1902 / 246 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 18 Oct 1902 18:00:01 GMT) scan diff

aujan und Sarrien an, durch die das Vorgehen der Regierung Mahihe und ihr das Vertrauen ausgesprochen wird. Diese Tages⸗ ordnung wurde alsdann mit 329 gegen 233 Stimmen angenommen. Sodann nahm die Kammer mit 336 gegen 223 Stimmen die Dringlich⸗ keit zu Gunsten der Berathung des von dem Minister⸗Präsidenten Combes eingebrachten Gesetzentwurfs an, der besagt, daß alle die⸗ jenigen, welche eine Kongregationsanstalt ohne behördliche Genehmi⸗ ung eröffnen oder leiten, ferner diejenigen, welche einer solchen An⸗ talt trotz der angeordneten behördlichen Schließung angehören, oder die Thätigkeit einer derartigen Anstalt gestatten, mit Geldstrafen bis uu 5000 Fr. oder mit FFelanch bis zu einem Jahre bestraft werden ollen. Die Berathung der Interpellationen über die Aus⸗ tände wurde dann 8 Montag angesetzt und die Sitzung geschlossen.

Die nationalistische Gruppe der Kammer hat, zum. Zeichen ihres Protestes gegen die Kandidatur Jaurès' zum Vize⸗ Präsidenten, beschlossen, ihren Obmann Cavaignac als Kandidaten sr die vige pessideschese aufzustellen.

Der Sozialist Pressensé kündigt in der „Aurore“ an, daß er demnächst einen Gesetzentwurf über die Trennung von Kirche und Staat einbringen werde; er hoffe, daß die republikanische Mehrheit es sich zur Ehre anrechnen werde, einen der Hauptpunkte ihres Programms zu verwirklichen.

Türkei.

Der serbische Gesandte Gruitsch hat, dem „W. T. B.“ ufolge, auf die bei dem Minister des Aeußern erhobenen Porfüellungen wegen der Gewaltthaten, welche Albanesen an Christen in Altserbien verübten, vom Yildizpalais beruhigende Zusicherungen erhalten. 1

Die in Konstantinopel erscheinenden Blätter haben estern, wie das Wiener „Telegr. Korresp.⸗Bureau“ meldet, elbente amtliche Mittheilung veröffentlicht:

Nach telegraphischen Meldungen Ibrahim Pascha's, des Kom⸗ mandeurs der 9. Division in Serres, des Kommandeurs des III. Korps und des Valis von Saloniki drangen vor acht Tagen bulgarische Banden bei Razlog und Documabala in Mace⸗ donien ein und zwangen die bulg Keircg⸗ Bevölkerung mehrerer Dörfer, sich ihnen nzuschnegen Die Einwohner anderer Hoͤrfft flüchteten aus Furcht ins Gebirge. Hierauf wurde Ibrahim Pascha mit einer genügenden Truppenzahl zur Bfefosgung der Banden beordert, welche energisch und planmäßig, durchgeführt wurde. Die Banden wurden theils vernichtet, kheicg güfan en genommen oder zerstreut. Der größte Theil der flüchtigen Be⸗ völkerung beginnt zurückzukehren, die von den Banden er altenen Waffen niederzulegen und giebt an, zum Verlassen der Wohnstätten bezwungen worden zu sein. Jenen Personen, die aus Furcht vor Eirafe nicht wagten zurückzukehren, werde von den Lokalbe örden und der Geistlichkeit bedeutet, es würden alle, welche darum bäten, be⸗ nadigt werden. Man hoffe somit, dem Bandenunwesen mit obigen Maßregeln ein baldiges Ende zu machen.

Serbien.

