Sich Abends mit Ihrer Königlichen Hoheit der Großherzogin von Baden zum Besuch Ihrer Majestäten nach Charlottenburg.
— Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz begab Sich am Montag früh, begleitet von Seinem persönlichen Adjutanten, vom hiesigen Schlosse nach dem Tempelhofer Felde und wohnte dort während mehrerer Stunden dem Exerzieren der Bataillone der 2. Garde⸗ Infanterie⸗Brigade bei. 8
Nach Beedecbnc des Exerzierens kehrte der Kronprinz nach der Stadt zurück, verweilte kurze Zeit im Schlosse und ritt sofort, da beunruhigende Nachrichten über das Befinden Sr. Majestät des Kaisers und Königs eingetroffen waren, nach dem Schlosse in Charlottenburg, Höchstderselbe Tags über und auch die Nacht verblieb.
Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin gusta sind unter den zahlreichen von Städten, Korpo⸗ Vereinen u. s. w. beim Ableben weiland Sr. Majestät des Kaisers Wilhelm dargebrachten Beileids⸗ bezeugungen mehrere zum Theil kunstvoll ausgestattete Adressen zugegangen. Die Liste dieser Adressen weist u. A. folgende Namen aus die Universitäten Greifswald und Bonn, die Akademie der Wissenschaften zu Berlin, den Kunstgewerbe⸗ Verein zu München, den Innungsausschuß zu Berlin, der Lehrer⸗Verein zu Berlin, den Kommunal⸗Landtag des Regierungsbezirks Wiesbaden, den Kreistag zu Weißenfels, den Central⸗Dombau⸗Verein zu Köln, den Deutschen Kriegerverband von Berlin und Umgegend, den Konservativen Verein zu Dresden, den Männer⸗ Gesangverein zu Köln, die Schützengilde zu Potsdam, die Deutsche Kolonie in Malta, die Vaterländischen Frauen⸗
weigvereine zu Waldenburg, Kassel, Wesel und
rüm, sowie die städtischen Behörden in München, Essen, Straubing, Münster, Barmen, Arnsberg, Duisburg, Wesel, Hamm, Greifswald, Halberstadt, Düsseldorf, Ulm, Soest, Wittenberge, Metz, Detmold und Zobten.
Auf Befehl Ihrer Majestät sind die genannten Adressen, nachdem 1 Majestät von denselben Einsicht genommen hat, dem Hohenzollern⸗Museum überwiesen worden. Eben⸗ daselbst gelangen auf Allerhöchste Anordnung auch alle übrigen von Korporationen ꝛc. in Form von Briefen oder Telegrammen an hre Majestät gerichteten Beileids⸗Kundgebungen, nachdem dieselben nunmehr einen Abschluß erreicht haben, gebunden zur Aufbewahrung, wobei Ihre Majestät gern Veranlassung
rationen,
nimmt, nochmals allen Betheiligten herzlich zu danken.
8 .“
— FHeute fand eine Sitzung der vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für Handel und Verkehr und für Justiz⸗ wesen statt.
— Der Schlußbericht über die gestrige Hauses der Abgeordneten befindet sich Beilage.
— Dem Hause der Abgeordneten sind von dem Abg. Lassen nachstehende Abänderungsanträge zu der zweiten Berathung des Antrags des Abg. Krah auf Annahme eines Gesetzentwurfs, betreffend die Vertheilung der öffentlichen Lasten bei Grundstückstheilungen und die Gründung neuer Ansiedelungen in der Provinz Schleswig⸗Holstein, zugegangen:
Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen: 1) Die §§. 15 und 16 des Entwurfs zu streichen und einen neuen §. 15 anzunehmen, folgendermaßen lautend: „Sind die in dem §. 14 gestellten Anforde⸗ rungen und Bedingungen erfüllt, darf die Ansiedelungsgenehmigung nicht versagt werden.“ 2) Dem §. 17 Absatz 1 folgende Fassung zu geben: „Die Versagung der Genehmigung auf Grund des §. 14 er⸗ folgt durch einen Bescheid der Orts⸗Polizeibehörde, welcher mit Gründen zu versehen und dem Antragsteller zuzustellen ist.“ 3) Im §. 17 Absatz 2 die zweite Zeile zu streichen. 4) Im §. 19 Absatz 1 das Allegat in Zeile 2/3 „der §§. 14 bis 16“ zu streichen und dafür zu setzen „des §. 14“‧.
