No. 81.
Parlamentarische Nachrichten.
Dem Hause der Abgeordneten ist nachstehender Ent⸗ wurf eines Gesetzes, betreffend die Bildung von Ge⸗ samtverbänden in der katholischen Kirche, nebst Be⸗ gründung zugegangen:
§ 1.
In Ortschaften, welche mehrere unter einem gemeinsamen Pfarr⸗ amte nicht verbundene Kirchengemeinden umfassen, können die in § 6 dieses Gesetzes bezeichneten Rechte und Pflichten ganz oder teilweise einem Gesamtverbande übertragen werden, welcher aus sämtlichen oder einigen Kirchengemeinden der betreffenden Ortschaft, geeignetenfalls unter Einbeziehung angrenzender Kirchengemeinden, gebildet wird.
Einem auf Grunh dieses Gesetzes gebildeten Verbande können weitere Kirchengemeinden derselben Ortschaft oder angrenzende an⸗ geschlossen werden. 85
Die Bildung eines Gesamtverbandes und die Feststellung der ihm nach § 6 zu übertragenden Rechte und Pflichten erfolgt auf Anordnung der bischöflichen Behörde und bedarf der Zustimmung der beteiligten Kirchengemeinden. Die verweigerte Zustimmung von beteiligten Kirchengemeinden kann durch Beschluß der bischöflichen Behörde er⸗ gänzt werden, falls die Seelenzahl der zustimmenden Gemeinden wenigstens die Hälfte der Gesamtseelenzahl des zu bildenden Gesamt⸗ verbandes beträgt.
Die gleichen Bestimmungen gelten für den vnschruß an einen bestehenden Verband mit der Maßgabe, daß derselbe die Zustimmung der Vertretung des Gesamtverbandes und der anzuschließenden Gemeinden erfordert und die Zustimmung durch Beschluß der bischöflichen Be⸗ hörde ergänzt werden kann, falls die Seelenzahl des Gesamtverbandes und der etwa zustimmenden Gemeinden wenigstens die Hälfte der Gesamtseelenzahl des weiteren C beträgt.
Die dem Gesamtverbande übertragenen Befugnisse und Ver⸗ pflichtungen werden von einer besonderen Verbandsvertretung wahr⸗ genommen, welche besteht: 1
a. aus den Vorsitzenden der Kirchenvorstände und
b. aus den Vorsitzenden der Gemeindevertretungen der beteiligten Kirchengemeinden,
„ec. aus je einem, für jede beteiligte Kirchengemeinde durch den Kirchenvorstand und die Gemeindevertretung in gemeinschaftlicher Sitzung für die Dauer seines Hauptamtes zu wählenden Mitgliede des Kirchenvorstandes oder der Gemeindevertretung.
In den katholischen Pfarrgemeinden in Frankfurt a. M. tritt der Pfarrer bezw. Pfarrverweser an die Stelle des zu wählenden Mitgliedes.
In den Kirchengemeinden, in welchen eine Gemeindevertretung nicht gebildet ist (§ 35 des Gesetzes vom 20. Juni 1875 — Gesetz⸗ samml. S. 241 —), sind abweichend von den Vorschriften zu b und c durch den Kirchenvorstand aus seiner Mitte zwei Mitglieder auf die Dauer ihres Hauptamtes zur Verbandsvertretung zu wählen.
Für Domgemeinden, auf welche das Gesetz vom 20. Juni 1875 keine Anwendung findet (vergl. § 56 a. a. O.), treten der Pfarrer bezw. Pfarrverweser und zwei durch die Vermögensverwaltungsorgane der Domgemeinde zu ernennende Gemeindeglieder, welche die Wähl⸗ barkeit zum Kirchenvorsteher besitzen müssen, in die Verbands⸗ vertretung ein. —
Den Vorsitz führt in Berlin der Propst von St.⸗Hedwig, im Kbrigen der Dechant (Erzpriester), und sofern dieser dem Verbande nicht angehört, der dienstälteste Pfarrer.
Die Verbandsvertretung wählt aus ihrer Mitte einen stell⸗ vertretenden Vorsitzenden.
4.
