1903 / 99 p. 8 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 28 Apr 1903 18:00:01 GMT) scan diff

ch war erst wenige Wochen Minister, als aus den Kreisen der Anlieger die Bitte an mich herantrat, ich möge doch dafür sorgen, daß die Breslau⸗Warschauer Bahn verstaatlicht würde. Nach eingehender Erwägung, und nachdem der Herr Finanzminister sich mit Wider⸗ streben einverstanden erklärt hatte, eine Vorlage einzubringen, hat die Königliche Staatsregierung lediglich im Interesse der Anlieger nicht um ein Geldgeschäft zu machen, nicht um ein Eisenbahn⸗ geschäft zu machen die Offerte aufgestellt, und zwar nach dem Grundsatze, daß zunächst die Stammprioritäten 85,5 % bekämen; das ist derjenige Kurs, der bei der Zwangsverstaatlichung ihnen zustehen würde. Es fragte sich dann, was die Stammaktionäre bekommen sollten, die noch niemals einen Heller Dividende bekommen haben, und die bei der Zwangsverstaatlichung nichts bekommen würden. Da hat die Königliche Staatsregierung lediglich aus dem Gefühl, daß, wenn jemand seine Besitzrechte freiwillig abtritt, er doch irgend eine Entschädi⸗ gung haben muß, den Stammaktionären 15 % offeriert. Dies geschah ferner deshalb, weil es ja nicht unmöglich ist, daß die Erträgnisse der Bahn sich einmal verbessern würden, wenn auch wenig Aussicht dafür vorhanden ist. Denn wenn die Bahn Oels —Ostrowo gebaut ist, dann entgehen natürlich der Breslau⸗Warschauer Bahn viele Trans⸗ porte, die durch die genannte Linie eine Abkürzung erfahren würden; außerdem liegen keine Momente vor, die irgendwie mit Sicherheit er⸗ warten lassen, daß die finanziellen Ergebnisse dieser Bahn sich in nächster Zeit heben werden.

Es sind uns dann die Gerüchte der endlichen Fortsetzung der Bahn nach Rußland vorgehalten worden. Die Staatsregierung hatte nicht die Möglichkeit, meine Herren, ganz zweifellos zu kon⸗ trollieren, ob die Gerüchte wahr waren. Diejenigen Personen, die bei mir im Ministerium sich gemeldet haben Ausländer mit der Behauptung, daß sie die Konzession für den Anschluß der Bahn an die Warschau⸗Wiener Bahn in der Tasche hätten, habe ich nicht empfangen, weil ich als preußischer Staatsminister Ausländer, die mir Offerten machen wollen über eine Angelegenheit, die nur in Ver⸗ bindung der beiden Staaten miteinander geregelt werden kann, Aus⸗ länder, die mir in solchen Angelegenheiten nicht durch das Auswärtige Amt zugeführt worden sind, nicht empfangen kann. (Sehr richtig!) Der betreffende Herr ist von einem meiner Kommissare empfangen worden und hat dort die Auskunft bekommen, daß wir uns auf eine sachliche Erörterung der Frage nicht einlassen können. Er soll, wie nachher berichtet worden ist, in der Aufsichtsratssitzung in Breslau Angaben gemacht haben, die mit diesen Aeußerungen meiner Kom⸗ missare nicht übereinstimmten. (Hört, hört!)

Die Anfragen, die ich über diese Sache gestellt habe an denjenigen Stellen, die für mich zugänglich sind, lauteten derart, daß von einer Konzessionierung seitens der russischen Regierung nichts bekannt war. Immerhin aber, wenn dieses schöne Lichtbild in der Zukunft den Aktionären vorgeschwebt hat, war es für die Königliche Staatsregierung nicht fair, einzugreifen und zu sagen, dann will ich das Geschäft machen, wie es in den Verhandlungen gesagt worden ist. Nein, dann muß man den Aktionären diese ganze Zukunft lassen, und das

hat die Königliche Staatsregierung getan. Sie hat gesagt: wenn ihr glaubt, daß eure Aussichten für die Zukunft so gut sind, so will der Staat nicht als Raubtier auftreten und euch die guten Aussichten wegnehmen. Nun,

