigt, die für den Bahnhof in Coblenz dem An⸗ trage der Budgetkommission gemäß abgelehnt; genehmigt wur⸗ den ebenfalls 3 000 000 ℳ für die Verbesserung der Hütten⸗ und Grubenanschlüsse im rheinisch⸗westfälischen Be⸗ irke, sowie 3 000 000 ℳ für Erweiterung der Reparaturwerfstätten und Lokomotivschuppen; ferner 11 000 000 ℳ zur Vermehrung der Betriebsmittel und 300 000 ℳ zur Deckung der Mehrkosten der Bebra⸗Friedländer Eisenbahn. 8
Die Kommission hatte ferner beantragt:
Die Staatsregierung zu ermächtigen: Mit der Ausführun der vorstehend unter Nr. I. aufgeführten Bahnen ist erst dann vor zugehen, wenn nachstehende Bedingungen erfüllt sind: A. Der ge sammte zum Bau der Bahnen einschließlich aller Nebenanlagen, nach Maßgabe der von dem Minister der öffentlichen Arbeiten fest⸗ zustellenden Projekte erforderliche Grund und Boden ist der Staats⸗ regierung unentgeltlich und lastenfrei zum Eigenthum zu überweisen oder die Erstattung der sämmtlichen, staatsseitig für dessen Beschaffung im Wege der freien Verein⸗ barung oder der Enteignung aufzuwendenden Kosten, ein⸗ schließlich aller Nebenentschädigungen für Wirthschesterrschnen. nisse und sonstige Nachtheile, in rechtsgültiger Form zu übernehmen und sicher zu stellen. Zu den Grunderwerbskosten für nachfolgende Bahnen soll staatsseitig ein Zuschuß gewährt werden, und zwar: a. für die Bahn zu Nr. 12 (Westerburg⸗Hachenburg) von 65000 ℳ b. für die Bahn zu Nr. 13 (Prüm⸗St. Vith⸗Montjoie⸗Rothe Erd (Aachen) bezw. Faimonpille⸗Malmedy) von zusammen 433 000 ℳ c. für die Bahn zu Nr. 16 (Ahrweiler⸗Adenau) von 300 000 ℳ B. Für sämmtliche vorstehend unter Nr. I. bezeichnete die Mitbenutzung der Chausseen und öffentlichen Wege,
(Schluß auf der Vierten Seite.) 1““ — “ 8
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