1898 / 58 p. 8 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 08 Mar 1898 18:00:01 GMT) scan diff

8 nicht genügend aufgeklärt ist, und daß

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halten. Ich wenigstens möchte nicht dazu beitragen, daß sie irgend verlassen wird. Das muß ich freilich sagen, was speziell die Poppels⸗ dorfer Rede anlangt, so bin ich nicht in der Lage, ihren Inhalt zu vertreten. (Bravol rechts.) Ich hätte aber allerdings gewünscht, daß die Kritik hier in einer etwas weniger scharfen Form hervorgetreten wäre. (Ruf links: sehr richtig!) *

Abg. Rickert (fr. Vgg.): Es ist interessant, wie Herr von Heydebrand den Kopf aus der Schlinge zieht; um Herrn von Jagow zu vertheirigen, sagt er, die Freisinnigen hätten Anträge gestellt, welche die Regierung für unannehmbar erklärt habe. Die konservative Partei hat wiederholt solche Anträge gestellt. Daraus folgt doch nicht, daß die Freisinnigen dem Gesetz Schwierigkeiten machten, sondern daß sie vielmehr das Gesetz zu verbessern gesucht haben im Interesse der Lehrer. Es ist also objektiv unwahr gewesen, was Herr von Jagow sagte. Das war Wahlpolitik, die Frssinnigen als Gegner des Gesetzes hinzustellen. Wie würde es Ihnen (rechts) gefallen, wenn ich Ihnen sagte, Sie hätten mit dem Antrag auf Gehaltserhöhung der Förster Wahlpolitik getrieben? Das ist auch nicht in der Ordnung. In Bezug hierauf sind wir allzumal Sünder Ich bedaure, daß der Kultus⸗Minister noch kein Wort über die Beschwerde des Herrn Knörcke gesagt hat. Es ist Pflicht der Abgeordneten, solche Beschwerden vorzubringen. Die Frage des Religionsunterrichts der Dissidentenkinder will ich hier nicht erörtern, um alles auszuscheiden, was die Fertigstellung des Etats verzögern könnte. Ueber die Rede des Herrn von Rotten⸗ burg, die eine durchaus wissenschaftliche war, habe ich mich gefreut. Herr von Rottenburg ist eine so vornehme Natur, daß er die Angriffe des Herrn Gamp nicht verdient. Warum hat denn Herr Gamp nicht die Rede des Landwirthschafts⸗Ministers bei derselben Feier in Poppelsdorf erwähnt? Diese Rede hat die höchste Empörung des Herrn von Ploetz erregt, und er hat in einem öffentlichen Brief dem Herrn Minister darauf geantwortet. Herr Gamp beschwert sich über den Ausdruck „Hypertrophie des Egoismus“. Herr von Wedel⸗ Malchow hat die Liebesgabe für die Brenner gefordert als Entschädi⸗

zung für die Verluste der Brenner infolge der neueren Gesetzgebung. Ist das nicht Egoismus? Wenn aber Beamte die Handelsverträge an⸗ dann hat Herr Gamp kein Wort des Tadels. Herr Knörcke st verletzt durch die Aeußerung des Herrn von Jagow. Was hat erst Herr von Puttkamer über die Majorität des Reichstages gesagt! Wir sind an solche Dinge gewöhnt. Ich hoffe, der Minister wird alles daran setzen, um in der nächsten Session die Vorlage wegen der Reliktenversorgung der Lehrer einbringen zu lönnen. Ich bitte ferner den Minister um eine Mittheilung über die Medizinalreform. Nach den Zeitungen soll die Medizinal⸗Abtheilung vom Kultus⸗Ministerium abgetrennt werden. Im vorigen Jahre hat der Minister für diese Session die Medizinalreform in Aussicht gestellt. Was hat sie verzögert? Ich würde es bedauern, wenn unsere Aerzte mit der Uebertragung der Medizinal⸗Abtheilung auf das Ministerium des Innern einverstanden wären. Die Medizinal⸗Abtheilung muß in Verbindung mit der Wissenschaft erhalten bleiben. Es heißt, der Kultus⸗Minister sei über⸗ lastet. Ja, aber der Minister des Innern ist auch überlastet. Dann soll man wenigstens ein besonderes Medizinal⸗Ministerium errichten; dann könnte auch die ganze Gesundheitspflege und Wohlfahrtspflege geregelt werden. Aber ich wünsche die Trennung vom Kultus⸗ Ministerium überhaupt nicht. Die kirchlichen Angelegenheiten müßten dem Justiz⸗Ministerium übertragen werden, damit lediglich der Rechtsstand⸗ punkt in diesen Dingen zur Geltung kommt und sie nicht mit den Unterrichts⸗Angelegenheiten verquickt werden. Was würde bei der Trennung der Medizin vom Kultus⸗Ministerium mit der wissenschaft⸗ lichen Deputation werden, soll diese auch an das Ministerium des Innern übergehen? Ehe die Regierung hierin einen Schritt thut, sollte sie der öffentlichen Meinung Zeit lassen, die Frage zu er⸗ örtern, und uns vor allem die Medizinalreform vorlegen. Für Schulbauten hat der Finanz⸗Minister 4 Millionen zur Verfügung ge⸗ stellt. Reicht diese Summe auch nur für die dringendsten Bedürfnisse aus? Die Konserbativen haben leider 1890 dem Kultus⸗Minister von Goßler die verlangten 20 Millionen für Schulbauten verweigert. Es sind uns Petitionen wegen der Baufälligkeit von Schulhäusern zuge⸗ gangen. Die in den Petitionen geschilderten Zustände sind in der That für uns beschämend. Ist es richtig, daß der Minister eine Revision der Schulgebäude angeordnet hat infolge des Unglücks in Fredenwalde, wo der Lehrer verbrannt ist? Der Kultus⸗Minister

