1898 / 58 p. 7 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 08 Mar 1898 18:00:01 GMT) scan diff

erworbenes Recht, noch ein Privilegium besitzen, so folgt

unzweifelhaft, daß sie keinen rechtlichen Ansp ruch auf Entschä⸗ digung für Ausdehnung des Postregals und Postzwangs auf Orts⸗ briefe haben, sondern daß es sich nur um eine etwaige Entschädi⸗

gung aus Billigkeitsrücksichten handeln kann.

Meine Herren, ich glaube, daß diese Erklärung klar und deutlich den Rechtsstandpunkt darlegt. Ich möchte aber nicht unterlassen, auf die Gefahr der Entschädigungsfrage hinzuweisen. Sie wissen selbst, und auch in den Zeitungen ist darauf hingewiesen, ich habe eine zur Hand, das ist der „Berliner Börsencourier“ —, wie das Unfall⸗ versicherungsgesetz eingeführt wurde, haben die Unfallversicherungs⸗ gesellschaften mit einer Masse von Petitionen und Wünschen nach Entschädigung sich amden Reichstag gewandt, und auch die Beamten, die nachher ihrer Stellen verlustig gingen, sind an den Reichstag mit der gleichen Bitte herangetreten, aber der Reichstag lehnte das Eingehen auf die Entschädigungsfrage ab. Meine Herren, bedenken Sie genelgtest weiter, wie bei verschiedenen anderen Gesetzen, Nahrungs⸗ mittelgesetz, Gewerbegesetzen, beim Stempelgesetz, Börsengesetz, solche Ansprüche auftauchen können kurz, auf den Weg zu treten, muß die Reichsregierung für äußerst gefährlich erachten, weil dann in jedem Falle Forderungen auf Entschädigung erhoben werden können, sobald die Erwerbsbasis sich nach irgend einer Richtung verändert. (Zurufe links.) Darauf habe ich zu erwidern: ich bin nicht ein politischer Minister, ich bin auch kein Handels⸗Minister und habe dem Herrn Abgeordneten nichts zu antworten. (Heiterkeit links.) Jedenfalls, meine Herren, würden die Konsequenzen sich allmählich häufen und die Wechsel später dem Reichstage präsentiert werden.

Anders liegt die Frage, und die ist seitens einzelner Herren des Zentrums bereits angeschnitten, wegen der Angestellten dieser Beförderungsanstalten. Sofern diese Leute bei solchen Anstalten feit längerer Zeit beschäftigt sind und sonst unseren An⸗ forderungen entsprechen, würde die Postverwaltung von der Altersgrenze absehen und ihnen die Möglichkeit eröffnen können, in die Reichspostverwaltung als Unterbeamte ein⸗ zutreten. Ich möchte aber hierbei darauf hinweisen, daß man damals, wie die Frage des Tabackmonopols zur Verhandlung stand, in Betreff der Arbeiter hervorgehoben hat, daß sie eine bestimmte Fertigkeit erworben hätten, daß diese Fertigkeit gewissermaßen ihr Arbeitskapital darstelle, und daß aus diesem Grund eine Entschädigung für diese Leute wohl nothwendig sei. Ganz anders liegt die Sache für ein Personal, welches irgend einer technischen Vorbildung garnicht bedarf; denn Sie werden mir wohl zugeben, daß derjenige, der seine fünf Sinne und seinen gesunden Körper hat, Briefe austragen kann und diese Fertigkeit in kurzer Zeit erlernt, sonst würde ja der Personalwechsel, wie er vielfach bei Privatbeförderungsanstalten stattfindet, den Betrieb dieser Anstalten unmöglich machen.

Ich komme zum Schluß. Meine Herren, die Post dient, wie ich schon eingangs sagte, dem Interesse der Allgemeinheit, und ich glaube, die politischen Parteien sollten keine Sonderinteressen züchten, vielmehr dazu helfen, ein klares, uneingeschränktes Betriebsgebiet für die Reichspostverwaltung zu schaffen, innerhalb dessen alle Interessen für Stadt und Land gleiche Berücksichtigung finden. Jetzt sind, wie ich schon ausführte, die großen Städte unbedingt bevorzugt, und zwar erstens durch die Häufigkeit der Bestellungen, zweitens

durch die billigeren Bestellgebühren, die zum theil nur die Hälfte der Bestellgebühren auf dem platten Lande betragen, und drittens besitzen die großen Städte die Möglichkeit,