dahin vorliegen follte, ist noch nicht da. worden: das wäre nur infolge der Staatsofferte Konzession da gewesen. Das sind alles Sachen, Staatsregterung sich nicht einlassen kann; sie gehören im wesentlichen zu den Börsengerüchten, darum hat sich die Staatsregierung nicht darauf eingelassen, mit irgend welchen Männern in Verbindung zu treten, die vom Standpunkt der Börse aus dieses Geschäft machen wollten. Es ist mir vorgeworfen worden, daß ich einen Herrn empfangen habe, während ich andere Herren nicht empfing. Ja, den einen Herrn habe ich nur empfangen auf Empfehlung eines Mitgliedes dieses hohen Hauses, von dem ich gehört hatte, daß der Herr sich bemühen wollte, die Aktionäre für die Staatsofferte zu gewinnen, und der ausdrücklich gesagt hat: ich komme nicht, um eine Erhöhung der Staatsofferte zu bitten, sondern nur um die Mittel und Wege zu besprechen, daß die Aktionäre schließlich die Offerte annehmen. Ich habe niemanden von der Börse empfangen, der von mir verlangen wollte, die Offerte möchte erhöht werden. Wenn

nun die Börse oder die Männer, die es in der Hand hatten, glaubten, daß die Staatsregierung etwas zulegen würde, so haben sie sich eben gründlich geirrt. Bei zwei anderen Bahnen, der Ostpreußischen Südbahn und der Dortmund⸗Gronau⸗Enscheder Bahn lagen, die Ver⸗ hältnisse ganz anders. Diese Bahnen konnten der Staatsregierung neue Momente bieten, um die Offerte zu erhöhen. Bei der Ost⸗ preußischen Südbahn lag der Grund zur Erhöhung darin, daß erstens Werte vorhanden waren, die nicht unmittelbar zu der Eisenbahn ge⸗ hörten, die uns also durch einen freihändigen Ankauf in den Schoß fielen, und ferner, daß das letzte Betriebsjahr sich erheblich günstiger gestaltet hatte, als zur Zeit der Offerte sich er⸗ warten ließ. Aehnlich war es bei der Dortmund⸗Gronauer Bahn auch, wo uns Werte zufielen, die nicht unmittelbar zur Eisen⸗ bahn gehörten, und wo ferner der Kohlenverkehr sich erheblich ge⸗ steigert, sehr viel mehr gesteigert hatte, als man im vorigen Herbst erwarten konnte, wo also auch die Verkehrsverhältnisse sich gebessert hatten. Da konnte die Staatsregierung es verantworten, dem hohen Hause vorzuschlagen, die Offerte zu erhöhen. Wir würden aber unsere Pflicht nicht getan haben, wenn wir in diesem Falle einer Börsen⸗ spekulation gefolgt wären, indem wir dem hohen Hause mit der Forderung gekommen wären, es möchte 400 000 zulegen.

So bedauerlich also diese Sache für die Anlieger ist, so war der Staatsregierung nichts anderes möglich, als ihre Offerte aufrecht⸗ zuerhalten, und bis zum letzten Moment konnte den Aktionären kein

Zweifel darüber sein bei keiner Aufsichtsratssitzung, bei keiner Generalversammlung —, daß das Gebot nicht erhöht werden würde. Ich habe das jederzeit ausgesprochen; ich habe die Direktion immer instruiert, daß das Gebot nicht erhöht werden würde; der Herr Oberpräsident vou Schlesien hat auch die

der erste April ist gekommen, und die Konzession, die bis Natürlich ist behauptet passiert, sonst wäre die auf die die

Anweisung bekommen, es überall mitzuteilen, daß keine Erhöhung stattsinden würde. Trotzdem haben die Aktionäre die Offerte nicht angenommen.

