1901 / 152 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 29 Jun 1901 18:00:01 GMT) scan diff

DUe.

Deutsches Reich.

Gesetz, betreffend das Urheberrecht an Werken der Literatur und der Tonkunst.

2 Vom 19. Juni 1901. Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, - König von Preußen ꝛc. verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung 8. des Bundesraths und des Reichstages, was olgt: r Erster Abschnitt. Voraussetzungen des Schutzes.

- §.1. Nach Maßgabe dieses Gesetzes werden geschützt:

1) die Urheber von Schriftwerken und solchen Vorträgen oder Reden, welche dem Zwecke der Erbauung, der Belehrung oder der Unterhaltung dienen;

2) die Urheber von Werken der Tonkunst;

3) die Urheber von solchen Abbildungen wissenschaftlicher oder technischer Art, welche nicht ihrem Fauntweae nach als Kunstwerke zu betrachten sind. Zu den Abbildungen gehören auch plastische Darstellungen.

Urheber eines Werkes ist dessen Verfasser. Bei einer Uebersetzung gilt der Uebersetzer, bei einer sonstigen Bearbeitung der Bearbeiter als Urheber.

JZuristische Personen des öffentlichen Rechts, die als Herausgeber ein Werk veröffentlichen, dessen Verfasser nicht auf dem Titelblatt, in der Zueignung, in der Vorrede oder am Schlusse genannt wird, werden, wenn nicht ein Anderes ver⸗

einbart ist, als Urheber des Werkes angesehen. 4

Besteht ein Werk aus den getrennten Beiträgen Mehrerer (Sammelwerk), so wird für das Werk als Ganzes der Heraus⸗ eber als Urheber angesehen. Ist ein solcher nicht genannt, o gilt der Verleger als Hescnseber.

§ 5.

Wird ein Schriftwerk mit einem Werke der Tonkunst oder mit Abbildungen verbunden, so gilt für jedes dieser Werke dessen Verfasser auch lach ber Verbindung als Urheber.

§ 6.

Haben Mehrere ein Werk gemeinsam in der Weise ver⸗ faßt, daß ihre Arbeiten sich nicht trennen lassen, so besteht unter ihnen als Urhebern eine Gemeinschaft nach Bruchtheilen im Sinne des Bürgerlichen es

Enthält ein erschienenes Werk auf dem Titelblatt, in der Zueignung, in der Vorrede oder am Fcbuße den Namen eines Verfassers, so wird vermuthet, daß dieser der Urheber des Werkes sei. Ist das Werk durch Beiträge Mehrerer ge⸗ bildet, so genügt es, wenn der Name an der Spitze oder am Schlusse des Beitrags angegeben ist.

Bei Werken, die unter einem anderen als dem wahren Namen des Verfassers oder ohne den Namen eines Verfassers erschienen sind, ist der Herausgeber, falls aber ein solcher nicht angegeben ist, der Verleger berechtigt, die Rechte des Urhebers wahrzunehmen.

Bei Werken, die vor oder nach dem Erscheinen öffentlich aufgeführt oder vorgetragen sind, wird vermuthet, daß derjenige der Urheber sei, welcher bei der Ankündigung der Aufführung oder des Vortrags als S bezeichnet worden ist.

Das Recht des Urhebers geht auf die Erben über.

Ist der Fiskus oder eine andere juristische Person gesetz⸗ licher Erbe, so erlischt das Recht, soweit es dem Erblasser zusteht, mit dessen Tode. 1

Das Recht kann beschränkt oder unbeschränkt auf Andere überträgen werden; die Uebertragung kann auch mit der Be⸗ grenzung auf ein bestimmtes Geblet geschehen.

§ 9. Im Falle der Uebertragung des Urheberrechts hat der Erwerber, soweit nicht ein Anderes vereinbart ist, nicht das Recht, an dem Werke selbst, an dessen Titel und an der Be⸗ zeichnung des Urhebers Zusätze, Kürzungen oder sonstige Aende⸗ rungen vorzunehmen. b 1t Zulässig sind Aenderungen, für die der Berechtigte seine Einwilligung nach Treu un dFe hg nicht versagen kann.

Die Zwangsvollstreckung in das Recht des Urhebers oder in sein Werk findet gegen den Urheber selbst ohne dessen Ein⸗ willigung nicht statt; die Einwilligung kann nicht durch den gesetzlichen Vertreter ertheilt werden. he den Erben des Urhebers ist ohne seine Einwilligung die wangsvollstreckung nur zulässig, wenn das Werk erschienen ist. W

Zweiter Abschnitt.

3 Befugnisse des Urhebers. Der Urheber hat die ausschließliche Befugniß, das Werk u vervielfältigen und gewerbsmäßig zu verbreiten; die aus⸗ schließliche Befugniß erstreckt sich nicht auf das Verleihen. Der solange nicht der wesentliche Inhalt des ausschließlich zu einer solchen

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Urheber ist ferner, ige Werkes öffentlich mitgetheilt ist, Mittheilung befugt. . 1 b

Das Urheberrecht an einem Bühnenwerk oder an einem Werke der Tonkunst enthält auch die ausschließliche Befugniß, das Werk öffentlich aufzuführen.

Der Urheber eines Schriftwerks oder eines Vortrags hat, bcntge nicht das Werk erschienen ist, die ausschließliche Be⸗ ugniß, das Werk öffentlich

Die ausschließlichen Befugnisse, die dem Urheber 6 § 11 in Ansehung des Werks selbst zustehen, erstrecken si guch auf die Bearbeitungen des Werks. 1 8

Amtli 1

Die Befugnisse des Urhebers erstrecken sich insbesondere auf: 1) die Uebersetzung in eine andere Sprache oder in eine andere Mundart derselben Sprache, auch wenn die Uebersetzung in gebundener Form abgefaßt ist;

9 die Rückübersetzung in die Sprache des Originalwerks;

3) die Wiedergabe einer Erzählung in nramanscher Form oder eines Bühnenwerks in der Form einer Erzählung;

4) die Herstellung von Auszügen aus Werken der Ton⸗ kunst sowie von maheh solcher Werke für einzelne oder mehrere Instrumente oder Stimmen.

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3.

Unbeschadet der ausschlahüchen Befugnisse, die dem Ur⸗ heber nach § 12 Abs. 2 zustehen, ist die freie Benutzung seines Werks zulässig, wenn dadurch eine eigenthümliche Schöpfung hervorgebracht wird.

„Bei einem Werke der Tonkunst ist jede Benutzung unzu⸗ lässig, durch welche eine Melodie erkennhar dem Werke ent⸗ nommen und einer neuen Arbeit zu Grunde gelegt wird.

§ 14.

Im Falle der Uebertragung des Urheberrechts verbleiben, soweit nicht ein Anderes vereinbart ist, dem Urheber seine ausschließlichen Befugnisse:

1) für die Uebersetzung eines Werkes in eine andere Sprache oder in eine andere Mundart;

2) für die Wiedergabe einer Erzählung in dramatischer Form oder eines Bühnenwerkes in der Form einer Erzählung;

3) für die Bearbeitung eines Werkes der Tonkunst, s5 weit sie nicht bloß ein Auszug oder eine Uebertragung in eine andere Tonart oder haahe. ist.

Eine Vervielfältigung ohne Einwilligung des Berechtigten ist unzulässig, gleichviel durch welches Verfahren sie bewirkt wird; auch begründet es keinen Unterschied, ob das Werk in einem oder in mehreren Exemplaren vihages wird.

Eine Vervielfältigung zum persönlichen Gebrauch ist zulässig, wenn sie nicht den Zweck hat, aus dem Werke eine Einnahme zu erzielen.

16. Zulässig ist der Abdruck von Gesetzbüchern, Gesetzen, Ver⸗ ordnuͤngen, amtlichen Erlassen und Entscheidungen sowie von

anderen zum amtlichen Gebrauche hergestellten amtlichen Schriften. 1 § 17. Zulässig ist: 1) die Wiedergabe eines Vortrags oder einer Rede in

Zeitungen oder Zeitschriften, ö der Vortrag oder die Rede Bestandtheil einer öffentlichen Verhandlung ist;

2) die Vervielfältigung von Vorträgen oder Reden, die bei den Verhandlungen der Gerichte, der politischen, kommu⸗ nalen und kirchlichen Vertretungen gehalten werden.

Die Vervielfältigung ist jedoch unzulässig, wenn sie in einer Sammlung erfolgt, die der Hauptsache nach Reden des⸗ selben Verfassers enthet⸗

Zulässig ist der Abdruck einzelner Artikel aus Zeitungen, oweit die Artikel nicht mit einem Vorbehalte der Rechte ver⸗ ehen sind; jedoch ist nur ein Abdruck gestattet, durch den der Sinn nicht entstellt wird. Bei dem Abdruck ist die Quelle deutlich anzugeben.

Der Abdruck von Ausarbeitungen wissenschaftlichen, technischen oder unterhaltenden Inhalts ist, auch wenn ein Vorbehalt der Rechte fehlt, unzurässig.

Vermischte Nachrichten thatsächlichen Inhalts und Tages⸗ neuigkeiten dürfen aus Zeitungen oder Zeitschriften stets ab⸗ gedruckt werden.

§ 19.

Zulässig ist die Vervielfältigung;

1) wenn einzelne Stellen oder kleinere Theile eines Schrift⸗ werkes, eines Vortrags oder einer Rede nach der Veröffent⸗ lichung in einer selbständigen literarischen Arbeit angeführt werden;

2) wenn einzelne Aufsätze von geringem Umfang oder einzelne Gedichte nach dem Erscheinen in eine selbständige wissenschaftliche Arbeit aufgenommen werden:;

3) wenn einzelne Gedichte nach dem Erscheinen in eine Sammlung iuf enommen werden, die Werke einer größeren, Zahl von Schriftstellern vereinigt und ihrer Beschaffenheit nache zur Benutzung bei Gesangsvorträgen bestimmt ist;

4) wenn einzelne HAusßütze von geringem Umfang, einzelne Gedichte oder kleinere Theile eines Cchriftwerke nach dem Er⸗ scheinen in eine Sammlung aufgenommen werden, die Werke einer größeren Zahl von Schriftstellern vereinigt und ihrer Beschaffenheit nach für den Kirchen⸗, Schul⸗ oder Unterrichts⸗ gebrauch oder zu einem eigenthümlichen literarischen Zwecke bestimmt ist. Bei einer Sammlung zu einem eigenthümlichen literarischen Zwecke bedarf es, solange der Urheber lebt, seiner persönlichen Einwilligung.

Die Einwilligung gilt als ertheilt, wenn der Urheber nicht innerhalb eines Monats, nachdem ihm von der Absicht des Verfassers Mittheilung Fenbact ist, Widerspruch erhebt.

8.

Zulässig ist die Vervielfältigung, wenn kleinere Theile einer Dichtung oder Gedichte von geringem Umfange nach ihrem Erscheinen als Text zu einem neuen Werke der Ton⸗ kunst in Verbindung mit diesem wiedergegeben werden. Für eine Aufführung des Werkes darf die Dichtung auch allein wiedergegeben werden, sofern der Abdruck ausschließlich zum Gebrauche der Hörer bestimmt ist.

Unzulässig ist die Vervielfaäͤltigung von Dichtungen, die ihrer Gattung nach zur Kece csitscf hestimmt sind.

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ulässig ist die Vervielfältigung: .“

8 bässg einzelne Stellen eines bereits erschienenen Werkes

der Tonkunst in einer selbständigen literarischen Arbeit an⸗ eführt werden;

gef 9) wenn kleinere Kompositionen nach dem Erscheinen in

eine selbständige wissenschaftliche Arbeit aufgenommen werden;

3) wenn kleinere Kompositionen nach dem Erscheinen in

eine Sammlung aufgenommen werden, die Werke einer größeren

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Zahl von Komponisten vereinigt und ihrer b“ nach Sen Unterricht in Schulen mit Ausschluß der Musikschulen estimmt ist.

§ 22. Zulässig ist die Vervielfältigung, wenn ein erschienenes Werk der Tonkunst 8 8S e SeHeiben, Platten, Walzen, Bänder und ähnliche Bestandtheile von Instrumenten über⸗ tragen wird, welche zur mechanischen Wiedergabe von Musik⸗ stücken dienen. Diese Varschös findet auch auf auswechselbare Bestandtheile Fssgengah⸗ sofern sie nicht für Instrumente verwendbar sind, durch die das Werk hinsichtlich der Stärke und Dauer des Tones und hinsichtlich des Zeitmaßes nach Art eines persönlichen Vortrags wiedergegeben werden kann. § 23.

alässig ist die Vervielfältigung, wenn einem Schriftwerk ausschließlich zur Erläuterung des Inhalts einzelne Ab⸗ bildungen aus einem erschienenen Werk beigefügt werden.

§ 24.

Auf Grund der 88 19 bis 28 ist die Vervielfältigung eines fremden Werkes nur zulässig, wenn an den wieder⸗ gegebenen Theilen keine Aenderung vorgenommen wird. Fhoch sind, soweit der Zweck der Wiedergabe es erfordert, Uebersetzungen eines Schriftwerks und solche Bearbeitungen eines Werkes der Tonkunst gestattet, die nur Auszüge oder Uebertragungen in eine andere Tonart oder Stimmlage oder Einrichtungen für die im § 22 bezeichneten Instrumente darstellen. Werden einzelne Aufsätze, einzelne Gedichte oder kleinere Theile eines Schriftwerkes in eine Sammlung zum Schulgebrauch aufgenommen, so sind die für diesen Gebrauch erforderlichen Aenderungen gestattet, jedoch bedarf es, solange der Urheber lebt, seiner verfbalichen Einwilligung. Die Ein⸗ willigung gilt als ertheilt, wenn der Urheber nicht innerhalb eines Monats, nachdem ihm von der beabsichtigten Aenderung Mittheilung gemacht ist, Widerspruch erhebt.

5 25.

Wer ein fremdes Werk 829 Maßgabe der 88 19 bis 23

benutzt, hat die Quelle deutlich anzugeben. § 26.

Soweit ein Werk nach den §8 16 bis 24 ohne Ein⸗ willigung des Berechtigten vervielfälligt werden darf, ist auch die Verbreitung, die bentliche Aufführung sowie der öffentliche Vortrag zulassig.

§ 2. Für öffentliche Aufführungen eines erschienenen Werkes der Tonkunst bedarf es der Einwilligung des Berechtigten nicht, wenn sie keinem gewerblichen Fee e dienen und die Hörer ohne Entgelt sheia s⸗ werden. Im übrigen sind solche Auffuͤhrungen ohne Einwilligung des Berechtigten zulässig:

1) wenn sie bei Volksfesten, mit Ausnahme der Musikfeste, stattfinden;

2) wenn der Ertrag ausschließlich für wohlthätige Zwecke bestimmt ist und die Mitwirkenden keine Vergütung für ihre Thätigkeit erhalten;

3) wenn sie von Vereinen veranstaltet werden und nur die Mitglieder sowie die zu ihrem Hausstande gehörigen Per sonen als Hörer zugelassen werden.

Auf die bühnenmäßige Aufführung einer Oper oder eines sonstigen Werkes der Tonkunst, zu welchem ein Text gehört, finden diese Vorschriften keine Anwendung.

§ 28.

Zur Veranstaltung einer öffentlichen Aufführung ist, wenn mehrere Berechtigte vorhanden sind, die Einwilligung eines jeden erforderlich

Bei einer Oper oder einem sonstigen Werke der Tonkunst, zu welchem ein Text gehört, bedarf der Veranstalter der Auf führung nur der Einwilligung desjenigen, welchem das Urheber⸗ recht an dem musikalischen Theile zusteht.

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Dritter Abschnitt.

Dauer des Schutzes.

Der Schutz des Urheberrechts endigt, wenn seit dem Tode des Urhebers dreißig Jahre und außerdem seit der ersten Ver⸗ öffentlichung des Werkes zehn Jahre abgelaufen sind. Ist die Veröffentlichung bis zum Ablauf von dreißig Jahren⸗ sest dem Tode des Urhebers nicht erfolgt, so wird vermuthet, daß das Urheberrecht dem Eigenchüͤmer des Werkes zustehe.

§ 30.

Steht das Urheberrecht dan einem Werke Mehreren ge⸗ meinschaftlich zu, so bestimmt sich, soweit der Zeitpunkt des Todes fuür die Schutzfrist maßgebend ist, deren Ablauf nach dem Tode des Lehtlebenden.

§ 31.

Ist der wahre Name des Urhebers nicht bei der ersten Veröffentlichung gemäß § 7 Abs. 1, 3 angegeben worden, so⸗ endigt der Schutz mit dem Ablaufe von dreißig Jahren seit der 8 geröfferttschäng⸗

Wird der wahre Name des Urhebers binnen der dreißig jährigen Frist gemäß § 7 Abs. 1, 3 angegeben oder von dem Berechtigten zur Eintragung in die Eintragsrolle 56) an⸗ gemeldet, so finden die Vorschriften des § 29 Anwendung. Das Gleiche gilt, wenn das Werk erst nach dem Tode des Urhebers veröoffentlicht wird. 88

Steht einer juristischen Person nach den §8 3, 4 das Urheberrecht zu, so endigt der Schutz mit dem Ablauf von dreißig Jahren seit der Veröffentlichung. Jedoch endigt der Schutz mit dem Ablauf der im § 29 bestimmten Fristen, wenn das Werk erst nach dem Tode des Verfassers veröffentlicht wird.

§ 33.

Bei Werken, die aus mehreren in Zwischenräumen ver⸗ öffentlichten Bänden bestehen, sowie bei fortlaufenden Berichten oder Heften wird jeder Band, jeder Bericht oder jedes Heft für die Berechnung der Schutzfristen als ein besonderes Werk angesehen.

Bei den in Lieferungen peröffentlichten Werken wird die Schutzfrist erst von der Veröffentlichung der letzten Lieferung an berechnet.