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Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußi
Berlin, Dienstag, den 9. März
iger. 1886.
schen Staats⸗Anze
M. 59. 38 Nichtamtliches.
Berlin, 9. März. In der gestrigen E. es Reichstages bat der Abg. Dr. Reichensperger bei der zweiten Berathung des von ihm ein⸗ gebrachten Gesetzentwurfs, betreffend die Einführung der Berufung, den Kommissionsbeschlüssen zuzustimmen. nsbesondere sei das Argument der Gegner der Berufung infällig, daß der zweite Richter schlechter informirt sein olle, als der erste. Die ganze Rechtsordnung in Deutschland beruhe auf der Berufung als einem wesent⸗ sichen Faktor; in allen Civilprozessen, bei der gesamm⸗ ten Verwaltung, und im Strafverfahren bei den Schöffen⸗ rrichten gebe es die Berufung. Der Berufungsrichter werde egenüber den Urtheilen der Strafkammern freilich nicht sehr aft in die Lage gebracht werden, einen anderen Thatbestand festzustellen, als die Strafkammer, wohl aber komme es häufig vor, daß die Strafkammer aus einem richtig festgestellten Thatbestand unrichtige Schlüsse ziehe, die das Berusungsgericht nktifiziren müsse. Aus seinen Erfahrungen als Richter beim Hber⸗Tribunal könne er versichern, daß er und seine cpollegen dort ost genug die Köpfe geschüttelt hätten, pie falsche Schlüsse vielfach die Vorinstanz aus den zurch das Beweismaterial festgestellten Thatsachen ge⸗ zogen habe. Durch irgend welche neu zu schaffende Garantien für die Rechtsprechung erster Instanz könne die Berufung nicht ersetzt werden. Alle Diejenigen aber, denen es Ernst mit Wiedereinführung der Berufung sei, müßten für
den Kommissionsantrag stimmen, da dieser im Bundesrath
Preußen. )
wenigstens die preußische Regierung für sich habe. Der An⸗ nag Munckel, welcher die Ober⸗Landesgerichte zur Berufungs⸗
instanz gegenüber den Strafkammern erheben wolle, habe im Bundesrath durchaus keine Aussicht auf Annahme. Der Abg. Dr. Hänel äußerte: Man habe vor wenigen
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gahren eine Strafprozeßordnung eingeführt, die darauf zu⸗ gewesen sei, die Berufung überflüssig zu machen durch die ganze Konstruktion des Prozesses, durch die darin der Ver⸗ thehigung gewährte Rolle, durch die Wiederaufnahme des Verfahrens ꝛc. Wenn er sich nun frage, ob die Vorschläge der Kommission eine Verbesserung gegenüber der Straf⸗ prozeßordnung enthielten, so müsse er unbedingt Nein fagn. Der Preis, den man für die Wiedereinführung der Berufung zahlen solle, sei viel zu hoch. Der Fommissionsbericht erkenne selbst an, daß die er⸗ viynten Garantien für die Rechtsprechung der ersten anz mit der Einführung der Berufung aufge⸗ nmn werden sollten. Dem könne er (Redner) aber nimmer⸗ ͤr zustimmen, und insbesondere sei die verlangte Herab⸗ seung der Zahl der erkennenden Strafkammerrichter von 5 ha für ihn völlig unannehmbar. Die Berufung dadurch u erkaufen, daß man ein schlechteres, schnelleres, beschleunigtes Frrfahren in der ersten Instanz bekomme, dazu könne er sich nicht hergeben. Auch die besten Garantien für ein gutes
Ferfahren zweiter Instanz könnten dasjenige nicht er⸗ seten, was nach den Kommissionsvorschlägen, auch im Interese des Angeschuldigten, bei der ersten Instanz
Bei dem mündlichen Verfahren komme der eigentliche Charakter des Strafprozesses nur in der ersten Instanz zur Erscheinung; nur der erste Richter gewinne einen ssicherten, individuellen Eindruck vom Thatbestand; der zweite gäcter werde meistens nur ein abgeleitetes, gebrochenes Bild davon erhalten. Würde man die Kommissionsbeschlüsse an⸗ nehmen, so würde psychologisch nothwendig die erste Instanz immer unter dem Eindruck verfahren: „Ja, wenn wir etwas wetsehen, über uns steht ja noch ein höherer Richter, der uns vorrigiren kann.“ Dies sei eine schwere Gefahr, die allein schon den Fommissionsbeschluß für ihn unannehmbar mache. Dazu komme, daß er nun und nimmermehr ihrem Vorschlag beitreten könne, fungdes Staatsanwalts zu Ungunsten des
wonaches auch eine Berufung Angeklagten geben solle. Der Staatsanwalt habe in der er habe, wenn
arte Instanz eine so überwiegende Stellung, a seine Pflicht thue, so viele Mittel, um alles Belastungs⸗ mterial im vollsten Umfange herbeizuschaffen, daß, wenn trotz iser Stellung des Staatsanwalts ein Angeklagter in erster Instanz werde, es unbillig wäre, ihn dann noch alen Angriffen des Staatsanwalts auszusetzen und das ißliche Institut einer provisorischen Freisprechung zu sstaffen. Weil er (Redner) also weder eine verschlechterte eiste Instanz noch eine Berufung des Staatsanwalts
verloren werde.