Was nun die vorgeschlagenen Maßregeln gegen die Bahn betrifft,

41 ist es nach der Konzessionsurkunde allerdings nicht möglich, die

ife sofort herabzusetzen. Es ist auch mißlich, in einen solchen

Krieg mit einem Betriebsunternehmen einzutreten. Ein Betriebs⸗ unternehmen muß die Lebensfähigkeit in sich selber haben, sonst kann es nicht den Aufgaben genügen, die die Anlieger von dem Unternehmen verlangen können. Es wäre dies auch ein kleinlicher Krieg, der der Königlichen Staatsregierung nicht würdig wäre. Eine andere Sache ist die Zwangsverstaatlichung. Die würde möglich sein, und, der An⸗ regung dieses hohen Hauses folgend, werde ich sie ernstlich in Er⸗ wägung ziehen. (Bravo!) Das Ergebnis ist dann, daß die Stamm⸗ prioritätsaktionäre den alten Satz, der ihnen angeboten ist, erhalten würden und die Stammaktionäre leer ausgehen, was sie auch verdient haben nach der Haltung, die von ihnen beobachtet worden ist.

Ich möchte nur eins noch hinzufügen. Ich glaube nicht, daß⸗ wenn die Zangsverstaatlichung vom Herrn Finanzminister und mir beschlossen werden sollte, dann die Staatsregierung dafür zu haben ist, das alte Kaufgebot nebenbei noch aufrecht zu erhalten. Das würde höchstens möglich sein, wenn die Aktionäre sobald wie möglich kämen (Heiterkeit) und selbst bäten, daß wir an dem Kaufgebot noch fest⸗ halten. Dann würden wir aber auch noch von dem zukünftigen hohen Hause abhängig sein, ob dieses noch geneigt sein wird, das seitherige staatliche Kaufgebot zu bewilligen. Wenn die Aktionäre aber nicht bald kommen und wenn die Verkehrsverhältnisse sich verschlechtern sollten, würde die Möglichkeit, das alte Kaufgebot noch aufrecht zu erhalten, natürlich sicher wegfallen.

Ich werde aber gern, wie ich mich resümieren kann, der An⸗ regung des hohen Hauses folgen und in Erwägung ziehen, ob viel⸗ leicht dem nächsten Landtag eine Zwangsverstaatlichungsvorlage vor⸗ gelegt werden kann. (Bravol)

Abg. Dr. Arendt (freikons.): ini i 8 merksancteit den kleinen GCEEE“ E gar nicht hätten gebaut werden dürfen. Einzelne verzinsen sich sehr gut, wie die Halle⸗Hettstädter Bahn, aber im Besitze des Staats wäre die Rente noch höher, und die Interessen der Anlieger würden dann mehr wahrgenommen. In den Beamtenkreisen hat die Neuernennung am Apriltermin enttäuscht, man hatte mehr erwartet. Aber vielleicht

seeht das noch bevor. Bei der Verstaatlichung dürfen die im Staatsdienst nicht benachteiligt werden. 8 e höberm

Minister der öffentlichen Arbeiten Budde:

Meine Herren! Ich weiß nicht, auf welchen Unterlagen die Be⸗ fürchtung des Herrn Vorredners beruht, daß durch die Verstaatlichung der Eisenbahnen die Beförderungsverhältnisse der technischen Mitglieder der Eisenbahnen wesentlich verschlechtert würden. Mir ist bis jetzt nur bekannt, daß von den höheren Technikern der Privatbahnen ein einziger vielleicht in den Staatsdienst eintreten wird. Das würde also die einzige höhere Stelle sein, die unter Umständen durch die Verstaatlichung den bisherigen Technikern verloren ginge, wenngleich andererseits so viel Linien dazu kommen, daß selbstverständlich dadurch auch mehr Techniker auf die Dauer gebraucht werden.

Wie eine Enttäuschung am 1. April bei den höheren Technikern hat stattfinden können, weiß ich auch nicht, denn es ist ja im Lande bekannt, daß der Etat für 1903 sechs neue technische Stellen aus⸗ wirft. Diese neuen Stellen sind auch zum 1. April besetzt worden;

mehr waren natürlich nicht zu besetzen, abgesehen von denjenigen Stellen, die durch Abgang frei wurden.

