Aus dem Wolffschen Telegraphen⸗Bureau.
München, Sonnabend, 17. Januar, Nachmittags. Die Abgeordnetenkammer hat das Eisenbahngesetz mit 88 gegen 38 Stimmen und das Gesetz, betreffend die pfälzischen Bahnen, mit 82 gegen 31 Stimmen in den von der Kammer der Reichsräthe beschlossenen Fassungen angenommen.
Karlsr uhe, Sonnabend, 17. Januar. In der Zwei⸗ ten Kammer legte der Minister des Innern einen Gesetz⸗ entwurf, betreffend Abänderungen des Examengesetzes vom 19. Februar 1874, vor, mit der Erklärung, daß beide Kirchen⸗ regierungen sich mit demselben einverstanden erklärt hätten. Der Entwurf entspreche den seiner Zeit im Hause abgegebe⸗ nen Erklärungen, und hoffe die Regierung auf die Annahme desselben. Wien, Sonnabend, 17. Januar, Abends. Meldungen der „Polit. Corresp.“: Aus Konstantinopel vom 16. d. M.: Die montenegrinische Regierung hat den Mächten durch ein Memorandum angezeigt, daß sie als Pfand für die von ihr für die verzögerte Räumung beanspruchte Entschädigung von 2 Millionen mohamedanisches Eigenthum von entsprechendem Werthe auf dem abgetretenen Gebiete unter Segquester stelle. — Aus Nisch: Der serbische Delegirte Maric ist zur Theil⸗ nahme an der Konferenz in der Eisenbahnfrage nach Wien abgereist. Wien, Sonnabend, 17. Januar, Abends. Sitzung der ungarischen Delegation. Der Referent Falk leitete die De⸗ batte über das Budget des Ministeriums des Auswärtigen mit einer Rede ein, in welcher er namentlich auf die beruhigenden Erklärungen des Ministers des Auswärtigen hinwies, die Festigung des werthvollen Bundes mit Deutschland betonte und die Erwartung aussprach, daß ein gerechter Ausgleich der volkswirthschaftlichen Interessen mit Deutschland statt⸗ finden werde. — Szilagyi meinte, daß das Bündniß mit Deutschland seinen Werth durch Erfolge und Thaten zu be⸗ weisen haben werde. Eine allgemeine Beruhigung, wie sie von dem Berliner Vertrage erhofft worden sei, sei bis jetzt noch nicht eingetreten. Weitere Opfer seien zu vermeiden. Die Machtstellung Oesterreich⸗Ungarns im Oriente habe sich nicht gestärkt. Seine (des Redners) Partei werde eine abwartende Haltung beobachten. — Graf Andrassy betonte dem Vorredner gegenüber, daß die Opposition s. Z. unermeßliche Verwickelungen prophezeit habe. Er und Baron Haymerle hätten sich in ihren Erwartungen nicht getäuscht, die Monarchie sei im Oriente auf die ihren gerechten Ansprüchen entsprechende Stufe gehoben worden. Die Aufgabe der Zukunft werde es ein, die errungenen Vortheile zu verwerthen. Graf Andrassy rechtfertigte sodann sein Verhalten gegenüber Serbien und er⸗ klärte, daß er unter den damaligen Verhältnissen alles Mögliche gethan habe. Der Sektionschef Callay betonte, daß die aus dem Bündniß mit Deutschland resultirende Erhaltung des Friedens für beide Theile viel wichtiger sei, als manche andere positive Thatsache. Das Freundschaftsverhältniß könnte nicht von gewissen Resultaten abhängig gemacht werden, I diese Resultate würden erst in Folge des intimen Verhält⸗ nisses erreicht werden. Hierauf beruhe auch die Hoffnung auf die Beseitigung der volkswirthschaftlichen Schwierigkeiten. Die Delegation nahm schließlich das Budget des Aeußeren und dasjenige des Finanz⸗Ministeriums unverändert an
