1882 / 110 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 11 May 1882 18:00:01 GMT) scan diff

lichung anderer Industriezweige herbeiführen werde, eine Besorg⸗ niß, die im Hinblick auf das Salzmonopol, das wir lange gehabt und aufgegeben haben, im Hinblick auf das Beispiel anderer Länder, wo das Tabackmonopol so lange besteht und, so viel bekannt, nicht zu der Gefahr der Monopolsucht geführt hat, wenig Furcht einflößen kann und die um so unbegründeter erscheint, als hier die Einführung des Tabackmonopols nicht erstrebt wird um irgend eines steuerpotitischen, sozialpolitischen oder sonstigen Prinzips willen, sondern lediglich um des praktischen Erfolges willen, den ich vorhin angedeutet habe, und den etwa nochmals durch die Verstaatlichung anderer Industrien an⸗ zustreben kein Anlaß vorliegen und keine Möglichkeit sich bieten würde, so bleiben wohl endlich nur noch die kleinen, mehr neben⸗ sächlichen Einwendungen übrig, die dahin gehen, daß der Vielseitig⸗ keit der Geschmacksrichtung des Publikums das Monopol nicht werde gerecht werden, daß es den Konsumenten zu weite Wege zumuthe, und daß es den Schmuggel befördere. Soweit diese Uebelstände überhaupt eintreten möchten, bezüglich des Schmuggels wird von anderer Seite das Gegentheil mit Sicherheit erwartet, insoweit werden sie gewiß durch ähnliche mehr nebensächliche Vortheile weit überwogen. Ich er⸗ innere nur daran, daß mit dem Monopol die Verfälschung absolut ausgeschlossen sein wird, daß in dem ganzen Monopolgebiet der Kon⸗ sument seinen Bedarf in gleichmäßiger Weise zu befriedigen in der Lage sein wird, daß er überall festen und angemessenen Preisen gegen⸗ über sich befinden wird.

Ich glaube hiermit diejenigen üblen Seiten, die wir gar nicht als solche anerkennen können und die auch bisher nur in Folge einer außerordentlichen Agitation einen so breiten Raum in der öffentlichen Diskussion haben einnehmen können, so ziemlich alle berührt zu haben.

Indem ich mich nun zu den wirklichen, nicht in Abrede zu stel⸗ lenden üblen Seiten des Monopols wende, bitte ich vorweg, über⸗ zeugt sein zu wollen, daß auch die verbündeten Regierungen keines⸗ wegs mit leichtem Herzen über dieselben hinweggegangen sind und daß sie Niemandem zumuthen, mit leichtem Herzen über dieselben hinwegzugehen; sie sollen vollständig gewürdigt, soweit wie möglich gemildert, aber sie sollen jedenfalls überwunden werden.

Das Tabackmonopol begreift in sich das unbedingte Verbot des privaten Erwerbes durch Tabackfabrikation und Tabackhandel. Alle diejenigen Personen im deutschen Zollgebiet, die bisher von diesem Erwerbe gelebt haben und an die dieses Verbot sich richtet, werden durchs Gesetz unmittelbar und direkt genöthigt werden, diesen Erwerb aufzugeben und sich einen andern zu suchen. Der beste Ersatz wird natürlich dadurch gewährt werden, daß diese Personen, soweit nur irgend möglich, zu gleichen oder ähnlichen Funktionen in der Mo⸗ nopolverwaltung übernommen werden und selbstverständlich wird das eifrigste Bemühen überall darauf gerichtet sein, diese Uebernahme zu erleichtern und auszuführen. Aber daß dieses Mittel in irgend einem zureichenden Maße anwendbar sein könnte, ist freilich nicht vorauszu⸗ setzen. Viele werden mit der Einführung des Tabackmonopols von ihrem bisherigen Erwerb, von der bisherigen Art ihres Erwerbes in der That definitiv ausgeschlossen werden. Für die Meisten derselben wird das ein schweres der Gesammtheit gebrachtes Opfer bedeuten, welches, wenn auch nicht einem juristischen Entschädigungsanspruch wie wie bei Expropriationen, so doch in der That einen nicht außer Acht zu lassenden Billigkeitsanspruch begründet. Die Gesetzgebung des Reiches ist in dieser Hinsicht nicht ohne Vorgang; ich erinnere insbesondere an das Gesetz vom 22. Juni 1871, durch welches den verbündeten Regierungen 4 Millionen Thaler zur Verfügung gestellt wurden, um den Angehörigen der Reserve und der Landwehr, welche damals durch ihre Einziehung zu den Fahnen besonders schwer geschädigt waren, die Wie⸗ deraufnahme ihres bürgerlichen Berufs nach Möglich⸗ keit zu erleichtern. Auch da lagen harte, von Einzelnen der Ge⸗ sammtheit gebrachte Opfer vor, auch da lag kein juristischer Anspruch auf Entschädigung vor, aber auch da hat es die Gesetzgebung nicht abgelehnt, in vernünftigen Grenzen den direkt Betroffenen eine Ausgleichung zu gewähren. Diese vernünftigen Grenzen und inner⸗ halb derselben das richtige Maß zu finden, das ist für das weite von den Verboten des Tabackmonopolgesetzes betroffene Gebiet eine über⸗ aus schwierige und dem Meinungsstreit ausgesetzte Aufgabe, um so smneber. als die Enquete vom Jahre 1878, den Vorschlägen der ver⸗

ündeten Regierungen zuwider, leider nicht auf alle die thatsächlichen Ermittelungen hat ausgedehnt werden dürfen, welche uns in den Stand gesetzt haben würden, jetzt hier überall das Wissen an die Stelle der Schätzung, die sicheren Grundlagen an die Stelle der unsicheren Grundlagen zu setzen und welche so dazu beigetragen haben würden, das Resultat im Einzelnen minder anfechtbar zu machen, als es Manchem vielleicht erscheint. Im Großen und Ganzen aber glauben die Regierungen mit ihren jetzigen Vorschlägen bezüglich der Entschädigungen, der Vergütungen und der Unterstützungen das Richtige getroffen zu haben; sie glauben danach mit einer Gesammt⸗ summe von etwa 256 Millionen Mark die Ausgleichung für die direkt Betroffenen so zur Ausführung bringen zu können, daß deren demnächstige Lage nicht mehr als hindernder Einwand gegen die Einführung des Monopols wird geltend gemacht werden können.

