1903 / 88 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 15 Apr 1903 18:00:01 GMT) scan diff

immerhin ein Zeichen, daß auch das Steppenland von Logone gut emfehe ist. An und zwischen den beiden Flüfsen ist die Vegetation eine ungleich reichere. Hier reiht sich Dorf an Dorf, und der Anbau hört nirgends auf. Als Hauptgeschäft betreiben die Kotokos den Fisch⸗ ang, und die dauerhaft geräucherte Ware wird über Hoia und Doloo is nach Marrua verhandelt.

Die Kotokos sind hochgewachsen, tiefschwarze Menschen mit rohen, unschönen Gesichtszügen, sie haben ganz die Kleidung ihrer Bornu⸗ nachbarn angenommen und tragen, wie diese, in der Regel blaue Hosen (nicht so weit als die Haussahosen und nicht an den Knöͤcheln

eschlossen) und eine hellere Tobe, dazu die Bornumütze oder einen splben, oben mit einem Knopf versehenen, geflochtenen Strohhut. Auch die Frauen gehen ganz nach Bornuart gekleidet und frisiert.

Karnak Logon liegt am Fluß, der ebenso wie der Schari zwischen niedrigen Ufern 200 bis 300 m breit ruhig dahinströmt. Die Landschaft mit dem hohen Gras und den vielen Palmen erinnert sehr an den Sannaga. Die Stadt selbst ist von einer riesenhaften Mauer umgeben und geschlossen gebaut; viele Häuser liegen aber in Trümmern, ein Andenken an die Rabehisten. Handel und Wandel ist bedeutend, weil hier die eine Hauptstraße über Massenga nach Wadai und weiter über Fasehr, Chartum, Suakin nach Mekka führt, die so mancher gläubige Fullah und Haussa zieht, um nach Jahren als „Alhadschi“ heimzukehren. In dem Zwischen⸗ stromland ist es überaus fruchtbar, und wo kein Anbau stattfindet, da wird das Dumpalmengestrüpp oder das hohe Gras fast undurch⸗ dringlich; hier sind Löwe und Schwein (Warzenschwein) heimisch. Auf dem schwarzen Ackerlande stolzieren Tausende von Königskranichen einher, die sich bei der Annäherung des Menschen schwerfällig erheben und unter mißtönendem Geschrei eine kurze Strecke entfernt wieder niederlassen. Die zahlreichen Wassertümpel sind von Enten und Gänsen bevölkert.

Kanuris, die vor den Rahbisten Schutz gesucht haben, wohnen hier ebenso wie Benisettaraber zwischen den Kotokos. 14 Marsch⸗ stunden führen durch dies reiche Land von Karnak nach Kusseri.

1000 m unterhalb dieser alten Kanurifeste, die auf 80 m hohem Ufer, das gesamte Flußsystem beherrschend, ungemein günstig liegt, vereinigen sich die fast gleich wasserreichen Flüsse Schari und Logone. Wie weit der Logone schiffbar ist, ob er dem Schari an Be⸗ deutung gleichkommt, hoffe ich später berichten zu können.

Auf niedrigem Graszufer, dicht unterhalb des Zusammenflusses, liegt Fort Lamy am Schari, ein Feldlager ohne Eingeborenensiedlung am Rande der unfruchtbaren Bagirmisteppen. 1

Nördlich von Kusseri, am Fluß entlang, das Delta einbegreifend, liegt das Land Makary mit der Hauptstadt Gulfei. Das Land, das sich bis Afade im Westen erstreckt, hat überall den Humusboden des Tsadbeckens. In der Regenzeit verwandelt sich das ganze Land in eine Art schwarzen, ungemein fruchtbaren Sumpf, während in der Trocken⸗ zeit tiefe Risse und Furchen in dem harten Boden entstehen, der dann, wo nicht hobes, dichtes Dornendickicht ist, von einer schwachen Gras⸗

