1903 / 37 p. 8 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 12 Feb 1903 18:00:01 GMT) scan diff

““

8 11“ 1 8 agitatorischen Charakter, der die beabsichtigte Wirkung kaum haben wird. Diefelbe Wirkung sollte wohl die Rede des Abg. Oertel haben. (Widerspruch des Abg. Dr. Oertel) Die Rede des Abg. Oertel tief parallel mit der Mittelstandsrede des Abg. Freiherrn von Wangen⸗ heim im Zirkus Busch. Wir sind mit ihm der Meinung, daß Bau⸗ unfälle möglichst vermieden werden sollen. Wir haben vor kurzer Zeit im preußischen Abgeordnetenhause einen entsprechenden Antrag gestellt. Wir hätten einen solchen Antrag auch hier stellen können; nachdem aber Graf von Posadowsky im Jahre kategorisch erklärt hat, daß das der Landesgesetzgebung überlassen werden müsse, haben wir den Weg der Landesgesetzgebung gewählt. Dem Befähigungs⸗ nachweise für das Baugewerbe können wir aber nicht das Wort reden. Was das Gesetz über den unlauteren Wettbewerb betrifft, so hat sich 18 Hertel die Sache doch sehr leicht gemacht. Was versteht Herr

dertel unter dem Mittelstand und wie können wir ihm helfen? Wie will Herr Oertel die Erhöhung der Industriezölle mit seiner Mittel⸗ standspolitik vereinbaren? (Zuruf des Abg. Dr. Oertel.) Schmie⸗ den, Schlossern zꝛc. werden ihre Materialien durch die Zölle erhöht und die konservative Partei hat doch für den Antrag von Kardorff estimmt. Ferner sollen doch durch den Zoll die Butter, Schmalz und ier verteuert werden. Die Rechte hat also durch ihre Zollpolitik dem Mittelstand einen schlechten Dienst geleistet. Die Lohnzahlungs⸗ bücher haben sich nach der Meinung der Arbeitgeber wie der Arbeiter als eine nutzlose Plackerei erwiesen. Das wird auch von Gewerbeinspektoren und Handelskammern anerkannt. Dieser sozial⸗ ele Mispgrif müßte möglichst bald beseitigt werden. In der rage der Kellnerordnung stehe ich ganz auf dem Standpunkt des Staatssekretärs. Herr Crüger hat nur den Wortlaut der Verordnung gefaßt. Die Fassung der Verordnung muß bald revidiert werden. Man sucht jetzt der Verordnung dadurch ein Schnippchen zu schlagen, daß man den Angestellten eine andere Bezeichnung beilegt, z. B. den Kellnern die Bezeichnung Hausdiener. Notwendig wäre die Unterstellung des Gastwirtsgewerbes unter die Gewerbeinspektion und die Zuziehung weiblicher Assistenten bei Wirtschaften mit weiblicher Bedienung. Dem Trinkgelderunwesen muß ein Ende gemacht werden. Wie traurig diese Verhältnisse sind, geht daraus hervor, in der altdeutschen Trinkstube des Münchener Hofbräuhauses, also einer staatlichen Musteranstalt, die Kellnerinnen weder Lohn noch Wohnung erhalten und jeden Tag 1,20 für das Schwenken der Krüge an den Pächter zu zahlen haben, und das bei 15⸗ und 17 stündiger täglicher Arbeits⸗ zeit. Durch unsere Rechtsprechung geht ein antisozialer Zug; ich gehe aber nicht so weit wie die Sozialdemokraten, die jeden einzelnen Fall generalisieren. Aber ich weise auf generelle Entscheidungen be⸗ Falich des Kahlpfändungsrechts hin, bezüglich der Sitzgelegenheit der Angestellten, entgegen dem