Der Bundesrath hat in seiner Sitzung vom 4. März d. J. beschlossen, daß von der Herbeiführung einer Aenderung der Gesammt⸗Jahresmenge Branntwein, von welcher der niedrigere Verbrauchsabgabensatz zu entrichten ist, sowie des Betrages des niedrigeren Verbrauchsabgabensatzes für die nächsten drei Jahre abgesehen werde.
Zum heutigen Geburtstage sind dem Fürsten von Bismarck eine große Zahl von Adressen zugegangen. Wir heben hieraus zunächst die Adresse der national⸗ liberalen Fraktion des Hauses der Abgeordneten hervor:
„Durchlauchtigster Fürst! Seit langer Zeit hat das deutsche
Volk und mit ihm die nationalliberale Fraktion des Abgeordneten⸗ hauses die Wiederkehr des Tages, der dem Vaterlande seinen großen Staatsmann gab, als einen Tag stolzer Freude gefeiert; heute ver⸗ mischen sich die Segenswünsche, mit denen wir Eure Durchlaucht an Ihrem 75. Geburtstage begrüßen, mit dem schmerzlichen Gefühl, daß das Deutsche Reich und der Preußische Staat in Zukunft des sicheren Führers entbehren soll, der der Nation seit mehr als einem Vierteljahrhundert zielbewußt rie Bahnen vor⸗ gezeichnet, auf denen sich ihr heißes Sehnen nach Einheit und der ge⸗ bührenden Machtstellung und inneren Entwickelung erfüllte. Die Einigung Deutschlands unter Preußens Führung, die Wiederaufrichtung des Deutschen Reichs nach ohnmächtiger Zersplitterung, die Festigung desselben durch die Organisation der Wehrkraft und der Finanzen und der innere Ausbau durch einheitliche Gestaltung des Rechts und wichtiger Verwaltungszweige, ein zwanzigjähriger, durch unvergleichliche Staats⸗ kunst aufrecht erhaltener Friede, der den Wohlstand des deutschen Volks erhöhte, und der Zusammenschluß der drei mächtigen Reiche Mittel⸗ Europas zu weiterer Friedenswahrung, der Erwerb von Kolonien, welche dem deutschen Handel und Gewerbefleiß neue Absatzgebiete eröffnen werden, die soziale Reform zur Linderung der Noth der arbeitenden Klassen — das sind Hauptmarksteine des gewaltigen Theiles Geschichte, welchen das deutsche Volk unter der Führung seines ersten großen Kaisers auf den durch Ew. Durchlaucht erkannten und eröffneten Wegen durchschritten hat. Unauslöschlicher Dank für Alles, was Sie in tiefer Vaterlandsliebe und unter Einsetzung Ihrer ganzen Persönlichkeit dem deutschen Volk gegeben, wird Ew. Durch⸗ laucht aus allen Theilen des Deutschen Reichs, wie von den Deutschen des Auslands entgegen getragen. Wenn auch wir, die in tiefer Ver⸗ ehrung unterzeichneten Mitglieder der nationalliberalen Fraktion des Abgeordnetenhauses, diesem Dank Ausdruck geben, so wollen Ew. Durchlaucht denselben entgegennehmen als ein Zeichen, wie sehr wir vns mit den Bestrebungen Ihrer nationalen Politik verwachsen ühlen.“
Die Stadt Magdeburg hat dem Fürsten folgende Adresse übersandt:
„Durchlauchtigster Fürst! Wenn wir Ew. Durchlaucht heute mit unseren ehrerbietigsten Gluüͤckwünschen zu dem Tage nahen, an welchem Sie das 75. Lebensjahr vollenden, so geschieht es in dem Gefühle tiefen Schmerzes, Ew. Durchlaucht nicht mehr an der Stelle zu sehen, an welcher Sie bis jetzt zum Heile und zum Ruhme des deutschen Volkes gestanden haben. Noch einmal geht heute vor unserem geistigen Auge dies gewaltige Leben vorüber, welchem Jahrhunderte hindurch an weltgeschichtlicher Bedeutung sich ein zweites nicht zur Seite stellen läßt. In schwerster Zeit und in schwersten Kämpfen der treueste und hingebendste Rathgeber Sr. Majestät des hochseligen Kaisers Wilhelm I., haben Ew Durchlaucht durch den seltensten Verein von weitschauender Weisheit, durchdringendem Scharfblick und entschlossenster Thatkraft Preußen die Stellung in Deutschland gegeben, welche ihm gebührte, haben dann Deutschland unter Preußens Fübrung geeinigt, den frevel⸗ haften Uebermuth und den Trotz Frankreichs gebrochen und so Deutsch⸗ land zugleich zur ersten Macht Europas erhoben wie in ihm einen
