Wehrgesetzes und des hierauf bezüglichen Erlasses endgültig feststellen. Belgien. Brüssel, 1. März. (W. T. B.) Wie der Etoile Belge“ erfährt, beschloß heute eine Versammlung belgischer Bischöfe in Mecheln auf von Rom aus er⸗ gangene Weisung, daß der gesammte Episkopat an den Nationalfesten theilnehmen werde. Ferner sollen die Schüler aller Anstalten ohne Unterschied zur ersten Kom⸗ munion zugelassen werden und den Geistlichen Instruktionen für den Religionsunterricht zugestellt werden.
Großbritannien und Irland. London, 1. März. (W. T. B.) Das Oberhaus hat heute die Nothstands⸗ vorlage für Irland in zweiter Lesung angenommen.
Im Unterhause brachte der Staatssekretär des Krieges, Oberst Stanley, das bereits bekannte Kriegsbudget ein und hob dabei hervor, daß bei der Aufstellung des Budgets auf alle ohne Beeinträchtigung des Staatsdienstes möglichen Er⸗ sparnisse Rücksicht genommen worden sei. In dem ersten Posten des Budgets wird die Bewilligung von 131 859 Mann für das nächste Finanzjahr beantragt.
— 2. März. (W. T. B.) Das Unterhaus genehmigte in seiner Nachtsitzung sämmtliche Positionen des Kriegsbudgets unverändert. .““ 3
Die „Times“ bespricht die gestrigen Verhandlungen des deutschen Reichstags über die Militärgesetznovelle und kommt dabei zu dem Schluß, daß Graf Moltke die Vor⸗ lage auf ihre natürliche Basis gestellt habe, welche eine durch⸗ aus sichere und harmlose sei und keine Veranlassung biete, den beantragten militärischen Maßregeln eine direkte politische Bedeutung beizulegen.
— (Allg. Corr.) Das Flottenbudget für 1880/81 giebt die für das kommende Finanzjahr erforderliche Totalsumme auf 10 492 935 Pfd. St. an, d. i. 93 959 Pfd. St. weniger als im vor⸗ hergehenden Jahre. In 1880/81 sollen auf der Staatswerfte 41 neue Schiffe mit einer Gesammttragkrast von 11 636 Ton⸗ nen gebaut werden, nämlich 12 Panzerschiffe, 4 Korvetten, 1 Avisoboot, 7 Schaluppen, 15 Kanonenboote und zwei andere Fahrzeuge. Die Stärke der Flottenmannschaft ist einschließlich der Offiziere auf 58 800 Mann angegeben.
— Aus Calcutta wird dem Reuterschen Bureau unterm 24. Februar gemeldet:
Sir John Strachey unterbreitete beute dem gesetzgebenden Rathe seinen Finanzausweis. Die Resultate bezeichnet er als äußerst günstig. Im Finanzjahre 1878/79 war ein Ueberschuß von 2 044 000 Pfd. Sterl. und in 1879/80 einer von 119 000 Pfd. Sterl. vorhan⸗ den. Die Budgetvoranschläge für 1880/81 ergeben einen Ueberschuß von 417 000 Pfd. Sterl. Die Kriegskosten in 1878/79 beliefen sich auf 676 000 Pfd. Sterl., in 1879/80 auf 3 216 000 Pfd. Sterl., und für 1880/81 sind sie auf 2 090 000 Pfd. Sterl. veranschlagt. Nach Abzug der vergrößerten Einkünfte der Eisenbahnen und Telegraphen ist die gesammte Netto⸗Kriegsausgabe bis Ende 1880/81 auf 5 750 000 Pfd. Sterl. veranschlagt. Die Gesammtausgabe für Grenzeisen⸗ bahnen während des laufenden Finanzjahres wird 1 670 000 Pfd. Sterl. und im nächsten Jahre 2 270 000 Pfd. Sterl. betragen. Die gesammte Nettoausgabe unter dieser Rubrik ist auf 3 500 000 Pfd. Sterl. fest⸗ gestellt. Die Ausgabe für produktive Bauten betrug in 1878/79 3 381 000 Pfd. Sterl., in 1879/80 3 700 000 Pfd. Sterl., und für 1880/81 wird sie außer den Auslagen für die ostindische Eisenbahn 2 500 000 Pfd. Sterl. betragen. Den geg⸗nwärtigen Intentionen der Regierung zufolge werden im kommenden Jahre keine neue An⸗ leihen erforderlich sein, falls nicht unvorhergesehene Ereignisse ein⸗ treten, aber die Regierung behält sich die Befugniß vor, im Noth⸗
falle eine Anleihe außunehmen. Die Kassenbilanz in Indien belief sich Ende 1879/80, auf 14 193 000 Pfd. Sterl. und in 1880/81 wird sie auf 11 444 000 Pfd. Sterl. geschätzt.