Ich kann im übrigen versichern, daß ich natürlich mein Augen⸗ merk darauf richte, nach Möglichkeit die Lage der Techniker zu ver⸗ bessern. Ich glaube auch, daß, da mir eine Anzahl von Technikern,

die im 60. bis 70. Lebensjahre stehen, angezeigt haben, daß sie den Abschied nehmen wollen, dadurch bis zum 1. Oktober d. J. für die jüngeren Techniker, die allerdings! berechtigterweise schon länger auf Beförderung oder Anstellung warten, bessere Verhältnisse eintreten werden; aber mehr Stellen, als im Etat vorhanden sind oder durch Abgang frei werden, kann ich natürlich nicht besetzen.

Ich wiederhole aber nochmals, daß die Verstaatlichung der Eisen⸗ bahnen keine Verschlechterung der Beförderungsverhältnisse der Techniker herbeiführen kann.

Der Gesetzentwurf wird darauf einstimmig angenommen.

Dann folgt die dritte Beratung des Gesetzentwurfs über den Erwerb des Ostpreußischen Südbahnunter⸗

W1 den 8 8

Dr. Krieger (fr. Volksp.): jie Südb schickter Weise nhSa-. die 9018)r 8 ihce. ziehen. Die Regierung will diese guten Beziehungen weiter pflegen, wie daraus hervorgeht, daß der erste Direktor in den Staatsdienst übertritt.

Minister der öffentlichen Arbeiten Budde:

Meine Herren! Es liegt natürlich der Königlichen Staatsregierung daran, daß die beiden östlichen Hafenstädte Königsberg und Danzig durch die Verstaatlichung der beiden sie bedienenden Privatbahnen nicht geschädigt werden. Wenn man nun ein Geschäft übernimmt, welches in bewährter Hand gewesen ist, so wird jeder Ueber⸗ nehmende sehen, daß er die leitenden Kräfte, namentlich beim Ueber⸗ gang, so lange als möglich beibehalten kann. Das macht der Ge⸗ schäftsmann überall in der Welt, sei es, welches Geschäft auch abge⸗ schlossen wird. Von diesem Gesichtspunkte ausgehend, habe ich mich bemüht, die beiden Leiter des Verkehrs in Königsberg und Danzig, die Direktoren der Bahnen, zu veranlassen, daß sie in irgend ein dienst⸗ liches Verhältnis zum Staate treten, um ihre Erfahrungen und ihre Verbindungen, die sie bisher gehabt haben, für den Staat verwerten zu können. Insofern ist es also auch richtig, was der Herr Vorredner gesagt hat, daß der leitende Direktor der ostpreußischen Südbahn vor⸗ aussichtlich in den Staatsdienst übertreten wird, indessen sind die Ver⸗ handlungen noch nicht zum Abschluß gelangt.

Was die Konsequenzen betrifft, die der Herr Vorredner daran geknüpft hat, daß die Staatsregierung es übernehmen möchte, dafür zu sorgen, daß in Zukunft keine Minderzufuhr an Getreide nach Königsberg kommt, so geht das natürlich darüber hinaus, was die Staatsregierung zusagen kann. Denn die Mengen an Getreide, die nach Königsberg kommen es handelt sich hier hauptsächlich um ein Kommissionsgeschäft —, hängen in erster Linie von der Königsberger Kaufmannschaft selbst ab. Die Kaufleute machen selbständig das Geschäft, und wir als Eisenbahner haben die Verpflichtung, die Mengen, die abgeschlossen sind, heranzuführen. Um aber der Kaufmannschaft die Möglichkeit zu geben, sich des alten Organs zu bedienen, mit dem sie früher Beziehungen gehabt haben, beabsichtige ich, wie erwähnt, den Direktor in den Staatsdienst zu übernehmen. Wie sich die Verkehrsverhältnisse in Zukunft gestalten werden, ob dieselben Transportmengen über die ostpreußische Südbahn

oder über die Staatsbahn Eydkuhnen—Königsberg fließen werden, kann

ich nicht sagen; das ist auch gleichgültig. Bisher haben die beiden

Bahnen si

8 b. das nicht Konkurrenz gemacht, und in Zukunft ist mehr 2 die Staatsregierung hat damit, daß sie in den Staatsdienst zu übernehmen, alles igsberg und Danzig die Be.