Wien, Sonnabend, 17. Januar, Abends. In der Sitzung des Budgetausschusses der ungarischen Delegation er⸗ klärte der Vertreter der Regierung, Sektions⸗Chef Callay: es würde nicht zweckmäßig sein, kategorisch zu beschließen, daß die in Bosnien und der Herzegowina bestehenden Konsulate in dem Maße, als deren Jurisdiktion auf die Behörden über⸗ gehe, aufgehoben würden, da deren Aufhebung auch von an⸗ deren noch im Gange befindlichen Verhandlungen abhänge. Im Uebrigen sei der Minister des Auswärtigen entschlossen, diese Konsulate sobald als möglich abzuschaffen. Paris, Sonnabend, 17. Januar, Abends. Deputirten⸗ ammer. Der Bonapartist Lengle richtete eine Interpellation an die Regierung über die Konvertirung der Rente. Der nanz⸗Minister antwortete darauf: Ich muß die von Seiten der Regierung im vorigen Jahre abgegebene bezügliche Erklä⸗ rung wiederholen. Die Regierung kann am Besten die Nützlich⸗ keit und die Opportunität der Konvertirung beurtheilen. Ich betrachte es als eine Pflicht, 78 die Beantwortung der Inter⸗ pellation nicht weiter einzugehen. Solche Interpellationen haben kein anderes Ergebniß, als eine Erregung des öffent⸗ lichen Marktes hervorzurufen. Ich verlange für die vorliegende Interpellation dieselbe Erledigung, welche der letzten Inter⸗ pellation über den gleichen Gegenstand s. Z. von der Kam⸗ ner gegeben wurde. Der Bonapartist Haentjens ermiderte hierauf, daß er die Interpellation alle sechs Monate wieder⸗ holen werde, bis eine zufriedenstellende Antwort ertheilt werde. Die Kammer nahm schließlich die einfache Tages⸗ ordnung mit 310 gegen 128 Stimmen an. Stockholm, Sonnabend, 17. Januar. Der Reichstag ist heute durch Se. Majestät den König eröffnet worden. In⸗ er Thronrede wird eine Vorlage angekündigt, nach welcher in Uebereinstimmung mit den bereits in der früheren Session vom Reichstage ausgesprochenen Ansichten, in Folge der im ergangenen Jahre erfolgten Ernennung eines Steuercomités, alle durchgreifenden Reformprojekte auf dem Gebiete des Steuerwesens bis auf Weiteres aufgeschoben werden sollen. Aus dem übrigen Inhalt der Thronrede ist noch hervorzu⸗ heben, daß das Budget mit 74 710 000 Kronen in Einnahme
und Ausgabe incl. des Defizits aus dem Jahre 1879 im
Betrage von 1 550 000 Kronen balanzirt. 1
New⸗York, Sonnabend, 17. Januar. Nach weiteren Meldungen aus dem Staate Maine ven gestern hatte die fusionistische Legislatur die Organisation der Staatsverwal⸗ tung beendigt, als bekannt wurde, daß der Ober⸗Gerichtshof
über die demselben am 13. d. von der republikanischen Legislatur unterbreiteten Fragen heute ein den Fu⸗ sionisten ungünstiges Urtheil abgeben werde. Der von dem fusionistischen Senate gewählte Gouver⸗ neur, Josef Smith, erließ hierauf als Ober⸗Befehls⸗
haber der Staatstruppen einen Befe l, durch welchen die von Garcelon vorgenommene Geees E“ Ober⸗ Befehlshaber der Truppen annullirt wird und die Unter⸗ Befehlshaber angewiesen werden, direkt ihm (Smith) Bericht zu erstatten. General Chamberlain, welchem dieser Befehl. übermittelt wurde, stellte eine Antwort darauf für heute in Aussicht. Eine Neigung zur Nachgiebigkeit ist auf keiner Scite vorhanden. Voraussichtlich treten beide Legislativen heute zu einer Sitzung zusammen, und wird alsdann eine endgültige Lösung erwartet.
Die Ausgrabungen zu Olympia. 8 8 XXXIX. 2 Nr. 278 v. 26. Nov. 1879 d. Bl.)
