Der auf dem Dache des eö neben der Küppel für den großen Refraktor aufgestellte große Gitterspektrograph ist von Professor Müller im Sommer 1902 ununterbrochen zu Untersuchungen über die terrestrischen Linien im Sonnenspektrum benutzt worden. Auf den mit Hilfe des Apparats erhaltenen Aufnahmen sind die unserer Atmosphäre angehörigen Ab⸗ sorptionslinien mit dem Mikroskop leicht aufzufinden.
Professor Lohse hat seine Untersuchungen über die Spektra verschiedener Elemente weitergeführt; Professor Hartmann und Dr. Eberhard haben in Gemeinschaft eine große Reihe von Experimenten über die Spektra einiger Metalle, insbesondere des Magnesiums und des Siliciums, angestellt.
Von den großen Planeten befand sich im abgelaufenen Jahre keiner in günstigen Sichtbarkeitsverhältnissen, und es wurden daher⸗Beobachtungen über ihre physische Beschaffenheit, nicht gemacht. 1 b
Die photometrische Durchmusterung des nördlichen Himmels, die Professor Müller in Gemeinschaft mit Professor Kempf ausführt, wurde beträchtlich gefördert. Der dritte Teil, die Zone + 400 bis + 600 Deklination umfassend, wurde vollendet und mit dem Druck begonnen; der Katalog enthält 4108 Sterne, etwas weniger, als zwischen +† 200 und +† 400 Deklination vorhanden sind. Für den vierten und letzten Teil der Durchmusterung, der von 600 bis zum Pol reicht, sind bereits 100 Zonen beobachtet worden, und der Abschluß der ganzen Arbeit steht im Jahre 1904 zu er⸗ warten.
Der bei Gelegenheit der Zonenbeobachtungen aufge⸗ fundene vesandaahe Stern X Persei mit sehr langer Periode wurde fortgesetzt beobachtet; er hat im Jahre 1902 weiter abgenommen und befindet sich zur Zeit in seinem Minimum. Im verflossenen Jahre wurde ein Stern im Sternbild des Bären als veränderlich erkannt; besitzt die bemerkenswert kurze Periode von wenig er 4 Stunden, die kürzeste bisher bekannte. Eine ausführ⸗ liche Mitteilung über diesen Stern ist in den Sitzungsberichten der Königlichen Akademie der Wissenschaften zu Berlin ver⸗ öffentlicht worden. “ ,
8. Die Untersuchungen über die Helligkeitserscheinungen der Nova Persei sind von Professor Müller und Professor Lempf weitergeführt worden. Die Beobachtungen des Sterns mit öö des Photometers konnten noch an 27 Tagen vorgenommen werden: zuerst noch mit 8 des Steinheilschen Refraktors von 13 cm Oeffnung, päter, als die Helligkeit merklich unter die 9. Größe sank, mit ilse des Schröderschen Refraktors von 30 cm Oeffnung. ie Bearbeitung des gesamten Beobachtungsmaterials, das auf eine Aufforderung hin von zahlreichen Beobachtern eingegangen war, ist schon Besagfht h 3e geschritten, wird aber noch geraume Zeit in Anspruch nehmen. 8 Die Fölt Professor Wilsing und Professor Scheiner gonnene Untersuchung über die relative Helligkeit der Hauptspektrallinien der helleren Nebelflecke wurde zu Ende geführt, und die erhaltenen Resultate sind in den Astrono⸗ schen Nachrichten veröffentlicht worden. 1 Im Jahre 1902 wurden im ganzen 52 photographische Aufnahmen von der Sonne gemacht, 21 von Professor Lohse, 31 von Professor Hartmann. An 70 Tagen war die Sonne leckenfrei, und erst gegen Ende des Jahres traten größere Gruppen von Flecken auf, so daß das seit 1899 andauernde Minimum der Sonnentätigkeit nunmehr sein Ende erreicht haben dürfte. — Die von Professor Kempf am Spektro⸗ heliographen ausgeführten Beobachtungen der Sonne ergaben nur das Vorhandensein unbedeutender Objekte von kurzer Dauer.