Außer dem Portefeuille des Kultus und dem der Finanzen ind, wie „W. T. B.“ erfährt, alle Portefeuilles beseßt. Das Präsidium übernimmt Zinzar Markowitsch (neutral), das Ministerium des Innern der Kronanwalt Todoro witsch sge⸗ mäßigt radikal), das Ministerium des Aeußern der frühere Minister Losanitsch (gemäßigt liberal), das Handels⸗Ministerium der Bürgermeister von Belgrad Marin kowitsch (radikal), das Kriegs⸗Ministerium General Pawlowitsch (neutral), das Minnisterium der öffentlichen Arbeiten der Professor von der Hochschule Kapetanowitsch (radikal) und das Justiz⸗ Ninisterium Rintschitsch (Fortschrittler).

Amerika. 6 Aus Port⸗au⸗Prince erfährt „W. T. B.“, Saint⸗ Mare habe sich den Regierungstruppen ergeben. Das deutsche Kriegsschiff „Falke“ sei zugegen gewesen. In Saint⸗ Marc sei alles ruhig. Firmin sei auf dem Hamburger Dampfer „Adirondack’ nach Jamaica geflüchtet. Die Re⸗ gierungstruppen ständen jetzt vor Gonaives, wo sich auch der „Falke“ befinde. Die Blockade sei beendet. Eine in New 8 eingetroffene Depesche aus Caräcas vom 16. Oktober besagt, daß der Kampf bel La Victoria noch fortdauere. Matos stehe, wie berichtet werde, mit 1500 Mann bei Villa de Cura. In Regierungskreisen glaube man fest an den Sieg. Seit drei Tagen habe die Regierung keine Nachrichten aus Valencia erhalten. E Afrika. Aus Kapstadt wird dem „Reuter'schen Bureau“ mit⸗ getheilt, ein höherer Beamter der Kapkolonie habe an der Grenze eine Zusammenkunft mit aufständischen Kap⸗ holländern unter dem Kommando von van Zyl gehabt und sie aufgefordert, sich in Vryburg zu ergeben. Sie würden keine schwerere Bestrafung als Freiheitsstrafen erhalten, jedoch festgenommen werden und bis zur Ruͤckkehr der Akten vom Kronanwalt der Kapkolonie in 8 bleiben. Die Auf⸗ ständischen hätten es abgelehnt, sich gefangen nehmen zu lassen, ich jedoch bereit erklärt, in ein Feldlager der urghers zu gehen. Das Zusammentreffen sei in freundlicher Weise, aber ergebnißlos verlaufen. Das 80 Mann zͤhlende Kom⸗ mando habe darauf die Grenze wieder überschritten.

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Parlamentarische Nachrichten.

Der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Reichs⸗ ages befindet sich in der Ersten Beilage.

8 In der heutigen (197.) Sitzung des Reichstages, 8 welcher die Staatssekretäre Dr. Graf von Posadowsky⸗ Wehner und Freiherr von Richthofen beiwohnten, wurde die zweite Lesung des Entwurfs eines Zolltarifgesetzes, und zwar die Berathung der Position Wei ten und Roggen b und der in § 1 al. 2 vocgeschla enen Mindeßölle fort vsest. Abg. Pachnicke 89 Vgg.): Die Agrarier scheinen nach den

gestrigen Erklärungen ihrer Wortfüͤhrer immer noch zu glauben, 1 der Kanzler und die verbündeten Regierungen von ihrem Standpunkt abzubringen sein werden; sie scheinen zu hoffen, daß sich trotz alledem noch eine Brücke finden wird, auf der man zusammenkommen kann. Nach der Bestimmtheit, mit der Graf von Bülow seine Erklärung namens der verbündeten Regierungen abgegeben hat, wird man doch wohl an den Ernst dieser Erklärung zu glauben sich entschließen müssen. Andrerseits haben sowohl Herr Rettich öffentlich, als auch gestern noch Herr Herold vom Zentrum aufs Bestimmteste erklärt, daß sie im Punkte der Agrarzölle fest bleiben würden, daß die Vor⸗ lage der verbündeten Regierungen für sie nicht annehmbar ist. Auf dem Parteitage der Nationalliberalen hat wiederum Herr Basser⸗ mann ausgeführt, wenn das Ministerium an senes Erklärung nicht festhalte könnte es sich nicht mehr unter an⸗ ständigen Menschen auf der Straße sehen lassen. Trotz⸗ dem wird immer noch bei den Agrariern die Merruung vertreten: Wenn wir ein bischen umfallen und die Regierung ein bischen um⸗ fällt, kann noch alles gut werden. Darauf kann die Regierung nicht eingehen; ihre Autorität im Lande und ihre Loyalität dem Parlament gegenüber steht auf dem Spiele. Als reservatio mentalis hat man den