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wolle, deshalb seien die Kommissionsvorschläge für ihn absolut unannehmbar. Er halte es für richtig, nicht bereits so kurze Zeit nach Einführung der Neichs⸗Justizreform deren Grund⸗ agen zu ändern. Man sollte lieber zunächst den positiven Mangeln in der Handhabung der Strafprozeßordnung abhelfen. Der Kommissionsbericht erkenne ja selbst an, daß solche Mängel vorhanden seien und daß sie ohne Aenderung der bestehenden Gesetze wesentlich beseitigt werden könnten. Er spreche bier nicht prinzipiell für oder gegen die Berufung, sondern markire nur seine Stellung zur Vorlage.
Der Abg. Nobbe meinte: Die Frage eine juristisch⸗technische, sondern auch die Forderungen der üffentlihen Meinung und des Laienpublikums fielen für ihre Entscheidung ins Gewicht. In Preußen wenigstens werde der Wegfall der Berufung gegen Urtheile der Strafkammern chwer empfunden, und es werde nicht verstanden, daß sie gegen Urtheile der Schöffengerichte und im Verwal⸗ tungsstreitverfahren statthaben solle, aber nicht gegen die rtheile, bei denen es sich um Freiheit und Ehre handele. Der Abneigung der süddeutschen Regierungen stehe die zustimmende Erklärung der süddeutschen Anwalts⸗ kammern gegenüber, die mit dem Publikum eine viel intimere fühlung hätten als die Richter. Auch durch Besserung der Garantien für die richtige Judikatur erster Instanz, so werth⸗
sei nicht lediglich
sächlichen in der zweiten Instanz auf Schwierigkeiten stoße
prozeßverfahren zeige allerdings Mängel, die absolute Münd⸗ lichkeit des Verfahrens habe vielfach ihre Bedenken. Es werde darauf ankommen, durch das Vorverfahren schon den status causae controversiae festzustellen.
Der Abg. Rintelen äußerte, man wende
infü b 1 egen die Wieder⸗ einführung der Berufung ein, daß die Fesist
ellung des That⸗
und oft gar unmöglich sei. Aber wenn dieser Einwand stich⸗ haltig wäre, so müßte man auch die Berufung gegen die Urtheile der Schöffengerichte und das Wiederaufnahmeverfah⸗ ren beseitigen. Für das Bedürfniß der Berufung spreche, daß sämmtliche Landgerichte Schlesiens sich für dieselbe aus⸗ gesprochen hätten.
Der Abg. Marquardsen erklärte, er werde gegen die Vor⸗ lage stimmen. Der Einwand insbesondere, daß die Abschaffung der Berufung durch Theoretiker herbeigeführt sei, könne nicht aufrecht erhalten werden. In der Reichs⸗Justizkommission hätten sich 8 Zeit nur die beiden Professoren Gneist und der Redner selbst befunden. Von Praktikern aber unter den Kommissionsmitgliedern hätten gegen die Berufung votirt der General⸗Staatsanwalt von Schwarze, die praktischen Juristen von Puttkamer und Thilo, die hervorragenden Anwalte Eysoldt, Dr. Wolffson und Dr. Grimm. Die Vortheile, welche die Vorlage bieten könne, würden durch die Mängel erheblich überwogen.
Der Abg. Saro war, soweit er auf der Journalisten⸗ tribüne verstanden werden konnte, persönlich für die Wieder⸗ einführung der Berufung, die, wie er anerkennen müsse, im Allgemeinen von der öffentlichen Meinung verlangt werde.
Die Diskussion wurde hierauf geschlossen.
Der Abg. Rintelen beantragte, angesichts der schwachen Besetzung des Hauses die Vertagung der Sitzung und die Verschiebung des Schlußreferats und der Abstimmung auf einen späteren Termin.
