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Württemberg. Stuttgart, 12. Januar. (W. T. B.) Der „Staats⸗Anzeiger für Württemberg“ meldet die Ver⸗ lobung des Prinzen Wilhelm mit der Prinzessin Charlotte von Schaumburg⸗Lippe und fügt hinzu: der König sei durch diese Verbindung von innigster Freude erfüllt, welche im ganzen Lande den lebhaftesten Wiederhall finde; Se. Majestät hoffe zuversichtlich, daß der Entschluß des Prinzen zum Wohle des Landes gereiche.
Mecklenburg⸗Schwerin. Schwerin, 10. Januar. In Folge des Ablebens des Staats⸗Ministers Grasen von Basse⸗ witz ist der Staatsrath Dr. Buchka, welcher seit 20 Jahren dem Justiz⸗Ministerium sowie den mit demselben verbundenen Abtheilungen für geistliche und Unterrichts⸗Angelegenheiten vorsteht, mit dem Vorsitz im Staats⸗Ministerium und mit den Funktionen des Ministers des Auswärtigen und des Großherzoglichen Hauses einstweilen betraut worden. In diesen Tagen hat sich derselbe zu dem Großherzog nach Cannes begeben.
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Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 10. Januar. (Wien. Abdp.) Im niederösterreichischen Landtage wurde gestern die Debatte über die Vorlage, betreffend die Errichtung einer Landes⸗Hypothekenbank für Nieder⸗Oesterreich, zu Ende geführt. Das Resultat derselben ist die Annahme der Maggschen Anträge, durch welche die Angelegenheit bis zur nächsten Session vertagt erscheint. Außerdem wurde eine Reihe kleinerer Vorlagen der Erledigung zugeführt.
Großbritannien und Irland. London, 9. Januar. (Allg. Corr.) Der in der Sitzung der irischen National⸗ Liga am Dienstag verlesene neueste Ausweis der zum irischen parlamentarischen Fonds beigesteuerten Gaben weist einen Gesammtbetrag von 3603 Pfd. Sterl. 12 Sh. 6 P. auf, in welcher Summe Amer ika mit 3000 Pfd. Sterl., Austral⸗Asien mit 500 Pfd. Sterl., Canada mit 52 Pfd. Sterl., Neuseeland mit 50 Pfd. Sterl. und Irland mit 1 Pfd. Sterl. 12 Sh. 6 P. figuriren. Die „St. James' Gazette“ kann nicht umhin, angesichts dessen auszurufen: „Von Amerika 3000 Pfd. Sterl.; von Irland 1 Pfd. Sterl. 12 Sh. 6 P.! Hier sehen wir, wie die Liga erhalten wird: Durch Leute, denen die legislative Unabhängigkeit Irlands ganz gleichgültig ist, aus⸗ genommen als Mittel, um das von ihnen verabscheute Eng⸗ land zu plagen, zu demüthigen und zu ruiniren. Nun ist die Frage, ob Engländer gedenken, sich durch Unzufriedene in der Heimath beschwatzen oder durch die Kreaturen fremder Bös⸗ willigkeit einschüchtern zu deese um eine der ihnen von diesen Herrschaften angebotenen Alternativen anzunehmen, nämlich: die Vernichtung ihrer parlamentarischen Institution oder den Ruin des Reichs!“
Das „Reutersche Bureau“ meldet aus Bhamo (Birma), vom 31. Dezember (via Minhla, 8. Januar):
Das Hauptquartier kam am 24. d. in Nyadoung an. Der Wun versammelte die Einwohner vor dem Gerichtshofe und verlas die britische Proklamation. Sämmtliche Einwohner schienen
freundlich gesinnt und willig zu sein, die Engländer zu unter⸗ stützen. Die Vorhut der Erpedition erreichte Bhamo am 28. d., ohne auf Widerstand zu stoßen, sodaß keine Verluste
zu melden sind. Am nächsten Tage foölgte das Hauptquartier und die Flotten⸗Brigade. Der Wun kam in einem landesüblichen Boote dem Dampfer des Generals entgegengefahren, und versicherte demselben, daß die Stadt friedlich gesinnt sei. Alsdann landete der General und wurde von dem Wun durch die Stadt geführt. In sämmtlichen von ihnen passirten Straßen bildeten die Einwohner, unter denen sich auch viele Chinesen befanden, Spalier.