könnte ja später, wenn es durchaus nicht

intergedanken, die Regierun Hhen Keichstag festgelegten Mindestsätze herunter⸗

anders ginge, unter die vom R 1 ¹ ehen. Trotz der Verschärfung aller dieser Gegensätze hofft nun auch der Reichekanzler immer noch auf eine Verständigung und auf das Ge⸗ lingen des Vertragsabschlusses; hier auf Besserung hoffen, heißt aber ags das Wunder hoffen, und an Wunder glaube ich nicht. Daß ein Doppectee in Aussicht genommen war, will man jetzt nicht wahr haben. Graf von Posadowsky bat die Kommission, doch nicht auf das todte Pferd des Doppeltarifs zu schlagen. Wir können ja die Todten ruhen lassen, aber wir sollen nicht vergessen, daß dieses todte Pferd ein Pferd des Grafen Posadowsky war; daß Herrn Möller das Verdienst gebührt, den Doppeltarif beseitigt zu haben, können wir 8— nicht gelten lassen, denn für die wichtigen Getreidezölle ist er beibehalten. Das System dieser Mindestzölle ist absolut verwerflich, denn es bindet unsern Unterhändlern die Hände und macht den Abschluß von Handelsverträgen problematisch. Graf von Bülow hat in seiner vorgestrigen Rede zwar einiges Neue seinen früheren Ausführungen hinzugefügt, aber eine Ausführung von erheblicher Tragweite hat er nicht zu wiederholen gewagt, den Vorwurf, daß die Linke die Interessen des Auslandes vertrete und nicht den gesunden nationalen Egoismus Peleg. Er hat diesen Vorwurf nicht wiederholt, weil er damit Vertreter der verbündeten Regierungen selbst getroffen hätte. Sehr merkwürdig war der Ausspruch des Kanzlers, daß kein Berufs⸗ stand durch die vorgeschlagenen Zölle geschädigt werde. Diese Ansicht wird allein schon durch die Normierung der Zölle auf Gerste und Hafer widerlegt. Die Mahnung, sich nicht irgend welcher Obstruktion hinzu⸗ geben, hätte der Kanzler nicht an die Linke, sondern an die Rechte richten müssen. Wir wenden uns lediglich gegen das Töff⸗Töff⸗Tempo der Berathung, wie es zum theil schon in der Kommission an der Tagesordnung war. Wir wollen nur so verfahren wissen, wie immer verfahren ist, wie es die Geschäftsordnung verlangt und wie es der Würde des Reichstags und der Wichtigkeit des Gegenstandes entspricht. Herr Paasche will den Eroberungszug des Großagrarierthums und des Zentralverbandes deutscher Industrieller organisieren, und er findet cch geniert, wenn ihm Schwierigkeiten darin begegnen. Wenn dem Reichskanzler an der Würde des Reichstages gelegen ist, so Un er erst einmal Beschlüsse des Reichstages anders behandeln, als

bisher vielfa geschehen ist. Wir wünschen eine Erledi⸗ gung der Zollfrage vor allem wegen des diigmmf̃mbangene der Zollfrage mit der Kartellfrage. Das Schutzzollsystem begünstigt die

Bildung der Kartelle, deren wir in Deutschland etwa 400 haben. Man braucht nicht gegen Kartelle an sich zu sein, wohl aber soweit sie Preistreiberei treiben und Rohstoffe u. s. w. vertheuern. Eine Enqubte über die Kartelle ist ins Werk gesetzt worden, wann sollen aber diese Erhebungen fertig sein? Von unserem Standpunkt aus wäre das Beste und das Einfachste die Verlängerung der be⸗ stehenden Handelsverträge, eventuell auf Grund des bestehenden autonomen Tarifs. Wenn es aber nicht anders geht, so sollte man die Sache durch die Wahlen entscheiden lassen. Ich hoffe, die Wähler die Antwort ertheilen würden: Fort mit dem Zolltarif, der nach jeder Richtung verderblich ist. (Schluß des Blattes.)