Sir John Strachey kündigte an, daß die Armeekommission wichtige Maßnahmen zur Erhöhung der Tüchtigkeit der Armee, gepaart mit einer veranschlagten jährlichen Ersparniß von 1 250 000 Pfd. Sterl, in Vorschlag bringt. Dieser Betrag ist im Budget nicht kreditirt. Der Finanz⸗Minister konstatirt, daß seine Pläne bezüglich des Hungersnothversicherungsfonds vollständig gelungen sind und der Zweck dieses Fonds gründlich erfüllt worden sei. Die Beschränkung in den Ausgaben für produktive Bauten auf 2 500 000 Pfd. Sterl. habe indeß die Anstrengungen der indischen Regierung zum Schutze des Landes gegen Hungersnoth durch den Bau billiger Eisenbahnen und Kanäle gehemmt.
Frankreich. Paris, 29. Februar. (Fr. C.) Das „Journal officiel“ veröffentlicht die Ernennungen des Divisionsgenerals Faidherbe zum Großkanzler der Ehren⸗ legion an Stelle des Generals Vinoy und des Brigade⸗ Generals Rousseau zum Generalsekretär des Großkanzlers der Ehrenlegion an Stelle des Generals Durand de Villers.
— 1. März. (W. T. B.) Im Senat gab heute bei der Berathung der Interpellation Schölcher, betreffend die Skla⸗ verei am Senegal, der Marine⸗Minister die erforderlichen Erklärungen ab, worauf das Haus eine Tagesordnung an⸗ nahm, in welcher es sich durch die Ausführungen des Ministers befriedigt erklärte.
Die Deputirtenkammer nahm in erster Berathung den Gesetzentwurf, betreffend die Anlegung neuer Bassins im Süden des Hafens von Marseille, an. — Die Bureaus der Deputirkenkammer werden morgen die Mitglieder der
udgetkommission wählen.
— 2. März. (W. T. B.) Gestern fand im Saale der Rue Arras eine Versammlung von Studirenden statt, in welche sich eine große Anzahl von Fremden eindrängte. Es ging eine Deputation ab, um Blanqui aufzusuchen, damit fr den Vorsitz in der Versammlung übernehme. Die Ver⸗ Lummlung nahm trotz heftiger Reklamationen einen tumul⸗ inarischen Charakter an. Die Majorität faßte einen Beschluß, S dwvelchem gegen die Verhaftung Hartmanns protestirt
nd dessen Freilassung gefordert wird.
Türkei. Konstantinopel, 1. März. (W. T. B.) en Sultan hat der russischen Botschaft sein lebhaftes Be⸗ ern über den Angriff auf den russischen Botschafts⸗ Onou und den Oberst Comaroff ausdrücken lassen. Comaroff ist verwundet. Die Nachforschungen nach asc erbrechern sind im Gange. — Mahmud Damat Admire sich gestern in Tschesme nach hier eingeschifft. Die elei alität hat zwei Schiffe abgesendet, um demselben das
eite bis hierher zu geben. 21 3 Die wegen des in der Nähe von Plevlje stattgehab⸗ 1. usammenstoßes zwischen einer österreichischen Unterfungnie und einer Bande Bewaffneter angestellte silitarbeung. hat ergeben, daß ein österreichisch⸗ungarisches Plevlje 1 achement, nach Beendigung einer Uebung nach Halb nelckkehrend, ein Pelotonfeuer zu hören glaubte, des⸗ Soldaten eehrte und drei Viehhirten, sowie einen türkischen d von dem Dienst habenden Militärkordon verhaftete.
(W Rußland und Polen. St. Petersburg, 1. März
.T. B.) Die Einsetzung der Exekutiv⸗Kommission
sowie die Ernennung des Grafen Loris⸗ sowohl in der Pres se der Hauptstadt, wie in den sonst im Lande erscheinenden Blättern eine lebhafte Zustimmung, die auch von der Bevölkerung getheilt wird.
