betreffend die unentgeltliche Uebereignung eines Abschnittes vom großen Thiergarten in Berlin 8 an das Reich.
Vom 17. Mai 1882.
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden
Preußen ꝛc. —
verordnen, mit Zustimmung beider Häuser des Landtages der Monarchie, was folgt:
König von
1.
Derjenige Abschnitt des großen Thiergartens in Berlin, welcher, mit einem Flächeninhalte von rund 36,20 a zwischen den Grundstücken Nr. 1 bis 3 am Königsplatze und dem Fahrdamme der Sommerstraße belegen, zur Gewinnung des Bauplatzes für das Reichstagsgebäude als Theilfläche erfor⸗ derlich ist, wird dem Reiche “ übereignet.
§. 2.
Der durch Abschätzung auf rund 796 000 ℳ ermittelte Werth des abgetretenen Landes (§. 1) ist in Beachtung der Bestimmung unter Nr. VII. der Verordnung wegen der künf⸗ tigen Behandlung des gesammten Staatsschuldenwesens vom 17. Januar 1820 (Gesetz⸗Samml. S. 9) der Staatsschulden⸗ tilgungskasse aus allgemeinen “ zuzuführen.
§. 3.
Der Finanz⸗Minister ist mit der Ausführung dieses Ge⸗ setzes beauftragt. 1u“
Urkundlich unter Unserer Höchsteigen händigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Insiegel.
Gegeben Berlin, den 17. Mai 1882.
. 8) Wilhelm. von Bismarck. von Puttkamer. von Kameke. Bitter. Lucius. Friedberg. von Boetticher.
u““ 8. von Goßler.
betreffend die Verjährungsfristen bei öffent⸗ lichen Abgaben in den Provinzen Schleswig⸗ Holstein, Hannover und Hessen⸗Nassau. Vom 12. April 1882.
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen ꝛc. verordnen, unter Zustimmung beider Häuser des Landtages der Monarchie, was folgt: 1 v“ Das Gesetz vom 18. Juni 1840 über die Verjährunge⸗ sristen bei öffentlichen Abgaben (Gesetz⸗Samml. S. 140) wird hinsichtlich der im §. 14 desselben bezeichneten, nicht zu den Staatskassen fließenden öffentlichen Abgaben auf die Provinz Hannover, sowie auf diejenigen Theile der Provinzen Schleswig⸗Holstein und Hessen⸗Nassau ausgedehnt, in welchen dasselbe für die Verjährung von Abgaben der gedachten Art bisher Geltung nicht gehabt hat. 2
§. 2. Für die zur Zeit vorhandenen Abgabenrückstände beginnt die im §. 8 des Gesetzes vom 18. Juni 1840 festgesetzte Ver⸗ jährungsfrist von vier Jahren für den neuen Geltungsbereich des Gesetzes mit dem 1. Januar 1883. Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Insiegel. Gegeben Berlin, den 12. April 1882. öpG] Wilhelm. von Bismarck. von Puttkamer. von Kameke. Maybach. Bitter. Lucius. Friedberg von Boetticher. von Goßler. —
1““
Ninisterium der geistlichen, Unterrichts⸗ und 8 Medizinal⸗Angelegenheiten.
Dem Gesanglehrer bei dem Königlichen Domchore zu Berlin Gustav Janke ist das Prädikat Musikdirektor bei⸗ gelegt worden.
Dem Oberlehrer am Gymnasium zu Emmerich Dr. Jo⸗ hann van Hengel ist das Prädikat Professor beigelegt
voorden. Beim Friedrich⸗Wilhelms⸗Gymnasium in Berlin ist der Heinrich Felix Seckt
ordentliche Lehrer Dr. Friedrich zum Oberlehrer befördert worden.
Die Berufung des Oberlehrers Dr. Matthias vom Gymnasium zu Bochum als Oberlehrer an das Gymnasium zu Neuwied ist genehmigt.
Der Prediger und Rektor Kießner zu Wriezen a. O. ist zum Ersten Lehrer bei den evangelischen Bildungs⸗ und Erziehungsanstalten zu Droyssig ernannt.
An der Blindenanstalt in Steglitz ist die Lehrerin Gadow
angestellt worden.
I“
Ministerium des Innern.
Dem Amtshauptmann Mejer ist die Amtshauptmanns⸗ stelle in Gifhorn und zugleich die Wahrnehmung der Funk⸗
8b als Kreishauptmann für den Kreis Gifhorn übertragen worden.
Abgereist: Se. Excellenz der Staats⸗Minister und Minister der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegen⸗ heiten von Goßler nach Thüringen;
der Wirkliche Geheime Ober⸗Regierungs⸗Rath, Ministerial⸗ Direktor Schartow nach Kissingen.
Nichtamtliches. Deutsches Neich. “
Preußen. Berlin, 30. Mai. Se. Majestät der Kaiser und Kön i begaben Sich gestern Morgen 9 Uhr nach dem Neuen Palais bei Potsdam, um der Weihe der den neuen Regimentern verliehenen Fahnen beizuwohnen, sowie zum Stiftungsfest des Lehr⸗Infanterie⸗Bataillons.
Um 5 ½ Uhr kehrten Se. Majestät nach Berlin zurück. SHeute empfingen Se. 122 milstärische Meldungen und hörten die Vorträge des Polizei⸗Präsidenten, des Militär⸗ kabinets, des General⸗Superintendenten Dr. Kögel sowie des Unter⸗Staatssekretärs Dr. Busch. 8 * 2.
aiserlichen und Königlichen Hoheiten
der Kronprinz und die Kronprinzessin besuchten am Pfingstsonntage mit Ihren Königlichen Hoheiten dem Prinzen Heinrich und den Prinzessinnen Victoria, Sophie und Margarethe den Gottesdienst in Bornstedt.