obe bedeckt ist. 3

fe In der weiten, fruchtbaren Ebene liegen etwas erhöht, an einzelnen Bäumen kenntlich, überall Arabersiedlungen. Diese Araber sind wohlhabender als ihre Landsleute im Süden und besitzen große Rindviehherden und zahlloses Kleinvieh. Die Rinder sind breiter und kurzgehörnter als die Fullahzucht, an spärliche Nahrung in der Trockenzeit gewöhnt. Ihre Kameelherden schicken die Araber meist ins Ghazal, wo die beste Weide für die Tiere sein soll. Der AOckerbau liefert reiche Erträge, und an den Wasserläufen und am See wird auch in der Trockenzeit mit Schöpfrädern das Land befruchtet und bebaut; namentlich Weizen wird hier viel geerntet.

Die Makarys wohnen in Städten beisammen.

In 12 Stunden führt die Straße von Kusseri über Mulue und Mara, zwei bedeutende Fischerstädte, nach Gulfei, der saubersten, bestgebauten Stadt, die ich überhaupt in West⸗ und Zentralafrika kenne. Eine 4 m hohe Lehmmauer umschließt nur masside, an regel⸗ rechten Straßen gebaute Häuser, die, zum großen Teil zweistöckig, sehr

geschickt errichtet sind, so daß Pferde und Kühe auch im oberen Stock⸗

werk stehen. Plätze mit hohen, asten Bäumen finden sich mitten in der Stadt, die auch die einzige gut erhaltene Moschee im deutschen Lsadseegebiet aufweist. Der Markt findet vor der Stadt statt, denn das Leben ist ein ungemein reges, denn alle möglichen Araber, Tripolitaner, Göberleute aus Sinder versammeln sich hier ebenso, wie alle Kanuris, die nach Osten wollen und die öde Wüste nördlich des Sees, wie die räuberischen Buddumas ürchten. .

5 e ist die Kunstfertigkeit der Makaryleute als Fischer und Jäger. Kaum ein Land ist aber auch der Ausbildung dieser Eigen⸗ schaften so günstig als die Tsadseeebene an der Scharimündung. er Fluß hat geradezu Ueberfluß an Fischen, die von den Makary mit großen Netzen gefangen werden. Diese Netze sind zwischen einer Gabel ausgespannt, die von zwei Langbäumen gebildet wird, welche

inem im Boot ruhenden, mit großen Steinen 1 &iß en chwerten dritten Baum vereinigen. Letzterer kann auf und nieder geholt und so die Gabel mit dem

