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nahe stehende preußische Angelegenheit — e; aber der Drang anderer auch von mir nicht zu verlassender Geschäfte nöthigen mich, ießt das Wort zu ergreifen, und ich thue das um so lieber, als ich um ersten Mal seit langer Zeit Gelegenhbeit habe, mein Einver⸗ ändniß in vielen Punkten mit dem Herrn Vorredner zu konstatiren, 8s ist mir in meinem ganzen Leben noch nicht passirt, ich werde darauf nachher zurückkommen; ich will nur erst, um den guten Ein⸗ druck bis zuletzt aufzuschicben, auf einige Sätze, die namentlich er für den Schluß seiner Rede ausbemwahrt hat, gleschsam als hätie es ihm leid gethan, mir in so vielen Punkten ent eegengekommen zu sein, die aber eigentlich mit diesem Gesetz nur in einem sehr lockeren Zusam⸗ menhange stehen, erwidern. Ich muß, da ich in dem weitumfassenden Material, was der er Vorredner der Diskussion unterbreitet hat, meinerseits in eine gstematische Behandlung unmöglich eintreten kann, — auch wenn ich nicht viele andere Sachen im Kopfe hätte, wäre es mir doch unmöglich, eine so umfassende, alle Verhältnisse der Menschen berührende Rede zu kehalten und spstematisch zu besprechen; ich muß mich o auf einen mechanischen Weg beschränken an der Hanrd der No⸗ tigen, die ich mir habe machen können, wo aber doch mein Bleistift der Beredtfamkeit nicht zu folgen vermochte, rückwärts einige der Ansichten zu widerlegen oder zu widersprechen — denn widerlegen kann man bekanntlich Niemand, er behält doch Recht — aber doch Cinigem zu widersprechen. Ich fange damit an, daß ich ganz be⸗ stiumt wider preche: ich habe Niemand irgend ein Versprechen ge⸗ gehen, ich habe weder ein Huhn im Topfe Jemandem versprochen, noch senst etwas irgend Jemandem, und dies bezeichne ich als einen als einen unfreiwilligen Jrrthum in den Aeußerungen des Varredners, als hätte ich irgend welche Versprechungen ge⸗ macht. Ich hbin zu den Herren, die die Steuern zu bewilligen das Kacht haben, als Bittender, als Bettler im Namen der Armen ge- teumen, aher damit habe ich nichts versprochen, ich habe bisher tbeilt direkte Körbe bekommen, theils hat man mich dilatorisch
wcandelt, indem die Anträge der Regierung, die auf eine beütmmte Aeußerung berechnet waren dem Lande gegenüber,
an die Stellung der Regierung klar zu machen, indem man die im Keichstage urd wie es scheint, auch hier in den Ausschüssen einge⸗ hat, so daß man sich davon dispensirt hat, eingehende Meinungs⸗ erungen öffentlich geben zu müssen. Ich hoffe, daß dieses Gesetz er Behandlung nicht unterliegen wird, wie schon der Herr Finanz⸗ Minister vor mir in den wenigen Worten, die ich von ihm gehört habe, auseinandergesetzt hat, und sollte der Zeitraum zu kurz sein bis 12— Eintritt des Reichstages, dieses Gesetz zu erledigen, so wird die — Regierung in der Nothwendigkeit sein, zu überlegen, ob sie rwilligung des Landtages oder durch Berufung einer beson⸗ deren Session dies Gesetz weiter zu erledigen sucht.
Ich darf ferner dem Herrn Vorredner darin widersprechen, daß die vielleicht richtige, vielleicht unrichtige Thatsache, daß die Königs⸗ berger Arbeiter über Mangel an Arbeit geklagt haben, in keiner Weise gegen unsere Zollgesetzgebung spricht. Nicht diese Zölle, diese
ich auf 1 bis 1 ½ ℳ an Grundsteuer für jeden Scheffel Roggen komme, den ich verkaufe. Ich 9 nicht, daß ich mehr Scheffel Korn von meinen Gütern ver laufe, als ich Mark, resp. ℳ 1,50 Grundsteuer bezahle. Ich will das nicht so bestimmt hin⸗ stellen, aber ich empfehle Jedem die Rechnung anzustellen, dann wird er wissen, wie hoch der inländische Getreidebau besteuert ist. Von der Vertheuerung dadurch für die Arbeiter hat man bisher nicht ge⸗
sprochen.
