Eisenbahn⸗Verordnungs⸗Blatt Nr. 7. Inhalt: Gesetz, betr. die Verwendung der Jahresüberschüsse der Verwaltung der Eisenbahnangelegenheiten. Vom 27. März 1882. — Gesetz, betr. die Abänderung des Pensionsgesetzes vom 27. März 1872. Vom 31. März 1882. — Allerhöchster Erlaß vom 5. April 1882, betr. Einsetzung Königlicher Behörden für die auf Grund des Gesetzes vom 28. März 1882 in Verwaltung und Betrieb des Staates übergehenden Privat⸗ eisenbahnunternehmungen. — Erlasse des Ministers der öffentlichen Arbeiten: vom 20 März 1882, betr. Verfol ung der auf die Ge⸗ fährdung des Eisenbahnbetriebes gerichteten shr aren Handlungen; vom 3. April 1882, betr. Bewilligung von Remunerationen; vom 13. April 1882, betr. Bewilligung von Tagegeldern bei vorüber⸗ Beschäftigung außerhalb des Wohnorts; vom 16. April 1882, etr. Fahrpreisermäßigung bei Badereisen mittelloser Kranken; vom 17. April 1882, betr. Anwendung der Instruktion für das Central⸗ Wagen⸗Abrechnungsbureau der preußischen Staatsbahnen ꝛc. auf die Berlin⸗Görlitzer, Cottbus⸗Großenhainer, Märkisch⸗Posener und Thü⸗ ringische Eisenbahn; vom 21. April 1882, betr. Verrechnung von Konventionalstrafen; vom 24. April 1882, betr. Verrechnung der durch Amtssuspensionen und Disziplinaruntersuchungen der Staatskasse ent⸗ stehenden Kosten; vom 26. April 1882, betr. Festsetzung der Verwal⸗ tungsbezirke der durch den Allerhöchsten Erlaß vom 5. April d. J. errichteten Königlichen Eisenbahn⸗Betriebsämter zu Cottbus und Guben. — Entscheidungen der Königlichen Ober⸗Rechnungskammer. — Nachrichten. — Nachtrag IY. zu der Zusammenstellung der von den Landespolizeibehörden auf Grund des Reichsgesetzes vom 7. April 1869 und der revidirten Instruktion vom 9. Juni 1873, betr. die Maßregeln gegen die Rinderpest, in veterinärpolizeilichem Interesse getroffenen Anordnungen, soweit sie den Eisenbahnverkehr berühren.
tags⸗Angelegenheiten. Dem Reichstage ist der Entwurf eines Gesetzes, be⸗ treffend die Abänderung des Zolltarifgesetzes vom 15. Juli 1879, vorgelegt worden. Derselbe hat folgenden Wortlaut:
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser⸗ König von Preußen ꝛc. verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt:
1
An die Stelle §. 7 Ziffer 3 des Gesetzes vom 15. Juli 1879, betreffend den Zolltarif des deutschen Zollgebiets ꝛc. (Reichs⸗Gesetzbl. S. 207), tritt folgende Bestimmung:
Den Inhabern von Mühlen wird für die Ausfuhr der von ihnen hergestellten Mühlenfabrikate eine Erleichterung dahin gewährt, daß ihnen der Eingangszoll für eine der Ausfuhr entsprechende Menge des zur Mühle gebrachten ausländischen Getreides nachgelassen wird. Der Ausfuhr der Mühlenfabrikate steht die Niederlegung der⸗ selben in eine 11 unter amtlichem Verschluß gleich. Ueber das hierbei in Rechnung zu stellende Ausbeuteverhältniß trifft der Bundesrath Bestimmung. Das zur Mühle zollamtlich abgefertigte ausländische, sowie auch sonstiges Getreide, welches in die der Steuer⸗ behörde zur Lagerung des erstbezeichneten Getreides angemeldeten Rãͤume eingebracht ist, darf in unverarbeitetem Zustande nur mit Genehmigung der Steuerbehörde veräußert werden. Zuwiderhand⸗ 5* 5 ergegen werden mit einer Geldstrafe bis zu eintausend Mark geahndet.
§. 2.
bG“ u zu dem im §. 1 bezeichneten Gesetze wird in nach⸗ stehender 8 abgeändert: 8 82 Die Anmerkung Nr. 2 zu 6 b. ist zu streichen und hinter 6 d. zu setzen:
Anmerkung zu b. und d.:
Schmiedbares Eisen in Form von Stäben oder Walzdraht zur
IIIe auf Erlaubnißschein unter Kontrole 0,50 ℳ ür 3
2) Die Rr. 7 erhält folgende Fassung:
7) Erden, Erze, edle Metalle, Asbest und Asbestwaaren:
a. Erden und rohe mineralische Stoffe, auch gebrannt, geschlemmt oder gemahlen, ingleichen Erze, auch aufbereitete, soweit diese Gegen⸗ stände nicht mit einem Zollsatze namentlich betroffen sind, edle Me⸗ talle, gemünzt, in Barren oder Bruch; Asbestfiber, auch gereinigt, Asbestkitt und Asbestanstrichmasse . . . .. .... rrreei.
b. Pappe und Papier aus Asbest in Bogen, Rollen oder Platten:
He I“ 2) geformt auch durchlocht . . . . . . . .24 „ c. Garne, Schnüre, Stränge, Stricke und Seile aus Abbest, auch in Verbindung mit anderen Spinnmaterialien . 24 ℳ
d. Asbestgewebe, auch in Verbindung mit anderen Spinn⸗ *
e. Asbestwaaren, anderweitig nicht genannt, auch in Verbindung mit anderen Materialien, soweit sie dadurch nicht unter Nr 20 11111“ für 100 kg.
3) Die Anmerkung zu 20 b. 1 erhält folgende Fassung: Elfenbein⸗ und Perlmutterstücke, vorgearbeitet für Gegenstände der Nr. 20 b. 1
30 ℳ für 100 kg.