5 ins Wasser gesenkt und gehoben werden. Welsartige, mannes⸗ 18” Fische bI auf diese Weise gefangen ebenso wie Mengen unterarmlanger, dicht an der Oberfläche schwimmender Tiere, die man von einem kleinen Boot aus mit Klappern in die Netze scheucht. Die großen Fischerfahrzeuge, die mit Stangen fortgestoßen werden, hinten einen hochragenden Schnabel haben und vorn, wo die Gabel und der Langbaum sich drehen, glatt abgeschnitten sind, haben oft eine Länge bis zu 12 m und sind sehr geschickt aus einzelnen Stücken zusammen⸗ gesetzt. Für den Jäger ist Makary das gelobte Land. Löwen sind sehr zahlreich; sie sind hier übrigens treffliche Schwimmer⸗ 3 Das Tsadseeufer ist mehr oder weniger auf kilometerweite Strecken sumpfig und je nachdem bewohnt oder öde. Vielfach ver⸗ lassen c die Bewohner beim Steigen des Sees ihre Dörfer und 898 erst, wenn das Wasser gefallen ist, wieder zurück. Der Ueber⸗ ehr von Land, Sumpf und See vollzieht sich, da gar keine Er⸗ phh zverschiedenheiten vorliegen, ganz unmerklich. Bei Sehram, 6 ng Expedition Pavel den See berührt hat, war dem offenen 1 r ein niederer Streifen weidenartiger Bäume vorgelagert, der Wasse anderen Stellen fehlt. Das Wasser ist schmutzig, grau und aber während unweit des Sees das Wasser in den Erdvertiefungen brackig süh, mspielfach Natron absondert. Der See ist meist von einer Wolken⸗ bedeckt, da wenn die Luft nicht ganz still ist der feine schicht nd auf der Nordseite in steter Bewegung fortgetragen wird. Wüstensa n bis nach dem 15 Marschstunden entfernten Dikög hin So üer schwarzen Ebene Dünen von weißem Wüstensand gebildet. überal 9 Stunden vom See entfernt liegt das berühmte Ngaba, Eheche ruris ihre größten Schlachten, zum letzten Male gegen wo die gerdings unglücklich, geschlagen haben. Rabeh, a Hasser sich findet, liegt Dorf an Dorf, und selbst zwischen Wo Diköa leben in der Steppe nicht nur ackerbautreibende sehah n tende Ssalamataraber, sondern auch überall in größeren 18. viehzüchten esessene Kanuris, die in der Trockenzeit aus tiefen Dörfern festa 8 ebensunterhalt nötige Wasser gewinnen. 1 Brunnen da bt liegt ganz unvermittelt in der Ebene und hat seine Diköa 5 dem fließenden Wasser wohl den vielen bedeutenden, Erfstent nebe. kenzeit wasserreichen Erdsenkungen zu verdanken, die sich 8 Seneer rundum findenc und sedesmal einem betriebsamen rerreng öglichen. ermög 1 1 W großen Ebböö“ 1.“ 8 Mitte des vorigen Jahrhunder z ein Konglomerg e Afrikanerra sen dar, und dies hat naturgemäß noch mohammedanischen Afrirateftaheh ein fremdes, berrschendes Element nenecea⸗ nac aus allen möglichen östlichen Heidenländern ins and gekommen ist. 28 och öfter reineres Kanuriblut er⸗ Hat sich auf dem Lande n nn wie wohl auch die anderer

halten, so setzt sich die Diköabevpölkerung, 1616“ großer Bornustädte, aus Eripoliganer., I E“

aus Bearegmüschlinden zusem gerlenten, vielfach aus Rungas und Dongo⸗

5 ie alten Shefus erhalten, die lanern. Im Königsstamme haben sich die a Nachkommen des großen Alaoma Edriß.

Die alte Bornutätowierung, die kranzartige Haartracht der Weiber, die, mit der Koralle in einem Nasenflügel geschmückt, ihre malerisch umgeworfenen Tücher kokett weit im Sande nach⸗ schleppen lassen, besteht noch, aber die Männer haben die hellblaue Tobe und den ZStehhhut vielfach mit der mit bunten Zeugstreifen be⸗

. nähten Tbbööö“ der runden, festen Mütze vertauscht, die der Rabeh eingeführt hatte. 3

Als Nachwirkung der Rabehschen Schreckenszeit ist es anzusehen, daß auch freie Leute mit dem Patronengürtel und dem Gewehr be⸗ waffnet einherschreiten. Die langen Bornulanzen werden meist aller⸗ dings zum Schmuck getragen, wenn ein Billama (Dorfältester) oder fonst ein Großer auf seinem prächtig gesattelten Pferd im Paßtrab, von seinen Sklaven und Klienten eng umgeben, zur Stadt kommt.

In Diksa, wo alles zu haben ist, herrscht Lurus und Wohlleben, aber auch auf dem Lande leben die Kanuris bedeutend besser als alle ihre Nachbarn. Das Land ist fruchtbar, und Rabeh hat Bornu als sein festes Herrschergebiet betrachtet und verhältnismäßig geschont. In ganz Bornu herrscht Geldverkehr. Die Bedeutung des Landes als Austauschplatz zwischen den Mohammedanern im Norden und Süden, im Osten und Westen von Afrika ist dauernd durch seine entrale Lage bedingt.