Sinn und Geist des betreffenden Ge⸗ setzes und der betreffenden Bundesratsverordnung. Merkwürdige Entscheidungen sind auch ergangen hinsichtlich der Aussperrung von Arbeitern, des Streikpostenstehens. Eine Frau wurde zu einer besonders hohen Strafe wegen Streikpostenstehens verurteilt, weil sie durch ihre Körperfülle ein Verkehrshindernis gebildet habe. Ein anderes Urteil kommt darauf hinaus, daß ein einfacher Arbeiter keinen Anspruch auf eine wanzenfreie Wohnung hat. Im Vereins⸗ und Versammlungsrecht passieren ebenfalls die Dinge. Auf diesem Gebiet wird nicht eher Ruhe werden, bis die Sache einheitlich von Reichs wegen geregelt ist. Das preußische Oberverwaltungsgericht und das Kammergericht nehmen hinsichtlich der Zulassung von weiblichen Personen zu einen entgegengesetzten Standpunkt ein. ETTöI“ in Berlin hat sogar den „Verein zur Bekämpfung der Vivisektion“ für einen politischen Verein erklärt. Sollen die Frauen von allen Fach⸗ und Berufsvereinen ausgeschlossen werden? Die Frauenbildungsfrage muß einheitlich geregelt werden. Die Rede des Kultusministers im preußischen Abgeordnetenhaufe war genau ebenso reaktionär wie der Ausspruch des Oberbürgermeisters von Dresden wegen der Ueberweiber. Nicht minder reaktionär ist die Haltung der „Kreuzzeitung“. Die 1 haben auf vielen Gebieten so Großes geleistet, daß man do endlich mit solchen rück⸗ schrittlichen Ansichten aufräumen sollte. Am merkwürdigsten ist die 8 Häülhung der deutschen Universitäten und deren Furcht vor weiblichen erbindungen. Ich weise auf das Urteil des Professors Harnack auf dem letzten evangelisch⸗sozialen Kongreß hin, daß die Hauptträger des modernen Bildungsstrebens die Arbeiter und die Frauen seien. Hinter dem preußischen Kultusminister steht nur eine Zahl rück⸗ ständiger Professoren. Gegenüber der Zersplitterung auf dem Gebiete der Behandlung der Frauenbildungsfrage und der Haltung der Universitäten ist es Zeit, daß die Reichsregierung mit einer einheitlichen Ver⸗ ordnung vorgeht. Graf von Posadowsky ist ein warmer Freund des rauenstudiums, vor allem des medizinischen Frauenstudiums. Die Münchener „Allgemeine Zeitung“ hat eine Zusammenstellung über das medizinische Frauenstudium gebracht, aus der hervorgeht, daß tatsächlich Deutschland auf diesem Gebiete den meisten Kultur⸗ staaten, ja sogar Rußland gegenüber, nachhinkt. Und wo bleibt der moderne Reichskanzler, der noch im vorigen Jahre eine Deputation der Frauen empfangen hat? Einen eigentümlichen Ein⸗ druck macht die Ueberwachung des Vereins „Frauenwohl“ in Berlin durch Schutzleute. Im allgemeinen muß ich sagen, daß das anti⸗ soziale Verhalten gewisser Kreise unsere Sozialgesetzgebung illusorisch macht. Jede erzwungene Kundgebung von Arbeitern sollte oben mit Verachtung zurückgewiesen werden. Ich bitte den Staatssekretär, seinen ganzen Einfluß aufzuwenden, um die Gesinnungsfälscherei zu beseitigen. Der Reichskanzler will einen Ausgleich zwischen Unter⸗ nehmern und Arbeitern schaffen, dann soll er auch die politische Heuchelei aus der Welt schaffen.

