Fkeeeisernen an den
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Hatte, nahm nach der Entgleisung auf der Unfallstelle vom Vorder⸗ theil des erstens Wagens (Schafwagen an gemessen nur noch eine Länge von 167 m ein. Der Wiesengrund links und nahe der Bahn stand unter Wasser, welches vermuthlich durch die Trümmer des Zuges an seinem Abfluß nach und durch den Bahndurchlaß gehindert und aufgestaut worden war; noch in den nächstfolgenden Tagen, welche vielfach Niederschläge brachten, war der dem Bahn⸗ zunächst liegende Theil der ohnehin feuchten Wiese mit Wasser ede
Das Bahngeleis zeigte bereits 226 m vor der Unfallstelle die erste Spur einer äußeren Einwirkung auf das Geleis und 56 m weiter, in der Richtung nach der Unfallstelle hin, den Anfang einer Schienenverbiegung „ 27 m von da den Anfang der bedeutenderen Geleiskrümmungen, weitere 24 m in der vor⸗ angedeuteten Richtung war die linke Schiene des Geleises nach links gedrückt und 14 m hiervon entfernt die linke Schiene
ekantet; 12 m weiter (nahe hinter Station 5,4) zeigte sich die erste
dadspur und weitere 10 m mehrere Radspuren auf den Schwellen, dicht dahinter lagen beide Schienen gekantet; von hier ab war das Geleis nur noch stellenweise vorhanden. In einer weiteren Ent⸗ fernung von 20 m begann die Stelle, wo die Schwellen zertrümmert und zermalmt und die Schienen in der Richtung nach links und in der des fahrenden Zuges gebogen und verschoben waren, bezw. fehlten. Es fanden sich Schienen, welche bis zu 0,650 m Pfeil gebogen waren, und zwei ziemlich gleich lange Stücke einer gebrochenen Schiene lagen unter dem Tender, zum Theil in den Boden eingeschoben, von denen das eine Stück eine fast halbkreis⸗ förmige Biegung hatte. Der Bohlenbelag des Durchlasses war zer⸗ trümmert und waren Spuren der Räder auf den verbogenen Diago⸗ nalverbindungen der eisernen Träger und auf letzteren selbst wahrzunehmen. Hinter dem Durchlaß waren beide zugehörige Schie⸗ nen nach außen gebogen. Die Telegraphenleitungen waren dadurch, 8 eine Telegraphenstange durch die umgestürzten Wagen umgedrückt und gebrochen worden war, vollständig zerrissen und in die Wagen⸗ trümmer verwickelt. Die vorgedachte Telegraphenstange wurde mit ihrem unteren Theil unter den Wagentrümmern in einer, der Richtung des fahrenden Zuges entsprechenden, jedoch von der Bahn abgekehrten Lage gefunden, während der obere ca. 2 ½ m lange Theil zwischen den oberen Wagentheilen lag.
Wie die ersten Schienenverbiegungen und Geleiskrümmungen aus⸗ gesehen hatten, konnte wegen der bereits vorgenommenen Aufräumungs⸗ arbeiten und Wiederherstellung der normalen Geleislage von dem Unterzeichneten nicht mehr vollständig konstatirt werden.
Die Entgleisung hatte im Gefolge, daß eine große Zahl Passa⸗ giere theils getödtet, theils schwer, theils leicht verletzt wurden. Der Tod von 52 Passagieren wurde am 4. d. Mts, festgestellt, hierauf starben bis zum 6. d. Mts. Abends noch 7 Passagiere und bis zum 8. d. Mts. Vormittags noch 4 Passagiere im akademischen Spital in Freiburg, wohin die Verwundeten gebracht worden waren und die aufmerksamste Pflege und Behandlung genießen. Zur Zeit befinden sich im vorgedachten Spital noch 72 schwerer verletzte Passagiere in ärztlicher Behandlung. Außer diesen Passagieren dürfte eine vielleicht nicht unbedeutende Zahl Leichtverwundeter noch in derselben Nacht, theils von Freiburg über Mülheim, theils mit dem sofort requirirten Hülfszug von Hugstetten nach Colmar und Münster direkt nach Hause gefahren sein. Vom Zugpersonal hat der Zugmeister (Zugführer) beim Herausschleudern aus dem Gepäckwagen (Schutz⸗ wagen) eine Kontusion im Gesicht und außerdem eine Gehirnerschüt⸗ terung erlitten, während der Lokomotivführer, Heizer, die Schaffner und der Wagenwärter unbeschädigt geblieben sind.
Die vom Wärterposten mittelst des Läutewerks requirirte Hülfs⸗ maschine fuhr unter Leitung des Bahnamts⸗Vorstandes zu Freiburg die ersten verwundeten und unverletzten Passagiere des verunglückten Zuce in den Wagen des 8 Uhr 43 Minuten Nachmittags von
reiburg abgegangenen fahrplanmäßigen Zuges Nr. 288 — welcher bei vorgenanntem Wärterposten zum Halten gebracht worden war — nach dem Bahnhofe Freiburg zurück. Die Aerzte, die Professaten der medizinischen Fakultät sowie die Feuerwehr in Frei⸗ urg leisteten auf der Unglücksstätte unter der aufopferndsten Thätig⸗ keit energische Hülfe, so daß um 2 Uhr Nachts ein lebender Verletzter sich nicht mehr auf der Unfallstätte befand. Die Getödteten wurden naach Freiburg gebracht, die letzten sind noch im Laufe des 4. d. Mts. aus den Trümmern des Zuges herausgeholt.
Beschreibung der Bahnstrecke.
Die im Ober⸗ und Unterbau eingeleisige Bahnstrecke zwischen den
8 Bahnhöfen Freiburg und Hugstetten schließt an die Gerade des Bahn⸗
hofs Freiburg mit einer Curve von 420 m Radius an und liegt
x8558 bis zum Bahnhofe Hugstetten ununterbrochen in einer geraden
Linie. Die auf Grund eines Revisionsnivellements erhaltenen Nei⸗ gungsverhältnisse sind folgende:
An die Horizontale des Bahnhofes, welche in dieser Richtung von
der Mitte des Bahnhofes auf 420 m Länge endet, schließt sich
auf 471 m Länge eine Neigung von 1: 79,
sodann „ 2094 „ „ 8 86
8 „ 2
1 1: 1 ¼ 1:
und schließlich bis zur Mitte des Bahnhofes Hugstetten eine Horizontale an. Die Gesammtlänge von Station zu Station beträgt 7,416 km.
Das Bahnplanum in Höhe der Schienenkante hat eine Breite von 3,6 m und liegt zwischen den beiden genannten Stationen wechselnd zwischen ½ und 1 ½ m und an der Unfallstelle etwa †¾ m über der Erdoberfläche.