Ich will mich nicht für Abschaffung der Grundsteuer hier erklären, ich will mich an den Rahmen dieses Gesetzes halten; das liegt nicht darin, und ich theile alle die Bedenken, die dagegen gel⸗
Ich halte die Grundsteuer für einen ungerechten
b daß
tend gemacht werden. Maßstab für Zuschläge.
ie Auflegung der Grundsteuer war meines Erachtens Ungerechtigkeit, und es freut mich, heut gehört zu haben, Richter damals dagegen gewesen ist; geglaubt, es freut mich, ich spreche nachträglich aus.
. „Ich bin auch dagegen gewesen und habe auf den Wunsch meines höchsten Herrn, ich möchte im Herrenhaus sprechen, es abgelehnt und gesagt: ich kann es dulden, aber ich kann nicht dafür stimmen. Diese Ungerechtigkeit ist 18 Jahre her, und es ist sehr schwer, sie wieder gut zu machen, ohne eine neue Ungerechtigkeit zu begehen. Ich habe mich auch deshalb nie dafür verwandt, die Grundsteuer zu vermin⸗ dern, und warte darüber die Vorschläge Anderer ab, ohne ihnen heute zu widersprechen; ich halte es für einen unpraktischen Weg aus den Gründen, die schon geltend gemacht worden sind. Wohl aber ist
eine große daß Herr
ich hätte das eigentlich kaum ihm meine Anerkennung dafür
mein Bestrehen, dahin zu wirken, daß die Grundsteuer⸗ Erhebung nicht ferner ein Maßstab für die Zuschläge der Kommunalsteuer bilde; denn dadurch wird die Un⸗ gerechtigkeit in jedem Jahre von Neuem wiederholt. Derselbe
Mann, der, ich will sagen, 800 oder 1000 Thlr. Einkommen hat und der sein Einkommen aus dem Grundbesitz bezieht, wird schon, wenn er ganz unverschuldet ist, nach der von mir vorhin gegebenen Rechnung 9 bis 10 % von seinem Einkommen als Unterlage für Feschläg⸗ hergeben müssen. Der Nachbar von ihm, der dasselbe inkommen ohne Grundbesitz bezieht, wird mit 3 % Einkommen⸗ steuer abgefunden sein, und dabei wird dasjenige Einkommen, das fundirte, das nicht aus dem Grundbesitze ist, viel schwerer zu taxiren sein und sich in der That in hohem Maße der Veranlagung: da stimme ich wieder mit dem Herrn Vorredner überein. Die Er⸗ träge der Landwirthe liegen von Gottes Sonne klar beleuchtet offen da; daß da das Bestreben vorwalten möge, sie möglichst herabzu⸗ drücken, daß auch eine gewisse Gevatterschaft und Nachbarschaft bei der Kommission möglich sein mag, gebe ich zu; aber pach der Ein⸗ schätzung zur Grundsteuer, und nach dem, was man wachsen sieht, übersieht man den Landwirth und kann ihn vollständig auch zur Einkommensteuer heranziehen; hat er aber nebenher noch Kapitalien, so kann er die verschwrigen; wer nur Kapitalien hat, hat noch ein viel größeres Gebiet zum Verschweigen. Der Herr Vorredner nannte die Wehrsteuer eine Art veuer
unbedeutenden Zölle im Vergleich mit dem, was die „russischen Händler verdienen, halten den russischen Export zurück, son⸗ dern einfach die Mißernten im südlichen und südöstlichen Ruß⸗ land, für die können wir nicht. Darin liegt es aber gerade, daß der Abg. Richter, der jede Unterbrechung durch eine andere Meinung über staatswirthschaftliche Probleme in kathedraler Manier zurück⸗ weist, sich etwas belehrt, daß hierin gerade eine Aufforderurg liegt, die inländische Landwirthschaft zu fördern, aufzumuntern und zu er⸗ muthigen, und uns nicht auf Rußland zu verlassen.