4) An die Stelle der Nr. 22 d. des Tarifs tritt folgende Be⸗ stimmung: 1
d. 1) Grobe ungefärbte Fußdecken aus Manillahanf⸗, Kokos⸗, Jute⸗ und ähnlichen Fasern bööbbböbbbb66* 2)) Seile, Taue, Stricke, auch gebleicht oder getheert . 10 „
für 100 kg. 1 In Nr. 22 e. 3 sind die Worte „Seilerwaaren, gefärbte und gebleichte, mit Ausnahme der unter d. genannten“ zu ersetzen durch:
„Seilerwaaren mit Ausnahme der unter d. 2 genannten,“
5) Der Eingangszoll wird erhöht:
a. für Lichte Nr. 23 von 15 ℳ auf . E11m“
99 „
c. für Stearin, Palmitin, Paraffin, Wallrath, Wachs Nr. 26 c. 2 eeö]
für 100 kg.
6) An Stelle der Nr. 33 treten folgende Bestimmungen: Nr. 33. Steine und Steinwaaren:
öö— Anmerkung zu a.:
Zu den rohen Steinen gehören auch solche rohe Blöcke, welche höch⸗ stens an zwei nicht parallelen Seitenflächen eine Bearbeitung mit der Säge zeigen;
b. blos behauene Steine; Feuersteine,gehauen oder geschnitten; auch mit eisernen Reifen; Schleif⸗ und Wetzselne aller
c. gesägte Blöcke; grobe Steinmetzarbeiten (z. B. Fensterbänke,
esimstheile, Plinthen) von schlichter, nicht verzierter Arbeit, mit usnahme der groben Steinmetzarbeiten aus Alabaster oder Marmor; achschiefer, rohe Schieferplatten und roher Tafelschiefer. 1 ℳ
Anmerkung zu b. und c.:
Blos behauene Steine, grlaägte Blöcke und grobe Steinmetz⸗ arbeiten, soweit sie unter c. fallen, seewärts eingehend. . 8
d. geschnitzte Platten aus Steinen aller Art, un n en; Frspmebar eiten, soweit sie nicht unter c. begriffen slnbo unge⸗
Anmerkung zu do:::
b ☛ von mehr als 15 cm Stärke sind als Blöcke zu be⸗ andeln.
e. Edelsteine, auch nachgeahmte, und Korallen, bearbeitet; Per⸗ len; alle diese Waaren ohne Fassung; bearbeitete Halbedelsteine und Waaren daraus, soweit sie nicht unter Nr. 20 fallen . 60 ℳ
f. andere Waaren aus Steinen mit Ausnahme der Statuen und der Waaren aus Edelsteinen und Lava:
1) außer Verbindung mit anderen Materialien oder nur in Ver⸗ bindung mit Holz oder Eisen ohne Politur und Lack:
a. aus Alabaster, Marmor, Granit, Syenit, Porphyr oder ähn⸗ ööööööö;
9. aus anderen Steinen; auch Schiefertafeln in polirten oder 16161616161614122“ 2) in Verbindung mit anderen Materialien, soweit sie nicht unter V 111ö141414121““
für 100 kg.
11““
. §. 3.
Dieses Gesetz tritt mit dem 1. Juli 1882 in Kraft. Urkundlich ꝛc.
Nach Mittheilung des Statistischen Bureaus der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 23. April bis inkl. 29. April cr. zur Anmeldung gekommen: 260 Eheschließungen, 884 Lebendgeborene, 36 Todtgeborene, 610 Sterbefälle.
— Das soeben erschienene Märzheft 1882 der „Monatshefte zur Statistik des Deutschen Reichs“ hat folgenden Inhalt: Die allgemeinen Wahlen für die fünfte Legislaturperiode des Reichs⸗ tags im Jahre 1881. — Der Waarenverkehr des Zollgebiets mit dem Auslande im Jahre 1881 (definitive Hauptergebnisse). — Die An⸗ musterungen von Vollmatrosen und unbefahrenen Schiffsjungen bei der deutschen Handelsmarine im Jahre 1881. — Durchschnittspreise wichtiger Waaren im Großhandel im März 1882. — Ein⸗ und Aus⸗ fuhr der wichtigeren Waarenartikel im März und im 1. Vierteljahr 1882. — Die versteuerten Zuckerrübenmengen im März 1882.
— Im Monat April d. J. wurden bei der Allgemeinen Unfallversicherungs⸗Bank in Leipzig 14 Todesfälle, 3 lebensgefährliche Verletzungen, 8 Unfälle, die ihrer Natur nach eine gänzliche oder theilweise Invalidität erwarten lassen, und 822 Unfälle von voraussichtlich vorübergehender E ähigkeit, zusammen 847 Unfälle angemeldetrt.
„Die Hohenzollern und das Deutsche Vaterland“ von Dr. B. Graf Stillfried⸗Alcäntara und Prof. Dr. Bern⸗ hard Kugler. Mit etwa 350 Illustrationen, darunter gegen 60 Vollbilder von Camphausen, Menzel, Thumann, A. von Werner und vielen Anderen. Vollständig in ca. 25 Lieferungen Fel ewüt zu je 2 ℳ Friedr. Bruckmanns Verlag in München. — Die seit unse⸗ ren letzten ausgegebenen Lieferungen 18—21 dieses nationalen Prachtwerkes führen die vaterländische Geschichte vom Tode Friedrichs des Großen bis zu dem Jahre 1813 und bieten wiederum in Wort und Bild eine solche Fülle anziehenden Materials, daß man der weiteren Fortsetzung mit Spannung ent⸗ gegensehen darf. In den neuesten Lieferungen finden wir unter vielen anderen vortrefflichen Kompositionen, Bildnissen ꝛc., ein prächtiges Blücher⸗Portrait von Adolf Menzel, welches den alten Marschall „Vorwärts“ außerordentlich lebenswahr vor Augen führt. Einen sehr werthvollen Schmuck des Werkes bilden auch die in den Text eingedruckten sauberen dreifarbigen Karten, von denen die 19. Liefe⸗ rung wiederum eine bringt, nämlich den „Preußischen Staat im Jahre 1806“v. Das Werk hält nach alledem vollauf, was der Prospekt ver⸗ sprach, sodaß es in der That die Bezeichnung eines vaterländischen Ehrenbuches verdient.
— Von der Naturgeschichte des Cajus Plinius Secun⸗ dus, ins Deutsche übersetzt und mit Anmerkungen versehen von Prof. Dr. G. C. Wittstein in München (Leipzig, Druck und Verlag von Greßner u. Schramm),, ist soeben die 11. Lieferung ausgegeben worden.
— English-German Dictionary of the terms and expressions employed in Mining and Metallurgy with the respective auxiliary sciences ete. bvy Ernst Röhrig, Ph. D. M. E. etc. — Vol. I. 12. 349 p.