Für den Katalog der photographischen Himmelskarte hat Dr. Scholz 77 Platten mit 16 370 Sternen katalogisiert und von 1000 Sternen die genäherten Oerter berechnet, sowie einige der katalogisierten Platten mit der Bonner Durchmusterung verglichen. Ferner sind von einem Hilfsrechner die genäherten Oerter von 18 000 Sternen berechnet worden. Der dritte Band des Katalogs ist im Juli 1903 versandt worden. 1 Dr. Ludendorff hat eingehende Untersuchungen über die Kopiefehler des bei den Aufnahmen verwendeten Gitters sowie über die Schichtverzerrungen auf photographischen Platten an⸗
estellt und bis Ende des Jahres nahezu zum Abschluß gebracht. Ebann haben Dr. Eberhard und Dr. Ludendorff gemein⸗ schaftlich eine Untersuchung über die mittlere Verteilung der Sterne auf den Platten angestellt.
Von den zahlreichen Arbeiten, die auf dem Observatorium außerdem ausgeführt worden sind, mögen hier noch die von Professor Hartmann angefertigten Vergrößerungen einer Anzahl der bestgelungenen, von ihm am 80 cm⸗Refraktor erhaltenen Aufnahmen (Mond, Orionnebel, Ringnebel, in der Leier) erwähnt werden, sowie von Dr. Ludendorff und Dr. Eber⸗ hard im Brennpunkt des photographischen Refraktors von 32 ½ cm Oeffnung hergestellte direkte Aufnahmen besonders von Sternhaufen, darunter eine Aufnahme des Sternhaufens im Herkules. — Im Frühjahr 1902 hat Professor Scheiner eine Untersuchung üͤber die Temperatur der Sonne begonnen, die gute Resultate zu liefern verspricht. 1
Von den Publikationen des Observatoriums wurde das dritte Stück des zwölften Bandes: Nr. 41. O. Lohse, Funken⸗ spektra einiger Metalle, im Druck vollendet; der hiermit ab⸗ geschlossene zwölfte Band der Publikationen ist im Juni 1902 zur Versendung gelangt. Am Schluß des Jahres befanden sich im Druck: Nr. 44. G. Müller und P. Kempf, Photo⸗ metrische “ des nördlichen Himmels. III. Teil,
Zone + 400 bis + 606 Deklination, und LE1“ immelskarte, Zone + 310 bis + 400 Deklination. Katalog. III. Band. A. Biehl.
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Statistik und Volkswirtschaft.
Zur Arbeiterbewegung.
Die ilarbeiter in Armentidres (vgl. Nr. 245 d. Bl. aben ssTertilae T. B.“ meldet, in der gestrigen allgemeinen Ab⸗ timmung mit großer Mehrheit für die Förtsetzung, des Ausstandes ausgesprochen. Von rund 12 000 Arbeitern und Arbeiterinnen be⸗ teiligten sich 8576 an der Abstimmung. 7264, unter diesen 700 Belgier, 8 stimmten für den Ausstand und 1300 gegen ihn.
b In Dünkirchen sind, dem „W. T. B.“ zufolge, am Sonn⸗ aendvormitta 300 Hafenarbeiter in den Ausstand getreten. i haben sich heute durch eine allgemeine Abstimmung für die Fort⸗ etung des Ausstandes ausgesprochen.
