Statistik und Volkswirtshaft.
1 Stiftungen deutscher Arbeitgeber für Angestellten⸗, Arbeiter⸗ und Volkswohlfahrt in den Jahren 1898 — 1902.
Seit nunmehr zwanzig Jahren veröffentlicht das Organ des Zentralvereins für das Wohl der arbeitenden Klassen „Der Arbeiter⸗ freund“ in jedem Vierteljahrsheft eine „Ehrentafel“ für Spenden und Vern cheniss⸗ zum Besten der Arbeiter und der unteren Volks⸗ klassen. Schon am Schlusse des ersten Jahres, 1883, konstatierte die Redaktion, daß es ihr nie an Stoff und an nachahmenswerten Bei⸗ spielen für diese „Ehrentafel“ gefehlt babe; und doch belief sich das Gesamtergebnis der damals ermittelten Jahressumme auf nur wenige hunderttausend Mark. Im Jahre 1902 bezifferte sich nach einer vom Bibliothekar des Königlich sächsischen Statistischen Bureaus P. Schmidt im neuesten Heft des „Arbeiter⸗ freundes“ für die letzten fünf Jahre gegebenen Zusammenstellung das Gesamtergebnis der nur das Gebiet des Deutschen Reiches be⸗ rücksichtigenden „Ehrentafel“ auf fast 84 Millionen Markl
Fraßt man nach den Ursachen dieses gewaltigen Aufschwunges der Ergebnisse der Ehrentafel, so ist, wie Schmidt mit Recht bemerkt, zunächst auf die großen Fortschritte und höheren Erträge der deutschen Erwerbstätigkeit und darauf hinzuweisen, daß insbesondere nach Einführung der sozialpolitischen Gesetzgebung unsere 8 einen zunehmenden sozialfreundlichen Charakiter angenommen hat, der urteilsfähige Männer und Frauen antreibt, selbst mit Hand anzulegen an eine bessere Gestaltung unzureichender und ungerechter gesellschaftlicher Beziehungen und Verhältnisse. Die neu entstandenen amtlichen und freiwilligen Organisationen für
gemeinnütziges und arbeiterfreundliches Wirken, wie Krankenkassen, Be⸗ rufsgenossenschaften, Versicherungsanstalten, Samariterpflege, Rettungs⸗ stationen, Schiedsgerichte, Arbeitersekretariate, Arbeiter. und Hand⸗ werkerkammern, Arbeitsnachweise, Pflegeanstalten, Heilstätten, In⸗ validen⸗, Altersheime, Baugenossenschaften, soziale Museen, Ferien⸗ und Erholungsheime, soziale Frauengruppen, Lesehallen, Volksunter⸗ haltungen usw. reihen sich an die alten Institutionen für Kinder⸗ fürsorge, Armenpflege und Hilfskassenwesen, und die heutigen not⸗ wendigen Hilfskräfte für das planmäßige Wirken aller dieser Organi⸗ sationen bilden eine Armee, die an Kopfzahl der wirklichen Armee gewiß nicht nachsteht. So ist denn der „Tropfen sozialen Oels“ in Wirklichkeit durch die Volksmassen gedrungen, und das öffentliche Leben wird — der Inhalt der Tagespresse und das rapide Wachstum der sozialpolitischen Literatur beweisen es — zu einem großen Teil beherrscht von den sozialen Fragen. Da ist es kein Wunder, daß das Gewissen aufgerüttelt wird für solche, die in der Lage sind, auch über die Anforderungen der staatlichen Versicherung hinaus noch weitere materielle Opfer zu bringen. Auch die Ergebnisse der „Ehrentafel“ haben gewiß manche neue Entschließungen für praktische Wohlfahrts⸗ pflege gezeitigt.