Wörterbuch in englischer und deutscher Sprache für Berg⸗ und Hüttentechnik und deren Hülfswissenschaf⸗ ten. Von Dr. Ernst Röhrig, Ingenieur, Berg⸗ und Hütten⸗ Direktor a. D. Zweiter Theil. Deutsch⸗Englisch. Leipzig 1881. Arthur Felix. 12. 374 S. — Beim Lesen von Büchern und Zeitschriften der montanistischen Fachwissenschaft und Technik muß jedem Fachmann sich die Ueberzeugung aufdrängen, daß es geradezu unmöglich ist, in allgemein technologischen oder gar allgemein sprachlichen Wörterbüchern die Montanwissen⸗ chaft und Technik auch nur geringen Ansprüchen genügend zu berück⸗
chtigen, und es gilt dies namentlich von der englischen Sprache.
zermißt man auch bei Vergleichung der beiden vorliegenden Wörter⸗ bücher mit den deutschen berg⸗ und hüttenmännischen Wörterbüchern der neuesten Zeit schon bei oberflächlicher Durchsicht manchen noch jetzt viel gebrauchten technischen Ausdruck, so hat dies meist seinen berechtigten Grund in der Unvollständigkeit der englischen eee
welche ja viele deutsche montanistische Ausdrücke gar nicht enthalt und auch ohne Umschreibung und Erklärung nicht wiedergeben st. Kann man den vorliegenden Wörterbüchern mit diesem Vorbehalte auch nicht das Zeugniß möglichster Vollständigkeit geben, so sind sie doch allen andern Wörterbüchern, welche die englische technologische Sprache in die densc⸗ und umgekehrt übertragen, unbedingt vorzuziehen. Insofern hat sich der Verfasser ein Verdienst erworben, zumal er in kleinen, sehr handlichen Bänden weit mehr gelcistet hat als andere Wörterbücher von ebenso unhandlichem als unnöthig kostspieligem Format. — Die Ausstattung der Wörterbücher ist, trotz bes sehr mäßigen Preises derselben, eine vorzügliche und macht der Verlags⸗ handlung alle Ehre.
— Im Verlage der Gebrüder Senf in Leipzig ist der „Thema⸗ tische Leitfaden durch die Paesf. des pce fffzna nebst einem Vorworte über den Sagenstoff des Wagnerschen Dramas von Hans von Wolzogen“ (mit ca. 5 Notenbeispielen, 6 Bogen 8., Preis ord. 2 ℳ, geb. 2 ℳ 50 ₰) bereits in zweiter Auflage erschienen. — Die Whaxgüische Leitfaden“ des bekannten Wagner⸗Monograp ans von Wolzogen erfreuen sich einer großen Belehtbeit, namentlich aben die zu der Nibelungentetralogie verfaßten bei den Musikfreun⸗ den und allen Besuchern der TLeseneen des Musikdramas vielen Beifall Fanees weil sie das Verständniß der Tondichtung außer⸗ ordentlich erleichtern und demjenigen, welcher sich ihrer Führung an⸗ vertraut, alle Schönheiten erst recht eigentlich erschließen. Je näher die Au 12 des „Parsifal“ heranrücken, um so mehr steigert sich auch die Nachfrage nach diesem Schlüssel dazu. Dieselbe dürfte aber nach Erscheinen des Klavierauszuges des Parsifal (am 15. Mai) Seeefeen Hae; noch größere werden, da sich die Be⸗ sucher der Bayreuther Aufführungen an der Hand beider mit der neuen Schöpfung Wagners schon vorher vertraut zu machen angelegen sein lassen werden. 88
S
Aus dem nördlichen Vorharz, 1. Mai.
bei Belegung der Mutterthiere auf die Futtervorräthe Rücksi
reich ausgestattet.
Land⸗ und Forstwirthschaft.
„Aus (Hann. Cour.). Mit günstigen Vorzeichen beginnt der Mai, indem die so nöthig gewordene langersehnte Befruchtung sich eingestellt hat; ein feiner Regen rieselt hernieder und erquickt Garten und Feld. Die Winter⸗ saaten befriedigen durch ihren Stand und die Sommersaaten sind meistens 78 aufgelaufen. Die nbe finden draußen Nahrung früher, als die Hirten erwartet haben. Die Geburt der Lämmer ist etwas spät eingetreten, weil im vorigen Jahre die Vorsicht *
der Mur t zu nehmen. Wäre dies nicht geschehen, so könnten die Lämmer schon viel weiter gediehen sein. Die Imker aus der Haide sind auch wieder eingetroffen, die erste Tracht der Völker war jedoch spärlich; die öst⸗ lichen rauhen Winde hielten noch so manche Blüthen zurück. Jetzt entfalten sich aber schon die späteren Baumblüthen und auf den Fluren werden sich bald, wenn Befruchtung und Wärme günstig ist, alle Gräser und Kräuter entwickeln.
Gewerbe und Handel.
