1881 / 134 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 11 Jun 1881 18:00:01 GMT) scan diff

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zum Deutschen Reichs⸗An

gete Beilage

Berlin, Sonnabend, den 11. Juni

Nichtamtliches.

Preußen. Berlin, 11. Juni. Im weiteren Ver⸗ laufe der gestrigen (57.) Sitzung setzte der Reichstag die weite Berathung des Entwurfs eines Gesetzes fort, betreffend ö“ eines Nachtrags zum Reichshaus⸗

haltsetat für das Etatsjahr 1881/82, auf Grund des münd⸗ lichen Berichts der XX. Kommission über Kapitel 7a. Titel 10 a. der fortdauernden Ausgaben im Nachtragsetat für das Reichs⸗ amt des Innern (Deutscher Volkswirthschaftsrath). Nach dem Abg. von Bennigsen ergriff der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Staats⸗Minister von Boetticher, wie falg das Wort:

Meine Herren! Ich habe aus den Ausführungen des Herrn Vor⸗ nedners zu meinem Bedauern entnommen, daß auch bei ihm noch Ziel und Tendenz der Institution, für welche gegenwärtig die Mittel von Ihnen erbeten werden, nicht richtig aufgefaßt worden ist. Wenn es sich wirklich darum handelte, ein Nebenparlament zu schaffen, enn Förper ins Leben zu rufen, welcher mit selbständigen Befug⸗ riss ausgerüstet, die Vorlagen der Regierung in einer auch für die switean Stadien maßgebenden Weise seinen Berathungen zu unter⸗

dcen bite, so würde ich die Schlußfolgerungen und die Argu⸗

mente ds .Herrn Vorredners theilen können. Die Sache ist ber nicht so gedacht und ich glaubte nach den

Anfühemmen, die ich bei der ersten Lesung gemacht habe, vor dem

Mijvertindniß geschützt zu sein, als ob es sich bei der Institution

der Wltswirthschaftsraths um irgend etwas anders handele, als um einen sachverständigen Beirath.

Mene Herren, ich will auf die politischen Betrachtungen, welche der Herr Vorredner gemacht hat, nicht eingehen, nur gegen den Vorwurf darf ich die verbündeten Regierungen in Schutz nehmen, und ich habe das auch schon bei der früheren Berathung gethan, daß sie irgendwie gesonnen sind, die po⸗ litische Wirksamkeit dieses hohen Hauses zu beeinträchtigen.

Der Hr. Vorredner hat im letzten Theil seiner Ausführungen mich daran erinnert, daß ich gemeint habe, die Zusammensetzung des

Volkswirthschaftsraths, wie sie geplant ist, gebe keine ausreichende Ge⸗ währ 818 daß die nöthige und ausreichende Sachkunde in ihm vertreten sei. Ich habe nicht in dem Sinne, wie der Hr. Vorredner es behauptet hat, diese Ausführungen gemacht, sondern ich habe nur gesagt und sagen wollen: es mag dahin gestellt bleiben, daß bei der Komposition des Volkswirthschaftsraths, wie sie gegenwärtig getroffen ist, auch das . alle Zeiten Richtige getroffen ist. Ich habe dem Hrn. Abg. woewe erwidert, ich lasse mich gern in eine Diskussion darüber ein, ob nicht eine zweckmäßigere Zusammensetzung des Volkswirthschafts⸗ raths herzustellen sein wird. Daß aber die Institution selbst für die Zwecke, die wir verfolgen, die richtige ist; davon sind in der That die Reichsregierung und die verbündeten Regierungen überzeugt ge⸗ wesen. Meine Herren, um noch einmal zu kennzeichnen, welche Absicht wir bei dieser Institution gehabt haben, kann ich nichts besseres tthun, als wie Ihnen einen Passus vorlesen aus einem Schreiben, welches von dem Ferm Reichskanzler an die verbündeten Regierungen gerichtet worden ist und in welchem das Ziel und die Zwecke des Volks⸗ wirthschaftsraths jich klar zeigen. In diesem Schreiben heißt es:

Die Aufgabe des Volkswirthschaftsraths für Preußen ist in dem §. 1 der Verordnung vom 17. November angegeben: derselbe soll einen technischen Beirath Sr. Majestät des Königs in den⸗ zenigen die wirthschaftlichen Interessen von Handel, Gewerbe, Land⸗ und Forstwirthschaft betreffenden Fragen bilden, welche der Regelung im Wege der Gesetzgebung oder der Königlichen Verordnung unter⸗ Vsgen, und es würde ein deutscher Volkswirthschaftsrath in gleicher Weze injormatorischen Zwecken für den Kaiser und das Reich zu dienen haben. Bei der Vorbereitung der Gesetzesvorlagen, welche das wirtischaftliche Leben der Nation berühren, hat es bisher an einer Stelle gefehlt, wo derartige Vorlagen einer geregelten Kritik durch Sachverständige aus den zunächst betheiligten Kreisen unter⸗ zogen werden konnten. Ohne Kenntniß von den Eindrücken, welche die beabsichtigten Anordnungen auf die Kreise machen, deren be⸗ sondere Verhältnisse dadurch berührt werden, konnte bisher Sr. Ma⸗ jestit den Könige bei der Unterbreitung von Gesetzentwürfen zur Genehmigung für die Zweckmäßigkeit derselben nicht stets das un⸗ bedingt erforderliche Maß von Sicherheit gewährt werden. 1 Nun, meine Herren, hieraus ersehen Sie, daß in der That jede heüitste Tendenz fern gelegen hat, daß es sich nur darum gehandelt at, eine Lücke auszufüllen, die bei der Vorbereitung der Gesetzesvor⸗ lagen für Bundesrath und Reichstag bemerkbar und fühlbar geworden ist. Ich habe schon neulich daran erinnert, daß der Umstand, daß man zunächst mit der Schaffung des preußischen Volkswirthschafts⸗

raths vorgegangen ist, seine Entstehung der Betrachtung verdankt, ß es unmöglich war, die beiden wichtigsten Gesetze, die jetzt den Reichstag eschäftigen, noch einem zu bildenden deutschen Volkswirthf chaftsrath vor⸗ legen. Meine Herren! Es war von vorn herein die Absicht, und es muß, cddeem der preußische Volkswirthschaftsrath einmal ins Leben gerufen erden ist, erst recht die Absicht sein, für die Gesetzesvorlagen, die undesrath und Reichstag beschäftigen, dese nutzbar anachen. Es kann nicht genügen, und ich meine, es könnte auch

an deutschen Volksvertretung nicht genügen, daß allein für einen dha tularstaat eine Institution besteht, die ganz ohne Mühe und mit

Arfelben Leichtigkeit für das ganze Reich nutzbar gemacht werden kann. Wenn der se Vorredner gemeint hat, daß mit der Herstellung

ds deutschen Volkswirthschaftsraths resp. mit der Bewilligung er gegenwärtig von Ihnen geforderten Mittel der Reichstag enn moralisches Engagement für die Dauer der Bewilligung derselben ittel eingehe, so kann ich diese Auffassung nicht theilen. Das allerdings ist richtig, daß wir zur Zeit auf dem Standpunkt stehen, daß der Volkswirthschaftsrath eine Institution ist, die sich bewähren vird, und ich glaube, wir werden in dieser Auffassung durch die Er⸗ ahrungen, die wir mit ihm machen, je länger, um so mehr bestärkt werden. Sollte sich dies indessen nicht bestätigen und sollten wirklich die Befürchtungen, die der Herr Vorredner an die Institution des Volkswirthschaftsraths geknüpft hat, eintreten, so würde es keinem harlament zu verdenken sein, wenn es die Mittel absetzte, die es in diesem Jahre bewilligt hat. 8