Gestern wohnten Ihre Kaiserlichen Hoheiten der Kron⸗ prinz und die Kronprinzessin der Feier zur Einweihung der
ahnen sowie dem Stiftungsfest des Lehr⸗Infanterie⸗Bataillons im Neuen Palais bei Potsdam bei.
Se. Kaiserliche Hoheit der Kronprinz wohnte heute Morgen den Truppenübungen auf dem Bornstedter Felde bei und begab Sich um 9 Uhr zu einem mehrstündigen Auf⸗ enthalt nach Berlin.
— Das am zweiten Pfingstfeiertage vor dem Neuen Palais zu Potsdam gefeierte Stiftungsfest des Lehr⸗ Infanterie⸗Bataillons gewann durch die auf Aller⸗ höchsten Befehl damit verbundene Einsegnung der am Sonn⸗ abend, den 27. d. M. genagelten Fahnen der acht neuen Infanterie⸗Regimenter, des Eisenbahn⸗Regiments und der Pionier⸗Bataillone 15 und 16 eine erhöhte Bedeutung. Die Anordnungen waren in althergebrachter Weise getroffen. Der Altar war auf dem nach dem Wildpark zu gelegenen Flügel im Freien errichtet; die Trommeln waren zu beiden Seiten desselben niedergelegt, und hinter und neben demselben hatten sich die Musikcorps und Sängerchöre der Potsdamer Gar⸗ nison aufgestellt. Das Lehr⸗Infanterie⸗Bataillon — unter dem Befehl des Oberst⸗Lieutenant Grafen Rantzau — hatte sich im Paradeanzuge unter den alten Linden aufgestellt und ein nach dem Neuen Palais zu offenes Carré formirt. In dem freien Platz dem Altar gegenüber waren einige Sessel für die Mitglieder der Kaiserlichen Familie her⸗ gerichtet; der Platz war mit einem Teppich belegt. Von Berlin aus waren die Vertreter des Kriegs⸗Ministeriums, einige höhere Offiziere sowie fast sämmtliche Militär⸗Bevoll⸗ mächtigten eingetroffen. Die in Potsdam garnisonirenden Regimenter waren durch Deputationen von Offizieren vertreten; ferner war die Generalität von Potsdam vollständig an⸗ wesend. Für das größere Publikum war der Zutritt gesperrt, immerhin hatten sich aber zahlreiche Zuschauer eingefunden, um dem Schauspiel beizuwohnen.
Gegen 10 Uhr holte die 1. Compagnie des Lehr Infan⸗
terie⸗Bataillons, begleitet von den Spielleuten des Bataillons und dem Musikcorps des 1. Garde⸗Regiments z. F., die Fahnen aus der Jaspis⸗Galerie des Neuen Palais abgeholt, wohin dieselben am Sonnabend von dem Stadtschloß aus geschafft worden waren. In zwei Glieder formirt, rückten die Fahnen, die von Unteroffizieren der betr. Regimenter, bez. Bataillone ge⸗ tragen wurden, auf den Festplatz; im ersten Gliede standen die Fahnen der Infanterie⸗Regimenter 97, 98, 99, 128, sowie der Pionier⸗Bataillone 15 und 16, nach der Nummer der Bataillone geordnet, im zweiten Gliede die der Infanterie⸗ Regimenter 129 — 132 und des Eisenbahn⸗Regiments. Die Fahnen traten zu beiden Seiten des Altares an, die des ersten Gliedes links, die des zweiten rechts; die Commandeure der neuen Truppentheile nahmen vor ihren Fahnen Auf⸗ stellung. „Nachdem Se. Maäjestät der Kaiser und König, Allerhöchstwelche vie Uniform Ihres Königs⸗Grenadier⸗Regi⸗ ments Nr. 7 trihen, mit den Prinzen und Prinzessinnen des Königlichen Hauses und Allerhöchstihrem Gefolge erschienen waren und das Bataillon mit einem kräftigen „Guten Morgen Soldaten!“ angeredet hatten, begann der Gottesdienst, den der Feldpropst Dr. Thielen in üblicher Weise abhielt. Nach gesprochenem Glaubensbekenntniß hielt der Geistliche die Weihe⸗ rede, der er das Wort der Schrift, 2. Tim. 1NL Grunde legte: Wir haben nicht empfangen den Geist der Furcht, sondern der Kraft, der Liebe und der Zucht. Aus der trefflichen Rede heben wir folgende Stelle hervor: „Auch mächtige und geübte Heere, die gewohnt waren, in jeder Schlacht den Sieg an ihre Fahnen zu knüpfen, sind selbst einem minder zahlreichen Gegner erlegen. Was allein ein Heer unüberwindlich macht und wodurch es allein jedem Feinde sich gewachsen zeigt, das ist der Geist kindlichen und demüthigen Gottvertrauens, das ihm die Kraft verleiht mit dem Apostel zu sprechen: „Ist Gott für uns, wer mag wider uns sein?“ Daß dieser Geist, in wpelchem die Väter ihre Kraft und Hülfe bei dem Herrn gesucht und gefunden haben, in dem die Söhne und Enkel unter der Führung unseres Heldenkaisers auf hundert Schlachtfeldern gesiegt und ge⸗ kämpft haben, auch auf den neuen Regimentern des deutschen Heeres ruhen möge, das ist unser Pfingstgebet, mit dem wir dieselben weihen, auf daß es Allen, welche je diesen Fah⸗ nen folgen werden, das Sinnbild des zu kühnem Fluge die Schwingen ausbreitenden Adlers, der diese Banner schmückt, zur Wahrheit werde und sie es immer von Neuem erfahren dürfen: die auf den Herrn harren, kriegen neue Kraft, daß sie auffahren mit Flügeln wie die Adler, daß sie laufen und nicht matt werden, daß sie wandeln und nicht müde werden.