12. Januar. (W. T. B.) Jackson, Mitglied des Unterhauses fh North Leeds, ist an Stelle Ridley’s zum Finanz⸗Sekretär im Schatzamt ernannt worden.
Frankreich. Paris, 9. Januar. (Fr. Corr.) Heuter früh trat der Ministerrath im Elyséepalast zusammen, um über die Fassung der ministeriellen Erklärung schlüssig zu werden. Der Conseils⸗Präsident hat seine Kollegen ereits von der einzuhaltenden allgemeinen Verhaltungs⸗ linie unterrichtet. Er erachtet, daß die durch die Wahlen vom 4. Oktober geschaffene Lage und die Möglichkeit von Wahlen im August zur Erneuerung der Generalräthe den Republikanern die Verpflichtung auferlegten, die Reste der früheren Spaltun⸗ gen verschwinden zu lassen und sich für den Kampf wider den gemeinsamen Feind zu einigen. Zu diesem Zweck müsse man alle politischen Fragen beseitigen, die zur Uneinigkeit Anlaß geben könnten, und sich im kommenden Jahre nur damit beschäftigen, die Fragen zu lösen, deren Lösung dringend und gleichzeitig für alle Republikaner annehmbar sei. Diese Fragen sind nach Hrn. de Freycinet folgende: 1) die Verwaltung in der Weise zu organisiren und diszipliniren, daß ihr eine Einheit der Leitung gegeben wird und von ihr in allen Graden der Hierarchie eine unumschränkte Ergebenheit für die republi⸗ kanischen Einrichtungen erlangt werden kann. 2) Die regel⸗ mäßige Ordnung in den Finanzen durch die Aufstellung eines Budgets für 1887 von einem wirklichen Gleichgewicht wieder einzuführen, ohne zur Schaffung irgend einer neuen Steuer oder der Emission irgend einer wirklichen Anleihe greifen zu müssen. 3) Die Regelung der Kolonialfragen durch die billigste Organisirung des Protektorats in Tongking und Madagascar zu vollenden. Diese dreifache Auf gabe wird nach der Ansicht des Conseils⸗Präsidenten genügen, das laufende Jahr auszufüllen, so daß es 1887 mög⸗ lich sein werde, die politischen Fragen, die sich auf den ver⸗ schiedenen Programmen der Republikaner befinden, zu prüfen. Auf die wirthschaftlichen und finanziellen Fragen, auf die Re⸗ formen zu Gunsten der nationalen Arbeit gedenkt das Kabinet vorerst sein Augenmerk zu lenken. Hinsichtlich des Budgets will der Conseils⸗Präsident weder neue Steuern noch eine An⸗ leihe, sondern rechnet hauptsächlich zur Herstellung des Gleichgewichts auf die Einschränkung in den Ausgaben. Namentlich beim Kriegsbudget beabsichtigt General Bou⸗ langer, ohne dem Wesen irgend eines Zweiges Eintrag zu thun, eine ganz bedeutende Ersparniß durchzusetzen. Sollten aber die Verringerungen in den Ausgaben nicht ge⸗ nügen, dann würden die ungenügenden Einnahmen durch Erhöhung der Alkoholsteuer und Aenderung der Verpflich⸗ tungen des Staatsschatzes vermehrt werden, welche die allzu nahen Rückzahlungen auf einen genügend langen Zeitraum ver⸗ theilen, so daß die im Budget eingeschriebenen Annuitäten vermindert werden. — Außerdem beschäftigte sich der heutige Ministerrath mit dem Budget⸗Entwurf für 1881, dessen allgemeine Grundzüge der Finanz⸗Minister Sadi Carnot zur Kenntniß brachte. Der Finanz⸗Minister beab⸗ sichtigt, ein wirkliches und ehrliches Gleichgewicht im Budget herzustellen, ohne jedoch zur Kreirung neuer Steuern noch zu
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einer Anleihe zu schreiten. Er richtete daher an seine Kollegen das ähsc respektiven Budgets einer 8 Se lichen Prüfung zu unterwerfen und jede nur mög⸗ iche Er⸗