Ein Ausschuß der Verbandsvertretung vertritt den Gesamtverband in vermögensrechtlicher Beziehung, in streitigen wie in nichtstreitigen Rechtssachen, nach außen und verwaltet dessen Vermögen nach Maß⸗ gabe der Beschlüsse der Verbandsvertretung. —
Urkunden über Rechtsgeschäfte, welche den Gesamtverband gegen Dritte verpflichten sollen, insbesondere Vollmachten, müssen unter An⸗ führung des betreffenden Beschlusses der Verbandsvertretung bezw. des Ausschusses von dem Vorsitzenden und zwei Mitgliedern des Aus⸗ schusses unterschrieben und mit dem Siegel des Verbandes versehen sein. Hierdurch wird Dritten gegenüber die ordnungsmäßige Fassung der Beschlüsse der Verbandsvertretung sowie ihres Ausschusses fest⸗ gestellt, ee es eines Nachweises der einzelnen Erfordernisse derselben nicht bedarf. ]
cht Hedas das Regulativ (§ 5) kann bestimmt werden, daß die Bildung eines Ausschusses unterbleibt. In diesem Falle finden die auf den Ausschuß bezüglichen vorstehenden Bestimmungen auf die Ver⸗ bandsvertretung sinngemäße Anwendung.
§ 5. 1“ Die näheren Bestimmungen über die Einrichtung und Geschäfts⸗ ührung der Verbandsvertretung und ihres Ausschusses werden von der ischöflichen Behörde in jedem gher Falle festgesetzt.
Dem Gesamtverbande können übertragen werden:
1) die Befugnis, über Einführung, Veränderung und Aufhebung allgemeiner Gebühren für die Verbandsgemeinden Beschluß zu fassen;
2) die Aufgabe, unbeschadet der Rechte und Pflichten der luf⸗ sichtsbehörden und der einzelnen Kirchengemeinden, neue Parochial⸗ bildungen innerhalb der Verbandsgemeinden und eine ausreichende Ausstattung der Verbandsgemeinden mit äußeren kirchlichen Ein⸗ richtungen, insbesondere Seelsorgerstellen, kirchlichen Gebäuden und dergleichen zu fördern; 1 1.
3) die Verpflichtung, den einzelnen Kirchengemeinden diejenigen Mittel zu gewähren, welche sie zur Erfüllung der ihnen obliegenden efetzlichen Leistungen bedürfen und in Ermangelung zulänglichen Ffrcegermötens 88 brittn. mFerchflchteger (Gemeinden, Patrone usw.)
icht ohne Umlage verschaffen können; — sich dicht ohgs Raalag Rechte, namentlich auch an Grundstücken, zu erwerben, Verbindlichkeiten einzugehen, zu klagen und verklagt zu werden und zur Erwerbung von Grundstücken sowie zur Errichtung neuer kirchlicher Gebäude und Einrichtung von Begräbnisplätzen
fzunehmen; 1 Sehe uhh die Mittel, welche der Verband zur Erfüllung seiner Aufgaben bedarf, nen hicht andere Einnahmen zu Gebote
Umlage zu affen. 1 ehene sich Furch nne gene die Umlagen unmittelbar auf die Ge⸗ meindeglieder fämtlicher Kirchengemeinden verteilt und müssen gleich⸗ zitig in allen Gemeinden des Verbandes nach gleichem Maßstabe 1 Werteilungsmaßstab gilt die Vorschrift in § 21 Nr. 8 des Füc es vom 20. Juni 1875.
der bischö lichen Behörde über die Bildung —112312 und die Feststellung der ihm zu übertragenden Rechte und Pflichten (§§ 2, 6) sowie der Erlaß von Regulativen (§ 5) bedürfen der Genehmigung g. Staatsbehörde.
f die lüsse über Umlagen (§ 6 Nr. 5) finden die ent⸗ veenedes Besa ce des Gesetzes vom 20. Juni 1875 Anwendung. Auch im übrigen bewendet es, insbesondere wegen der Genehmigung
der staatlichen Aufsichtsbehörde zu den Beschlüssen der Verbands⸗ vertretungen, bei den Vorschriften der §§ 47 bis 54 a. a. O. Die
D.
Dritte Beilage
zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger.
Berlin, Sonnabend, den 4. April
im § 50 a. a. O. vorgeschriebene staatliche Genehmigung ist nicht er⸗
forderlich, wenn der Erwerb von Grundeigentum im Falle einer
SengsderFeigsaemng zur Sicherung in das Grundbuch eingetragener orderungen erfolgt.