Heute fand in der Festungskirche anläßlich des Todes⸗ tages des Kaisers Nikolaus ein feierlicher Gottesdienst statt, welchem Se. Majestät der Kaiser Alexander und alle Mitglieder der Kaif Ilschen Familie beiwohnten.
— 2. März. (W. T. B.) Der „Regierungsbote“ bringt an seiner Spitze ein vom 22. Februar datirtes, von dem Reichskanzler Fürsten von Bismarck kontrasignirtes Schreiben Sr. Majestät des Kaisers Wilhelm an 1 11e den Kaiser Alexander, in welchem
seißt:
„ Die bevorstehende Wiederkehr des Tages, an welchem Ew. Majestät vor 25 Jahren die Regierung angetreten haben, bietet Mir den erwünschten Anlaß, Meiner Freade darüber Ausdruck zu geben, daß die Freundschaft, welche Unsere in Gott ruhenden Väter verband, sich auch in Unseren gegenseitigen Beziehungen be⸗ währt hat. In dem Rückblicke auf die Zeit, in welcher sich diese Freundschaft bewährt hat, finde Ich die Zuversicht, daß dieselbe bis an Mein Lebensende ungetrübt bestehen wird. Für Ew. Majestät aber erflehe Ich von Gokt, daß sein Schutz, der Sie in diesem Jahre und noch in diesen Tagen wunderbar behütet hat, Ew. Majestät Ihren Völkern und der Mission segenseichen Wirkens, welche die Vorsehung in Ew. Majestät Hand gelegt hat, noch lange erhalten möge. Mit besonderem Vergnügen benutze Ich diese für Ew. Ma⸗ jestät und Höchstdero Kaiserliches Haus so erfreuliche Gelegenheit, um die Versicherung Meiner wahren Hochachtung und unwandelbaren Freundschaft zu erneuern.
Ferner veröffentlicht das amtliche Blatt einen Kaiser⸗ lichen Erlaß, durch welchen aus Anlaß der heutigen
Regierungs⸗Jubelfeier eine ganze Reihe von rück⸗ ständigen Abgaben und Geldbußen der verschiedenen Klassen der Bevölkerung erlassen wird. Der gesammte
Reichsrath wird Sr. Majestät dem Kaiser um 11 ½ Uhr eine Glückwunschadresse überreichen. Die Vertreter des St. Petersburger Adels haben ihre Glückwünsche in einem an den Minister des Innern gerichteten Schreiben ausgesprochen. Sämmtliche Journale feiern den heutigen fest⸗ lichen Tag durch besondere Leitartikel und geben in den Rückblicken auf das verflossene Viertel⸗Jahrhundert der dank⸗ barsten Anerkennung der von Sr. Majestät dem Kaiser ge⸗ währten großartigen und wohlthätigen Reformen lebhaften Ausdruck. Einstimmig wird die Ueberzeugung ausgesprochen, daß weder auswärtige Schwierigkeiten, noch innere Feinde im Stande sein würden, den regelrechten Entwickelungsgang Rußlands und die Anhänglichkeit des russischen Volkes an sei⸗ nen Kaiser zu erschüttern. 1
Amerika. Washington, 26. Februar. (Allg. Corr.)
Der Senat hat nach einer lebhaften Debatte zu Gunsten der Aufhebung des Gesetzes gestimmt, welches ehemaligen Konföderirten den Eintritt in die Armee der Vereinigten Staaten verwehrte. Im Repräsentantenhause wurde heute eine Reso⸗ lution eingebracht und an ein Comité verwiesen, welche die Monroe⸗Doktrin geltend macht und erklärt, daß jeder inter⸗ oceanische Kanal unter den besonderen Schutz der Ver⸗ einigten Staaten gestellt werden müsse.
— 1. März. (W. T. B.) Die Staatsschuld der Vereinigten Staaten hat im Monat Februar um 5 672 000 Doll. abgenommen. In der Staatskasse befanden
sich ult. Februar 196 352 000 Doll. in Baar.
San Francisco, 25. Februar. (Allg. Corr.) drohende Haltung der Kearney⸗Partei gegen die Chine⸗ sen, sowie gegen die Behörden, welche einen Angriff gegen die Chinesen zu verhindern suchen, verursacht in der Stadt große Unruhe.
Afrika. Egypten. Kairo, 1. März. (W. T. B.) Alle Großmächte, mit Ausnahme Italiens, sind dem Vor⸗ schlage wegen Ernennung einer internationalen Liqui⸗ dationskommission beigetreten.