Neben diesen direkt Betroffenen wird es nun allerdings eine große Anzahl indirekt Betroffener geben, welche Nachtheile und Verluste, in einzelnen Fällen vielleicht ganz außerordentlich hohe, unersetzliche Verluste durch die Einführung des Taback⸗ monopols erleiden. Der ganze Kreis der Nebenzwecke der

Tabackbranche, zahlreiche Kommunen, in denen die Taback⸗ fabrikation und Nebengewerbe der Tabackbranche vielleicht zu großer Blüthe, zu großer überwiegender Bedeutung für deren Gesammt⸗ verhältnisse gelangt sind, vielleicht selbst der eine oder andere Bundes⸗ staat, in welchem dies mehr oder weniger der Fall ist, jedenfalls die von dem Verbot des gegenwärtigen Gesetzentwurfs zur Zeit gar nicht direkt betroffenen Zollausschlüsse Bremen und Hamburg werden zu den indirekt Betroffenen gehören. Der Schaden, der sie trifft, entzieht sich jedem Versuch einer wirklichen Schätzung und kann daher ohne Gefahr und Mühe für den Uebertreiber bis ins Ungeheuere über⸗ trieben werden, wie er ja auch meines Dafürhaltens bereits vielfach ins Ungeheuere übertrieben worden ist; er wird ganz gewiß geringer sein, als diese Schätzungen ihn erscheinen lassen, als jetzt in der Auf⸗ regung und in der Hoffnung, damit Erfolg zu haben, behauptet und geglaubt wird; er wird jedenfalls weit überwogen werden durch den großen Vortheil des Ganzen und damit auch der Vortheil der indirekt Betroffenen selbst. Darum würde auch jede Forderung der Gewährung einer besonderen Entschädigung für die indirekt Betrof⸗ fenen abzulehnen sein; sie würde, wollte man sie dennoch, obwohl sie es nicht ist, als begründbar ansehen, wollte man sie, obwohl die Gesetzgebung keinen Vorgang dafür aufweist, zulassen und berücksich⸗ tigen sie würde sofort mit Nothwendigkeit ins ganz Uferlose führen, woselbst die 2 Milliarden, die in einer phantasievollen Be⸗ rechnung als Mindestbetrag der Entschädigung mitgetheilt worden sind, vielleicht als ganz unzulänglich befunden würden. Jede solche Forderung würde sofort zur offenbaren Unmöglichkeit führen, sie würde das nackte Nein auf einem entbehrlichen Umweg sein.

Was hiernach von den üblen Seiten, von den wirklich übeln Seiten, die ja eigentlich nicht dem Monopol, sondern nur der Ein⸗ führung des Monopols jetzt bei uns anhaftet, was sage ich, von dieser wirklich üblen Seite hiernach nicht weiter gemildert werden kann, das kann und soll mit in den Kauf genommen werden, das muß einmal für immer überwunden werden. Denn, meine Herren, auf die Dauer ist es ja gar nicht möglich, nicht denkbar, daß es in Deutschland angesichts des großen und wachsenden Umfangs unserer finanziellen Bedürfnisse bei einem Steuererträgnisse des Tabacks von kaum einer Mark pro Kopf der Bevölkerung belassen werden während die Erfahrung anderer Länder, die sich in ähnlicher

ge befinden, zeigt, wie mit Leichtigkeit und ohne allen Bedruck das Drei⸗, Vier⸗, Fünf⸗ ja selbst das Sechsfache dieses Betrages zur Tra⸗ gung der öffentlichen Lasten aus dem entbehrlichen und doch nicht entbehrten Genußmittel gewonnen werden kann. Eine höhere Be⸗ steuerung des Tabacks vermögen wir aber in keiner anderen Form als n der des Monopols besser und schonender herbeizuführen. Bei llen anderen Formen giebt es mehr Belastung für die Tabackbauer und

onsumenten, mehr Schaden ohne Entschädigung für die Fabrikanten,

Händler und Arbeiter, ungewollte Begünstigung weniger Großbetriebe

gegenüber, nein, auf Kosten vieler oder aller Kleinbetriebe. Mit keiner an⸗ deren Form wird die Gesetzgebung des Reichs die wirklich freie Verfügung über diese Steuerquelle, welche doch so wichtig und unentbehrlich für Zeiten der Bedrängniß sein würde, wirklich zu gewinnen vermögen.

Auf diesen Erwägungen beruht der Glaube an die Unabwend⸗ barkeit des Monopols, die feste Ueberzeugung, daß es doch einmal kommen muß BeWwilligen Sie es jetzt nicht, bewilligen Sie es die⸗ ser Regierung nicht, nun, so wird früher oder später der Tag erschei⸗ nen, die Regierung kommen, der Sie es doch bewilligen. Darum, meine Herren, würde es auch des Beifalls der weitesten Kreise des Volkes nicht lange entbehren, wenn Sie sich dazu entschließen wür⸗ den, es jetzt bald zu bewilligen, weil die Uebelstände, die mit der Ein⸗ führung des Monopols nothwendig verbunden sind, die ich eben dar⸗ zulegen die Ehre gehabt habe, durch Hinausschiebung der Einfüh⸗ rung nicht geringer, sondern eher schlimmer werden, weil die Um⸗ stände jetzt günstiger sind, als vielleicht später, indem die Möglichkeit, ja die Gewißheit gegeben ist, daß mit den reichen Erträgnissen des Monopols Steuererleichterungen in Staat Wund Gemeinde herbeigeführt werden, was bei der Einführung des Monopols zu ungünstigeren, bedrängteren Zeiten vielleicht aus⸗ geschlossen sein wird, weil endlich gerade jetzt das allmähliche Wieder⸗ aufblühen unserer industriellen Verhältnisse, die erfreulicher Weise sich mehrende Arbeitsgelegenheit in vielen Erwerbszweigen hoffen läßt, daß auch die anderweitige Unterkunft der aus der Tabackbranche aus⸗ scheidenden Personen sich länger und schneller vollziehen werde, als vielleicht je zu einer späteren Zeit.

In der Voraussetzung, daß Sie diesen ö“ doch einer besonderen Kommission zur Vorberathung überweisen werden, darf ich unsere eifrigste Mitwirkung zur Klarstellung jedes Spezialpunktes ganz zu Ihrer Verfügung stellen und jetzt mit der Bitte schließen, daß Sie, so weit Sie dem Vorschlage der verbündeten Regierungen sine studio gegenüberstehen, ihn auch sine ira behandeln wollen, wir wollen ja doch Alle nur das Beste des Vaterlandes!

