1904 / 261 p. 9 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 04 Nov 1904 18:00:01 GMT) scan diff

No 261.

8 Preußischer Landtag. .“ Haus der Abgeordneten. 96. Sitzung vom 3. November 1904, Vormittags 11 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)

8 Ueber den Beginn der Sitzung ist in der gestrigen Nummer

Bl. berichtet worden. 8

Zur Beratung steht der Antrag des Abg. Fritsch (nl.):

„die Königliche Staatsregierung zu ersuchen, dem Landtage

der Monarchie einen Gesetzentwurf vorzulegen, durch welchen die

Bestimmungen des Gesetzes vom 21. Juli 1852, betreffend die

Dienstvergehen der nicht richterlichen Beamten, über die Zulässig⸗

keit von Arreststrafen gegen untere Beamte aufgehoben werden.“ 1

Zugleich mit dem Antrage wird eine Petition von

Land Zugle und Genossen in Rixdorf u. a. O. um Abschaffung

der Arreststrafe für Unterbeamte beraten. Die Petitions⸗

kommission hat Je die Petition der Regierung zur Er⸗

wägung zu überweisen. Abg. SeP F en Volksp.) 1. tragt, gierung zur Berü tigung zu überweisen. 1 Adg Eckert (frkonf.): Es ist mit Freuden zu begrüßen, daß die Petitionskommission sich diesmal der Petition freundlicher gegenüber⸗ gestellt hat als früher. Mit 12 gegen 7 Stimmen hat sie die Ueber⸗ weisung der Petition zur Erwägung an die Regierung empfohlen; die Minderheit war sogar für Ueberweisung zur Berücksichtigung. Ich teile die Ansicht dieser Minderheit. In den Kreisen der unteren Beamten herrscht die Anschauung vor, daß sie eine Geldstrafe vor⸗ ziehen und lieber mit Frau und Kindern hungern wollen, als sich einer so demütigen Strafe ausgesetzt zu sehen. Arreststrafen für unsere Beamten 8 in der Tat nicht mehr in unsere Zeit. Ich bitte Sie, für beide Anträge zu stimmen. 8 Abg. Strosser (kons.): Aus den Unterschriften der Petition geht zunächst gar nicht hervor, was für Unterbeamte darunter sind, da in vielen Fällen die Standeebezeichnung fehlt. Eine große G”” der Unterschriften rührt außerdem von nichtpreußischen Beamten er. Es I aber nicht bestritten werden, daß das Fortbestehen der Arrest⸗ strafen der Unterbeamten manche Bedenken hat, daß sie etwas emütigendes gegenüber Frau und Kindern hat. Daneben muß aber erücksichtigt werden, daß die Arreststrafe in der Armee noch besteht. i den meisten Fällen wird die Arreststrafe nicht in der Kaserne abgebüßt; die Arrestanten werden sogar über die Straße geführt. er Arreststrafe in der Armee sind nicht bloß die Unverheirateten unterworfen. Alle Offiziere, vom höchsten bis zum letzten, sind davon bedroht, und der Stubenarrest der Offiziere bleibt nicht verborgen. Venn ein Schutzmann sich vergeht, verlangen auch Liberale die Arrest⸗ strafe für den Schuldigen. Daß das Ehrgefühl durch die Arreststrafe verletzt wird, kamt ich nicht zugeben. Man verwechselt die Gefängnis⸗ strafe mit Arreststrafe. Kleine Arreststrafen sind noch kein Grund zu einem schlechten Führungsattest. Ich gebe allerdings zu, daß ein wesentliches Bedenken gegen die Arreststrafe darin liegt, daß sie im Reich