Aus dem Wolffschen Telegraphen⸗Bureau.
St. Petersburg, Dienstag, 2. März, Vormitt. 10 Uhr. Soeben findet vor dem Winterpalais ein Ständchen der Mi⸗ litär⸗Musikcorps statt. Gelindes Wetter mit durchblickendem Sonnenschein begünstigt die Feierlichkeit. Die Empfangscour wird nach 12 Uhr erfolgen.
St. Petersburg, Dienstag, 2. März, Vormittags 11 Uhr 30 Minuten. Bald nach 10 Uhr hatten auf dem kleinen Platze vor dem Winterpalais Deputationen von je 100 Mann von jedem Garde⸗Regiment Aufstellung genommen, während eine unabsehbare Volksmenge die beiden Plätze vor dem Palais anfüllte. Um 10 ¼ Uhr erschien Se. Majestät der Kaiser auf dem Balkon und wurde von den Soldaten und der Volksmenge mit unbeschreiblichem Jubel empfangen. Der Kaiser verweilte etwa eine halbe Stunde auf dem Balkon, fortgesetzt von den freudigen Zurufen und den Segenswünschen der zahllosen Menschenmenge begrüßt. Während die Militär⸗ Musikcorps die Hymne: „Gott erhalte den Czaren“ spielte, wurden 101 Kanonenschüsse gelöst. Zugleich begannen die Glocken sämmtlicher Kirchen zu läuten. Die Stadt ist bis in die entlegensten Theile reich mit Flaggen geschmückt. Gegen⸗ wärtig beginnt in der Kirche des Winterpalais der Fest⸗ gottesdienst. 38
St. Petersburg, Dienstag, 2. März. Aus allen Theilen des Reiches und aus allen Gesellschaftskreisen sind Sr. Majestät dem Kaiser zum heutigen Tage überaus zahl⸗ reiche Geschenke und Darbringungen aller Art übersandt wor⸗ den. Stistungen der verschiedensten Art sind zum Gedächtnisse des Tages gemacht worden.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Das Reichsgesetz über den Unterstützungswohnsitz, vom 6. Juni 1870,Cerläutert nach den Entscheidungen des Bundes⸗ amtes füͤr das Heimathwesen von Wohlers, Geheimer Ober⸗Regie⸗ rungs⸗Rath, Mitglied des Bundesamtes fur das Heimathwesen. 1880. Zweite vermehrte Auflage. Berlin, Franz Vahlen. (Cart. Preis 2,40 ℳ) — Diese neue, erheblich erweiterte Auflage des im Jahre 1876 zuerst erschienenen Buches stützt sich durchweg auf die von demselben Verfasser berausgegebenen „Entscheidungen des Bundes⸗ amtes für das Heimathwesen“ und liefert daher nur authentisches Material. Der Kommentar giebt ein übersichtliches Gefammtbild der Rechtsprechung des mehrgenannten obersten Gerichtshofes in Streitsachen der Armenverbände, wie dieselbe sich im Laufe der seit der Einsetzung des Bundesamtes veiflossenen acht Jahre entwickelt hat, und dürfte sich deshalb den zur Anwendung des Reichsgesetzes
über den Unterstützungswohnsitz berufenen Personen und Behörden als ein willkommener Rathgeber erweisen. 8 —
Melikoff sindet
Die
j eine recht freundliche Aufnahme.
Gewerbe und Handel. 8 dem Ausschuß des Centralverbandes
Eine deutscher Industrieller beschlossene, gestern dem Reichs⸗ “ von Bismarck zugegangene Abresse lhichs.