Auch diesmal können wir unseren Bericht mit der Nach⸗ richt von einem Funde beginnen, der, so klein er ist, dennoch wegen der Hoffnungen, die sich an ihn knüpfen, von allen Freunden der olympischen Ausgrabungen freudig begrüßt werden wird. Der rechte Fuß des praxitelischen Hermes ist am 23. Dezember ausgegraben worden. Er fand sich bei der Umhackung der Erde zwischen der Cellawand und den Südsäulen des Heraions. Hier scheint er liegen geblieben henleihe als man die Unterbeine der Statue und die Ober⸗ teine ihrer Basis verschleppte, und wurde dann in den Boden des Tempelumganges eingetreten, denn er lag nur 25 cm unter dem Stylobat. Es darf als ein glücklicher Zufall be⸗ zeichnet werden, daß, nach den Fundorten von Hermesfuß und Dionysosrumpf zu urtheilen, die fehlenden Theile unserer Gruppe nach Süden, resp. Südwesten verschleppt worden sind; denn nun haben wir gegründete Hoffnung, dieselben vielleicht in den noch auszugrabenden Terrains süd⸗ westlich vom Heraion wieder aufzufinden. 8
Der Fuß ist übrigens nicht nur als willkommene Ergän⸗ zung des schönsten aller olympischen Funde werthvoll, sondern auch an sich ein wahres Juwel an Ausführung und Erhal⸗ tung. An dem zierlichen Riemenwerk der Sandale, das uns ein Beweis dafür ist, mit welcher Liebe die Hand des Künst⸗ lers selbst bei diesen Nebensachen weilte, sind sogar noch die rothe Farbe und leichte Spuren der Vergoldung erhalten, welcher jene zum Untergrunde diente. Auch Bronze, und wohl vergoldete Bronze, scheint, nach einem erhaltenen Stift auf dem Spann des Fußes zu urtheilen, zur Verzierung des Schuhwerkes verwandt gewesen zu sein. Die edlen Formen des Fußes sind mit einem Raffinement vollendet, das nicht weiter getrieben werden kann. Man glaubt förmlich, die
weiße Haut zwischen dem rauhschraffirten feinen Riemenwerke hervorleuchten, die Muskeln des vollaufgesetzten Fußes unter demselben aufquellen zu sehen.
Mit Flügeln scheinen die Sandalen nicht versehen ge⸗ wesen zu sein; es läßt sich hierüber mit ziemlicher Sicherheit urtheilen, da der Fuß erst über dem Knöchel gebrochen ist. Seine Länge beträgt 33 cm. Es haftet an demselben auch noch ein Theil der Plinthe, deren rohbehauener Rand völlig in einer Austiefung der Bekrönungsplatte der Basis ver⸗ schwand. von den Architekten aus mehreren kleinen Bruchstücken, die in der Heraioncella umherlagen, wieder zusammengesetzt worden ist.
Einen anderen guten Fund haben wir im Süden der Zanes gemacht, wo jetzt die stehengebliebenen Erdmassen abge⸗ räumt werden: den Panzertorso eines römischen Kaisers. Die Brust desselben ziert die Darstellung eines von zwei Siegesgöttinnen geschmückten Tropaions, an dessen Fuß
Letztere besitzen wir jetzt ebenfalls, nachdem dieselbe⸗
ere des Altars besteht, war zuerst mit einer rohen 2 “ dann mit einer ganzen Menge von Seagen Kalk⸗ wir zählen deren über zwanzig — successive umgsden worden. Auf mehreren derselben ließen sich Malereien unterscheiden; am besten erhalten ist auf der rechten Seite ein grüner Oelzwei mit braunen Stengeln auf weißem Grunde. Die Kanten sin roh abgeschrägt. H. 40 cm, Br. 60, Tiefe 40. Auf und in demselben fanden sich zahlreiche Kohlen⸗ und Thierknochen⸗Reste