Kunst und Wissenschaft. 1
E mlung der Berliner Gesellschaft für 11“ sacg n arignesie 1903/⁄4 fand unter Vorsitz des Geheimen Medizinalrats, Professors Dr. Waldeyer am letzten
Sonnabend statt. Von dem Schriftführer Dr. Träger gelangte ein Brief vom 2. Oktober aus Tunis zur Verlesung. Danach beab⸗ sichtigte der Forschungsreisende einen Apsflug in die tripolitanischen Grenzgebirge. Im Sommer besuchte er, krotz der Kriegswirren auf der Balkanhalbinsel, Albanien, schlug aber einen anderen Weg als auf seiner früheren Reise ein. Das von Dr. Träger bei seinem in Sarajewo endenden Ritt kennen gelernte Gebiet der Miriditen erwies sich als von der Kriegsfurie unberührt. Er vermochte interessantes ethno⸗ graphisches Material zu sammeln; an anthropologischem’ und archäologischem war die Ausbeute jedoch Kring. — Professor Dr. Klaatsch schrieb aus Frankreich, aus dem Departement Dordogne, daß er augenblicklich damit beschäftigt sei, den Rest der für sein Studium der Tertiärfeuersteine wichtigen Fundstätten zu untersuchen, nachdem er zu gleichem Zweck vor kurzem an einigen Punkten jenseits der Pyrenäen tätig gewesen sei. Er hoffe, neues Material für seine Vermutung der Existenz des Menschen im Ausgang der Tertiärzeit zu gewinnen. Weitere vom Vorstandstisch erfolgende Mitteilungen betrafen u a. eine Dar⸗ legung von Dr. Hase⸗Braunschweig, in der schwere Bedenken gegen die Mitwirkung der Menschenhand bei Entstehung der z. Z. im Vordergrund der anthropologischen Forschung stehenden Eolithen erhoben werden, ferner eine Untersuchung der berühmten Madrider Mayahandschrift und eine Arbeit des Konservators Krause am Museum für Völkerkunde über die Nützlichkeit der Verwendung von kohlensaurem Ammoniak bei Konservierung eiserner Altertümer.
Vor der Tagesordnung erhielt noch das Wort Professor Dr. Hans Virchow zu einer von Demonstrationen begleiteten Mit⸗ teilung über den Vorteil, der dem anatomischen Studium erwächst, wenn Knochen sowohl in der Vereinzelung als in ihrer Zusammen⸗ stellung zum Skelett untersucht werden.
Den ersten Vortrag des Abends hielt Professor Dr. Sch wein furth züber älteste Kieselartefakte von Theben in Oberägyten“. Einleitend kam der Vortragende auf seine im vorigen Winter bereits mitgeteilte Beobachtung zurück, wonach er einem Pavian aus der Ferne zu⸗ gesehen habe, wie er gewisse sehr harte Nüsse unter Anwendung eines Steins öffnete. Professor Schweinfurth zeigte jetzt die von ihm mit⸗ genommenen angeknackten Nüsse, die er nach Verjagung des Pavians bon dem Marmorblock aufgesammelt, an dem er den Affen kurz vorher in der geschilderten Art mit dem Oeffnen der Nüsse beschäftigt gesehen hatte. Die Bevbachtung regt jedenfalls zu weiterer Untersuchung der Frage an, ob es dem Menschen allein vorbehalten ist, sich des Geräts zu be⸗ dienen, oder ob auch Tiere, sei es aus eigener Intelligenz, sei es aus dem bei Affen so entwickelten Nachahmungstrieb zur Anwendung ein⸗ fachster Geräte gelangen? Auf das Thema seines Vortrages ein⸗
lenkend, der durch zahlreiche, als Feuersteinartefakte angesprochene
erläutert war, gab von den Fundstätten, westlich von Theben bei Wadigen und am Abhang des Luzina⸗Hügels 1 km. nördlich von den Königs räbern befinden. Die Gebirgsformation gehört unzweifelhaft dem Pliocän, der letzten Periode des Tertiärs, an, von dem es bekannt und auch an diesem Pliocänplateau durch das Vorkommen von Foraminiforen (Schalen ausgestorbener Generationen von Wurzelfüßlern) nachgewiesen ist, daß während der Uebergangsperiode zum Diluvium Kalke darüber abgelagert worden sind. Die Abwesenheit von kristallinischen Geschieben oder sonstiger Urgebirgsbrocken beweist aber für das oberägyptische Pliocän, daß es außerdem in der Diluvialzeit keine Ueber⸗ lagerungen erfahren hat, ja es darf aus dem Dichtnebeneinander⸗ liegen von zueinander passenden Steinbruchstätten gefolgert werden, daß diese Randzone des Niltaleinschnitts in der ganzen Diluvialzeit wenig oder gar nicht gestört worden, ihr Klima wahr⸗ scheinlich ungefähr dasselbe geblieben ist wie heute. An den mehr oder weniger steilen Terrassen, in denen dieser Talrand zum Strom abfällt, finden sich nun sehr starke Schutthalden von im Laufe einer sehr langen Zeit, die nach Penk als die erste Periode des Diluviums anzusehen ist, abgebröckelten und zu Tale gestürzten Schottermassen.