von
„Hochgebietender Herr Reichskanzler! Durchlauchtigster Fürst! Aus allen Gegenden und aus allen Hauptzweigen der deutschen In⸗ dustrie heute zahlreich hierselbst versammelt, bittet der Au schuß des Centralverbandes deutscher Industrieller das Zeugniß entgegennehmen zu wollen, daß die von Ew. Durchlaucht ins Leben gerufene Reform unseres Zolltarifs auf vaterländischer Grundlage schon jetzt die wohlthätigsten Wirkungen hervortreten läßt, obwohl viele Positionen desselben erst sei in thatsächlicher Geltung sich befinden. Das Vertrauen ist zurück⸗ gekehrt, an vielen Stätten des deutschen Gewerbefleißes zeigt sich neue rege Thätigkeit, die auch dem Arbeiter durch regelmäßigere und ver⸗ mehrte Beschäftigung schon jetzt eine bessere Existenz sichert. — Wenn es Ew. Durchlaucht Bemühungen gelingt, wie wir nicht zweifeln, unserem Vaterlande den Frieden zu erhalten, so wird eine lange Pe⸗ riode der Woblfahrt und des wirthschaftlichen Gedeihens bei uns einkehren. — Möchte die Vorsehung, die sich der deutschen Nation in dem letzten Jahrzehnt so güͤtig und gnädig erwiesen hat, Ew. Durchlaucht Gesundheit stärken und Hochdieselben noch recht lange dem dankbaren deutschen Vaterlande erhalten.“ „— Der Courz für die 8 hier zahlbaren Silber⸗Coupons österreichischer Eisenbahnpapiere ist auf 172 ℳ für 100 Fl. österreichisches Silber herabgesetzt worden. Verkehrs⸗Anstalten.
Plymouth, 1. März. (W. T. B.) Der Hamburger Postdampfer „Westphalia; ist hier eingetroffen.
New⸗York, 1. März. (W. T. B.) Der Damyfer des Norddeutschen Lloyd „Donau“ ist heute hier eingetroffen. .
Berlin, 2. März 1880.
Die Berliner Beamtenvereinigung bielt am Montag Abend unter Vorsitz des Geheimen Regierungs⸗Raths Bosse im obe⸗ ren Saale des Restaurants Becker seine diesjährige Generalversamm⸗ lung ab, in der über das zweite Vereinsjahr Rechenschaft abgelegt wurde. Die Zahl der Mitglieder hat sich im verflossenen Jahre, in dem der Verein die Rechte einer juristischen Perfon erlangt hat, von 226 auf 306 erhöht und betrug Ende Februar d. J. bereits 332. 15 schieden im Vorjahre aus, 95 traten neu ein. außerordentliche Spareinlagen gingen ein 20 742 ℳ; davon wurden wieder zurückgezogen 4365 ℳ, so daß als Ergebniß der Sparthätigkeit des Jahres 16 377 ℳ verblieben. Das Darlehnsgeschäft hat sich wesentlich erweitert; es wurden an 29 Mitglieder zusammen 5070 ℳ ausgeliehen, wovon 1995 ℳ wieder zur Rückzahlung gekommen sind, so daß der Verein einschließlich 525 ℳ ungetilgte Darlehen aus 1878 3600 ℳ ausstehende Forderungen hat. Insgesammt besitzt der Verein ein Vermögen von 30 061 ℳ An Stelle des ausscheidenden Vorstandsmikgliedes Rechnungs⸗Raths Götze wurde Geh. Sekretär Bohne in den Vorstand gewählt, der sich im Uebrigen aus denselbei Herren wie im Vorjahre zusammensetzt.
1.“ 8* In der zweiten Versammlung der Badeärzte am 29. v. M. hielt Dr. Lender⸗Kissingen einen Vortrag über das Thema: Ist eine der Ursachen apoplectischer Anfälle physika⸗ lischer oder chemischer Natur? Ein Astronom und Meteo⸗ rologe glaubte in dem raschen Herabgehen des Barometers eine Ursache von Hirn⸗ und Schlagfluß gefunden zu haben, weil er der Ansicht war, daß Sauerstoff und Kohlensäure in Blut und Säften physikalisch geloͤst seien; allein sie sind chemisch gebunden, und so war es nicht wahrscheinlich, daß ein Fallen des Barometers um 40 bis 50 Millimeter selbst dann Hirnschlag hervorrufe, wenn die Blut⸗ gefäße brüchig geworden sind. Dreizehn bayerische Stationen sowie viele Gegenden in Preußen hatten am vergangenen 5. De⸗ zember sehr niedrige Barometerstände. Eine statistisch⸗medi⸗ zinische Unterfuchung hat aber das Resultat ergeben, daß damit kein hervorragendes Auftreten von Schlagflüssen verbunden war. Eben⸗ sowenig hat die Wärme des Sommers einen nachweisbaren Einfluß auf die Erzeugung dieses Zustandes. Wohl aber glaubt Redner auf drei verschiedene chemische Körper aufmerksam machen zu sollen, von denen man eine Herbeiführung der Apoplexie erwarten könne. Nitkotin macht vielleicht, oxydable Körper mit Fäulnißorganismen höchst wahr⸗ scheinlich, zu starke diätetische Zufuhr von Kohlensäure sicher Schl g⸗ fluß; letztere Patienten haben kalte feuchte Hände ohne Milzanschwell.. lung; diejenigen, deren Blut durch oxpdable Körper verunreinigt ist, haben kalte und feuchte Hände, sowie Milzanschwellung. Die letzteren sind geneigt zu serösen Ergüssen ins Auge, in die Gelenke und ins Gehirn; man kann sie durch freie Luft und Chinin oder Ozon her⸗ stellen und schützen. Der Vortragende stellte einen solchen Fall, der vor 12 Jahren eine Dame betraf, vor.