Der Abg. Dr. Bamberger bat, sofort zur Abstimmung zu schreiten, da die Versammlung, welche die Diskussion über den Gegenstand angehört habe, auch allein kompetent sei, dar⸗ über desinitiv zu entscheiden.
Nach einem Schlußwort des Referenten wurden zunächst die Anträge Munckel⸗Träger abgelehnt. Dafür waren wesentlich nur die Deutschfreisinnigen. Die Kommissionsbeschlüsse wurden angenommen. Dafür, wesentlich geschlossen, das Centrum. Die übrigen Parteien stimmten t 1 5 ¼ Uhr vertagte sich as Haus auf Mittwoch
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an ihrer Stelle eine gemeinsame einzurichten. Dadurch habe die Thätigkeit des Adressaten, des Leiters der katholischen Abtheilung, den Gegenstand ihrer Wirksamkeit verloren, der⸗ selbe sei daher mit dem vorschriftsmäßigen Wartegelde hiermit in den Ruhestand versetzt, eventuell habe er den Wiedereintritt in ein neues Dienstverhältniß zu gewärtigen. Später habe sich in dem Schreiben der Ausdruck dieser letzteren Möglichkeit mit den Worten wiederholt: „vorausgesetzt, daß nicht eine anderweitige dienstliche Verwendung stattfinden sollte“, und zum Schluß heiße es, daß der Leiter der Abtheilung mit „Eifer und Hingebung bemüht“ gewesen sei, seiner Aufgabe Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, er solle indessen als Einleitung des definitiven Abschieds erst eine längere Bade⸗ und Erholungs⸗ reise antreten ꝛc. Es sei also nirgends von Pflichtwidrigkeit die Rede gewesen, auch nicht, als der sel. von Mallinckrodt in Folge seiner Anfrage vom Minister⸗Präsidenten die Antwort erhalten habe, daß es sich eigentlich nur um Formalien handle, da man an Stelle der Abtheilung die Einsetzung eines aposto⸗
habe der Geheime Rath Dr. Krätzig auch noch den Kronen⸗ Orden 3. Klasse mit dem rothen Kreuz erhalten. Am 10. Mai 1873 sei Fürst Bismarck bei Gelegenheit der Aufhebung der Art. XV und XVIII der Verfassung auf die katholische Ab⸗ theilung zu sprechen gekommen und habe ausdrücklich bestritten, daß der Vorlage ein konfessioneller Charakter inne wohne; der⸗ selbe habe über die katholische Abtheilung gesagt: er habe sich, als er aus dem Kriege zurückgekommen sei, gewundert, welche Fortschritte dieselbe in Bekämpfung der deutschen Sprache in polni⸗ schen Landesgebieten gemacht habe. Diese scharfen Worte hätten damals den Minister von Mühler zu der Entgegnung veran⸗ laßt, daß die Abtheilung nie eine selbständige Behörde gewesen sei, sondern stets unter Kontrole des Unter⸗Staatssekretärs gestanden und niemals eine Thätigkeit im Schulwesen und be⸗ sonders in der Sprachenfrage ausgeübt habe. Die „Nordd. Allg. Ztg.“ habe diese Worte nicht aufnehmen dürfen, dagegen habe sie auf dieselben eine scharf polemische Erwiderung gebracht, in welcher jedoch von polonisirenden Tendenzen, Pflichtwidrigkeit des letzten Leiters der katholischen Abtheilung, oder gar davon, daß die Schulfrage von ihr ressortirt habe, kein Wort enthalten gewesen sei. Der Minister von Mühler habe sich weiter dauernd seiner⸗ Beamten angenommen, namentlich öffentlich erklärt: es hindere ihn die aus tiefer liegenden politischen Rücksichten erfolgte Auflösung der katholischen Abtheilung nicht, unschuldig an⸗ gegriffene, noch lebende Beamte derselben zu vertheidigen. Trotz dessen sei wiederum Minister Falk am 10. Dezember
— Im weiteren Verlauf der gestrigen (35.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten bemerkte bei Fortsetzung der Berathung des Etats des Ministeriums der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗ An⸗ gelegenheiten der Abg. Dr. Windthorst, nach den Ge⸗ wohnheiten langer Jahre würde diese Position die Stelle sein,
dess. J. auf die Auflösung der katholischen Abtheilung ein⸗ gegangen und habe mit wohlwollender Milde über dieselbe und deren Leiter sich ausgesprochen. Nicht lange darauf sei der Geheime Rath Dr. Krätzig um seinen definitiven Abschied eingekommen, der ihm denn auch mittels Allerhöchster Kabinetsordre vom 19. Dezember 1874 „in Gnaden mit Pen⸗ sion und unter Bezeugung der Zufriedenheit mit seiner Dienst⸗