Hort des Friedens geschaffen inmitten einer waffenstarrenden Welt. Der Name von Ew. Durchlaucht wird bis in die fernsten Zeiten mit unvergänglichem Ruhm sortleben in der
Erinnerung der Völker und in den Jahrbüchern der Geschichte; ins aber drängt es, Ihnen auszusprechen, wie in unseren Herzen wie in denen von unzähligen Deutschen niemals das Gefühl der tiefsten Dankbarkeit verlöschen wird für das unbeschreiblich Große, was Sie für Ihr Volk und für Ihr Vaterland gethan haben. Möge Ew. Durchlaucht nach Ihrem ebenso beispiellos erfolgreichen wie unfäglich schweren und mühevollen Tagewerke ein friedlicher und freundlicher Lebensabend beschieden sein. Ew. Durchlaucht ehrerbietigste Magistrat der Stadt Magdeburg: Bötticher. Stadtverordnetenversammlung der Stadt Magdeburg: Listemann.“
Ferner 8 die konservative Partei des Kreises Nimptsch, die nationalliberale Partei in Lüneburg, der liberale Verein in Hildesheim, der freikonservative Verein in Elberfeld, der konservative Verein in Dresden, der Vorstand des Reichsvereins in Gera, die deutsche Partei in Ulm und Heilbronn u. s. w. Adressen übersandt.
In Metz findet heute Abend zur Feier des Tages eine Volksversammlung statt.
Aus Schweidnitz meldet uns ein Privattelegramm, daß die Vorstände der dortigen konservativen und national⸗ liberalen Partei sowie mehrere Private, wie die „Schweidnitzer Tägliche Rundschau“ berichtet, heute herzliche Glückwunsch⸗ telegramme an den Fürsten Bismarck abgesandt haben. In Zobten findet ein glänzender Bismarck Commers statt.
Zur Vorfeier des Geburtstages wurde dem Fürsten gestern Abend in Friedrichsruh von Hamburger Bürgern ein Fackelzug gebracht. Es liegt hierüber folgende Meldung des „W. T. B.“ aus Friedrichsruh vor:
Mehrere Extrazüge brachten heute (Montag) Abend nach Tausenden zählende Männer aller Stände hierher, um dem Fürsten Bismarck anläßlich seines morgigen Geburtstages einen Fackelzug darzubringen. Die Kriegervereine von 1870/71 waren mit ihren Fahnen erschienen. Als der imposante Zug das Landhaus erreicht hatte, traten der Fürst und die Fürstin Bismarck, der Staats⸗Minister Graf Herbert Bismarck, der Regierungs⸗Präsident Graf Wilhelm von Bismarck und Gemahlin, sowie der Gesandte am Königlich bayerischen Hofe Graf zu Rantzau und Gemahlin aus dem Schloß. Fürst Bismarck richtete an das Comité einige Worte, in denen er besonders die nachbarlichen Beziehungen zu Hamburg be⸗ tonte. Dr. Nolte von Hamburg gab den Gefüͤhlen der Anwesenden in schwungvoller Rede Ausdruck und dankte dem Fürsten für Alles, was er zur Ent⸗ wickelung und zur Ehre Deutschlands gethan. Auf ewige Zeiten werde sein Name verbunden sein mit dem Namen des Deutschen Reiches. Der Redner schloß mit dem Wunsche, daß Gott den Fürsten noch lange zum Segen des deutschen Vater⸗ landes erhalten möge, und einem Hoch, welches mit Be⸗ geisterung aufgenommen sich durch die lange Kette des Fackel⸗ zuges brausend fortpflanzte. Fürst Bismarck dankte dem Comité für die schöne Kundgebung, bemerkte, er
werde hoffentlich jetzt öfter das Vergnügen haben, die alte Hansastadt Hamburg, deren Ehrenbürger er sei, zu be⸗ suchen, und richtete schließlich noch einige Worte an den frühe⸗ ren Reichstags⸗Abgeordneten Woermann. Hierauf trat der Zug den Vorbeimarsch vor dem Schlosse an, welcher eine halbe Stunde dauerte, und sammelte sich sodann auf der großen Wiese. Inzwischen hatte Fürst Bismarck mit der ganzen
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Familie und einigen Vorstandsmitgliedern des Hamburger Keichstags⸗Wahlvereins auf dem Balkon des Schlosses Platz genommen, von welchem aus die gedachte Wiese völlig übersehen werden kann. Nach dem Gesange des Liedes „Deutsch⸗ land, Deutschland über Alles“ sowie der „Wacht am Rhein und nach wiederholten brausenden Hochs auf den Fürsten wurden die Fackeln zusammengeworfen, worauf sich der Zug auflöste. In begeisterter Stimmung begaben sich alsdann die Theilnehmer mittels Extrazüge nach Hamburg zurück.