Die Nr. 44 des „Centralblatts für das Deutsche Reich“, herausgegeben im Reichsamt des Innern, vom 17. Oktober 1902 hat

folgenden Inhalt: 1) Konsulatwesen: Ermächtigungen zur Fehiasin- von Zivilstandsakten; Exequatur⸗Ertheilungen. 2) Polizeiwesen: Ausweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiet.

Statistik und Volkswirthschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

Fum allgemeinen Ausstand der französischen Bergarbe Pirg .Nr. 245 d. Bl.) wird dem „W. T. B.“ aus Paris berichtet: ie Lage in dem Ausstandsgebiete ist im allgemeinen unverändert, doch wird eine Verringerung des Ausstandes, namentlich in Bessoͤges, ge⸗ meldet. In Pas⸗de⸗Calais ist die letzte Nacht ziemlich unruhig ver⸗ laufen. In einer am Freitag Abend stattgehabten Generalversamm⸗ lung der Metallarbeiter wurde eine Tagesordnung angenommen, in der die Grubenarbeiter aufgefordert werden, im Ausstande zu beharren; gleichzeitig verpflichteten sich die Metallarbeiter, die Grubenarbeiter zu unterstützen.

Zum Kohlenarbeiter⸗Ausstand wird dem „W. T. B.“ aus Washington gemeldet: Der Präsident des Grubenarbeiterverbandes Mitchell hat dem Präsidenten Roosevelt den Beschluß von drei Be⸗ zirken mitgetheilt, die der Konvention der Grubenarbeiter empfehlen, zur Arbeit zurüͤckzukehren und die Entscheidung über die schwebenden Fragen der Kommission zu überlassen.

Kunst und Wissenschaft.

Witterungsnachrichten aus den höheren Luftschichten. Unsere Fenmtni von den Vorgängen im Luftmeere mußte so lange unvollständig bleiben, als man nur dessen untere Schichten einer Untersuchung unterzog. Seit langem schon richteten sich deshalb die Blicke der Meteorologen nach oben, und zahlreiche Beoba tungs⸗ stationen auf höheren Berggipfeln wurden schochen um diesem wissen⸗ schaftlichen Bedürfnisse zu genügen. Thatfächlich lieferten auch die Gebirgsstationen die werthvollsten Ergebnisse, die nach mehr als einer Richtung geradezu grundlegende Bedeutung gewonnen haben. Trotz⸗ dem ist es einleuchtend, daß man auf diesem Wege doch noch immer kein zutreffendes Bild von den Vorgängen erhalten kann, wie sie sich in der „freien“ Atmosphäre abspielen. Um dieses Ziel zu erreichen, hat man schon bald nach der G des Luftballons versucht, bei den Aufstiegen meteorologische Beohachtungen zu machen, und zwar waren es in erster Linie frantäfzsche Gelehrte, welche diesen neuen Ferschungomeg hetraten, später aber, um die Mitte des ver angenen ahrhunderts, mit größter Energie und nach strengerer Methode die englischen Luftschiffer Welsh und Glaisher. Die Ergebnisse, welche diese kühnen Forscher aus den höchsten, bisher als unerreichbar eltenden Luftschichten herabbrachten, konnten jedoch einer strengen dritik nicht standhalten, da das zur Verwendung gelangte Instrumen⸗ tarium mit Fehlern behaftet war, die den Beobachtungen die er⸗ orderliche Zuverlässigkeit raubten. Erst als mit der Erfindung des Aspirationsthermometers im Jahre 1887 diese ve ieec iit 88 war, konnte man daran denken, eine neue sor ungsreihe mit der Aussicht auf einwurfsfreie Ergebnisse in Angriff zu nehmen.