Der Bahnkörper besteht aus kieshaltigem Boden und sind die in 1:1,5 geneigten Auftragsböschungen gut begrünt. Soweit die Bahnstrecke durch den Wald — Mooswald — führt, an dessen Aus⸗
ang die Entgleisung stattfand, 8 dieselbe zu beiden Seiten — am Ffahanht der Böschungen — mit einer ppr. ¾ m hohen gewachsenen Hecke
ngefriedigt. In 5,489 km befindet sich ein 1,15 m breiter Wasserdurchlaß, welcher bestimmt ist, das Wasser von der linken auf die rechte Seite des Bahnkörpers abzuleiten. Derselbe hat aus großen Mauersteinen hergestellte Widerlager, auf welchen eine einfache Eisenkonstruktion aus J trägern den Ueberbau bildet. Auf letzterer sind die Schienen direkt befestigt und zwischen und neben diesen liegt ein Bohlenbelag zur Abdeckung der Oeffnung.
Der Oberbau besteht fast durchweg aus 102 mm hohen, 26,67 kg per lfd. Meter schweren eisernen Schienen, welche auf je 7,5 m Länge von 9 Schwellen aus kiefernem und eichenem Holz unterstützt sind. Die Schienen sind mit schwebendem Stoß verlegt und die Schwellen lagern in reinem groben Kies. 1
Dieser Oberbau wird allmählich durch einen stärkeren — und war eisernen — Oberbau ersetzt, welcher aus 7,5 m langen, 129 mm ohen Stahlschienen von ppr. 36 kg Gewicht per Ifd. Meter und Kopfenden geschlossenen Querschwellen besteht. Von demselben sind zwischen den Wärterstationen 2 und 4 ca. 1250 Ifd. Meter Geleis verlegt.
Vom Bahnhofe Freiburg ab sind bei Niveau⸗Uebergängen von Wegen in Entfernungen von etwas mehr als 1 km, Bahnwärter zur Beaufsichtigung der Bahnstrecke und Bedienung der Uebergänge
postirt; der erste derselben stebt am Bahnhofe Freiburg und bedient 1 zugleich das Einfahrtssignal, etwa 1 ½ km weiter — Bahnwärter Nr. 2, sodan am Anfang des Mooswaldes — Bahnwärter Nr. 3, im Mgooswald — Bahnwäarter Nr. 4 und etwas über 1 ½ km von Fäelen entfernt ppr. ½4 km hinter der Unfallstelle — Bahnwärter
Muthmaßliche Ursache der Entgle isung.
5 Nach den von dem Unterzeichneten am 5. d. Mts., Nachmittags,
an Ort und Stelle angestellten Untersuchungen ergab sich, daß der Bahnkörper der qu. Bahnstrecke verchenag die vorgeschriebene Breite
hatte und in gutem Zustande sich befand, der Oberbau, insbesondere
vor und hinter der Unfallstelle, eine normale Lage hatte, die richtige
Spurweite überall vorhanden war, die Schwellen, Schienen und deren
und Befestigungen ei
sprachen, nirgends eine Lockerung der Verbindungen sich zeigte und das Bettungsmaterial von guter Beschaffenheit und reichlich zwischen den Schwellen vorhanden war. .
Es erscheint hieraus die Folgerung berechtigt, daß der Zustand der Bahn und speziell des Oberbaues den Unfall nicht herbeigeführt haben kann, zumal das Geleis aus Schienen von 102 mm Höhe und 26,27 kg Gewicht per lfd. Meter bestehend, mit seinen Unterlagern — 9 Schwellen auf 7,5 m Geleis — und seinen Verbindungen und Befestigungen als ausreichend stark für Züge angesehen werden kann, welche mit einer Geschwindigkeit gefahren werden, wie die seither auf dieser Bahnstrecke verkehrenden Züge. 8
„Der Zug bestand, wie schon erwähnt, aus einer dreiachsigen Güterzugmaschine, deren Triebräder (Mittelräder) vor⸗ und rückwärts gekuppelt sind und deren sämmtliche Achsen vor der Feuerbüchse liegen, — mit einem Cpylinder von 455 mm Durchmesser bei 685 mm Kolbenhub —, sodann einem unbeladenen Gepäckwagen (Schutzwagen) mit Bremse, 26 Personen⸗ wagen III. Klasse, darunter 5 mit Bremsen, und einem leeren Güter⸗ wagen (Schlußwagen) mit Bremse.
Bei der späteren genaueren Untersuchung der Maschine ergab sich, daß an derselben — wie angenommen werden darf, in Folge der Ent⸗ gleisung — nur die Schienenräumer und die Schlammhahnrelle ver⸗ bogen waren und an dem rechtseitigen Schienenräumer das untere Ende abgebrochen war und an dem Tender der linke Fußtritt, die Ver⸗ bindungsstange der vorderen Bremsklötze am Hinterrad und der Zug⸗ haken, dieser nach links, verbogen, die vordere Trottoirkante etwas aufgestülpt, die linke Bufferscheibe abgebrochen und die Kuppelung weggerissen worden war. Alle übrigen Theile sind unbeschädigt geblieben, insbesondere sind die Radreifen ohne jede Beschädi ung und nicht scharf gelaufen, auch ist die Kuppelung wwischen Maschine und Tender bis auf eine durch die schräge Stellung des Tenders nach der Egntgleisung bedingte Verbiegung der Kuppelbarren intakt und die Hinterwand des Tenders vollständig unverletzt gefunden. Nach der Hebelstellung zu schließen, hatte der Lokomotivführer im Augenblicke der Entgleisung Contre⸗ dampf zur Erhöhung der Bremswirkung nicht gegeben.
Aus dem Umstande, daß die unbeschädigt gebliebenen Fahrzeuge, sogar die Lokomotive sammt Tender, nach der Entgleisung in einem guten und betriebsfähigen Zustande sich befunden haben und daß einzelne Theile der Fahrzeuge vor dem Beginn der
darf angenommen werden, daß sämmtliche Betriebsmittel des Zuges bei ihrer Abfahrt von der Station Freiburg durchweg betriebs⸗ sicher waren und kein wesentlicher Theil eines Fahrzeuges bis zur Unfallstelle schadhaft geworden.
Nach vorstehenden Auseinandersetzungen dürfte der Unfall weder in dem Zustande des Bahnkörpers oder des Oberbaues, noch in dem⸗ jenigen der Betriebsmittel seine Entstehung gefunden haben und muß dieselbe, sofern nicht andere schwer erklärbare, vielleicht sogar unauf⸗ geklärt bleibende Einwirkungen stattgefunden haben — wie dies bei Eisenbahnunfällen nicht selten obgewaltet hat — in der Handhabung des Betriebes bezw. des Fahrtdienstes gesucht werden.