Der Abg. Sandtmann befürwortete den von ihm mitunter⸗ zeichneten Antrag Ausfeld. Der Antrag solle von vornherein die abweichende Stellung seiner Partei kennzeichnen, und dieser Materie womöglich zu einem festen Abschluß verhelfen. Die Anerkennung, daß mit den Erleichterungen, die durch die Steuerreform erzielt würden, die Regierung einen verdienst⸗ lichen Weg beschritten habe, werde nirgends versagt werden, wenn nur auch die Mittel dazu gebilligt werden könnten. Es sei aber ein krasser Widerspruch, wenn Erleichterungen verheißen würden, die nur durch die allerschwersten Schädi⸗ gungen anderer Interessen möglich seien. Daß die Erträge des Monopols in dem Sinne verwendet werden würden, in dem dasselbe jetzt bewilligt werde, solle dadurch verbürgt wer⸗ den, daß man in Deutschland, in einem konstitutionellen Staate, im Frieden und ohne Konflikt lebe. Aber sei nicht über die Verwendung des Ueberschusses zu ver⸗ schiedenen Zeiten in ganz verschiedenem Sinne geredet worden? Dann solle durch die Einführung des Monopols der Tabackbau gar gehoben werden, weil das Interesse der Regierung und der Tabackbauer Hand in Hand gehe. Ihm erscheine es unerfindlich, daß nicht im freien Verkehr die besten Preise erzielt werden sollten. Die politischen Konsequenzen an⸗ langend, über die man in der Vorlage gleichfalls durch den konsti⸗ tutionellen Staat, die Freiheit des Individuums und die Nicht⸗ beeinflussung der Beamten beruhigt werde, erinnere er daran, daß das Haus verschiedene Male Gelegenheit gehabt, sich ein Ur⸗ theil darüber zu bilden. Die Arbeiter, höre man, würden es in den Regierungsfabriken besser haben, als in der Privatindustrie, aller⸗ dings nicht die mangelhaften und unzuverlässigen. Es genüge wohl der Hinweis, daß die Arbeiter sich in Petitionen und Ver⸗ sammlungen gegen das Monopol erklärt hätten. Er bezweifle nicht, daß die Angaben über den Ertrag nicht willkürliche Schätzungen seien, sondern auf sorgfältigen Ermittlungen be⸗ ruhten. Aber für dieselben seien die Erfahrungen der „Kaiser⸗ lichen Tabackmanufaktur“ wesentlich maßgebend gewesen. Und seien denn die Erfahrungen derselben genügend, um auf ihnen ein Gesetz von so ungeheurer Tragweite aufzubauen, so überzeugend, um alle entgegenstehenden in größeren Erfahrungskreisen ge⸗ wonnenen Ansichten als irrig zu erweisen? Es empfehle sich, der Kommission, die sich eventuell mit dieser Vorlage zu be⸗ fassen habe, die Bilanzen und Abschlüsse der Kaiserlichen Manufaktur vorzulegen. Die Zusicherung, daß keine weiteren Verstaatlichungen folgen sollten, sei an sich ja tröstlich. Trotz⸗ dem befürchte er, daß man auch davor nicht zurückschrecken werde, wenn sich die Erträge des Monopols als nicht aus⸗ reichend erweisen sollten. Moralische Bedenken, die durch die Vermehrung des Schmuggels sich gegen das Monopol erheben könnten, würden einfach für unbegründet erklärt. In Frankreich denke man anders hierüber; dort habe man in den Grenzzonen die Preise des Tabacks niedriger gestellt, als in dem übrigen Lande, um dem Schmuggel entgegenzuwirken. Die französische Presse habe dem Reichskanzler ihr Kompliment gemacht über die beabsich⸗ tigte Einführung des Monopols; dieselbe sei ein Zeichen seiner Größe und Versöhnlichkeit, und bringe Frankreich einen Vortheil von 37 Millionen Francs ein, da es dann über⸗ flüssig sei, die billigeren Preise in den Grenzzonen aufrecht zu erhalten. Das beweise doch, daß in Frankreich stark geschmuggelt werde. Wie könnten sodann die vollauf berechtigten Forderungen einer Industrie verglichen werden mit den Leistungen, zu denen man den im Jahre 1870 Einberufenen verpflichtet gewesen sei? Hamburg und Bremen würden überhaupt nicht berücksichtigt bei der Ent⸗ schädigungsfrage. Man habe gefürchtet, die Schäden nicht schätzen zu können, und die Ansprüche würden ungeheuerliche sein. Da sage man einfach: man gebe gar nichts, allerdings der einfachste Ausgangsweg. Müsse überhaupt der Taback höher besteuert werden? Sei es irgendwie nachgewiesen, daß die Bedürfnisse des Reichs lediglich vom Taback befriedigt werden müßten? Das Monopol solle die schonendste Form der Besteuerung sein, sei denn eine solche ingrößerem Maße überhaupt geboten? Habe man denn die Zollerhöhungen der früheren Jahre vergessen? Lasse man der Industrie doch endlich Ruhe! * verliere durch das Monopol seinen Welthandel mit

aback, es sei bisher gezwungen gewesen, die mannigfachen Tabacksorten, welche in Deutschland geraucht würden, auf Lager zu halten, und habe so auch den Geschmack der nordischen Länder befriedigen können. Dieser s gehe jetzt nach Holland, Belgien und England über. se Monopolverwaltung werde selbstverständlich bestrebt sein, sich möglichst von über⸗ seeischen Plätzen mit Bedarf zu versehen, weil sie dort ja billiger kaufe. Auch die Dampfschiffahrt werde darunter leiden, denn selbstverständlich werde die Monopolregierung die billigere Segelfracht anwenden. Auch die Beziehungen Deutschlands zu den übersceischen Ländern würden gelockert werden, da nur einzelne Centralpunkte nöthig sein würden. Nach seiner An⸗ sicht sei ferner das Betriebskapital für das Monopol viel zu niedrig gegriffen, die Verarbeitungskosten würden sich viel