In Berlin ist, wie „W. T. B.“ berichtet, gestern zur Ausführung der Idee, dem Fürsten in der Reichs⸗Hauptstadt ein Denkmal zu errichten, eine Anzahl angesehener, den verschiedensten politischen Richtungen angehöriger Männer aus Berlin und dem Reich zusammengetreten, um an die deutsche Nation einen Aufruf zu Sammlungen für diesen Zweck zu erlassen. Das Comité will Se. Majestät den Kaiser und König um Uebernahme des Protektorats bitten. Den provisorischen Vorsitz hat der Landes⸗Direktor der Provinz Brandenburg von Lepetzow übernommen.
Der Kaiserliche Botschafter von Schweinitz ist nach St. Petersburg zurückgekehrt und hat die Geschäfte der dortigen Botschaft wieder übernommen.
Der Königlich bayerische Bevollmächtigte zum Bundesrath, Ober⸗Regierungs⸗Rath Landmann ist von hier abgereist.
ur Abstattung persönlicher Meldungen sind hier ein⸗ getroffen: der General der Infanterie von Grolman, kom⸗ mandirender General des XI. Armee⸗Corps, der General der Infanterie z. D. von Wissmann, bisher Commandeur der Großherzoglich Hessischen (25.) Division, der General⸗Lieutenant von Grote, Kommandant von Breslau, der General⸗Lieutenant von Möller, Kommandant von Magdeburg, der General⸗ Lieutenant von Rosenberg, Inspecteur der 2. Kavallerie⸗
Inspektion, der General⸗Lieutenant von Kleist, In⸗ specteur der 1. Kavallerie⸗Inspektion, der General⸗ Lieutenant Edler von der Planitz II, Comman⸗ deur der 14. Division, der General⸗Lieutenant
von Schkopp, Gouverneur von Köln, der General⸗Lieutenant John von Freyend, Commandeur der II. Division, und der General⸗Lieutenant von dem Knesebeck, Kommandant von Königsberg i. Pr.
S. M. S. „Leipzig“, Kommandant Kapitän zur See Plüddemann, beabsichtigte, am 31. März cr. von Amoy nach Yokohama in See zu gehen.
Das Uebungs⸗Geschwader, bestehend aus S. schiffen „Kaiser“ (Flaggschiff), ‚Deutschland“, „Friedrich der Große“, „Preußen“ und S. M. Kreuzer⸗Korvette „IJrene“, Geschwader⸗Chef Contre⸗Admiral Hollmann, ist am 30. März cr. in Cartagena eingetroffen und beabsichtigt, am 2. April cr. wieder in See zu gehen.
M. Panzer⸗
Der Kaiserliche Erlaß, neuen Gymnasium in Linden der
Hannover, 1. April. durch welchen dem
Name „Kaiserin Auguste Victoria⸗Gymnasium“ beigelegt ist, hat nach der „Lind. Zeitung“ folgenden Wortlaut:
„Auf Ihren Bericht vom 13. d. M. will Ich hiermit geneh⸗ migen, daß das Gymnasium zu Linden bei Hannober von dem Tage der Einweihung des neuen Schulhauses an den Namen Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin in der Bezeichnung „Kaiserin Auguste Victoria⸗Gymnasium“ führe.
Berlin, den 21. Januar 1890. 8
Wilhelm, R. ggez. von Goßler. An den Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten.“ Württemberg.
(+) Stuttgart, 31. März. Se. Majestät der König empfing gestern Vormittag den von Berlin zurückgekehrten Prinzen Hermann zu Sachsen⸗Weimar. Gestern Abend
fand bei Ihren Majestäten Familientafel statt, an welcher auch Ihre Hoheit die Prinzessin zu Schaumburg⸗
Lippe theilnahm. Ihre Majestät die Königin vereinigte am Sonnabend Nachmittag wiederum eine tleinere Gesellschaft um sich bei einem musikalischen Vortrag, wozu u. A. die Prin⸗ zessin zu Schaumburg⸗Lippe und der Königlich preußische Gesandte a. D. Uebel mit Familie geladen waren.
— (St.⸗A. f. W.) Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz und die Prinzessin Wilhelm folgten gestern Nachmittag der Einladung Ihrer Majestäten zur Tafel. Heute Nacht traf Se. Durchlaucht der Prinz Albrecht zu Schaumburg⸗ Lippe, zweiter Bruder der Prinzessin Charlotte, hier zum Besuch ein und wurde von dem Prinzen Wilhelm auf dem Bahnhofe empfangen.
Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach.
Weimar, 31. März. (Th. C.) Die ordentliche Session des 25. Landtages ist am Sonnabend in der herkömmlichen Weise Namens des Großherzogs durch das damit beauftragte Staats⸗Ministerium geschlossen worden. Der bei dieser Gelegenheit verlesene sogenannte „Landta gs⸗
Abschied“ gedenkt zunächst der bereits verabschiedeten Staatsverträge und Gesetze, darunter namentlich der Verträge über die Bildung eines neuen Schwurgerichts⸗
ezirks und über Fortdauer des Thüringischen Zoll⸗ und Handelsvereins sowie des Ausführungsgesetzes zum Reichsgesetz über die Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen, des Steuergesetzes für die Finanzperiode 1890, 1891 und 1892, der Gesetze über die Stimmberechtigung und die Vertheilung der Gemeindelasten und über den Staatsbeitrag zum Centralfonds für die evangelischen Geistlichen. In Bezug auf die Heranziehung der Eisenbahnen zu den Gemeindesteuern wird erklärt, daß von der Vorlegung eines weitern Entwurfs abgesehen werde. In Bezug auf das Etatsgesetz für die laufende Finanz⸗ periode wird der Vorbehalt gemacht, daß, Falls die Einnahmen die veranschlagte Höhe nicht erreichten, oder hei den Ausgaben Ueberstiege unvermeidlich würden, der Ausfall aus den Be⸗ ständen der Staatskasse zu decken sei, namentlich zum Zweck der Bestreitung erhöhter Matrikularumlagen. Mit Genug⸗ thuung nimmt der Landtagsabschied Bezug auf die Verwilli⸗ gungen des Landtages für das Hoftheater und für das Groß⸗ herzogliche National⸗Museum. Ebenso wird die ansehnliche Nach⸗ verwilligung von Geldmitteln für die Bauten an der Universität Jena sowie zur theilweisen Wiederherstellung der vormaligen Klosterkirche von Thalbürgel, für die Aufbesserung der Be⸗
soldungen der Geistlichen beider Konfessionen, für Hebung von Gewerbe und Landwirthschaft und für Eisenbahnwesen hervor⸗ 88 1 S 82 8
gehoben und der Befriedigung und Anerkennung der pflicht⸗ treuen Thätigkeit des Landtags Ausdruck gegeben. 8 Sachsen⸗Coburg⸗Gotha.
Coburg, 31. März. (W. T. B.) Der Prinz von Wales ist heute nach Cannes abgereist, der Prinz Georg von Großbritannien ist noch hier verblieben
Anhalt.
Dessau, 30. März. (Anh. St.⸗A.) Der Landtag nahm in seiner gestrigen Sitzung den Haupt⸗ Finanz⸗ Etat, ferner das Gesetz, betreffend den Etat, und die Vorlage, betreffend die Herstellung einer Reserve⸗ Schachtanlage für das Salzwerk Leopoldshall, in dritter Lesung an. Der Präsident Lezius gab sodann die herkömmliche Uebersicht über die Geschäftsthätigkeit des Land⸗ tages, worauf die Session durch den Staats⸗Minister von Krosigk geschlossen wurde.] “
Eisaß⸗Lothringen.
Metz, 1. April. (W. T. B.) Der kommandirende General des XVI. Armee⸗Corps Graf Häseler hielt heute Vormittag bei Frescaty eine Parade über die hier garnisoni⸗ renden Truppen des XVI. Armee⸗Corps ab.
Oesterreich⸗Ungarn. 8
Wien, 31. März. (W. T. B.) Se. Majestät der Kaiser und König hat den Minister⸗Präsidenen Srafen TDaaffe zum Kanzler des Leopold⸗Ordens
Laut einer Meldung des „Fremdenb. am 14. April unter dem Vorsitze des findenden deutsch⸗böhmischen dieselben Minister und Mitglieder wie im Monat Januar.
Großbritannien und Irland.
London, 31. März. (A. C.) Aus Aix⸗les⸗Bains wird gemeldet, daß die Königin wegen ihres rheumatischen Leidens sich einer Massagekur unterziehen wird, während die Prinzessin Beatrice, welche ebenfalls häufig an Rheuma⸗ tismus leidet, heiße Bäder nimmt. Die Königin hat ein Grundstück in Aix erworben, auf welchem sich Ihre Majestät eine Villa bauen zu lassen beabsichtigt. Am 19. April kehrt der Hof nach Windsor zurück.