Die russischen Mißernten entstehen viel leichter, wie in einem durchschnittlich mäßig bewaldeten Kulturland Deutschlands; die Miß⸗ ernten sind häufiger auf den großen waldlosen Theilen und durch Verwüstung der Wälder entwaldeten Flächen des Ostens. In Ruß⸗ land ist der Regen seltener, die Dürre häufiger, und die Mißernten werden im Durchschnitt der Jahre häufiger eintreten, als bei uns. Wir dürfen uns auf die russischen Quellen nicht verlassen, ebenso wenig auf die umerikanischen. — Ich hoffe, daß es unbegründet ist, was man augenblicklich über die schlechten Aussichten der ameri⸗ kanischen Ernte sagt, es ist noch zu früh meines Er⸗ achtens, um darüber zu urtheilen. Aber nehmen wir an, daß Amerika und Rußland gleichzeitig Mißernten haben und unsere inländische Landwirthschaft so herabgedrückt ist, wie es in England und Frankreich zum Theil schon ist, durch stärkere Besteue⸗ rung des inländischen Kornbaus und durch Freihalten des auslän⸗ dischen, der auch zu Hause keine Abgaben trägt, dann würden wir erleben, wohin die Theorie des Hrn. Abg. Richter uns führt, und daß Hungersnoth eintritt und uns keine Zufuhr in Aussicht steht, als aus dem Inlande. 3
Also das Leiden und die etwaige Brotlosigkeit der Königsberger
Arbeiter liegt in den schlechten russischen Ernten. Königsberg hat sonst rufsisches Getreide verfrachtet; in diesem Jahre ist vielleicht nicht die Hälfte davon gewachsen, das wissen wir Alle, und sollte Kichter es nicht gelesen haben, daß man in Rußland schon viel⸗
ach Maßregeln gegen Hungersnoth getroffen hat und segar von einem Kornausfuhrverbot die Rede war, und für einen so gewiegten Nationalökonomen, wie er, geht doch daraus hervor, daß Rußland in diesem Jahre nicht so viel Getreide exportiren kann, wie sonst,
und daß davon nothwendig die Folge eine Minderbeschäf⸗ tigung der Kaufmannschaft und der Arbeiter sein muß. Ir haben in Kurzem erlebt, daß in Rußland die Zölle
menem Bedauern wiederum um 10 % erhöht wurden. Da ist durch datz ganze Land ein gewisser Schrei — ich will nicht sagen stung, aber der Aufforderung gegangen, doch etwas dafür
zu thun daß Rußland nicht in dieser Weise seine erhöhe. War das etwa ein Schrei im Interesse des russischen Konsumenten, war eg nicht der klarste Beweis davon, daß diese Herren, die der Kagerung aus allem, was in der Welt passirt, einen Vorwurf nachen, felbst der Ueberzeugung waren, daß ein solcher Grenzzoll mmeva den Russen im Innern dadurch trifft, daß er ihm das aeländische Produkt vertheuert, sondern, daß es den Importeur also den Deutschen, der sein Produkt in Rußland importiren ¹Läßt sich daraus nicht mit Sicherheit umgekehrt schließen, daß aach die Kornzölle, die wir erheben, namentlich in der minimalen Bedentang, die mit den Preisschwankungen, die vorkommen, in gar keiner Beziehung stehen, von den auswärtigen Importeuren ge⸗ tragen werden sollen? Ich habe, als sie auferlegt wurden, mit vielen zussischen Kaufleuten gesprochen, auch solchen, die diesen Handel be⸗ trichen, die gesagt haben: diese Zölle sind für uns Kinderei, wir
werden bezablen und doch einen erhebhlichen Profit be⸗ halten. Atker arüͤber waren sie nicht zweifelhaft, daß sie sie bez mürden. Daß unsere Landwirthe, aber nicht nur die
Rittergutsbesitzer, sondern namentlich die Bauern, in der Grund⸗ er einen .2 erheblichen Kornzoll ihrerseits für die inländische oduktion bezablen, wird doch Niemand in Abrede stellen. Ich
weiß, was ich an Grundsteuer zahle, und welches das Verhältniß zur reinen Einkommensteuer, und ich habe gefunden, daß bei den meisten meiner Nachbaren ungefähr dasselbe Verhältniß besteht, und wenn sch meine Einkommensteuer auf 3 % meines wirklichen Ein⸗ kommeng veranschlage, so beträgt die Grund⸗ und Gebäudesteuer 6 bis 7 ½ % des veekiche Einkommens — ich glaube, so wird es ibarak sein — und da vr. b 9 hen ee,Ezn unrerschuldet. Hätte ich Schulden, so wären es mind %; beide . würden sich sehr leicht auf 20 % meines wirklichen Ueberschußeinkommens erstrecken. Das wird mir auch keiner, der ehrlich mit mir rechten will, bestreiten wollen.