1 Die Könuris sind Ackerbauer, Viehzüchter, Handwerker und Kauf⸗ leute. Der Mohammedanismus ist äußerst tolerant.

Die Dörfer sind überall von einem breiten Wall umgeben, geschlossen ebaut. Lehmmauern oder Rohrzäune umschließen die hohen Stroh⸗ äuser, das Vieh weidet nur tagsüber und wird Nachts von seinem

Besitzer eingetrieben. Große Herden sind nicht so zahlreich wie in Adamaua und bestehen dann meist aus Bullen oder Ochsen, die als Trag⸗ und Reittiere (. dahandi H. takuarkari) herangezüchtet werden. Die Pferde sind kräftiger und leistungsfähiger als die Adamauazucht, werden aber vielfach mit stark salzhaltigen, gekochten Kornkuchen gemästet und wenn sie diese nicht mehr bekommen, schnell zusammen. Kleinvieh ist zahlreich, auch Strauße werden, wie gesagt, vereinzelt gezüchtet. 8 3

Auffallend ist die Vorliebe für Wohlgerüche, welche die Kanuris mit den Haussas teilen. Hier wie dort werden Zibetkatzen (F. tur- saru ladde H. mussuru n.juda) gehalten, deren scharfriechender Afterdrüsensaft von Zeit zu Zeit ausgepreßt wird und sehr geschätzt ist; aber auch sonst wissen beide Stämme wohlriechende Essenzen an⸗ zufertigen, die von arm und reich benutzt werden.

Die Straße von Diköa nach Kusseri führt in 12 Marschstunden durch gut angebautes, von Kanuris bewohntes Land über Watale nach Dubu mit einer uralten burgartigen Feste. Oestlich folgt eine 15 Stunden breite, wasserarme, von Schuaarabern besiedelte Heide⸗ steppe mit stark salzhaltigem Untergrund.

In Kala Kura grenzen Bornu, Logone und 88 aneinander; der Platz ist gleichfalls sehr alt und als Markt bedeutend. Von hier 85 . bis Kusseri sind 10 Marschstunden durch bevölkertes Makary⸗ gebiet.

Die direkte Straße nach Süden führt von Diköa aus in 36 Marschstunden nach Mandara; sie sind Vogel und Rohlfs gezogen.

is nach Wandala hinein reicht der schwarze, fruchtbare Tsadboden.

Kanuris und Araber sitzen in kleinen Siedlungen durcheinander bis an die den Mandarabergen vorgelagerte Steppe, die auf den westlichen Weg, an der Grenze entlang, zu den Markiheiden (Fssege⸗ stamm) hinüberführt.

Die Margkis haben von Madagali an bis nach Bale, dem ersten Bornudorf, das am Kamadugu liegt, in einer dornenbedeckten Ebene ihre Siedlungen. Diese liegen inmitten des Stachelwaldes, der noch künstlich verstärkt ist, und sind fast ganz unzugänglich.

Auch nördlich Bale ist die Gegend 8 Stunden weit weil ohne Wasser unbesiedelt und ein Tummelplatz von Wild und Raub⸗ zeug. Erst um Bama nehmen Bevölkerung und Anbau u, d folgt am Wasserlauf entlang Dorf an Dorf bis Diköa.

Frankreich. Der Präsident Loubet hat gestern kurz vor Mittag an Bord des Kreuzers „Jeanne d'Arc“ die Reiße von Marseille

nach Algier angetreten.

Wie dem „W. T. B.“ aus Algier gemeldet wird, ist daselbst am 13. d. M. ein russisches Geschwader einge⸗ troffen. Gestern sind auch ein italienisches und ein eng⸗ lisches Geschwader in den dortigen Hafen eingelaufen.