Prinz Albert Victor von Wales brachte am 28. v. M. seinen Besuch in Indien zum Abschluß und trat von Bombay an Bord des Dampfers „Assam“ die Rückreise nach England an. Große Volksmassen wohnten der Abfahrt des Dampfers bei.
Der Marquis von Salisbury hat sich nach Cannes begeben, wo seine Familie bereits seit einiger Zeit weilt. 1. April. (W. T. B.) Die Staatseinkünfte Englands betrugen im verflossenen Fiskaljahre 89 304 316 Pfd. Sterl., gegen das Vorjahr mehr: 831 504 Pfd. Sterl. Der Voranschlag wurde um 3 154 277 Pfd. Sterl. überschritten.
Ausgle . der Konfere.
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Rußland und Polen.
St. Petersburg, 1. April. (W. T. B.) Nach einer amtlichen Bekanntmachung hat der Kaiser mit der Kaiserin dieser Tage das Militärgefängniß besucht, wo der Kaiser den Befehl gab, die Strafzeit aller Gefangenen um einen Monat herabzusetzen. In Folge dessen wurden bereits am folgenden Tage 61 Soldaten aus dem Gefängniß entlassen.
Spanien.
Madrid, 31. März. General Daban, der im Jahre 1874 bei dem Pronunciamiento von Sagunt und der Restau⸗ ration der Monarchie eine Rolle gespielt, hatte an sämmtliche Generale Spaniens ein Manifest gerichtet, in welchem er erklärt, daß die Militärs nicht so behandelt würden, wie sie es verdienen. Er erinnert u. a. daran, daß bei den Cortes verschiedene Anträge eingebracht worden, welche darauf abzielen, daß die Kolonien von Civilbeamten verwaltet werden, und daß das Militärkontingent reduzirt werde. Er sagt, die Militärs müßten gegen solche agressive Maßregeln protestiren, und fordert dann die Offiziere aller Grade der Armee zur Einigkeit und Eintracht auf, um die Integrität des Vaterlandes vor seinen erklärten und versteckten Gegnern zu retten und die Rechte der Armee, in welcher die Ehre der Nation hinterlegt sei, zu wahren. Wegen dieses Schreibens hat der Kriegs⸗Minister den General zu zwei Monaten Arrest verurtheilt. General Daban ist Mitglied des Senats. Als nun in der Senats⸗ sitzung vom 27. v. M. der Präsident den bezüglichen Befehl des Kriegs⸗Ministers verlas, wurden lebhafte Protestrufe laut. Marquis Sardoal sagte: da Daban Senator sei, so könne er nicht ohne vorgängige Genehmigung des Senats bestraft werden. General Martinez Campos erklärte: er würde in dieser Frage gegen die Regierung stimmen. Der Justiz⸗ Minister behauptete: er habe das Recht, Generäle mit Arreststrafen zu belegen, selbst wenn sie Mitglieder des Senats seien. Der Senat beschloß schließlich mit 91. gegen 35 Stimmen die Angelegenheit einer besonderen Kom⸗ mission zum Bericht zu überweisen. Diese Kom⸗ mission hat sodann am 29. März ihren Bericht erstattet. Sie beantragt, die Verhängung der Arreststrafe gegen den General zu genehmigen, während General Martinez Campos erklärte, daß er einen Gegenbericht erstatten werde. Dieser Bericht wurde von ihm heute im Senat überreicht.
Auch die Deputirtenkammer beschäftigte sich heute mit der Angelegenheit. Sie berieth über einen Antrag des Generals Cassola, nach welchem der Regierung
ein Tadelsvotum ausgesprochen werden soll. Der Justiz⸗
Minister vertheidigte das Recht, welches ihm die Befugniß
zuerkenne, alle Offiziere zu bestrafen. Sagasta stimmte dieser
Auseinandersetzung zu, worauf Cassola seinen Antrag zurückzog. Schweden und Norwegen.
(E.) Stockholm, 29. März. Die Regierung hat dem Reichstage einen Gesetzentwurf, betreffend die Unfallversicherung der Arbeiter und die Errichtung einer Reichsversicherungsanstalt, vorgelegt. Im Großen und Ganzen genommen schließt sich dieser Entwurf dem ent⸗ sprechenden deutschen Gesetz eng an, jedoch sind ver⸗ schiedene Abweichungen durch die schwedischen Verhältnisse bedingt. Der Minister des Innern empfiehlt, in mehrfacher Beziehung besonders die in Deutschland auf diesem Gebiet gewonnenen Erfahrungen zu Rathe zu ziehen. Das Gesetz soll nach dem Vorschlage der Regierung Mitte nächsten Jahres in Kraft