der Vor⸗
Fundstücke die sich
tragende wenig
und Zeichnungen zunächst ein Bild
Sie besitzen an der Hauptfundstätte eine Mächtiskeit von 16 m, und
es ist das obere Drittel dieser Schicht, aus welcher allein die nach Tausenden zählenden Kieselartefakte hervorgezogen worden sind. Scheint es nach diesem Sachverhalt somit zweifellos, daß diese Fundstücke spätestens in der ersten Periode des Diluviums, also gleich⸗ zeitig mit der Periode, die in Deutschland das Mammut sah, ver⸗ schüttet worden sind, was auß die Existenz ihrer Verfertiger auf dem Pliocänplateau vor oder während dieser Periode zu schließen er⸗ lauben würde, so spitzt sich die in den letzten Worten berührte Folgerung ausschließlich zu der Frage zu; Darf überhaupt die Ver⸗ wendung bezw. Anpassung für den Gebrauch dieser als Geräte und Waffen angesprochenen Silerfundstücke durch den Menschen wirklich als unzweifelhaft angenommen werden? Diese Frage beantwortete der Vortragende nach seinen sorgfältigen und jahrelang fortgesetzten Beobachtungen im wesentlichen bejahend. Aller⸗ dings, so führte er aus, gab es auch eine natürliche Formänderung der Kiesel durch Witterungs⸗ und Druckver⸗ hältnisse; allein diese natürliche Aussplitterung unterscheide sich sehr charakteristisch von der künstlichen Formveränderung durch Menschen⸗ hand. Sie gehe fast immer in derselben Art vor sich, nämlich durch muschelige, ziemlich symmetrische Ablösung flacher Schalen. Die Ursache hierfür sei der Druck schwerer Schichten in Verbindung mit Sickerwasser. Meist liegen diese Schalen in ihrer ursprünglichen Ein⸗ bettung horizontal. Werde der Druck auf die oft vorkommende kugelige Struktur eines Feuersteins geübt, so lösen sich die Schalen in Form von flachen Ringen ab und lassen einen innern Kern von 3 bis 30 g Gewicht zurück, eine sehr häufig vorkommende Erscheinung. Es ist nun höchst bemerkenswert, daß unter den vom Vortragenden als zweifellose Artefakte behaupteten Fundstücken sich viele solcher Ringe finden, welche die Menschen als geeignet zur Benutzung, namentlich unter Schärfung ihrer Kanten, zu Schneid⸗ und Dengelwerkzeugen erkannt zu haben scheinen später vielleicht auch als Schlagringe, somit als Waffen an⸗ wendeten. Für seine Auffassung dieser „neben anderen als Hammer und Messer benutzter Fundstücke führte Professor Schwein⸗ furth auch an, daß nur handliche und nicht zu schwere Steine keine Spuren von Anpassung und Abnutzung durch den Gebrauch zeigen, nicht die leichten, auch nicht die sehr