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Dieser Schritt ging im Jahre 1888 von heutschland und besonders von Berlin aus, und damit krat die Erforschung der freien Atmosphäre in ein neues und erfolgreiches Stadium. Das lebhafte Interesse und die weitgehende Unterstützung, die ihm durch Seine Majestät den Kaiser zu theil wurde, ermöglichte in dem letzten Jahrzehnt des vorigen Jahr⸗ hunderts die Ausführung einer roßen Zahl von Ballon⸗Aufstiegen, deren Ergebnisse in dem großen Berichtswerke „Wissenschaftliche Luft⸗ fahrten“, herausgegeben von Aßmann und Berson (Verlag von Friedr. Vieweg u. Sohn in Braunschweig), niedergelegt wurden; das Werk dürfte hoh auf Jahrzehnte hinaus eine reiche Fundgrube für die

orschung bilden. Wie zeitgemäß dieses Unternehmen war, und welche Anerkennung es gefunden hat, geht am besten daraus hervor, daß es seitdem von den meisten Kulturnationen aufgenommen und mit sr genden. Eifer zu einer internationalen Zusammenarbeit erweitert worden ist.

Bald darauf wurden auch von anderen Seiten weitere Hilfsmittel der Forschung Peprffen: die freifliegenden Registrierballons von Hermite und Bésangon in Frankreich (Ballons-sondes genannt) und die Registrierapparate tragenden Drachen von Rotch in Nord⸗ Amerika traten als wichtige Ergänzungen hinzu. Durch diese lassen sich Fragen lösen, auf welche man durch Fahrten im „bemannten“

Freiballon keine Antwort erhalten kann. Hierzu gehören vornehmlich

die Forschungen in den größten, dem Menschen unerreichbaren Höhen, 3

und die Untersuchungen über die Aenderungen der meteorologischen Elemente von Tag zu Tag. Aus der Kenntniß der r zumal konnte man hoffen, für die praktische Anwendung der Meteorologie, die Anründigung der bevorstehenden Witterung, werthvolle Aufschlüsse zu erhalten.

Naturgemäß verdichteten sich diese Bestrebtengen dort zu Zentren der Thätigkeit, wo die Werkstätten des wesentlichen Rüstzeuges standen: in Paris, der Wiege des Luftballons, am Blue Hill⸗Obserbatorium in Nord⸗Amerika, wo die ersten methodischen Drachen⸗Experimente er⸗ folgten, und in Berlin, wo das bisher fehlende Beobachtungs⸗ Instrument erdacht und mit ihm die moderne 1s Luft⸗ schiffahrt geboren wurde. Während an diesen Stellen Observatorien im größeren Stil entstanden, betheiligten sich die meteorologischen Institute der meisten übrigen Länder Europas mehr gelegentlich an der Arbeit, vornehmlich bei den durch mehrere Konferenzen beschlossenen allmonatlichen internationalen Versuchen. 8

Den ersten Rang unter diesen Observatorien nimmt unbestritten das Observatoire de la météorologie dynamique in Trappes bei Paris ein, das aus den reichen Mitteln des unermüdlichen Förderers der Meteorologie, des Herrn Léon Teisserenc de Bort, er⸗ richtet ist und unterhalten wird. Von den Summen, die dieser Ge⸗ lehrte seinen Forschungen opfert, erhält man einen Begriff, wenn man bedenkt, daß dort in den letzten Jahren mehr als 500 Aufstiege von Ballons-sondes erfolgt sind, deren Kosten mit 50 000 nicht zu hoch Ferenscrag werden. Und diese 8 Experimente stellen nur einen kleinen Theil seines Arbeitsprogramms dar! Seit einigen Monaten hat der Gelehrte, um die günstigen Wind-. verhältnisse und die Vorzüge des Geländes für Drachen⸗Aufstiege im größten Maßstabe auszunutzen, bei Wiborg in Jütland eine ,b seines Obserpatoriums errichtet, welche durch die materielle und intellektuelle Betheiligung von Dänemark und Norwegen einen inter⸗ nationalen Charakter erhalten hat. Die dort erzielten Ergebnisse dürften ohne Zweifel alles in den Schatten stellen, was an anderen Stellen erreicht werden kann.