Bezüglich der vorbeschriebenen Maschine ist zu erwähnen, daß, wenn dieselbe auch vorwiegend zur Beförderung von Güter⸗ insbe⸗ sondere Eilgüterzügen bestimmt ist, deren Verwendung zum Trans⸗ port von schweren Personenzügen, welche mit geringer Geschwindig⸗ keit gefahren werden sollen, also in diesem Falle den Güterzügen gleich zu achten sind, nicht ausgeschlossen bleibt. Mit der vorge⸗ schriebenen Geschwindigkeit von 40 km in der Stunde durfte die be⸗ treffende Maschine für den in Rede stehenden Extrazug verwendet werden, ohne daß die Sicherheit des Zuges als gefährdet angesehen werden konnte.
Bevor die gerichtliche Untersuchung über den Unfall nicht voll⸗ ständig abgeschlossen ist, können über die Ursache der Entgleisung auf Grund der örtlichen Erhebungen und Untersuchungen nur Ver⸗ muthungen ausgesprochen werden. Der Zustand der Unfall⸗ stätte, insbesondere der Umstand, daß die Lokomotive und der Tender bei angezogener Bremse einen Weg von ca. 40 m außerhalb des Schienengleises im sumnenen Wiesengrunde, und in diesem bis über die Achsen sich einwi zurücklegen und die ersten 10 bis 12 Wa⸗ gen hinter der Mas vwon dieser sich abreißend, ohne jede Füh⸗ rung durch ein Sche engeleis, ca. 60 m über die Stelle, an welcher vermuthlich die Maschine den Bahnkörper ver⸗ lassen hatte, hinauslaufen konnten, ehe sie durch Hin⸗ dernisse zum Stillstand, bezw. Umsturz gebracht wurden, sodann die außerordentlich starke und ausgedehnte Zertrümmerung der Wagen gestattet, in Uebereinstimmung mit der bereits im vorläufigen Bericht des Unterzeichneten ausgesprochenen Ansicht, die Annahme, daß der Zug im Augenblicke der Entgleisung sich mit einer sehr großen Geschwindigkeit bewegt hat, und daß entweder der Lokomotivführer dieselbe zu regeln oder zu vermindern unter⸗ lassen oder daß Seitens des Bremserpersonals den etwa von ihm gegebenen Signalen gar nicht oder nicht rechtzeitig Folge gegeben ist. Die wirkliche Größe der vor und während der Entgleisung des Zuges stattgehabten Geschwindigkeit wird um des⸗ willen schwer festzustellen sein, weil die bezüglichen Wahrnehmungen der Passagiere des Zuges immerhin nur Lerbserhh⸗ sind und ein Ap⸗ parat — Geschwindigkeitsmesser —, durch welchen die auf jedem Theile der Bahnstrecke vom Zuge angenommene Geschwin⸗ digkeit bleibend registrirt wird, in demselben nicht vor⸗ handen war. Dagegen dürfte die gerichtliche ergeben, ob der Lokomotivführer durch rechtzeitig gegebene Signale, das Bremserpersonal avertirt und dieses darauf hin und den sonstigen speziellen Vorschriften entsprechend pflichtschuldigst gehandelt hat. Ueber die Vollziehung der Entgleisung lassen sich auf Grund der vorbeschriebenen Wahrnehmungen Annahmen dahin machen, daß ent⸗ weder der der Maschine folgende Zugtheil bei großer Geschwindigkeit durch sein bedeutendes Gewicht — dasselbe betrug ppr. 325 000 kg Fe⸗ Ctr.) — die Lokomotive aus dem Geleis gedrückt hat, ofern letztere, sei es in Folge plötzlichen Bremsens der Lokomotive bezw. des Tenders, sei es aus anderen nicht bekannten Gründen, augenblicklich eine langsamere Bewegung annahm, oder aber daß die Maschine des Zuges in der geneigten Strecke bei zu großer Geschwin⸗ digkeit eine für die normale Geleislage verderbliche schlingernde Be⸗ wegung annahm, wodurch allmählich das Geleis in seiner Lage verschoben und in seinen Verbindungen gelockert wurde, bis schließlich die mit dem Wachsen der Geschwindig⸗ keit des Zuges zusammenhängende Verstärkung der Schläge und Stoge der Räder, nicht blos derjenigen der Maschine, sondern auch der sämmtlichen nachfolgenden Wagen des Zuges, 88 die Innenseiten der Schienen das Schienengestänge in seinen einzelnen Theilen aus⸗ einander drückte. Die Lokomotive, welche alsdann bei einer neuen Seitenbewegung eine Führung durch das Geleise nicht mehr fand, be⸗ wegte sich fuührungslos außerhalb desselben fort, bis der Widerstand, welcher durch die Beschaffenheit des Untergrundes — des — Wiesengrundes — hervorgerufen wurde, ein weiteres Fortbewegen unmöglich machte. Die Stellung der Maschine und des Tenders im Wiesengrund neben der Bahn, ohne daß an Beiden außer kleinen unwesentlichen Verbiegungen einzelner unwesentlicher Theile eine Be⸗ er. ung konstatirt werden konnte, sowie die vor der Entglei⸗ ungsstätte festgestellten Verbiegungen des Geleises und Krüm⸗ mungen der Schienen geben dieser Annahme gegenüber der Rat ausgesprochenen eine groͤßere Berechtigung. Auch ist nicht aus⸗ eschlossen, daß die in beiden nnahmen vorgeführten Ursachen zu⸗ ammenwirkend die Entgleisung herbeigeführt haben können.
Daß die vorerwähnten Verbiegungen und Krümmungen der Schienen bezw. des Geleises vor Eintreffen des Zuges auf der Unfallstrecke vorhanden gewesen sind, dürfte um deswillen ausgeschlossen sein, weil kurz vor Abgang des Ertrazuges der fahrplanmäßige Zug Nr. 287 diese Strecke passirt hatte, ohne zu entgleisen. Wären derartige Deformationen im Geleise vorhanden gewesen, so hätte, wenn auch eine vr. des le —2 Zuges nicht eintrat, doch das Zugpersonal so bedeutende Abweichun i der Geleislage
spüren müssen. Außerdem will der Wärter auf Wärterstation Nr. 5 alsbald nach Passiren jenes Zuges seine Strecke — welche auch die
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Unfallstelle auf oder neben der Bahn nicht gefunden worden sind,
Untersuchung
Unfallstelle einbegreift — begangen und dieselbe in gutem Zustande gefunden haben.