Eine Note der „Agence Havas“ meldet, daß Edgar Combes die Staatsanwaltschaft ersucht habe, eine Unter⸗ suchung anzustellen, um vollständiges Licht über die gestern mitgeteilte Behauptung des „Petit Dauphinois“ zu schaffen. Der Journalist Vervoort erklärte in einem Schreiben an den „Figaro“ auf das entschiedenste, daß die Behauptungen des „Petit Dauphinois“ in Grenoble vollständig er⸗ funden seien. Er habe zu dem Generalsekretär im Mi⸗ nisterium des Innern Edgar Combes keine anderen Be⸗ ziehungen gehabt, als sie zwischen dem Direktor eines ministeriellen Blattes und einem hohen Staatsbeamten zu be⸗ stehen pflegten. 8

Italien.

Wie die in Rom erscheinenden Blätter aus Neape melden, beantragte der Oberstaatsanwalt am dortigen Appell⸗ gerichtshof, daß dem Gesuch um Auslieferung des russischen Staatsangehörigen Götz nicht stattzu⸗ geben sei, weil das Verbrechen, dessen Götz Fchealg h werde, mit einem politischen Verbrechen im Zusammenhang stehe.

Niederlande. Da im Lande Ruhe herrscht, kehren die Königin und der Dein Heinrich der Niederlande, wie „W. T. B. erfährt, heute nach Schloß Loo zurück. Gestern hatte die igin eine Besprechung mit dem Kriegsminister.

Königi 2.88 Türkei. Burenne ufolge, der türkische Kriegsminister Riza Pascha dem rusfischen Botschafter Sinowiew einen Beileidsbesuch ab. Die Nachricht, daß der russische Botschafter für die Er⸗ mordung Schäsche dneagbeift E““ und Ent⸗ ädig verlangt habe, ist unrichtig. 1 schähiguarder des Konsuls Swischerbina ist zum Tode verurteilt worden.

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82 9 Amerjka. b 8

Eine in New York eingetroffene Depesche San besagt, wie „W. T. B.“ meldet: Juan Arias, der zum Präsidenten erwählt worden war, während der General Sierra den Oberbefehl über die gegen Bonilla entsandten Regierungstruppen übernommen hatte, habe sich Bonilla er⸗

geben, dessen Truppen am 13. d. M. die Hauptstadt Tegu⸗ ciga [pa eingenommen hätten.

. Afrika.

-Wie dem „W. T. B.“ aus Madrid berichtet wird, melden dort eingegangene Depeschen aus Melilla, daß 17 auf⸗ rührerische Kabylenstämme von Taza aufgebrochen seien,

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um Fez anzugreifen. Der Aufstand greife weiter um sich.

Die Lage sei sehr ernst. Während der Plünderung der Festung Frayana seien unter den Mauren blutige Streitigkeiten aus⸗ gebrochen; zehn Personen seien dabei getötet, zahlreiche andere verwundet worden. Die Zahl der nach Melilla geflüchteten Truppen des Sultans betrage 400, von denen ungefähr 20 schwer verwundet seien. Der spanische Ministerpräsident Silvela habe bezüglich dieser Flüchtlinge geäußert, wenn ihre Zahl noch zunehme, werde es nötig werden, sie nach Tanger zu schicken. 1

Aus Johannesburg berichtet das „Reutersche Bureau“, estern morgen habe in Heidelberg das Abstecken der Flaims begonnen und sei ohne Zwischenfall durchgeführt worden. Wilgepoort habe am meisten die Aufmerksamkeit der Bewerber auf sich gezogen, und die Nachfrage sei so stark gewesen, daß das ganze Gebiet in einer halben Stunde ver⸗ eben worden sei. Klerksdorp habe ebenfalls reißenden Absat gefunden, 15 000 Claims seien in einer halben Stunde abgesteckt worden.

Statistik und Volkswirtschaft.

Statistisches Handbuch für den preußischen Staat.