Vom Berliner Pfandbrief⸗Institut sind bis Ende April 1882 13 019 400 ℳ 4 % ige, 44 323 800 ℳ 4 ½ % ige und 9 181 500 ℳ 5 %ige, zusammen 66 524 700 ℳ Pfandbriefe aus⸗ gegeben, wovon noch 13 019 400 ℳ 4 %ige, 37 629 000 ℳ 4 ½ %ge und 7 396 500 ℳ 5 %ge, zusammen 58 044 900 ℳ Pfandbriefe ver⸗ zinslich sind. Es sind zugesichert, aber noch nicht abgehoben 951 300 ℳ, im Laufe des Monats April 1882 angemeldet 2 Grund⸗ stücke mit einem Feuerversicherungswerth von 108 900 ℳ
— Dem fünfundzwanzigsten Rechenschaftsberichte der Magde⸗ burger Lebens⸗Versicherungs⸗Gesellschaft entnehmen wir, daß bei der Lebens⸗ und Begräbnißversicherung im Jahre 1881 4865 Anträge auf 11 898 177 ℳ Versicherungssumme gestellt und aus dem Vorjahre übernommen wurden, wovon 3780 Anträge auf 8 694 997 ℳ Annahme fanden. Der Versicherungsbestand der Kapitalversicherung belief sich am 31. Dezember 1880 auf 33 028 Policen über 62 329 821 ℳ Versicherungssumme und hob sich durch Hinzutritt von 3781 Policen über 8 694 997 ℳ auf 36 809 Policen über 71 024 818 ℳ Versicherungssumme. Von diesen Versicherungen erloschen im Laufe des Jahres 2583 Policen über 5 431 329 ℳ Versicherungssumme, so daß Ende 1881 ein Versicherungsbestand von 34 226 Policen über 65 593 9 ℳü zur Jahresprämie von 1 899 073 ℳ und einer einmaligen Prämienzahlung von 2855 ℳ vor⸗ handen war. — Zu dem bei der Aussteuerversicherung as 31. Dezember 1880 vorhandenen Versicherungsbestande von 1604 Policen über 2 854 528 ℳ Versicherungssumme trat im Jahre 1881 ein Nettozugang von 118 Policen über 158 193 ℳ Versiche⸗ rungssumme, so daß am 31. Dezember 1881 1722 Policen über 3 012 721 ℳ Versicherungssumme gegen eine einmalige Prämien⸗ zahlung von 6297 ℳ und zur Jahresprämie von 124 550 ℳ vor⸗ handen waren. — Der Bestand der Kinderversorgungskasse betrug am 31. Dezember 1881 369 Policen über 598 Antheile mit einem Vermögen von 127 051 ℳ — Von den am 31. Dezember 1881 vor⸗ handenen 61 Personen, welche an der Rentenversicherung betheiligt sind, beziehen bereits jetzt 40 eine Rente von zusammen 19 219 ℳ, während 8520 ℳ für 21 Personen den aufgehobenen Renten ange⸗ hören. An Prämienreserven wurden 734095 ℳ rechnungsmäßig zurückgestellt, wodurch sich dieses Konto auf 9 916 446 ℳ erhöhte. — Die mit Gewinnantheil Versicherten erhalten für das Jahr 1881 eine Dividende von 20 %.
Verkehrs⸗Anstalten. S 8
Triest, 4. Mai. (W. T. B.) Der Lloyddampfer „Ettore“ ist heute Nachmittag aus Konstantinopel hier eingetroffen.
Berlin, 5. Mai 1882.
Am Abend des 28. April ist, wie die „Cöln. Ztg.“ mittheilt, der bekannte Gutshof Papelotte auf dem Schlachtfelde von Waterloo, den alle Touristen zu besuchen pflegen, gänzlich abge⸗
brannt.
„Die diesjährige Opernsaison im Krollschen Theater wird morgen, Sonnabend, mit Verdi’'s „Troubadour“ eröffnet. Als Leonore und Azucena debütiren darin die russischen Sängerinnen Mlle. Maria de Lido und Mme. Alix Desta. Die beiden Schwestern, welche bisher nur in italienischen Opern gewirkt haben, werden an en Abend ausnahmsweise ihre Partien in italienischer Sprache ingen.
Auch der gestrigen Vorstellung der Meininger Hoftheater⸗ esellschaft wohnten Se. Majestät der Kaiser bei, verweilten bis zum Schlusse und sprachen Hrn. Intendanz⸗Rath Chronegk huldvoll die Allerhöchste Anerkennung aus. Ihre Königlichen Hoheiten die Prinzen Wilhelm und Georg waren ebenfalls bei dieser Auf⸗ führung von „Wallensteins Tod“ anwesend.
Das Personal des Friedrich⸗Wilhelmstädtischen Thea⸗ ters, welches nach Beendigung des Stettiner Gesammtgastspiels sich zu einem größeren Gastspielcyelus nach Bremen gewendet hat, be⸗ gann denselben unter persönlicher Leitung des Direktors Julius Fritzsche am Dienstag im dortigen Stadttheater mit dem „Lustigen gre⸗ von Strauß, und zwar laut Telegramm, mit außerordentlichem
rfolge. b
Das Gastspiel der Münchener im Wallner⸗Theater
bringt morgen, Sonnabend, als erste Novität das oberbaverische Volksstück mit Gesang und Tanz: „Johannisfeuer“ (Der Gemskönig) von Arthur Müller, dessen Dichtungen zu den besten, kernigsten dieses Genres zählen, welche die deutsche Bühne besitzt. Das Stück ist sorgfältig vorbereitet und auch, wie alle Stücke der Gäste, scenisch
1““
Redacteur: Riedel. Verlag der Expedition (Kessel). Druck: W. Elsner.
Sieben Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage).
8
zum Deutschen Reichs⸗d
11 v11“ .“
nzeig
Preußen. Berlin, 5. Mai. Die Rede, welche der Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten von Goßler in der (16.) Sitzung des Herrenhauses am Dienstag, 2. d. M., bei der Berathung des Gesetzentwurfes, betr. Abänderung der kirchenpolitischen Gesetze gehalten hat, hat folgenden Wortlaut:
Meine Herren! Wenn Sie gestatten, werde ich mit den Bemer⸗ kungen des letzten Herrn Vorredners beginnen. Er rügte mir gegen⸗ über, daß ich in meinen gestrigen allgemeinen Ausführungen darauf hingewiesen habe, daß der Art. 3 der Vorlage nach dem Vorbilde des badischen Gesetzes vom Jahre 1880 gefaßt und daß das Letztere ein Werk des badischen Liberalismus sei. Meine Aeußerungen sind, glaube ich, in dem weiteren Zusammenhange, in dem ich die gestrigen Ausführungen that, richtig zu verstehen. Ich bezeichnete es als eine Sache der eminentesten politischen Bedeutung, daß nach der gegen⸗ wärtigen Stellung der Parteien, namentlich aber des Centrums, das Letztere sich an der Grenzregulirung des Staates mit der Kirche betheilige, und in diesem Zusammenhange deutete ich — nicht etwa, um die liberalen Mitglieder des Hauses zu bewegen, sich für den Arkikel 3 oder die Gesammtvorlage mehr zu erwärmen, als es sonst der Fall sein möchte — hier an, daß das Vorbild des Artikels:3 von den ba⸗ dischen Liberalen seiner Zeit den Ausgangspunkt genommen habe. Wichtiger sind die Detailfragen, welche die Herren Dove, Adams und Beseler angeregt haben. In die allgemeine Vertheidigung des Ar⸗ tikels 3 trete ich nicht ein; derselbe hat durch den Herrn Referenten und durch die Herren, welche dazu gesprochen haben, eine so beredte Vertheidigung gefunden, daß es nicht meine Aufgabe sein känn, die Prinzipien darzulegen, sondern nur, auf⸗ geworfene Zweifel zu beleuchten und vielleicht zu lösen. Bereits Herr Adams hat in seinen Ausführungen darauf hingewiesen, daß man mit dem Begriff einer deutschen Universität nur eine solche Universität verstehen könne, welche innerhalb des Deutschen Reiches belegen sei; ich glaube annehmen zu dürfen, daß, wenn Herr Dove⸗ sagte: „eine Universität des Deutschen Reiches“, daß er nichts ande⸗ res gemeint hat, als eine Universität, welche innerhalb der politischen Grenzen des Deutschen Reiches gelegen ist. Aus den Beschlüssen des Abgeordnetenhauses beziehungsweise Ihrer Kommission geht meines Erachtens hervor — es ist dies eine allgemeine Bemerkung, die für den Antrag Beseler Bedeutung hat —, daß es die Auffassung der Staatsregierung hat sein müssen, daß in der Voraussetzung der Vorbildung eine Aenderung nicht hat eintreten sollen, sondern daß durch Art. 3 nur beabsichtigt ist eine Aenderung in der Dis⸗ pensationsbefugniß. Darum meine ich, wenn in der Vorlage, welche zur Berathung steht, von deutscher Universität die Rede ist, nichts anderes hat gemeint sein können, als was man in dem Gesetz vom 11. März 1873 mit „deutscher Universität“ bezeichnet hat, und da ist es wiederholt und klar ausgesprochen seitens der Regierung, anerkannt innerhalb der Kommission, daß, nachdem im Jahre 1870/71 die deutsche Verfassung eingeführt ist, unter „Deutsches Reich“, unter „deutsch“ nichts anderes verstanden werden kann, als dasjenige, was sich auf das Deutsche Reich in der politischen Gestaltung des Jahres 1870/71 bezieht, und deutsch nur derjenige ist, welcher Angehöriger eines Bundesstaats des Deutschen Reiches ist.
Dieselben Erwägungen, welche im Jahre 1873 stattgefunden,
haben auch bei Erlaß der Reichs⸗Justizgesetzgebung vorgeschwebt, und es ist jedenfalls den juristischen Mitgliedern dieses Hauses bekannt, daß durch die Gerichtsverfassung für die zum Richteramt sich qualifi⸗ zirenden Persönlichkeiten gefordert wird, daß dieselben innerhalb ihres dreijährigen Studiums der Rechtswissenschaft sich mindestens drei halbe Jahre dem Studium auf einer deutschen Universität gewidmet haben müssen, und auch damals hat Niemand daran gezweifelt, daß unter „deutscher Universität“ nur verstanden werden kann eine Universität, welche im Deutschen Reiche belegen ist, so daß damals, wie im Jahre 1873, mit Bestimmtheit der Gedanke zurückgewiesen ist, als ob eine außerhalb Deutschlands bele⸗ gene, aber in deutscher Sprache lehrende Universität eine deutsche Universität im Sinne des Gesetzes sein kann. Ich glaube, darüber bestehen keine Zweifel, weder in Bezug auf den Richterstand noch in Bezug auf die Handhabung unserer kirchen⸗ politischen Gesetzgebung. Schwieriger ist die weitere Frage, welche Herr Dr. Beseler angeregt hat, und ich befinde mich dieser gegenüber in einer etwas mißlicheren Position als in der Kommission. Es ist vom Herrn Grafen Brühl darauf hingewiesen worden, daß die Staatsregierung eine Abänderung in dem Sinne des Beselerschen Amendements nicht verlangt habe. Das ist richtig und ich bin in der Kommission in optima fide gewesen, wenn ich erklärt habe, daß nach dem Verlauf der Angelegenheit im Abgeordnetenhause, nach den Be⸗ rathungen in der Kommission und im Plenum, nicht angenommen werden könne, als sei durch den Fortfall der Silbe „Staats“ etwas Anderes zu sagen beabsichtigt worden, als was das Gesetz mit dem Worte „Staatsuniversität“ bezeichnet. MNiun ist von dem Herrn Dr. Beseler hervorgehoben worden, 58 seit den Berathungen innerhalb der Kommission man zu der Auf⸗ fassung habe verleitet werden können, als ob in der That etwas An⸗ deres hat beabsichtigt werden sollen, und auch durch andere Reden klingt diese Muthmaßung hindurch. Dem gegenüber habe ich mich an den historischen Gang der Angelegenheit zu halten, und halte auch heute noch daran fest, daß in der That nicht etwas Materielles hat geändert werden sollen, sondern daß lediglich ein Redaktionsfehler, ein lapsus vorliegt. Ich halte auch heute dafür, daß durch An⸗ nahme des Amendements des Herrn Dr. Beseler ein Schaden nicht entstehen würde, ich bin aber nicht in der Lage, diesem Amendement ausdrücklich entgegenzutreten. Ich bin weiter der Mei⸗ nung, daß, falls in der That eine Perspektive auf eine Aenderung unseres Universitätswesens hat gezogen werden sollen, eine solche Per⸗ spektive erst Wirklichkeit erlangen könnte, wenn die Staatsregierung in die Lage versetzt wäre, ihrerseits die maßgebenden Schritte zu thun, um eine Gleichstellung, sei es in Bezug auf das juristische Studium, sei es in Bezug auf das medizinische Studium, wie dies auch der Reichsgesetzgebung gegenüber nothwendig sein würde, herbei⸗ zuführen. Irgend eine politische Sorge nach dieser Richtung hin be⸗ herrscht mich nicht.
