1880 / 89 p. 1 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 15 Apr 1880 18:00:01 GMT) scan diff

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Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht:

dem ichts⸗ Rath Siemens zu Celle den Rothen Adler⸗Orden dritter Klasse mit der Schleife; dem ordentlichen Professor Dr. Nesselmann an der Universität zu Königs⸗ berg, dem Provinzial⸗Schulrath Fürstenau zu Berlin, dem Landrath von Seydewitz zu Bitterfeld, dem Justiz⸗Rath Hassenstein zu Gumbinnen, dem Domänen⸗Rath Beck⸗ mann zu Peine, dem Rechnungs⸗Rath Lind zu Fürstenwalde, disher zu Rüdersdorf, dem pensionirten Kreisgerichts⸗Sekretär, Kass ntroleur und Sportelrevisor Rietz zu Heydekrug und dem pensionirten Steuereinnehmer Kollwitz zu Egeln im Kreise Wanzleben den Rothen Adler⸗Orden vierter Klasse; dem Pfarrer Dr. Beising zu Essen den Königlichen Kronen⸗ Orden dritter Klasse; dem Herzoglich Arenbergischen Forstkassen⸗ Rendanten Breucker zu Recklinghausen den Königlichen

Kronen⸗Orden vierter Klasse; sowie dem Seminardiener Jo⸗ 2 dem Fabrikarbeiter beck Allgemeine Ehrenzeichen

hannes Franke zu Friedrich Drewes zu zu verleihen.

Deutsches Reich.

Der Postinspektor Unger und der General⸗Postkassen⸗ ter Geisler in Berlin imen expediren⸗

Bu sind 7. Ge eekretären und Kalkulatoren im Reichs⸗Postamte ernannt.

den Flaggenatteste find ertheilt worden:

1) vom Kaiserlichen Konsulat zu Liverpool vom 15. v. M. dem im 1869, in Bath (Staat Maine, B. St. u. A.) erbauten, r unter der Flagge der Vereinigten Staaten von Amerila gefahrenen Vollschiff „Camelia“ früher „Genevieve Strickland“) von 1336,16 Register⸗ ons Ladungsfähigkeit, und 2) vom Kaiserlichen General⸗Konsulat zu London am 27. v. Mts. dem im Jahre 1864 in Liverpool erbauten, bisher unter britischer Flagge gefahrenen eisernen Vollschiff „Rajah“ von 1257,76 Register⸗Tons Ladungsfähigkeit nach dem Ueber⸗ gange beider Schiffe in das ausschließliche Eigenthum des emischen Staatsangehörigen Diedrich Schilling BS Bremen, welcher Bremen zum Heimathshafen derselben gewählt hat.

Königreich Preußern.

Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht: den außerordentlichen Professor in der philosophischen Fakultät der Universität zu Göttingen Dr. Adalbert Bez⸗ zen berger zum ordentlichen Professor in der philosophischen Fakultät der Universität zu Königsberg zu ernennen; und die . des bisherigen Rektors, Professors Dr. Karl Wilhelm Unverzagt, zum Direktor der Realschule zweiter Ordnung in Wiesbaden zu bestätigen.

Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht: den Gerichts⸗Assessor Solbrig in Exin zum Amtsrichter zu ernennen.

Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten.

Die ordentlichen Lehrer Dr. Oskar Guttmann am Gymnasitum zu Ratibor, Ehlers, Dr. Scheer und Jsrael an der Realschule II. Ordnung in Hanau sind zu Oberlehrern ernannt worden. 8

Justiz⸗Ministerium.

Der Rechtsanwalt Dr. juaris Karl Nikolaus Ber sber a. 8 F zum Notar im 8— des öber Lanher⸗ zu Frankfurt a. M., mit Ausnahme der Hohen⸗ zollernschen Lande, unter Anweisung seines Wohnsi i Frankfurt a. M., ernannt n ds

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Nichtamtliches. Deutsches Reich. 8

Preußen. Berlin, 15. April. Se. Maje er Kaiser und König fuhren gestern Nachmitta 28. nhr in Begleitung der Koͤniglichen Prinzen mittelst Extrazuges nach Rathenow zu dem Reiterfest, welches necg n Regiment zur Feier des vor 150 Jahren erfolgten Eintrilts Hans Joachims von Zieten unter Husaren veranstaltet hatte. Um 11 ½ s eehrten Se. Majestäͤt nach Berlin zurück.