Seit dem Jahre 1898 sind indie „Ehrentafel“ nicht nur die ausschließ⸗ lich der Wohlfahrt von Angestellten und Arbeitern gewidmeten außer⸗ gesetzlichen Zuwendungen, sondern auch die für gemeinnützige Zwecke der unteren Volksklassen im allgem inen gemachten Stiftungen usw. aufgenommen worden. Das Unterlagenmaterial wurde nach und nach auf 12 — 15 der großen Tagesblätter, sowie auf Zusammenstellungen von Rechnungsabschlüssen der Aktiengesellschaften und sonstigen Er⸗ wecbskörperschaften, auf die Verwaltungsberichte aller größeren deutschen Städte, die Berichte der Fabrikinspektoren, Handels und Gewerbekammern, Fachblätter und Vereinsorgane, sowie auf alle er⸗ reichbaren Jahresberichte von gemeinnützigen Vere'nen ausgedehnt.
gesellschaften, sowohl der Zahl nach — von 621“ auf 401 (1898 ist wegzulassen, weil unvollständig) — als auch dem Betrage nach, dürfte am besten die Einwirkungen der wirtschaftlichen Krisis und des der⸗ zeitigen Fortbestehens derselben kennzeichnen.
Wenn man von einer fünfjährigen Füsanmerujehung einzelner Gruppen, weil diese im Laufe der Zeit in ihrer Abgrenzung sich nicht decken, absieht, so ist es doch nach den in den Jahrgängen 1899 bis 1902 des „Arbeiterfreundes“ mitgeteilten Erläuterungen zu den einzelnen Jahresergebnissen möglich, für diesen vierjährigen Zeitraum zwei Hauptgruppierungen vorzuführen: 3 1) Auf direkte freiwillige Fürsorge für die An⸗ gestellten, Arbeiter und deren Angehörige entfielen:
durch Private durch Aktiengesellschaften 1899: 6 813 387 ℳ, 18 074 152 ℳ 1900: 11 682 215 „ G 20 473 804 „ 1861Dö 17 479 625 „ NN11680 677 .
2) Auf gemeinnützige Fürsorge für weitere Kreise, zu denen jedoch in erster Linie die Arbeiter mit ihren Angehörigen zu rechnen sind, entfielen: 1
durch Private 1899: 12 504 580 ℳ, 1900: 28 220 877 „ 1901: 37 487 409 „ 839 185 „ 1902: 40 910 116 „ 1 1 H
An den ermittelten außerordentlichen Spenden des Jahres 1902, die trotz der Abnahme in der Zuwendung der Aktiengesellschaften doch das Vorjahr um 3 Millionen Mark übersteigen, waren am meisten beteiligt: Preußen mit 591 Fällen und 54 625 177 ℳ, Bayern mit 154 Fällen und 8 551 325 ℳ, Sachsen mit 230 Fällen und 6 260 248 ℳ, Hamburg mit 31 Fällen und 4 231 819 ℳ, Württem⸗ berg mit 33 Fällen und 2 339 477 ℳ, Baden mit 39 Fällen und 2 301 487 ℳ, Bremen mit 20 Fällen und 1 238 058 ℳ Sachsen⸗Coburg⸗ Gotha mit 10 Fällen und 1 205 339 ℳ, Hessen mit 11 Fällen und 483 024 ℳ, Sachsen⸗Weimar mit 10 Fällen und 460 813 ℳ. Lübeck mit 4 Fällen und 415 710 ℳ und Elsaß⸗Lothringen mit 26 Fällen und 330 483 ℳ 1
Die folgende Uebersicht zeigt die Beteiligung der einzelnen preußischen Provinzen an den Spenden der „Ehrentafel“ für das Jahr 1902. “
Außerordentliche Spenden für Angestellten⸗ Arbeiter⸗ und Volkswohlfahrt:
E“
durch Aktiengesellschaften 1 770 577 ℳ 165 237
Die Hoffnung, in ausgedehnterer Weise auch mit direkten Mitteilungen von gemachten Zuwendungen unterstützt zu werden, hat sich, wie der Bearbeiter der „Ehrentafel“ mit Bedauern feststellt, leider noch nicht er⸗ füllt. Sein Wunsch erscheint berechtigt, daß die größeren industriellen
irmen sich entschließen möchten, ähnlich wie die Aktiengesellschaften, im Interesse einer tunlichsten Vollstindigkeit der Ergebnisse der „Ehrentafel“ die von ihnen alljährlich geleisteten fretwilligen Auf⸗
wendungen für ihre Hilfskassen und Wohlfahrtseinrichtungen mit⸗ zuteilen. Solche Angaben mußten in der Hauptsache Gelegenheits⸗ schriften, Jubiläumsschriften, Ausstellungsberichten usw. entnommen