nicht besteht. Die preußischen Unterbeamten können sich aaher als zurückgesetzt, als Beamte zweiter Klasse fühlen. Darum stehen wir dem Petitum der Unterbeamten sympathisch gegen⸗ über. Diese Sympathie ist in dem Beschluß der Kommission zum Ansdruck gebracht. Die Staatsregierung soll erwägen, inwieweit den Wünschen der Petenten nur irgend entgegengekommen werden kann. Die Unterbeamtenschaft halte ich in ihrer Majorität für viel zu patriotisch, als daß sie sich zur Sozialdemokratie schlagen würde, weil die Arreststrafe besteht. Wir brauchen also das Schreckgespenst der Sozialdemokratie nicht heraufzubeschwören. Jedenfalls genügt es, die Petition der Regierung zur wohlwollenden Erwägung zu überweisen. Abg. Broemel (fr. Vgg.): Die Fün S dieser Angelegen⸗ beit beweist wieder einmal die Wahrheit des Spruches: Und sie bewegt ch doch! Es handelt sich jetzt nur darum, welche Formel wir wählen ollen. Der Vorredner wünscht Ueberweisung zur wohlwollenden Er⸗ wägung. Soischen dieser Formel und der Ueberweisung zur Be⸗ rücksichtigung besteht kein so wesentlicher Unterschied, daß er nicht für diese stimmen könnte. Ich entsinne mich keines Falles, daß wir für einen Schutzmann die Arresistrafe gefordert haben. Wir verlangen nur Recht und Gerechtigkeit. Für die Beurteilung der Sache kommt nicht nur in Frage, daß die zahlreichen Reichsbeamten der Arreststrafe nicht unterliegen, sondern auch, daß sie gegen die Privatbeamten nicht angewendet werden kann. Hie Beibehaltung der Arreststrafe führt dahin, daß ehrliebende Beamte lieber auf einen Dienst verzichten, der einer solchen Demütigung aus esetzt ist. Man sagt mir, daß jetzt schon für die Berliner Schutzmannschaßt ein Ersatz schwer zu beschaffen ist; man wendet sich lieber dem Privatdienst zu. Wenn wir un endlich entschließen, die Arreststrafe in Preußen ganz zu beseitigen, so wird die Sache noch schlimmer werden. 8 Ahbg, Oeser (Hosp. der fr. Volköp.): Nach den ausführlichen Verhandlungen des Hauses wäre es gräusam, wenn ich Sie noch lange aufhielte, zumal auch der konservative Redner von unserem Standpunkte nicht wesentlich abweicht. Ich habe den Eindruck, daß heute die Arreststrafen für die Unterbeamten gefallen sind, daß die Regierung sie nicht mehr aufrecht erhalten kann. Der Hinweis auf die Ofstziere ist nicht stichhaltig, denn von den Beamten sind nur die Unterbeamten der Arreststrafe unterworfen. Diese sind ja außerdem seit Jahren der militärischen Sphäre ent⸗ zogen; sie fühlen durch die Arreststrafe sozufagen einen physiologischen Knachs, den sic Zeit, ihres Lebens nicht wieder los werden. Cs ist doch kein Zufall, daß die Regierung sehr schwer Schutzleute findet. Ausschlaggebender ist für uns, daß durch diese Strafe der ganze Stand der Unterbeamten herabgedrückt wird. Die Arreststrafe ist nicht mehr zeitgemäß. Auch die Staatsregierung, die heute so gründ⸗ lich geschwiegen hat, wird sich überzeugt haben, daß sie die Arrest strafe nicht aufrecht erhalten kann. Mit dem heutigen Tage ist sie endgültig gefallen.