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den Muth haben, von dem Herrn Finanz⸗Minister iu fordern, was ¹ in dieser Beziehung nöthig ist. 1 Darauf will ich diese Frage verlassen und wende mich zu der zweiten Frage, zu der Medizinalreform, und zu der Frage, wie es augenblicklich mit der Absicht steht, die Medizinal⸗Abtheilung von dem Kultus⸗Ministerium abzutrennen und dem Ministerium des Innern zuzuweisen. In der That stehen beide Fragen in einem gewissen Zusammenhang. Ich habe das im vorigen Jahre hier ziemlich aus⸗ führlich und eingehend dargelegt; denn auch im vorigen Jahre ist die Frage schon angeregt worden.

Ich habe im vorigen Jahre ausdrücklich gesagt, daß ich persönlich meine Bedenken gegen eine Abtrennung der Medizinalsachen vom Kultus⸗Ministerium würde zurücktreten lassen, wenn im Staats⸗ Ministerium die Ueberzeugung durchdringen sollte, daß die Abtrennung um der nothwendigen Entlastung des Kultus⸗Ministeriums willen diese Nothwendigkeit erkenne ich in vollem Maße an wünschenswerth. wäre. Ich werde kein Hinderniß bereiten. Ich habe aber hinzugefügt, daß ich allerdings glaube, daß der Abschluß der sogenannten Medizinal⸗ reform, die Vorlegung des Gesetzentwurfs hier in diesem hohen Hause und die anderweitige Stellung der Kreisärzte denn das wird der Mittelpunkt der Reform sein —, zunächst noch erledigt werden

müsse von dem gegenwärtigen Medizinal⸗Minister; denn bei uns sind ja die ganzen Vorarbeiten gemacht, und bei uns

die Erfahrungen gesammelt. Nichts liegt doch näher, als daß der Minister, der jetzt die Medizinal⸗Angelegenheiten hat, nun auch die beabsichtigte Neuordnung leitet natürlich im Einverständniß mit dem Staats⸗Ministerium und mit dem Herrn Minister des Innern, der ohnehin schon viel, wenn ich so sagen darf, in den Medizinalsachen mein Korreferent ist. Das ist, ich will nicht sagen, eine Ehren⸗ sache für mich, aber es ist eigentlich etwas durch die Natur der Sache von selbst Gegebenes. Und diejenigen Herren, die ein Interesse daran haben, diese Medizinalreform möglichst bald fertig gestellt zu sehen, müssen jedenfalls wünschen, daß sie zunächst noch bei mir im Kultus⸗ Ministerium fertig gestellt werde. Denn das ist zweifellos: wenn wir heute die Medizinalsachen an das Ministerium des Innern abgeben, dann tritt dies Gesetz zunächst wieder in ein neues Stadium, was wieder neue Kräfte, neue Zeit, neue Einarbeitung fordert, und das würde nur eine Verzögerung für das Gesetz bedeuten.

Also ich stehe in der That so zu der Sache, daß ich bereit bin⸗ und wünsche, dies Gesetz fertig zu machen und vorzulegen. Ich habe in der vorigen Session allerdings gesagt, daß wir an der Arbeit wären, und habe auch in Aussicht gestellt, womöglich in dieser Session das Gesetz vorzulegen. Ich bin mir dessen sehr wohl bewußt, habe aber auch nichts versäumt, das zu thun. Ich habe einen Entwurf aufgestellt, habe diesen Entwurf einer Kommission vorgelegt, die ja Herr Akg. Rickert sehr genau kennt, und habe dann nach den Rathschlägen, die ich von dieser Kommission bekommen habe, den Entwurf modifiziert, habe ihn demnächst an die anderen betheiligten Ministerien: an das Finanz⸗Ministerium, das Ministerium des Innern und das Justiz⸗Ministerium gehen lassen und habe vor ungefähr vier Wochen die Monita und die Vota über den Gesetzentwurf von den Herren bekommen. Ich habe sie jetzt bei mir erledigt, habe zum theil den Wünschen, die von dort aus geäußert

als nach e,

das hohe Haus von Jahr zu Jahr mehr überzeugen, so lange ich die Kultusverwaltung führe. Ich selbst würde, woraus ich gar kein Hehl mache, freilich die Kultussachen noch viel weniger gern verlieren als die Medizinalsachen. Es würde mir sehr schwer fallen, diese abzugeben; denn sie sind so tief verwachsen auch mit unseren unterrichtlichen Fragen, und die ganze historische Entwickelung des Ministeriums spricht so sehr dafür, diese beiden Dinge zusammen zu lassen, daß ihre Trennung mich schwer berühren würde.

Aber, wann soll nun das Medizinalwesen abgetrennt werden? Oder wann soll die Entscheidung getroffenzwerden, ob es abgetrennt werden soll? Diese Frage ist, meine Herren, überhaupt noch gar⸗ nicht spruchreif. Ich kann hier ganz positiv versichern, daß die Frage im Staats⸗Ministerium bis jetzt noch nicht besprochen ist; sie ist nur zwischen dem Herrn Finanz⸗Minister und mir berührt worden. Allerdings liegt es jetzt so, daß die Frage demnächst in das Staats⸗ Ministerium kommen wird. Wie die Entscheidung fällt, weiß ich noch nicht; eine Diskussion hat bis jetzt nicht stattgefunden; ich habe die Diskussion angeregt auf Grund der vorjährigen Verhandlungen bei der Berathung des Kultus⸗Etats beziehungsweise des Medizinal⸗ Etats.

Ich glaube, mit diesen Erklärungen den Wünschen des Herrn

Abg. Rickert um Auskunft in dem Umfange, in dem es zur Zeit möglich ist, Rechnung getragen zu haben.

Abg. Dr. Sattler (nl.): Ich persönlich bin für die Abtrennung

der Medizinal⸗Abtheilung vom Kultus⸗Ministerium, weil dieses zu fehr überlastet ist und diese Fragen eigentlich zu den Obliegenheiten des Mi⸗ nisteriums des Innern und der Polizet gehören. Ich bitte den Herrn Minister, die Lehrer an den höheren Schulen in Waldeck nicht zu ver⸗ gessen, sondern dafür zu sorgen, daß sie den Lehrern in Preußen bei der Aufstellung des Etats für Waldeck gleichgestellt werden. Die Rede des keinen Anlaß zu einem Eingreifen der Regierung.

Unter⸗Staatssekretärs a. D. von Rottenburg bietet

Wir sind alle⸗

sammt Sünder und legen nicht jedes Wort auf die Wagschale.

Ein Disziplinarverfahren hat wohl auch Herr Gamp nicht gewünscht.

Herr Knörcke hat hier kaum Wahlpolitik getrieben, sondern sich nur bemüht, die Rostflecke wegzuputzen, die er und seine Hente⸗ an dem Panzer ihrer Lehrerfreundlichkeit erlitten haben. Die Polen und die Herren vom Zentrum haben das Gemeinsame, daß ihre Wünsche nicht geringer, sondern größer werden. Sie wollen den Sprachenerlaß von 1894 auf Westpreußen und Oberschlesien ausgedehnt sehen. Wir haben davor gewarnt, den Polen zu weit entgegenzukommen. Das Zentrum ist allerdings diesmal von einer gewissen Friedfertigkeit be⸗ seelt; das zeigt auch die Form der Rede des Herrn Dauzenberg. Aber sachlich hat er alle Forderungen des Zentrums aufrecht er⸗ halten, ja sogar erweitert; er beansprucht sogar ein Vorschlagsrecht für die Besetzung der Rathsstellen im Kultus⸗Ministerium. Vielleicht hat sich schon eine Vorschlagskommission im Zentrum gebildet. Das Zentrum hat ja bisher schon Erfolge errungen, die es zu weiterem Ansturm ermuntern können. Nur auf die Frage der Konfessionellität der Kirchhöfe ist Herr Dauzenberg nicht eingegangen; das ist wohl die Domäne des Fen von Eynatten. Meine Freunde halten nach wie vor alle diese Forderungen für unbillig und ungerecht. Der Staat muß auf die Vorbildung der Geistlichen im nationalen Sinne einen Einflu

haben. Die katholischen Geistlichen müssen ein Verständniß für die deutsche Geschichte haben. Wie wenig Verständniß der Papst dafür hat, säüßt 22 bekannte Encyklika, die mit Ausdrücken der Unduldsamkeit erfüllt st, welche den konfessionellen Frieden nicht stärken können. Die deutschen Geistlichen müssen mit deutschem Geiste erfüllt werden. Hoffentlich bringt dies der Abg. Dauzenberg in der nächsten Rede eben⸗

worden sind, zugestimmt. Aber, meine Herren, ich halte es für ganz unpraktisch, daß ich mich jetzt hier hinstellen und vor Ihnen nun einen noch nicht einmal fertig formulierten Gesetzentwurf eingehend mit allen Differenzen, die da noch vorhanden sind, erörtern foll. Wohin sollten wir dann kommen? (Zuruf des Abg. Rickert.) Jedenfalls wäre das keine Förderung für unsere Etats⸗

sollte den Muth haben, vom Finanz⸗Minister noch einmal so viel zu fordern, wie seiner Zeit Herr von Goßler. Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten D. Dr. Bosse: Meine Herren! Ich will mich mit Rücksicht auf die wünschens⸗ werthe Beschleunigung der Etatsberathung beschränken auf zwei Fragen, die der Herr Abg. Rickert besonders hervorgehoben hat, und fange gleich mit der zweiten an: ob ich glaube, daß mit den 4 Millionen, die jetzt auf dem Etat stehen, bei allen unzulänglichen Schul⸗ bäuden und im ganzen Umfange Abhilfe geschaffen werden kann? So rund kann ich diese Frage nicht bejahen. Aber das ist ganz gewiß, daß ich mit diesem Betrage von 4 Millionen sehr zufrieden und dem Herrn Minister für dies Zugeständniß sehr dankbar bin. Und wenn ich die technischen Kräfte, die wir für die Schulbauten doch brauchen, nicht überlasten will, so sind mehr als 4 Millionen im nächsten Jahre nicht wohl zu verwenden. Das ist ja richtig, das wird auch von der Finanzverwaltung garnicht bestritten, daß noch mancherlei Schulgebäude übrigbleiben werden, die noch manches zu wünschen lassen. Aber da hoffe ich denn doch, daß ich auch künftig im Extraordinarium etwas bekommen werde. Auch darf der Herr Abg. Rickert nicht vergessen, daß wir seit dem Jahre 1890 durch das Ertraordinarium wiederholt für Schulbauten etwas gethan haben, und daß wir auf diesem Gebiete etwas weiter gekommen sind. Es ist ja vollkommen richtig, daß es in vereinzelten Fällen noch ganz un⸗ zulängliche Gebäude giebt; die werden wir jedenfalls in erster Linie in Angriff nehmen und werden dafür sorgen, daß an ihrer Stelle vernünftige und brauchbare Schulgebäude hergestellt werden. Nicht richtig ist es, daß ich eine allgemeine Revision aller Schul⸗ gebäude veranlaßt hätte, aus Anlaß des im Regierungsbezirk Potsvam im vorigen Jahre vorgekommenen Falls. Ich will be⸗ merken, daß dieser Fall nach seiner Entstehung leider noch noch nicht feststeht, ob der Zustand des Gebäudes den eigentlichen Grund bildet, wodurch das Unglück damals entstanden ist. Aber das nur nebenbei. Wollte ich eine solche allgemeine Revision veranlassen, meine Herren, so würde ich ja die Begehrlichkeit in einer Weise wecken, die ich gar⸗ nicht verantworten könnte. Das ist aber auch nicht nöthig. Jedes Schulgebäude wird von Zeit zu Zeit von den dazu bestellten Beamten untersucht, und daraus ergiebt sich für uns ganz von selbst ein klarer Ueberblick darüber, was auf diesem Gebiet zu geschehen hat. Uns fehlt es durchaus nicht an Anträgen und Vorschlägen der Regierungen, wo gebaut

berathung, deren Abschluß doch dringend wünschenswerth ist. Also

versäumt habe ich in der Sache nichts; im Gegentheil, ich habe das

dringende Verlangen, die Sache zu fördern, und hoffe, daß die Sache

auch vorwärts geht.

Was nun die Abtrennung der Medizinal⸗Abtheilung betrifft, so

hat Herr Abg. Rickert ganz Recht, die Sache hat sehr ihre zwei

Seiten. Es giebt gewisse Dinge, von denen man annehmen kann, sie

passen sehr gut in das Ressort hinein, das für die Kommunalverwaltung

und die Exekutive bestimmt ist. Aber es giebt andere Dinge, die viel

besser in das Ressort passen, wo die Wissenschaft ihre berufenen Ver⸗

treter hat. Und ich bin fest überzeugt, daß die Medizinalpersonen und

auch ein Theil der Medizinalsachen sich beim Kultus⸗Ministerium recht gut gestaltet haben. Ich will nur an die Bekämpfung der Infektions⸗ krankheiten erinnern; da wohnen bei uns die wissenschaftlichen Ver⸗ treter, ohne die wir gar nichts machen konnten, mit den technischen Beamten und den Verwaltungsbeamten Thür an Thür; es bedurfte sehr häufig in diesen Sachen, die schleunige Maßregeln erfordern, daß der eine zum andern hinüberging; in fünf Minuten, in einer halben Stunde war die Sache mündlich erledigt, die künftig, wenn einmal eine Trennung erfolgt sein wird, große und weitläufige Schreibereien verursachen wird. Diese Bedenken liegen auf der Hand. Die Herren werden sich auch enisinnen: begeistert bin ich für die Ab⸗ trennung des Medizinalressorts vom Kultus⸗Ministerium nie gewesen. Aber ich habe allerdings gesagt: ich bin persönlich kein Hinderniß. Der Grund dafür ist, daß ich eine Entlastung des Kultus⸗Ministeriums von meiner Person ganz abgesehen für nothwendig halte. Von meiner Person kann ich absehen; ich werde es wohl noch aushalten, solange ich Kultus⸗Minister bin; ich habe es bis jetzt auch ausgehalten. Aber, ich finde es schädlich für die Verwaltung des Kultusressorts, daß der Minister mit einer Menge von Verwaltungs⸗ geschäften belastet ist. Diese Medizinalsachen sind zwar nicht politischer Natur, aber sie belasten das Gewissen des Ministers sehr erheblich,

denn es handelt sich da um Leben und Gesundheit sehr weiter Kreise, und Mißgriffe auf diesem Gebiet belasten den Minister mit einer schweren Verantwortung. (Sehr richtig!) Also, ich halte es nicht für gut, daß der

Unterrichts⸗Minister und Kultus⸗Minister auch mit dieser großen Verantwortung noch belastet ist, wenn es möglich ist, ihm das zu ersparen, ohne sachliche Interessen zu schädigen.

Nun hat Herr Rickert freilich gemeint, man könne auf andere

werden soll. Wir haben deren mehr als genug und bekommen jedes Jahr neue. Also wir brauchen garnicht eine allgemeine Revision zustellen, um zu wissen, wo etwa ein schlechtes Schulgebäude vor⸗ iden ist.

Das kann ich dem Herrn Abg. Rickert versichern: ich stimme mit ihm ganz darin überein, daß es eine ernste Pflicht der Schulverwal⸗ tung tist, alles aufzubieten, nach der hygienischen Seite für die Kinder und für die Lehrer ordentliche Schullokale herzustellen. Dieser Pflicht bin ich mir vollständig bewußt, und ich werde jederzeit