die Briefe, die nicht eine so sorgsame und schnelle Beförderung erheischen, zu billigeren Tarifsätzen durch Privatbeförderungsanstalten befördert zu erhalten. Diese letzteren Einnahmen entgehen der Reichs⸗ postverwaltung und damit der Allgemeinheit. Tarifermäßigungen sind nur möglich bei steigenden, aber nicht bei geschmälerten Ein⸗ nahmen. Sie alle, meine Herren, wünschen ja diese Tarifermäßigungen. Umsomehr müssen Sie meiner Meinung nach dafür sorgen, daß das Einnahmefaß nicht angebohrt wird, und dadurch Summen, die der Allgemeinheit gehören, in die Taschen einzelner fließen. Ich gebe ja zu, in voller Konsequenz meiner Ausführungen hätte ich den Artikel 2 dem hohen Hause mit Genehmigung der verbündeten Regierungen noch in weiterer Fassung unterbreiten müssen. Er hätte etwa so lauten müssen wie es in Oesterreich und in anderen Ländern der Fall ist —: Wo staatliche Postanstalten bestehen, dürfen Privatbriefbeförderungsanstalten nicht errichtet werden. Das wäre klarer, deutlicher und der Widerstand derselbe gewesen; denn auch jetzt will man behaupten und nachweisen, daß den Privatbeförderungs⸗ anstalten durch die Entziehung des geschlossenen Briefes die Existenz⸗ fäbigkeit genommen wird. Meine Herren, jeder Kaufmann, jeder Landwirth wird mir zugeben: mit den Rentabilitätsberechnungen ist es ein eigen Ding, der Eine rechnet aus einer Sache alles heraus (Heiterkeit links) und benutzt die Einnahmen aus den anderen Sachen angeblich lediglich dazu, um den Betrieb aufrechtzuerhalten. So auch hier. Die Beförderungsanstalten sagen: das, was wir aus der Be⸗ förderung der Drucksachen, Postkarten u. s. w. beziehen, deckt gerade die Betriebskosten, und der einzige Gewinn sind die Briefe. Ich kann den Satz auch umdrehen, dann ist es genau dieselbe Geschichte: würde ich den Herren die Drucksachen und Postkarten nehmen, so würden mir dieselben Einwendungen, wie jetzt, entgegentreten. Ich bin bescheiden gewesen und habe lediglich den geschlossenen Brief verlangt.

Ich glaube nun, bei sachlicher, ruhiger Prüfung der Vorlage in dem hohen Hause werden sich die wirthschaftlichen Vortheile für die Allgemeinheit als so bedeutend herausstellen, daß demgegenüber die Ausdehnung des Monopols und die Beschränkung, welche einzelne dadurch in ihrem Gewerbebetrieb erfahren, nicht ins Gewicht fallen kann und wird.

Ich habe, anschließend an meine Erörterungen im Eingang, noch darauf hinzuweisen, daß es wünschenswerth wäre, das Gesetz noch in dieser Session zu verabschieden, weil mit dem Hinausschieben zweifellos auch unsere gesammten tarifarischen Erleichterungen auf lange Zeit verschoben werden, während es für alle Verhältnisse sünstiger wäre, damit bald vorzugehen, namentlich auch mit der Ermäßigung der Gebühren für den Fernsprechverkehr. Meine Herren, wir würden bereit sein, diese Tariferleichterungen eintreten zu lassen. Die ver⸗ bündeten Regierungen rechnen auf die Zustimmung des hohen Hauses.

(Bravo! rechts.)

I.): Die Erhöhung der Gewichtsgrenze für B. cg, Dr. Hebsen Hin cana Ebenso findet die Ausdehnung des Stadtbriefverkehrs auf die Nachbarschaft allgemeine Zustimmung.