h ehmen. Wie es heißt, sind insbesondere der sparniß vorzunehmern e. „ srice Erspar⸗ riegs⸗ und der Marine⸗Minister gewillt, umfassende 1 nisse in ihren respectiven Budgets eintreten fn lassen. 68 Finanz⸗Minister Sadi Carnot theilte bei dieser Töö“ mit, daß die Steuer⸗Erträgnisse des letzten Dezember ganz ve⸗ sonders ungünstige gewesen seien, namentlich in Folge des er⸗ heblichen Ausfalls beim Zucker. Das Jahr 1885 ist somit um 37 Millionen hinter den Voranschlägen des Budgets zu⸗ rückgeblieben. — Die Neuwahlen in den vier Departe⸗ ments Ardeche, Corsica, Landes und Lozere, deren Abgeord⸗ nete invalidirt wurden, sind auf den 14. Februar fest⸗ gesetzt. — Der Präsident der Republik unterzeich⸗ nete außerdem eine lange Reihe von Ernennungs⸗ Dekreten höherer Beamter in den verschiedenen Ministerien. Ganz besonders durchgreifend gehen diesmal der General Boulanger und der Admiral Aube vor. Im Kriegs⸗ wie im Marine⸗Ministerium wurden sämmt⸗ liche Direktoren und Chefs durch andere Persönlichkeiten 8sesn Zum Kabinets⸗Chef des Kriegs⸗Ministers wurde der O erst Yung und zum Chef des Großen Generalstabes der Divisions⸗ Heneral Galland, zu Unter⸗Chefs die Brigade⸗Generale Peau⸗ cellier und de la Roque ernannt. Der Marine⸗Minister, Admiral Aube, der ein überzeugter Anhänger der Torpedos und ein Gegner der großen Panzerschiffe ist, soll sehr umfang⸗ reiche Neuerungen und Reformen im Marine⸗Departement in Aussicht nehmen.
— 10. Januar. (Köln. Ztg.) Im Marine⸗Mini⸗ sterium fanden folgende Personal⸗Veränderungen statt: Pertier, Ober⸗Inspektor des Verwaltungsdienstes, Direktor der Kolonien, wurde seiner Stelle entsetzt; Chatelain, Inspektor des Verwaltungsdienstes, wurde zum Direktor desselben er⸗ nannt. Der Contre⸗Admiral Olvy, Direktor des Personals, wurde durch den Contre⸗Admiral Vignes ersetzt. Ducos, Audi⸗ teur erster Klasse im Staatsrath, ehemaliger Kabinets⸗Chef des Handels⸗Ministers Herisson, ersetzt Fournier, Direktor der Buchführung; Renard, Unter⸗Direktor im Handels⸗Ministerium, Faure, Unter⸗Direktor der Buchführung, und Hervoches de Guillon den General⸗Kommissar Lureau. — Der Justiz⸗ Minister hat den T des Gerichtshofes in Tunis versetzt, weil er gegen den General⸗Residenten eine feindselige Haltung gezeigt habe.
— 11. Januar. (W. T. B.) Die Kammern werden morgen die Wahlen der Präsidenten vornehmen. Die Verlesung der Botschaft und der ministeriellen Erklärung erfolgt voraussichtlich am Donnerstag. — Der Handels⸗Minister Lockvoy erklärte Vertretern des Ge⸗ meinderaths gegenüber: er bereite einen Gesetzentwurf, betreffend die Ausstellung im Jahre 1889, vor, und werde denselben demnächst vorlegen.
Spanien. Madrid, 11. Januar. (W. T. B.) Offizielle Depeschen aus Cartagena melden über einen Versuch, sich des Forts St. Julien zu bemächtigen, Folgendes: Der Militär⸗Gouverneur von Cartagena wurde heute früh 1 Uhr davon benachrichtigt, daß auf dem Fort St. Julien ein Aufstand stattgefunden habe. (Das Fort liegt am Meere in der äußeren Vertheidigungslinie.) Ein Sergeant hatte sich unter dem Schutz der Dunkelheit an der Spitze einer Anzahl Bauern dem Fort genähert und ein anderer Sergeant der Garde öffnete das Thor. Die Aufrührer drangen ein und überraschten den Gouverneur des Forts. General Fajardo, von dem Ueberfall benachrich⸗ tigt, rückte von Cartagena aus mit 5 Compagnien gegen das Fort vor, ließ die Compagnien indessen in einer gewissen Entfernung Halt machen und begab sich nur mit 4 Gendar⸗ men näher an das Fort, um die Aufständischen zur Ueber⸗ gabe zu bringen. Letztere gaben jedoch Feuer und verwunde⸗ ten den General durch 4 Schüsse. Da sie aber die Unmöglich⸗ keit erkannten, in dem Fort Widerstand zu leisten, weil sie durch die Besatzung nicht unterstützt wurden, so entflohen sie nach dem Meere. In Cartagena herrscht Ruhe.