— Der Abg. Muhl hat in dem Hause der Abgeord⸗ neten folgenden Abänderungsantrag zu der zweiten Berathung des Antrages des Abg. Krah auf Annahme eines Gesetz⸗ entwurfs, betreffend die Vertheilung der öffent⸗ lichen Lasten bei Grundstückstheilungen und die Gründung neuer Ansiedelungen in der Provinz Schleswig⸗Holstein, eingebracht:
Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen:
1) Dem Eingang des Gesetzentwurfs folgende Fassung zu geben:
Wir Friedrich, von Gottes Gnaden König von Preußen ꝛc. verordnen, unter Zustimmung der beiden Hänser des Landtages Unserer Monarchie für die Provinz Schleswig⸗Holstein, mit Ausnahme des Kreises Herzogthum Lauenburg, was folgt:
. 2) Im S§. 7 statt „durch den Gemeinde⸗ bezw. Fleckensvorsteher,
in den Städten durch den Magistrat“ zu setzen: durch den Gemeinde⸗
“ den Städten mit einem kollegialen Magistrat durch den agistrat“.
3) Im §. 9 Zeile 9 und 10 und im §. 11 Zeile 12 statt „in Stadtgemeinden“ zu setzen „in Stadtkreisen“.
4) Im §. 17 dem Absatz 3 folgende Fassung zu geben: „Zu⸗ ständig ist der Kreisausschuß, in Stadtkreisen der Bezirksausschuß“.
5) Im §. 22 Zeile 1 und 2 statt „der Kreisordnung für die Provinz“ zu setzen; „des Gesetzes über die allgemeine Landesverwaltung voms30. Juli 1883 (Gesetz⸗Samml. S. 195) in der Provinz“.
6) Im §. 23 in Zeile 4 (hinter „Bestimmungen“) statt „mit
Ausnahme derjenigen“ zu setzen: „aufgehoben. Diejenigen anderweiten Bestimmungen“, und am Schlusse des §. 23 statt „aufgehoben“ zu setzen: „werden von dem gegenwärtigen Gesetze nicht berührt“.
— Die Kommission des Hauses der Abgeordneten 88 ähn⸗ Wahlprüfungen beantragt in ihrem ersten ericht: A. Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen: die Wahl des Amtsrichters Raemisch für den Wahlkreis 5 Liegnitz definitiv für gültig 88 ves br „1. die Wahlen der Abgg. Dr. Dünkelbe d Di ü
den Wahlkreis 2 Koblenz zu Se II. die 3 le Hiet 8 37. und 38. Neuwieder Urwahlbezirk (Linz I, Linz II) gewählten
Sitzung des in der Ersten
— Von den Abgg. Berling und Genossen ist dem Hause der Abgeordneten nachstehender Antrag zu der zweiten Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Erleichterung der Volksschullasten, zugegangen; Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen: Statt der §§. 5 und 5a des Kommissionsberichts den §. 5 der Regierungsvorlage wieder herzustellen.
— Die XVII. Kommission des Hauses der Ab⸗ eordeten zur Vorberathung des Antrags der Abgg. Metzner (Frankenstein) und Genossen, betreffend die ein⸗ eitliche Gestaltung des Schornsteinfegerwesens, at sich konstituirt und zum Vorsitzenden den Abg. von ilgrim, zum Stellvertreter des Vorsitzenden den hcg. von trombeck und zu Schriftführern die Abgg. von alan und Nadbyl gewählt. — Auf der Tagesordnun 18. d. M., Vormittags 11 Uhr, stattfindenden 45. Plenar⸗ sitzung des Hauses der Abgeordneten steht die zweite
Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Erleichterung der Volksschullasten.