„Heute höoörten Se. Majestät den Vortrag des Chess des Militär⸗Kabinets, Generals von Albedyll.

Ihre Majestät die Kaiserin und Königin be⸗ suchte gestern die Kaiserin⸗Augusta⸗Stiftung in Charlotten⸗ burg und war Abends in niglichen Kapelle anwesend.

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Alle Pest⸗Anstalten nehmen Aestellung an;

8 für Berlin außer den Post⸗Anstalten auch die Expe⸗ 8

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15. April, Abends.

Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz wohnte gestern Vormittag dem Bataillons⸗Exer⸗ zieren auf dem Tempelhofer Felde bei, empfing gegen 12 Uhr den Geheimen Ober⸗Baurath Herrmann sowie den Geheimen Ober⸗ Justiz⸗Rath Starke und demnächst den Wirklichen Geheimen Rath von Schuhmann.

Nachmittags 4 ½ Uhr begab Sich Se. Kaiserliche Hoheit mit dem Kaiserlichen Extrazuge der Lehrter Bahn zum Reiter⸗ fest des Brandenburgischen Husaren⸗Regiments (Zietensche Husaren) Nr. 3 nach Rathenow. 1t

In der am 14. d. M. unter dem Vorsitze des Staats⸗ Ministers Hofmann abgehaltenen Sitzung des Bundesraths erfolgte die Ueberweisung der Vorlagen, betreffend: a. den Stand der französischen Kriegskosten⸗Entschädigung, b. die all⸗ gemeine Rechnung über den Reichshaushalt für 1875, an die zuständi gen Ausschüsse, während bezüg⸗ lich eines Antrages Preußens auf Revision und Vervollständigung der Geschäftsordnung des Bundesraths vom 27. Februar 1871 beschlossen wurde, die Berathung ohne vor⸗ herige Verweisung an einen Ausschuß im Plenum, und zwar in doppelter Lesung stattfinden zu lassen. Zugleich wurden die mit den Funktionen der Referenten zu betrauenden Mit⸗ glieder gewählt.

Die Versammlung ertheilte hiernächst, nach dem Gutachten der berichtenden Ausschüsse, den Gesetzentwürfen wegen Ab⸗ änderung des Art. 4 des Münzgesetzes und wegen Unter⸗ stützung der Deutschen Serhandelsgesellschait die Zustimmung und genehmigte ferner, einem Präsidialätitrage en end, daß der für den Umlauf der Neichskafsenscheine in Abschnitten zu 5 bestimmte Betrag von 50 Millionen Mark auf 40 Millionen Mark herabgesetzt wird.

Schließlich wur Kommissarien zur Berathung von Vorlagen im Reichstage ernannt und über die geschäftliche Behandlung der neuerdings eingegangenen Petitionen Be⸗ stimmung getroffen.

Im weiteren Verlaufe der gestrigen (29.) Sitzung nahm der Reichstag den mündlichen Bericht der Petitions⸗ kommission über Petitionen entgegen. Die Petitionen der Gemeinden eeer; im Auftrage der Großherzoglich hes⸗ sischen Bürgermeisterei zu Bingen, und der Gemeinden Rüdes⸗ heim, Geisenheim, Winkel, Johannisberg ꝛc. im Rheingau, das Verbot der Einfuhr bewurzelter Gewächse aus dem Auslande und das Verbringen von Reben und Rebtheilen, aus⸗ schließlich der Trauben, über die Grenzen des Gemeindebezirks betreffend, beantragte die Petiticnskommission durch ihren Be⸗ richterstatter Abg. Frhrn. von Lerchenfeld, dem Herrn Reichs⸗ kanzler mit dem Ersuchen zu überweisen:

1) zu veranlassen, daß ähnliche Bestimmungen wie die des preußi⸗ schen Gesetzes vom 27. Februar 1878 für das ganze Reich erlassen werden; 2) Maßregeln zu treffen in Bezug 4 den Versandt von Reben (Blindholz oder sog. Schnittlinge oder ganz besonders Wurzelreben) durch Handelegärtnereien, Reh⸗, Baum⸗ und Pflanz⸗ schulen, und 3) in Erwägung zu ziehen, ob etwa zum Schutz des deutschen Weinbaues und zur Verhütung der internen Verschlep⸗ pung der Reblaus, abgesehen von der sofortigen Ausführung der internationalen Konvention, weitere Beschränkungen des Reben⸗

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gensche Husaren⸗

versandts im Inlande in Aussicht zu nehmen seien.