schweren. Ebenso fand er charakteristische Unterschiede heraus zwischen auf natürlichem und auf künstlichem Wege umgestalteten Steine, nämlich in der andern und stärker verwitterten Beschaffenheit der Patina (Rindenschicht) bei den ersteren. Der Vortragende empfahl schließlich den von ihm häufig. gebrauchten Ausdruck Manufakte statt Artefakte, als die Sache besser treffend, weil kaum irgend ein Gerät, als ausschließlich von Hand bereitet, mit solchem Recht bezeichnet werden könne, wie diess 88 im wesentlichen der paläolitischen
it angehörigen Feuersteinwerkzeuge. P Sen haciceng Föich an den vorigen eng anschließende Vortrag von Professor Dr. Eugen Bracht Bericht über eine Reise nach den Fundstellen der Eolithen in Westflandern“ bestätigte in ausführlichen Weghas a die Serleriet e Fe * „Wenn⸗ 18 —
ließenden Beantwortung der Frage, ob man gegebenen Falles in 1 Feuersteinfunden von Menschenhand gebrauchte, unter Umständen geformte und mehr oder weniger abgenutzte Werkzeuge vor sich habe. Professor Bracht fand in der Nähe von rüssel Silexbänke 0,80 bis 1,20 m tief unter der Oberfläche des gewachsenen Bodens, nicht mehr als 1 m breit und kniehoch, und war tagelang vergeblich bemüht, unter einer großen Menge herausgeförderten Materials
Stü ind die als Artefakte gelten könnten. Doch Shtüce zu 1 eallmählich der Blick für diese Aufgabe, sodaß eine Sammlung angelegt werden konnte, die in ihren
interessantesten Stücken vorgezeigt wurde. Sie erweisen sich in der Mehrzahl von zylindrischer oder pyramidaler, keilförmiger Form, und es bedarf in der Tat nicht der Beihilfe einer lebhaften Phantasie, um die Anfänge einer Zurichtung, die erfolgreiche Anpassung an die Hand und die Abnutzung der Schlag⸗, Stoß⸗ oder Schneidflächen zu erkennen. Ueberzeugend wirkte besonders der Vergleich mit ähnlichen Steingeräten, die notorisch noch heute bei in der Entwickelung zurück⸗ gebliebenen Völkern in Gebrauch sind, wie dergleichen aus dem peträischen Arabien vorgewiesen wurden. Ebenso finden sich ganz ähnliche
ado Rügen. Es wird hierdurch
Stücke in unserem Feuersteineldorad
Alexander zu nennen, der
zugleich einer auch von Professor Schweinfurth aufgeworfenen Fr Beantwortung zuteil, der Frage, ob diese Feuerstein⸗Benutzung und „Technik überall ursprünglich oder ob sie als Erfindung besonders intelligenter Menschen von Stamm zu Stamm, von Land zu Land übertragen worden sei. Die Antwort könne kaum anders als zu Gunsten des ersten Teils der Alternative lauten.