In der letzten Tagung des Abgeordnetenhauses wurde der amt⸗ lichen Preußzschen Statistik der Vorwurf gemacht, daß sie zu selten nur alle zehn Jahre gesammelte Rachrichten aus den Ergebnissen ihrer Erhebungen und Untersuchungen veröffentliche. Von der betreffenden Stelle wurde dabei übersehen; erstens, daß die Er⸗ Gh nan e ode des „Statistischen Handbuchs“ fünf, nicht zehn Jahre beträgt, zweitens, daß in den Bänden der „Preußischen Sta⸗ tistik“ und noch vorher in der „Statistischen Korrespondenz“ die amt⸗ lichen Ergebnisse so früh wie möglich für diejenigen veröffentlicht werden, welche sich nicht damit begnügen wollen, ihren statistischen Bedarf aus einem einzigen Sammelwerke zu decken, und drittens, da jene fünfjährige Periode im Jahre 1885 durch die statistische Zentral⸗ kommission, welche sich aus Vertretern aller Ressorts der Staats⸗ verwaltung sowie der Landesvertretung usw. zusammensetzt, nach ein⸗ gehenden Beratungen festgestellt worden ist.

Das Königliche Statistische Bureau hat soeben den vierten Band dieses großen Sammelwerkes der Oeffentlichkeit übergeben. ů Auswahl seines Inhalts kam in erster Linie der Wunsch nach Voll⸗ ständigkeit, jedoch mit der Maßgabe in Betracht, Nachrichten, welche das Statistische Amt des Deutschen Reiches in seinem „Jahrbuch“ aufnimmt, nur so weit zu geben, als es sich um besonders charakte⸗ ristische Striche des allgemeinen Bildes und um Aufnahmen andelt, deren Durchführung den Einzelstaaten an sich zufällt. Daher fehlen unter anderen alle Nachweise über Ein⸗ und Ausfuhr. Es empfiehlt sih demnach, bei der Aufsuchung bestimmter Nachrichten zu berück⸗ v daß das „Handbuch“ im „Statistischen Jahrbuch für das Deutsche Reich“ und umgekehrt dieses in jenem seine stete natürliche Ergänzung findet. Auch ohne jene Nachrichten ist das für Preußen nach der oben erwähnten Maßgabe zu bewältigende statistische Material groß genug, um ein Werk entstehen zu lassen, 85 Handlichkeit nur durch die äußerste Beschränkung auf das Wichtigste und Wesentlichste aufrecht erhalten werden kann. Im übrigen kann erwähnt werden, daß der neuerdings mehrfach laut gewordene Wunsch nach Herausgabe eines „Statistischen Jahrbuches für den preußischen Staat“ seitens der zuständigen Stellen in Erwägung gezogen wird.

Ueber die Gestaltung des neu veens vierten Bandes des „Statistischen Fehrchen ist im einzelnen folgendes zu bemerken Die systematische Anordnung des Stoffes hat, abgesehen von unbe⸗

deutenden Verschiebungen, keine Aenderung erfahren; dagegen ist bei manchen Gegenständen eine dem Ergebnisse der neuesten Erhebungen entsprechende, nicht esbesräctnche Erweiterung und Vertiefung erreicht worden. Wir weisen insbesondere auf die Nachrichten über die

klimatischen Verhältnisse, die Fidelkommisse, die Marktpreise, die Füarftr schfcan die Wohnungsstatistik, die eingetragenen Genossen⸗ schaften, die Streikstatistik hin. Vermehrt wurden ferner die Angaben zur Statistik der Unterrichtsanstalten, der Rechtspflege, der Gefängnis⸗ anstalten und besonders der Finanzen. In Wegfall gekommen sind nur die im vorigen Handbuche veröffentlichten Nachrichten über geographische und Höhenlage deutscher Städte, gekürzt die Nach⸗

weisungen über den Verwaltungsapparat des preußischen Staates, die

schon in voller Ausführlichkeit dem Benutzer des „Staatshandbuches“

zu Gebote stehen.