Abg. von Waldow und Reitzenstein (d. kons.): Als langjähriges Mitglied und Vertrauensmann einer landwirtschaft⸗ lichen Berufsgenossenschaft muß ich dem Angriff des Abg. Wurm gegen die Agrarier befach der Unfälle in der Landwirtschaft widersprechen. Die Unfallverhütungsvorschriften können nicht er⸗ folgreich sein, wenn sie durch die Unachtsamkeit der Arbeiter illusorisch gemacht werden. Von der Anzeigepflicht für Unfälle wird seitens der Unternehmer jetzt erfreulicherweise in viel größerem Um⸗ fange Gebrauch gemacht; auch die kleinsten Verletzungen werden gemeldet, damit der Arbeiter der Wohltat der Gesetzgebung teilhaftig wird Daher kommt es, daß die Zahl der Unfälle, die in der Statistik aufgeführt sind, zugenommen hat. Der Abg. Wurm be⸗ hauptet, daß sich die Zahl der Unfälle in der Landwirtschaft in den letzten 10 Jahren verdreifacht hat; das beweist allerdings die Statistik. Aber der Vergleich mit der gewerblichen Unfallsstatistik kann nicht gespgen werden. In der Landwirtschaft haben sich die Unfälle um

4 auf das Mille gesteigert, beim Gewerbe um 3,36 auf das Mille. Dieser verschwindende Unterschied kommt gar nicht in Betracht, wenn man be⸗ denkt, daß es sich bei der Landwirtschaft um 4 ¾ Millionen Betriebe, in den Gewerben aber nur um ½ Million Betriebe handelt. Die Unfälle bei den Maschinen in der Landwirtschaft betragen nur 7 % aller Un⸗ fälle. Es ist nicht wahr, daß die Agrarier nicht für die Sicherung der Maschinen sorgen, die Fabriken liefern heute überhaupt keine Maschinen ohne Sicherung mehr. bedauere tief, daß die Be⸗ mühungen, welche die landwirtschaftlichen Unternehmer ebenso wie die gewerblichen Unternehmer zur Sicherung ihrer Arbeiter gegen Unfälle verwenden, von dem Abg. Wurm hier in Frage gestellt worden sind. Von dem Ideal der Sozialdemokraten sind wir hoffentlich für alle Zukunft weit entfernt.

Abg. Schrader (Fr. Vgg.): Das Zentrum hat uns mit dem seiner früheren Haltung widersprechenden Antrag, betreffend den zehnstündigen Maximalarbeitstag, überrascht in einem Augen⸗ blick, der zu erschöpfenden Erörterungen wenig geeignet ist. Wir werden unsere abweichende Haltung zu diesem Antrag begründen, nachdem wir die Begründung durch den Antragsteller gehört haben. Auf das abweichende Urteil von sozialdemokratischer Seite über die Kruppschen Einrichtungen gehe ich nicht näher ein. Einen Nachteil hat diese Kasse insofern, als sie eine Zwangseinrichtung ist, deren Wohltat aufhört, wenn die Mitglieder ausscheiden. Dadurch ist eine große Abhängigkeit der Arbeiter begründet. Ich will der Firma daraus keinen Vorwurf machen. Jedenfalls hat man aber im Knapp⸗ schaftswesen einen anderen Weg eingeschlagen, der auch ihr zum Vorbild dienen sollte. In der Wohnungsfrage begrüße ich den Antrag Jäger.

1“ 1“

iesem Gebiet bisher am wen⸗ sten Der preußische Staat hat auf diesem Gebiet 5 en. veeche

getan. s wurde ein Gesetz versprochen, Verfügungen an die Regierungspräsidenten erlassen, aber von

hat man namentlich in Städten wie Berlin und

einem Erfolge es, daß das Reich nicht

Charlottenburg wenig gesehen. Erfreulich ist 1 selbst baut, sondern fich auf die Unterstützung von Bau eenossen aften beschränkt. Die Invalidenversicherungen, vpothekenbanken, Spar

5 s Geld hergeben, um die kassen und andere Institute können nicht 2* P bükam 0 Une sich

nötigen Arbeiterwohnungen zu bauen. 1 boven überzeugen, daß 8 Geld bei einer Baugenossenschaft sehr gut und sicher untergebracht ist. Die Unterstützung der Bestrebungen würde mehr helfen als ein Gesetz. Um 6 ½ Uhr wird die weitere Beratung auf Donnerstag 1 Uhr vertagt. 1““ 8

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 18. Sitzung vom 11. Februar 1903, 11 Uhr.

Es wird die zweite Beratung des Entwurfs des Staats⸗ für das Recmmungsjahr 1903 im Etat des Ministeriums des Innern bei dem Kapitel der dauernden Ausgaben „Landgendarmerie“ fortgesetzt. 8.

Nach den Ausführungen der Abgg. Baensch⸗Schmidtlein (freikons.), Dippe (nl.), Dr. Wiemer (fr. Volksp.), von Riepen⸗ hausen (kons.), Graf von Wartensleben (kons.), Werner (Antis.) und Dr. Crüger (fr. Volksp.), über die bereits in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden ist, bemerkt der

Minister des Innern Freiherr von Hammerstein:

Meine Herren! Ich bin dem hohen Hause und allen den Rednern, die zu dem Kapitel „Gendarmerie“ gesprochen haben, aufrichtig für das Wohlwollen dankbar, welches sie für diesen so hochwichtigen Stand bekundet haben, ein Wohlwollen, das die Gendarmerie zu schätzen weiß, das sie aber auch mit vollem Rechte verdient. Ich bin auch dankbar für die Anerkennung, die der Staatsregierung gezollt ist, daß sie trotz der schwierigen Finanzlage es ermöglicht hat, auch in diesem Jahre wieder ihre Fürsorge für die Gendarmerie im Etat zum Aus⸗ druck zu bringen durch erhebliche Mehrbewilligungen. Einer der Herren Vorredner hat die Summe bereits angegeben. In diesem Etat sind 339 772 mehr als im vorigen Etat eingestellt. Dazu kommt noch die Summe von 183 600 ℳ, welche wiederum wie im Vorjahre im Extraordinarim angesetzt sind, um für Wohnungen der Gendarmerie ausreichender als jetzt zu sorgen.

