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Deutsches Reich.
Verordnun g, betreffend die Rechtsverhaltnisse
in Deutsch⸗ Wir Wilhel
st⸗Afrika.
König von Ireubon 8 ottes Gnaden Deutscher Kaiser,
verandnen auf Grund des Gesetzes, betreffend di verhältnisse der deut 87, betreffend die Rechts⸗ Seite 75) fᷓr Deaneen Fhusgeheie (Reichs⸗Gesetzbl. 1888
ordnung vom 18. November 1887 . genchluß an die Per⸗
en des Reichs⸗ nen olat; (Reichs Gesezbl. Seite 527), §. 1
182978,8:.ung . Konsulargerichtsbarkeit vom 10. Juli
197) kommt in Gemäßheit 5. 2 des Gesetzes, betreffend die Rechtsverhaltnisse 8 . Schutzgebiete, in den Gebieten, auf welche sich die Verordnung
vom 18. November 1887 bezieht, sowie in dem Seiten Sultans von Sansibar Küstengebiet “ Zubehörungen und der el Mafia vom 1. heeenr 1891 ab
mit den in dieser Verordnun Anwendung. g vorgesehenen Abänderungen zur
2
Der Gerichtsbarkeit (§ 1 Absatz 2) unterli sonen, welche in dem Schutzgebiete 2. oder oder bezüglich deren, hervon abgesehen, ein Gerichtsstand innerhalb des Schu ets nach den zur Geltung kommenden
esetzen begrüͤndet ist, die Eingeborenen jedoch nur, insoweit sie nach der bisherigen Uebung der Gerichtsbarkeit des Reichs⸗ kommissars unterstellt waren.
8. 2. „
Der Gouverneur bestimmt mit Wenehmigung des Reichs⸗ anzlers, wer als Eingeborener im Sinne dieser Verordnung anzusehen ist und inwieweit Eingeborene der Gerichtsbarkeit über das in §. 2 bezeichnete Maß hinaus zu unterstellen sind.
5. 4. und Bezirke der Gerichtsbehörden erster Instan m Reichskanzler bestimmt.
§. 5. Als Berufungs⸗ und Beschwerdegericht wird an Stelle des Reichsgerichts (Gesetz über die Konsulargerichtsbarkeit §§. 18, 36, 43) eine Gerichtsbehörde zweiter Instanz am Sitze des Gouverneurs errichtet, welche aus dem vom Reichstanzier zur Ausübung der Gerichtsbarkeit zweiter Instanz ermächtigten Beamten als Vorsitzenden und vier Beisitern besteht.
Auf die Beisitzer und den Gerichtsschreiber finden die Vorschriften in §. 6 Absatz 2, §§. 7, 8 und 10 des Gesetzes über die Konsulargerichtsbarkeit entsprechende Anwendung.
§. 6. Die Zustellungen werden ausschließlich durch die zur Ausübung der Gerichtsbarkeit ermächtigten Beamten —
anlaßt.
Dieselben haben dafür zu sorgen, daß die innerhalb des Bezirks, in welchem die Gerichisbehörde ihren Sitz hat, 9 bewirkenden Zustellungen mit der nach den vorhandenen
Kitteln möglichen Sicherheit erfolgen. Sie erlassen unter der Aussicht des Gouverneurs die hierfür erforderlichen An⸗ ordnungen und überwachen deren Befolgung.
c5 üstellungen in dem Verfahren erster Instanz außerhalb
ezirks, in welchem die Gerichtsbehörde ihren Si 8 ersolgen im Wege des Ersuchens. hörde ihren Sitz ha
—
een alle Per⸗ ch aufhalten,
Die Site werden von de
b 4.
In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten sind in dem Verfahren vor den Gerichtsbehörden in dem Schutzgebiet 2 Ent⸗ scheidungen, einschließlich der auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergehenden, von Amtswegen zuzustellen. Diese Vorschrift findet auch auf die Zustellung der Zahlungs⸗ und Vollstreckungsbefehle an den Schuldner, sowie der Pfändungs⸗ und Ueberweisungsbeschlüsse an den Schuldner und den Drilt⸗ 822ö— Eeerans. sche lediglich d
Füͤr Beschlüsse, we ediglich die Prozeß⸗ oder Sach⸗ leitung, einschlie lich der Bestimmung oder — —— Terminen, betreffen, genügt die Verkündung.
Die Beglaubigung der zuzustellenden Schriftstücke kann in allen Fällen durch Gerichtsschreiber erfolgen.
Soll durch eine Zustellung eine Frist gewahrt oder der Lauf der Verjährung oder einer Frist unterbrochen werden, so treten die Wirkungen der 8 ustellung bereits mit der Ein⸗
reichung des zuzustellenden ftstüͤcks bei der Gerichtsbehörde ein, sofern die Zustellung demnächst bewirkt wird.
Bei Bewilligung der öffentlichen Zustellung einer Ladung ann die Gerichtsbehörde anordnen, daß eine Einrückung in offentliche Blätter nicht erforderlich sei.