Meine Herren! Es ist davon gesprochen, daß die Form Be⸗ denken errege, daß man aber der Sache selbst, also der Her⸗ stellung genügenden Information

g einer ausreichenden und Iv für die Regierung nicht entgegen sei. Nun, meine Herren, ich würde für meine Person nichts dagegen haben,

wenn in dem Dispositiv dieses Titels, der jetzt Ihrer Berathung unterstellt wird, eine Aenderung etwa dahin vorgenommen würde, man die geforderte Summe zu sachverständigen Informationen t die Regierung bewilligt, die sie einzuziehen hat für die wirth⸗ schaftliche Vorlage. Aber, meine Herren, das allerdings glaube dich Ihnen auch nicht versprechen zu können, daß wir diese sachlichen In⸗ sormationen nach unserer gegenwärtigen Auffassung anderswo suchen werden, als bei einem Kollegium von Männern, das aus den ver⸗ sciedenen Interessengruppen des Reichs zusammengesetzt ist, das durch Rede und Gegenrede seine Meinungen austauscht über die wirth⸗

sei noch nicht reif, man könne sich heute noch nicht darü ssi machen, ob man die Mittel für bi seeeh vtrdarühre schrüfsi bewillige. Nun, meine Herren, ein Anfang muß doch gemacht werden, der Anfang ist allerdings in Preußen gemacht ihn fortzusetzen und zwar in ungemessene Zeit fortzusetzen, die wichtigen Interessen, welche Fegifisch aus den Gebieten der anderen Bundesstaaten mit derselben Berechtigung wie die preußischen zur Geltung zu bringen sind, von der Vertretung im Volkswirthschaftsrath auszuschließen, das würde nicht rathsam und nicht zweckmäßig sein.

Meine Herren, aus allen diesen Gründen kann ich Ihnen nur empfehlen, versagen Sie der Regierung die Mittel für dieses zur In⸗ formation bestimmte Institut nicht; ich möchte auch noch darauf auf⸗ merksam machen, daß es doch wohl Beachtung verdient, daß, wenn die Regierung zu ihrer eigenen Belehrung, zu ihrer eigenen Information eine solche Forderung stellt, die an sich ja sachlich, d. h. dem sach⸗ lichen Zwecke nach auf keinen großen Widerstand stößt, daß man die ihr doch nicht vorenthalten sollte. Meine Herren, was wir erstreben ist, wie gesagt, eine bessere Vorbereitung, geben Sie uns die Mittel, ich bin fest überzeugt, daß Sie damit den Interessen des Reichs und denen der Gesetzgebung einen wesentlichen Dienst geleistet haben werden.

Der Abg. Dr. Rentzsch (auf der Journalistentribüne schwer verständlich) empfahl die Annahme des Kommissionsantrages. Wenn man behaupte, daß der Reichstag in seinen Rechten durch den Volkswirthschaftsrath geschädigt werde, so übersehe man, daß in letzterem nur wirthschaftliche, keineswegs politische Fragen zur Erörterung kommen sollten. Es sei von großem Werth, daß die an den Reichstag kommenden wirthschaftlichen Vorlagen vorher einer Kritik Sachverständiger unterlegen hätten. Für die Institution spreche, daß sich der Handelstag in seiner Mehrheit für dieselbe erklärt habe. Zwar hätten die großen Städte im Allgemeinen eine ablehnende Haltung an⸗ genommen; das sei indessen um so weniger von Bedeutung, als es hier vornehmlich auf die Stellung der Industriebezirke ankomme.

Der Abg. Richter (Hagen) bemerkte, der Abg. von Schorlemer habe gesagt, in der liberalen Aera sei so überaus viel Geld verausgabt und verschwendet worden, daß die hier geforderten 84 000 dagegen eine Kleinigkeit seien. Er müsse indessen darauf hinweisen, daß Niemand häufiger als die Fortschritts⸗ partei gegen übertriebene Herdharnaüigen in der Opposition gestanden habe. In der That handele es sich bei dieser Orga⸗ nisation um eine Sektion eines Staatsraths, in der dem Bundesrath gegenüber eine Verstärkung des Stimmenverhält⸗ nisses zu Gunsten Preußens sich geltend mache. Man sage zwar, das komme nicht in Betracht, weil die Thätigkeit des