Ob nicht doch andere bis dahin unbekannte Ursachen den Unfall herbeigeführt haben können, ob vorstehende Annahmen zutreffend sind, ob die verantwortlichen Beamten überall mit Umsicht und ihren In⸗ struktionen entsprechend gehandelt haben, ob der Lokomotivführer den ertheilten Anordnungen und Vorschristen gemäß insbesondere nicht zu rasch gefahren, auch die Signale an das Bremserpersonal rechtzeitig gegeben hat und letzteres durchweg seine Pflicht gethan und instruktions⸗ gemäß gehandelt bat, wird allein durch die eingeleitete gerichtliche Untersuchung sich feststellen lassen. .
8 Streckert.
Im Anschluß an diesen Bericht wird Seitens des Reichs⸗ Eisenbahn⸗Amts in Rücksicht auf die in den öffentlichen Aeuße⸗ rungen über den Unfall wiederholt in den Vordergrund ge⸗ stellten Angriffe gegen die Verwendung der in Dienst gestellten Lokomotive darauf aufmerksam gemacht, daß der §. 26 des Bahnpolizei⸗Reglements für die Eisenbahnen Deutschlands und der §. 27 der reichsseitig erlassenen Normen für die Konstruk⸗ tion und Ausrüstung der Eisenbahnen Deutschlands folgende Bestimmungen enthalten.
Es lautet der §. 26 B. P. R. im Abs. 4: „Personenzüge, welche durch Lokomotiven befördert werden, deren sämmtliche Achsen vor der Feuerbuchse liegen, dürfen im Allgemeinen nicht schneller als 45 km in der Stunde oder 750 m in der Minute fahren, jedoch sind mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde größere Ge⸗ schwindigkeiten zulässig.“ “
und der §. 27 der Normen im Absatz 2: 8 „Der Durchmesser der Triebräder der Lokomotiven ist anzunehmen: für Züge, welche bis zu 25 km Geschindig⸗
keit in der Stunde fahren, mindestens zu 0,900m, desgl. bis zu 30 km . . . .. :1,100 m, ö““ 1,200 m,
und bei mehr als 45 km .1,500 m.“
—— In neuerer Zeit sind mehrfach durch plötzliche Wasseransammlungen an einzelnen Stellen der Eisenbahnen Züge gefährdet, theilweise auch Unfälle herbeigeführt worden. Der Minister der öffentlichen Arbeiten hat es, nach einem Cirkularerlaß vom 14. d. M., wenn auch derartige Einflüsse elementarer Gewalten durch Vorsichts⸗ maßregeln nicht völlig unwirksam gemacht werden könnten, doch für geboten erachtet, sorgfältig zu prüfen, ob die dem Bahnpersonal ertheilten Weisungen bezüglich seines Ver⸗ haltens in Fällen der bezeichneten Art einerseits ausreichend und bestimmt genug sind, andererseits mit der nöthigen Präzision befolgt werden. Hierbei werde es zunächst darauf ankommen, dem Bewachungspersonal diejenigen Stellen der Bahn speziell zu bezeichnen, an denen die Fahrbarkeit der Geleise durch starke Wasseransammlungen gefährdet werden könnte, namentlich also Dammstrecken auf sumpfigem Untergrund, Einschnitte, deren Böschungen in Folge des Vorhandenseins wasserreicher, nach der Bahn zufallender Schichten zu Rutschungen geneigt sind, sowie Stellen, an denen bei starken Regengüssen das zu⸗ sammenströmende Wasser sich vorzugsweise konzentrirt und durch Aufstauung das Planum zu beschädigen droht, ꝛc. Welin solchen Stellen schon für gewöhnlich eine erhöhte Auf⸗ merksamkeit zuzuwenden und eventuell für verstärkte Bahn⸗ bewachung zu sorgen sei, so erscheine dies bei sehr anhalten⸗
dem oder bei ungewöhnlich starkem Regen doppelt nöthig. Da
gerade bei solchen Witterungsverhältnissen die Bahnwärter vielleicht in ihren Buden gern Unterkunft suchten und die vorschriftsmäßige Bahnrevision hinausschöben, auch die Bahnmeister es vielleicht nicht immer für nöthig halten würden, sich sofort nach Eintritt heftiger Ge⸗ witter oder ungewöhnlicher Regengüsse von dem Ein⸗ fluß derselben auf den Zustand des Bahnkörpers persönlich zu überzeugen, so empfehle es sich, dem gesammten mit der Bewachung und Unterhaltung der Bahn betrauten Personal unter Hinweis auf die erfahrungsmäßigen Vorkommnisse wiederholt die gewissenhafteste Revision der ihnen zugetheil⸗ ten Bahnstrecken, gerade für solche Ausnahmefälle zur Pflicht zu machen und denjenigen Beamten, welche durch Umsicht und treue Erfüllung ihrer Obliegenheiten den Gesährdungen von Eisenbahntransporten vorgebeugt haben, angemessene Be⸗ lohnungen zu gewähren. Die Vorsteher derjenigen Stationen, zwischen denen sich Bahnstrecken der vorbeschriebenen Art be⸗ sinden, seien anzuweisen, daß sie sich bei den erwähnten Vor⸗
kommnissen in geeigneter Weise, nöthigenfalls durch recht⸗
zeitige Entsendung von Boten, über den fahrbaren Zustand der Bahnen informirten, und erscheine es zu diesem Behuf besonders angezeigt, diejenigen Wärterposten, in deren Strecken Betriebsstörungen durch Wolkenbrüche, plötzliche An⸗ schwellung von Flußläufen ꝛc. vorzugsweise leicht herbeigeführt werden könnten, mit elektrischen Hülfsapparaten zu versehen, g8 eine schnelle Verständigung mit den Nachbarstationen gestatten.
Den Lokomotivführern sei für alle Fälle die Anwendung ganz besonderer Vorsicht beim Passiren überschwemmter oder vom Wasser bedrohter Bahnstrecken vorzuschreiben.
— Der Justiz⸗Minister bringt durch eine allgemeine Ver⸗ fügung vom 16. d. M. einen Erlaß des Ministers des Innern vom 20. Dezember 1877, nach welchem der Standes⸗ beamte nicht befugt ist, von dem Anzeigepflichtigen die Be⸗ Kefang eines Nachweises über die erfolgte Eheschließung der Eltern des neugeborenen Kindes zu verlangen, da die Geburtsurkunde nicht die Bestimmung habe, als Beweis
der erfolgten Eheschließung zu dienen, zur Kenntniß der Justiz⸗ behörden.
— In dem Garten des Rentners Friedrich König zu Bonn ist an einem Weinstocke die Reblaus entdeckt worden. e eede Schutzmaßregeln sind unverzüglich an⸗ geordnet.