Wohnt eine Partei außerhalb des Bezirks, in welchem die Gerichtsbehörde ihren Sitz hat, so kann, Falls sie nicht einen daselbst wohnhaften Prozeß⸗Bevollmächtigten bestellt hat,
angeordnet werden, daß sie eine daselbst wohnhafte Person zum Empfang der für sie bestimmten Schriftstücke bevoll⸗ mächtige. Diese Anordnung kann ohne mündliche Verhandlung erfolgen. Der Zustellungs⸗Bevollmächtigte ist bei der nächsten gerichtlichen Verhandlung oder, wenn die Partei vorher dem Gehaer einen Schriftsatz zustellen läßt, in diesem zu benennen. Geschieht dies nicht, so können alle späteren Zustellungen bis zur nachträglichen Benennung durch Anheftung an die Gerichts⸗ tafel bewirkt werden.
Der Nachweis über die erfolgte Zustellung ist zu den Gerichtsakten zu bringen. falgte Sc. 8
—
In dem Verfahren vor der Gerichtsbehörde zweiter Instanz nehmen in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, in Konkurssachen und in den zur streitigen Gerichtsbarkeit nicht gehörenden Angelegenheiten die Beisitzer nur an der mündlichen Verhandlung, sowie an den im Laufe oder auf Grund derselben ergehenden Entscheidungen Theil. erfolgt die Entscheidung über das Rechtsmittel der
eschwerde unter Mitwirkung der Beisitzer, wenn die an⸗ vesscese Enlscesduns unter Mitwirkung von Beisitzern er⸗ gangen ist.
In dem Verfahren zweiter Instanz ist eine Vertretung durch Rechtsanwälte nicht geboten und findet der §. 269 der Civilprozeßordnung keine Anwendung.
Die Vorschriften in §§. 464 und 468 der Civilprozeß⸗ ordnung gelten auch für das Verfahren zweiter Instanz.
§. 9.
Die Zwangsvollstreckung im Schutzgebiete erfolgt aus⸗ schließlich durch die zur Ausübung der Gerichtsbarkeit erster nstanz ermächtigten Beamten, welche unter Oberaussicht des ouverneurs die hierfür erforderlichen Anordnungen erlassen. Der Beibringung einer vollstreckbaren Ausfertigung bedarf es nicht, soweit dieselbe von dem Gerichtsschreiber der Gerichts⸗ behörde, durch welche die Zwangsvollstreckung zu erfolgen hat, zu ertheilen sein würde.
Die zur Ausübung der Gerichtsbarkeit erster Instanz ermächtigten Beamten können nach Anordnung der Zwangs⸗ vollstrecung mit der Ausführung andere Personen beauftragen, welche nach ihren Anweisungen zu verfahren haben.
§. 10.
Vollstreckbare Ausfertigungen dürsen von dem Gerichts⸗ schrriber nur auf Anordnung des zur Ausübung der Gerichts⸗ arkeit ermächtigten Beamten ertheilt werden.
§. 11.
In Strafsachen sindet die Hauptverhandlung ohne die Zu⸗ beheng von Beisitzern statt, wenn der Beschluß über die öffnung des Hauptverfahrens eine Handlung zum Gegen⸗ stande hat, welche zur Zuständigkeit der Schösfengerichte oder zu den in den §§. 74, 75 des Gerichtsverfassungsgesetzes be⸗ zeichneten Vergehen gehört. §. 12.
Der Angeklagte kann auf seinen Antrag oder von Amts⸗ wegen wegen großer Entfernung seines Aufenthaltsortes oder wegen sonstiger Hindernisse von der Verpflichtung zum Erscheinen in der uptverhandlung entbunden werden wenn nach dem Ermessen der Gerichtsbehörde voraussichtlich keine andere Strafe als Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten
oder Geldstrafe oder Einziehung allein oder in Verbindung mit einander zu erwarten steht.
§. 13.
Die Gerichtsbarkeit in den zur Zuständigkeit der Schwur⸗ — Sachen wird für das Schutzgebiet den vom 8 e r zu bezeichnenden Gerichtsbehörden erster Instanz
ertragen.
Für diese Sachen finden die Vorschriften Anwendung, welche für die im §. 28 des Gesetzes über die Konsular⸗ gerichtsbarkeit bezeichneten Strafsachen gelten.
§. 14.
In Strafsachen findet vor der Gerichtsbehörde zweiter Instanz in Bezug auf die Zuziehung der Beisitzer die Vorschrift des 8 30 des Geri zFerfosfim sgesetzes mit der oben in §. 7 Absatz 1 bezeichneten Maßgabe Anwendung. Den Umfang der Beweisaufnahme bestimmt das Gericht, ohne hene durch Anträge, Verzichte oder frühere Beschlüsse ge⸗ unden zu sein. —
Die Mitwirkung einer Staatsanwaltschaft findet nicht statt.
Der nicht auf freiem Fuße befindliche Angeklagte hat Anspruch auf Anwesenheit in der Hauptverhandlung, wenn er sich am Orte des Berufungsgerichts befindet. 8
In den im §. 13 Absatz 1 bezeichneten Sachen ist die Vertheidigung auch in der Berufungsinstanz nothwendig. In der — ist die Anwesenheit des Verthei⸗ digers erforderlich; der §. 145 der Strasprozeßordnung findet Anwendung.