Unterstaatssekretär von Bischoffshausen: Die Bedenken der Staatsregierung gegen die Abschaffung der Arreststrafe sind durch die Debatte nicht widerlegt worden. Die Arreststrafe als Disziplinar⸗ strafe ist bei diesen Kategorien der Unterbeamten nicht zu entbehren. Die Beibehaltung der Arreststrafe ist für die betreffende Beamten⸗ kategorie eine Wäßltat. der Geldstrafen würde nicht

n ihre Familie treffen. . der e apich. Da nach diesen Erklärungen von der wohl⸗ wollenden Erwägung“ der Regierung nichts zu erwarten ist, sollten die Konservativen sich doch lieber unserem Antrag anschließen.

Die Debatte wird geschlossen. Nach dem Schlußwort des Antragstellers Fritsch und einer persönlichen Bemerkung des Abg. Oeser wird der Antrag Fritsch fast einstimmig ange⸗ nommen, darauf auch der Antrag Kopsch auf Ueberweisung der Petition zur Berücksichtigung. Gegen diesen Antrag siimmt nur ein Teil der konservativen Partei.

Es folgt die Beratung des von den Abgg. Ernst, Zwick, von Schenckendorff, Krause⸗Waldenburg, von Kölichen und Dr. Glattfe ter am 11. März eingebrachten und von Mitgliedern aller Parteien unterstützten Antrages:

8

die Petition der Re⸗

Deutschen Reichsanze

uns nicht

Zweite Beilage

Berlin, Freitag, den 4. November

die Königliche Staatsregierung zu ersuchen, in den nächstjährigen Etat eine Summe einzustellen zur Förderung des hauswirt⸗ schaftlichen Unterrichts in den Mädchenvolksschulen derjenigen Orte, in welchen die wirtschaftlichen und sozialen Ver⸗ hältnisse dies besonders wünschenswert erscheinen lassen. 3

Abg. Ernst (fr. Vgg.): Daß eine gewisse hauswirtschaftliche Vorbildung unserer weiblichen Jugend in der Schule eine zwingende Notwendigkeit ist, wird auf allen Seiten des Hauses zugestanden. Die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse haben sich in vielen Orten in einer Richtung entwickelt, welche der Mutter und Hausfrau ihre Aufgabe, als Erzieherin und Unterweiserin ihrer Töchter sich zu be⸗ tätigen, erschweren oder ganz unmöglich machen. Wenn die Mutter des Broterwerbs wegen tagsüber vom Hause abwesend sein muß, wo soll die hauswirtschaftliche Belehrung für die Tochter herkommen? So treten die Töchter der Arbeiterfamilien oft in die Ehe, ohne die geringste Kenntnis von der Hauswirtschaft zu haben. Die Mädchen ihrerseits treten in den Fabrikdistrikten sofort nach der Konfirmation in die Fabrik ein, bleiben Fabrikarbeiterinnen bis zur Ver⸗ heiratung und stehen nun den Anforderungen der Führung des

aushalts ratlos gegenüber. Es dauert nicht lange, und die Heughanna der Ehe mit allen ihren üblen, Folgen ist eingetreten. Es existieren ja Vereine, welche sich ernsthaft bemühen, den Mißständen, die in diesen Verhältnissen wurzeln entgegenzuarbeiten; aber das genügt nicht. Wenn eine Frau durch unwirtschaftliches Führen des Haushalts auch nur 10 täglich zu viel ausgibt, so macht das bei 10 Millionen Familien in Deutschland jährlich 365 Millionen Mark aus, welche dem Nationalvermögen entzogen werden. Hausfrau zu sein, ist eben in gewissem Sinne ein Gewerbe wie jedes andere, zu dem Vorkenntnisse erforderlich sind; und erwägt man den ungeheuren Einfluß richtiger Handhabung der Hauswirtschaft nicht bloß auf die Familie, sondern auf ganze Generationen hinaus, so wird man ersehen, daß diese Vorkenntnisse nicht gering zu bewerten sind. Unsere heutigen Volksmädchenschulen nehmen hierauf kaum irgend welche Rücksicht; ab⸗ esehen von den Handarbeiten, unterscheidet sich der Lehrkursus der Mädchen⸗ schuhen gar nicht von dem der Knabenschulen. Wird in der Theorie noch ein Unterschied gemacht, so verwischt er sich in der Praxis pöllig. Ohne Zweifel kann hier manches geschehen. Es hat schon 1889 eine Kommission getagt, welche über Reform des Mädchenvolksschul⸗ unterrichts beriet; damals wurde die Anregung, den hauswirtschaft⸗ lichen Unterricht in den Lehrplan aufzunehmen, mit dem Argument zurückgewiesen, daß dies Sache der Mutter sei. Diese Ansicht verdient heute keine ernstliche Widerlegung mehr, weil die Erfahrung seitdem in Tausenden und aber Tausenden von Fällen gelehrt hat, daß die Mütter nicht mehr in der Lage sind, dieser Aufgabe gerecht zu werden. Die freiwilligen Haushaltungsschulen, die man hier und da errichtet hat, sind auch bloß ein Tropfen auf einen heißen Stein. Es bleibt daher nichts übrig, als diesen Unterricht in die Schule zu verlegen an allen Orten, wo dafür ein Bedürfnis sich geltend macht. Daß es sich dabei nicht um ein bloßes Experiment handeln würde, beweist der Vorgang Dänemarks. Dort ist in allen Volksschulen der obligatorische Hauswirtschaftsunterricht theoretisch und praktisch seit einigen Jahren eingeführt; ein besonderes Seminar sorgt für die praftische Vorbildung der Lehrerinnen. Ich bitte das Haus um möglichst einstimmige Annahme des Antrages. .