Die Abgg. Dr. Schulze, Dr. Thilenius und Dr. Schröder beantragten, an die Stelle der Nr. 3 des Kommissionsantrages die folgende zu setzen:

„ferner im Wege der Reichsgesetzgebung den Verkehr mit Reben und Rebentheilen, ausschließlich der Tranben, in denjenigen Gegen⸗ den des Deutschen Reiches, in denen Weinbau getrieben wird, zu untersagen und das eeee mit angemessener Strafe zu belegen. Unter Weinbau wird die Kultur von Rehen zum Behufe der Weinbereitung verstanden. Die bezirksweise Abgrenzung der dem Verbot zu unterstellenden Weinbandistrikte wird durch die be⸗ treffenden Landesregierungen bestimmt.“

Der Abg. Dr. Schröder (Frieoberg) beantragte, außerdem in Nr. 1 statt „für das ganze Reich“ zu sagen: „in den ein⸗ elnen Bundesstaaten“. Der Antragsteller führte aus, daß sein Vorschlag sachlich keine Abweichung von dem Kommis⸗ enthalte. Die Kompetenz des Reiches, die übrigens chon durch das Reichsgesetz von 1875 festgestellt sei, solle nicht in Frage gestellt werden. Die von der Kommission vorgeschlagene Fassung könnte den Irrthum erwecken, als ob es um ein Rei⸗ setz handle, während doch die Peti⸗ tionskommission selbst nur landesgesetzgeberische Maßregeln erwarte. em preußischen Beispiele seien schon einige Einzelstaaten gefolgt, so Hessen und Baden. Die preußischen Bestimmungen seien theils Ausführungen der bekannten inter⸗ nationalen Konvention, theils hätten sie auch einen Schutz im des Landes schaffen wollen. Die dadurch entstehenden

osten fielen den Einzelstaaten zur Last, deshalb sei sein An⸗ trag zu empfehlen. Ferner habe das Reichsgesetz von 1875 Eehen der mangelhaften Organisation nicht den erwarteten ang gehaht, denn die Reichskommissare seien erlahmt, weil

bei den Einzelstaaten keine Unterstützung gefunden hätten. die Einzelstaaten seien in ihrem eigenen Interesse in sacten.

dem Symphonie⸗Concert der Kö⸗ 1 2

Sachen intensiver thätig als diejenigen, die von außen dahin 212— würden. Daß der Antrag die Reichskompetenz nicht in Frage stelle, heweise wohl der Umstand, daß er, der Antrag⸗

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steller, auch den Antrag Thilenius mit unterzeichnet habe.