§ 9. Durch Königliche Verordnung werden diejenigen Staatsbehörden bezeichnet, welche die Aufsichtsrechte des Staates den Gesamtverbänden gegenüber auszuüben haben.
§ 10. Mitt der Ausführung dieses Gesetzes wird der Minister der geist⸗ lichen usw. Angelegenheiten beauftragt.
In der Begründung wird darauf hingewiesen, daß die am 21. August 1902 in Fulda versammelt gewesenen Bischöfe des König⸗ reiches Preußen unter Ueberreichung eines entsprechenden Entwurfs den Antrag auf Erlaß eines Gesetzes gestellt haben, durch welches für rößere Ortschaften, in welchen sih mehrere unter einem gemeinsamen
farramte nicht verbundene Kirchengemeinden befinden, die Bildung parochialer Gesamtverbände zur gemeinsamen Befriedigung der hervor⸗ tretenden kirchlichen Bedürfnisse ermöglicht werden soll.
Das von den Bischöfen betonte Bedürfnis zum Erlaß gesetzlicher Bestimmungen ist in der evangelischen Kirche ebenfalls hervorgetreten und hat dort bereits seine Befriedigung in einer gesetzlichen Regelung für die einzelnen Landeskirchen gefunden. Es unterliegt daher keinem Bedenken, muß vielmehr als im Interesse der katholischen Kirche liegend anerkannt werden, daß auch für sie die gesetzliche Möglichkeit zur Bildung von parochialen Gesamtverbänden geschaffen wird. Für die Gestaltung des Gesetzentwurfs, mit dessen Inhalt sich die preußischen Bischöfe einverstanden erklärt haben, sind im allgemeinen die bewährten Vorschriften der für die evangelischen Landeskirchen erlassenen Gesetze vorbildlich gewesen.
Statistik und Volkswirtschaft.
Im Jahre 1901 beschloß der Anwaltstag zu Danzig, dem Zuge der Zeit zu folgen und ein sozialpolitisches Gesetz anzustreben, durch welches den Rechtsanwälten, deren Witwen und Waisen
ensionen gesichert werden sollen. Zu diesem Zwecke wählte jener Anwaltstag eine Kommission von 29 Mitgliedern (aus jedem Kammer⸗ bezirk des Deutschen Reiches eines), welche die Vorarbeiten leisten und diese dem nächsten Anwaltstage zu Straßburg im Jahre 1903 zur Beschlußfassung vorlegen sollte. Diese Kommission hat nun unter dem Vorsitz des Justizrats Elze in Halle a. S. und unter Zuziehung des Versicherungstechnikers Professors Dr. Wolf in Leipzig das Material beraten und den Rechtsanwalt Kolsen in Berlin mit
der Abfassung eines Gesetzentwurfs nebst Tarifen und Motiven be⸗ traut. Diese Arbeit ist fertiggestellt und wird den beteiligten Be⸗ 8 zugehen, auch in der „Juristischen Wochenschrift“ veröffentlicht erden.
Da die Gesetzgebung in Anspruch genommen werden soll und
die Sache insofern allgemeines Interesse hat, teilen wir aus den Motiven die Grundzüge des Entwurfs mit.
Dieselben lauten: 1) Für die Beitragszahlung sind drei Wege in Erwägung gezogen
worden, nämlich die Zahlung eines einheitlichen Beitrags, die Ab⸗ stufung nach Altersklassen und die nach dem Einkommen. Die Kom⸗ mission hat sich für den einheitlichen Beitrag entschieden. stufung nach Altersklassen wurde abgelehnt mit Rücksicht darauf, daß die Kasse prinzipiell für die zukünftigen Generationen begründet wird und diese ziemlich
Die Ab⸗
gleichmäßig mit dem 30. Lebensjahre die Mitgliedschaft erlangen dürften, daß auch für die gegenwärtige Generation kein Bedürfnis für solche Abstufung besteht, weil die Höhe des Einkommens vom Alter unabhängig ist. Auch die Abstufung nach dem Einkommen fand keinen Beifall, weil dadurch die Hauptlast auf die mittleren Schultern entfallen würde, auch das Klarlegen des Ein⸗ kommens nicht beliebt wurde.