Italien. Neapel, 11. Januar. (W. T. B.) Pozzolini ist nach Massauah abgereist.
Griechenland. Athen, 11. Januar. (W. T. B.) Der Kollektivschritt zur Herbeiführung der Abrüstung fand heute mittelst einer von sämmtlichen Vertretern der Groß⸗ mächte unterzeichneten Note statt.
Serbien. Belgrad, 11. Januar. (W. T. B.) Die
Nachrichten von der Demission des Ministers des Innern, Marinkowitsch, und von Konferenzen aller ö’“ im Königlichen Palais unter Vorsitz des 8 werden von kompetenter Seite für unbegründet erklärt. — 12, Januar. (W. T. B.) Die Vertreter der Großmächte überreichten heute eine Kollektivnote, in welcher auf Anregung der russischen Regierung die Ab⸗ rüstung der Balkanstaaten gefordert wird. — General Leschjanin ist gestern zum militärischen Beirath bei den Friedensverhandlungen ernannt worden. — Der König kehrt heute Mittag mit dem militärischen Gefolge nach Nisch zurück.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 12. Januar. (W. T. 8) Das „Journal de St. Péetersbourg“ be⸗ stätigt, daß die Mächte dem russischen Vorschlage, Serbien und Bulgarien zur Entwaffnung aufzu⸗ fordern, zugestimmt haben. Das „Journal“ bemerkt hierzu: diese Zustimmung bekunde in bestimmter Weise die Einmüthigkeit der Mächte angesichts der Gefahren, welche jene Länder bedrohen; ungeachtet des Mißerfolges der Konferenz könne dies der Ausgangspunkt einer neuen diplomatischen Aktion werden, welche, wenn sie diesmal aufrichtige Unter⸗ stützung finde und wirksam fortgeführt werde, den Orient vor neuen Komplikationen bewahren dürfte.
Das „Finanz⸗Amtsblatt“ veröffentlicht eine vom Kaiser sanktionirte Entschließung des Reichsraths, wonach vom 13. (1.) Januar 1886 ab im Münzsystem einige Veränderungen eintreten sollen. Es sollen Gold⸗ münzen (Imperials) zu 10 Rubeln geprägt werden. Diese sollen, wie die zu prägenden vollwerthigen silbernen Münzen, 900 Theile des bezüglichen reinen Edelmetalls und 100 Theile Kupfer enthalten. Silberne Scheidemünzen, die ausschließlich für den Verkehr im Innern des Reichs bestimmt sind, sollen 500 Theile reinen Silbers und ebensoviel Kupfer enthalten.
Dänemark. Kopenhagen, 11. Januar. (W. T. B.)
General
ꝛer sechsmona ichen Gefängnißst bW u einer sechsn llichen nißstrafe verurthe 1ee war, weil er im Juli 1884 8e Gelegenheit d litischen Versammlung in Holstebro (Jütland) sich an der ge⸗ waltsamen Entfernung des Polizeimeisters von der Redner⸗ tribüne betheiligt hatte.
Zeitungsstimmen.
Die „Kölnische Zeitung“ schließt eine Besprechun der Branntwein⸗Monopol⸗Vorlage mit folgenden Sätzen: 8
. Das sind Bedenken von Einzelheiten, über die sich eine Ver⸗ ständigung wohl finden lassen wird. Das Wesen des ganzen Ent⸗ wurfs ist so einfach und die Interessen der verschiedenen Brennerei⸗ betriebe sind so geschickt gewahrt, daß nur Diejenigen den Entwurf von vornherein werden abweisen können, die sich
verwerfen.