In der Palästra ist jetzt der ganze füdliche Theil dieses Gebändes freigelegt. Die späten Mauern, welche ihn durch⸗ ziehen, haben auch hier Giebel⸗ und Metopenfragmente ge⸗ liefert. Unter den ersteren namentlich die Unterbeine der weiblichen Ortsgottheit aus der linken Ecke des Westgiebels und, zu unserer nicht geringen Verwunderung, auch ein großes Stück von den Hinterbeinen der Reliefpferde aus der nördlichen Hälfte des Ostgiebels. Es ist dieses das erste Ostgiebelfragment, das wir in den Westen verschleppt ge⸗ funden haben. Unter den Metopenfunden ist besonders der Kopf des kretischen Stiers hervorzuheben, der sich dem Bruche des Halses in der pariser Metopenplatte genau anfügt. Der römischen Epoche scheint die lebensgroße Statue eines nackten, ruhig dastehenden Mannes anzugehören, deren Bruch⸗ Füse wir hier überall zerstreut gefunden haben. See sind eicht an einem blendend weißen, überaus feinkörnigen Marmor kenntlich, dessen sorgfältig polirte Oberfläche einigermaßen an die Weise hadrianischer Zeit erinnert. b
Jetzt sind die Trümmermauern, aus denen wir diese Skulpturreste hervorgezogen haben, überall gefallen und wir graben in tieferen Schichten zwischen den umgestürzten Schäften des Säulenhofes, welche von einer dicken Sandschicht umhüllt neben ihren Basen und Kapitellen noch so daliegen, wie sie ein Erdbeben hingeworfen.
Hand in Hand mit dieser Freilegung der Palästra gingen Aufräumungen vor der Ostwand derselben und im Süden des Prytaneions, Durchsuchungen von späten Mauern und Tief⸗ grabungen. Die ersteren ergaben vor Allem ein besonders werthvolles Stück, das Vordertheil eines nach links schrer⸗ tenden, lebhaft bemalten Reliefpferdes aus Kallkstein. Doppelt werthvoll, weil es zu jener Serie von früher gefun⸗ denen Kalksteinreliefs gehört, die wir jetzt mit der größten Wahrscheinlichkeit den Götter⸗ und Gigantenkämpfen im Giebel⸗ des Megareer⸗Schatzhauses zuweisen können. Daneben fanden sich die Fragmente eines räthselhaften großen Geräthes aus gebranntem und bemaltem Thon. Das Ganze sieht einer Ge⸗
fäßmündung von bedeutenden Dimensionen (Höhe ca. 70 cm) am ähnlichsten, kann aber einem Gefäß schon deswegen nicht angehört haben, weil es nach unten offen ist und die runde Mittelöffnung bei einem Durchmesser des ganzen Mündungs⸗ tellers von ca. 1,80 m nur etwa 10 em beträgt. Vielleicht ist an einen Opfertisch oder dergleichen zu denken; jeden⸗ falls haben wir etwas ganz Eigenartiges und Neues
ein gefesselter Gefangener kauert. Neben dem rechten Beine der Statue, deren untere Extremitäten sich mit Hülfe früherer Funde vollständig wieder herstellen ließen, kniet eine kleine weibliche Gestalt in barbarischem Kostüm, die Hände auf dem
Völkerschaft (Ausgrabungen III., Taf. 18, 2, 3). letztere Stück vor zwei Jahren in der Cella des Metroons gefunden wurde, so können wir mit Sicherheit schließen, daß die ganze Statue von dort stammt. Die Vortrefflichkeit ihrer Arbeit stimmt mit dieser Annahme vollständig überein; denn sie giebt den ursprüglich ebenfalls dort aufgestellten Statuen des Claudius und Titus (Ausgrabungen 1V. Tafel 19, 2, 3) wenig nach.
Nach Besprechung dieser Einzelfunde im Herzen der Altis wenden wir uns zu den im Osten und Westen des Zeustempels unternommenen größeren Arbeiten und deren Resultaten.