nöͤtig. Ich glaube aber, bemüht ist, die Direktoren

Kaufmannschaft in Kön wir nach den alten Grundsätzen fortarbeiten

ruhigung zu geben, daß n 8 5 89 bestrebt sind, alles zu tun, um Schädigungen von den

beiden Hafenplätzen fern zu halten. Auch dieser Gesetzentwurf wird einf

der Nachtrag zum Staatshaushaltsetat in dritter

timmig angenommen,

ebens

Lesung. 1 Schluß folgt noch die zweite Beratung des Ge⸗ etz⸗ n Lhezs ü hb polizeiliche Regelung des Feuer⸗ löschwesens.

ie Regierungsvorlage lautet: 1“ Dis egbenneseronangen können Vorschriften üüber die Ein⸗ richtung des Feuerlöschwesens⸗ mhebesondese über, 89 Vechsachtun⸗

8 bei Bränden, zur EEE““ 8 Gestellung der erforderlichen 87 une, 8 Feuerwehren aus den feuerloschyf tigen

ade Einrichtung vog gpflichtung zur Hilfeleistung hei Bränden

. d über Gemeinden, getroffen werden. Der Abg. von Dagfar h Cons beantragt, e enden Absatz hinzuzufügen: Seeee. folgennmenda 8. Rheinprovinz und Westfalens be⸗ dürfen die in dieser Richtung erlassenen Polizeiverordnungen der

dem

Ortspolizeibehörden der Zustimmung der zum Erlaß von Orts⸗ statuten zuständigen Organe. ber. Der Abg. Herold (Zentr.) heantragt, in diesem An⸗

trage statt der Worte „die in dieser Richtung erlassenen“ zu setzen: „solche“. 88 d nen Kreitling (fr. Volksp.) beantragt, an Stelle der Worte „Durch Po izeiverordnungen“ in 5 ersten Zeile zu setzen: „Hurch Ortsstatut, erforderlichenfa s durch tatut eines weiteren Kommunalverbandes“. ttfurtb Abg. Kreitling (fr. Volkap.): Der Antrag von Ditfur nen⸗ auf die ganze Monarchie ausgedehnt werden, wie dies mein Antrag bezweckt. . 3 W Abg. von Ditfurth (kons.): Nur in Rheinland und West⸗ falen können die Polizeibehörden ohne jede Mitwirkung der Selbst verwaltungsbehörden Verordnungen erlassen. Mein 83 er⸗ cheidet sich von dem des Abg. Kreitling dadurch, daß er nicht die olizeiverordnungen durch Ortsstatute ersetzen will. Es muß ein vewifser polizeilicher Zwang ausgeübt werden, mit dem Ortsstatut allein läßt sich eine Verpflichtung zur Bedienung der Löschgerätschaften nicht konstruieren. 5 88 Unterstaatssekretäur von Bischoffshausen: Die Regierung muß an der Vorlage festhalten. Die Anträge sind für sie un-. annehmbar. Es wäre ein nicht unbedenklicher Schritt, dessen Kon..— sequenzen man noch nicht übersehen kann, wenn man die Sache ftatt der Polizei den Gemeinden überläßt. 3 8 Abg. Herold (Zentr.) begründet seinen rein redaktionellen Antrag. Nach weiteren kurzen Bemerkungen des Abg. Kirsch (Zentr.) und eines Regierungskommissars wird der An⸗ trag Kreitling gegen die Stimmen der Freisinnigen abgelehnt, der Antrag von Ditfurth mit dem Abänderungsantrag Herold

und in dieser Fassung der Gesetzentwurf angenommen.

Darauf vertagt sich das Haus.

Schluß der Sitzung 4 Uhr. Nächste Sitzung: Dienstag

11 Uhr. (Interpellation des Abg. Gothein (fr. Vgg.) über

die Entschädigung der rauch die letzten Stürme ge chädigten

Füscher in den preußischen Küstenbezirken; Interpellation des bg. Freiherrn von Buddenbrock (kons.) uͤber die Militär⸗

anwärker im Staats⸗ und Kommunaldienst; Petitionen.)