8 88 tand stoßen. Anders ist es bezüglich der hieraus sich ergebenden Anse ge g wegen der Privat⸗Postanstalten. Meine politischen Freunde sind in dieser Beziehung nicht ohne weiteres mit der Vor⸗ lage einverstanden. Es handelt sich um eine Arbeitstheilung zwischen der Post und den Privatanstalten. Der frühere Staatssekretär hat sich über die Bedeutung derselben geirrt; sie haben eine große Aus⸗ dehnung angenommen, sie stehen auf der gesetzlichen Grundlage und haben keinerlei Unrecht gethan. Sie haben sich auch öffenlich ver⸗ dient gemacht durch Bewältigung des gesteigerten Ortsverkehrs. Ob ihre Rechte wohlerworbene im sireng zuristischen Sinne sind, will ich dahingestellt sein lassen. Nach dem Verhalten der Postverwaltung dursten die Anstalten auf längere Lebensdauer rechnen. Sie haben deshalb einen Billigkeitsanspruch auf Ent⸗ schädigung, zumal die Behörden selbst, die vielen Vereine ꝛc. sich der Anstalten vielfach bedient haben. Der Stadtverkehr muß allerdings die Ausfälle decken, welche der sonstige Verkehr mit sich bringt; aber die Selbstkosten sind doch auch in den Städten sehr viel geringer. Wir bitten um die Ueberweisung der Vorlage an eine Kommission von 14 Mitgliedern. Bezüglich der Entschädigungsfrage erwarten wir aber Vorschläge seitens der verbündeten Regierungen. Abg. Graf von Bernstorff (Rp.): Die Erhöhung des Ge⸗

wichts und die Einführung des Stadtverkehrs für Berlin sind die Hauptvorzüge, welche die Vorlage bringt; aber auch die Ermäßigung der Postanweisungsgebühren ist erfreulich. Gegen die Ausdehnung des Postregals wird niemand Widerspruch erheben, ?s wird sich haupt⸗ sächlich um die Entschädigung der Privatanstalten handeln. Der Nutzen der Privatposten ist lange nicht so groß gewesen, wie es be⸗ hauptet worden ist; das Nebeneinanderbestehen von mehreren Privat⸗ posten brachte große Verwirrungen. Jetzt ist die Packetfahrtgesellschaft allerdings den Wünschen des Publikums nachgekommen. Sie wird ihre Bedeutung auch noch haben, wenn ihr die Briefbeförderung entzogen wird. Wer giebt den Privatanstalten die Gewißheit, daß nicht jeden Tag eine Konkurrenz entsteht? Dafür zahlt kein Mensch Entschädigung. Wir werden daher nicht die Verpflichtung haben, Entschädigungen zu zahlen an die Unternehmungen. Anders steht es mit den An⸗

estellten, welche brotlos werden. Diese Leute, soweit sie brauchbar

nd, sollten von der Reichspost angestellt werden. Wenn das Stadt⸗ briefporto für Berlin ermäßigt wird, so sollte dafür gesorgt werden, daß die Stadtbriefe nicht Wreefe zweiter Klasse werden, daß sie ebenso sicher wie bisher befördert werden. Ferner müßte auch für die benachbarten Landgemeinden der Nachbarschaftstarif eingeführt werden. Redner empfiehlt ebensalls die Ueberweisung der Vorlage an die Kommission. 2 . .“

Abg. Dr. Rintelen (Zentr.): Ich spreche nur für meine eigene

Person. Ich bin einverstanden mit den vorgeschlagenen Verbesserungen, vermisse aber eine Mittheilung darüber, wie es mit dem Post⸗ Zeitungstarif werden soll. Nicht einverstanden bin ich mit der Aus⸗ dehnung des Postregals. Eine Schädigung des Publikums durch die Privatanstalten ist nicht eingetreten. Das Publikum ist ja nicht ge⸗ zwungen worden, seine Briefe den Privatanstalten zu übergeben. Das Publikum weiß, daß die Beförderung nicht so sicher ist, wie die der Post. 8 der Eine kein so großes Gewicht auf die Geheimhaltung seiner Briefe legt, wie der Andere, darum hat sich doch die Allgemeinheit gar nicht zu kümmern. Wenn das Stadtporto auf 5 ermäßigt wird, so werden sehr viele Briefe, die bisher den Privatanstalten übergeben wurden, der Post übergeben werden; dadurch werden die Einnahmen steigen ohne Ausdehnung des Postregals. Wenn durch die Privatposten nicht nachgewiesen wäre, daß die Briefbeför⸗ derung billiger gemacht werden kann, würde die Post niemals zu Tarifermäßigungen gekommen sein. Deshalb sollte man die Kon⸗ kurrenz nicht unterbinden, sondern aufrechterhalten. Meine Freunde sind nicht Anhänger der Ausdehnung von Monopolen. Redner be⸗ antragt ebenfalls zum Schluß die Ueberweisung der Vorlage an eine Kommission.