schaftlichen Vorl d 3 Herven Ee 1 Abg. Reichensperger und unter

„Meine Herren! Es ist vom 2 Hrn. von Bennigsen gesagt worden, die Materie

Zustimmung auch des

Volkswirthschaftsraths sich in dem vorbereitenden Stadium der Gesetzgebung bewege. Daß dies aber keineswegs ohne Bedeu⸗ tung sei, zeige die deutsche Verfassung, welche in den Bundes⸗ rathsausschüssen, wo jeder Staat nur eine Stimme habe, ein Korrektiv gegen die Stimmvertheilung im Plenum geschaffen habe. Er gehöre nicht zu den besonderen Verehrern des Bundesraths, habe aber doch keine Veranlassung, dessen Autorität zu schwächen, um so weniger, da die Insti⸗ tution lediglich zur Verstärkung des Einflusses des Kanzlers beitrage. Wenn man den Neichstag in seiner gegenwärtigen Zusammensetzung nicht zur Vertretung der realen Interessen geeignet halte, so ändere man dieselbe. Einerseits säßen aller⸗ dings viel abhängige Beamte hier, andererseits sei aber die Zahl der im Leben stehenden reichen Leute, welche ein Mandat annehmen könnten, in Deutschland nicht sehr groß; und diese geringe Zahl würde durch die neue Institution noch vermindert werden. Die Klagen des Abg. von Schorlemer über mangelhafte Vertretung der Interessen des Grundbesitzes seien unzutreffend, da im Reichstage allein, ausweislich der Liste, 148 Gutsbesitzer seien. Was allerdings nur gering vertreten sei, das sei der mittlere und kleine Grundbesitz. Diesem Mangel habe indessen auch der Volkswirthschaftsrath in Preußen nicht abgeholfen. Wenn der Reichstag die geforderte Summe einmal bewilligt habe, dann sei man bezüglich der Ablehnungsfrage im nächsten Jahre in einer weit schwierigeren Lage; es sei daher gerathener, sich von vornherein abwehrend zu verhalten. Das Interesse an einer besonderen Interessenvertretung sei übrigens in dem Volke seit den letzten Neuwahlen ganz geschwunden; auch der bekannte Brief des Reichskanzlers an die Handelskammer in Plauen sei keineswegs durch ein Verlangen der letzteren nach einem Wirthschastsrath veranlaßt gewesen; die Herren hätten im Gegentheil nur den Wunsch ausgesprochen, daß die Gesetz⸗

entwürfe künstig früher bekannt würden. Der Han⸗ delstag habe s. Z. die offizielle Nachricht von der Einrichtung der preußischen Institution mit kühler Zurückhaltung aufgenommen, und die sächsischen Kon⸗

servativen hätten dieselbe sogar als eine napoleonische Einrich⸗ tung zurückgewiesen. Es sei darauf hingewiesen worden, daß, wenn die Mitglieder des Volkswirthschastsraths auch nicht als Produzenten Sachverständige wären, sie es doch als Konsu⸗ menten seien. Als solche seien sie aber nicht hineinberufen worden, es müßte dann vielmehr erst ein besonderer Kon⸗ sumtionsrath geschaffen werden. Wie mangelhaft die Sach⸗ kunde im Volkswirthschaftsrath vertreten sei, habe sich bei dem Unfallversicherungsgesetz gezeigt, bei dem es doch haupt⸗ sächlich auf das Urtheil solcher Männer angekommen sei, die mit dem Versicherungswesen vertraut seien: dennoch habe sich kein solches Mitglied in demselben befunden. Das einzige taugliche Mittel, für wirthschaftliche Vorlagen eine brauchbare Basis zu schaffen, seien die Enqueten; allerdings müßten die⸗ selben nach englischem Muster unter Anwendung des Kreuz⸗ erhö ich gehen. 1“ 28 Müelldorff (Bedra) erklärte, der Vorredner werde die Thatsache nicht aus der Welt schaffen, daß von allen wirthschaftlichen Interessen das der Landwirthschaft aund besonders des Bauernstandes bisher am wenigsten seine Ver⸗ tretung gefunden habe. Daß der Volkswirthschaftsrath dem Reichstage ernstlich Konkurrenz machen werde, glaube er nicht, da doch die Kompetenzen beider völlig verschieden seien. Der Abg. von Bennigsen habe mit Emphase die idealen Inter⸗ essen der liberalen Gesetzgebung hervorgehoben. Er (Redner) habe aber den Eindruck, als ob dieselben niemals wen ger⸗ ihre Vertretung gefunden hätten, als in der liberalen Aera und der Kampf, welcher jetzt entbrannt sei, sei eine

zeiger und Königlich Preußisch

thwendige Reaktion gegen diese einseitige Interessen⸗ Er glaube, die Institution für das

en Staats⸗Anzeiger. 8 1881.

Reich, wie sie gegenwärtig vorgeschlagen sei, werde dem praktischen Beduüͤrsnisse entsprechen und ihre Ausgestaltimg in der Zukunft finden. Es würde falsch sein, wollte man durch eine gesetzliche Grundlage eine solche Institution fest⸗ legen. Eine solche Institution mösse sich im Laufe der Zeit bewähren und herausbilden und die Bewährung werde ab⸗ hängen von der Umsicht und dem Verständniß, mit welchem die Regierung von der Institution Gebrauch mache. Er glaube, das Haus sollte nicht anstehen, die geringen Mittel, die dazu gefordert würden, in dem Vertrauen zu bewilligen, daß ein richtiger Gebrauch davon gemacht werde.

Forveemmg

In namentlicher Abstimmung wurde darauf die von 84 000 mit 153 gegen 102 Stimmen abgelehnt.

Es folgte die Fortsetzung der zweiten Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Abänderung des Zoll⸗ tarifs in Verbindung mit der Berathung des dritten Be⸗ richts der Kommission für die Petitionen (Petitionen aus Meerane und Glauchau ꝛc., betreffend die Höhe des Zolls auf unbedruckte Zeugwaaren).

Nach den Vorschlägen der Regierung sollen die Zollsätze für unbedruckte und bedruckte Tuch⸗ und Zeugwaaren, die jetzt 135 resp. 150 betragen, folgendermaßen modifizirt werden: Die Waaren werden eingetheilt in gröbere Waaren mehr als 200 g pro Quadrat⸗Meter schwey und feinere Waaren welche leichter als 200 g pro Quadrat⸗Meter sind; die groben Waaren sollen auch in Zukunft den Zoll von 135 resp. 150 bezahlen; der Zoll für die feineren aber soll, sowohl für die bedruckten wie für die unbedruckten Waaren, 220 pro 100 kg betragen.

f nt Lierzu hatte der Abg. Sonnemann folgenden Antrag ge⸗ ellt: Der Reichstag wolle beschließen; die §§. 1—3 des Gesetzentwurfs in folgender Fassung anzunehmen:

Der Zolltarif zu dem Gesetze, betreffend den Zolltarif des Deutschen Zollgebiets und den Ertrag der Zölle und der Tabak⸗ steuer, vom 15. Juli 1879 (Reichs⸗Gesetzblatt Seite 207) wird in nachstehender Weise abgeändert:

An Stelle der Positionen d. 5 und 6 der Nr. 41 treten fol⸗ gende Bestimmungen:

5 unbedruckte Tuch⸗ und Zeugwaaren, soweit sie nicht zu

Ziffer 7 oder 8 gehören, 200 g auf den Quadrat⸗

a. im Gewicht von mehr als

meter Gewebefläche . . . 8 100 für 100 kg, 7. im Gewichte von 200 g oder weniger auf den⸗ Quadratmeter Gewebefläche 1“ 180 für 100 kg.

d. 6 %. bedruckte Waaren, soweit sie nicht zu den Fußdecken ge⸗ hören, im Gewichte von mehr als 200 g auf den Quadrat⸗ ineter Gewebefläche; ferner Posamentier⸗ und Knopfmacher⸗ waaren; Plüsche; Gespinnste in Verbindung mit Metall⸗ fäden “*“ . 120 sür 100 kg. bedruckte Waaren, soweit sie nicht zu den Fußdecken ge⸗ hören, im Gewichte von 200 g oder weniger auf den Quadratmeter Gewebefläche . . . . . . . 2200 für 100 kg.

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Die Bestimmung im §. 3 des E““ vom 15. Juli

1879 leidet auch auf die vorbezeichneten unbedruckten und bedruckten⸗

Tuch⸗ und Zeugwaaren Anwendung. 1 S

Dieses Geset tritt mit dem 1. Oktober 1881 in Kraft. Ferner hatten die Abgg. Loewe (Berlin), Sonnemann, Dr. Dellbrück und Dr. Witte (Mecklenburg) beantragt: Der Reichstag wolle beschließen: 16“ 1) An Stelle des §. 1 zu setzen: Der Zolltatif wird in nachstehender Weise abgeändert: An Stelle der Nr. 41 Litt. c. ad a. zu setzen: hartes Kammgarn, gesponnen aus Glanzwollen, Mohair⸗, Kameel⸗ oder Alpakka⸗Haaren, nicht gemischt mit anderen Spinnmaterialien, einfaches, ungefärbt oder gefärbt; dublirtes ungefärbt . . . . 100 kg 3 ℳ. 2) §. 2 zu streichen. Der Abg. von Kardoff erklärte sich bereit, die beantragte Erhöhung des Zolles für wollene Gewebe zu bewilligen, da alle Interessenten darüber einverstanden seien, daß nur auf diesem Wege der großen Roth in den sächsischen Weber⸗ distrikten abgeholfen werden könne. Eigentlich sei es seine Absicht gewesen, bei der dritten Lesung den Antrag zu stellen, die Regierung zu einer umfassenden Enquete über die Woll⸗ zölle aufzufordern, er habe aber geglaubt, hiervon Abstand nehmen zu müssen, um nicht in manchen Kreisen unerfüllbare Hoffnungen zu erregen. Dennoch gebe er der Regierung an⸗ heim zu erwägen, ob eine solche Enquete nicht angezeigt sei; sollte dieselbe ergeben, daß die Zollerhöhung für Kammgarne nicht den Erfolg gehabt habe, die inländische Kammgarn spinnerei so zu entwickeln, wie man bei der Berathung des Zolltarifs erwartet habe, so sei er seinerseits gern bereit im Interesse der Webereien den Garnzoll wieder herab⸗ zusetzen. Auf die allgemeinen theoretischen Betrachtungen, die der Abg. Bamberger auch an diese Position wieder geknüpft habe, daß man um 200 Jahre zurückgekommen sei u. s. w., wolle er nicht näher eingehen; offenbar habe der ge⸗ nannte Abgeordnete diese allgemeinen Redensarten nur ge macht, um den Widerspruch zu verdecken, in den derselbe durch seine Abstimmung über den Traubenzoll mit seinen Freihandelsprinzip gesetzt habe. Der Abg. Bamberger würde viel besser gethan haben, statt dieser akademischen Betrach⸗ tungen einfach zu erklären: wenn Alles einen Zoll habe, so sehe derselbe nicht ein, weshalb nicht auch die Winzer seines Wahlkreises einen Zoll bekommen sollten. Die Unfehlbar⸗ keit, welche die Freihändler bei der Vertheidigung ihrer Theorie immer in Anspruch nähmen, stehe in shc en. dem Widerspruch mit der Thatsache, daß es auf e deutschen Universitäten keinen einzigen 8echtea 28 zenten mehr gebe, der den wirthschaftlichen Standpunkt 1 er Abgg. Bamberger, Delbrück, Braun ꝛc. theile. Dieser Um⸗ stand beweise, daß der Standpunkt jener Herren, der vor 30 Jahren wohl eine Berechtigung, gehabt habe, heute wissen⸗ schaftlich überwunden sei. (Der Redner wollte noch weiter auf die allgemeinen zollpolitischen Erörterungen eingehen, wurde aber vom Präsidenten darauf aufmerksam gemacht,

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