werden. Infolge des fast gänzlichen Fehlens direkter Mitteilungen gibt die „Ehrentafel“ des „Arbeiterfreundes“ nur ein sehr unvollständiges Bild von der Opferwilligkeit für soziale Fürsorge in Deutschland. Aber auch noch andere Momente begründen die Lückenhaftigkeit der Ehren⸗ tafel. So weist der Bearbeiter derselben darauf hin, daß zahlreiche Großindustrielle ihre Angestellten und Arbeiter in Versicherungs⸗ gesellschaften einkaufen oder erstere doch in Bezug auf die Prämien⸗ zaßlungen unterstützen. Die vom Direktorium des „Deutschen 11 in Magdeburg veröffentlichte Liste der ei seinen Versicherungsanstalten in diesem Sinne Lfürsorglich wirkenden Arbeitgeber weist allein über 300 Firmen auf; aber die Höhe der Leistungen ist aus derselben nicht zu ersehen. Auch bei den Aktiengesellschaften und Banken sind in den meisten Fällen Angaben über außerordentliche Wobhlfahrtsaufwendungen deshalb nicht frierbar, weil diese nicht für sich aufgeführt, sondern den Rubriken „Fabrikationsaufwand“, „Geschäftsunkosten“, „Tantiemen und Be⸗ lohnungen“, „Gehälter, Löhns und Zuwendungen“ einverleibt sind. Um durch einige konkrete Ziffern die Lückenhastigkeit und damit die Unzulänglichkeit der Ehrentafelergebnisse als eines Gesamtbildes der frei⸗ willigen Wohlfahrtspflege Deutschlands nachzuweisen, führt P. Schmidt an der Hand der Ergebnisse von 1902 an, daß ihm von Zuwendungen Privater nur 650 Fälle (von 1000 ℳ an) festzuftellen gelang, während es nach der Gewerbezählung von 1895 allein 18955 Großbetriebe, die mehr als 50 Gehilfen und Angestellte beschäftigen, in Deutsch⸗ land gibt; von etwa 8000 in Deutschland bestehenden Aktiengesell⸗ schaften, Banken und Gesellschaften mit beschränkter Haftung — ganz abgesehen von den Genossenschaften — konnten nur in 401 Fällen aus den Abschlüssen für die „Ehrentafel“ geeignete Augaben entnommen werden. Für beide Mecklenburg und für 3 thüringische Staaten konnten keinerlei Zuwendungen Privater, für 5 deutsche Staaten keinerlei Ee von Aktiengesellschaften und für 9 deutsche Staaten e
inerlei Zuwendungen von Banken ermittelt werden. — Die Gesamtergebnisse der seit 5 Jahren bearbeiteten „deutschen Ehrentafel“ mögen die folgenden Hauptziffern an⸗ deuten. Zahl Von Zahl Von Aktien⸗ der Privaten der gesellschaften Fälle ℳ Fälle ℳ 989 R16163 13 699 938*) 103 13 699 938*) 35 19 3˙4 967 621 19 814 729 19906 225 39 903 092 602 20 639 041 1990 66 57 665 226 526 17 814 810 992 8680 65 671 372 401 11 813 603 1898/1902 2011 196 254 595 5253 8 812 121 aenmn Von Zahl CEfsset. ““ der Banken ꝛc der betrag ille Fälle ℳ 1888 — 238 27 399 876 189 39 — 666 39 159 696 1909 — — 1027 60 542 133 1909b9 153 5 260 347 1135 80 740 383 1902 160 6 221 440 1211 83 706 415 1898/1902. 13 — 781 787 v577 2 548 503. An dem Gesamtergebnis von rund 300 Millionen Mark parti⸗
zipieren hiernach die „Privaten“ mit ³ und die Aktiengesellschaften ad Banken mit ½ Die ermittelten Zuwendungen Privater sind innerhalb des fünffabrigen Zeitraums allmählich von 13 699 938 ℳ auf 65 671 372 ℳ gestiegen, während die Zuwendungen der Altien⸗ gesellschaften sen 1899 ven rund 20 Millionen Mark nach und nach bis 1902 auf rund 12 Minionen Mark gefallen sind. Mit der Ermittelung von Zuwendunzen sestens der Banken ꝛc ist erst 1901 begonnen worden. Das erhebliche Fallen der Zuwendungen der Aktien⸗
*) Die Hälfte der Ge
““ 1
samtsumme.