Meine Herren, es sind dann von allen Seiten Wünsche der ver⸗

schiedensten Art für Besserstellung der Gendarmen hier zur Sprache ge⸗ bracht worden. Sie können überzeugt sein, daß diese Wünsche eingehend werden geprüft werden, und daß, soweit das in meiner Möglichkeit liegt, ich gern bereit bin, den Stand der Gendarmerie so hoch zu heben und so zu stellen, wie er es mit Recht verlangen kann. Dagegen möchte ich hier einem Wunsch doch schon jetzt, um nicht Mißdeutungen im Kreise der Gendarmerie selbst hervorzurufen, entgegentreten. Eine allgemeine Neuregelung der Gehaltsverhältnisse halte ich in diesem Augenblick für unzulässig. Die Regelung der Gehaltsverhältnisse ist vor ein paar Jahren abgeschlossen, und in diese große Frage hier jetzt wieder einzutreten, ist, glaube ich, unter den gegebenen Umständen nicht möglich. Man wird auf eine andere Weise versuchen müssen, die Gendarmen auch pekuniär besser zu stellen. Das wichtigste des neuen Etats ist ja die Gewährung der Prämien. Meine Herren, mir persönlich wäre es ja sehr viel lieber gewesen, wenn wir mit den Prämien sehr viel weitherziger und freigebiger hätten sein können; leider hat uns das die Finanzlage verboten, und ich bin meinem Herrn Kollegen von den Finanzen ganz besonders dankbar, daß er trotzdem sich entschlossen hat, erst mal das Prinzip der Prämien zuzulassen, und das ist die Hauptsache, und dann einen Betrag einzusetzen, daß diese Prämien wenigstens einem Teil der Gendarmen auch schon im nächsten Jahre zu gute kommen.

Meine Herren, die Wünsche, die ausgesprochen sind wegen der Ernennung und der Pensionierung der Offiziere sind an die falsche Adresse gerichtet. Die Ernennung der Offiziere berührt den Minister des Innern nicht, das ist eine militärische Angelegenheit, die mich nichts angeht. Ebenso ist es mit der Pensionierung der Offiziere; sie erfolgt nach dem Reichsgesetz über die Offizierspensionen. Darin hier eine Aenderung eintreten zu lassen, kann ich nicht versprechen. Andererseits will ich ja gern zugeben, daß es in sehr vielen Fällen er⸗ wünscht ist, daß Offiziere, die sich für den Gendarmeriedienst als be⸗ sonders geeignet erwiesen haben, die, ich möchte sagen, indirekt mit⸗ wirken an den Zivilaufgaben der Gendarmerie, möglichst lange in ihrem Amt erhalten werden. (Sehr richtig!)

Es ist dann vom letzten Herrn Redner, nach meiner Auffassung mit Recht, die etwas mißliche Lage hervorgehoben worden, in die die

ndarmen bei ihrem Uebertritt in den Zivildienst kommen, wenn sie nicht mehr, wie das früher die Regel war, als Unterbeamte, sondern als Subalternbeamte eintreten. Als Unterbeamten wurde ihnen früher die ganze Militärdienstzeit angerechnet auf die Gehaltsansprüche usw. Als Subalternbeamte sind sie bis jetzt noch von der Wohltat aus⸗ geschlossen, die andere Militäranwärter genießen, daß ihnen wenigstens ein Teil, ein Jahr ihrer Militärdienstzeit für die Gehaltsskala an⸗ gerechnet werde. Diese Frage ist eine nicht unwichtige, und ich kann Ihnen sagen, daß ich bereits selber Anlaß genommen habe, derselben näher zu treten und zunächst mir Material zu verschaffen, inwieweit tatsächlich eine Benachteiligung der Gendarmerie hierdurch eingetreten ist. Also auch diese Angelegenheit wird auf das sorgfältigste unter⸗ sucht werden, und wenn es möglich ist, werde ich versuchen, im Ein⸗ mit meinem Herrn Kollegen darin eine Abänderung anzu⸗ ahnen. 8

Zum Schluß will ich nochmals meinen Dank aussprechen für die besonders wohlwollende Behandlung der Gendarmerie. (Bravol rechts.) Eine Reihe von Titeln dieses Kapitels wird ohne Er⸗ örterung bewilligt.