Staatssekretär des Reichs⸗Postamts von Podbielski:

Nur zu einer thatsächlichen kurzen Berichtigung! Der Herr Vor⸗ redner hat anscheinend die Begründung nicht ganz durchgelesen, sonst hätte er gefunden, daß in der Begründung steht, es sei die Absicht, mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes das Stadtbriesporto für Berlin mit fünf Pfennigen einzuführen. Weiter habe ich ausdrücklich gesagt, das steht schon in den Gesetzen, und zwar in unserem Post⸗ gesetz vom Jahre 1871, daß die Festsetzung der Gebühren für Post⸗ anweisungen auf Antrag des Reichskanzlers durch den Bundesrath stattfindet und nicht durch Gesetz, sondern das Gesetz bestebt bereits, also dieses Gesetz konnte ich nicht etwa erst vorlegen, sondern das Gesetz besteht bereits; also nach der Richtung möchte ich nur klar⸗ stellen, daß ich nur die Zusage gegeben habe, daß, falls dieses Gesetz Gesetzeskraft erlangen sollte, der Reichskanzler bereit ist, diese Ge⸗ nehmigung zur Herabsetzung der Gebühren für die Postanweisungen einzuholen.

Abg. Fischbeck (fr. Volksp.): Meine politischen Freunde sind Se f8 den Erleichterungen, welche die Vorlage bezüglich der Portoermäßigungen bringt. Der Staatssekretär hätte aber mehr den anderen Theil der Vorlage, der einen bedauerlichen Rück⸗ schritt enthält, indem er die Briefbeförderung den Privatanstalten untersagt, begründen sollen. Lediglich aus fiskalischen Rücksichten ist die Reform mit diesem Rückschritt belastet worden. Die Begründung der Vorlage bestreitet, daß die Privatanstalten dem Verkehrsbedürf⸗ nisse entsprungen sind. Sie haben doch ihr Geschäft gemacht, das ist der beste Beweis für ihre Nothwendigkeit. Die Behörden haben sich durchaus zufriedenstellend über die Leistungen der Privatanstalten aus⸗ gesprochen, so z. B. bei einer Umfrage in der Stadt Hannover. Wenn die Anstalten so liederlich bestellen, wie kann man ihnen dann die Bestellung der Drucksachen und Postkarten noch überlassen? Der frühere Staatssekretär von Stephan war vollständig einverstanden mit dem Bestehen der Privatanstalten; er hat ausdrücklich erklärt, daß er deshalb das Stadtporto von Berlin nicht ermäßigen wolle. Aus der Aufsaugung der Privatposten wird die Reichspost keinen Vor⸗ theil ziehen, weil ein Theil der Briefe dann überhaupt nicht mehr versandt oder in anderer Weise bestellt werden wird. Daß die Ent⸗ schädigung eine billige Forderung ist, wird jeder zugeben, aber es ist unmöglich, hier die Entschädigung festzustellen. Die Begründung weist auf die schlechte Bezahlung der Beamten hin und setzt sie schließlich doch ganz auf die Straße. ch bin mit Herrn Rintelen ein⸗ verstanden, daß man gerade der Post gegenuüber die Konkurrenz nicht wegräumen sollte, weil dadurch allein Reformen bei der Post möglich

ewesen sind. 8

b Rettich (d. kons.): Wir sind bereit, die Vorlage im ganzen Umfange anzunehmen. Wir würden es bedauern, wenn infolge der gemachten Einwände aus derselben nichts würde. An der Befugniß der Privatanstalten, geschlossene Briefe zu befördern, haben nur Berlin und einige große Städte ein Interesse, das ganze übrige Land nicht. Mit der Gewichtserhöhung und den anderen Bestimmungen können wir uns einverstanden erklären, ebenso mit der Ausdehnung des Post⸗ regals auf die Ortsbriefe. Ein rechtlicher Anspruch auf Entschädigung besteht für die Privatanstalten nach unserer Meinung nicht; ob ein Billigkeitsanspruch vorliegt, darüber wollen wir uns die Entscheidung vorhehalten. 111.“