“ Nach⸗ dem Feldpropst Dr. Thielen noch angedeutet, daß die neuen Regimenter ihrer dereinstigen Bestimmung gemäß dazu dienen, die dem Deutschen Reiche bei seiner Wiederherstellung zurück⸗ gegebenen Lande dauernd und fest an das gesammte deutsche Vaterland zu ketten, und in den Söhnen von Elsaß und Lothringen, die zu ihnen schwören werden, den Geist der Liebe zu warten und zu pflegen, in welchem auch sie je länger, je mehr als treue Glieder des gemeinsamen deut⸗ schen Vaterlandes sich erweisen, gab er mit den Worten: „Beuget diese Fahnen vor dem Herrn!“ das Zeichen zum Senken derselben. Die Commandeure ergriffen die Fahnen der ersten Bataillone ihrer Regimenter, ebenso die Commandeure der Pionier⸗Bataillone die i rigen, während die übrigen von den Unteroffizieren der betreffenden Regimenter gesenkt wurden. Rummaͤhr sprach der Geistliche folgende Segensworte: „Ich hebe meine Hände segnend empor zu Dem, von Dem aller Segen kommt, und weihe diese Fahne kraft meines Amtes als ein berufener und verordneter Diener des Wortes zu einem unverletzlichen und hohen Eigenthum der Truppen⸗ theile, denen sie nach dem Willen des Kaisers und Königs übergeben werden sollen. Ich weihe sie zu Wahrzeichen tapferen Heldenmuthes in der Kraft des Herrn, zu heiligen Wahrzeichen der Liebe und Treue bis in den Tod; zu ruhm⸗ vollen Bannern der Ehre in Gottesfurcht und Zucht. er Segen Gottes des Allmächtigen, des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes komme über Euch und ruhe auf Euch jetzt und immerdar. Amen!“
Nach dem Gottesdienste stellten sich die geweihten 28 Fahnen in einem Gliede gegenüber dem Altar auf, das Lehr⸗ Infanterie⸗Bataillon erwies die Honneurs, die Spielleute und
2 1 . die Musiker schlugen an, und das Bataillon ließ ein drei⸗ maliges Hurrah ertönen, in das alle Anwesenden begeistert einstimmten.
Hierauf nahmen Se. Majestät der Kaiser und König die Parade über das Lehr⸗Infanterie⸗Bataillon ab. Nach beendetem Vorbeimarsch wurden die Fahnen von der 1. Compagnie nach dem Neuen Palais zurückgebracht, wo sie von den Comman⸗ deuren in Empfang genommen wurden.
Der weitere Verlauf des Festes vollzog sich in den aus früheren Jahren übernommenen, oft beschriebenen Formen. Die Mannschaften wurden in den festlich geschmückten Kolo⸗ naden zwischen den Communs bewirthet. Bald erschien der Allerhöchste Hof zu einem Rundgange. In dem Mittelportale angelangt, woselbst von den Offizieren Erfrischungen präsen⸗ tirt wurden, ergriffen Se. Kaiserliche Majestät ein Glas und leerten dasselbe mit den Worten: „Ich trinke auf das Wohl der Armee, insonderheit auf das der neuen Regimenter, die heute ihre Fahnen erhalten haben!“ Der General der Ka⸗ vallerie, Graf Brandenburg, aber toastete auf den höchsten Kriegsherrn und rief: „Auf das Wohl Sr. Majestät des Kaisers und Königs, unseres Allergnädigsten Kriegsherrn!“ Beide Trinksprüche fanden bei Offizieren und Mannschaften begeisterten Widerhall.
— Der General⸗Major à la suite der Armee, Fürst von Bulgarien, Hoheit, ist à la suite des Regiments der Gardes du Corps gestellt worden.
— Se. Hoheit der Erbprinz von Sachsen⸗Mei⸗
ningen ist unter Versetzung in den Generalstab der Armee dem großen Generalstab überwiesen worden.
ind vereinzelte Bedenken darüber entstanden, ob
Gerichtsassessoren, welche einer Staatsanwalt⸗ schaft zur unentgeltlichen Beschäftigung überwiesen sind (§. 3 des Ausführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz vom 24. April 1878), für befugt zu erachten seien, ohne aus⸗ drückliche Ermächtigung des Justiz⸗Ministers die Amtsverrich⸗ tungen der Staatsanwaltschaft in den gerichtlichen Haupt⸗ verhandlungen wahrzunehmen. Zur Beseitigung dieser Be⸗ denken hat der Justiz⸗Minister durch eine allgemeine Verfü⸗ gung vom 17. d. M. die gedachten Gerichtsassessoren zur Vornahme aller derjenigen Amtsverrichtungen allgemein er⸗ mächtigt, zu welchen die den Ersten Staatsanwälten beigeord⸗
neten Beamten (§. 145 des Gerichtsverfassungsgesetzes) be⸗
fugt sind.
— Der Chef der Admiralität, Staats⸗Minister von Stosch ist auf seine Besitzung Oestrich im Rheingau ab⸗
gereist.
— Der Kaiserliche Botschafter, Fürst von Hohenlohe,
hat Paris mit kurzem Urlaub verlassen. Während seiner Ab⸗ wesenheit fungirt als interimistischer Geschäftsträger der Legations⸗Rath Dr. Frhr. von Thielmann.
— Der Kaiserliche Minister⸗Resident in Bogota, Lueder, hat einen ihm Allerhöchst bewilligten längeren Urlaub ange⸗ treten. Mit der interimistischen Wahrnehmung der Geschäfte der Kaiserlichen Mission ist der Konsul in Bogota, Koppel beauftragt.