wo das Centrum seine Klagen und Wünsche über die Kirchen⸗ politik auszusprechen hätte, insbesondere darüber, daß im Kultus⸗Ministerium seine Wünsche keine besondere Vertretung und Berücksichtigung fänden. Er enthalte sich, diese Wünsche und Klagen zu wiederholen. Denn es sei dem anderen Hause eine Vorlage zugegangen, deren Einbringung seine reunde nur lebhaft begrüßen könnten, und deren ortgang sie lebhaft wünschten. Sie wollten alles unter⸗ assen, was den ruhigen Gang dieser Verhandlungen stören könnte. Redner glaube, es sei dem Herrenhause Ernst damit, etwas Gutes zu Stande zu bringen. Selbstverständlich stehe das Centrum nach wie vor auf seinem alten Standpunkt, und die Wähler desselben brauchten sich nicht darüber zu beunruhi⸗ gen, wenn dasselbe den ruhigen Gang der Entwickelung ab⸗ warten wolle. Redner habe den herzlichen Wunsch, daß es dem Herrenhause gelingen möge, etwas Brauchbares, Aeccep⸗ tables zu Stande zu bringen. Ob es über seinen und seiner Freunde Köpfe weg gemacht werde, sei gleichguüͤltig. Gehe die Sonne des Friedens überhaupt nur auf, dann wolle man gern jede Neigung zum Streit fahren lassen. Gott möge das Werk segnen und krönen, an dem das Herrenhaus arbeite. 1
Der Abg. Dr. Wehr (Dt.⸗Krone) meinte, auch die Konser⸗ vativen wünschten von Herzen die friedliche Lösung des alten Streites. Er habe aber einen anderen Wunsch vorzutragen. In der vorigen Session habe der Minister die Vorlegung eines Dotationsgesetzes für Westpreußen, Posen und den Regierungsbezirk Oppeln versprochen. Ohne diese Vorlage würden die beiden schon vorgelegten Schulgesetze für diese Landestheile nicht gut berathen werden können. Redner er⸗ laube sich daher die Anfrage an den Minister, ob und wann derselbe eine solche Vorlage zu machen gedenke.
Der Minister der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗ Angelegenheiten, Dr. von Goßler, erwiderte, die Regierung hege den Wunsch, ein solches Gesetz einzubringen. Aber auch hier lägen finanzielle Schwierigkeiten vor. Die Verhandlungen mit dem Finanz⸗Minister schwebten noch, Redner könne des⸗ halb nicht sagen, wann er das Gesetz werde vorlegen können.
Der Abg. Dr. Porsch erklärte, die Aeußerungen des Minister⸗-Präftdenten und des Kultus⸗Ministers über die Um⸗ stände, welche im Jahre 1871 die Aufhebung der katholischen Abtheilung im Kultus⸗Ministerium veranlaßt haben sollten,
sowie die dabei in Bezug auf den damaligen Leiter der be⸗ treffenden Abtheilung geschleuderten Vorwürfe legten ihm und seinen Freunden die Verpflichtung auf, den eigentlichen Sach⸗ verhalt klar zu legen. Man habe damals die katholische Abtheilung namentlich beschuldigt, daß unter ihrer Mitwirkung in Pelplin, nachdem daselbst vorher ein deutscher Dompropst gewesen sei, ein polnischer eingesetzt worden sei, der von vornherein habe darauf hinwirken sollen und auch darauf hingewirkt habe, die gesammten Geistlichen der Kulmer Diözese zu polonisiren. Diesen Angaben gegenuͤber könne Redner mit dem gesammten ihm darüber vorliegenden Aktenmaterial den
voll sie an sich sei, werde die auf Berufung hindrängende ewegung nicht aufgehalten werden. Der Redner erklärte 11 S. der Abg. Reichensperger für den Antrag der Kom⸗
ion. Der Abg. Francke war gegen die Wiedereinführung der er glaubte, daß es bessere Garantien für eine
Berufung, weil itien für eine richtige Urtheilssprechung gebe als sie. Das jetzige Straf⸗ 3 GG “
Beweis des Gegentheils bezüglich aller Angriffe antreten. —
Redner verlas hierauf die betreffenden Urkunden, beginnend
mit der vom 20. Juni 1871, in welcher dem Wirklichen Ge⸗
heimen Oder⸗Regierungs⸗Rath Dr. Krätzig davon Mircheilung
gemacht ward, daß das Staats⸗ Ministerium den Be⸗
schluß gefaßt habe, die beiden Abtheilungen, evangelische 9 ’..