Bo ist also da die gleiche Behandlung des Inländers und des Ausländers, nachdem man den inländischen Getreidebau mit einer hohen Steuer belastet hat, die ja doch nothwendig auf die Vertheue⸗ rung des inländischen Getreides wirken muß? Dern derjenige, der es produzirt und zum Kaufe bringt, kana doch seine Grundsteuer nicht anders bezahlen, als aus dem Ertrage, aus dem Verkauf seines Ge⸗ treides. Er muß L bestrebt sein, sie darauf aufzuschlagen, und da komme ich doch zu einer ganz anderen Höhe; wenn ich den Betrag der Grundsteuer, die ich bezahle, unter Abrechnung der Forstgrund⸗ steuer, ungefähr auf die Masse Korn, die ich verkaufe, vertheile, so
Klassensteuer. Nun, wir verfolgen in dem Steuersystem, welches wir vertreten, einmal das Prinzip der thunlichsten Ermäßigung der di⸗ rekten Steuern, zweitens das Prinzip der Gerechtigkeit, und zu der Wehrsteuer hat nur das Gefühl Anlaß gegeben, welches sich des Musketen tragenden Soldaten bemächtigt, wenn er einen seiner Mei⸗ nung nach auch diensttauglichen Nachbar zu Hause bleiben sieht. Ich will dem Herrn Vorredner auf das Gebiet der Verbesserungen, die man vielleicht an der Wehrsteuer im Reichstage anbringen kann, hier nicht folgen, ich will blos sagen, daß sie mit der Klassensteuer in keiner Beziehung stehen. Es ist ein Prinzip der Gerechtigkeit; findet der Reichstag es nicht für nothwendig, die Gerechtigkeit so weit zu treiben, dann gut! Dann wird er vielleicht andere Mittel geben für das, was wir brauchen.
Ich habe in Bezug auf die im Ganzen das Prinzip, daß Derjenige, der nichts hat als seine beiden Hände, um sein Brod zu erwerben, und zwar zwei ungeschulte Hände, der kein Gewerbe gelernt hat, meinem Ideale nach überhaupt ganz steuerfrei sein sollte, nicht blos von Staatssteuern, sondern auch von Kom⸗ munalbeiträgen, und daß die Belastung erst da anfangen sollte, wo ein werbendes Kapital vorhanden ist. Dieses werbende Kapital kann in der Gestalt einer werbenden körperlichen oder geistigen Fertigkeit bestehen, aber es sollte meines Erachtens über dem Niveau des ein⸗ fachen Handarbeiters stehen, der nichts hat lernen können, nicht durch seine Schuld, sondern wegen Mangels an Mitteln zu seiner Vorbildung. Denn um ein Gewerbe zu lernen, gehört ein geringer, aber immer einiger Grad von Vermögen, um einen L hrling durch ein Gewerbe zu bringen; also Derjenige, dem seine Mittel überhaupt nicht erlaubt haben, sich auf etwas Anderes in der Welt zu ver⸗ lassen, als auf das wechselnde Verdienst, der, wie hier in Berlin, im Winter Schneeschippen, im Sommer Erdarbeiten und dergl. ver⸗ richten muß, der sollte meines Erachtens für den Staat nicht anders herangezogen werden, als daß er im Kriege das gemeinsam doch mit vertheidigen hilft, was ihn schützt gegen Fremde. Er sollte aber nicht mit Geld herangezogen werden, und in dieser Be⸗ ziehung bin ich ganz entgegengesetzter Meinung der in einer sehr lehrreichen und geistreichen Broschüre ausgesprochenen meines ver⸗ ehrten Freundes, des Hrn. Abg. Gneist. Ich muß auch darüber dem her Vorredner in einem Punkte widersprechen. Es ist nie und ũ
r Keinen ein Vergnügen, Steuer zu zahlen, und es trägt das auch nicht bei zur Erhöhung des Selbstgefühls; im Gegentheil, capite census zu sein, drückt den Bürger, nur wenn er von einem Besitz⸗ thum Steuer zahlen kann, so zahlt er sie vielleicht, wie wir Grundbesitzer, die Grundsteuer mit einer gewissen Freudigkeit. Aber, meine Herren, wenn er nicht weiß, wo er Geld überhaupt hernehmen soll, so ist es ihm immer lieber, wenn er nichts bezahlt; und ohne Schulgeld ist ihm die Schule bei Weitem lieber als mit Schulgeld. Ich habe mich gefreut, wie selten in diesem Hause, wie ich hörte, daß ich