— Der General der Infanterie von Fransecky, Gou⸗ verneur von Berlin, ist von Urlaub hierher zurückgekehrt und hat die Geschäfte des Gouvernements wieder übernommen.
— Der General⸗Lieutenant Bronsart von Schellen“ dorff, Commandeur der 2. Garde⸗Infanterie⸗Division, .2
einen mehrwöchentlichen Urlaub nach der Provinz Preußen angetreten.
— Der General⸗Lieutenant des Barres, Praͤses der Ober⸗Militär⸗Examinations⸗Kommission, hat sich in dienst⸗ lichen Angelegenheiten nach Dresden begeben.
— Als Aerzte haben sich niedergelassen die Herren
mmel in Haßlinghausen, Dr. Morsbach in Dortmund, r.
(W. T. B.)
dem General⸗Gouverneur Fürsten Dolgorucki wohnten außer
Zosefowna mit
rinkhoff in Gelsenkirchen und Müller in Stiehldorkfkf.
Kiiel, 23. September. (Kl. Ztg.) Die Glattdecks⸗Korvette uise“ wird am 25. d. Mts. außer Dienst gestellt. — Die im Kpril cr. eingestellten Kadetten sind zum Besuch des Anfangs Oktoder beginnenden Kursus der Marineschule kommandirt. — Die russische Yacht „Derjava“, auf welcher sich Se. König⸗ liche Hoheit der Großherzog von Mecklenburg⸗ Schwerin befindet, traf heute Vormittꝛg 10 ½ Uhr hier ein.
Bayern. München, 23. September. (Allg. Ztg.) eute Nachmittag hat in Nymphenburg die Verlobung hrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Isabella,
ältesten Tochter des verstorbenen Prinzen Adalbert von Bayern und der Prinzessin Amalia, Infantin von Spanien, mit dem Herzog Thomas von Genua stattgefunden.
Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. Coburg, 23. September. (W. T. B.) Großfürst Wladimir von Rußland ist heute mit seiner Familie nach Ludwigslust abgeresst.
Oesterreich⸗Ungarn. Agram, 23. September. Auf der Drau⸗Brücke bei Esseg ist ein gemischter Zug verunglückt. Die Maschine und ein Lastwagen stürzten in den Fluß und rissen den nächsten Personenwagen mit hinab, in welchem sich Husaren⸗Urlauber befanden. Es werden gegen 15 Militär⸗ personen vermißt, an 30 sind verwundet. Von den übrigen Passagieren ist, soweit bekannt, keiner ernstlich verletzt, da die interen Wagen, in welchen sich dieselben befanden, auf der hnaeh stehen blieben. Als Hauptursache des Unfalls wird der ungewöhnlich hohe Wasserstand der Drau angesehen. Die Brücke besteht aus Holz und ruht auf Holzpfeilern.
Großbritannien und Irland. London, 24. Sep⸗ tember. (W. T. B.) Die Königin hat den General Wolseley und den Admiral Seymour wegen ihrer in Egypten geleisteten Dienste unter Verleihung des Baronet⸗ titels in den Pairsstand erhoben.
Frankreich. Paris, 23. September. (Köln. Ztg.) Die Gambettisten verbreiten in der Provinz Petitionen, welche von der Deputirtenkammer die sofortige Wiederherstellung der Listenabstimmung verlangen. — Die „Reépublique Française“ und das „Journal des Débats“ fordern heute die einfache Herstellung der Kontrole in Egypten. Der „Temps“ bemerkt dazu, daß infolge der englischen Vorurtheile die Her⸗ stellung der Kontrole wahrscheinlich auf Schwierigkeiten stoßen werde. In diesem Falle ist der „Temps“ der Ansicht, daß Frankreich nicht darauf dringen, sondern mit dem englischen Kabinet eine Lösung suchen müsse, welche beide Theile zufriedenstelle; Frankreich könne sich eine starke Stellung schaffen, wenn es den Engländern die Zugeständnisse mache, welche die Vor⸗ urtheile derselben verlangten. Schließlich giebt der „Temps“ zu verstehen, Frankreich müsse den Engländern sich darum nachgiebig zeigen, weil hinter der Kontrolefrage eine viel be⸗ deutendere stehe, nämlich die Frage der auswärtigen Politik Frankreichs, die der allgemeinen Lage Frankreichs in Europa. — Demazes, Senator für Martinique, ist gestorben.
— 23. September. (W. T. B.) Der Präsident Gré vy hat die Begnadigung des Italieners Meschino, der wegen eines Angriffs auf einen französischen Soldaten von dem französischen Kriegsgericht in Tunis verurtheilt worden war, unterzeichnet.
Türkei. Konstantinopel, 23. September. (W. T. B.) Nachdem nunmehr sämmtliche Vertreter der Mächte ihre In⸗ struktionen zu der Konferenz in der griechisch⸗tür⸗ kischen Grenzfrage erhalten haben, werden die Botschafter morgen bei dem Grafen Corti zusammentreten.
— 25. September. (W. T. B.) Gutem Vernehmen nach hat der Sultan den Groß⸗Cherif von Mekka, Abdul Mu⸗ tailib, welcher der Unterhaltung heimlicher Verbindung mit Arabi bezichtigt wird, seines Amtes entsetzt und an seiner Stelle den Scheikh Abdullah zum Groß⸗Cherif ernannt. Muteailib soll verhaftet sein.
— Das „Reutersche Bureau“ meldet aus Konstantinopel vom 24: Der Sultan hat telegraphisch die unverzügliche Rückgabe der ganzen Grenze, sowie dieselbe durch die griechisch⸗türkische Grenzregulirungskommission fest⸗ gestellt ist, an Griechenland angeordnet. Die Türkei verzichtet auf jede Reklamation. Nur Mukthar Pascha soll erklärt haben, daß der Grenzpunkt Gonitza für Griechenland eine ebenso schlechte Grenzbestimmung wie für die Türkei sei und daß darüber zwischen beiden Regierungen später noch verhandelt werden müsse, ohne daß indeß dazu für Griechenland eine Verpflichtung bestehe.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 24. Sep⸗ tember. (W. T. B.) Der Kaiser und die Kaiserin mit den Kaiserlichen Kindern sind heute Mittag 1 Uhr wohlbe⸗ halten in Peterhof eingetroffen.
Das „Journal de St. Pétersbourg“ schreibt: Die englischen Zeitungen nehmen das Recht, das zu⸗ künstige Schicksal Egyptens zu bestimmen, ausschließlich für England in Anspruch. Die Regierungen könnten diese ohne Verantwortlichkeit erfolgenden Auslassungen von Journalisten als Führern internationaler Erörterungen nicht acceptiren. Die französische Presse beunruhige sich gleichwohl wegen der Auslassungen der englischen Neitungen. Frankreich dürfte am ehesten Aussicht haben, in London verstanden zu werden, wenn es auf den europäischen Charakter der egyptischen Frage bestehen würde, ohne auf die Thesis von den hervor⸗ ragenden Rechten der Westmächte zurückzukommen.