2
— Der Gesandte der Republik Chile am hiesigen Aller⸗ höchsten Hofe, Guillermo M atta, hat einen kurzen Urlaub angetreten. Während seiner Abwesenheit von Berlin⸗ fungirt als interimistischer Geschäftsträger der Legations⸗Sekretär Valentin Letelier.
— Die „Wiener Zeitung“ vom 28, d. M. publizirt den revidirten Zolltarif für das österreichisch⸗unga⸗ rische Zollgebiet. Derselbe tritt am 1. Juni in Kraft.
— Als Aerzte haben sich niedergelassen die Herren: Vockeroth in Seelow, Dr. Bohn in Breckerfeld, Dr. Deisting in Kierspe, Dr. Glasmacher in Mersch, Dr. Erasmus in Aachen, Dr. Uhl in Beckingen.
Württemberg. Stuttgart, 25. Mai. (St. A. f. W.) Zum Besuche Ihrer Majestäten ist der G roßfürst Michael Michailowitsch von Rußland aus Baden⸗Baden hier an⸗ gekommen und in der Königlichen Villa abgestiegen.
Hessen. Darmstadt, 25 Mai. (Cöln. Ztg.) Die Regierung hat die Errichtung einer forstlichen Versuchs⸗ anstalt zum Zwecke der Förderung der Forstwissenschaft überhaupt und Gewinnung zuverlässiger Grundlagen für den Betrieb der Forstwirthschaft unter Berücksichtigung der inlän⸗ dischen Verhältnisse und Bedürfnisse insbesondere angeordnet. Die Anstalt wird mit dem Forstinstitut der Universität Gießen verbunden, die allgemeine und geschäftliche Leitung ist dem Direktor dieses Instituts, die wissenschaftliche Lei⸗ tung der Versuche selbst den betreffenden Professoren nach Fachzweigen übertragen. Sie bildet ein Glied des Vereins der forstlichen Versuchsanstalten Deutschlands und schließt sich in Bezug auf die Richtung und Auswahl der Untersuchungen und Untersuchungsmethoden den von den übrigen gleichartigen Anstalten und von den allgemeinen Ausschüssen getroffenen Vereinbarungen an. Zur Unterstützung bei den Versuchs⸗ arbeiten wird ein ständiger Assistent bestellt.
1“
Oesterreichungarn. Wien, 27. Mai. (W. T. B.) Der „Pol. Corr.“ wird aus Serajewo gemeldet: In dem Landbezirke von Serajewo ist das Rekrutenkontingent von 13 Mann, in dem Gestellungsbezirke Banjaluka ein olches von 73 Mann, in demjenigen von Dolni Tuzla ein solche⸗ von 38 Mann vollständig gedeckt wurden. Ueberall⸗ sind die Gestellungspflichtigen fast vollzählig erschienen.
— 28. Mai. (W. T. B.) Amtlich wird gemeldet: Die Gegenden um Trusina, Lukavac, Rioka Hatelji, Begjisce, Crnagora, die Cervany⸗Planina, das obere Narentathal, die Dumos⸗Planina, die Lelja⸗Planina, Catovabara, das Terrain über Zelenagora gegen das Jabusnicathal und das Bjelava⸗ thal sind in der Zeit vom 18. bis 26. Mai durchstreift worden. Dieselben wurden zum Theil frei von Insurgenten gefunden; an einigen Stellen wurden kleinere Insurgentenhaufen von 5 bis zu 20. Köpfen bemerkt, welche bei Annährung der Truppen flohen. Bei Catovabara stießen die Truppen auf Insurgenten, welche zersprengt wurden und einen Verlust von 5 Todien und Verwundeten hatten. Die Streifungen werden fortgesetzt.
8
Großbritannien und Irland. (W. T. B.) Sämmtliche Morgenblätter besprechen die neueste Phase der egyptischen Krisis und befürworten fast einstimmig die türkische Intervention. Die „Times“ giebt dem Argwohn Ausdruck, daß der Khedive von der Türkei zum Widerstande gegen die Nationalpartei in der Ab⸗ sicht ermuntert werde, eine türkische Intervention herbei⸗ zuführen. Die Entsendung einer türkischen Kommission nach Kairo sei bereits ein Beweis für den Erfolg, welchen die tür⸗ kische Diplomatie erzielte. Die türkische Intervention sei ge⸗ genwärtig die einzig mögliche Weise, die Unordnungen in Egyp⸗ ten zu unterdrücken. Nachdem die Türken ihre Aufgabe ge⸗ löst, würde man sich ihrer allerdings wieder entledigen und die Herstellung des status quo bewerkstelligen müssen. Es werde nothwendig sein, die Aktion der Türkei durch eine Konvention zu regeln. Eine direkte Intervention Englands und Frankreichs würde nicht allein zu Verwickelungen mit den östlichen Großmächten führen, sondern dürfte auch die Freundschaft zwischen England und Frankreich gefährden.
Frankreich. Paris, 28. Mai. (W. T. B.) Das Gelbbuch bezüglich Egyptens, das morgen in den Kammern vertheilt werden wird, veröffentlicht Dokumente aus der Zeit vom Ausbruch der Militär⸗-Emeute zu Kairo am 1. Februar 1881 bis zum Rücktritte des Kabinets Jules Ferry⸗ Bartélemy im November 1881. Dasselbe legt das beständige Einvernehmen zwischen England und Frankreich dar. Die hauptsächlichsten Thatsachen und Dokumente sind bereits be⸗ kannt. — Ueber das gestern von dem Sultan zu Ehren des französischen Botschafters gegebene Diner meldet die „Agence Havas“ aus Konstantinopel, daß der Sultan sich sehr herzlich mit dem Marquis de Noailles unterhalten und seine Genugthuung darüber ausgedrückt habe, daß die neuesten Nachrichten aus Kairo eine friedliche Lösung der egyptischen Schwierigkeiten erwarten ließen.