Die Todesstrafe ist durch Erschießen oder Erhängen zu vollstrecken.
Der Gouverneur bestimmt, welche der beiden Voll⸗ streckungsarten in dem einzelnen Falle stattzufinden hat.
§. 16.
In dem Verfahren vor den Gerichtsbehörden im Schutz⸗ gebiete finden das Gerichtskostengesetz und die Gebühren⸗ ordnungen für Gerichtsvollzieher, für Zeugen und Sach⸗ verständige, sowie für Rechtsanwälte keine Anwendung.
Die Vorschriften, welche an Stelle der bezeichneten Gesetze zu treten haben, werden von dem Reichskanzler erlassen.
§. 17.
Die nach §. 2 des Gesetzes, betreffend die Rechtsverhältniss der deutschen Schutzgebiete, für die Rechtsverhältnisse an un beweglichen Sachen einschließlich des Bergwerkeigenthum maßgebenden Vorschriften finden keine Anwendung. Der Reichskanzler und mit dessen Genehmigung der Gouverneur sind bis auf Weiteres zur Regelung dieser Ver⸗ hältnisse befugt, die erforderlichen Bestimmungen zu treffe und insbesondere die Voraussetzungen für den Erwerb un die dingliche Belastung von Grundstücken durch Rechtsgeschäft mit den Eingeborenen festzustellen.
§. 18
Das Gesetz, betreffend die Eheschließung und die Be urkund des Pers von Reichsangehörigen i
eersonenstandes Auslande vom 4. Mai 1870 (Bundes⸗Gesetzblatt Seite 599) findet in dem Schutzgebiet vom 1. Januar 1891 ab auf Personen, welche nicht Eingeborene (§. 3) sind, Anwendung. ö9
S.
Bis zur Uebernahme der Verwaltung durch den Gou⸗ verneur werden die dem Letzteren auf Grund dieser Verordnung zustehenden Befugnisse von dem Reichskommissar wahrgenommen.
Diese Verordnung tritt mit dem Tage ihrer Verkündigung
in Kraft. Urkundlich unter Unserer Aeen Unterschrift nsiegel.
und beigedrucktem Kaiserlichen Gegeben Berlin, den 1. Januar 1891. “ (L. 8.)
Wilhelm J. R. von Caprivi.
Verfügung, — betreffend die Ausübung konsularischer Be⸗ fugnisse und den Erlaß polizeilicher und sonstiger die Verwaltung betreffender Vorschriften in
Deutsch⸗Ost⸗Afrika.
Auf Grund der §§. 5 und 11 Absatz 2 und 3 des Ge⸗ setzes, betreffend die Rechtsverhältnisse der deutschen Schutz⸗ gebiete (Reichs⸗Gesetzbl. 1888 S. 75), wird für Deutsch⸗ Ost⸗Afrika Folgendes bestimmt:
Die zur Ausübung der Gerichtsbarkei erster Instanz er⸗ mächtigten Beamten haben für ihre Bezirke zugleich die Be⸗ fugnisse wahrzunehmen, welche den deutschen Konsuln nach §. 16 des Gesetzes, betreffend die Nationalität der Kauffahrteischiffe ꝛc., vom 25. Oktober 1867 (Bundes⸗ Gesetzbl. S. 35) und §. 35 des Gesetzes, betreffend die Organisation der Bundeskonsulate ꝛc., vom 8. Nopember 1867 (Bundes⸗Gesetzbl. S. 137) zustehen. Dasselbe gilt von den Befugnissen, welche den deutschen Konsulaten als Seemanns⸗ ämtern nach der Seemanns⸗Ordnung vom 27. Dezember 1872 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 432) und nach sonstigen Reichsgesetzen obliegen. 8
Pie für die Konsuln geltenden Ausführungsbestimmungen u den vorgedachten Gesetzesvorschriften finden entsprechende Uinwendung, 1 8
In den bezeichneten Angelegenheiten werden Gebühren und Auslagen nach Maßgabe der Bestimmungen des Gesetzes, betreffend die Gebühren und Kosten bei den Konsulaten des Deutschen Reichs, vom 1. Juli 1872 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 245) erhoben. 8 2
Der Gouverneur ist befugt, polizeiliche und sonstige die Verwaltung betreffende Vorschriften zu erlassen und gegen deren Nichtbefolgung Gefängniß bis b drei Monaten, Haft, Geldstrafe und Einziehung einzelner Gegenstände anzudrohen.
Bis zur Uebernahme der Verwaltung durch den Gouver⸗ neur wird diese Befugniß durch den Reichskommissar wahr⸗ genommen. 5 *
Diese Verfügung tritt mit dem heutigen Tage in Kraft.
Berlin, den 1. Januar 1891. Der Reichskanzler
Im Uebrigen verbleibt es bei den Vorschriften im §. 40 des Gesetzes über die Konsulargerichtsbarkeit.
von Caprivi.
erlin. Redacteur: Dr. H. glee, Direktor. Verlag der Expedition (Scholz). Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagsanstalt, Berlin SW. Wilhelmstrahe 32.