Abg. Dr. Zwick (frs. Volksp.): Meine praktischen Erfahrungen auf diesem Gebiete in Berlin, wo seit 1891 der erste hauswirt⸗ schaftliche Unterricht eingeführt ist, und jetzt an 22 Volksschulen außerhalb der Schulzeit erteilt wird, bestätigen in vollem Maße, wie segensreich eine solche Einrichtung wirkt. Neben dem eigentlichen Hauswirtschaftsunterricht wird insbesondere noch Rechnen be⸗ trieben. Der Unterricht ist für Berlin mit seiner großen industriellen Bevölkerung als eine absolute Notwendigkeit erwiesen, und ich zweifle gar nicht, daß die Sache in den großen Industrie⸗ distrikten des Landes ähnlich liegt. Die Kosten dieser Unterweisung sind auch keineswegs unverhältnismäßig hoch; dennoch können sie auf die Dauer von den Gemeinden allein nicht getragen werden. In dieser Richtung will der Antrag den bereits eingeleiteten Verhandlungen mit der Staatsverwaltung einen etwas schleunigeren Fortgang geben.

Abg. von Schenckendorff (nl.) befürwortet ebenfalls kurz die des Antrages, für den seine Freunde einmütig stimmen würden.

Abg. Malkewitz (kons.): Ein erheblicher Teil meiner Freunde steht diesem Antrage sympathisch gegenüber. Wir müssen ja sehr be⸗ dauern, daß die Frau, namentlich die Arbeiterfrau, sich ihrer Aufgabe, die Tochter hauswirtschaftlich zu unterweisen, vielfach aus wirtschaft⸗ lichen Gründen nicht mehr unterziehen kann; wir können aber diese Entwickelung nicht ungeschehen machen und müssen also nach einem Ausweg suchen. Der Antrag Ernst scheint einen brauchbaren Weg zu weisen; es wird aber nicht angängig sein, ihn hier ohne weiteres an⸗

unehmen, sondern es dürste sich empfehlen, was ich hiermit beantrage,

ihn der Unterrichtskommission zur gründlichen und allseitigen Durch⸗ beratung zu übergeben. 4

Abg. Dr. Dittrich (Zentr.) empfiehlt ebenfalls den Antrag, der allerdings an eine Kommission verwiesen werden müsse, da er eine zukünftige Geldbewilligung involviere.

Abg. Dr. Arendt (freikons.) steht dem Antrage mit größter Sym⸗ pathie gegenüber. Er hält dafür, daß diese Erweiterung des Schul⸗ unterrichts ohne große Kosten durchführbar sein werde.

Abg. Zwick erklärt sich namens der Antragsteller mit der Ver⸗ weisung des Antrags an die Kommission einverstanden; dort würden alle etwa noch vorhandenen Bedenken völlig beseitigt werden können.

Der Antrag geht darauf an die Unterrichtskommission.

Das Haus wendet sich dann zur Beratung des Antrages des Abg. Schmedding (Zentr.):

„die Königliche Staatsregierung zu ersuchen, efligen Wege die Fürsorge für diejenigen mittellosen geisteskranken und schwachsinnigen Personen, welche

nur behufs des Schutzes anderer Personen gegen ihre Ausschreitungen

der Unterbringung in Anstalten bedürfen, zu regeln.“

Abg. Schmedding: Seit Einbringung des Antrages ist aller⸗ dings durch ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts in diese Frage eine gewisse Klärung gebracht worden, da das Gericht diese Kosten als mittelbare Polizeikosten betrachtet, welche als solche von den Gemeinden zu tragen sind. Aber immerhin ist diese Frage noch nicht ganz geklärt, auch die Landesdirektoren, welche sich in den letzten Monaten wiederholt mit dieser Frage beschäftigt haben, sind darüber zu keinem abschließenden Urteil gekommen. Die notleidenden Gemeinden können sich nicht anders helfen, als solche Geisteskranken einfach laufen zu lassen. Eine Ge⸗ meinde hat allerdings den Regierungspräsidenten gefragt, wie sie sich verhalten solle, da sie die Kosten für die Unterbringung eines solchen Kranken in eine Anstalt nicht tragen könne; aber sie hat darauf nur die schlaue Antwort erhalten, sie möchte nach pflichtmäßigem Ermessen handeln, und da hat sie den Kranken laufen lassen. Nach der Judikatur des Bundesamts für das Heimatwesen sind die Provinzialverbände als solche nicht verpflichtet, für diese Art von Kranken zu sorgen, da eine eigentliche Hilfsbedürftigkeit nicht vorliegt, und es ist nicht anzunehmen, daß das Bundesamt für das e wesen seine Ansicht ändert. Die Provinzialdotationen haben be⸗ stimmungsgemäß u. a. den Zweck, Beihilfen für das Irren⸗, Taub⸗ shebine⸗ und Blindenwesen zu geben, aber die Provinzialverbände aben damit noch nicht die Pflicht, alle Geisteskranken selbst zu übe

schleunigst im

iger und Königlich Preußis

en Staatsanzeiger. 1ũ904.