Land⸗ und Forstwirtschaft

Die russische Butterfabrikation.

Das russische Landwirtschaftsministerium hat dem landwi schaftlichen Kongreß ein Memorandum zur Begutachtung ee welches folgende Angaben und Vorschläͤge sezüglich der Buttch, enthält. 3 zokalbeh 8

ie lerung und die Lokalbehörden haben durch Grü

von Deereshenhn und Anstellung von Instruktoren d Ergedamg 3 —2 der Butterproduktion getan. Zweifellos hat auch die

Kilchwirtschaft in Rußland während der letzten Jahre die schritte gemacht, sie ist aber, was die Menge sornchl als au 6 Güte der Erzeugnisse betrifft, noch großer Verbesserung fähig. 8 8 der Saison 1900/01 hat e nur 1 919 000 Pud Butter exporticesekak also bedeutend weniger als Dänemark. Was die Qualität der russischen Butter betrifft, so genügt es, darauf hinzuweisen, daß australisce Butter auf dem Londoner Markt mit 105 sh. pro Zentner bezahlt wird, russische Butter dagegen nur mit 85 fh.

Der niedrige Preis der russischen Butter auf ausländischen Märkten ist eine direkte Folge der mangelhaften Produktions. und Transportbedingungen. Die kleinen Meiereien sind nicht in der Lage die neuesten Vervollkommnungen der Produktionstechnik anzuwenden, und die Folge davon ist, daß das Erzeugnis sehr verschieden ausfällt. Dieser nsbelstand kann am besten dadurch beseitigt werden, daß die kleinen Produzenten sich zu Genossenschaften vereinigen und ihre Milch gemeinschaftlich verarbeiten. 8 F 5

In Rußland stehen etwa 1000 Eiswaggons für die Butter.

beförderung zur Verfügung. Sie verkehren aber fast aschn auf der sibirischen Bahn, und im nördlichen Teil des europäischen

Rußland fehlen sie ganz. Im Seeverkehr zwischen Reval und Riga einerseits und Kopenhagen und London andererseits sind einige Dampfer mit Kühlvorrichtungen in Dienst gestellt, und in Riga sind Kühlhallen vorhanden. Diese Kühlhallen haben aber nur eine unter⸗ . eordnete Bedeutung, da die Butter meist schon in schlechtem Zustande i Riga eintrifft. Abgesehen von der durchaus notwendigen Ver⸗ mehrung der Kühlwaggons, erscheint es daher sehr wünschenswert, daß an den Produktionsorten und an den in Betracht kommenden Abgangs⸗ stationen Kühlhallen errichtet werden. 8

Um zu vermeiden, daß die einzelnen Partien aus verschieden⸗ artigen Qualitäten bestehen, wird die Exrichtung größerer Nieder⸗ ichen die Butter sortiert und ihre Güte ge⸗

lagen empfohlen, in wele 1 prüft werden könnte, wie solches in Australien von der Regierung

gegen eine geringe Vergütung getan wird.

Endlich ist es erwünscht, in London, Kopenhagen und Hamburg Agenturen zu errichten, welche als Festren für die russische Butter⸗ ausfuhr zu dienen hätten. Durch diese Agenturen würden die russischen Landwirte die Möglichkeit erhalten, sich zu jeder Zeit über die Lage der Absatzmärkte zu orientieren. (St. Petersburger Zeitung.)

Türkei. 8 Getreideausfuhrverbot für den Sandjak Durazzo. Durch Verfügung der Kaiserlich ottomanischen Regierung ist die Ausfuhr von Mais aus dem Sandjak Durazzo (Wilajet Scutari) mit Rücksicht auf örtliche Bedürfnisse bis zum 1./14. Juli d. J. verboten worden. Ausgenommen sind nur diejenigen Mengen Mais, über deren Verkauf bereits früher ordnungsmäßige Verträge

abgeschlossen worden sind. 6 ““