höher stellen und durch Halten außerordentlich großer Läger

höherer Zölle

würde eine außerordentlich hohe Summe zinslos festgelegt. Für die Amortisation des Kapitals, für Maschinen u. s. w. ei gar keine Summe ausgeworfen; er glaube ferner nicht, daß die Regierung um 9 Millionen Mark ihre Einkäufe billiger werde machen können, als der Privatmann. Die Regierung könne immer nur ihre besonderen Sorten einkaufen, könne also nur entweder durch den Zwischenhändler, der die Sor⸗ tirung vornehme, oder zu höheren Preisen vom Produzenten ihren Bedarf entnehmen. In Bezug auf die Entschädigung, welche den Tabackinteressenten gezahlt werden solle, halte er die Basis, auf welcher die Vorlage stehe, für vollkommen ver⸗ fehlt; auch sei die von der Regierung herausgerechnete Ent⸗ schädigungssumme viel zu niedrig, abgesehen davon, daß viele Personen bei der Tabackindustrie beschästigt seien, oder doch nur durch sie ihr Fortkommen fänden, also Anspruch auf Ent⸗ schädigung haben, einfach ganz übergangen seien. Auch glaube er, die Enquetekommission sei bei aller Genauigkeit ihrer Berech⸗ nungen zu keinem richtigen Resultate in Bezug auf die Quantität der zu konsumirenden Cigarren und Tabacke gekommen. Bei aller Sorgfalt ließen die Berechnungen der Vorlage große Zweifel aufkommen. Es sei z. B. bei den Cigarren gesagt, daß dasselbe Quantum verkauft werden könne wie früher. Gestehe man dies zu, so bleibe charakteristisch, daß diese Cigar⸗ ren nach den Ermittelungen der Enquetekommission verkauft würden zu 232 Millionen, während sie nach der Vorlage 296 Millionen Mark bringen sollten, die importirten Cigarren mit einbegriffen. Also ohne Veränderung ein Plus von 64 Millionen. Das seien ganz willkürliche Verschiebungen in Bezug auf die Preise der einzelnen Sorten. Es werde ange⸗ nommen, daß Deutschland fernerhin 32 250 Mille importirter Havannacigarren haben würde, und man motivire dies damit, daß das der dritte Theil des 1877 eingeführten Quantums sei. Das sei richtig, 1877 seien 97 678 Mille eingeführt worden. Aber während diese im Ganzen einen Werth von 7 800 000 repräsentirten, wolle die Vor⸗ lage aus den 32 250 Mille importirter Cigarren ein Kapital von 16 Millionen machen. Da seien doch handgreifliche Irrthümer anzunehmen. In diesen 97 000 Mille befänden sich alle mög⸗ lichen Preissorten, wahrlich nicht nur feine Havannacigarren. Ein Blick auf Oesterreich und Frankreich sei überzeugend. In Oesterreich würden konsumirt 3605 Mille im Werthe von 597 000 oder durchschnittlich 250 pro Mille, in Frankreich 13 000 Mille im Werthe von 3 Millionen Mark. In Deutschland dagegen sollten neben den 30 600 Mille importirter Cigarren, durchschnittlich zum Preise von 500 ℳ, sage 500 pro Mille, außerdem zum Preise von 150, 180, 200, 250, 300 ℳ, im Ganzen noch 147 480 Mille Fabrikate der Monopolverwal⸗ tung verkauft werden, so daß man in der Gesammtheit 180 000 Mille verkaufen müßte, durchschnittlich zum Preise von 250 Wie sehe es nun mit der Entschädigung aus. In Fällen, wo bei Uebernahme von Waaren und Tabacken oder Lagern von Fabrikaten der In⸗ haber nicht mit dem zufrieden sei, was die Bezirks⸗ oder Ober⸗Kommission bestimme, sei der Rechtsweg ausgeschlossen. Diese Bestimmung könne doch unmöglich bestehen bleiben. Schwer annehmbar sei es auch, daß Leute, die erst kürzere Zeit im Fach seien, von der Entschädigung ausgeschlossen seien. Der Fall sei doch recht gut denkbar, daß es Leute erst seit einigen Jahren zu einer selbständigen Existenz gebracht, dennoch aber schon 20 Jahre und mehr in abhängiger Stellung im Fach gewesen seien. Bezüglich des vorliegenden Antrages wolle er noch bemerken: seine Partei sei der Meinung, daß all die Schäden und Nachtheile, welche er geschildert habe, nicht blos bei Einführung des Monopols, sondern theils in noch wesentlich verstärktem Maße bei der Bewilligung und Steuern auf Taback überhaupt ein⸗ treten würden. Wenn man bedenke, daß ein mittlerer Fa⸗ brikant, der 1000 Ctr. ausländischen Taback jährlich versteuere, vor 1879 dafür 12 000 Zollauslagen habe machen müssen, während derselbe jetzt mehr als 42 000 bereit halten müsse, so werde man zugeben, daß derselbe sich heute schon in einer schwierigen Lage befinde, denn es handele sich hierbei nicht um Millionäre. Wollte man Einnahmen wie aus dem Monopol aus Steuern und Zöllen nehmen, dann müßte man dieselben vervierfachen; dann würde ein solcher Fa⸗ brikant 170 000 Zollauslagen haben. Das sei doch nicht möglich. Es müsse klar ausgesprochen werden, es lasse sich aus Taback in Wahrheit kein größerer Ertrag herausschlagen; der Taback könne nicht mehr bluten, es müßte es denn über die Leiche der Industrie hinweg geschehen. Wenn der Reichstag sich klar darüber sei, daß er dem Vater⸗ lande einen Dienst erweise, indem derselbe eine Privatindustrie zu Grunde richte, dann könne man sich größere Einnahmen schaffen. Aber habe man denn heute zu einem solchen Schritte eine Berechtigung? Habe die Tabackindustrie nicht dasselbe Anrecht an den „Schutz der nationalen Arbeit“, wie andere Erwerbszweige? Sonst lege die Regierung einen so hohen Werth auf den Rath der Interessenten; die Taback⸗ interessenten hätten in allen ihren Versammlungen gegen die Zerstörung ihrer Industrie protestirt. Des⸗ wegen habe das Haus die Pflicht, einer nun seit Jahren ge⸗ quälten und geängstigten Industrie zu Hülfe zu kommen, da⸗ mit sie Zeit gewinne, sich in die neuen Verhältnisse einzuleben. Seine Partei sei andererseits der Meinung, daß es der er⸗ höhten Einnahmen aus dem Tabackmonopol nicht bedürfe, um alle gemachten Forderungen zu erfüllen, um die Härten aus⸗ zugleichen, die durch die Zoll⸗ und Steuergesetzgebung ent⸗ standen seien. Er empfehle dem Hause seinen Antrag aufs Wärmste. Er glaube, daß es bei einer Angelegenheit, die nicht blos Privatkreise, sondern auch das hohe Haus so stark beschäftigt habe, der Verweisung an eine Kommission nicht mehr bedürfen werde.

Der Abg. Hobrecht erklärte, die beabsichtigte Steuerreform bedürfe des Zusammenwirkens der Regierung und einer großen meenet des Hauses, welche geneigt sei, die Regierung in ileen Plänen zu unterstützen. Diese Majorität existire bekannt⸗ lich nicht; überdies könne er sich der Ueberzeugung nicht ver⸗ schließen, daß die Bewilligungen, welche fei 1878 erfolgt seien, ausreichen würden, die Bundesstaaten von den lästigen Matrikularbeiträgen zu befreien. In Preußen hätten sie ja in der That schon ausgereicht, es seien sogar Ueberschüsse zu einem n e. Steuernachlaß vorhanden gewesen. Würde das Reich neue Summen erheischen, so würde er sie bewilligen, ja selbst auf dem Wege einer Steuerresorm. Die Schwierigkeit der Durchführung des Reichs⸗ tabackmonopols liege ja nicht so sehr in der Größe der ge⸗ sorderten Summen, auch nicht in der Mannigfaltigkeit der Interessen, die in Mitleidenschaft gezogen würden, sondern in der Zusammensetzung des Reichstags. Denn, wenn schon zu jeder Steuerreform, wie er oben gesagt, eine große Majorität

8 8 habe, habe die Regierung deutlich durchblicken lassen, daß sie 8

Ansicht sei in den Motiven nicht widerlegt. Tabackbau nicht geschädigt, sondern gehoben werden 1) durch