3 8 dem Titel „Funktionszulagen, Reisekosten, Zuschüsse usw.“ emer

Abg. Ko r. Volksp.): Seit 8 sollen vach ShscJ. Ula die Vhablean. 88 11., a ein 1e2 8 18 fauf direkten Befehl ihrer Vor⸗ nicht I nee s und Anweisung balte ich

as Kapitel wird bewilligt. 8 Paltfelgt das Kapitel „Allgemeine Ausgaben im Interesse

Abg. von Loebell (kons.) erstattet über die Kommissionsverhand⸗

Abg. von appenheim⸗Liebenau (kons.) gibt seiner 1 Neen

brehncens,t Erchg. Nlen Seene, doe 18S n * 1139 1 -X 5 bers öö en 4.2 EE

* darüber Ausdruck, daß der Titel „Zuschüsse an Kom zur Kommunalverbände gefreut. Nirgen 82 9 gut 2. trauen enkgegen; die Kommunen wollten aber sorgeerziehungsgesetzes liegen darin, haben sich bereitwilligst in in dem der Vater vollkommen verkommen war und die Mutter einen

ach der ni

ittlichen

durch die Fürsorgeerziehung 2— werden soll.

s- 21 1 zu weit gegangen; es bat erkannt, n diesem Falle Armut aller⸗ ko

die Fortnahme des Kindes aus dem Hause anordnen, und dann sei das von Rechts wegen nicht zufallen. Die Entscheidung des ts

hat verlangt, daß 28 letzte Mittel er⸗ ** Fürs hung eintreten könne. Das Rei ür seine immer die Materialien der ng an. Das Kammergericht

hat in diesem Falle aber direkt dem Geist des Gesetzes widersprochen. Die unteren Instanzen Amts⸗ und Landgerichte haben erfreulicher Weise das eben, die Anwendung des Gesetzes möglichst zu erweitern, sie müssen sich aber leider der Entscheidung der höchsten Instanz fügen. I Abg Koelle (nl.): Bei der Anwendung des Gesetzes ist eine wisse Entmutigung eingetreten, weil man doch nicht ann. Die be des Gesebzes können wir erst aus Statistik der Jahre 1902 und 1903 ersehen, weil dann ein 8 zustand eingetreten ist; 1901 hatten sich die Fälle zu sehr angehäuft; aus der Statistik dieses Jahres darf man keine Schlüsse ziehen. Das Gesetz sollte man aber nicht jetzt schon ändern, wenn nicht die dringende Notwendigkeit es erfordert. Wir müssen zuerst zu einer g8 —.— 8 821 fcll rmenpflege un ü sung und n, Mittelalied. In Fällen, wie dem angeführten,

ist der Armen⸗ verband nicht derpflichtet, die Kinder von der Mutter räumlich zu trennen; er ist z. B.

auch nicht verpflichtet, wenn er das Kind bei fremden Leuten unterbringt, auf die Gleichbeit der Konfession bei den Pflegreltern zu seben. Durch die Zuweisung solcher Fälle an den Armenverband wird dosäsocheeiebe —. illusorisch gemacht, denn die Armenpflege wird nicht genügen, der Armenverband stets sehen wird, wie er das Kind am billigsten unterbringt. Ki in Gefahr sind, zu verwahrlosen,

Wir wollen die Kinder, die Menschen erziehen, und zwar durch

lung Bericht.

retten und sie zu brauchbaren allgemeine Fürsorge auf öffent⸗ liche Kosten. Abg. Goldschmidt (fr. Volksp.):