das Branntwein⸗Monopol folgendermaßen:
„Sieht man von 8 nte vo. laßt sich vielleicht nicht verkennen, daß der Entwurf wenigstens bemüht ist, ale konkurrirenden Interessen zu berücksichtigen und dem prinzipiellen Ge⸗ sichtspunkte in ergiebiger und doch zugleich schonender Weise dienstbar zu machen, insbesondere was die Interessen der Landwirthschaft, der industriellen und gewerblichen Betriebe anlangt, dam aber auch in Betreff der Finanz⸗ und sozialpolitischen Seite der Sache. Ferner nimmt der Entwurf besondere Rücksicht auf die Volksgesundheitspflege und die öffentliche Moral. Nach allen diesen Richtungen begegnen wir in der Vorlage den beachtenswerthen Winken und Vorschlägen unter Voranstellung der Bedingungen der Zweck⸗ mäßigkeit und praktischen Brauchbarkeit. Wir halten deshalb daftr daß in dem Entwurf nunmehr wenigstens die geeignetste Grundlags für eine sachliche Behandlung des hochwichtigen Gegenstandes gegebe ist, welche bisher so sehr zu vermissen war.“
— Ueber denselben Gegenstand schreibt der „Schwäbische Merkur“: 8
.. Von dem Standpunkt, jedes Monopol überhaupt zu verwerfa, ist man am Entferntesten in Süddeutschland. Hier haben Diejenigen, welche stets zur nationalen Sache gehalten haben, die Ier des Branntweinmonopols, wie früher die des Tabackmonopold, freudig begrüßt als einen Versuch, das Reich finanziell fäst auf die Füße zu stellen. Sie wollen so wenig als irgad Jemand in Bausch und Bogen annehmen, was da ersonnen worden ist. Aber sie scheuen sich nicht vor dem Worte „Monopol“ und var dem allerdings bedeutenden Eingriff der Reichsgewalt, der darin ent⸗ halten ist. Stärkung der Reichsgewalt ist ihnen überhaupt kein Gegenstand des Schreckens, und sie glauben auch den Einzelstaaten besser zu dienen dadurch, daß sie sie helfen in den Stand setzen, Glie⸗ der eines reiche Einnahmen ziehenden Ganzen zu werden, als ihre
finanziell so schwierig gewordene Lage endlos zu verlängern. Und aufs Ganze gesehen, ist es nicht lächerlich und auf die Länge unerträglich, daß unsere Nachbarn, die ohnedies aus
dem Taback, sei es durch ein Monopol, sei es durch monopolartige Besteuerung, leichte und große Einnahmen erzielen, auch durch den Branntwein sich große Mittel verschaffen, durch die sie uns finanziell überlegen sind, was denn doch auch politisch ja sehr in Betracht kommt! Wir bedenklichen Deutschen ziehen jährlich 53 Millionen Mark aus dem Branntwein, Frankreich 200, England 300, Rußland 600! Im „Lande der Freiheit“, Nordamerika, gewinnt man damit 200 Millionen und deckt dadurch die halben Staatsausgaben. Wenn also nur das Monopol uns helfen kann, es auch dahin zu bringen, wie andese praktischere Nationen, sollten wir dann das Monopol so vah gh uns fortweisen? Jedenfalls wird und muß die Erörterung über 9h Monopol dahin führen, daß wir, so oder so, zu einer bessin⸗
einträglicheren Branntweinbesteuerung kommen. — Wollte Er
deutschland egoistisch sein, so müßte es nach dem jetzt Gebotan
eifrig greifen, denn die geplante Vertheilung nach den
Matrikularmaßstab setzt uns, da wir weniger Branntwein ne⸗
brauchen als die Norddeutschen, wesentlich in Vortheil gegen diese.