8

ie Meinung der Regierung theilen müsse, so sei dies bei der

8 Einführung des Tabackmonopols speziell noch vielmehr der Fall.

ierung durch diese Vorlage gerade icht, denn als im Jahre 1879 die Gewichtssteuer vorgelegen

das damalige Gesetz nur als eine Etappe zum Monopol betrachte. Das Gesetz sollte der Regierung Erfahrungen an die Hand eben. Diesen Zweck habe es in der kurzen Zeit seiner Wirk⸗ amkeit noch gar nicht erfüllen können; denn das Gespenst des Tabackmonopols habe die Tabackinteressenten sich noch gar nicht in die Verhältnisse hineinleben lassen, welche die Gewichts⸗ steuer geschaffen habe. Jeder habe sich, sozusagen, von Tag zu Tag eingerichtet, da derselbe geschwankt habe, ob er sein Haus für seine Familie solide einrichten, oder ob er auf das Mono⸗ pol spekuliren solle. Das Haus müsse also in die Berathung des Monopols eintreten, ohne die Erfahrung der normalen Wirkung des Gesetzes von 1879; dies müsse Mißtrauen gegen die Regierung erregen. Die That⸗ sache, daß das Monopol in allen Ländern, namentlich in Frank⸗ reich, eine praktische Art der Steuererhebung sei, zwinge zum Nachdenken, ob es in Deutschland etwa auch dieselbe günstige Wirkung haben würde. Er habe daher im Jahre 1878 die Einführung einer Enquête⸗Kommission beantragt. Das Re⸗ sultat der Berathungen sei folgendes gewesen: „Jedenfalls iefere das Monopol zweifellos die höchste Steuer und vertheile die Lasten am gerechtesten, zerstöre aber eine blühende Industrie, schädige viele Interessen und vernichte eine Reihe von Existenzen, habe also traurige soziale Folgen.“ Aus diesem Grunde sei damals der Gedanke an die Einfüh⸗ rung des Monopols aufgegeben. Er für seine Person sei nun nach weiterer Ueberlegung zu der Ueberzeugung gekom⸗ men, daß in Deutschland auch die beiden genannten Vor⸗ theile hinfällig seien; der eine schließe den anderen aus. Hohe Erträge seien bei gerechter Vertheilung der Lasten unmöglich,

1.

dea die wohlhabenden Klassen nur einen minimalen Theil des

in Deutschland konsumirten Tabacks verbrauchten. Diese

Ferner solle der

die Bemessung der Fläche, welche mit Taback bebaut werden müsse, und 2) durch die Preisbestimmung des Tabacks durch den Reichskanzler. Er meine, es werde durch diese Bestim⸗ mungen gerade eine Einschränkung stattfinden. Daß der Ver⸗ kauf von Taback ins Ausland freigegeben werde, sei kein Er⸗ satz, habe vielmehr seine Mängel, da der Verkäufer den zu bebauenden Flächeninhalt vorher angeben müsse. In Folge dessen würde die Zahl der Händler sehr abnehmen und die verbleibenden müßten sehr vorsichtig in der Bemessung der Preise sein. Auch in seinem Wahlkreise spiele der Tabackbau eine große Rolle, und er sei wesentlich durch die dringenden Aufforderungen aus seinem Wahlkreise dazu bestimmt worden, hier die Leute gegen die Gefahren des Monopols zu schützen, und er sei der Meinung, daß die Inter⸗ essenten hier immerhin ein wichtiges Zeugniß abzulegen hätten für das, was der Reichstag berathe. Bei der Entschädigung

weerde es an einer Masse von Ungerechtigkeiten nicht fehlen,

namentlich bei den Arbeitern, die in der Monopolverwaltung eine Stellung nicht erhalten würden. Es blieben etwa 40 000, die sich anderweit Arbeit suchen müßten, und das sei eine Landeskalamität. Und nun beruhten die Einnahmen aus dem Monopol auf dem jetzigen Tabackkonsum, wenn nur die Hälfte der jetzigen Cigarrenraucher zum Rauch⸗ taback übergehe, so werde die Zahl der Tabackarbeiter weiter vermindert werden müssen. Dabei liege die Ent⸗ scheidung über den Reinertrag ganz in den Cigarren, von denen man 138 Millionen und mit Hinzurechnung der Ciga⸗ retten 146 Millionen erwarte, alles Andere zusammen, Rauch⸗, Kau⸗ und Schnupftaback, werde nur mit 29 Millionen Rein⸗ ertrag taxirt. Nun sei aus den Motiven zu entnehmen, daß die Verschiedenheit der Cigarren, die dieselben ja beim Publikum beliebt mache, nicht werde aufrecht erhalten werden können; aber dar⸗ auf komme es gerade an, diese Verschiedenheit könne nur durch zahlreiche Privatfabriken erhalten werden, und der gegenwärtige große Konsum sei eine Folge dieser Verschiedenheit; der Kon⸗ sum werde mit derselben aufhören; außerdem kenne ja den Tabackgenuß nur verhältnißmäßig kurze und man könne sich wohl denken, daß

ein anderer Genußkitzel modern würde. Jeden⸗

i eine enorme Verminderung sehr wohl denkbar, wenn die bisher gewohnten Anerbietungen sich änderten. Hierbei spiele der individuelle Geschmack eine große Rolle. Auf jeder Reise über die Fee⸗ sei das Gespräch auf den letzten Stationen, wie viel Cigarren man wohl mitnehmen könne. Wenn man aber aus dem Auslande zurückkomme, so habe er nie gehört, daß von Ausländern diese Sorge geäußert sei. Daß es auf den Konsum der ärmeren Bevölkerung nicht allein ankomme, ergäben die Motive, denn von den 280 Millidnen, welche der Cigarrenverkauf im Ganzen einbringen solle, entfielen nur 64 Millionen auf die Sorten unter 5 Pf. Aus den Sorten über 5 Pf. 136 Millionen und aus der Sorte zu 5 allein die Summe von 38 ½ Mill. Mark. Leute, die Cigarren zu 5 J, also zu 50 das Tausend rauchten, wüßten aber schon sehr wohl zu unter⸗ scheiden, oder bildeten sich wenigstens ein, unterscheiden zu können, was im Effekt auf dasselbe hinauskomme. Besonders art würden die Detailverkäufer getroffen, von denen in Deutsch⸗ land circa 300 000 vorhanden seien, mit Einschluß der Gast⸗ und Schankwirthe, Kleinkrämer ꝛc. Diese seien für den Vertrieb besonders wichtig, und es mache einen großen Unterschied, wenn an ihre Stelle nur 60 000 Verschleißer treten würden, und derjenige, der z. B. ein Glas Bier trinke, nun nicht mehr vom Wirth eine Cigarre bekommen könne. Aus der Vor⸗ lage ergebe sich die Unmöglichkeit, die gemachten Versprechungen zu erfüllen. Man werde sich dann bemühen, die Versprechen