nehmen. Es handelt sich in dieser Frage wesentlich auch um die in den Zuchthäusern untergebrachten irren Verbrecher. Im Interesse der öffentlichen Sicherheit muß diese unbequeme Flage endlich gesetzlich geregelt werden; ich bitte deshalb, meinen Antrag anzunehmen.

Abg. Winck ler (kons.): Auf diesem Gebiete ist allerdings eine gesetzliche Regelung dringend geboten, und meine Freunde haben des⸗ halb den Antrag mit großer Freude begrüßt. Um es zu einer gesetz⸗ lichen Regelung bringen zu helfen, beantragen wir die Ueberweisung des Antrags an die um sieben Mitglieder zu verstärkende Gemeinde⸗ kommission. Die irren Verbrecher gehören nach unserer Ansicht gar nicht in die Provinzialanstalten hinein; der Staat, der die Verbrecher interniert, muß auch für die Unterbringung der irren Verbrecher in Irrenanstalten sorgen. Die in neuerer Zeit übliche humane Be⸗ handlung in den Zuchthäusern wird in Frage gestellt, wenn gleich⸗ zeitig die irren Verbrecher dort untergebracht sind. Diese müssen in besonderen Irrenanstalten untergebracht werden; denn auch in den sonstigen Irrenanstalten würden sie die Pflege der übrigen Geistes⸗ kacaben stögen. 1 Gr. Volkop) b

g. Cassel (fr. Volksp.) betont gleichfalls die Notwendigkeit

Frerhaee Pflege der Geisteskranken und der irren Verbrecher. Wie

ommission möge auf die Erzielung eines praktischen Resultats noch in dieser Session hinwirken.

Damit schließt die Diskussion. Nach einem kurzen Schluß⸗ wort des Abg. Schmedding wird der Antrag an nhe 8e Gemeindekommission überwiesen.

Es folgt die Beratung des Antrages der Abagg. Dr. Iderhoff (freikons.) und Genossen: dem 8 5 des Gesetes. betreffend das christliche Volksschulwesen in Hannover, vom 26. Mai 1845 folgende Fassung zu geben:

„Das schulpflichtige Alter endet mit demjenigen Zeitpunkte, welcher dafür in den einzelnen Landesteilen und für die verschiedenen Konfessionen vorgeschrieben ist. Wo dieser Zeitpunkt nicht mit dem vorgeschriebenen allgemeinen Schulentlassungstermin zusammenfällt, kann der Kultusminister anordnen, daß diejenigen Kinder, deren Schulpflicht nach den bestehenden Bestimmungen im Laufe des Schuljahres (Halbjahres) vor dem allgemeinen Schulentlassungs⸗ termin enden würde, verpflichtet sein sollen, den Schulbesuch bis zu diesem Termin fortzusetzen. Da, wo überhaupt keine Vor⸗ schriften über die Beendigung der Schulpflicht bestehen, kann sie der Minister der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinalangelegen⸗ heiten erlassen.“

Antragsteller Abg. Dr. Iderhoff (freikons.) weist auf die Un⸗ zuträglichkeiten hin, welche nach neuerlichen Entscheidungen des Kammergerichts dadurch entstanden sind, daß das Gericht die Be⸗ rechtigung der Kinder ausgesprochen hat, mit der Vollendung des 14. Lebensjahres anstatt zum allgemeinen darauf folgenden Schultermin die Schule zu verlassen. Diesem Mißstande solle der vergaeßt⸗ Gesetzentwurf begegnen. Die vorgeschlagenen Aenderungen beschränken sich auf das allernotwendigste Maß.

Wirklicher Geheimer Oberregierungsrat von Bremen erkennt an, daß auf diesem Gebiete schwere Mißstände herrschen, und Seßt deshalb den vorgelegten Gesetzentwurf als eine dankenswerte Abhil

Abg. Meyer⸗Diepholz (nl.) erklärt sich namens seiner Partei für den Antrag.