Der Abg. Dr. Buhl erklärte, er müsse gestehen, daß er immer mit einer gewissen Befangenheit in dieser Angelegenheit hier im Hause das Wort ergreife. Denn die ganze Sache habe doch für den größten Theil Deutschlands nur ein ent⸗ serntes Interesse und, er glaube, der Name des gesährlichen Feindes, mit dem man es hier zu thun habe, trage manches dazu bei, um die Besorgnisse abzuschwächen. Bedenke man aber, daß Frankreich von einem Besitz von 15 Milliarden Franken an Weinbergen schon über 4 Milliarden im Jahre 1877 durch dieses verheerende Insekt verloren habe, daß dort alle Hülfsmittel wirkungslos geblieben seien, daß die Krankheit unaufhaltsam Fortgang nehme, daß Frankreich, von der Noth gedrängt, seine vortrefflichen Traubensorten mit den viel werthloseren amerikanischen, die im deutschen Klima überhaupt nicht reiften, hätte ersetzen müssen, und wenn man ferner bedenke, daß in Deutschland zwei Millionen Menschen mit ihrer Existenz am Weinbau hingen, so glaube er, daß man die Bemühungen, die man hier angestellt habe, nicht zu bereuen haben würde. Leider glaubten noch Viele, die Kran in ee. selber sei nicht die Folge der Reblaus und das deutsche Klima schütze Deutschland vor dieser Gefahr. Er halte sich für verpflichtet, diese beiden Ansichten in erster Linie zu bekämpfen. erster Linie habe der von den kompetentesten Sachverständigen be⸗ 8 ongreß zu Lausanne einstimmig sein Votum dahin ausge⸗ prochen, daß die Reblaus, aus Amerika eingeschleppt, die ursprüng⸗ liche und alleinige Ursache der nach ihr benannten Krankheit sei, und tens daß die mehr nördliche Lage die Krankheit zwar aufhalte, Verbreitung aber doch nicht hindere. Es sei also anerkannt, daß die Gefahr in Deutschland zwar langsamer fortschreite, daß ihr Schlußerfolg aber derselbe sei wie in irgend einem der bi infizirten Länder. Zu die⸗ sen Erfahrungen kämen die in Kloster⸗Neuburg 5. hinzu, wo unter analogen Verhältnissen wie am Rhein die eee; trotz der besten Pflege zerstört worden seien. Er selbst habe 24332— gehabt, im oberen Rhonethale eine derartige Infektion zu beobachten, deren Anfänge auf 8 bis 10 Jahre zurückverlegt werden müßten. Die Entwickelung sei anfangs eine langsame, aber doch stetig fortschrei⸗ tende gewesen, so daß man hätte genau berechnen kön⸗ nen, daß in wenigen Jahren von diesen über 100 Hek⸗ taren großen Weinbergen kein Stock mehr existiren würde. Aus den des Kongresses sei es zur Evidenz klar geworden, daß die in Deutschland zwar lang⸗ 2 fortschreite, aber daß Deutschland doch schließlich der⸗ eellbe Zustand drohe, der sich jetzt in Frankreich vorfände. Aus der Denkfschrift, welche die Reichsregierung über die Ver⸗ breitung der Krankheit habe zusammenstellen lassen, ersehe man, daß an einigen Stellen die Krankheit schon jetzt eine ebenso rasche Entwickelung genommen habe, wie in FFrank⸗ reich. Man habe darin ein Beispiel davon, was das Schick⸗ sal des deutschen Weinbaues sein würde, wenn die Krankheit einmal festen Fuß gefaßt habe. Mit dem Antrag Schröder sei er nicht einverstanden. Was für Mittel habe der Reichs⸗ kanzler, um in die Gesetzgebung der Einzelstaaten wirksam ein⸗ greifen sn können? Es seien in Deutschland 20 Infektionsherde nachgewiesen, denen gegenüber nur ein rasches und energisches Vorgehen von Erfolg sein könne. Der Antrag Schröder würde nur ein langsames und lückenhaftes 1 n ermög⸗ lichen können. Er bitte daher, an dessen Stelle die Kommissions⸗ beschlüsse zu 1 und 2 anzunehmen. Der Nr. 3 der Kom⸗ missionsbeschlüsse gegenüber müsse er das Bedenken geltend machen, daß die preußischen Bestimmungen nicht weit genug gingen. Obwohl beispielsweise in Erfurt die gefährlichsten Infektionsherde vorhanden seien, sei man daselbst doch nicht zu einem ernergischen Verbot des Rebenhandels geschritten. Die durchgreifendste Maßregel bestehe darin, daß man den Rebenversandt in Deutschland Pershaune, oder doch wenigstens nach den weinbautreibenden Kreisen, wie es der Antrag Schulze (Delitzsch) vorschlage, verbiete. Er bitte daher, den letztgedachten Antrag anzunehmen.

Der Abg. Ackermann brachte eine Petition von 30 säch⸗ sischen EE“ zur Sprache, welche sich gegen die⸗ jenige Bestimmung der internationalen Reblauskonvention wende, in welcher festgesetzt werde, daß alle Pflanzen ohne Ausnahme beim Versandt verpackt und die Wurzeln durchaus von Erde frei sein sollten. Die deutsche 285 delsgärtnerei versende Ziergewächse, wie Azaleen, Kamelien, Rhododendrons ꝛc. in Massen in das Ausland; die Pflanzen müßten aber an ihren Wurzeln etwas Erde behalten, da sie sonst eingingen. Jene Bestimmung durchführen, heiße also nichts Anderes, als die deuts Gärtnerei verhindern, jene Pflanzen weiter zu kultiviren und in das Aus⸗ land zu senden. In Anbetracht dieser besonderen Verhältnisse hätte er gern gesehen, daß die Petition dem Reichskanzler zur „Berücksichtigung“ überwiesen würde, er begnüge sich jedoch mit dem Votum der Kommission zur „Erwägung“. Komme die Reblaus nur an . den Pflanzen nicht welche wissen iche Frage noch nich 8 Mahn sei dann könne dem Antrag der Petenten ohne Weiteres gewillfahrt werden; zeige sich das 8 müßten Vorkehrungen getroffen werden, welche es ermoͤglichten,