zu halten, die Auslagen bedeutend steigern, und der Erfolg werde sein, daß das Monopol dann gar nichts bringen werde. Das Wichtigste aber, die Wirkung einer so kolossalen Aenderung des Angebots auf den Konsum, lasse sich eben nicht mit Zahlen

beeweisen. Das Monopol könne einen großen Ertrag bringen,

wenn man auf alle Versprechungen verzichte; denn man könne nicht Konsumenten und Produzenten alle Vortheile lassen. Der Geschmack müsse sich nach dem Monopol richten. Und wenn dieser peinliche Prozeß vollzogen sei, dann werde das Monopol einen 5 bringen, das werde aber lange dauern. Die unrichtigen Annahmen der Vorlage seien die Konsequenz einer unberechtigten Anschauung, die er in der Provinzial⸗Correspon⸗ denz gefunden habe, dort heiße es: Es handele sich in 8 Wahrheit nicht um die Auflegung neuer Steuern, sondern um die Nutzbarmachung einer alten, bisher von den Fach⸗ männern ausgenutzten Einnahmequelle zum Besten der Ge⸗ sammtheit. Es werde dann gesagt, die Millionen, die jährli

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in die Tasche der Fabrikanten und Kaufleute flössen, sollten in die gemeinsame Kasse zur Deckung der Bedürfnisse fließen. Wenn nun zugegeben werde, daß der Taback dem Reiche mindestens 100 Millionen bringen werde, so sei das ein Beweis, daß jene Summe bisher von einigen wenigen auf Kosten des deutschen Volkes erhoben worden sei. Im Vollswirthschafts⸗ rath habe man nun darauf hingewiesen, daß das Reich in der Lage sei, die gleiche Menge des Fabrikates mit billigeren Mitteln herzustellen; darin liege denn auch die Lösung des Räthsels, wie man trotz der zu zahlenden hohen Entschädi⸗ gungen noch auf einen Gewinn hoffe. Nun könne der Staat beim Post⸗ und Eisenbahnbetrieb Vortheile erzielen, weil seine Beamten hier etwas Besseres leisteten, als es der Einzelne könne; darin liege auch die Berechtigung des harten Eingriffs bei der Verstaatlichung. Aber gerade bei der Cigarrenfabrikation sei der Versuch, Aktiengesellschaften zu gründen, gescheitert zu einer Zeit, wo die Jagd nach materiellem Glück üblich ge⸗ wesen sei, und wo das Aktienrecht aufs äußerste ausgenutzt worden sei; damals sei es nicht gelungen, diese Millionen aus den Taschen der Händler und Fabrikanten in die der Aktionäre zu leiten. Die anderen Staaten, namentlich Frankreich, hätten einer so hochentwickelten Industrie nicht gegenüber gestanden, als sie das Monopol eingeführt hätten. Aber in Deutschland sei das anders. Er rede nicht von der besonderen Art von Monopol, das sei ein unreelles Phantom, das einen hohen Ertrag liefern solle, an das glaube kein Sterblicher. Wenn in Deutschland das Monopol eingeführt würde, so stände dem Gewinn, den der Staat erwarte, ein schwerer Schaden gegenüber. Die Gelegenheit zum redlichen Erwerb und guter, lohnender Arbeit werde dadurch in Deutschland vermindert. Das sei ein Schaden, den irgend eine Vermin⸗ derung der direkten Steuern nicht wieder gut machen könne. Und der Schaden falle nicht einmal auf alle Reichsangehörigen gleichmäßig, sondern nach der zufälligen historischen Art, wie der Tabackbau sich ausgebildet habe, falle derselbe auf einzelne Landestheile und Orte und das Reiche müsse geradezu einigen Gliedern Wunden schlagen, die unheilbar seien. Aus allen diesen Gründen sei seine Partei der Ueberzeugung, daß die Monopolvorlage in Deutschland unannehmbar sei, und seine Partei werde gegen dieselbe stimmen. Er erkenne an, daß die hervorragende Bedeutung der prinzipiellen Gründe in diesem Falle zu Gunsten der Berathung im Plenum spreche, aber das Haus würde richtiger handeln, wenn man in eine Kommissionsberathung eintrete. Denn man könne auf diese Weise am ersten die Hoffnung haben, die doch wirklich vor⸗ handene tiefe Beunruhigung, soweit es in den Kräften der Abgeordneten liege, zu einem Abschluß und zur Ruhe zu bringen. In der Sache selbst bitte er das Haus aus den Gründen, die ihm darin zu liegen schienen, gegen den Gedanken des Monopols sich zu erklären.

Hierauf ergriff der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Unter⸗Staatssekretär Dr. von Mayr das Wort:

Meine Herren! Der Herr Vorredner hat die spezielle Nothwendig⸗ keit der Finanzreform im Reich und in den Einzelstaaten seinerseits anerkannt und die formalen Bedenken, die sich etwa ihm gegen der Art der Behandlung des Gegenstandes bei den verschiedenen gesetz⸗ gebenden Faktoren aufdrängen könnten, selbst fäeaehet Ich habe deshalb mit dieser letzteren formalen Frage auch meinerseits mich zu beschäftigen keinen Anlaß, kann aber nur dankend hervorheben, daß das materielle Bedürfniß der Finanzreform im Reich und Staat von dem verehrten Herrn Vorredner ausdrücklich hier an der Spitze seiner Betrachtung Anerkennung gefunden hat. Es könnte nur er⸗ wünscht sein, wenn weitere Beiträge über die Nothwendigkeit der Reform in den verschiedenen Einzelstaaten des Reiches im Laufe der Diskussion im hohen Hause hier noch vorgebracht würden. In jedem einzelnen Staate, daran zweifle ich nicht, drückt da und dort auf dem Gebiete der direkten Besteuerung und der kommunalen Belastung der Schuh sehr erheblich, und es giebt keinen der Staaten, der nicht erheblich große Summen aus den indirekten Reichssteuern sehr wohl zu verwenden weiß (Heiterkeit links), um die drückenden direkten Steuern im eigenen Lande und drückende Kom⸗ munalabgaben zu beseitigen.