Die dritte Frage, welche Herr Dr. Dove mir vorlegte, betraf die Worte „mit Fleiß“. Ich räume ein, daß die Frage insofern berech⸗ tigt ist, als nach dem, was Herr Beseler hervorgehoben hat, im All⸗ gemeinen Testate nicht mehr üblich sind, soweit es sich um die Fleiß⸗ frage handelt. Aber ich glaube doch, daß, wie ich schon in der Kom⸗ mission gesagt habe, kein Bedenken besteht, das Wort „mit Fleiß“, nachdem es auch in das badische Gesetz Eingang gefunden hat, zu adoptiren. Wie die Sache in die Wege zu leiten, ist mir im gegen⸗ wärtigen Augenblick zwar klar, aber doch nicht in dem Sinne, daß
den Beschlüssen des Staats⸗Ministeriums vorgreifen könnte. Jedenfalls kann, wenn eine solche Bestimmung Gesetz wird, dies nicht dazu führen, auf die Glaubensstellung der Studirenden, der
evangelischen oder der römisch⸗katholt rewiecen escch aheben Einfluß zu üben. römisch⸗katholischen Theologen, irgend eine
— Die in der gestrigen (59.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten in der Berathung des vom Herrenhause in veränderter Fassung zurückgelangten Entwurfs eines
derter go sces⸗ betreffend Abänderungen der kirchenpolitischen 8
setze, vom Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten von Goßler gehaltene Rede hat folgenden Wortlaut:
Meine Herren! Nach einer Mittheilung, die ich mir von dem Herrn Präsidenten erbeten habe, liegt eine Meldung aus dem Hause gegen die Vorlage nicht mehr vor, und halte ich es deshalb für an⸗ gezeigt, um die Diskussion nicht länger aufzuhalten, jetzt das Wort zu ergreifen und in einigen Punkten den Ausführungen des Hrn. Abg. Götting entgegenzutreten, die er im Eingange der heutigen Diskussion der Staatsregierung und auch meiner gewidmet hat.
Für die Erklärung, welche er der Einleitung seines Vortrags vorausschickte und die er am Schluß wiederholt aussprach mit anerkennenswerther Offenherzigkeit, er wünsche mit der Regierung am Schluß der Session abzurechnen, um nach dem Schluß der Session diejenige Waffe zu haben, die, wie der Herr Abgeordnete selbst sagt, wie ein frischer Ruf in unser Vaterland, in unser Volk hinausklingen soll, für diese offene Erklärung bin ich sehr dankbar, und auch dank⸗ bar dafür, daß er meiner Person eine eingehende Kritik gewidmet hat. Ich kann versichern, ich lege die Kritik selbst täglich an mich an, aber ich mache sie mir nicht ganz so leicht, wie der Hr. Abg. Götting sie sich gemacht hat.
In den einleitenden Sätzen seines Vortrages sprach er die Be⸗ hauptung aus, daß die Regierung nicht die Zügel in der Hand habe, sondern das Centrum, die Kurie. Ich weiß nicht, ob außer bei dem Hrn. Abg. Götting innerhalb des Hauses diese Meinung noch ver⸗ breitet ist; ich würde sehr erfreut sein, wenn auch andere Fraktionen dieses Hauses mit dieser Ueberzeugung hervorträten, es würde dann leicht sein, die Konsequenzen daraus in einer dem Staat erwünschten Weise zu ziehen.
Err knüpfte weiter daran die Bemerkung, — und das sollte der Beweis dieser Behauptung sein, — daß die Staatsregierung geneigt sei, sowohl die 1880er wie die 1882er Vorlage zu acceptiren, obwohl dieselben durch die Berathungen des Landtages verstümmelt seien. Meine Herren, die Thatsache allein, daß eine Vorlage der Staatsregierung nicht in vollem Umfange durch die Häuser des Land⸗ tages angenommen wird, kann doch niemals, wie die Erfahrung lehrt, für die Regierung ein Grund sein, um eine solche Vorlage abzuweisen; das könnte doch nur dann der Fall sein, wenn die ausgeschiedenen Bestimmungen der Art sind, daß sie in einem materiellen Konnex mit den anderen Bestimmungen, die in den Häusern des Landtages angenommen sind, stehen, und zwar in einem solchen Konner, daß die stehen gebliebenen Paragraphen in sich keinen erheblichen Werth haben oder den Gedanken der Staatsregierung in das Gegentheil verkehren. Davon ist weder 1880 noch 1882 die Rede gewesen und, wenn 1880 die Vor⸗ lage der Regierung verstümmelt ist, — wer hat an dieser Verstümme⸗ lung Theil genommen, wer hat der verstümmelten Vorlage zugestimmt, Hr. Abg. Götting? Das sind doch wesentlich Ihre politischen Freunde mitgewesen! Diejenigen Herren, die in diesem Jahre dazu beigetragen haben, die Vorlage zu verstümmeln, sind heute allerdings gegen die Annahme der verstümmelten Vorlage. Wenn man diese einfache Thatsache festhält, dann fällt die Beweiskraft einer derartigen Deduktion.
Der Hr. Abg. Götting ging noch weiter, er hielt gewissermaßen eine
Inventur ab über den gegenwärtigen Zustand und fragte: wo sind wir?
Meine Herren, diese Frage, wo sind wir? lege ich mir täglich morgens und abends vor, aber wir kommen, wenn wir ruhig in die Prüfung der Sache eintreten, doch zu anderen Resultaten, wie Hr. Abg. Götting. Er sagte es ist Alles aufgeopfert bis auf die Anzeigepflicht. Ich bitte doch gütigst dieses dicke Buch anzusehen und mit den darin enthaltenen Gesetzen diejenigen Paragraphen zu vergleichen, die außer Wirksam⸗ keit getreten, oder in irgend einer Weise modifizirt sind. Von einer Aufopferung im Großen und Ganzen kann doch nicht ernstlich die Rede sein, und ich glaube, daß an der weitgehenden Behauptung auch der Hr. Abg. Götting bei eingehender Erwägung nicht festhalten wird, daß alles bis auf einen einzigen Punkt geopfert sei. Jedenfalls waren seine weiteren Ausführungen nicht geeignet, diese Feffasfuns zu unterstützen.
Die Vorbedingungen der Vorbildung — so sagte der Herr Ab⸗ geordnete weiter — sind abgeschafft. Das ist nicht richtig, sie sind geändert, und zwar nach dem Muster von Baden und Hessen, und, wenn diese Abänderung im Art. 3 überhaupt eine Bedeutung hat, so ist es wesentlich die, daß wir zur positiven Thätigkeit auf dem Boden der Vorbildung mit Hülfe des Centrums gekommen sind, und das kann ich nicht genug anerkennen.
Es handelt sich nicht um einen Rothstiftstrich, sondern um einen organischen Aufbau. Was die materielle Bedeutung des Art. 3 an⸗ belangt, so reicht dieselbe doch viel weiter als der entsprechende Art. 1 der Vorlage von 1830. Es war bekanntlich nur ein Zufall, daß damals der Mitwirkung Ihrer politischen Freunde die ganz allgemeine Befugniß der Staatsregierung angenommen worden ist, und jetzt ist in dem Sinne, wie Ihre Hees Gesinnungsgenossen in Baden es 1880 gethan und wie in der Kommission auch Ihre Herren FEssgnsse zum Theil es befürwortet haben, an Stelle der
ispensationsbefugniß ein organischer Aufbau errichtet. Wenn das nichts ist, dann weiß ich eben nicht, was nichts ist.