Moskau, 24. September. (W. T. B.) Dem Gala⸗ diner zu Ehren des Kaisers und der Kaiserin bei
den Majestäten der Großfürst Paul, die Großfürstin Alexandra 1 ihren Söhnen, den Großfürsten Dmitri und Konstantin, serner der Fürst von Montenegro, die Minister des Kaiserlichen Hofes, des Innern, des Aeußern, des Krieges, der Wegebauten und der Finanzen, sowie die General⸗Adju⸗ tanten von Richter, Tscherewin und Wojeikoff, der Ober⸗Hof⸗ Marschall Naryschkin und andere hochgestellte Personen bei. Gestern besuchten der Kaiser und die Kaiserin wiederum die Ausstellung. Später stattete der Kaiser dem Fürsten von Montenegro im Kreml einen Besuch ab.
Schweden und Norwegen. Stockholm tember. (Hamb. Corr.) Heute früh traf die Großherzogin von Baden mit dem gewöhnlichen Zuge von Malmö hier ein. Auf dem Centralbahnhofe erschienen der König und die Königin, der Kronprinz und die drei jüngeren
21. Sep⸗
Dalarne. Außerdem hatte sich auf dem Perron und dem Platze vor dem Bahnhofe eine große Menschenmenge einge⸗ sunden, auf welche die Großherzogin durch ihr offenes Wesen und anspruchsloses Auftreten einen angenehmen Eindruck machte. Die Großherzogin wird wahrscheinlich einige Wochen bis zur Niederkunft der Kronprinzessin hier verweilen. — König Oskar wird sich am 27. d. Mts. nach Lund be⸗ geben, um der am nächsten Tage dort stattfindenden Ein⸗ weihung des neuen Universitätsgebäudes beizuwohnen.
Dänemark. Kopenhagen, 25. September. (W. T. B.) Der König ist heute Vormittag hierher zurückgekehrt.
Amerika. New⸗York, 24. September. (W. T. B.) Durch die in den letzten Tagen stattgehabten Regengüsse sind mehrere in der Nachbarschaft gelegene Städte über⸗ schwemmt, viele Brücken zerstört, die Eisenbahnverbindung unterbrochen und große Schäden, namentlich an dem Hudson und an dem Schuylkillfluß angerichtet worden. Die Ernten im Süden haben ebenfalls einige Verluste erlitten.
Afrika. Egypten. Kairo, 23. September. (W. T. B.) Eine Kavallerie⸗Division zog heute früh zur Demon⸗ stration durch die Straßen der Stadt. — Fünf Batterien sind gestern aus Zagazig hier angelangt.
Alexandrien, 23. September, Morgens. (W. T. B.) Eine Depesche des Generals Wood meldet, daß die Truppen, welche unter dem Befehl Abdellal Paschas in Damiette standen, fortfahren zu desertiren. Von der aus 7000 Mann beste⸗ henden Garnison von Damiette sind nur 500 Schwarze zurück⸗ geblieben, welche die Kasernen, die Wohnung des Gouverneurs und eine Anzahl anderer Häuser geplündert haben. Abdellal Pascha hat scch um mit General Wood zusammenzutreffen, nach der unweit Damiette gelegenen Eisenbahnstation Kafr el Battikh begeben.
— 23. September, Mittags. Abdellal Pascha hat sich heute Morgen dem General Wood ergeben, die englischen Truppen sind darauf in Damiette eingerückt. Die aus Schwarzen bestehende Garnison ist, statt sich zu ergeben, davon geflohen und raubt und plündert, wohin sie kömmt; dieselbe hat auch den Schatz des Gouverneurs geplündert und eine Quantität Munition mit fortgeführt.
— 24. September. Damiette ist nunmehr vollständig übergeben und die Stadt besetzt. — Der Khedive reist morgen Vormittag nach Kairo. Derselbe hat dem britischen General⸗Konsul Malet den Großkordon des Osmanli⸗Ordens angeboten, dieser aber die Erlaubniß zur Annahme noch nicht erhalten. — Heute Vormittag fand in der hiesigen katho⸗ lischen Kirche anläßlich der Wiederherstellung der Ruhe im Lande ein feierlicher Gottesdienst statt, welchem die Konsuln und die englischen Militärbehörden beiwohnten. Morgen wird ein Trauergottesdienst zum Gedächtniß der⸗ jenigen Personen abgehalten werden, welche bei den Un⸗ ruhen und in den Gefechten das Leben verloren haben. 1
— 25. September. (W. T. B.) Der Khediye ist heute Vormittag nach Kairo abgereist. Eine Abtheilung bengalischer Kavallerie gab demselben his zum Bahnhof das Geleite, längs des Weges zum Vahichof bildeten die englischen Truppen ein Spalier, ein englisches Mil⸗tär⸗Musikcorps empfing den Khedive auf dem Bahnhofe, wo sich alle Civil⸗ und Militärbehörden zur Verabschiedung eingefunden hatten, mit Musik. In der Begleitung des Khedive auf der Reise nach Kairo befinden sich der General⸗Konsul Malet und die egyptischen Minister.
Port Said, 24. September. Die zur Besetzung von Ghemileh abgesandten Soldaten sind hierher zurückgekehrt, nachdem sie die Geschütze daselbst demontirt und die vorräthige Munition mit fortgeführt haben.
Der Staats⸗Minister von Boetticher besuchte am 19. d. M. Altena, um die Industrie des Lennethals kennen zu lernen. Der Minister wurde, wie das „Altenaer Kreisblatt“ mittheilt, im Ständesaale des 5 gebäudes durch eine Reihe aus allen Theilen des Kreises her⸗ beigekommener Werkbesitzer begrüßt, in deren Namen wie im Namen des Kreises und der Stadt Altena der Landrath Schmieding eine Ansprache an den Minister hielt, wonächst der Präsident der Handelskammer Altena⸗Olpe, Fabrikant Hermann Klincke von Altena, eine Rede hielt, um die In⸗ dustrieverhältnisse des Lennethals eingehend zu beleuchten. Aus dieser Rede, welche das „Altenaer Kreisblatt“ mittheilt, heben wir folgende Stellen hervor:
Wenn es mir eth ist, eine kleine Zeichnung unseres Gewerbe⸗ fleißes zu geben, welchen theilweise zu sehen Excellenz schon heute Ge⸗ legenheit fanden, so kann ich nur sagen: die imponirende Großartig⸗ keit von industriellen Werken, wie solche in anderen Bezirken zu sehen ist, ist hier mit wenigen Ausnahmen, nicht vorhanden. Hier, wo die kräftigen üenmerscflba⸗ der märkischen Oefen und Schmiede ertönten, wo der Märker Eisen reckt, ist die Gestaltung der Industrie eine wesentlich andere geworden als wie in den benachbarten Bezirken. Die in unserer gebirgigen Gegend so sehr zahlreichen Wasserkräfte hs bereits seit Jahrhunderten in den Dienst der Industrie gestellt.