Meine Herren, daß der Gegenstand segt mit Heiterkeit aufge⸗ nommen wird, ist gegenüber dem, was früher sowohl in dem hohen Hause als in den einzelnen Landtagen und sonstigen parlamentarischen Versammlungen der Einzelstaaten zu Tage gekommen ist, doch einiger⸗ maßen überraschend. Es ist nicht leicht, das ganze Gebiet der Thätig⸗ keit dieser parlamentarischen Versammlungen in den einzelnen Staaten genau zu überschauen. Soweit es mir, abgesehen von der See ischen Landesvertretung, näher liegt, nach meiner speziellen Amtsthätigkeit und früheren Erfahrung, kann ich sagen, daß der dringende Wunsch nach Ueberweisung bedeutender Einnahmequellen des Reiches in den beiden Ländern, denen ich nahe stehe oder gestanden bin, besteht, so⸗ wohl in Elsaß⸗Lothringen wie in Bayern, und ich könnte nur wünschen, daß, wie gesagt, in dem hohen Hause auch die individuellen Bedürfnisse der Finanzreform in einzelnen Ländern, soweit es angezeigt erscheint, ihren Ausdruck finden. In Elsaß⸗Lothringen sind verschiedene Male im Landes⸗ ausschuß sowohl, wie auch in den Bezirkstagen die Fragen aufgeworfen worden, die gerade im innigsten Zusammenhang mit der Finanzreform des Reiches stehen, und man wartet dort, das kann ich ganz ent⸗ schieden sagen, auf die Summen, die aus den verschiedenen Steuern des Reiches kommen (Heüterdtt u. 7 ich möchte doch bitten, den Nachsatz zu hören um nützliche Reformen auf dem Gebiet der direkten Besteuerung und der Kommunalbelastung vorzunehmen.

Gerade die letztere Frage der Ueberweisung der Staatssteuern an die Kommunen bildet allenthalben in deutschen Landen eine wichtige Frage der nächsten Zukunft. Es ist dies um so mehr je nach den konkreten Bedürfnissen der einzelnen Länder der Fall, wenn

ur Zeit die Belastung mit Zuschlägen zu den Staatssteuern besonders ntensiv empfunden wird oder wenn andere Gründe dafür vorliegen, daß die Frage zum Spruch kommt, ob es sich empfiehlt, eine bestehende direkte Staatssteuer vielleicht mit erheblichen Kosten zu re⸗ formiren oder sie ohne eine solche erhebliche Reform und ohne doch irgend eine Ungerechtigkeit zu begehen, den Gemeinden zu überweisen. möchte ein Besgpie nach der Richtung gerade aus [den Reichslanden hier anführen. Es spielt dort gegenwärtig die Frage, ob das Grundsteuer⸗ kataster mit erheblichen Kosten reformirt werden soll, auch in Bezug auf die Steuereinschätzung, oder ob man nicht zweckmäßiger auf kost⸗ spielige Iiaschatmnge bezüglich der Grundsteuer dann verzichtet, wenn man die jetzt bestehende Frundsteuer den Gemeinden überläßt. Thut man nämlich das Fhrrer meine Herren, dann ist es nicht mehr noth⸗ wendig, die Ungleichheiten, die zwischen den verschiedenen Gemeinden bestehen, mit großen Mühen und Kosten auszugleichen. Die in dieser Weise lokalisirte Grundsteuer ist, wenn sie auch ungleichmäßig ver⸗ anlagt ist, keine Beeinträchtigung der Gerechtigk vgr nzipien für die einzelnen Gemeinden, während, wenn sie centrale Staatssteuer bleibt, eine Reform sehr wohl veranlaßt ist.

Was die Frage der Kommunalabgaben betrifft, 6 sind wieder⸗ holt die preußischen Verhältnisse in den Debatten, die sich darauf beziehen, citirt worden. Ich darf vielleicht auf eine Arbeit, die ich

einer Zeit noch fäübf in Bavern gemacht habe, in Bezug auf die

verischen Verhältnisse Bezug nehmen. Auch in Bayern sind die Kommunalzuschläge zu den direkten Staatssteuern sehr erheblich und werden dort sehr drückend empfunden, und, meine Herren, etwas

etwa nur in den großen Städten, wie man das viel im Norden zu sagen pflegt, in Folge unsparsamer Wirthschaft der Druck der Ge⸗ meindeabgaben ein großer ist, nein umgekehrt, es hat sich gerade ge⸗ zeigt bei genauer statistischer Umarbeitung des Materials, daß der de Lasten in den kleinen und Landgemeinden sehr viel größer ist.

ls Beitrag zu diesem Bedürfniß der Finanzreform darf i diese esles hier in Kürze wohl ürfs ren. rEee 88 ach einer in der Zeitschrift des Königlich bayerischen statisti⸗ schen Bureaus auf Grund einer Erhebung für 1876 veröffentlichten und Jedermann zugänglichen Arbeit kommen Gemeindeumlagen über 100 % der Staatssteuern überhaupt nur vor in Gemeinden, die weniger als 3500 Einwohner haben. (Rufe links: Zur Sache! Hier ist kein Volkswirthschaftsrath! Rufe rechts: Ruhe!) Meine Herren! Ich überlasse die Entscheidung darüber, was zur Sache ind —2 zur Sache nicht gehört, mit aller Ruhe dem Herrn Prä⸗ identen.

Wenn Sie Bezug nehmen auf die Nothwendigkeit der Finanz⸗ reform im Reich und in den Staaten, so habe ich das volle Recht, Beispiele aus den Einzelstaaten dafür zu zitiren, und insbesondere solche allgemein literarisch zugänglichen Beispiele, die in den bis⸗ herigen Debatten noch nicht erwähnt sind und die dazu dienen können, falsche Vorstellungen, die über die Frage verbreitet werden, zu widerlegen. Meine Herren, von diesem mir zustehenden Recht mache ich Gebrauch, indem ich die Zahlen anführe und dem noch etwas Weiteres hinzusetze.

„Ich habe bemerkt, in ayern, wo man statistische Detailstudien darüber gemacht hat, wie die Belastung mit Kommunglabgaben in den kleineren und größeren Gemeinden Studien, die sonst nicht überall vorliegen —, hat sich gezeigt, daß gerade in kleineren Ge⸗ meinden die Belastung eine sehr starke ist, und deshalb konnte ich hervorheben, daß Gemeindeumlagen von mehr als 100 Proz. der Staatssteuer nur in solchen Gemeinden in Bayern vorkommen, die weniger als 3500 Einwohner haben; Kommunalzuschläge zu den Staats⸗ steuern, die mehr als 150 Proz. betragen, kommen nur in Gemeinden vor, die weniger als 1200 Einwohner haben, und die höchsten Zu⸗ schläge, nämlich Zuschläge über 300 Proz., kommen nur in bayerischen Gemeinden vor, die weniger als 600 Einwohner haben. Meine Herren, ich wollte das als ein Beispiel anführen, daß der Druck der Kommunalabgaben nicht etwa nur in großen Städten, wo sorglos gewirthschaftet ist, besteht, sondern daß der Druck in weiten Theilen des Reiches, auch in kleineren ländlichen Gemeinden, die der Erleich⸗ terung bedürfen, sich geltend macht. 3 Meine Herren! Der Herr Vorredner hat ferner einigermaßen Anstoß genommen an der unbegrenzten Größe der Summen, die für die Finanzreform im Reich und Staat verlangt würden und er meinte wohl, sie seien etwas bedenklich hoch. Der Herr Vorredner hat aber prinzipiell die Nothwendigkeit der Reform zugegeben, dagegen seinerseits eine Grenze der Summe, bis zu welcher er gehen würde, auch nicht mitgetheilt. Meine Herren, sicherer haben sich über die Frage immerhin noch gegenüber dem Herrn Vorredner die Motive zum preußischen Verwendungsgesetze geäußert. Ich möchte also glauben, der implicite enthaltene Vorwurf, es sei hier nicht mit genügender Klarheit das finanzielle Gesammtziel der Reform bezeichnet, dürfte nicht begründet erscheinen.