— durch 8 S S durch Aes — durch 8 eu“ 8 8 8 Private 8 gesell. 8 Banken 8 V 88 “ 8 schaften 1 8 Betrages v11172525 Berlin .70 10 936 869 41]1 711 136 28 1 889 159ʃ13914 537 164 1.“ 2 53 000 2 7 766 —8 — 4 60 766
West⸗
preußen 3 160 500 4 19 215 1 5 000% 8 184 715
Branden⸗
burg ..3 970 570 8 72 054 — — 11 V 1 042 624
Pommern 2 355 000 9 162 406 3 132 064 14 649 470
osen .. 3 102 000 ,5 30 154 — — 8 132 154
Schlesien. 56] 5 161 866/ 20 813 402 9 305 481] 85 6 280 749
Sehlen 1 28 4 202 340 24 339 6 248 410] 58] 4 790 043 Schleswig⸗
Holstein 31 3 349 140/ 8 y416 604 5 164 533]⁄/ 44 3 930 297 Femhneer .7]ʃ172 000 11] 468 899 7 84 500 25/ 725 003 8 estfalen 8 484 400 3 1 940 591] 4/ 214 595 22 2 639 186
sessen⸗
Nassau 41 5 038 329 20 391 18 360 914 71] 5 790 436 Rheinland s 48/11 484 546, 30 1 330 183/1411 047 8411 9213 862 570 Königreich
Preußen [302 42 470 160 202] 7 702 50087 4 452 51759154 625 177.
Die Pilgerfahrt nach Mekka im Jahre 1901102.
Einem dem Gesundheitsrat in Konstantinopel erstatteten amtlichen Bericht über die Pilgerfahrten nach Mekka in den Monaten Oktober 1901 bis März 1902 (Mouvement général du polerinage du Hédjaz par les ports de la mer Rouge. Année de l'Hégire 1319. Présenté au conseil supérieur de santé par le docteur Duca Pacha, inspecteur général. Constantinople 1902) ent⸗ nehmen die „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts“ die folgenden Mitteilungen:
Während der sechs Berichtsmonate trafen auf dem Seewege 60 093 Pilger in Djeddah, Lith, Konfudah und Yambo ein, um sich nach den heiligen Stätten der Mohammedaner zu begeben. Von diesen Pilgern wurden 41 597 einer Quarantäne in den Laza⸗ retten von Kamaran oder Abu Saad oder in Yambo unter⸗ worfen; 13 572 wurden in Djeddah gelandet, ohne eine Quarantäne durchmachen zu müssen, 4924 ebenso in Yambo.
Von den 17 729 Pilgern, die in Kamaran der Quarantäne unterlagen, kamen 5319 aus Indien, 4982 aus Malakka (den Häfen Singapore und Penang), 2514 aus Java, 104 aus Sumatra, ferner waren 3931 im Persischen Golf, 793 im Indischen Meer, 81 im Golf von Oman (zu Maskat) ein⸗ geschifft. Von den Dampfern, welche diese Pilger brachten, hatten 24 die englische, 6 die holländische Flagge geführt.