Im ganz gleichen Sinne wie die beiden Vorrednet sprach sich zum Schluß auch der Geologe Professor Dr. Jäkel unter Vorlage von 25 Feuersteinartefakten aus, die ihm aus Freienstein in der2 rignitz von dem dortigen Hauptlehrer überbracht worden sind. Professor Jäkel war selbst an der Fundstelle, um sich davon zu überzeugen, daß diese vom ersten Finder für versteinerte Knochen gehaltenen Stücke mit dem Spaten aus mäßiger Tiefe hervorgeholt und daß ihrer noch mehr aus dem graugelben Sand und Kies herauszufördern sind. Die geologischen Lagerungsverhältnisse der Oertlichkeit sind z. 3. noch nicht genügend klarzustellen, weil die geologische Landesuntersuchung in der Prignitz noch nicht erfolgt ist; es scheint dem Vortragenden jedoch, daß die Stücke sich an ihrem Fundorte bereits in sekundärer Lager⸗ stätte befinden. Charakteristisch und beweisend für die Verwendung durch Menschenhand ist das Vorhandensein der Flächen stärkster Ab⸗ nutzung stets an den der handlichsten Angriffsseite gegen⸗ überliegenden Seiten. Von dem Aussehen, das Verwitterung erzeugt, sind diese Abnutzungsflächen sehr verschieden. Ebenso ist die dem Gletscher und seiner schiebenden Wirkung zugutschreibende Abnutzung, im Fall ein Geschiebe an dem andern gerieben wird, von ganz anderer Beschaffenheit, nämlich entweder sich durch Schrammenbildung oder durch vollständige Glättung kennzeichnend. Bestimmend für die Eigenschaft dieser Feuersteinstücke als menschlicher Werkzeuge und für ihr sehr hohes Alter ist gerade die mit der vielseitigen Benutzungs⸗ weise zusammenhängende Verschiedenheit der Abnutzungen. Denn die Funktionen, welchen diese Instrumente dienten, haben sich sicher erst allmählich differenziert, in dem Sinne, daß man allmählich für die
verschiedenen Arbeiten verschieden beschaffene steinerne Werkzeuge an⸗ wenden lernte.
In Erfurt ist, wie „W. T. B.“ meldet, gestern nachmittag die kunstgeschichtliche Ausstellung der thüringisch⸗sächsischen Länder feierlich geschlossen worden. Der Regierungspräsident von 1“ sprach den Konservatoren den Dank der preußischen Re⸗ gierung aus.
„
Zum Andenken an den verstorbenen Akademiker, Romanisten Gaston Paris hat sich dem „W. T. T. zufolge in Paris eine „Gaston Paris⸗Gesellschaft“ gebildet. Zum Vorsitzenden der Gesellschaft wurde der Direktor der Ecole des Chartes, Paul Meyer, gewählt. Die Gesellschaft zählt 231 Mitglieder, darunter zahlreiche deutsche Gelehrte. b
5 8 Theater und Musik.
Residenztheater.
Im Residenztheater gab es am Sonnabend eine doppelte Ueber⸗ raschung: einerseits darüber, Pierre Wolff, den Vecgsesse des zum ersten Male aufgeführten Lustspiels „Das große Geheimnis“, von einer weit vorteilhafteren Seite kennen zu lernen als wenige Tage zuvor in seiner „Biscotte“, andererseits über die Tatsache, daß ein gemütvoll⸗heiteres, faft harmloses Werk, als welches sich das neue Lustspiel erwies, einen ehrlichen, unbestrittenen Erfolg an einer Stätte davontragen konnte, wo sonst zumeist die am stärksten gewürzte dramatische Kost aus der französischen Hauptstadt für die wohl⸗ schmeckendste galt. Der einfache und doch sehr wirksame Inhalt des von Max Schönau verdeutschten Stückes ist b. erzählt. Ein älteres wohlhabendes Ehepaar ist zu der Ueberzeugung gekommen, daß sein Sohn heiraten müsse, man glaubt auch in Feäules Langeac, einer jungen Dame, die im Hause verkehrt, eine passende Partie ge⸗ funden zu haben. Da gesteht der Sohn, daß er seit geraumer Zeit in engen Beziehungen zu einem Mädchen stehe, das er liebe und von dem er nicht lassen wolle, ja, daß er sogar schon Vater eines Ffan jährigen Sohnes sei. Die Eltern, die einander gegenseitig durch die Strenge