Meine Herren! Ich will es nicht unternehmen, des weiteren auf die Kritik einzugehen, die der Herr Vorredner in Bezug auf die Stellung der Fraktionen im Hause und auf die daraus für die Frage der Finanzreform sich ergebenden Schlüsse gegeben hat, nur der einen Empfindung möchte ich Ausdruck geben und damit glaube ich denn doch jedenfalls nicht zu weit zu gehen daß die Rücksicht auf die Stellung der Parteien, im Parlament jedenfalls die Hinausschiebung der als dringend anerkannten Reform nicht begründen kann.

Der Herr Vorredner kam dann auf das bestehende Tabacksteuer⸗ gesetz zu sprechen und hat in vollkommen zutreffender Weise hervor⸗ gehoben, daß ein Versprechen der Reichsregierung, das Monopol nicht einzuführen, im Jahre 1879 nicht ertheilt worden ist. Der Herr Vorredner glaubt nur, es sei ein thatsächliches Engagement Ffebmn 8 worden, bis 5 einer gewissen Zeit nicht zur Einführung des Mono pols zu schreiten. Wie lange aber diese Zeit sein Fele. darüber ist ein bestimmter Anhalt in der Natur der Sache auch nicht gegeben.

Ich stimme mit dem Herrn Vorredner ganz darin überein, daß man weitere Erfahrungen sammeln müsse, und ich glaube, in den Mo tiven des Gesetzentwurfes ist eingehend nachgewiesen, daß im Wesent lichen die seit jener Zeit, seit dem Jahre 1879, gesammelten Erfah rungen dazu geführt haben, ichon jetzt eine Aenderung des System der Tabackbesteuerung vorzuschlagen.

Meine Herren! Der Herr Vorredner hat dann bemerkt, es seien hohe Erträge überhaupt nur dann möglich, wenn man vorzugsweise die unteren Volksklassen stark belaste, und er hat einer weiteren, auch früher schon öffentlich verbreiteten Meinung Ausdruck gegeben, die dahin geht, daß die freie Industrie bei entsprechender Zoll⸗ und Steuerbelegung es besser verstünde, die Reichen kräftiger heranzuziehen als die Armen. Meine Herren, ein bestimmter Nachweis für di letztere Hypothese mehr ist es gewiß nicht ist meines Wissens noch niemals, auch heute nicht von dem Herrn Vorredner geliefer worden; aber was feststeht, ist das, daß dieses Monopol, wie es Ihnen hier vorgeschlagen wird, die unteren Volksklassen nicht vor⸗ zugsweise belastet. Der Herr Vorredner hat, um einen Ausdruck z gebrauchen, den er nach anderer Richtung angewendet hat, von einem „Phantom“ des Monopols gesprochen, welches vor einiger Zeit viel⸗ leicht erwartet wurde, welches aber in der von der Reichsregierung

emachten Vorlage nicht enthalten ist. Die Einwendungen des Vorredners passen nur auf das Phantom des Monopols, aber nicht auf das Monopol, was Ih unter⸗ breitet ist. Meine Herren, insosern ist es auch garnicht wichtig, daß die Motive einen besonderen hohen Ertrag versprechen. Nein, meine

erren, wenn man den Taback so ausbeuten wollte, wie man es woh önnte, wie er es sogar vielleicht verdient, dann käme man zu vie höheren Erträgen, als diejenigen sind, die in der Monopolvorlage enthalten 192 ich kann also die Annahme des Herrn Vorredners, daß die Motive einen besonderen hohen Ertrag versprechen, keines wegs acceptiren.

Meine Herren! Der Herr Vorredner hat sich ferner bemüht, darzuthun, wie die verschiedensten Kreise der Produzenten durch die Einführung des Monopols im Sinne der Vorlage der 4254 rung geschädigt würden; er hat sich dabei zunächst an den Tabackbau gewendet, und mit Recht zunächst, meine Herren, denn der Taback bauer ist allerdings Derjenige, der am allerschwersten von den nungen der freien Konkurrenz zu überzeugen sein wird. Der Taba bauer wird um so weniger davon zu uüberzeugen sein, je länger noch die bestehende Gesetzgebung von 1879 gilt. Meine Herren, wenn man rein taktisch vorgehen wollte, dann könnte man nichts besseres thun, als sagen, warten wir noch zwei Jahre und sehen wir dann, wie die Preise sind, welche die Taba ern bekommen, und in welcher Lage 21 ch befinden. Meine Herren, diese Empfindung ist bei dem Tabackbauer jetzt dadurch etwas verdunkelt, daß in der nach Einführung des Tabacksteuergesetzes die Konfunkturen für den Tabackbau günstig waren; meine Herren, die Zeit der günstigen Kon⸗

unkturen if vorüber, und jedes Hinausschieben der Entscheidung über 8 Monopol wird den Tabackbauer mit Nothwendigkeit noch mehr auf Seite der Reichsregierung bringen.

Der Herr Vorredner hat gesagt, es sei keine Bürgschaft neben daß keine erheblichen Beschränkungen der Tabackbauer eintreten, sobald man dies von Seiten der Monopolverwaltung für wünschenswerth halte. Da moͤchte ich mir doch gestatten, den Herrn Vorredner zu⸗ nächst auf den Text des Gesetzes aufmerksam zu machen, durch wel die Monopolverwaltung ausdrücklich verpflichtet ist, e zwei Fhnfte aus einheimischem Material zu nehmen. Das ist also eine

arantie, die besteht so lange bis etwa eine andere Gesetzgebung sie beseitigen wird; ich weiß aber nicht, ob etwa auf dieser Seite (nach links) eine Neigung dafür besteht, diese Garantie zu alteriren. Meine auf Seite der Reichsregierung und auf dieser Seite des

Ihnen in der verg

—2 santes liefert insbesondere die 21 Statistik zu der rage Nothwendigkeit der Finanzreform, nämlich keineswegs

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auses (rechts) besteht jedenfalls die Absicht, das nicht zu 5* viel⸗ mehr vielleicht später an die Stelle der zwei Fünftel drei Fünftel

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