Von den 21 625 Pilgern, welche in Abu Saad die Quarantäne durchmachten, waren 19 013 in Suez, 438 in Konstantinovel, 177 in Bassorah, 56 in Aden, 34 in Smyrna und 1907 in Singapore eingeschifft. Von den 52 Dampfern, welche diese Pilger brachten, hatten 39 die englische, 7 die kürkische, je 2 die egyptische und die russische, je 1 die österreichische und die holländische Flagge geführt. ““ 6
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1 Zur Arbeiterbewegung. 18 In Idar bei Kreuznach haben, wie die „Köln. Ztg.“ meldet, die bei der Firma Hahn u. Co. tätigen holländischen Diamant⸗
schleifer die Arbeit niedergelegt. Sie gehören dem hol⸗ ländischen Diamantschleiferverbande an und hatten vor einigen Jahren, als infolge des Ueberflusses an Arbeitskräften Mangel
beschlossen, überhaupt keine Diamantschleifer und diesen Beschluß auch durchgeführt. Ehe sie nach Idar kamen, mußte sich die Firm; verpflichten, keine Diamantschleifer anzulernen. Ein vor kurzem eingetretener Betriebs⸗ leiter wollte eine Anzahl Aenderungen dieser und anderer Ver⸗ pflichtungen einführen, worauf der Ausstand ausgebrochen ist. Der Vorsitzende des holländischen Verbandes ist in Idar eingetroffen, um mit der Betriebsleitung und mit den in Cöln wohnenden Besitzern zu unterhandeln.
Zu der Ausstandsbewegung und den Arbeiterunruhen in Spanien (veral Nr. 36 d. Bl.) erfährt „W T. B“ aus Cadix, daß dort die Nacht von Dienstag zum Mittwoch ruhig verlaufen ist. Die Bäcker verharren im Ausstande, aber es wird Brot von den Sol⸗ daten hergestellt. Der Bürgermeister hat zwar die Versicherung ab⸗ gegeben, es werde weder an Brot noch an Fleisch fehlen, doch soll sich schon jetzt ein Mangel an Lebensmitteln fühlbar machen. — In Reus ist der Ausstand vollständig beigelegt; die Arbeit ist gestern überall wieder aufgenommen worden. In Coruna haben sich sämtliche Arheiterverbände für den Generalausstand entschieden.
Kunst und Wissenschaft.
Das Zentralbureau für internationale Meeresunter⸗ suchungen dessen Errichtung mit Sitz in Kopenhagen seiner⸗ zeit beschlossen wurde, ist nun unter Leitung des Generalsekretärs Dr. Hock aus Holland in voller Tätigkeit. Die dänische Regierung
an Arbeit eintrat, mehr anzulernen,
wird in nächster Zeit mit den Untersuchungen in den Fahrwässern be⸗
ginnen, mit denen Dänemark beauftragt ist. Wahrscheinlich macht man mit dem Kattegat den Anfang, und es wird sicher eine Reihe von Jahren dauern, bevor man fertig wird, da das zu untersuchende Seeterritorium sehr groß ist und Kattegat, Skagerrak, Oeresund, den großen und kleinen Belt, die Westküste Jütlands, die Ostsee und das Seegebiet bei Island und Faröer umfaßt.
Zum Gebrauch bei den Untersuchungen hat der dänische Staat das Dampfschiff „Thor“ gekauft, das jetzt zu seiner zukünftigen Bestimmung ausgerüstet wurde. Es erhält eine
feste Besatzung von 14 Mann, alles geübte Trawlfischer, nebst dem notwendigen Stab von Männern der Wissenschaft. Am 23. Februar werden die Mitglieder des Internationalen Meeres⸗ untersuchungsrats eine Versammlung in Kopenhagen abhalten, um über die Satzungen für das Bureau zu beschließen und die Pläne für die Untersuchung festzusetzen. 1 8
Land⸗ und Forstwirtschft.