2 Was die Einziehung der Beiträge anbelangt, so erschien es praktisch, dieselbe den Kammern zu überlassen. Die Kammern müssen ohnedies die Kammerbeiträge einziehen und haben nicht erhebliche Mehrarbeit, wenn sie den Kassenbeitrag miteinziehen. Zudem haben sie bessere Fühlung mit ihren Mitgliedern, als die Zentralstelle der Pensionskasse sie hätte. Es kommt hinzu, daß die Pensions⸗ kasse Beiträge nicht missen kann, weshalb ausfallende Beiträge von den Kammern verauslagt werden müssen, denen das nicht zahlende Mitglied angehört. Dieses System führt dazu, daß die Kammern die Gesamtbeiträge ihrer Bezirke an die Pensionskasse abzuführen haben werden. 8.
Um die Kammern wegen der von ihnen verauslagten und vom Schuldner nicht einziehbaren Beiträge einigermaßen schadlos zu halten,
werden, alljährlich einen kleineren Teil derselben zu ihrer Deckung in Anspruch zu nehmen.
zahlungen an Rente zu vergelten. anwälte verschieden behandelt werden.
anwalt wird. In diesem Falle sind naturgemäß die jährliche Steigerung und der Höchstbetrag der Rente am größten, weil diese Kategorie von Rechtsanwälten durchschnittlich die meisten Beiträge zahlt.
b. Für diejenigen, welche erst nach vollendetem 35. Lebensjahre Rechtsanwälte werden, mußte ein besonderer Tarif vorbehalten werden,
Klärung finden wird. C.
der Kasse Rechtsanwälte sind. dagegen konnten naturgemäß die jährliche Steigerung und der Höchst⸗
durchschnittlich geringer sein werden. 1u“ 8
8 86 —
e bay JNSDOie Bepoöͤlterung anadaea. Nach den letzten Zensusermittelungen belief sich die Gesamt⸗ bevölkerung Kanadas im Jahre 1901, wie die „Nachrichten für Handel und Industrie“ einem Bericht des Kaiserlichen Konsulats in Montreal entnehmen, auf 5 371 315 Einwohner gegenüber 4 833 239 im Jahre 1891, was eine Zunahme von 11,1 % bedeutet. Von dieser Zahl entfielen auf die männliche Bevölkerung 2 751 708 Wund auf die weibliche Bevölkerung 2 619 607 Personen. Auf die einzelnen Provinzen verteilte sich die Bevölkerung im Jahre 1901 (und 1891), wie folgt: Britischkolumbien 178 657 (Sng9) anitoba 255 211 (152 506), Neubraunschweig 331 120 (321 263), Neuschottland 459 574 (450 396), Ontario 2 182 947 (2 114 321), Prince Edward Jsland 103 259 (109 078),
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gibt ihnen der Entwurf das Recht, wenn demnächst die Renten fällig
3) Für die Renten schließlich ist eine nach der Dauer der Mit⸗ gliedschaft steigende Skala für angemessen erachtet worden, weil es der Billigkeit entspricht, Mehrzahlungen an Beiträgen mit Mehr⸗
Im übrigen mußten die verschiedenen Kategorien der Rechts⸗ a. Der Normalfall ist, daß man bis zum 35. Lebensjahre Rechts⸗
weil die versicherungstechnischen Grundlagen dafür fehlen; die Auf⸗ stellung desselben konnte dem Verwaltungsrat überlassen werden, weil der Fall nur eine untergeordnete Bedeutung hat und durch eine während der fünf Karenzjahre aufzustellende Statistik seine völlige
Eine nur vorübergehende Bedeutung, und zwar nur für ein Menschenalter, haben die Rechtsanwälte, welche bei Inslebentreten Sie und ihre Hinterbliebenen konnten im Mindestbetrage ebensoviel Rente erhalten wie die Kategorie a.,
betrag der Rente hier nicht so hoch sein wie dort, weil die Beiträge
Quebec 1 648 898 (1 488 535), Nordwestterritorium 158 940 (66 799) und die unorganisterten Territorien 52 709 8. 168).