Das einzige zur Zeit aus Staatsmitteln errichtete Institut dieser Art ist das am I Schießplatz im Norden von Berlin befindliche Aeronautische Observatorium des Königlichen Meteoro-⸗ logischen Instituts. Mit verhältnißmäßig bescheidenen Mitteln und deshalb Feghiprachepernber als eine „Versuchsanstalt“ errichtet, wird es in seinen Arbeiten allzusehr durch die ungünstigen örtlichen Verhältnisse behindert, die aus der Nähe von Berlin mit seinem dicht⸗ maschigen Netz von elektrischen Bahnen und deren Gefahren, aber auch aus der Nachbarschaft eines Truppenübungs⸗ Schießplatzes sowie ausgedehnter Waldungen hervor ehen. kann es, obwohl seine instrumentelle und maschinelle Aus⸗ vafag ohne Zweifel die beste und vollständigste aller zur Zeit bestehenden ist und sogar in mancher Beziehung die von

rappes noch übertrifft, seine Thätigkeit nur in beschränktem Maße ausüben. Die Wichtigkeit der Aufgabe und der unzwe felhafte Werth der atmosphärischen Höhenforschung berechtigen zu der Hoffnung, daß die Zeit nicht Fhhh n sein wird, in der man einer Verlegung des Observatoriums nach einem günstigeren Gelände und einem weiteren Ausbau der bisherigen provisorise hen Einrichtungen an maß⸗ ebender Stelle zustimmen wird. Zudem gilt es, Deutschland den Kang zu wahren, den es während der letzten 10 Jahre auf diesem Gebiete frngge hat. Immerhin ist auch das, was unter den jetzigen ungünstigen Bedingungen am Aeronautischen Observatorium ge⸗ eistet 2 wird, von Werth und wegen seiner Eigenart interessant genug, um auch einem weiteren Kreise vorgelegt werden zu können. 9 Als einer der ersten Schrilte auf dem Wege, die Ergebnisse der

Föhenforschung der Witterungs⸗Prognose dienstbar zu machen, einem Wege, dessen Schwierigkeiten man kaum hoch genug bemessen kann,

darf der Nachweis von Schichtungen in der Atmosphäre angesehen werden. Diese kennzeichnen sich dadurch, daß die Ver⸗ theilung einiger meteorologischer Elemente in vertikaler Richtung Unter⸗ brechungen erleidet. Im allgemeinen pflegt die Lufttemperatur um so hiehe ges zu werden, je mehr man sich über die Erdoberfläche erhebt; erfolgt diese Abnahme in einem solchen Betrage, daß der vom Erdboden emporgeführte Wasserdampf diejenige Temperaturgrenze überschreitet, bei der er noch in gasförmigem Zustande verbleiben kann, so wird er zu Wassertröpfchen verdichtet und bildet eine Wolke; bei weiterer Abkühlung vereinigen sich die Wolkentröpfchen und fallen als Regen herab. Hieraus geht hervor, daß aus der Kenntniß der Temperatur⸗ vertheilung in der Vertikalen wichtige Schlüsse über das Zustande⸗ kommen von Niederschlägen gezogen werden können.

Nicht immer aber nimmt die Temperatur mit der Höhe ab, sondern man findet häufig Schichten, in denen sie entweder keine 58. Aenderung oder gar eine Hunahste erfährt.

Nach dem vorher Gesagten ist es einleuchtend, daß eine Kon⸗ densation von Wasserdampf in solchen wärmeren Schichten nicht er⸗ folgen kann, da sie an eine Abkühlung gebunden ist. In der That haben die neueren Forschungen den Beweis erbracht, daß in den meisten Fällen die obere Grenze einer Wolkendecke durch eine wärmere, und dabei trocknere Luftschicht gezogen wird.