Weise helfen, man brauche bloß die Kultussachen wegzu⸗ nehmen und dem Justiz⸗Ministerium zu übertragen. Meine Herren, wollten wir diese Frage jetzt gründlich behandeln, dann würden wir garnicht fertig werden; diese Frage

lasse ich ganz bei Seite. Das will ich Herrn Abg. Rickert nur sagen darin bin ich mit ihm ganz einverstanden —: die Kultus⸗ sachen sollen in Preußen ausschließlich oder doch wesentlich nach recht⸗ lichen Gesichtspunkten beurtheilt werden. Das werden sie aber auch

falls zum Ausdruck. Der nationale Geist schadet dem Charakter der Geistlichen in keiner Weise. Die Orden sind ein Bollwerk der römischen Kirche und die polnischen Orden außerdem noch ein solches der national⸗ polnisch gesinnten Geistlichkeit gegenüͤber den Protestanten. Man hat aber keine Veranlassung, sich über die Beschränkung der Ordentniederlassungen

in Preußen zu beklagen. Ihre Zahl und die Zahl der Ordensbrüder hat sich in den letzten Jahren sehr erheblich vermehrt, garnicht zur Freude der Protestanten, denen wohl die Krankenpflegeorden, aber nicht die Kampforden sympathisch sind. Unterlassen Sier doch (um Zentrum) diese Klagen und die Forderung auf Herbeirufung der Zesusten, die wir als Angriffe auf unsere Konfession empfinden müssen. Die Königliche Staatsregierung darf sich nicht in dem Glauben wiegen, daß es nur auf die Wünsche des Zentrums ankommt.

Abg. Dr. Porsch (Zentr.); Wir wiederholen unsere Forderungen, weil sie nothwendig sind, auch im Interesse des Staats. Graf Posa⸗ dowsky hat ja den Einfluß der religiösen Mächte im Kampf mit der Sozialdemokratie hervorgehoben, und Abg. Lieber hat darauf hin⸗ gewiesen, daß die Hände der Kirche zu diesem Kampf gegen den Umsturz frei sein müssen. Und ich sage: die Reste des Kulturkampfes müssen beseitigt werden. Das widerstreitet auch nicht dem religiösen Bewußt⸗ sein unserer evangelischen Mitbürger. Oder hält man schon die Existenz der katholischen Kirche und des Papstes für eine Störung des konfesstonellen Friedens? Der jetzige kirchenpolitische Zustand ist doch kein Kompromiß in dem Sinne, daß an ihm nicht gerüttelt werden kann; er ist nur ein aditus ad pacem, und der Minister kann es daher auch nicht ablehnen, die bestehenden kirchenpolitischen Gesetze abzuändern; der Regierung ist die Initiative leichter als uns, nament⸗ lich in der Ordensfrage. In der Frage der Regelung der Verwal⸗ tung des katholischen Kirchenvermögens haben wir bereits die Ini⸗ tiative ergriffen. Das Gesetz ist mangelhaft. Wir haben eine Revision verlangt und einen Beschluß des Hauses extrahiert. Leider ist die Regierung noch zu keinem Entschluß darüber gelangt. Wir richten an unsere Gesinnungsgenossen im Lande die Bitte, bei den Wahlen nur solche Kandidaten aufzustellen oder zu unterstützen, die für die Beseitigung der bestehenden Kulturkampfreste zu stimmen bereit sind. Der katholische Klerus ist nach seiner ganzen Vorbildung auf Gymnasien, Universitäten u. s. w. national gesinnt; aus der Canisius⸗ eneyklika entgegengesetzte Schlüsse zu ziehen, ist unrichtig. Ein ähn⸗ liches Urtheil über die Reformation hat schon von Döllinger gefällt. Eine tüchtige Vorbildung entspricht auch den Interessen der katholischen Kirche. Dispense sind allerdings ertheilt worden; man sollte sich aber nicht für etwas bedanken müssen, was unser Recht ist. Der Fall, daß ein Kandidat im Auslande eine Zuchthausstrafe er⸗ litten, kann doch nicht maßgebend sein, es ist eine Ausnahme, Herr Sattler kennt die Geschichte unserer kaiholischen Orden nicht, sonst würde er nicht behaupten, daß sie gegründet seien, die Ketzereien zu bekämpfen, das trifft auch nicht vom Fesuitenorden zu. Die Zu⸗ lassung von Ordensniederlassungen ist wiederholt versagt worden. Das hat uns schmerzlich berührt. Den konfessionellen Frieden kann es nicht erhöhen, wenn in Naumburg in Schlesien ein katholisches Kloster zu einem evangelischen ige ar ben wolden ist.

8 G

(Schluß in der Zweiten Beilage.)

1“

jetzt. Ich behandele sie nicht nach anderen Gesichtspunkten