A. F. Die diesjährige Versammlung der Ausschüsse der Deutschen Landwirtschafts⸗Gesellschaft fand zum ersten Male in dem eigenen Hause der Gesellschaft statt, während die öffentlichen Sitzungen nach wie vor im Architektenhause abgehalten werden. Sie begannen am Mittwoch vormittag mit der Versammlung der Acker⸗ bauabteilung und der Obst⸗ und Weinbauabteilung, denen sich Nachmittags eine Versammlung der Trerzuch tabteilung anschloß. Heute folgten dann die Versammlung der Geräteabteilung und die seit langem als die interessanteste und wichtigste angesehene Ver⸗ sammlung der Düngerabteilung. Am Freitag vormittag wird die Tagung durch die Hauptversammlung geschlossen, nachdem heute “ noch der Gesamtausschuß zusammengetreten sein wird, um das letzte Wort über die der Hauptversammlung zu machenden Vor⸗ lagen, betreffend die im kommenden Sommer in Hannover stattfindende landwirtschaftliche Ausstellung und die zu erlassenden Preisausschreiben, zu sprechen. Schon seit Montag hielten die Sonderausschüsse zahlreiche Sitzungen. Aber damit ist das Programm der „großen landwirtschaftlichen Woche“ bei weitem noch nicht erschöpft. Denn seit langem haben die zahlreichen Tochter⸗ und Schwestergesellschaften sich daran gewöhnt, ihre Jahresversammlungen auch in diese Februartage zu legen, zumal die deutschen Landwirte ja ohnedies in Berlin ver⸗ sammelt sind. So tagten am Montag schon der Märkische Forstverein, der Klub deutscher Geflügelzüchter, am Dienstag der Verein der Spiritusfabrikanten, nachdem er am Sonnabend seine Ausstellung im Institut für Gärungsgewerbe eröffnet hatte, der Verein zur Förderung der Moorkultur, der Ausschuß für Wohlfahrts⸗ pflege auf dem Lande, am Mittwoch der Verband der Zäüchter des 8 deutschen veredelten Landschweines und der Veremn der Merinozüchter. 4
eute veranstalten ihre Hauptversammlungen die Vereinigung deutscher
sschweinezüchter und der Verein der Stärkeinteressenten in Deutsch⸗ land, am Freitag der Verein der Sviritusfabrikanten und am Sonnabend als Schluß der großen Woche der Verein deutscher Teichwirte.
Aus den Beschlüssen der Sonderausschüsse ist von allgemeinerem Interesse derjenige, welcher die Teilnahme der deutschen Land⸗ wirtschaft an der Weltausstellung von St. Louis unter Vor⸗ aussetzung der Erreichung günstiger Quarantänevorschriften ausspricht, weil „eine möglichst reichhaltige Beschickung dieser Ausstellung mit ge⸗ eigneten landwirtschaftlichen Erzeugnissen im dringenden Interesse der deutschen Landwirtschaft liege’“. Im Sonderausschuß für Schweine⸗
zucht wurde eine Mitteilung von Professor Dr. Ostertag⸗Ber
mit Befriedigung aufgenommen, wonach begründete Aussicht bestehe die Schweineseuche durch Impfung mit dem polyvalenten Serum er folgreich zu bekämpfen.
Das ganz besondere Interesse aller außerhalb der Land wirtschaft stehenden Volkskreise verdienen von jeher die Ver⸗
zur Förderung der Moor⸗ kultur im Deutschen Reiche“, weil es sich hier um alljährlich langsam zwar, aber sicher fortschreitende Eroberung ertragsreichen Kulturbodens handelt, gewonnen aus den noch mehrere hundert Quadratmeilen im Umfang haltenden ertragslosen Torf⸗ mooren Norddeutschlands. Das Arbeitsfeld des Vereins ist von Jahr zu Jahr immer größer geworden, besonders seitdem im vorigen Jahre beschlossen worden ist, nebe der eigentlichen Moorkultur auch der industriellen Ver⸗. wertung des Torfes Aufmerksamkeit und Förderunz zuzuwenden. Dieser Absicht soll eine für Februar 1904 in Aussicht genommen Ausstellung in Berlin dienen, über deren Bedeutung für Roorkultur 8 und Torfindustrie sich der Geheime Oberregierungsrat Dr. Fleischer ausführlich verbreitete. Sein Vortrag gab einen Rückblick auf die Entwickelung