Abg. Reinhard (Zentr.): Auch das Zentrum wird dem Antrage zustimmen.

Damit schließt die erste Lesung; die zweite Lesung wird demnächst im Plenum erfolgen.

Die Beratung des der Abgg. Dr. Arendt u. Gen, betreffend die gesetzliche Regelung der Besoldungs⸗ verhältnisse der Leiter, Lehrer und Lehrerinnen an öffentlichen höheren Mädchenschulen, wird auf Wunsch des Antragstellers Abg. Dr. Arendt (freikons.), mit dem sich Abg. Dr. Irmer (kons.) einverstanden erklärt, von der heutigen Tagesordnung abgesetzt und soll morgen in Ver⸗ bindung mit der Besprechung eines denselben Gegenstand be⸗ treffenden Berichts der Unterrichtskommission über Petitionen stattfinden.

Es folgt die Beratung von Petitionen.

Ueber die Petition des früheren Forstassessors Gast in Lei zi enthaltend eine Beschwerde über seine Dienstentlassung 1 sber iie Nichtbeachtung seiner Vorschläge, betreffend Anbau der Fichte auf Bruchland usw., durch die Staatsforstverwaltung, wird nach dem münd⸗ lichen Referat des Berichterstatters Abg. von Conrad (freikons.), der hervorhebt, daß der Petent notorisch an hochgradiger Geistesüber⸗ spannung leidet, zur Tagesordnung übergegangen.

Die Justizkommission berichtet über Petitionen des Vorstandes des Deutschen Zentralvereins für Jugendfürsorge in Berlin und des Vorstands des evangelisch⸗kirchlichen Erziehungsvereins der Provivz Westfalen in Gadderbaum um Aenderung des Fürsorgeerziehungs⸗ Helches vom 2. Juli 1900 (objektiv verwahrloste Kinder, Kosten für

ilfsbedürftig gewordene Kinder, Kosten der vorläufigen U terbringung. der —— 3

ie Kommission beantragt, das Petitum, die Ausde nung Gesetzes auf objektiv verwahrlofte Kinder betreffend, der 1ö. als katerial zu überweisen, im übrigen über die Petition zur Tages⸗ I üerzugeben. 1) büt

g. iffer (nl.) bittet die Regierung, auch auf dem Ge⸗ biete der Armenpflege die Absichten des Fürsor eerzi 3 möglichst schleunig zu verwirklichen. Fütsorgeerziehungsgesebes

Darauf wird der Kommissionsantrag angenommen.

Ueber die Petition des Privatdozenten Dr. Hallervorden zu Königsberg i. Pr. (Verein zur Fürsorge für Schwachsinnige) um Aenderung des Fürsorgeerziehungsgesetzes dahin, daß die Mitwirkung des Arztes vor der richterlichen Patsehedwat esichert wird, und über die Petition des Städteverbandes Sachsen⸗Anhale um Aenderung des⸗ selben Gesetzes dahin, daß die Magistrate sämtlicher Städte als Antragsbehörden zugelassen werden, geht das Haus zur Tages⸗ ordnung über.

Der Verein für bürgerliche Interessen in C refeld petitioniert um die Exrrichtung eines Landgerichts daselbst. Die Justiz⸗ kommission beantragt Ueberweisung als Material⸗ 3 Abg. Dr. Bachem (Zentr.): Der Antrag hat das Haus mindesten ein halbes Dutzend Jahre beschäftigt. Er gehört zu den Würmern, die nicht sterben können, wenn man sich nicht entschließt, der Sache endlich näher zu treten. Crefeld, die Metropole des Nieder⸗ rheins, befindet sich in einer Ausnahmestellung innerhalb der preußischen Justizeinrichtung, wie sie keine andere preußische

ist es Stadt einnimmt. Angesichts der Bedeutung der Stadt ist es wirklich eine schwierige Pscabe ruhig EEE

Wi helitums erörtern zu lesewsane b deeche⸗ das hier der Stadt Crefeld zugefügt wird, genügt es nicht, die Petition Rals Materfal zu überweisen,

muß die Ueberweisung zur Berücksichtigung beschlossen werden. Per kolossalen Entwickelung Crefelds ist durch die Organtsation der Justiz⸗ behörden nicht im geringsten Rechnung getragen worden. Seit 1815

der ganzen Rheinprovinz kein neues Landgericht errichtet w sst n de onnickelung der Industrie. ch orden,