einen so mächtigen Bundesgenossen auf diesem Gebiete hatte, wie den Abg. Richter, um das Schulgeld und damit die ganze abhängige Sonderstellung des Lehrers in der Gemeinde zu bekämpfen und nach Möglich⸗ keit abzuschaffen. Ich bin ganz mit dem Herrn Vorredner einver⸗ standen, daß das Schulgeld in der That eine der drückendsten Ab⸗ gaben ist. In den meisten Provinzen pflegt es so zu sein, daß von drei Kindern eins frei ist. Ich weiß nicht, wie es sich mit dem vierten verhält. Aber für zwei, für eins zu zahlen, ist den Eltern mitunter schwer, namentlich denen, die halbe Meilen weit zur Schule zu gehen haben und ihren Kindern das Brot, was sie brauchen, in der Tasche mitgeben müssen, weil sie über Mittag nicht nach Hause kommen, und es liegt darin oft ein srohes Elend. Und gerade auf die Hinweisungen, die die Motive unseres Gesetzes für Berechtigung der Kreise enthalten, auf die Abschaffung der Lasten des Elementar⸗ unterrichtes hinzuwirken, meinetwegen unter Mitwirkung oder Kon⸗ trole der höheren Behörden, auf die mache ich bei diesem Gesetz ganz besonders aufmerksam. Es bedarf das nur eimer klei⸗ nen Nachhülfe durch Amendement, was freilich in dieser kurzen Zeit, wenn die Kommissionsverhandlungen ohne Abschluß stattfinden, sollten, nicht wird stattfinden können, um den Einwohnern Preußens überall oder doch fast überall freie Schule und dem Lehrer eine freie und von dem Schulgeld unabhängige Existenz, und nicht blos von dem Schulgelde, sondern auch von den Beschlüssen der Gemeinden unabhängige Existenz zu geben. Er unteriiegt bisher derselben Schwierigkeit, wie die Geistlichen mit den Stolgebühren, wo der Geistliche im einzelnen Falle 10. Einem gegenübersteht, der es noch weniger missen kann, als er selbst, und doch beitragen muß. So ist es auch für den Lehrer eine Befriedigung seines Selbstgefühls, welches bei diesen Herren in hohem Grade ausgebildet ist, wenn er nicht mehr den barfußgehenden Schüler um Schulgeld zu mahnen braucht, sondern unabhängig dasteht. Wenn wirklich weiter keine Verwendung dessen, was wir den Kreisen überweisen wollen vor⸗ handen wäre, als die Herstellung der Unabhängigkeit der Schulen,
so wäre das eine ganz außerordentliche Wohlthat, die wir dem Lande erzeigen, und möchte ich nament⸗ lich die Unterstützung meines früheren Kollegen, des Herrn Staats⸗Ministers bal erbitten, dessen Plan dahin ging, in seinen
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Entwürfen der Schulgesetze, dem Staate eine
wenn ich nicht irre, einigen 30 Millionen für die muthen. Wegen Mangels der unterblieben, weil der jetzige
Zubuße von, Schulen zuzu⸗ Mittel sind die Vorlagen damals 1 3 Abgeordnete Falk sich mit seinem da⸗ maligen Kollegen im Finanz⸗Ministerium darüber nicht verständigen konnte. Hierin liegt eine Mahnung, die für uns noch offen steht, und die wir aufnehmen sollten, und Sie sollten nicht dadurch, daß Sie eiligst über dieses Gesetz zur Tagesordnung übergehen, die Mög⸗ lichkeit abschneiden, daß wir die ganze Schulfrage zur Zufriedenheit der Gemeinden und der Lehrer ordnen können, wenn nicht etwa die Kreise, wie deren sehr viele sind, noch dringendere Verwendungs⸗ bedürfnisse für das, was ihnen überwiesen werden soll, haben, wie das in den östlichen Provinzen ja zum Theil der Fall ist, wo die Kreislasten an sich erheblich hoch sind, höher als in den meisten west⸗ lichen. Ich spreche nicht von Hannover, wo für diesen Begriff Kreis der Begriff Amt zu substituiren ist, sondern von anderen ich kenne die Lokalitäten nicht genau wo die Lasten, die wir zu tragen haben, wahrscheinlich zum Theil von anderen Faktoren, von Provinzen und besonders von den Ge⸗ meinden direkt getragen werden. Die Kreise