Unser voriger Bericht hat die ersten wichtigen Statuen⸗ funde aufgezählt, welche im äußersten Osten des olympischen Gebietes, auf dem Westwalle des Stadions gemacht wurden. Seitdem haben unsere Grabungen den Kamm des Walles dicht unter der jetzigen Erdoberfläche längst überall erstiegen, und eine reichliche Nachernte von Fragmenten der Tempelskulpturen (darunter die Unterbeine des sinnenden Greises vom Ostgiebel, die Plinthe des Zeus ꝛc.) und zahl⸗ reiche Statuentheile aus römischer Zeit sind uns zugefallen. Jetzt sind wir damit beschästigt, die Erde des Walles selbst zu durchsuchen, da uns derselbe an anderen Stellen bereits im vorigen Jahre werthvolle Terracotten und Bronzen geliefert hat, welche wohl bei Gelegenheit einer Aufhöhung desselben dorthin gerathen sind (Zeuskopf, Argiverschilde). Gleich südlich vom gewölbten Stadioneingange lasen wir ein
und fröhlich grinsendem Munde, in dem die weißen Zahnreihen sichtbar werden. Eine weißgemalte, also weibliche, kleine Hand zaust ihm um den Nacken herum am Barte. Offenbar ge⸗ hörte das Fragment zu einer jener Gruppen frauenraubender Silene, von deren einer wir bereits im vorigen Jahre ein Untertheil gefunden. (Ausgr. z. Ol. IV., 27a, 9
Tiefer in der Erde des Walles Bronzen: Thierfiguren, Dreifüße, auf deren Ringhenkeln Vögel sitzen, wie auf den Griffen am Becher des Feio⸗ Endlich ein Fragment von dem kreisförmigen Rande eines bauchigen Gefäßes von ge⸗ waltigen Dimensionen, auf dem sich die Reste einer Weih⸗ inschrift der Spartiaten erhalten haben. Ihr Weihgeschenk scheint also bereits in antiker Zeit mit dem übrigen auf den Kehrichthaufen gewandert zu sein. —
Ein nach Südosten gezogener Graben hat leider lediglich das Resultat ergeben, daß dieser Theil des olympischen Ge⸗ bietes vom Alpheios weggeschwemmt worden ist, der statt dessen hier große Sandmassen aufgehäuft hat. Ich kann mich also ohne Weiteres den ausgedehnten Arbeiten im Westen zuwenden, welche der Hauptaufgabe dieses Winters gelten, der Aufsuchung der noch fehlenden Theile des West⸗ giebels und der Westmetopen. 8 Um dieser Aufgabe in vollem Maaße genügen zu können, ist in drei Richtungen vorgegangen worden: nach Nordwesten (Palästra und Gymnasiongraben), nach Westen (N. und W. der byz. Kirche) und nach Südwesten (Südwestgraben).
Das Gebiet im Norden der byz. Kirche hatte seine Marmorfunde bereits in den letzten Monaten des vorigen Arbeitsjahres hergegeben. Hier galt es vorerst, die letzten Reste späterer Ueberbauten zu beseitigen und den antiken Boden völlig frei zu legen. Innerhalb der mannig⸗ fachen antiken Anlagen, die hier zu Tage traten, machten wir einen ganz eigenartigen Fund, einen viereckigen, stuckirten und bemalten Aschenaltar. Er stand innerhalb eines kreisrunden Gemaches, mit der Rückwand an die Nord⸗
Hälste eines rothen Silensgesichtes mit shen ha Barte
Rücken gefesselt, offenbar die Repräsentantin einer unterjochten Da dies
12 cm hohes Fragment aus Terracotta auf: Die untere
seite desselben gelehnt. Die Aschenerde, aus der das ganze
vor uns. Die tieferen Schichten ergaben wie gewöhnlich
Bronzen, darunter einen großen Kessel und ein alterthüm⸗
liches Inschriftplättchen, das, wie es scheint, einen Staatsver⸗
trag mit den Messapiern enthält.
Ein noch weiter nach Nordwesten durch die terra in⸗ cognita des großen olympischen Gymnasiums gezogener Graben ist erst in die Gegend der hochgelegenen späten Trümmer⸗ mauern hinabgestiegen, so daß nur von vorläufigen Funden in demselben die Rede sein kann. Der bedeutendste darunter ist das Obertheil eines sehr schön gearbeiteten weiblichen Porträtkopfes der römischen Epoche.