eilenweit reihen sich kleinere Werke an kleinere Werke, verzweigt sich die Industrie auf den Höhen in die kleinsten Betriebe mit bn. werksmäßigem Umfang. Mit Geschick und Fleiß wird der Arbeit ein erträglicher Lohn verschafft, wird durch die Industrie auch die Land⸗ wirthschaft, die Ackerwirthschaft auf den kleinen Gehöften befruchtet, welche lettere ohne diesen Zuschuß nicht in der Lage sein würde, den
vunsgienftond zu ernähren. Dieses Ineinandergreifen von Landwirth⸗ schaft und Industrie, verbunden mit der Fürsorge der Fabrikanten in der Errichtung von Unterstützungskassen, verbunden mit der Fürsorge der Fabrikanten selbst, in den Zeiten der allgemeinen wirthschaftlichen Nothlage, ihre Betriebe aufrecht zu erhalten, wie dies t gtsächlich ge⸗ schehen ist, ich sage, dies Ineinandergreifen, diese Fürsorge hat wesentlich dazu beigetragen, daß die sozialen Verhältnisse bei uns betnntmöze pesund geblieben sind, daß die Sozialdemokratie hier keinen Boden ha ne können. Die Industrie des Lennegebiets ist eine äußerst reichhaltige, sie lehrt auch in unserem Bezirk den Bergmann graben tief unter der Erde, 11. verarbeitet das Eisen, den Stahl, das Kupfer, das Zinn und den Nickel in den ö-2à . sten Gestaltungen und sie bringt das edle Silber in kunstvolle ormen für die Tafel † Deutschlands dereinstigem Kaiser. Der etzigen irthschaftspolitik, woran . Excellenz einen so ervorragenden Antheil haben, hat die Handelskammer Altena ugestimmt. In ihrem letzten Jahresbericht hat dieselbe durch Fablen den Beweis geliesert, daß durch Einführung der Kornzölle eine Vertheuerung der Lehensmittel in ihrem Bezirk nicht eingetreten ist. — Wenn auch die Hauptindustriezweige u — Bezirks, insbe⸗ sondere Draht und verwandte Artikel exportbed dftig Iun. so hat die doch der Wiedereinführung eines Roheisenzolls zuge⸗ timmt; sie t es als ein nationales Bedürfniß anerkannt, daß die inländischen Berg⸗ und Hüttenwerke gestützt wurden. Mit dem Ruin
Königlichen Prinzen sowie die Herzogin⸗Wittwe von
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der inländischen Berg⸗ und Hüttenwerke würden auch unsere Haupt⸗
industriezweige gefallen sein, dieselben würden im Bezuge ihrer Roh⸗ materialien aufs Ausland angewiesen und gegen die ausländischen Werke in fertigen Erzeugnissen nicht lebensfähig geblieben sein.
— Das „Kleine Journal“ bespricht den wirthschaftlichen Aufschwung. In dem betreffenden Artikel heißt es:
Die Herren Freihändler haben in Frankfurt a. M. ihren volks⸗ wirthschaftlichen Kongreß abgehalten und dabei nach gewöhnlicher Weise unsere Wirthschaftspolitik verdammt. Vor ihren Augen findet nur der absolute Freihandel Gnade, die Beseitigung aller Zölle; Deutschland soll erst dann einen volkswirthschaftlichen Aufschwung nehmen, wenn die Rezepte dieser Herren verwirklicht werden. Vor ihren Augen ist der gegenwärtige Aufschwung nur Schein, weil er eben nicht in ihre Schablone paßt. .
Um so wichtiger ist es, an der Hand der Handelskammerberichte sich über die Ursachen des jetzigen Aufschwunges zu belehren. Die Handelskammer von Bochum kommt zu einem ganz entgegengesetzten Resultat. Sie weist nämlich nach, daß gerade unser jetziges Wirth⸗ schaftssystem und speziell der Schutzzoll die Veranlassung zu diesem Aufschwung gewesen ist. (Der Bericht ist in der Handelsregister⸗Bei⸗ lage des „Reichs⸗Anzeigers“ Nr. 223 abgedruckt.) “
Von besonderem Werth ist die Darlegung über die eingetretene Lohnsteigerung. Die Freihandelspresse behauptet fortgesetzt, die Zölle kämen nur den Fabrikanten, nicht aber den Arbeitern zu statten.
iergegen führt nun der bewußte Bericht der Handelskammer sehr edeutende Zahlen auf, durch welche er die völlige Unwahrheit dieser Behauptung nachweist und darlegt, daß allerdings den Arbeitern ein sehr bedeutender Nutzen aus dem Sachußzoll erwachsen ist
So zeigt sich denn also der Einfluß des Schutzzolls schon nach kurzer Zeit sowohl für die Arbeiter als die Fabrikanten als ein über⸗ aus günstiger und haben sich auch die Vermögensverhältnisse der Bevölkerung in den Industriegegenden sehr gebessert, was daraus hervorgeht, daß die Pfändungen bei den Steuererhebungen bedeutend abgenommen haben. 8 8
— Ueber „die Entlastung der ärmeren Bevölkerung bringt die „Wiesbadener Zeitung“ einen zweiten Ar⸗ tikel. Derselbe lautet:
Nun wird aber von freihändlerischer Seite auf die Zollein⸗ nahmen als handgreifliche Beweise der schweren Bedrückung der Be⸗ völkerung hingewiesen. ““
Der Getreidezoll ergab im vorigen Rechnungsjahre für die Reichskasse eine Einnahme von 16 872 496 ℳ, der Schmalzzoll 3 854 680 ℳ und der Petroleumzoll 21 894 994 ℳ, also eine Mehr⸗ belastung von zusammen 42 621 770 ℳ Auf den Kopf der 45 Mil⸗ lionen Einwohner zählenden Bevölkerung Deutschlands würden mit⸗ hin genau 92 ₰ zu rechnen sein.
Einmal diese „Mehrbelastung“ zugegeben, so scheint es doch mehr wie fraglich, ob sich die ärmere Bevölkerung um 92 ₰ pro Kopf wirklich entlastet fühlen würde, wenn jene drei Zölle abgeschafft wür⸗ den. Wir wissen ein besseres Mittel, welches lediglich der ärmeren Bevölkerung eine noch größere und fühlbarere Entlastung verschaffen würde, nämlich die Aufhebung insbesondere der vier untersten Stufen der Klassensteuer.