— Hat eine Person, gegen welche das gerichtliche Ver⸗ fahren auf Erklärung derselben für einen Verschwender eingeleitet, und die zugleich durch vorläufige gerichtliche Ver⸗ fügung von dem Verbot der Verfügung über ihr Vermögen betroffen worden ist, eine Forderung an eine andere Person cedirt und hat sodann diese Person die gedachte Forderung an einen Dritten weitercedirt u. s. f., so ist nach einem Ur⸗ theil des Reichsgerichts, I. Civilsenats, vom 7. De⸗ zember v. J., im Geltungsbereich des preußischen All⸗ gemeinen Landrechts, die Cession sowie die Weiter⸗ cession unverbindlich. Der Weitercessionar kann im Falle seines guten Glaubens nur aus dem Cessionsgeschäft Gegen⸗ ansprüche herleiten, besaß der Weitercessionar dagegen zur Zeit der Weitercession Kenntniß davon, daß dem Provokaten, als dieser die Forderung cedirte, die Veräußerung der Forde⸗ rung verboten gewesen sei, und der Cessionar des Provokaten und demnächstige Weitercedent solches gewußt habe, so ist er ein unredlicher Forderungsinhaber, ein Theilnehmer an dem verbote⸗⸗* Verbringen der Forderung, und er kann Gegen⸗ anspri. = nicht geltend machen.] I -
— Durch Allerhöchste Ordre vom 4. April d. J. ist der Stadtgemeinde Berlin behufs völliger Freilegung der Perle⸗ bergeestraße auf der Strecke von der Lübeckerstraße bis zur Stromstraße das Enteignungsrecht zur Erwerbung der dazu erforderlichen, im Privatbesitz befindlichen Grundstücks⸗ theile verliehen worden;
ferner ist genehmigt worden, daß auf die von dem Kreise Kalbe a. S. erbauten Kreis⸗Chausseen: 1) von Staßfurt nach Neu⸗Staßfurt und 2) von Pömmelte nach Glinde die dem Chausseegeld⸗Tarife vom 29. Februar 1840 angehängten Be⸗ stimmungen wegen der Chaussee⸗Polizeivergehen zur Anwendung gebracht werden.
— Nach einem Cirkular⸗Erlaß der Ressort⸗Minister, vom 15. v. M., ist bestimmt worden, daß in Gemäßheit des Art. 10 Abs. 2 der Ausführungsanweisung vom 15. September 1879 zur Verordnung, 1ö1 das Verwaltungs⸗Zwangs⸗ verfahren wegen Beitreibung von Geldbeträgen, vom 7. September 1879, es einer vorgängigen Mah⸗ nung des Schuldners nicht bedarf: 1) bei der Voll⸗ streckung der auf Grund des Gesetzes, betreffend den Erlaß polizeilicher Strasverfügungen wegen Uebertretungen, vom 23. April 1883, von den Polizeibehörden festgesetzten Geld⸗ strafen (§. 4 Abs. 2 Litt. c des Gesetzes, §§. 14 bis 16 der zur Ausführung des Gesetzes erlassenen Anweisung vom 8. Juni 1883), 2) bei der Vollstreckung der von den Ver⸗ waltungsbehörden im Gerahg deh des Gesetzes über die allgemeine Landesverwaltung vom 30. Juli 1883 (Gesetz⸗ Samml. S. 195) gemäß §. 132 Nr. 2 in Ausübung ihrer Zwangsbefugnisse festgesetzten Geldstrafen.
— Der General⸗Feldmarschall Graf von Blumenthal ist auf einige Tage von Magdeburg hier eingetroffen.