— 29. Mai. (W. T. B.) Der Minister⸗Präsident
de Freyeinet theilte in dem heute Vormittag abgehaltenen Ministerrath die Depeschen bezüglich Egyptens mit; der Ministerrath erachtete es für nicht angezeigt, neue Ent⸗ schließungen in dieser Angelegenheit zu fassen. — 30. Mai. (W. T. B.) Gestern Abend 10 Uhr fand ein Ministerrath im Palais Elysée statt, welcher bis 1 Uhr früh dauerte. Die Minister Ferry und Goblet, welche zurück⸗ gekehrt waren, wohnten demselben bei. Dem „Ministerrath wurden die weiter eingegangenen Depeschen bezüglich Egyp⸗ tens mitgetheilt.
Italien. Rom, 27. Mai. (W. T. B.) Im Senat wurde heute der Gesetzentwurf, betreffend die Verlängerung der Handelsverträge mit England, Deutschland, Belgien, der Schweiz und Spanien, eingebracht und auf den Antrag des Finanz⸗Ministers Magliani die Dringlichkeit beschlossen. Der Entwurf ging an eine Kommission von 5 Mitgliedern.
— 30. Mai. (W. T. B.) Die Ernennung des Grafen Ludolf zum österreichisch⸗ungarischen Botschafter ist der italienischen Regierung notifizirt und von derselben zustimmend begrüßt worden.
Türkei. Konstantinopel, 28 Mai. (W. T. B.) In Folge einer direkten ernstlautenden Mittheilung des Khedive an den Sultan sind die hauptsächlichsten Minister heute Abend im Palais des Sultans zu einer Berathung zusammeng-etreten. — Es bestätigt sich, daß der Sultan Seitens der egyptischen Notabeln und anderer Persönlichkeiten mehrere Petitionen empfing, welche die Absetzung Tewfiks zu Gunsten Halim Paschas verlangen. — Die Admiralität ist beauftragt worden, die Panzerfregatte „Osmanie“ unverzüglich in Stand zu setzen, so daß dieselbe eventuell morgen auslaufen könnte; man ist gegenwärtig damit beschäftigt, die Kohlen und Lebens⸗ mittel zu verladen. Außerdem werden die drei Panzer⸗ schiffe „Azizie“, „Mahmudie“ und „Orkhanie“ für alle Eventualitäten in den Stand gesetzt; dieselben könnten, wenn nothwendig, in 48 Stunden auslaufen.
— Einer Meldung des „Reuterschen Bureaus“ aus Kon⸗ stantinopel v. 29. zufolge hat der Ministerrath gestern die eventuelle militärische Intervention der Türkei in Egypten diskutirt und beschlossen, daß dieselbe auf der Basis der Souveränetät des Sultans über Egypten, welche von den europäischen Mächten anerkannt sei und in nicht allzuengen bestimmten Grenzen zu erfolgen hätte.
— Der „Agenzia Stefani“ vom 30. wird aus Kon⸗ stantinopel telegraphirt, der türkische Ministerrath habe über eine militärische Intervention in Egypten nicht diskutirt. Die Berathungen des Conseils hätten ausschließlich auf die Entsendung eines Kommissars des Sultans in Gemäßheit des von dem Khedive offiziell gestellten Ansuchens Bezug gehabt.
Rumänien. Bukarest, 27. Mai. (W. T. B.) Die Deputirtenkammer hat die Vorlage, betreffend den An⸗ kauf der Eisenbahnlinie Czernawoda⸗Kustendje, in der vom Senate beschlossenen Fassung angenommen.
Serbien. Belgrad, 29. Mai. (W. T. B.) Die erste Sitzung der Skupschtina wird am 21. nächsten Mo⸗ nats stattfinden. Die Regierungspartei ist durch die letzten Wahlen um 6 Sitze verstärkt worden.
Amerika. Washington, 29. Mai. (W. T. B.) Der Admiral, welcher die europäische Flotte der Vereinigten Staaten befehligt, hat dem Sekretär der Marine telegraphisch die Mittheilung gemacht, daß er zwei Schiffe zur Wahr⸗ nehmung der amerikanischen Interessen nach Alexandrien geschickt habe.
Afrika. Aus Egypten liegen heute solgende Mit⸗ theilungen von „W. T. B.“ vor:
Kairo, 27. Mai. In einer heute stattgehabten Ver⸗ sammlung von Natabilitäten, Ulemas und Offi⸗ zieren wurde die Annahme einer Resolution beantragt, in welcher die Absetzung des Khedive ausgesprochen werden sollte. Die Notabilitäten und Ulemas widersetzten sich jedoch dieser Resolution allseitig. Endlich wurde beschlossen, vem Khedive vorzuschlagen, Arabi Bey auf seinen Posten als Kriegs⸗ Minister zu belassen. Sultan Pascha begab sich sodann in das Palais des Khedive, um diesem den Beschluß mitzutheilen. Der Khedive lehnte den Vorschlag vollkommen ab und be⸗ merkte, daß er von der Pforte eine Depesche erhalten habe, in welcher ihn diese beglückwünsche, weil er in die Entlassung des Ministeriums gewilligt habe.
— Meldungen des „Reuterschen Bureaus“:
Die Generalkonsuln Englands und Frankreichs begaben sich heute Vormittag zu Arabi Bey und erklärten demselben, daß sie ihn persönlich verantwortlich machten für
London, 29. Mai.