haben wir als eine mittlere Stellung zwischen den Gemeinden und Provinzen gegriffen, die die Lasten nach oben und unten ihrerseits durch Zu chüsse, wie sie unter Genehmigung der berechtigten Behörden gefaßt sind, zu er⸗ leichtern in der Lage ist. Diese Seite der Sache ist ja sehr amen⸗ dirungsfähig. Der Gedanke, gerade die Hälfte der Grund⸗ und Gebäudesteuer den Kommunalverhänden — so ist der ursprüngliche Ausdruck, worunter die Ortsgemeinden, Kreise, Bezirke, Provinzen, dies Alles, verstanden war — zu überweisen, gerade diese Summe zu wählen ist von mir nicht ausgegangen, sondern ich habe ihn aus der Hand meiner Kollegen in der Finansverwaltung damals adoptirt, wie ich zuerst die Reform der Steuern öffentlich angeregt habe, nach⸗ dem man im Schooß des Ministeriums für dieselbe schon länger thätig gewesen. Mein Prinzip im Ganzen war nitt sowohl die Abschaffung bestimmter Steuern von Hause aus — darüber habe ich mir als Einzelner, und ich bin lange Zeit allein Träger des Gedankens gewesen — nicht erlaubt vorzugreifen dem Urtheil und der Zustimmung meiner Kollegen und schließlich dem Urtheil der öffentlichen Diskassion, aus der wir alle lernen können. Denn Sie müssen nicht glauben, daß man dadurch, daß man Minister wird, sofort wesentlich klüger und einsichtiger wird wie Andere, man bedarf eben auch der Schulung und der Korrektur seiner eigenen Ansichten — so klug wird man nie wieder, wie man gewesen ist, als man einfacher Abgeordaeter war ohne jede Verantwortlichkeit, wo man mit unskrupulöser Sicherheit über Alles urtheilte, was überhaupt dem Menschen gebracht werden kann. Ich bin zu dieser Sicherheit in meinen Bewegungen nicht mehr berechtigt; sie sind unter Umständen zu folgenschwer, als daß ich nicht öfter überlegen und die Korrektur, die mir zu Theil wird, nicht dankbar annehmen sollte. Ich habe also damals nur den allgemeinen Gedanken im Reichs⸗Ministerium angeregt und später auch im Reichstag aus⸗ gesprochen — im ersteren auch zur Anerkennung gebrachr, daß wir überhaupt in den deutschen Staaten und namentlich in Preußen ein zu großes Maß von direkten Steuern und ein zu geringes Maß von indirekten Steuern hätten nach dem Beispiel der Finanzen anderer Länder, die uns in der Finanzverwaltung, wenn ich bei den Franzo⸗ sen auch nur bis Colbert und bei den Engländern vielleicht 50 Jahre weiter zurückgreife, doch faktisch immer voraus waren und noch heute darin überlegen sind, daß sie nicht durch die Blässe des theoretischen Gedankens angekränkelt werden, sondern praktisch das ergreifen, was dem praktischen Leben nützlich ist. Da habe ich den Gedanken ver⸗ treten, wir müssen überhaupt für die Staatseinnahmen weniger direkte und mehr indirekte Steuern haben. Wir müssen überhaupt dahin streben, Staatseinnah mnen an die Kommunalverbände, also von der Provinz bis zur Lokalgemeinde herunter überweisen zu können, um ihre Schäden damit zu heilen, um ihnen die Last, die sie zu tragen haben, zu erleichtern. Daß das dann die Hälfte gerade dieser Steuern sein muß, das ist ein Gedanke, der, ich glaube zuerst zur Zeit meines Kollegen Camphausen aus dem Finanz⸗ Ministerium gekommen ist, den der Minister Hobrecht mit Ent⸗ schiedenheit nachher entgegengebracht hat — man hätte eben so gut ein Drittel oder ein Viertel wählen können — oder, entsprechend den mehr prinzipielle Ziele steckenden als bestimmte Beschlüsse anstreben⸗ den Aeußerungen verfahren, die ich im Reichstage gethan habe, die sich gegen alle direkten Steuern richteten, womit ich nicht habe sagen wollen, daß wir sie alle abzuschaffen hätten, sondern, daß es mir nicht so sehr darauf ankam, welche gerade abgeschafft würden. Ich hatte mich für Beibehaltung hauptsächlich nur der Einkommensteuer aus⸗ gesprochen, für Abschaffung von keiner Steuer, mit Ausnahme der unteren Stufen, sondern nur für Ueberweisung an die Gemeinden und Verbände. Ich habe hier die Ihnen allen gedruckt voliegende, vielleicht aber doch nicht gelesene „Geschichte der Steuerreform im Reiche und in Preußen.