— Der Oberst von Egidy, Commandeur des Königlich Sächsischen 2. Grenadier⸗Regiments Nr. 101 Kaiser Wilhelm, König von Preußen, ist auf Allerhöchsten Befehl Sr. Majestät des Königs von Sachsen mit einer Deputation dieses Regiments behufs Meldung bei Sr. Kaiserlichen und Königlichen Hoheit dem Kronprinzen, als Chef des Regiments, hier eingetroffen.
— Als Aerzte haben sich niedergelassen die Herren: Dr. Fähndrich in Zielenzig und Dr. Werner in Frankfurt a. O.
Anhalt. Dessau, 16. April. (Anh. St.⸗A.) Die Erbprinzessin und Prinzessin Antoinette Anna sind in Begleitung des Prinzen Friedrich Carl von Hessen p Gefolge heute aus Frankfurt a. M. hier eingetroffen.
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Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 15. April. Das „Prag. Abdbl.“ schreibt: Seit dem Wiederzusammentritt des nag. geordnetenhauses am 10. d. M. sind demselben Seitens der Regierung nachstehende größere Vorlagen unterbreitet worden: Der Schiffahrts⸗ und Postvertrag mit der öster⸗ reichisch⸗ungarischen Lloydgesellschaft, der Gesetzentwurf, womit die bestehenden gesetzlichen Bestimmungen über die Gerichts⸗ barkeit in Strafsachen, welchen anarchistische Bestrebungen zu Grunde liegen, bis Ende August 1891 verlängert wer⸗ den, der Gesetzentwurf, betreffend die Verlängerung der Wirksamkeit des Gesetzes über die zeitweilige Stempel⸗ und Gebührenbefreiung, dann die Erleichterungen im Verfahren bei den die Löschung kleiner Satzposten bezweckenden Ver⸗ handlungen, endlich die Vorlage, betreffend die ausnahms⸗ weise Beiziehung von Reservemännern und Ersatzreservisten zur aktiven Dienstleistung im Frieden. Jeder Uese Gesetz⸗ entwürfe darf in seiner Wirkungssphäre größere Bedeutung
12 Wahlmänner als mit Recht für ungülti d
lmãän 1 g erklärt zu erachten,
2 “ Altenkirchener Urwahlbezirk gewählten Mahkrachteng Fert “ Eicherhof für ungültig zu erklären; III. die König⸗ zede Ceraegterung zu ersuchen, 1) daß wegen des Irrthums, welcher r gülas; FIee us
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die geschehene Abgrenzung 8e nns schrift Rechnung getragen ist, daß zusammenhängendes und abgerundetes
Auskunft über die ortsanwesende Bevölk 8. desscheid. vorgekommen ist, das eeeeee unft darüber ertheilt werde, welche Gründe beuwied maßgebend gewesen sind für E11“ denne 178 dabei der Vor⸗ r Urwahlbezirk ein möglichst Ganzes bilden Haise. Eglichf
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1 April. (W. T. B.) Der Wehrausschuß nahm 8 Wehrvorlage unverändert 8.b Alc Fe nahm faf Lan esvertheidigung erklärte, die Anwendung des Gesetzes 1 tausnahmsweise erfolgen; in anderen Staaten be⸗ n betreffs der Heranziehung der Reserve viel strengere Zestimmungen. Eine Garantie gegen Mißbrauch des Gesetzes liege in der Bewilligung des Budgets.
Agram, 16. April. (Prag. Abdbl.) Die Regnikolar⸗
Deputation tritt am 10. Mai zusammen.
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Großbritannien und Irland. London, 11. April. (W. T. B.) Sämmtliche Morgenblätter drücken ihre tiefste Theilnahme anläßlich der ernsten Wendung in der Krankheit des Kaisers Friedrich aus. Der „Standard“ sagt: die Sympathien Europas seien mit dem Kaiser und der Kaiserin in dieser schweren Stunde bitterer Prüfung, aber nicht minder lebhaft müsse die allgemeine Be⸗ wunderung sein für die Standhaftigkeit, welche Beide entfalten.