Abg. Wurm (SoJ.) erklärt, seine Partei sei für die Ausdehnung des Postregals im Verkehrsinteresse, nicht im fiskalischen Interesse. Die Ermäßigung des Stadtportos auf 5 sei viel zu gering; man müsse auf 3 herabgehen. Die Begründung spreche von der Be⸗ wahrung des Briefgeheimnisses, die bei der Post besser sei als bei den Privatanstalten. Es habe aber unter dem Sozialistengesetz Zeiten

gegeben, wo das Briefgeheimniß nicht bewahrt worden sei. Die Privpatanstalten beruhten auf den gegenwärtigen Gesell⸗ schaftsverhältnissen; wenn man ihnen auch den Betrieb un⸗

möglich machte, so brauchten sie nicht entschädigt zu werden

Auch die Ausdehnung des Postregals dürfte an sich nicht auf Wider⸗

Daß die Postverwaltung die brauchbaren Arbeiter der Privatanstalten

8 übernehmen wolle,

sei ja erfreulich. Wenn eine Entschädigung ge⸗ währt würde, so müßte sie direkt an die Arbeiter gezahlt werden.

Staatssekretär des Reichs⸗Postamts von Podbielski:

Der Herr Vorredner hat angezweifelt, ob in früheren Jahren oder in neuerer Zeit ich weiß nicht genau, wie er sich in seinen Worten festlegte das Briefgeheimniß unter allen Umständen aufrecht erhalten worden sei. Ich habe zu erklären, daß ich ebenso wie mein Amtsvorgänger es gethan hat, es für meine vornehmste Pflicht erachte, unter allen Umständen das Briefgeheimniß zu wahren und unnachsichtlich gegen jeden Beamten vorzugehen, der auch nur daran tasten würde. (Bravo!)

Abg. Dr. Lieber (Zentr.): Ich bedauere, daß über die Reform des Post⸗Zeitungstarifs nichts bekannt Fegeben und daß mit der Ermäßi⸗ gung der Gebühren auch die Ausdehnung des Postregals verbunden ist. Mit den juristischen Ausführungen des Herrn Staatssekretärs sind die Sozialdemokraten einverstanden; sie können sie ganz gut ge⸗ brauchen, wenn es an das allgemeine Monopolisieren geht. Der Staatssekretär wird aber doch wohl nicht ganz die Anschauung seines Rechtsgutachtens theilen. Er wird schwerlich einen Reichstag finden, der ohne eine Entschädigung das Monopol der Post ausdehnt. Ich Fhefe ʒaheble Kommission die Vorlage so gestalten wird, daß sie an⸗ nehmbar ist.

Abg. Dr. Barth (fr. Vgg.): Nach den gehörten Reden wird die Vorlage nicht zu stande kommen, jedenfalls nicht mit dem Artikel II. Die Entschädigungsfrage wird sich besonders schwierig gestalten. Die rechte Seite will gar keine Entschädigung gewähren, die Sozial⸗ demokraten wollen denen, die hohe Dividenden gezahlt haben, nichts gewähren; von anderer Seite wird eine Entschädigung an die Unter⸗ nehmungen und an die Arbeiter verlangt. Bei der Prüfung der Frage, wie entschädigt werden soll, wird sich zeigen, daß eine Lösung unmöglich ist; man sollte deshalb die Privat⸗Postanstalten besteben lassen, wofür auch in der Sache liegende, s werwiegende Gründe sprechen. Die Privatanstalten haben einen Verkehr erst geschaffen, den die Post nach ihren besonderen Verhältnissen nicht be⸗ wältigen kann. Das Publikum, welches die Vorlage besonders schützen will, wendet den Privatposten sein Vertrauen zu, obgleich es weiß, daß es ein gewisses Risiko läuft. Durch die Konkurrenz sind die

rivatposten leistungsfähiger geworden, deshalb sollte man die Kon⸗ urrenz nicht beseitigen, um auch die Post leistungsfähiger zu machen.

Abg. Zimmermann (Reformp.): Der Post⸗Zeitungstarif bedarf dringend der Verbesserung, die wohl im Anschluß an diese Vorlage hätte vorgelegt werden können. Die Vorlage ist nur ein Stackwerl⸗ deshalb haben wir auch große Bedenken gegen Artikel 11. Wenn die Privatanstalten ein Pfahl im Fleisch der Reichspost sind, so liegt darin ein Versehen des früheren Staatssekretärs. Die Post muß die Folgen davon tragen, entweder durch Bestehenlassen der Privatunternehmungen öder durch Gewährung einer Entschädigung. Die Privatanstalten haben dem Mittelstande, dessen Erhaltung besonders Aufgabe des Staats sein sollte, große Dienste geleistet; die Reichspost wird diese nicht leisten können. Eine Entschädigung wird erfolgen müssen. Beachtenswerth ist es, daß nur die Sozialdemokraten der Expropriationsidee des Staatssekretärs zustimmen. Wenn die Vorlage jetzt nicht zu stande kommt, so wird der neue Reichstag Sehhehe haben, sich in einem Zuge mit den Postreformen zu

efassen.