Weiter bemerkt der Herr Abgeordnete: die kommissarische Ver⸗ mögensverwaltung soll durch die Vorlage aus der Welt verschwinden. Davon ist wieder nicht die Rede. Um was handelt es sich denn? Darum, daß der meines Erachtens staatsrechtlich unrichtige Ge⸗ danke, daß unter allen Umständen der Kultus⸗Minister ge⸗ nöthigt ist, unter gewissen Voraussetzungen eine kommissarische Verwaltung eintreten zu lassen, — daß dieser Gedanke etwas gemil⸗ dert und die Möglichkeit geschaffen wird, unter Mitwirkung des ganzen Staats⸗Ministeriums den thatsächlichen und politischen Ver⸗ hältnissen Rechnung zu tragen und die Einleitung der Vermögens⸗ verwaltung von der Zustimmung des Staats⸗Ministeriums abhängig zu machen. Damit schwindet doch nicht die kommissarische Verwal⸗ tung, sondern es ist eine von den vielen Fakultäten eingeführt, die in öffentlichen Rechtsverhältnissen nothwendig sind, und von denen im Uebrigen auch die Maigesetzgebung zahlreiche Beispiele hat. Ich habe schon ein andermal gesagt, daß die Ziffern der letzteren gehen über dreißig Fakultäten, die in ihrer materiellen Bedeutung zum Theil erheblich über das hinausgehen, was im Art. 1 unserer Vorlage be⸗ ansprucht worden ist. 8
Nun die Anstellung der Staatspfarrer — es ist zum ersten Mal, daß ich sie bezeichnen höre als eine Säule der Maigesetzgebung.
eiterkeit.) Gerade einer der Ihnen nahestehenden Herren, — Hr. bg. Götting, es ist ja kein Geheimniß, was ich da erzähle — gerade einer dieser Herren hat in der Kommission auf Grund seiner prak⸗ tischen Erfahrungen in bestimmtester Weise auf das Wärmste dafür plädirt, daß Art. 4 der gegenwärtigen Vorlage angenommen werde. Die Regierung hat sich hierbei a — ziehen lassen, aber unter der Peftimmeng. wie ich glaube, sämmtlicher Kommissionsmitglieder. ann bleibt allerdings, meine Herren, immer eins übrig, das ist
der Hlcosergraqar b Aber auch dieser Artikel ist nicht der ganze Inhalt der Ma ge etzgebung, es handelt sich, wie hier und ander⸗ weitig erörtert ist, um die Frage, wie kann man mit Hülfe des Art. 2 abgesetzte Bischöfe unter Umständen wieder in ihr Amt urückführen, und da soll allerdings in Klarlegung des Aller⸗ bachsten Bepnadiaunoseecht⸗ Träger der Krone die P 5i⸗keit gewährt werden, unter der ihm obliegenden landesherrlichen Erwägun andere Zustände herbeizuführen, die gegenwärtig bestehen. Mehr ist nicht gethan, es ist nicht ges⸗ daß wann und unter welchen Vor⸗ aussetzungen der Artikel a hrt werden soll, es handelt sich viel⸗
er und Königlich Preußisch
Berlin, Freitag, den 5. Mai
mehr allein darum, dem Landesherrn die Machtvollkommenheit in staatlicher Hinsicht beizulegen, wie der Papst solche bereits auf kirch⸗ licher Seite inne hat.
Wenn man nach allen diesem — ich hoffe, ich habe die von Hrn. Abg. Götting hervorgehobenen Punkte vollständig aufgefaßt und vor⸗ getragen — zu der Ansicht kommt, daß alles aufgeopfert ist, so weiß ich nicht, wie wir mit diesem starken Superlativ uns über eine Reihe von Fragen weiter verständigen werden.
odann hat der Hr. Abg. Götting aus meiner Rede vom 30. März in dankenswerther Weise wirklich eine Reihe von Sätzen vorgetragen, die ich auch heute noch unterschreiben kann. Ich erinnere zunächst daran, daß alle meine Auslassungen in der zweiten wie in der dritten Lesung gewissermaßrn Monologe waren, denn wenn auch dasjenige, was damals die Fraktionen untereinander verhandelten und besprachen, sicherlich ihre hohe Be⸗ deutung hatte, so bestanden sie doch im Wesentlichen in den allge⸗ meinen politischen Ausführungen, die wohl auch an andere Gegen⸗ stände hätten angeschlossen werden können, und ich habe damals nicht ohne Ueberwindung in rein sachlicher objektiver Weise mich in eine Reihe von Spezialitäten einlassen müssen, ohne ein besonderes offenes und williges Ohr hier im Hause zu finden. Ich habe meine Aus⸗ führungen auf das allerknappste bemessen, weil es im Streite der Parteien immer möglich ist, wenn die Regierung Worte ge⸗ braucht, die irrthümlich so aufgefaßt werden können, als wenn die Regierung Oel ins Feuer gießen wolle. Hr. Götting bemerkt, ich
hätte damals nicht gesagt, wo überhaupt die Grenze wäre, er hat
aber selbst hinzugesetzt, die Grenze sehe er in der Vorlage gezogen, und auch er hält sich erfreulicher Weise an das Thatsäͤchliche. Ich wünsche nun nicht, daß der Abg. Götting nicht kritisch an die Vor⸗ lage in ihrer jetzigen Gestalt hinantreten möchte, er wird mir aber zu⸗ gestehen, daß nur der Artikel 2 derjenige Punkt ist, wo er und seine Freunde sich von der Staatsregierung getrennt haben, daß aber, objektiv betrachtet, die übrigen Artikel nicht allein Freunde, sondern sogar energische Vertheidiger innerhalb der Fraktionsgenossen des Abg. Götting gefunden haben. Ich erwähne das nur, weil es immer mißlich ist, aus Uebertreibungen, wie wir sie gehört haben, Verschär⸗ fungen in der Stellung der Regierung zu den Parteien eintreten zu lassen, zu denen zumal bei großen Aufgaben eine genügende Veran⸗ lassung nicht vorliegt.