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führung“ ertheilt worden sei. Seit jener Zeit sei nun absolut nichts eingetreten, was so harte, wie am 28. Januar d. J. gefallene Beschuldigungen hätte rechtfertigen können. Der Ge⸗ heime Rath Dr. Krätzig habe sich daher in einem ausführ⸗ lichen Schreiben an den Minister von Goßler gewandt. In demselben protestire derselbe namentlich dagegen: 1) amtliche Aktenstücke nicht ausgeliefert zu haben — das müßten die Akten und alle noch von damals lebenden Registraturbeamten bestätigen —, 2) jede Gelegenheit, einseitige Verfügungen im Interesse der von ihm vertretenen Sache zu treffen, benutzt zu haben — Alles sei seinen geordneten Gang durch Unter⸗ Staatssekretär bezw. Minister gegangen, und außerdem seien von der katholischen Abtheilung niemals Kommissarien zu Staats⸗Ministerialsitzungen zugelassen worden —, 3) mit den Bestrebungen bezüglich des Pelpliner Domkapitels je etwas zu thun gehabt zu haben, — er meine, es sei damals Weih⸗ bischof Jeschke, ein Deutscher, Dompropst geworden —, und 4) je mit hohen Familien in antipreußischem Sinne konspirirt zu haben. Allerdings stelle derselbe nicht in Abrede, im Sinne der Installationsurkunde der katholischen Abtheilung die Inter⸗ essen der katholischen Kirche stets vertreten zu haben. Derselbe bitte schließlich den Minister um Veröffentlichung aller bezüg⸗ lichen Aktenstücke. — Redner meine zwar, daß dies nach einer solchen Rechtfertigung, wie durch solche Aktenstücke, kaum noch von Nöthen wäre, indessen schlössen seine Freunde und er sich dennoch dieser Bitte gern an. 1
4 „ * . 2 18 Hierauf entgegnete der Minister der gesgihne Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten, Pr. von Go ber: . Meine Herren! Den Wunsch, welchem der Herr Vorredner im Eingange seiner Rede Ausdruck gegeten hat, daß es möglich veasen wäre, die ganze Frage inzwischen zu erledigen, kann auch ich von meinem Standpunkte aus theilen; aber der Grund, nicht geschehen ist, liegt in Verhälimissen, walche von 2 unabhängig sind. In demselben Augenblick, wo⸗ ich an den. 1 Geheimen Rath Krätzig auf sein Schreiben vom, 29* Jannar eine G . widerung abgehen lassen wollte, dam mir die „Germania vom 5. Fe⸗ bruar in die Hand, deren Einleitung wie folgt, lantet: - „Die neulich im Abgeordnetenhause gefallenen, völlig be zirbaren Aeußerungen des Kultus⸗Ministers von Goßler, we 9 erlaubt hat, dem Direktor der ehemaligen katholischen Abtheilung im Kultus⸗Ministerium, Hꝛn. Geheimen Rath, Dr. Krätzig, das Ver⸗ schwinden von amtlichen Akten zur Last zu lege
mionsstellung desselben als eine hiermit im Zusammen⸗ 11.“ Disziplinarmaßregel zu bezeichnen, haben, wie wir bren, Hrn. Dr. Krätzig veranlaßt, Hrn. von Goßler Abschriften der beiden überaus wohlwollenden Schreiben mitzutheilen, mittelst welcher Hr. Dr. Krätzig
Seitens Sr. b Mühler seiner ferneren Thät Ziel gesetzt worden war, enthoben wurde. rr. von worden, G ekr eine entsprechende Genugthuung durch eine Erklärung vor dem Ab geordnetenhause zu geben, und werden wir ja. sehen, in welcher Weis der Minister sich dieser seiner Pflicht unterziehen wird. Es kommen dann längere Ausführungen, auch darüber, Verhältniß zwischen dem Geheimen 9 Bureau des Miaisteriums gewesen sei.
lischen Nuntius ins Auge gefaßt habe. Am 18. März 1872.
n und die Zurdis⸗
Majestät des Königs resp. des Kultus⸗Ministers von igkeit, der aus politischen Gründen ein
Goßler ist auf Grund dieser Aktenstücke aufgefordert dem vor dem ganzen Lande schwer gekränkten G
wie das Rath Krätzig und dem Central⸗
und katholische, im Kultus⸗Ministerium aufzuheben und
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Es ist eine alte Regel innerhalb der preußischen Verwaltung,
daß, wenn eine Beschwerde an irgend eine Behörde, namentlich aber
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