Der Vorsitzende dankte Hrn. Dr. Lender dafür, daß er die bis⸗ her arg vernachlässigte Stiefschwester der Balneologie, die Meteoro⸗ logie, mit in die Verhandlungen der Sektion eingeführt babe. Er bat, dieses Thema im nächsten Jahre wieder aufzunehmen und gewisse andere Krankheitserscheinungen, z. B. Lungenblutungen, welche ohne allen Zweifel von den meteorologischen Verhältnissen ab⸗ hängig seien, zu besprechen, dafür aber in diesem Jahre auf die Dis⸗ kussion zu verzichten. Die Versammlung trat dem bei.
Dresden, 1. März. (W. T. B.) Im Abrahamschachte bei Freiberg ist gestern die Fahrkunst gerissen, wobei 13 Per⸗ sonen verunglückten; 11 von denselben wurden getödtet, zwei blieben bewußtlos.
Das
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Im Residenz⸗Theater ging gestern neue System“, Schauspiel in 5 Akten von Björnstjerne Björnson zum ersten Male in Scene. Der Name des norwegischen Verfassers erfreut sich seit mehreren Jahren eines guten Klanges in der dramatischen Lite⸗ ratur. Seine Dramen, „Ein Fallissement“ und „Die Stützen der Gesellschaft“ sind in seiner Heimath wie auf deutschen Bühnen mit vielem Erfolge aufgeführt worden. Dieses jüngste, hier bisher noch unbekannte Werk, steht nicht auf gleicher Höhe mit den beiden genannten, obwohl dasselbe gleichfalls bedeutende Vorzüge besitzt, die es zu einem schätzenewerthen, unterhaltenden Stücke machen. Seine starken Seiten bilden die Episoden, in deren Gestaltung Björnson Meister ist. Vortrefflich gelungen ist der wohl getroffene Lokalton, die mit malerischer Anschaulichkeit gezeichneten Details, die wie auf einem Genrebilde wirken, in welchem das Volts⸗ leben in seiner Eigenart zu plastischem Ausdruck kommt. Gegen diese mehr epischen Vorzüge des Stückes tritt das eigentlich dramatische Element sehr merklich in den Schatten; es fehlt an einem ausreichenden sceuischen Aufbau, an einem wirklich dramati⸗ schen Konflikte und an einer fortschreitenden Handlung. General⸗ direktor Riis hat ein „neues System“ im Eisenbahnbau eingeführt und damit alle Welt für sich gewonnen. Da kommt ein junger Ingenieur und zeigt in einer Brochüre, daß dieses „neue System“ ein falsches fei und Reis muß nun bald erleben, wie alle seine früheren An⸗ hänger von ihm abfallen und auf die Seite Fencs, kreten. Der Widerstreit wird dadurch ausgeglichen, daß Riis dem jungen talentvollen Ingenieur seine Tochter Karen zur Frau giebt und sich so mit der gegnerischen Partei aussöhnt. Worin cigentlich „das neue System“ besteht, wird nicht klar, und schwerlich dürfte der Dichter den Zuschauer für oder gegen dasselbe erwärmt haben, da es ihm nicht gelungen ist, von demselben irgend eine dramatische Aktion ausgehen zu lassen. Alle Anerkennung rer⸗ dient die Darstellung des Stückes im Residenz⸗Theater. Frl. Wien⸗ rich, Frl. Gerber und Fr. Ernst zeichneten sich in den weiblichen Hauptrollen aus, während die bedeutenderen Männerrollen von den Herren Haack, Beckmann, Paul, Patonay und Scheedel zu voller Geltung gebracht wurden. Das Stück wie die Darstellung fanden
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