Es ist nun weiter daran eine Ausführung geknüpft worden, wie dem Centrum gegenüber die Staatsregierung operirt habe. Hr. Götting bezeichnet es als einen Pyrrhussieg der Staatsregierung, wenn das Centrum endlich gezwungen werde, dasjenige als Geschenk anzunehmen, was es seit langer Zeit ersehnt hat. Meine Herren! Wenn der Hr. Abg. Götting sich nur gütigst erinnern nöchte an die zahlreichen Aeußerungen seiner Freunde, die ihm nahestehende Presse, selbst der Presse, wie sie im vorigen Sommer sich aussprach, so würde er sich des einmüthigen Rufes er⸗ innern, das Centrum möge endlich einmal mitmachen, möchte nicht andere Leute seine Angelegenheiten besorgen lassen, das wäre dann der Anfang einer neuen politischen Phase, dann könnten sich die Frak⸗ tionen neu und nach richtigen Grundsätzen gruppiren, dann würde es besser sein, wenn nicht blos mit dem Rothstift in der Gesetzgebung gestrichen, sondern organisch aufgebaut werde. Jetzt, wo nun Art. 3 die Situation geändert hat, da verlangt der Hr. Abg. Götting, die Königliche Staatsregierung solle die Wendung nicht acceptiren. Zwischen diesen Aeußerungen finde ich einen Unterschied, eine Dis⸗ krepanz, die ich wenigstens nicht recht verstehe. Ich betrachte es mit dem Herrenhause als einen Fortschritt, wenn wir im Jahre 18822 einen Artikel 3 annehmen, der im Jahre 1880 von liberaler Seite zur Beilegung kirchenpolitischer Differenzen erfunden worden ist. Ich lasse mir diesen Erfolg nicht ganz verkümmern. Mit Hülfe dieses Bildes eines Pyrrhussieges steigerte Hr. Götting seine Betrachtungen bis zu dem Bilde von Napoleon am Sedantage. Meine Herren! Auf solche Bemerkungen gestatten Sie mir, daß ich nicht eingehend antworte, das hat sein Mifliches, ich bin nicht im Stande, so große Bilder zu gebrauchen, ich glaube, wir würden dann mit größeren Mißverständnissen auseinandergehen, als es nach unseren bisherigen Begegnungen gerechtfertigt wäre.
Hr. Götting weist ferner ganz richtig darauf hin, das Herren⸗ haus sei in der Lage gewesen, den Art. 4 der Regierungsvorlage wieder herzustellen. Das ist ganz zutreffend, meine Herren, ich halte auch meinerseits an meiner Auffassung fest, wenn ich es sehr bedaure, daß der Art. 4 der Vorlage nicht angenommen ist, er wäre meines Erachtens ein wichtiges Brett zu der Brücke gewesen, auf der wir auf das andere Ufer hinüberkommen. Es hat nicht sein sollen, aber trotzdem lasse ich dieses Mittel, diese Handhabe nicht fahren. Der e Abgeordnete knüpfte daran mehrere scharfe Bemerkungen gegen das
errenhaus. Es würde mir nicht geziemen, wenn ich das Herrenhaus ver⸗ theidigte gegen Angriffe, die hier gemacht werden, aber er wird mir nicht widerprechen, wenn ich ihn bitte, er möge die Güte haben, anzuerkennen, daß die von ihm citirten Ausführungen die subjektiven Ausführungen des Referenten sind, und daß ihr wahrer Sinn nicht zweifelhaft ist, wenn man die Sache im Zusammenhange liest; ferner weiß der Hr. Abg. Götting, daß der Herr Referent in der Minorität der Kom⸗ mission geblieben ist und gegen das Gesetz gestimmt hat. Das sind zwei Thatsachen, und kann man daraus meines Erachtens nicht die Folgerung ableiten, als entspreche dieser Satz, der überdies einer an- deren Auffassung fähig ist, dem Gedankengange des Herrenhauses.
Es kommt schließlich hinzu, daß, wenn man dem Gedankengange des
Referenten weiter folgt, man zu anderen Resultaten kommen muß. Sein Seese war ein etwas zusammengedrängter, aber in Be⸗ ziehung auf den Sinn trifft — wenn der Hr. Abg. Götting die Güte haben will, es nochmals genau zu lesen — der Referent meines Erachtens zusammen mit einem Gedankengang über die Kontinuität der Gesetzgebung, dem ich bei der ersten Lesung Ausdruck gege⸗ geben habe. 8 Am Schluß seiner Ausführungen faßte Hr. Götting seine An⸗ schauungen dahin zusammen, daß die Signatur der Lage, wie sie bereits im Eingang der zweiten Lesung Seitens einer seiner Fraktions⸗ eenossen zusammengefaßt war, durch das Zusammenwirken von Kon⸗ söhatge Centrum und Polen gegeben sei, während er als Pro⸗ estant, Patriot und Volksvertreter von seinem Standpunkte aus in dieser Angelegenheit nicht mitwirken könne. Meine Herren! werden anerkennen, daß bei der Komposition der Fraktionen . unserer Reichs⸗ und Landesvertretung es sich für die Staatsregierung nicht allein darum handeln kann, mit bestimmten Fraktionen die Aufgaben zu lösen, deren Lösung die Staatsregierung im In⸗ teresse des Landes vornimmt, es auch unmöglich, daß die Stacthensteraa, wenn sie es für nchti hält, eine gesetz⸗ geberische Aufgabe durchzuführen, lediglich und um dez⸗ willen, weil gewisse Fraktionen sich vielleicht dafür erklären, die der Staatsregierung auf anderen Gebieten entgegengestanden haben, aus diesem Grunde allein ihre Vorlagen fallen läßt. Ich darf ja auch darauf hinweisen, was ja auch in der Presse laut geworden ist, daß es vielleicht sogar möglich gewesen wäre, für das vorliegende Gesetz mit Hülfe des Hrn. Götting und anderer Herren, die ihm näher stehen, wenigstens eine Reihe von Paragraphen der Regierungsvorlage eine Majorität zu gewinnen, daß dies aber ge⸗ Weitert Das darf man wohl als eine Thatsache ansehen, die ünde will ich nicht weiter erörtern. 1 Also ich mag die Sache ansehen, wie ich will, ich kann immer nur sagen, es handelt sich um einen bestimmten Paragraphen, 1