Ohne in die Einzelheiten dieser zwar durch zahlreiche Beobach⸗ tungen gestützten, aber eines eindringenden Studiums durchaus be⸗ dürfenden Theorie einzugehen, soll an dieser Stelle nur auf die Möglichkeit aufmerksam gemacht werden, aus dem Vorhandensein oder solcher Schichtungen Schlüsse zu ziehen auf die größere oder geringere Wahrscheinlichkeit von Niederschlägen.

Außer der Temperatur findet sch meistens gleichzeitig auch die Fe der Luft, sowie die Richtung und Geschwindigkeit des

indes in Schichten angeordnet, was auf eine gemeinschaftliche Ur⸗ sache dieser Erscheinungen zurückzuführen ist; doch werden auch zahl⸗ reiche Ausnahmen von dieser Regel beobachtet.

Ferner hat sich herausgestellt, daß diese Schichtungen langsame Umbildungen und Veränderungen ihrer Höhenlage erfahren, die mit dem bevorstehenden Charakter der Witterung im Zusammenhange zu9 stehen Fescen 8

Ohne Zweifel würde es als weit verfrüht bezeichnet werden müssen, wenn man schon in dem jetzigen Stadium der Untersuchungen Wetterprognosen auf dieser Grundlage stellen wollte. Das geht außer anderem schon daraus hervor, daß die Thatsache, bei einem Drachenaufstieg bis zu 2000 m Höhe eine „Umkehrschicht“ nicht ge⸗ funden zu haben, noch nicht beweist, daß nicht eine solche bei 2500 oder 3000 m gefunden worden wäre, wenn man bis zu dieser Höhe hätte vordringen können. Unter Berücksichtigung des Umstandes vielmehr, daß die Hauptzone der Kondensation zu Wolken und Niederschlägen bis über die Höhe von 4000 m hinausreicht, muß man sich bestreben, bei den Experimenten diese Höhe von 4 km thunlichst oft zu erreichen, um die Grundfrage beantworten zu können, ob Schichtungen bis zu dieser Höhe überhaupt vorhanden sind, oder nicht. um aber aus einer he von 4000 m Nachrichten zu erlangen, die noch zu einer Witterungsprognose für den nächsten Tag deenen können, bedarf man aller derjenigen Hilfsmittel an Maschinen und Apparaten, wie sie⸗

allein ein großes, tadellos gelegenes und reich ausgerüstetes Obs⸗- vatorium zu bieten vermag. 1 ee⸗

Die interessanten, oft gero!oezu überraschen. vee 1 1 b noen Ero eigenartigen, neuen Forschunoen rechtfertigen aber den Venist d sedt,fon weiteren Kreisen Gelegenheit zu geben, sich von den, Bueh

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nissen der unteren und mittleren Atmof 8 7 ;

8 28 9, nosphärenschichten ein Bild

du machen., e-. beabsichtigt das Aöronautische Observatorsum, ausfichtzreichen hen Berliner und g Zeitungen, die dieser kägliche it⸗ thode Int cesse und Verständniß entgegenbringen, schchten 1 versffarnspnachrichten aus den höheren Luft⸗ ermnittela lasshnrcenalichen, soweit sich solche aus den Aufstiegen Brockens (1700 Wen, sich diese einmal kaum bis zur Höhe des bis zur Sän 17.n, oder der Schneekoppe (1600 m), ein anderes Mal so muß FNa2. „öhe (2500 m), selten aber nennenswerth höher erstrecken, antworv n in erster Linie die örtlichen Set . hierfür ver⸗ acch machen, möge aber bedenken, daß die Beobachtungen aus.

reien Atmosphaͤre über Berlin stammen, in die weder ein⸗

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B. ergesgipfel noch auch nur ein Eiffelthurm hineinragt. Das „fliegend. bservatorium“, das an den Drachen oder dem Drachenballon här Berg von entsprechender Höb⸗, die

möglicht aber besser, als ein die