Ueber den Durchschnitt der Gesamtbevölkerungszunahme von 11,1 % während der letzten “ ist somit nur die Bevölke⸗ rung in Britischkolumbien, anitoba, dem Nordwestterritorium zund den unorganisierten Territorien gestiegen. Die Einwohnerzahl Britischkolumbiens ist um 80,5 %, diejenige der drei anderen genannten Gebiete, wo seit kurzem die unermeßlichen Weizen⸗ gegenden die Einwanderung beleben, um je 67,1 %, 137,9 % und 63,7 % angewachsen. In den übrigen Provinzen blieb die Zunahme zum Teil weit hinter 11,1 % zurück; in Prince Edward Island hat sogar eine Abnahme stattgefunden. In der vorwiegend französischen, zweitgrößten Provinz Quebee beträgt die Zunahme 10,7 %, in der vorwiegend englischen größten Provinz Ontario nur 3,3 %.
Was die Verschiebung der Bevölkerung von Provinz zu Provinz anbetrifft, so geben namentlich die sogenannten alten Provinzen viel an die neuen ab, die nicht bloß auf Nichtkanadier ihre Anziehungs⸗ kraft ausüben. So waren 1901 von den Einwohnern der Provinz Manitoba nur 99 806 in dieser Provinz geboren, 81 053 stammten aus dem übrigen Kanada; in Britischkolumbien waren die bezüg⸗ lichen Zahlen 59 589 und 40 023, in dem Nordwestterritorium 50 438 und 41 097, in den unorganisierten Territorien 6969 und 26 507, also befanden sich in diesen vier Gebieten zusammen 188 680 nicht in dem betreffenden Gebiet Geborene. Hiervon in Abzug zu bringen ist die Zahl der von dem einen der vier Gebiete in das andere Uebergetretenen, also die bloße Verschiebung innerhalb dieser vier Gebiete, welche 23 185 beträgt, so daß 165 495 Personen ver⸗ bleiben, die der Westen von den alten östlichen Provinzen erhalten hat. Von dieser Ziffer entfallen nicht weniger als 121 451 auf Ontario (1891 waren es nur 71 872) und 18 325 auf Quebec. Die Neigung fortzuziehen ist danach in der Provinz Ontario ungleich stärker als in der nur um ein Viertel schwächer bevölkerten Provinz Quebec. Auch zu dem Zuzug von Kanadiern nach dem Ausland, speziell den Ver⸗ einigten Staaten von Amerika, stellt die Provinz Ontario ein wesentlich höheres Kontingent als das übrige Kanada. Nach den Zensus⸗ erhebungen der Vereinigten Staaten sind dorthin im Jahre 1890 allein 980 938 und im Jahre 1900 nicht weniger als 1 181 778 Be⸗ wohner aus Kanada zugezogen. Umgekehrt war nach dem Zensus für 1901 in Ontario die Zahl der nicht im Dominion Geborenen, also der aus dem Auslande Eingewanderten, mit 324 160 bedeutend geringer als im Jahre 1891, wo dieselbe 405 619 betrug, während in der Provinz Quebec, die allerdings mit weit kleineren Einwande⸗
rungsziffern zu rechnen hat, eine kleine Zunahme, und zwar von 82 021 im Jahre 1891 auf 88 708 im Jahre 1901 zu konstatieren ist.
Zur Arbeiterbewegung.
Eine gestern abgehaltene Versammlung der ausständigen Berliner Bauklempner (val Nr. 80 des Bl.) ergab nach einer Mitteilung der „Voss. Ztg.“, daß 64 Firmen mit 372 Mann die Forderungen unterschriftlich bewilligt haben, in deren Betrieben die Arbeit im vollen Umfange wieder aufgenommen worden ist. Im Ausstande be⸗ finden sich noch rund 500 Mann. Auf die Aufforderung des Ersten Gewerberichters von Schulz, zur Beilegung des Streits vor dem Einigungsamt zu erscheinen, sei erwidert worden, daß der Vorstand jederzeit bereit dazu sei. Die Gesamtvorstände der Innung und der Vereinigung haben zu einer öffentlichen Versammlung auf Montag, den 6. d. M., eingeladen. Mit dem Ausstand der Bauklempner beschäftigte sich gestern abend auch eine außer⸗ ordentliche Generalversammlung der Berliner Klempnerinnung, in der einstimmig nachstehende Erklärung angenommen wurde: „Den Arbeit⸗ nehmern ist von dem neuen Lohn⸗ bezw. Akkordtarif seitens der Arbeit⸗ geber Kenntnis geworden. Nachdem eine Verhandlung hierüber früher seitens der Arbeitnehmer abgelehnt ist, kann erst dann in eine neue
Verhandlung getreten werden, wenn der Gesellenausschuß schriftlich darum ersucht. Bis dahin sind alle Verhandlungen mit den Arbeitern oder dem Einigungsamt zu unterlassen.“
Die Müllereiarbeiter der Ostschweiz haben der „Frkf. Ztg.“ zufolge eine Bewegung für die Verkürzung der Arbeitszeit ein⸗ geleitet. In mehreren Etablissements ist der Ausstand ausgebrochen.