8 die öffentliche Sicherheit. — Der Khedive erließ eine Prokla⸗
mation an alle Provinzialbehörden, worin er denselben anbefiehlt, über die öffentliche Sicherheit zu wachen und erklärt, daß die Geschwader in freundschaftlicher Absicht gekommen seien. Er befiehlt zugleich die vollständige Einstellung der Rekrutirung. Die bereits eingerückten Reserven würden nach Hause zurückkehren. — In einer zweiten an die Armee erlassenen Proklamation wird angekündigt, daß der Khedive selber das Oberkommando über die Truppen übernimmt. Die hervorragendsten Paschas, darunter Ragheb, Cherif, Sultan und Omar Pascha sind gegenwärtig im Palais Ismailia versammelt. Dieselben dürften das neue Ministerium unterstützen. Cherif und Omar Pascha werden als Kandidaten für das Conseil⸗Präsidium genannt, mit Saidar als Finanz⸗Minister.
— (Telegramm des „Reuterschen Bureaus“.) Heute Nach⸗ mittag hatte der Khedive sämmtliche militärischen, bür⸗ gerlichen und kirchlichen Notabilitäten zu sich be⸗ rufen und denselben in einer energischen Ansprache erklärt, daß er das Oberkommando über die Armee selbst übernom⸗ men habe und entschlossen sei, in Zukunft eine strenge Dis⸗ ziplin aufrecht zu erhalten. Die Generale und an⸗ dere Offiziere antworteten darauf in einer anmaßen⸗ den Sprache, daß sie das englisch⸗französische Ultimatum nicht annähmen und allein die Intervention der Türkei an⸗ erkennen würden, und verließen den Saal. Später empfing der Khedive ein Telegramm der militärischen Kommandanten von Alexandrien, in welchem dieselben sich weigern, Jemand außer Arabi Bey anzuerkennen und dem Khedive eine Frist von 12 Stunden zur Ueberlegung stellen. Nach Ablauf dieser Frist würden sie die Verantwortlichkeit für die Aufrechterhal⸗ tung der Ordnung ablehnen.
— 28. Mai. Der Khedive erhielt eine Depesche von der Pforte, in welcher das Verhalten der Militärpartei gemißbilligt und der Khedive ersucht wird, derselben Mäßigung anzuempfehlen, da andererseits die Intervention des Aus⸗ landes unvermeidlich werden würde.
— Folgende offizielle Mittheilung ist heute veröffentlicht worden: Alle Ulemas, sämmtliche Mitglieder der No⸗ tabeln⸗Kammer, mehrere arabische Notabilitäten, eine Deputation der Schulen und der Kaufleute begaben sich heute Abend um 5 Uhr in das Palais des Khedive, um denselben zu ersuchen, Arabi Bey als Kriegs⸗Minister wieder einzu⸗ setzen, da die Armee darauf bestände, und sie bedroht hätte, wenn der Khedive auf seiner Weigerung beharre. In Folge der wiederholten Bitten der Vertreter des Vo⸗ks habe der Khedive, da er die Aufrechterhaltung der Ord⸗ nung und Ruhe wünsche, eingewilligt, Arabi Bey wieder ein⸗ zusetzen. Die offizielle Mittheilung fügt noch hinzu, daß die Situation im Uebrigen unverändert sei. Vor seiner Ein⸗ setzung gab Arabi Bey den Vertretern der fremden Mächte be⸗ ruhigende Versicherungen, da ihn dieselben für die Erhaltung der öffentlichen Sicherheit verantwortlich gemacht hatten. Der Präsident des Conseils und die übrigen Minister sind noch nicht ernannt. — Dem Khedive ist eine Depesche des Großveziers zugegangen, welche die sofortige Entsendung einer Kommission für Egypten ankündigt. 1
— 29. Mai. Arabi Bey verlangt, daß der Khedive das jüngste Rundschreiben zurückziehe, durch welches den Provinzialbehörden die Befugniß ertheilt wird, die Aushebung der Rekruten zu verhindern.
— Nach Telegrammen der „Agenzia Stefani“ aus Kairo vom 28. hätte der Khedive am Morgen ein Telegramm der Pforte erhalten, in welchem diese erklärt, daß der Sultan auf offizielles Verlangen des Khedive einen Kommissar nach Egypten entsenden werde. Der englische Vertreter, Malet, welchen der Khedive zu Rathe zog, war der Meinung, daß der Khedive die Entsendung eines türkischen Kommissars ver⸗ langen könne, um größeren Gefahren vorzubeugen, während der französche Vertreter entgegengesetzter Ansicht war. Der Khedive soll darauf nach Konstantinopel telegraphirt und den Sultan offiziell um die Entsendung eines tkürkischen Kommissars er⸗ sucht haben. — Es bestätige sich, daß Arabi Bey den Ver⸗ tretern der Mächte, die bei ihm erschienen waren, die Ver⸗ sicherung ertheilt habe, den Fremden drohe in keinem Falle irgend welche Gefahr.
Alexandrien, 28. Mai. (Meldung des „Reuterschen Bureaus“.) Der hiesige englische Konsul hat heute die hier wohnenden englischen Unterthanen zu einer Versammlung berufen und ihnen erklärt, es liege kein Grund zu der Besürchtung vor, daß Leben und Eigenthum von der hiesigen Garnison bedroht seien; daß aber, wenn der Fall eintreten sollte, die Panzerschiffe ihre Einschiffung beschützen würden.
Zeitungsstimmen.