ihrer Grundsätze zu imponieren suchen, spielen die Entrüsteten und verlangen die Lösung des Verhältnisses; heimlich vor dem andern aber geht jeder der beiden Alten zu der in bescheidenen Verhältnissen lebenden Geliebten des Sohnes und findet an ihr sowie an dem Enkelkind so großes Gefallen, daß im Ernst an eine Trennung der Liebenden gar nicht mehr gedacht wird. Das Humoristische der Situation liegt nun darin, da seder Teil der gefürchteten strengen des andern wegen sie cheut, das Geheimnis der zu verschiedenen Tageszeiten stattfindenden Besuche bei dem Enkelkind und seiner Mutter zu verraten. Ein huter Freund des Hauses führt endlich das gegenseitige Geständnis derbei, und der beglückte Sohn darf nun seine Gewissensehe zu einer gesetzlichen machen. Dieser einfache Vorgang wirkt weniger durch die Spannung, die er erzeugt, als durch, die behagliche Charakteristik der handelnden Personen. Sie sind wirklich mit einem gemütvollen Humor gesehen und geschildert, wie man ihn bei den Autoren jenseits der Vogesen selten antrifft. Ganz besonders anmutig sind die Kinderszenen des zweiten Akts, weil sie nichts Er⸗ künsteltes an sich haben. — Die guten Eigenschaften des Lustspiels wurden durch eine bis in die kleinen Einzelheiten vortreffliche Dar⸗ stellung in das günstigste Licht gerückt. An erster Stelle ist Herr den nicht ohne Gewissensbisse heimliche Großvaterfreuden genießenden alten Herrn mit einem Humor spielte, der belustigte, aber auch ans Herz griff. Eine ebenbürtige Partnerin hatte er in Frau Margarete Otto⸗Körner aus Hamburg, die seine Gattin elegant in der äußeren Erscheinung und mit einem für das Unterhaltungsstück vielleicht etwas zu schweren, aber warmen, herzlichen Ton spielte. Das farbloser gehaltene Liebespaar fand in Herrn Ernst Bach und Fräulein Sorger sympathische Vertreter. Ganz besonderes Lob gebührt ferner der kleinen Elly Rothe, die schon früher, in den Aufführungen von „Pelleas und Melisande“, durch besondere Begabung aufgefallen war, für ihre frische, natürliche Darstellung des vielumworbenen Enkelkindes. Herr Seldeneck, der vermittelnde Freund, der in einer fein gezeichneten Liebesszene seine angebliche Feindin als Lebensgefährtin gewinnt, und Frau Reisenhofer, der diese letztere Rolle zufiel, lösten ihre Aufgaben ebenfalls mit Geschick und Geschmack und trugen nicht wenig dazu
bei, dem Stück zu verdientem Erfolg zu verhelfen.
Im Königlichen Opernhause geht morgen Massenet lvrische Episode in zwei Abteilungen „Das ürceeef 88 Navarra“ mit Frau Plaichinger in der Titelrolle in Szene. Hierauf folgt. „Die Verlobung bei der Laterne“, Operette von J. Offenbach, mit den Damen Herzog und Rothauser als Annemarie bezw. Katharina, Peter singt erstmalig Herr Jörn, ebenso Fräulein Dietrich erstmalig das Lieschen. Kapell⸗ meister von Strauß dirigiert. Den Beschluß des Abends bildet
das Ballett „Phantasien im 2 8 . Musik von ees⸗ Bremer Ratskeller von C. Graeb.
Im Königlichen Schauspielhause wi 8 ird m Schill
I11“ Penn Peristians ün de Senan⸗
1 kkows 8 Mar osa⸗ . b e Herr Ludwig, die Königin Fräulein indnen dih cprirffin Fhniß Fräu 5 Poppe. Die Vorstellung beginnt um 7 Uhr .
1— Direktion des Berliner Tonkünstlerorchesters teilt gegenüber anders lautenden Gerüchten mit, daß das Orchester weder
aufgelöst ist, noch ausei 1 1 Namen sbrtzandergehen “ Faceh .
Mannigfaltiges.
Berlin, den 19. Oktober 1903.
Gestern mittag um 12 Uhr fand 12 U auf dem Platze vor Brandenburger Tor die feierliche Enthüllung der Denk⸗ mäler weiland Ihrer Majestäten des Kaisers und der Kaiserin Friedrich statt. Die Standbilder ähneln in threm Auf⸗
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