Wie hier den Nordwesten, so haben wir schon im vorigen. Jahre den ganzen Südwesten des olympischen Gebietes mit einem mächtigen gegen 7m tiefen Graben durchschnitten. Von den großen architektonischen Ueberraschungen, die er uns ge⸗ bracht, wird anderswo die Rede sein. Auf die Frage nach den fehlenden Giebeltheilen lautete seine Antwort lediglich negativ. Archäotogische Funde hat derselbe über⸗ haupt fast nur in seinem Nordostende gebracht, wo die este von Erzstatuen aus römischer Zeit umherlagen, und dicht am südwestlichen Altisthor, wo wir einen schönerhaltenen
Bronzediskus von 34 cm im Durchmesser auflasen. Er trug
die Weihinschrift eines korinthischen Fünfkämpfers aus der
255. Olympiade (245 n. Chr.). 1
An Inschriften aus allen Theilen der Altis hat es über⸗ haupt nicht gefehlt. Ich erwähne hier nur die des Mänaliers
Damorxenidas mit der Künstlerinschrift des Nikodamos (Paus. c. 6, 3) und 88 des Aristion mit der des jüngeren Polyklet Paus. 6, 13, 6). 1“
b Olympia, den 1. Januar 1880. Georg Treu.
— Die Sing⸗Akademie veranstaltete am Freitag ihr zweites Abonnements⸗Konzert in diesem Winter. Das Proaremm bestand diesmal aus drei Werken, welche durch die Sing⸗Akademie zum ersten Male aufgeführt wurden. Zunächst kam die Missa in A dur von Joh. Seb. Bach zum Vortrag, ein Werk, in dem hornämlich die Chöre durch ihre tiefe weihevolle Innerlichkeit wirken. Sorgfältig vorbereitet und einstudirt wurden dieselben in mustergültiger Weise zu Gehör gebracht. Die Soli, welche dem Vortrage nicht geringe Schwierigkeiten bieten, waren von den Damen Ruediger und Müller und den Herren Senfft von Pilsach und Hauptstein, bewährten Stützen dieser Konzerte, mit anerkennenz⸗ werther Sorgfalt dtca und wurden mit musikalischem Verständniß vorgetragen. Der Bachschen Messe folgte ein Te Deum von Friedrich Kiel. Neben den ernsten, strengen Bachschen Themen und Formen trägt das Werk besonders in dem farbenreicheren Ko⸗ lorit der Instrumentation den Stempel der neueren Kunstrichtung, verfällt jedoch keineswegs in Ideenarmuth und Ausdruckslosigkeit; es bleibt stets vornehm in den musikalischen Gedanken und würde⸗ und stilvoll in der Form. Auch hier war der Vortrag durch die Sing⸗Akademie durchaus lobenswerth. Die Soli wurden von den oben Genannten gesungen; nur an die Stelle des Hrn. Seufft von Pilsach war Hr. Cebrian getreten. Das dritte Werk, welches vorgestern zur Aufführung kam, war die Sinfoniekantate Lobgesang“ von Mendelssohn. In derselben ist dem Orchester eine umfangreichere Rolle zugewiesen. Den Eingang bildet eine sinfonische Komposition, die als Einleitung in ein Werk der Kirchenmusik einen etwas modernen Charakter zeigt. Im Uebrigen zeichnet sich diese Arbeit durch die bekannten Vorzüge der Men⸗ delssohnschen Muse aus, durch den Reichthum an klangvollen Motiven, durch warme Empfindung und durch geschmackvolle, fein⸗ Faxig⸗ Instrumentation, welche Vorzüge durch die gestrige gelungene
nterpretation des Werkes zu voller Geltung kamen. Den Orchester⸗ Part führte die Berliner Sinfoniekapelle, die Orgelbegleitung Hr. Otto Dienel mit gutem Erfolge aus. Hr. Professor Blumner hatte sich wiederum durch die sorgfältige Einstudirung wie durch die sichere Leitung der Vorträge das hauptsächlichste Verdienst um die Auf⸗ führung erworben.
Redacteur: J. V.: Riedel. Verlag der Expedition (Kessel). Druck: W. Elsner.
Berlin: