1882 / 47 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 23 Feb 1882 18:00:01 GMT) scan diff

luhnen im Jahre 1880/81. Auch diese Vorlage wurde auf

Richtamtliches.

gpreußen. Berlin, 23. Februar. Im weiteren gallvufe der gestrigen (6.) Sitzung des Herrenhauses unde der Gesetzentwurf, enthaltend Bestimmungen über die Geiitiöste und die Gebühren der Gerichtsvollzieher nach dn Artügen der Kommission ohne Debatte angenommen. Die Fommission hatte den 88. 1 und 2 folgende Fassung

agän. Soweit die in dem Ausführungsgesetze vom 10. März 1 zon Benz genommenen Vorschriften des Gerichtskostengesetzes

2N

81s ,1878, und der Gebührenordnung für Gerichtsvollzieher

vom 2. Juni 1878 durch das Reichsgesetz vom 29. Juni 1881. Feerung oder Zusätze erfahren haben, gelten dieselben

i Anwendung des Gesetzes vom 10. März 1879“.

§2 Die Beglaubigungen der Unterschriften unter den zu tzungen oder Löschungen in einem Grund⸗ oder Hypotheken⸗ lule Stockbuche, Schuld⸗ und Pfandprotokolle) erforderlichen An⸗ niten und Urkunden sind stempelfrei.“

Die 88. 3, 4 und 5 wurden unverändert in der Fassung e Kegierungsvorlage angenommen.

Es folgte nunmehr der mündliche Bericht der Kommission für gisenbahnangelegenheiten über den Bericht der Minister ze öffentlichen Arbeiten und der Finanzen über die Verwen⸗ sung des Erlöses für verkaufte Berliner Stadtbahnparzellen und über die Verwendung der Entwerthungsentschädigung taüglich eines im Besitz der genannten Bahn befindlichen zauses. Auf Antrag des Berichterstatters Herrn Brüning zunde die Vorlage durch Kenntnißnahme als erledigt erachtet.

Fünfter Gegenstand der Tagesordnung war der münd⸗ le Bericht derselben Kommission über den Bericht des Herrn Fmisters der öffentlichen Arbeiten über die Ersgebnisse des betriebes der für Rechnung des Staates verwalteten Eisen⸗

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Antrag des Berichterstatters Herrn Brüning durch Kenntniß⸗ zuhme für erledigt erachtet.

Den Schluß der Tagesordnung bildete der mündliche Bericht der Kommission für den Staatshaushalts⸗Etat und

nanzangelegenheiten über den Bericht über die bisherige Ausführung des §. 4 des Gesetzes, betreffend den Erwerb

mehrerer Privateisenbahnen für den Staat, vom 20. Dezember 1879 und des §. 5 des Gesetzes, betreffend den Erwerb des

Rheinischen und des Berlin⸗Potsdam⸗Magdeburger Eisenbahn⸗ unternehmens für den Staat, vom 14. Februar 1880. Der Bericht⸗

erstatter Freiherr von Tettau stellte Namens der Kommission den Antrag: durch den Bericht des Ministers der öffentlichen Arbeiten und des Finanz⸗Ministers vom 15. Januar 1882 den Nachweis über die bisherige Ausführung des §. 4 des Gesetzes, betreffend den Erwerb mehrerer. Privateisenbahnen

für den Staat, vom 20. Dezember 1879 und des §. 5 des

sesetzes, betreffend den Erwerb des Rheinischen und des rlin⸗Potsdam⸗Magdeburger Eisenbahnunternehmens, vom Februar 1880 für geführt zu erachten. Das Haus trat ch diesem Antrage ohne Debatte bei, worauf die Sitzung 2 ½ Uhr geschlossen wurde.

Im weiteren Verlaufe der gestrigen (17.) Sitzung int das Haus der Abgeordneten in die Berathung ds Antrages der Abgg. Richter und Büchtemann, betreffend die Zuwendung an Inseraten u. s. w. für Zeitungen Seitens dr Eisenbahnbehörden und das Petitionsrecht der ZBeamten der Eisenbahnverwaltung. Der Antrag

Uautet:

Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen: die Erwartung

vuszuspechen. 3

1 daß die Eisenbahnbehörden bei Zuwendung von Inseraten

sir Zeiungen oder Beilegung von Fahrplänen in denselben nur

de Feeckmäßigkeit der Verbreitung und nicht die politische Partei⸗ mtang der Zeitungen in Betracht zu ziehen, auch nicht den Bahn⸗ veshhmurateuren das Auflegen bestimmter Zeitungen untersagen; ln die Eisenbahnbehörden ihren untergebenen Beamten richt ieterfassungsmäßig allen Preußen gewährleistete Petitions⸗

nit berkümmern, insbesondere auch nicht die Beamten wegen

AMimg dieses Petitionsrechts bei der Vertheilung von Weih⸗

nstgratftkationen benachtheiligen. 8

herzu hatte der Abg. von Tepper⸗Laski und Genossen

flgenden Antrag eingebracht:

SIas Haus der Abgeordneten wolle beschließen:

„In Erwägung

übaß der vorliegende Antrag durch das bisherige Verfahren der Eisenbahnbehörden bei Zuwendung oon Inseraten für Zei⸗ ungen oder Beilegung von Fahrplänen in denselben und bezüglich des Auslegens von Zeitungen in den Bahnhofsrestaurationen nicht Cenügend begründet erscheint;

II. daß Seitens der Eisenbahnbehörden eine Verkümmerung des den Beamten verfassungsmäßig zustehenden Petitionsrechts licher nicht stattgefunden hat und nach den Erklärungen des

inisters der öffentlichen Arbeiten auch in Zukunft nicht zu be⸗ sorgen ist, über den Antrag der Abgg. Richter und Büchtemann uur Tagesordnung überzugehen“.

Der Abg. Büchtemann erhielt zunächst zur Begründung Antrags das Wort. Derselbe hob hervor, daß die lärung des Ministers von Puttkamer bezüglich der blikation der amtlichen Anzeigen keine Besserung des bis⸗ haigen Zustandes verspreche und daß der Ausschluß der libe⸗ nlen Zeitungen der Staatsverwaltung entschieden zum Nach⸗ 149 gereiche. In keiner Verwaltung liege das Bedürfniß er weitesten Verbreitung der amtlichen Anzeigen so dringend vor, als in der Eisenbahnverwaltung. Redner erörterte als⸗ ann den bereits vielfach besprochenen Fall mit der „Hagener eitung“ und wies demnächst darauf hin, daß nicht blos die luslegung bestimmter Zeitungen in den Bahnhofsrestaura⸗ onen, sondern auch der Verkauf auf den Bahnhöfen beschränkt se. Auf dem Bahnhofe Pasewalk sei dem Colporteur der ertrieb des „Berliner Tageblatts“ verboten, worauf derselbe er Hirektion erklärt habe, daß er alsdann die verlangte hohe 28 nicht bezahlen könne. Das sei die Maus, die der krei⸗ ende Herg der Eisenbahn⸗Verstaatlichung geboren habe und 8 Minister Maybach thäte wohl daran, von dem hohen nagtitt, von dem derselbe den Ueberblick über das Ganze

haben beanspruche, zu den gewöhnlichen Sterblichen

beravzustei si 8 . gen und sich zu begnügen, das zu sehen, was alle Welt sehe, damit, w n der Tita falle wie seine Vor⸗

Berlin, Donnerstag, den 23. Februar

gänger gefallen seien, ihm neben dem Verlust des Porte⸗ feuilles nicht noch der bitterste Hohn und Spott nachfolge. Was die Rechtsstellung der Beamten betreffe, so habe das alte Preußen, das sich gegen politische Neuerungen abgeschlossen habe, die freieste Meinungsäußerung seiner Beamten geduldet, erst mit dem Verfall der Büreaukratie seien die kleinlichen Maßregeln begonnen, welche den Beamten das gewehrt hätten. Aber jetzt würden sogar nach einem ganz neuen Systeme die Beamten der Staatsbahnen einer militärischen Disziplin unterworfen, die man in England, Frankreich und Amerika, in den Ländern, in denen das Eisenbahnwesen im höchsten Grade florire, nicht kenne. In Deutschland habe es eben⸗ falls früher nicht gegolten, weder für Privat⸗ noch für Staatsbahnen. Daß dieses System der militärischen Disziplin jetzt plötzlich für nothwendig erklärt werde, liege lediglich in der Natur des gegenwärtigen Ministers. Rußland sei das einzige Land, in denen solche Grundsätze gälten und folgerecht müßte der Minister Maybach sein Portefeuille an einen General abgeben. Auch in Bezug auf die literarischen Publikationen durch Beamte gälten noch immer die engherzigen Verfügungen vom 17. Januar und 23. Februar 1881. In Bezug auf das Pe⸗ titionsrecht der Beamten verlange ver Antrag ein solches nur, soweit es verfassungsmäßig den Beamten zustehe. Die Petition der Beamten der Ostbahn sei hier schon erörtert worden. Es sei gegen einen der Unterzeichner vom Minister die Entlassung verfügt worden, auf eine nachträgliche Beschwerde aber die Sache an die Direktion Bromberg verwiesen worden. Das sei ein Fehler im Disziplinarverfahren! Die Beamten der Coln⸗Mindener Bahn, die zur Direktion Hannover ge⸗ kommen, seien besonders schlecht weggekommen; sie seien aus einem etatsmäßigen in ein diätarisches Verhältniß über⸗ gegangen, könne man ihnen da verdenken, wenn sie da⸗ gegen petitionirten und wenn die Presse, wie das „Berliner Tageblatt“ für sie Partei nehme? Nun habe die Behörde aber gegen die Petenten strenge Maßregeln ergriffen. Die diesbezügliche Verfügung spreche von einer weit⸗ greifenden Agitation, und rüge wie bekannt, daß die Petenten sich, um einen Druck auf die Entschließungen der Regierung auszuüben, an einen oppositionellen Abgeordneten gewendet und den öffentlichen Blättern Material zu Invek⸗ tiven gegen ihre Vorgesetzten geliefert hätten. Er habe sich nun in den Besitz des gedachten Materials zu setzen versucht, habe aber gefunden, daß der inkriminirte Artikel des „Berliner Tageblatts“ zwar scharf geschrieben, aber keineswegs beleidigend sei. Demnach bleibe von den Vorwürfen und Anlässen zur Maßregelung der betreffenden Petenten blutwenig übrig. Unter solchen Umständen müsse doch der Standpunkt der Rechten verlassen werden, wonach das Petitionsrecht der Be⸗ amten, da es leicht zu Kollisionen mit den vorgesetzten Be⸗ hörden führe, mit äußerster Beschränkung in Anspruch zu nehmen sei. Allen Seiten des Hauses liege gleichmäßig die Pflicht ob, die an das Haus gelangenden Beschwerden un⸗ befangen zu prüfen und ihnen, soweit sie begründet seien, im Einvernehmen mit einer wohlwollenden Regierung Abhülfe zu verschaffen. In diesem Sinne bitte er, den Antrag an⸗ zunehmen.

Hierauf ergriff der Minister der öffentlichen Arbeiten Maybach das Wort: Meine Herren! Der Herr Vorredner hat de omnibus rebus et quibusdam aliis gesprochen. Ich will ihm nicht folgen auf dem Wege, den er betreten hat, sondern mich lediglich an den Antrag halten und an das, was er zur Motivirung gesagt hat. Ich finde nämlich, daß zu dem Antrage, dessen Inhalt ja das hohe Haus schon verschiedentlich beschäftigt hat, eine Veranlassung nicht vorliegt, und ich kann mich dafür berufen auf dasjenige, was über die verschiedenen Theile des Antrags und seinen Inhalt ich im hohen Hause bereits gesagt habe. Ich will zunächst auf den Antrag I. eingehen, und ich erinnere Sie an das, was ich in der Sitzung am 3. dieses Monats gesagt habe, es handelte sich da um die Inserate und um die Auflegung von Zeitungen, sowie über die Beilegung von Fahrg anen, Ich habe gesagt: Die wirklich erlassene Anordnung, auch nur ein Direktiv, ist her⸗ vorgerufen durch Klagen, die aus dem Publikum und der Presse an mich gekommen sind, worin gesagt ist: wir reisen, wir sind genöthigt, mitunter in der Bahnhofsrestauration zu sitzen und uns nach einer Zeitung zur Vertreibung der Langeweile umzusehen, und da finden wir nur fortschrittliche Blätter, das entspricht unserem Geschmacke nicht, wir wünschen auch andere Bläͤtter. 8 Darauf habe ich gesagt: mir wäre es am liebsten, wenn man in Bahnhofsrestaurationen nur Unterhaltungsblätter fände, keine poli⸗ tischen; dann geschähe Niemandem ein Unrecht; aber wenn einmal politische Zeitungen aufliegen sollen, so möge man doch nicht blos auf eine Seite des Publikums rechnen, sondern auch auf die andere, denn die Fortschrittspartei wird soviel Reisende nicht auf die Bahn bringen, daß man für Lektüre für sie ganz besonders sorgen müßte. Die Auflegung von Zeitungen in Bahnhöfen ist nach der Forderung der Lokalverwaltung eine Pflicht der Restaurateure, und da meine ich, daß es in der Ordnung ist, neben liberalen Zeitungen auch andere aufzulegen, und dahin geht die Direktive. Es ist, wie ich allerdings gehört habe, dagegen auch gesündigt worden, und da habe ich Remedur eintreten lassen. Ich will noch hinzufügen: Blätter der sogenannten Skandalpresse, oder, wie Herr Richter sie früher genannt hat, der Schmutzpresse, können natürlich unbe⸗ dingt nicht aufgelegt werden. 1 8 Sodann hat er gesagt: es ist doch fürchterlich mit dem Ver⸗ fahren in Bezug auf die Inserate in den Zeitungen und die Beilage von Fahrplänen; da wird die Stadtbahn eröffnet und trotzdem werden einem sehr großen hiesigen Blatte, einem fortschrittlichen Blatte, die nöthigen Exemplare des Fahrplans nicht beigegeben. Ja, meine Herren, ich habe heute zu meinem Erstaunen gehört, daß in Berlin nicht weniger als 281 politische Zeitungen erxistiren sollen. Wir können doch unmöͤglich die Verpflichtung Fde allen diesen Zeitungen Fahrpläne beizulegen. Ich bin nun allerdings der Meinung, daß die Eisenbahnverwaltung dafür sorgen soll, daß das Publikum über die Verkehrseinrichtungen in ausrei⸗ chendster Weise unterrichtet werde, und ich gehe darin so weit, als irgend durch den Ministerialbeschluß, der den Herren bekannt ist, gestattet. Diese Vorschrift, hinsichtlich der Inserate, beziehe sich selbstverständlich auch auf die Beilegung von Fahrplänen. Ich bin in dieser Beziehung gar nicht so ängstlich, und meine, daß die Eisenbahnverwaltung die ja kein politisches Institut ist, im eigentlichen Sinne des Wortes, diese Rücksicht in der Praxis frei und entgegenkommend befolgt. I6

Ich sage also, soweit es mir durch das Direktiv, welches für die Verwaltung im allgemeinen gegeben ist, irgend gestattet ist, soweit ehe ich in Bezug auf die Mittheilung der Einrichtungen, die im in 86 ““ 82 2 1

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gischen Stnats⸗Anzeiger.

1882.

Eisenbahnwesen das Publikum interessiren, weiter zu gehen, kann mir natürlich nicht erlaubt sein. In Bezug auf den zweiten Theil des Antrages, der Gegenstand

der Debatte auch heute wieder gewesen ist, habe ich mich wiederholt 6

schon ausgesprochen. Ich habe gesagt in der Sitzung vom 30. Ja⸗ nuar 1882:

Ich bezeichne es als unrichtig, daß das Petitionsrecht irgend eines Beamten meines Ressorts beschränkt sei. Was sagt denn die Verfassung im Artikel 322 Sie sagt: „Das Petitionsrecht steht allen Preußen zu. Petitionen unter einem Gesammtnamen sind nur Behörden und Korporationen gestattet.“ Wäre das Petitioniren im allgemeinen in meinem Ressort untersagt, so würden Sie nicht hier im 88 so viel Petitionen erhalten, wie wir sie Ihrer irksamkeit wesentlich mit verdanken. Es ist solche eben nicht untersagt und wenn ich auch nicht sagen kann, daß mich Massenpetitionen angenehm berühren, wenn sie an dieses Haus kommen, ebensowenig, wie sie meinen Herrn Amtsvor⸗ gänger angenehm berührt haben, so habe ich mich doch nicht ver⸗ anlaßt gesehen, diesen Weg zu beschränken. Sie werden, wenn Ihnen das Vergnügen macht, derartige Petitionen noch in großer Menge be⸗ kommen. Ist denn aber das Haus in der Lage, über das, was in den Petitionen gesagt ist, sich materiell schon aussprechen zu können ? Alles, was vorgetragen ist, insbesondere über die Beschränkung des Petitionsrechts und über die Einleitung von Disziplinarunter⸗ suchungen ist noch nicht bis in die Centralinstanz gelangt; ich glaube doch, daß es richtig ist, den Instanzenzug inne zu halten und dann erst darüber zu sprechen.

Weiter habe ich gesagt:

Nicht wegen der Einreichung einer Petition beim Abgeordneten⸗ hause ist eine förmliche Disziplinaruntersuchung auf Grund des Gesetzes vom Jahre 1852 eingeleitet worden; nein, meine Herren, sondern wegen der Agitation, die vorhergegangen ist, und wegen eines Aufrufs unerhörter, beinahbe revolutionärer Natur. 8

Ich habe dann erst gesagt an demselben Tage: G

Also, ich glaube, daß das Verfahren, welches ein⸗

geschlagen worden, nicht anzufechten ist. Ich wiederhole also, ich

beschränke den Beamten das Petitionsrecht nicht, ich wünsche aber nicht, daß dasselbe innerhalb der Verwaltung in einer Weise gehandhabt wird, die das dienstliche Ansehen und den Respekt gegen 8 vorgesetzten Beamten, den Gehorsam und die Disziplin verletzt.

Ich habe weiter gesagt in der Sitzung vom 31. Januar:

Ich wiederhole, das Petitionsrecht, das verfafsungsmäßige Recht jedes Staatsbürgers, einem Beamten zu beschränken, fällt mir nicht ein; ich halte das absolut für unzulässig; aber ich füge hinzu: ich erwarte, daß der Beamte das Petitionsrecht der Haltung gegenüber in einer Form gebraucht, welches dem dienstlichen An⸗ stand und der Disziplin entspricht.

Wenn speziell angeführt worden ist, daß ein Betriebsamt schon die Absendung einer Petition an und für sich mit Entlassung be⸗ droht habe, so würde ich der Fall ist mir nicht bekannt das nicht billigen können, denn das Petitionsrecht steht den Beamten zu. Ich wiederhole, daß das Petitioniren nicht allgemein verboten, ergiebt sich daraus, daß Sie, wie Sie sagen, mit Petitionen über⸗ schwemmt werden. *

Es ist das der Fall, den der Herr Abgeordnete vorhin erwähnt hat, der beim Betriebsamt Wiesbaden vorgekommen ist. Es ist richtig, daß dies Betriebsamt in einer Verfügung warnend gesagt hat, es könnte unter Umständen Entlassung auf den Gebrauch des Pe⸗ titionsrechtes erfolgen; es ist dies indeß geschehen ohne meine Bewilligung und bevor es zu meiner Kenntniß gelangte und lange bevor die Sache hier zur Verhandlung gelangte, ist dies Verfahren von dden Direktions⸗Präsidenten bereits als ungehörig rektifizirt worden.

Der Herr Abgeordnete hat dann verschiedene Zeitungen genannt. Er hat gesagt, die „Hagener solle zu Inseraten nicht benutzt und aufgelegt werden, dasselbe passire der „Barmer Zeitung“. Er erwähnte, daß in Pasewalk gewisse Blätter nicht verkauft werden dürften. Ich kann nur bitten, daß man solche Fälle, über die der Centralverwaltung bei der bestehenden Einrichtung doch nicht die Kenntniß beiwohnen kann, wenn man glaubt, daß ein Unrecht passirt ist, in ordnungsmäßigem Wege verfolgt und dann wird sich das Weitere finden. Aber ich kann mich unmöglich dazu herbeilassen, auf die einseitige Anzeige irgend eines Blattes hin in große Diskussionen einzutreten und über Dinge mich auszulassen, über die ich mich in dieser großen Verwaltung absolut nicht unterrrichtet halten kann. Das ist eben die Aufgabe und Folge der Dezentralisa⸗ tion, daß wir hier nicht in alle diese Dinge uns einmischen. Wozu sind dann die Behörden in der Provinz da? Wir haben allgemeine Gesichtspunkte zu geben und zu verfolgen, ihre Anwendung muß ich den Behörden in der Provinz überlassen.

Die weitere Beschwerde, die der Herr Abgeordnete um darauf einzugehen erhoben hat, daß eine Kollektivpetition von Beamten auf der Strecke von Minden nach Hanau an mich gerichtet sei, muß ich dahin richtig stellen, daß eine solche Kollektivpetition an mich nicht gelangt ist, ich daher auch nicht in der Lage gewesen bin, die Pe⸗ tenten an eine andere Instanz zu verweisen, was allerdings Rechtens gewesen wäre. Der Beamte, dessen der Herr Abgeordnete gedenkt, welcher entlassen worden, weil er sich bei Invektiven und Agitationen betheiligt hat, hat auf die Verfügung, die an ihn ergangen ist, bis jetzt eine Beschwerde bei mir nicht erhoben. Ich bin also nicht in der Lage, auf die Spezialitäten dieses Falles einzugehen.

Ich bestreite auf das Allerbestimmteste und wiederhole, daß ich irgendwie durch eine Direktion von hier Anlaß gegeben hätte zu der Auffassung, daß das Petitionsrecht der Beamten, welches ihnen ver⸗ fassungsmäßig garantirt ist, solle eingeschränkt werden. Ich werde dies auch ferner nicht und werde auch nicht gestatten, daß eine Ein⸗ schränkung erfolge. Wir haben in unserer Verwaltung nichts zu ver⸗ heimlichen. Die Maßregeln, die ich den Beamten gegenüber treffe und die von Wohlwollen, aber nicht von büreaukratischer Liebhaberei zeugen, können wir vertreten nach allen Richtungen. Und wenn der Herr Vorredner meint, daß der Verwaltung und mir insbesondere das Ver⸗ trauen der Untergebenen abhanden komme, so bestreite ich das. habe im Gegentheil mehr Beweise dafür, daß dieses Vertrauen mir nicht fehlt, wenigstens, füge ich hinzu, von denjenigen Beamten, auf deren Urtheil und deren Verbleiben in der Verwaltung ich Werth zu legen habe.

8 Ihr kann Sie nur bitten, lehnen Sie den Antrag ab, er ist nach meiner Auffassung nach keiner Richtung begründet, und ich wüßte auch gar nicht, was ich auf den Antrag hin sollte verfügen können.

Der Abg. Leonhard erklärte, seine politischen Freunde

erkennten zwar die Richtigkeit der in dem Antrage aus⸗

esprochenen Grundsätze an, hielten aber die Fixirung der⸗

elben in einem besonderen Antrage für unangemessen. Es sei überflüssig, einem Ministerium Grundsätze zur Anwendung zu empfehlen, welche das Haus bereits durch Annahme der Rickertschen Resolution gebilligt habe. Wolle man dieselben für einen bestimmten Zweig der Verwaltung nochmals in An⸗ regung bringen, so läge hierin ein Mißtrauen gegen diese Verwaltung, zu welchem kein Anlaß vorliege. Hinsichtlich des Petitionsrechts sei nachgewiesen worden, daß nur die ungehührliche Art der Agitation einen Grund zum disziplinarischen Einschreiten

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