Wenn dem „Handbuche“ bei seiner Einrichtung der Zweck gesetzt wurde, ein vollständiges und einheitliches Bild der durch die Statistik feithehatn es Erscheinungen im politischen, wirtschaftlichen und ozialen Leben des preußischen Staates zu bieten, so gibt sich die herausgebende Behörde der Hoffnung hin, daß der Ausbau des Werkes zu seiner jetzigen Gestalt die ursprüngliche Absicht nunmehr verwirklicht hat. 3

Möge auch dieser vierte Band des „Statistischen Handbuches“ gleich seinen drei Vorgängern für alle, die ihn richtig Feenahen⸗ ein willkommener und nützlicher Ratgeber, der amtlichen Statistik aber ein warmer Verteidiger sein.

Zur Arbeiterbewegung.

nfolge des Ausstandes in der Berliner Holzindustrie val. R 86 d. Bl.) haben, der „Voss. Ztg.“ zufolge, 36 Fräsereien und 15 größere Tischlereien mit Kraftbetrieb ihre Werkstätten voll⸗ ständig geschlossen. Abgesehen von diesen Betrieben, ist in beinahe sämt⸗ lichen Werkstalten und Fabriken der beteiligten Industrie der vierte Teil der Arbeiter entlassen worden. In vielen Werkstätten feiert die Hälfte der Arbeiter. Die Arbeitgeber sind zutschlassen, noch einen Teil der Arbeiter zu entlassen, wenn die Ausständigen au ihren unerfüllbaren Forderungen beharren. Eine am Dienstag abgehaltene Ver⸗ sammlung der hiesigen Schuhmacher beschloß, den 1. Mai, 83 bisher, als Festtag zu begehen. Die dem Zentralverband der Stuckateure Deutschlands und verwandter Gewerbe angeschlossenen Stuckateurgehilfen Berlins (vgl. Nr. 86 d. Bl.) hielten ven⸗ Dienstag eine außerordentliche Mit liederversammlung ab. r Vertrauensmann stellte fest, daß 19 Firmen den neuen Tarif unter⸗ schriftlich bewilligt hätten, während die mittleren Geschäfte jede Ver⸗ handlung mit der Organisation der Gehilfen abgelehnt hätten. Nach mehr⸗ stündiger Aussprache wurde beschlossen, eine geheime Abstimmung durch Stimmzettel darüber vorzunehmen, ob in den Ausstand einzutreten sei oder nicht. Diese Abstimmung ergab eine starke Mehrheit für die Arbeitsniederlegung. In Betracht kommen 120 Firmen mit etwa 1000 Arbeitern, von denen 600 im Zentralverbande organisiert sein sollen. Darauf wurde der sofortige Ausstand proklamiert derart, daß von heute ab in allen denjenigen Betrieben die Arbeit zu ruhen hat wo der nen⸗ p git 788 igt 9 8 1

n Iserlohn ist, wie die „Köln. Ztg.“ erfährt 1 abend bei und nach der nunmehr zur Lassache der 4209 aus gesperrten Arbeiter und Arbeiceriagee (v. Nr. 85 d. Bl.) ruhig verlaufen. Bis jetzt sind Gan darmen zur Unterstützung der Schutzleute eingetroffe . her keine Gelegenheit einzuschreiten. Da die Mitglien kantenvereinigung reiche Vorräte auf Lager haben 9 ieder der Aüfträce augführen. können die F

In Osnabrück beschloß, 8 8

Monkag abgehaltene, laßt, nac de he-ret 28. eine am am Dienstag früh auf sämtlichen in Flrnee der Zimmerer, und der nächsten 1ess vnneeh, g reten. Ursache des Streiks ist die Ni⸗ 1 tarifs durch die Arbeitgeber. p ichtanerkennung eines neuen Lohn⸗ b

nur einie

abri⸗ riken

zIn Bremen sind, wie die „Köln. Zta.“ berichtet. söantülche Gärknergehilfen und Gartena;8een den Aasflannd getrakes.

en; sie fanden bis.