— (A. C.) Der Gouverneur von Fidschi und Ober⸗ Kommissär für die Inseln im westlichen Stillen Ocean, Sir John Thurston, ist zum britischen General⸗Konsul für die letztgenannten Inseln ernannt worden.
Frankreich. Paris, 16. April. (W. T. B.) Boulanger hat folgendes Schreiben an seine Wähler im Departe⸗ ment du Nord gerichtet:
„Der 15. April d. J. wird für das Land fortan einen Tag der Befreiung bezeichnen. Muthig haben Sie allen Pressionen wider⸗ standen und der Tyrannei Trotz geboten, um Ihrem Gewissen zu ge⸗ horchen. Arbeiter, die man durch Einschuüͤchterungen bestimmen wollte, haben ihr tägliches Brot aufs Spiel gesetzt. Politiker, welche niemals ein anderes Programm hatten, als das, sich auf den Bänken der Kammer zu verewigen, gaben sich den Anschein, als ob sie nicht verständen, auf welches politische Glaubens⸗ bekenntniß es jetzt ankäame. Sie haben es verstanden, Sie haben gleichzeitig mit mir verlangt, daß die Kammer, die zur Ohn⸗ macht verdammt ist, aufgelöst, daß die Verfassung revidirt werde, die nicht nur antirepublikanisch, sondern auch usurpatorisch ist; denn diejenigen, welche so votirten, haben sich in willkürlicher Weise eine konstituirende Gewalt beigelegt, die ihre Wähler ihnen verweigert hatten. Was Frankreich verlangt, was Sie durch meinen Namen bestätigt haben, das ist die Nothwendigkeit einer konstituirenden Ver⸗ sammlung, vor welche alle ehrgeizigen Bestrebungen zurücktreten werden, einer Versammlung, welcher dem Volk in der Republik den weiten Raum zugesteht, den es einnehmen muß, den man ihm stets verheißen und von dem man es systematisch fern gehalten hat. Wähler des Nord⸗ Departements! Ihre Interessen fallen zusammen mit denen des Vaterlandes und der Republik; aber es genügt nicht, das Vaterland und die Republik zu lieben, man muß auch verstehen, sie ohne irgend welchen Gedanken an Provokationen zu schützen und zu vertheidigen. Wir werden uns gemeinsam dieser großen Aufgabe weihen, und ohne uns durch die Verleumdungen, denen Sie soeben die gebührende Ge⸗ rechtigkeit widerfahren ließen, ablenken zu lassen, werden wir daran arbeiten, dem Vaterlande und der Republik Achtung zu verschaffen und sie unzerstörbar zu gestalten. Es lebe Frankreich, es lebe die Republik!⸗ 1
In einer gestern in Epinal gehaltenen Rede bezeichnete Ferry Boulanger als den Soldaten des Aufruhrs und recht⸗ e die Haltung der opportunistischen Partei. Die gegen⸗ wärtige Deputirtenkammer habe mit ministeriellen Krisen Miß⸗ brauch getrieben, die jetzige Krisis habe den Beweis geliefert, daß das direkte Stimmrecht nicht unfehlbar sei. Die Lage, in der sich das Land jetzt befinde, sei ein Plagiat des zweiten Dezember, die Redensarten, deren man sich von gewisser Seite bediene, seien heuchlerisch, zweideutig und drohend. Er würde ein Kabinet Floquet unterstützen, aber es müsse dem Boulangismus gegenüber eine thätige und streitbare Haltung einnehmen und auf eine Konzentrirung der Republikaner gegenüber der cäsaristischen und plebiscitären Bewegung hinarbeiten; die Rückkehr zum Cäsarismus würde einen Krieg mit dem Auslande herbei⸗ führen; Frankreich würde die Achtung Europas verlieren, wenn es innerhalb 40 Jahren zum zweiten Male dazu käme, eine Mittelmäßigkeit für ein Genie und einen Catilina für einen Washington zu nehmen. Er, Ferry. rechne sich die Angriffe, welche die boulangistischen Blätter gegen ihn rich⸗ teten, zur Ehre an; alle guten Bürger müßten sich 8 um eine Rückkehr zum Cäsarismus, welcher stets schmachvolle und blutige Spuren in der Geschichte Frankreichs zurück⸗ gelassen habe, zu bekämpfen.