der Moorkultur in den letzten 20 Jahren und bewies im Vergleich des Zustandes zur Zeit der 1887 veranstalteten ersten Ausstellung mit dem heutigen Stande der Dinge, daß Fortschritte gemacht worden sind, wie sie damals kaum von irgend jemand er⸗ wartet werden konnten. Das Kennzeichnende dieser Entwickelung liegt in der aufopfernden Mit⸗ und Zusam nenarbeit vieler, durch die es möglich wurde, selbst nach gelegentlichen Abirrungen und Rück⸗ schlägen, wie sie uns z. B. - die Erkenntnis von der nicht all⸗ emeinen Anwendbarkeit der Rimpauschen Dammkultur auf alle oorboden erwuchsen, immer schnell wieder auf den richtigen Weg einzulenken. Die industrielle Verwertung des Torfes war vor 16 Jahren fast auf dessen Benutzung als Brennmaterial be⸗ schränkt, die Benutzung als Torfstreu fing damals erst an, sich einzuführen. Dagegen sind wir heute im stande, das Programm einer Ausstellung zu entwerfen, welches durch sehr mannigfaltige Tocfver⸗ wertungen zu überraschen verspricht. Im Aschluß an diese Mittei⸗ lungen stellte der Vorsitzende Freiherr von Wangenheim im Namen des Vorstands den Antrag von dem ca. 25 000 ℳ betragenden Ver⸗ mögen des Vereins 12 000 ℳ füc die Ausstellung zu bestimmen, welche mit Bewilligung des Ressortministers wahrscheinlich in der großen Ausstellungshalle am Lehrter Bahnhof stattfinden werde. Der Antrag wurde einstimmig angenommen. Professor Dr. Tacke⸗Bremen sprach hierauf über neuere Er fahrungen auf dem Gebiete der Moorkultur und Torfverwertung wobei u. a. der Telleregge und der Cambridgewalze als ganz hervor ragend wirksamer Geräte zur Bearbeitung, Zerkleinerung und Lockerung des Moorbodens gedacht wurde. Infolge Erwähnung vergleichender Versuche mit Anwendung gewöhnlichen Kainits und 40 prozentigen Kalisalzes. die keine durchgreifenden Unterschiede ergeben hatten, wurde von einem Landwirt geltend gemacht, daß Kainit neuerdings sehr ungleich in seinem Kaligehalt geliefert wird Dem entgegnete der anwesende Vertreter des Kalisyndikats, da Kainit, der vertragsmäßig mit 12,4 % Kaligehalt, d. i. nahe seine Durchschnittsgehalt, geliefert werden müsse, ein Naturp odukt von sehr verschiedener Zusammensetzung sei. Man helfe sich auf den Werken naturgemäß durch Zusammenstellung der minderhaltig Salze mit solchen von höherem als Durchschnittsgehalt. I Sendung werde kontrolliert. Es, sei im ganzen selten, sich die Notwendigkeit einer solchen Aufbesserung ergebe unter 367 Fällen sei es z. B. nur 19 mal vorgekommen. Das Syndikat komme aber für jeden Mindergehalt auf, vorausgesetzt, d er in den Formen nachgewiesen werde (durch einen vereidigten Chemike und 2 Zeugen), die vertragsmäßig mit der Deutschen Landwirtschafts Gesellschaft vereinbart worden sind. Sehr Erfreuliches berichtete de Vereinsvorsitzende aus dem Lebabruch in Pommern. Dort sei endlich bei den kleinen Landwirten das Eis gebrochen; sie haben sich nun überzeugt, daß sie mit der Behandlung des Moorbodens, wie sie ihnen jahrelang vergeblich gezeigt wurde, gut beraten wurden, und geben sich den Meliorationsarbeiten, dem „Salzen“ und „Besanden“, das sie früher für verrückt erklärt, mit großem Eifer hin. Günstige Erfahrungen wurden überall mit Ersatz der Gräben durch Drainage in der ein⸗ fachen Form der Faschinen an Stelle der Drainröhren gemacht. Erfahrung lehre, daß Faschinen lange Jahre hindurch die Drainage aufs wirksamste unterhalten. Eine Musterwirtschaft der Moorkultur im Norden sei de der Königlichen Hofkammer gehörige Herrschaft Schmolsin, deren Leiter Oberförster Cramer mit ebenso viel Geschi k als Glück operiere. Die Steigerung der Bodenerträge bei richtiger
sammlungen des „Vereins
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