Den ausständigen Bootsführern in Amsterdam (vgl. Nr. 80 d. Bl.) sind, wie „W. T. B.“ erfährt, von der Vereinigung der Arbeitgeber bezüglich der Wiederaufnahme der Arbeit Bedingungen gestellt worden, die bis Montag Geltung haben sollen. — Die Direktion der Schiffahrtsgesellschaft „Nederland“ hat eine
Kundgebung an die Arbeiter gerichtet, in der sie auf die großen Verluste hinweist, welche sich für den Hafen von Amsterdam aus einem Ausstande ergeben würden. — In einer Ver⸗
sammlung der Bootführer wurde beschlossen, die von der Vereinigung der Arbeitgeber bezüglich der Wiederaufnahme der Arbeit am Montag gestellten Bedingungen nicht anzunehmen, sondern alle Forderungen aufrechtzuerhalten. 8 V
Lohnstreitigkeiten zwischen der New York⸗Newhaven⸗ Sund Hartford⸗Eisenbahngesellschaft mit ihren Wagen⸗ führern haben, nach einer Meldung des „W. T. B.“, zugunsten der letzteren eine friedliche Beilegung erfahren.
Kunst und Wissenschaft.
Weitere Entdeckungen zur Vorgeschichte Kretas.
In der Zeitschrift „Globus“ ist vor längerer Zeit ausführlich von den Ausgrabungen und Entdeckungen Evans; auf der Stätte von Knossus die Rede gewesen, und zwar vornehmlich von den Funden während der „Campagne“ von 1900 und den interessanten Schlüssen, die Evans aus ihnen ableitete. Die Ausgrabungen sind 1901 und 1902 in Knossus sowohl wie an anderer Stelle mit den Mitteln des „Cretan Exploration Fund“ mit großem Erfolge fortgeführt worden, und es erscheint daher an der Zeit, wieder einmal auf das bverdienst⸗ liche englische Forschungswerk auf der Insel zurückzukommen. Einem jüngst erschienenen Bericht des „Cretan Exploration Fund“ entnimmt der „Globus“ die folgenden Aufschlüsse. 8
Für 1901 standen 2500 Pfd. Sterl. zur Verfügung. Ebans setzte seine Forschungen in Knossus fort, während D. G. Hogarth, der frühere Direktor der British School in Athen, sich der Unter⸗ suchung der Umgebung des prähistorischen Seehafens von Zafro widmete, der, an der Ostküste gelegen, weitere Beweise für eine früb⸗ zeitige Verbindung zwischen Kreta und Aegypten zu liefern verspra außerdem wurde R. C. Bosanquet, der jetige Leiter der Athener
Schule, mit Nachforschungen auf der westlich und landeinwarts be⸗ legenen Stätte von Praesus,
der alten Hauptstadt des Eteokretischen Distrikts, beauftragt, da man dort weitere Spuren von einer vor⸗ hellenischen Sprache zu finden hoffte. 18 b 28
Wiederum — so sagt der Vericht — übertrafen die Ergebnisse alle Erwartungen. Der anscheinend schon sehr gründlich durch⸗ suchte Palast von Knossus erwies sich durchaus noch nicht als erschöpft. Es kamen weitere Lagen von „Archiven zum Vorschein, und Prohbebohrungen durch die Bodenfläͤche des Palastes erwiesen die Existenz einer darunter liegenden, 9 vüelthüsches Stat Fülaer Iü Art 8 öE8 die Geschichte kretenst wvilisation wei ferch⸗ Periode zurückführte, sogar über den Zeitraum zasptischen E