Wenn Kinder der Ver⸗ lotterung ausgesetzt sind, soll die Fürsorgeerziehung eintreten. Bei diesem weiten Spielraum des Gesetzes war es zu verstehen, wenn bei der Beratung gewünscht wurde, 812 das 828 nicht als ultima ratio in Anwendung kommen soll. war nicht so zu verstehen, wie es von dem Kammergericht Haegeeg; worden ist, daß die Fürsorge⸗ erziehung nur im äußersten Notfalle, wenn alle sonstigen Mittel ver⸗ sagen, zur Anwendung gelangen soll; der Vorbehalt wurde vielmehr

gemacht, um zu verhindern, daß das Ges mißbräuchlicherweise gegen die Eltern ausgelegt werde. Es ist auch gleichgültig, ob das Kind ein eheliches oder ein uneheliches ist. Der Sinn des Gesetzes könnte nur sehr verkümmert

zur Geltung kommen, wenn es bei der Entscheidung des Kammer. gerichts verbleiben sollte. Ich kann nur meinem Bedauern Ausdruck beben⸗ daß es in der Haupisache der Streit um die Kostentragung ist, er diese 2 hervorgerufen hat. Es soll kein Vorwurf gegen die Richter sein. Auch ich bitte, eine Novelle zum Fürsorgegesetz zu machen. Der Abg. Noelle hat nicht recht, wenn er meint, daß man ein Gesetz nicht ändern solle, weil das Gesetz noch nicht lange in Kraft sei. Das Kammergericht sollte sein Urteil einer Nachprüfung unter⸗ ziehen, damit der hohe Zweck des Gesetzes auch erreicht wird. 8. Kuhr (frs. Vag.) führt einen Fall aus der Praxis an, der 8 7 osen zugetragen hat, bleibt aber im Zusammenhange unver⸗ ändli

Abg. Lückhoff (freikons.): Das Erkenntnis des Kammergerichts entspricht nicht dem Sinne der Gesetzgeber und den Tendenzen des Gesetzes, wie sie in der Kommission und im in das Gesetz hineingebracht wurden. Eine Novelle zum 84 te ich nicht für nötig, ich glaube, unsere heutige Beratung g. um das Kammer⸗ gericht von seinem Urteile abzubringen.

Abg. Hoheisel (Zentr.) führt Unzuträglichkeiten an, die aus der verschiedenen Konfession der Pfleger und der Pfleglinge entstehen. In Oberschlesien seien katholische Kinder zu cvangel flegeeltern worden, die sie auch 8 beschataten ei falscher

mnwendung des Gesetzes könne es die Gefahr bieten, daß die Kinder zu Pflegeeltern kommen, die der Verwahrlosung nicht genügend ent⸗ gegenarbeiten. 5 2

Aba. Bachmann (nl.) tritt für die Einbringung einer Novelle zu dem Fürsorgeerziehungsgesetz ein.

Abg. Schmidt⸗Warburg (Zentr.): Ich bin über die Auslegung des Gesetzes durch das Kammergericht aufs höchste erstaunt. Um kiner derartigen mißbräuchlichen Anwendung vorzubeugen, muß der Minister, bis die Novelle erscheint, eine interimistische Verordnung erlassen, die

einen erträglichen Zustand schafft. Ich befürchte immen daß der § 9 über die religiösen Bestimmungen) doch dhabt wird.

ür die Provinz Brandenbur f nstalten. Man sollte die Orden zu die 8.-Pe penbe LA“

Minister des Innern Freiherr von Hammerstein:

Meine Herren! Die lebhaften und interessanten Erörterungen, welche sich an diesen Etatstitel über Fürsorgeerziehung im Hause ge⸗ knüpft haben, ergeben nach meiner Auffassung die erfreuliche Tatsache, daß dem Gesetz über die Fürsorgeerziehung von allen Seiten des Hauses ein hohes Maß von Wichtigkeit beigelegt wird, die das Gesetz tatsächlich verdient.

Meine Herren, der Ihnen vorgelegte Bericht über die Aus⸗ führung des Gesetzes bezeugt denn auch, daß das Gesetz in der kurzen Zeit seines Bestehens sehr segensreich gewirkt hat. Es sind in dem ersten Jahre 7781 Fürsorgepsleglinge der Fürsorgeerziebung über⸗ antwortet worden. Die Zahl ist sehr erheblich höher, als bei der Beratung des Gesetzentwurfs angenommen wurde. Das liegt in der Natur der Sache, meine Herren, weil zunächst die Vormundschafts⸗ behörden einen großen Bestand verwahrloster Kinder vorfanden, welche untergebracht werden mußten, und nunmehr aus dieser Zahl auf eine jährliche Zunahme oder auf eine jährliche Erreichung derselben Ziffer auch nur annähernd zu rechnen, würde falsch sein.

(Schluß in der Zwelten Beilage.)