Der „Schwäb. Merkur“ äußert sich in einem „Die deutsche Baumwollindustrie im Jahre 1870 und das Tabackmonopol“ überschriebenen Artikel mit ezug auf die Klagen über „die Schädigung einer blühenden Industrie“ wie foigt: “ Wir wollen die Bedeutung der Tabackindustrie, welche sie seit einigen Jahrzehnten für unsere volkswirthschaftlichen Verhältnisse er⸗ langt hat, vollständig zugeben, aber doch bescheiden an die Lage er⸗ innern, in welcher sich die deutsche und besonders auch die süd⸗ deutsche Baumwollindustrie im Jahre 1870 —71 befunden hat. Dieser Industrie mit ihren Millionen von Spindeln, Tausenden von Webstühlen und Hunderttausenden von Arbeitern, mit Fabrikanlagen, welche unter Zuziehung der eng damit verbundenen Druckereien, Bleichereien, Färbereien und der dazu gehörigen Hülfsgewerbe von einem Werthe und einer Großartigkeit sind, mit welcher sich die Etablissements für Cigarren⸗ und Tabackfabrikation nicht messen können, wird Niemand die hervorragende Wichtigkeit absprechen wollen, welche sie für das deutsche Gewerbsleben und den deutschen Industriestaat hat. Und dieser Industrie drohte mit der Annexion des Elsasses ein Schlag, der, wenn auch nicht sofort ihre Vernichtung, so doch eine ferner kaum lebens⸗ fähige Existenz in Aussicht stellte. Der Produktion auf diesem Gebiete stand ungefähr eine plötzliche Verdoppelung bevor, während das Absatzgebiet nur um eine Einwohnerzahl von ca. 1 ½ Millionen zunehmen sollte. Den deutschen in Spinnerei, Weberei und Druckerei weit überlegene, reich fondirte und amortisirte, seither französische Fabriken sollten mitten in unsern Markt hereingesetzt werden. Da wurde manchem Industriellen, manchem Fabrikbesitzer wohl auch bange, und sorgenvoll sah er in die Zukunft; aber wurden solche Klagen laut, wie wir sie von unsern deutschen Hafenplätzen hören müssen? Wurden in den Kammern Reden gehalten u Gunsten der bedrohten Geschäftsinhaber und ihrer Arbeiter Wurde etwa ein Theil der Kriegskontribution als Ent⸗ schädigung für sie in Anspruch genommen? Es war für die Errich⸗ tung des Reichs und den künftigen Frieden desselben nothwendig, daß die Annexion erfolge und der patriotische Sinn der hierdurch schwer benachtheiligten Bürger wehrte sich nicht dagegen. un das Taback⸗
1.
monopol für die Befestigung und Erhaltung des Reichs heute noth⸗ wendig ist, so sollten ebensowenig wie damals die Privatinteressen die Staatsinteressen überwiegen. Nach Vollziehung der Einver⸗ leibung von Elsaß⸗Lothringen hat die Baumwollindustrie zwar schwere Kämpfe durchzumachen gehabt und kämpft noch, aber sie bahnt sich wieder ihre Wege und wie die Baumwollennoth während des ameri⸗ kanischen Sezessionskrieges ihr heilsam und förderlich war, so wird auch diese Krisis in ihren Folgen nicht ohne bleibenden Nutzen für sie sein, wenn mit Umsicht, Ausdauer und Muth tüchtig fortgearbeitet und fortgeschritten wird. Ebenso dürfte es sich mit den Importhändlern der deutschen Seehäfen gestalten. Sie müssen ja doch nicht absolut Taback einführen! Warum nehmen sie nicht mit ihrem großen Ver⸗ mögen und der gleichen Zähigkeit den Baumwollhandel in die Hand und machen uns vom ausländischen Markt unabhängig? Warum müssen wir die für uns nöthige australische Wolle, Farbstoffe und eine große Anzahl von Rohstoffen in England kaufen? Hier ist ja ein weites Feld für den Unternehmungsgeist, die Geschäftstüchtigkeit und die großen intellektuellen und finanziellen Mittel unserer seehandel⸗ treibenden Kaufleute. Mögen sie sich, wenn es mit Taback unmöglich wird, andern Industriezweigen zuwenden, und es werden nicht nur die gefürchteten Verluste bald verschmerzt sein, sondern dieser Ueber⸗ gang kann für manche andere Branchen ein wahrer Segen werden, und Millionen von Gewinn, die Deutschland heute dem Auslande zahlt, können uns erhalten bleiben und selbst verdient werden.
— In der „Schlesischen Zeitung“ lesen wir:
Daß im Eisenbahnbetriebe die Depression, welche infolge der wirthschaftlichen Kalamitäten in der Mitte der siebenziger Jahre auch auf diesem Gebiete eingetreten war, schon seit längerer Zeit über⸗ wunden und sich seitdem im Allgemeinen in aufsteigender Richtung entwickelt hat, ist bereits mehrfach hervorgehoben worden. Die im Reichs⸗Eisenbahnamt aufgestellte amtliche Uebersicht der Betriebs⸗ ergebnisse deutscher Eisenbahnen während des Monats April d. 8. zeigt nun aufs Neue, daß jene Besserung wirklich von Bestand ist. Von den 61 Bahnen oder Bahnkomplexen, welche schon im April v. J. im Betriebe waren und deshalb zum Vergleich ge⸗ zogen werden konnten, haben im April d. J. 35 höhere und 26 ge⸗ ringere Einnahmen erzielt als in demselben Monat des Jahres 1881. Zieht man die Einnahme in der Zeit vom 1. Januar bis Ende April d. J. in Betracht, so waren dieselben sogar bei 45 Bahnen höher und nur bei 16 Bahnen niedriger als in de tsprechende Zeitraum des Vorjahres.