Was das „Gläschen des armen Mannes“ betrifft, das i gewisser Beschränkung allerdings unentbehrlich ist, so wird es
etwas vertheuert werden, was vom sittlichen und gesundheitlichen Standpunkt nicht zu beklagen wäre; gewiß aber auch durch eine ehr⸗ liche Staatsverwaltung erheblich verbessert, so daß es selbst nach Ver⸗ vi uangh mit Wasser noch gesünder und schmackhafter wäre, als das 8 übliche Getränke der untersten Klassen. — Doch das sind Eimel⸗ heiten, auf welche einzugehen heute vielleicht zu früh ist. Wir sehen Wir wollen helfen an dem Werke des
— Inder,Landes⸗Zeitung für Elsaß⸗Lothringen“ lesen wir: Niicht selten werden die sozialpolitischen Bestrebungen des Deut⸗ schen Reichs als eine Art Modesache behandelt, die ohne tieferen Grund das wohlwollende Interesse weiter Kreise auf sich zu lenken wußte; bei der praktischen Undurchführbarkeit der gesammten Ideen, so hört man oft, werde, wie bei jedem Modeartikel, so auch hier, dies Interesse nur von kurzer Dauer sein. Gegenüber solchen, theils auf gutmüthigem Unperstand, theilsauf sehr verständiger Böswilligkeit beruhenden oberflächlichen Urtheilen, die gerade wegen ihrer Oberflächlichkeit für die Sozialpolitik hinter Bierkrug und Weinflasche sehr viel Verlockendes haben, ist es emn wohlthuendes Gefühl, Anschauungen zu begegnen, die in ernster, vorurtheilsloser Untersuchung der Sache tiefer auf den Grund su gehen suchen. In hervorragender Weise tritt uns nun dies letztere in einem Vortrag entgegen, welchen einer der bedeutendsten Großindu⸗ striellen der Schweiz, Hr. H. Wunderly⸗ v. Muralt in Zürich, am 4. Dezember v. J. in der „Kaufmännischen Gesellschaft“ daselbst gehalten hat und welcher nunmehr unter dem Titel: „Ueber Haftpflicht aus Fabrikbetrieb und Einführung der allgemeinen Unfallversicherung bei Zürcher und Furrer im Druck erschienen ist. Der Verfasser he⸗ trachtet, großentheils im Anschluß an Erörterungen von Pro⸗ fessor Paasche, die ganze Sache von dem Standpunkt aus, daß er die Entwickelung von der Haftpflicht zur allgemeinen Unfallversicherungsgesetzgebung mit Rücksicht auf deren Verhälr⸗ niß zu den Grundsätzen des alten Privatrechts ins Auge faßt⸗ gerade mit diesen letzteren mußte auf diesem bestimmten Gebiete imma mehr gebrochen werden, denn so lange die Arbeiter auf Prozesse an⸗ gewiesen waren, in denen sie den oft recht schwierigen Beweis für ein Verschulden des Arbeitgebers oder dessen Beamte zu erbringen hatten, konnte von einer Ueberbrückung der immer tiefer gähnenden Klu zwischen Arbeiter und Arbeitgeber nicht die Rede sein. Recht hübsch zusammengestellt ist das gegenseitige Verhältniß des Haft⸗ pflichtgesetzes, des Sozialistengesetzes (mit der beigegebenen Ver⸗ sicherung, daß die Regierung selbst für das Wohl der arbeitenden Klassen eintreten werde), der Schutzzölle zur Beschaffung der Armee⸗ kosten, der Heranziehung der geschützten Produzenten zu den Kosten, der durch die neuen Wirthschaftsgesetze geschaffenen Einrichtungen. Dabei hat Deutschland in richtiger Erkenntniß der realen Verhält⸗ nisse seine neue Gesetzgebung mit der Krankenversicherung begonnen⸗ denn bei den meisten Unfällen ist nicht sofort die Natur des eingetre⸗ tenen Schadens zu erkennen und erst nach einiger Zeit zu bestimmen⸗ ob für bleibende Schäden mit ganzer oder theilweiser Arbeitsunfäbig⸗ keit zu sorgen ist. Daß Wunderly den Schutzzöllen als Basis einer So⸗ zialgesetzgebung keinen dauernden Bestand zuerkennt, ist bei dem schweizerischen Wirthschaftspolitiker sehr erklärlich, für den das „Ausland“ eine wesentlich andere Größe ist als für einen Staats⸗ mann des Deutschen Reichs; dazu steht Wunderly in dieser Be⸗ ziehung noch offenbar etwas stark auf den Schultern der alten
Das Höchste Gericht bestätigte heute das Urtheil durch welches der Präsident des Folkethinges, Beng⸗
Oekonomie, die nur für absolute Wirthschaftswahrheiten ihre Rezepte geschrieben hat. 1e“
b 1 sich auf den grundsätz. lichen Standpunkt stellen, überhaupt jedes Monopol als solches jü
— Die „Hamburger Nachrichten“ äußern sich über den prinzipiellen Bedenken ab, so läßt sich
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