Abg. Dr. von Buchka (d. kons.): Ich gehöre nicht zu denen, die sich überzeugen lassen wollen, daß es ohne Entsgicht anc geht. Es handelt sich um wohlerworbene Rechte, die unbedingt ent⸗ schädigt werden müssen. Mag nun absichtlich oder unabsichtlich die Lücke im Gesetz gelassen sein, jedenfalls haben die Privatanstalten sich auf völlig gesetzliche Weise organisiert und können nicht ohne Ent⸗ schädigung aufgehoben werden.

Darauf wird um 4 ¼½ ienstag 2 Uhr vertagt.

Uhr die weitere Berathung bis

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten 40. Sitzung vom 7. März 1898. zweite Berathung des Staatshaushalts für im Etat des Ministeriums der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗An⸗ ET“ bei dem Ausgabetitel „Gehalt des inisters“ fortgesetzt. Ueber den ersten Theil der Debatte ist schon berichtet worden. Abg. Gamp (fr. kons.) mißbilligt die Rede des K Universität Bonn, früheren Unter⸗ taafssekretärs Dr. da Fanathen. des der vorjährigen Feier der Landwirthschaftlichen Akademie in Poppels⸗

dorf, nach welcher die Landwirt t 3 Berfa chne ch hschaft zu hohe Anforderungen an den

Minister der geistlichen 2ꝛc. Angelegenheiten D. Dr. B osse: Meine Herren! Es ist richtig, daß der frühere Staatssekretär des Reichsamts des Innern, Herr von Rottenburg, schon frühzeitig als ein wünschenswerther Universitäts⸗Kurator in Aussicht genommen war, nach seiner ganzen Persönlichkeit und seiner ganzen reichen Bildung. Bereits als der Fürst Bismarck aus dem Amte schied, wurde Herrn von Rottenburg ein Kuratorposten angeboten. Als er dann später aus dem Reichsamt des Innern austrat, wurde wieder an Herrn von Rottenburg gedacht, und es wurde mir vom Reichsdienst aus die Erinnerung daran nahe gelegt, daß ja schon längst an Herrn von Rottenburg gedacht worden sei. Allerdings geschah diese Er⸗ innerung unter der Voraussetzung, daß der damals aufs höchste angegriffene Gesundheitszustand des Herrn von Rottenburg sich in⸗ zwischen wieder bessern würde. Man hatte dabei in Aussicht, daß ein Mann, der noch in verhältnißmäßig jungen Jahren stand, der infolge einer mit Arbeit überlasteten Stellung, soweit sich das menschlich er⸗ kennen läßt, krank geworden war, in einer weniger belasteten Stellung und das ist ja die des Universitäts⸗Kurators in Bonn noch zu verwerthen sei, etwas würde leisten können, und ich muß sagen, meine Herren, das scheint mir auch jetzt noch ein durchaus richtiger und ge⸗ sunder Gedanke zu sein. Wir haben dabei auch ausdrücklich die Stellung in Bonn in eine remuneratorische umgewandelt, sodaß eine so große Summe, wie sie wohl der Herr Vorredner vorausgesetzt hat, hierbei nicht in Frage kommt. Es ist nicht das gewöhnliche Kuratorialgehalt von 9000 ℳ, sondern es handelt sich nur um eine Remuneration von 6000

Nun, meine Herren, trat die Voraussetzung ein, Rottenburg gesund wurde,

Die Etats für 1898,99 wird

daß Herr von

und so bin ich in der That auf den Ge⸗

danken zurückgekommen, und habe ihm die nach Art einer nebenamtlichen remunerierte Kuratorstelle in Bonn ange⸗ tragen und, da er sie acceptierte, übertragen. Im übrigen glaube ich kaum, daß der Herr Abg. Gamp von mir erwartet, daß ich auf seine Ausführungen über Herrn von Rottenburg bier näher eingehen soll. Sowohl das hohe Haus wie die König⸗ liche Staatsregierung haben sich in solchen Personalien bisher hier im hohen Hause immer eine sehr starke Reserve auferlegt, und ich

glaube, meine Herren, es ist sehr gerathen, daß wir diese Praxis fest