— Die „Wiesbadener Ztg.“ schreibt:
Der Aufschwung in allen Industriezweigen wird auch in d Regierungsbezirk Düsseldorf konstatirt. Die Steinkohlenzechen haben ihre Förderung seit vorigem Herbst mächtig vermehrt. Der allgemeine Aufschwung der Industrie und besonders der lebhafte Betrieb der Eisenwerke erzeugten eine größere Nachfrage nach Kohlen und Koks. Erst seit Januar trat eine Verminderung der Förderung in Folge des milden Winters ein. Die Produktion der Groß⸗Eisen⸗ industrie stieg seit dem Spätsommer von Monat zu Monat, ohne dem Bedarf völlig genügen zu können. Die Hochöfen von Rheinland, Westfalen und Nassau ausschließlich des Saargebietes produzirten im ersten Quartal 1881: 271 269 t, im ersten Quartal 1882: 318 092 t Roheisen, also 17,26 % mehr. Trotzdem hat England im 1. Quartal 1882 nach Deutschland 31 501 t Roheisen mehr importirt als im 1. Quartal 1881. Die Nachfrage von Roheisen war so stark, daß bei Beginn des Jahres 1882 die Produktion der Hochöfen für das erste Halbjahr bereits zu lohnenden Preisen verkauft war und daß einige kalt liegende Oefen wieder in Betrieb genommen wurden. Die starke Beschäftigung sämmtlicher Maschinenfabriken aber ist der beste Beweis für die Wiederbelebung der Industrie in allen Zweigen. Die Lohnverhältnisse der Arbeiter haben eine entschiedene Besserung seit Herbst vorigen Jahres er⸗ fahren, indem der Gesammtverdienst durch die regelmäßige intensive Beschäftigung gestiegen ist und auch die Schichtlöhne etwas erhöht wurden. Die Zahl der Arbeiter der Groß⸗Eisenindustrie hat erheblich zugenommen; beispielsweise in der Stadt Düsseldorf um 300. — Auch die Geschäftslage der Baumwollenspinnereien hat sich besser gestaltet. Zwei neue Weberspinnereien sind im Bau be⸗ griffen. Ebenso unverkennbar ist die Besserung in der Weißweberei und Buntweberei, sowie der Aufschwung der gesammten rheinischen Seidenindustrie. Die Entwickelung der letzteren ist ein neuer Beweis dafür, daß sie durch den Zolltarif in keiner Weise geschädigt ist.
— Die „Tübinger Chr.“ berichtet: .
Tübingen, 25. Mai. Eine von den vereinigten Ausschüssen der deutschen Partei in Tübingen und Reutlingen veranstaltete Adresse an den Reichskanzler zu Gunsten der Einführung des Taback⸗ monopols hat allein in den Bezirken Tübingen und Rottenburg bis jetzt schon über 1900 Unterschriften gefunden.
Amtsblatt des Reichs⸗Postamts. Nr. 34. — Inhalt: Verfügungen: vom 20. Mai 1882. Vorausbezahlung der Kosten für die Bestellung von Antwortstelegrammen außerhalb des Ortsbestell⸗ bezirks im Verkehr mit Bayern und Württemberg. Vom 19. Mai 18 Eröffnung der Eisenbahnstrecke Osterwieck (Harz) — Wasser⸗ leben.
Justiz⸗Ministerial⸗Blatt Nr. 21. — Inhalt: Allgemeine Verfügung vom 17. Mai 1882, betreffend die Thätigkeit der den Staatsanwaltschaften zur unentgeltlichen Beschäftigung überwiesenen Gerichtsassessoren.
Centralblatt der Bauverwaltung. Nr. 21. — Inhalt: Amtliches: Personal⸗Nachrichten. — Nichtamtliches: Die Gotthard⸗ bahn. — Straßenbahnen mit Güterverkehr in Mülhausen. — Bau und Einrichtung der chemischen Laboratorien. (Fortsetzung.) — Prak⸗ tische Regeln für die Herstellung von Blitzableitern. — Isolirung der Grundmauern gegen Erdfeuchtigkeit. — Vermischtes: Verleihung des Titels „Regierungs⸗Bauführer“. — Ausstellung für Hogiene und Rettungswesen. — Börsenbau in Leipzig. — Statistik der Königlichen technischen Hochschule in Berlin für das Sommersemester 1882. — Das Stipendium der von Roheschen Stiftung. — Stipendium der Boissonnet⸗Stiftung. — Generalversammlung des Verbandez deut⸗ scher Architekten⸗ und Ingenieur⸗Vereine in Hannover. — Büch
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Dresden, 30. Mai. (W. T. B.) Professor Hermann Hettner, Literatur⸗ und Kunsthistoriker, ist gestern gestorben.
— Musikalisches Konversations⸗Lerikon. Eine En⸗ eyklopädie der gesammten musikalischen Wissenschaften für Gebil⸗ dete aller Stände, begründet von Hermann Mendel, fortgesetzt von Dr. August Reismann. Zweiter Band. Lieferung 14—26. Preis 6,50 ℳ Berlin. Verlag von Robert Oppenheim. Zweite (Stereotvp⸗) Ausgabe. — Aus diesem zweiten Bande des umfang⸗ reichen Werks heben wir als ihrer Wichtigkeit nach besonders gründ⸗ lich bearbeitete Artikel die folgenden hervor: Blasinstrumente (mit Helschatte. Böhmen (Geschichte der Musik in diesem Lande, verf. von E. Melis), Bogen, Bogeninstrumente, Boieldieu, Bühnengesang, Bülow, Cadenz (mit einer großen Zahl von Notenbeispielen, von Otto Tiersch), Cantate, Cantus, Charakteristik der Tonarten, Charwoche, Cherubini, chinesische Musik (ein in vieler Beziehung, auch kulturhistorisch interessanter Abschnitt mit Abbildung der Ton⸗ zeichen, Beschreibung der Instrumente, Geschichte und Charakteristik der chinesischen Tonkunst, von C. Billert), Chladnt, Chopin, Chor, Chboral (von R. Schlecht), Cimarosa, Glarinette, Elavier, Clementi, Coloratur (von G. Engel), Concert, Conservatorium (mit vielen ge⸗ schichtlichen Daten), Consonanz (ein umfangreicher Artikel mit vielen Notenbeispielen, von Otto Tiersch verfaßt) und Contrapunkt. Selbstverständlich giebt diese Uebersicht der hervorragendsten, oft
hrere Bogen umfassenden Artikel nur eine Skizze des außerordentlich