In diesen vier untersten Stufen befinden sich nach der Veranla⸗ gung für 1880/81 4 362 374 Steuerzahler. Zu denselben gehören alle Steuerzahler mit einem Einkommen bis zu 1200 ℳ Sie bringen gegenwärtig der preußischen Staatskasse etwa 20 ½ Millionen Mark und nach Abzug des Steuererlasses etwa 15 Millionen Mark ein. Die 4 362 374 Steuerzahler bilden aber mit ihren Angehörigen 58 % der Bevölkerung also etwa von der 26 716 701 Einwohner betragenden Bevölkerung Preußens 15 495 000 Köpfe. 1 1
Wenn der Staat auf den Beitrag dieser 15 ½ Millionen Köpfe — also auf 20 ½ Millionen Mark (oder da er ihnen schon 5 Millionen er⸗ lassen hat auf den Rest, also auf 15 ½ Millionen Mark) in Zukunft verzichtet, dann werden jene Personen in ihrem Vermögensstande um je 1,23 ℳ (bezw. 1 ℳ) verbessert werden.
Der angeblichen Mehrbelastung durch Getreide⸗, Schmalz⸗ und Petroleumzölle von 92 ₰ pro Kopf wird also eine Befreiung von 1,23 ℳ bezw. 1 ℳ gegenüberstehen oder die Familie im Durchschnitt zu 4 Köpfen gerechnet, wird die „Mehrbelastung“ von 3,68 ℳ mehr wie aufgewogen durch eine thatsächliche, wirksamere und fühlbarere Befreiung von 5 ℳ (bezw. 4 ℳ) in baar. —
Wenn hierbei auf die bereits von Steuern befreiten Personen hingewiesen wird — ihre Zahl beläuft sich auf 7.825 781 Köpfe, wovon 291 864 Militärversonen, 5479 minderjährig, 571 716 in ihrer Keistemgs ahägfeüt bei einem Einkommen bis 660 ℳ beeinträchtigt und 6 956 722 mit einem Einkommen unter 420 ℳ —, so würden
diese 39 nichts von der Aufhebung der Klassensteuer profitiren, sondern ruhig ihre 92 ₰ in Getreide⸗, Schmalz⸗ und Petroleumzöllen fortzahlen. Aber die weit überwiegende Mehrzahl derselben steht in einem Dienstboten⸗ oder Knechtsver⸗ hältniß und hat diese 92 ₰ überhaupt noch nie bezahlt, weil sie ihren Lohn zum größten Theil in Naturalien beziehen, also ihre an⸗ gebliche Mehrbelastung von der Herrschaft getragen wird. Dieselben werden daher von den neuen Zöllen überhaupt nicht berührt.
Die Liberalen haben es also in der Ln der ärmeren Bevölkerung wirksam zu helfen, wenn sie die Regierung unterstützen. Diese hat die Aufhebung der vier untersten Stufen der Klassensteuer sich zum nächsten Ziel gesetzt. Daß sie ihr Versprechen hält, weiß Jeder, der sich erinnert, mit welcher Energie sr trotz lebhafter Opposition für die im Ganzen jetzt 20 Millionen
ark betragenden Steuererlasse eingetreten ist, und dieselben auch durchgesetzt hat. In diesem Quartal hat kein Ehsßser der bis 6000 ℳ Einkommen hat, Staats⸗Personalsteuern zu zahlen brauchen. Das ist doch die beste Gewähr dafür, daß es der Regierung mit der Entlastung von direkten Steuern Ernst ist und daß sie vornehmlich ihr Versprechen wegen Aufhebung der vier untersten Stufen er⸗ füllen wird. 3 E
— Der „Düsseldorfer Anzeiger“ schreibt in einem gegen die „Kölnische Zeitung“ gerichteten Artikel:
Wenn die „Köln. Ztg.“ uns nur ehrlich sagen wollte, ob denn die Zon und die Eisenbahnpolitik Bismarcks eine verfehlte ist? Was die Zollpolitik anbetrifft, so würden ihr dann bald die Industriellen agen, daß sie, die „Köln. 3t. nichts von der Sache verstehe. Nun die Steuer⸗ und Zollpolitik! Ja, wo in aller Welt sollen denn jetzt schon große Erfolge da sein bei den Quertreibereien unse⸗ rer Parteien?! Hr. von —5 und andere Parteiführer haben dem Fürsten zum grohen Verdienste das aber angerechnet, daß er die soziale Frage überhaupt in den Vordergrund des staatlichen Interesses brachte. Speziell die Steuerfrage betreffend, ist die „Köln.
tg.“ auch keine Autorität. Fast wöchentlich 2 Mal kehrt in ihren Spalten die Klage wieder: wenn Fürst Bismarck uns doch ein paar Jahre mit allen Projekten verschonen wollte! So sprechen Menschen, denen es selbst sehr gut geht, die dabei aber nicht klug genug sind, um einzusehen, daß auf einem Vesuv kein ruhiges Genußleben zu führen ist. Bismarck hat Eile, die Gefahr zu beseitigen. Die K. Z.“ will wie Vogel Strauß nichts sehen, um aller Mühe über⸗ hoben zu sein. Das sst die Staatsweisheit der „Kölnischen“, mit der sie ihren Lesern die Freude am Vaterlande, am frischen Schaffen für dasselbe systematisch verdirbt. 1
— Von einem im praktischen Leben stehenden kleinen Landmann erhält das „Posener Tageblatt“ eine Zuschrift über die Entlastung der Gemeinden, in welcher derselbe schreibt:
Ich sahe⸗ Fürst Bismarck hat ganz Recht, wenn er die Ge⸗ meinden entlasten will, und ich verstehe gar nicht, was die Liberalen eigentlich wollen, wenn sie dem Fürsten Bismarck entgegentreten. Die verstehen nichts von uns Landleuten und sollten sich auch um uns nicht bekümmern. Mit allen ihren „Freiheiten“ haben sie uns keinen Gefallen gethan, und sie sollen uns in Ruhe lassen, wenn sie dagegen sind, daß uns geholfen wird. So sind die Liberalen aber immer: über ihren Grundsätzen vergessen sie das praktische Leben, und jetzt
i sie auch, die Gemeinden würden, wenn sie Geld vom Staate
vommen, in eine Abhängigkeit von der Regierung gerathen. Was
das für eine thörichte Behauptun 1½ Als ob, wenn die Gemeinden Geld erhalten sollen, dies ins Belieben der Regierung gestellt werden
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