“ Da erlaube ich mir zuerst anzuknüpfen an eine Aeußerung von mir aus dem Dezember des Jahres 1878: „Das Maß der Gesammtsteuerlast ist nicht durch die Höhe der Ein⸗ nahmen, sondern durch die Höhe des Bedarfs bedingt, durch die Höhe der Ausgaben, welche im Einverständniß zwischen Regierung und Volksvertretung als dem Bedürfniß des Reichs oder Staats entsprechend festgestellt wird'. Es wäre ja ein, ich möchte sagen kindisches Vergnügen von der Regierung, Steuern aufzuhäufen, deren Betrag nicht erforderlich ist für die durch die Parlamente gebilligten und anerkannten Bedürfnisse des Staates. Davon kann also nicht die Rede sein. Jede Steigerung der indirekten Einnahmen des Reichs muß deshalb die nothwendige Folge haben, daß von den direkten Steuern oder von solchen indirekten Steuern, deren Er⸗ hebung von Staatswegen etwa aus besonderen Gründen nicht mehr wünschenswerth erscheint, soviel erlassen oder an Kommunalverbände überwiesen wird, als für die Deckung der im Einver⸗ ständnisse mit der Volksvertretung festgesetzten Staatsausgaben entbehrlich wird. Diesem Ziele hatten wir uns zu nähern ver⸗ sucht mit dem Verwendungsgesetze vom vorigen Jahre, was indeß doch noch unbestimmt läßt, je nach den jedesmaligen Forderungen der Regierung und den Beschlüssen, die der Landtag darüber faßt, was zur Abbürdung verwendet werden solle. Jedenfalls hat dies Gesetz nicht die Wirkung gehabt, daß man im Reichstage nun das Bedenken fallen ließ: „wir können indirekte Steuern nicht bewilligen, wenn wir nicht wissen, was damit gemacht wird, und welche direkte etwa dafür aufgehoben werden.“ Im Landtage stießen wir dagegen und stoßen wir noch heute, auf die Besorgniß, daß die Aufhebung oder Ueberweisung diesseitiger Einnahmen mit den Deckungsmitteln, die dafür im Reichstage erreicht werden, nicht kongruent wäre. Wir sind also noch heute in diesem vitiösen Cirkel, dem wir zu entrinnen suchten, weil uns im Reichstage gesagt wird: wir wissen nicht, was der Landtag beschließen wird, und im Landtage gesagt wird, wir wissen nicht, was der Reichstag beschließen wird, und daß dem Allen eine gewisse Scheu, die vielleicht auf manchen Seiten in der Fraktionstaktik begründet ist, zu Grunde liegt, über⸗ haupt eine feste Stellung zu diesen Fragen zu nehmen. Die Regje⸗ rung bedarf aber nothwendig der festen Stellungnahme zu dieser Frage von Seiten einer der parlamentarischen C Sie hat Ihnen deshalb diese Vorlage gemacht, hauptsaͤchlich - er Absicht, sich selbst zu binden, damit nachher der Reichstag nich sagen kann: wir wissen nicht, was du mit den Steuern thust, wir dir bewilligen. Die anderen Regierungen, die größeren 8 er ihnen waren zum Theil schon gebunden durch ihre Gesetzgebung, indem ihre direkten Steuern in Simplen bestehen, die von selbst sich vermindern und ausfallen, je nachdem andere Einnahmen den Bedarf decken. Sie haben also gewissermaßen das Verwendungsgesetz, welches wir im vorigen Jahre gemacht haben, schon vor uns gehabt. Bei uns in Preußen aber ist dieses neu, und die Regierung hat ge⸗ funden, daß sie damit im Reichstage noch nicht den Glauben findet für ihre angemessene Verwendung der Gelder, die der Reichstag be⸗ willigen könnte, und den sie beanspruchen muß, um die Bewilligung
zu erreichen. Wir wollen uns also dem Landtage gegenüber binden, wie Karl
Moor seine Hand dem Priester gegenüber an den Zweig band; wir