— 17. April. (W. T. B.) Der leitende Ausschuß der
Patriotenliga wählte von Neuem Deroulède zum Ehrenpräsidenten. Drei Ausschußmitglieder, welche zur Partei Ferry's gehören, sind in Folge dessen ausgetreten. Verschiedene Gruppen durchzogen gestern Abend unter den Rufen „es lebe Boulanger“ die Straßen; dieselben wurden jedoch ohne ernstere Zwischenfälle von der Polizei zerstreut. — Das „Journal des Débats“ schreibt, die Wahlergebnisse im Norddepartement beweisen, daß das Land im hohen Grade erschöpft ist und eine tiefe Abneigung gegen die Politik und die Handlungsweise der Regierung empfindet; die Mehrheit der Wähler wolle nichts mehr von einer Regierung wissen, welche das Land der Tyrannei der Wahlcomités und den Zwistigkeiten der Parteiführer preisgebe. In Bordeaux konnten gestern die Opportunisten wegen des tumultuarischen Auftretens der Boulangisten die ausge⸗ schriebene Versammlung nicht halten und waren gezwungen, die Sitzung aufzuheben.
Italien. Rom, 16. April. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Deputirtenkammer erklärte auf eine bezügliche Anfrage Martini's der Minister⸗Präsident Crispi: die auf die afrikanische Expedition bezüglichen Schrift⸗ stücke würden demnächst vorgelegt werden. Gerneral Pozzolini brachte eine Interpellation ein über dee Maßregeln der Regierung für die Sicherheit Massovahs. Der Minister⸗Präsident Crispi erklärte: er werde am 20. d. darauf antworten. 1
Der Papst empfing heute die österreichischen Pilger. Auf die von dem Grafen Pergen verlesene Adresse dankte der Papst für die Uhm dargebrachte Huldigung, erinnerte an die zwischen dem Kaiserlichen Hause und dem päpstlichen Stuhl bestehenden engen Bande und empfahl den Pilgern, dem erhabenen Monarchen stets unterwürfig zu sein und für reli⸗ giöse Erziehung einzutreten.
Spanien. Wie die „Pol. Corresp.“ aus Madrid meldet, tritt die Marokkanische Konferenz daselbst am 1. Mai zusammen.
Türkei. Konstantinopel, 15. April, Morgens. (Prag. Abdbl.) „Reuter's Bureau“ meldet: Die Pforte verständigte den ökumenischen Patriarchen von der Absetzung des griechischen Metropoliten von Serres, forderte ihn auf, einen andern dahin zu entsenden und wies die tör⸗ kischen Behörden in Macedonien an, den abgesetzten Metro⸗ politen nicht mehr anzuerkennen. Der Patriarch erhob ver⸗ geblich beim Justt Minter und beim Großvezier Vorstellungen, indem er erklärte, die Pforte habe kein Recht, den Metropoliten abzusetzen. Der Patriarch befahl dem Metropoliten, auf seinem
osten zu bleiben und berief für heute die Synode sowie den aienrath. Man hält es für möglich, daß der Patriarch, die
V
Synode und der Laienrath resigniren, um gegen die Verletzung der Privilegien zu protestiren. Man hofft indeß, daß die Pforte einen Modus zur Beilegung der Sache finden werde.