Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten.
102. Sitzung vom 23. November 1904, Vormittags 11 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)
Ueber den ersten Teil der Verhandlungen ist in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden.
Bei der dritten Beratung des Gesetzentwurfs, be⸗ treffend die Errichtung eines in Düsseldorf, und zwar bei dessen allgemeiner Besprechung, erwidert auf Bemerkungen des Abg. Knie (Zentr.) der
Justizminister Dr. Schönstedt:
Meine Herren! Ich bin im höchsten Grade erstaunt gewesen, soeben aus dem Munde des Herrn Abg. Knie die Bemerkung zu hören, es soll der Stadt Cöln ihr Oberlandesgericht genommen werden, — ein vollständiges Novum, das in die heutigen Verhandlungen hineinschneit. Bis dahin ist von einer Aufhebung des Cölner Ober⸗ landesgerichts noch nicht die Rede gewesen, sondern es handelt sich bloß darum, ob es ein bißchen verkleinert beziehungsweise in seiner Vergrößerung eingeschränkt werden soll. (Abg. Knie: Teilweise wird es genommen!) Im übrigen glaube ich, es würde Ihren Wünschen nicht entsprechen, wenn ich auf alle Einzelheiten, welche der Herr Abg. Knie heute in der dritten Lesung vorgebracht hat, hier noch eingehen wollte. (Sehr richtig!) Ich kann nur das Bedauern aussprechen, daß der Herr Abg. Knie nicht der Kommission angehört hat; dort würde ihm alles das Material bereitwilligst geliefert worden sein, welches er heute vermißt. Es ist den Kommissionsmitgliedern absolut gar nichts vorenthalten worden, was sie gewünscht haben; es ist ihnen alles gegeben
worden, was nur irgendwie als zur Aufklärung der Sache dienlich betrachtet werden konnte. Und wenn auf Grund dieser Unterlagen die Kommission mit erheblicher Mehrheit
sich entschlossen hat, für die Teilung des Oberlandesgerichts einzutreten, dann hat sie das nicht getan im Dunkeln tappend, sondern auf Grund einer klaren Beurteilung und Erkenntnis der tat sächlich vorliegenden Verhältnisse. Mit Entschiedenheit muß ich den Vorwurf es Herrn Abg. Knie zurückweisen, daß ich den Mitgliedern des Ober⸗ andesgericht in Cöln irgend einen Mangel an Pflichterfüllung oder i genügenden Leistungen zum Vorwurf gemacht habe. Das ist iemals geschehen; im Gegenteil, ich habe voll anerkannt, daß sie ihre Pflicht in vollem Umfange erfüllt und die Arbeiten so erledigt haben, wie sie an sie herankamen. Es bedurfte daher nicht des Eintretens hes Abg. Knie für diese Herren.
Zurückweisen muß ich wiederum den heute wiederholten Vorwurf, haß seitens der Königlichen Staatsregierung und seitens des Justiz⸗ ninisteriums nicht die nötigen Kräfte für die Erledigung der richter⸗ lcchen Arbeiten zur Verfügung gestellt worden seien. Es ist das — ich wiederhole es — anstandslos geschehen, nach den Anträgen des Ober⸗ andesgerichtspräsidenten, von dem ich glaube, daß er die Verhältnisse des Oberlandesgerichts besser übersieht, als der Abg. Knie. Nur zu Beginn dieses Jahres ist allerdings die Gewährung der Kräfte für einen neuen Hilfssenat abgelehnt worden, und zwar nur zur Zeit ab⸗ gelehnt worden mit der Begründung, daß aus den eingereichten Ge⸗ schäftsübersichten sich ergebe, daß die Beschäftigung der im vorigen Jahre, bezw. im vorvorigen Jahre neugebildeten beiden Senate noch weit zurückbliebe hinter der Durchschnittstätigkeit der übrigen Senate; deshalb ist dem Herrn Oberlandesgerichtspräsidenten erwidert worden, olange diese Senate nicht auf den Durchschnitt gekommen seien, könne das Bedürfnis zur Bildung von neuen Senaten nicht anerkannt werden.
e Auffassung der Herren, die auch der Herr Abg. Knie vertreten hat, geht eigentlich dahin, daß die Justizverwaltung Senate gewisser⸗ maßen auf Vorrat hätte einrichten sollen, in der Erwartung und Hoffnung, daß nunmehr diesen Senaten auch das nötige Arbeitsmaß
seitens der Anwälte, die darüber disponieren, die die Herrschaft über die Sachen haben, werde entgegengebracht werden. Auf diesen Boden zu treten, kann aber der Justizverwaltung nicht zugemutet werden.
Was die Zahlen im einzelnen angeht, so will ich auf ihre Prüfung nicht eingehen; wenn aber die Vergleichszahlen bemängelt worden sind seitens des Herrn Abg. Knie, so kann ich nur die Ver⸗ sicherung abgeben, daß die Zahlen für die übrigen Oberlandesgerichte genau auf denselben Grundlagen ermittelt worden sind, wie für Cöln; wenn also der Herr Abg. Knie die Zahlen für Cöln bemängeln zu können glaubt, dann würde diese Bemängelung in demselben Maße auch gegenüber den für die übrigen Oberlandesgerichte ermittelten ahlen zutreffen, und es würde das Endresultat dasselbe sein, wie es hhnen jetzt in seinem Schlußergebnis vorliegt.
Meine Herren, das Wesentliche bleibt nach wie vor die Tatsache, daß die Verhältnisse in Cöln noch heute, obgleich es an den
eenügenden richterlichen Kräften nicht gefehlt hat, weit ngünstigere sind als an irgend einem Oberlandesgericht. Ich ann hier nochmals kurz zusammenfassen, daß von den
72 Zivilsenaten, die an den preußischen Oberlandesgerichten zur Zeit bestehen, 26 Mitte November dieses Jahres mit ihren Terminen noch nicht ins Jahr 1905 hineingehen, daß 28 Zivilsenate ihre Termine nicht über den Januar 1905 hinaus angefetzt haben, nur 7 Zivilsenate Damit schließen die sämtlichen Zivil⸗ kein einziger ist darüber hinaus⸗ Dann kommen, und zwar erst mit dem Monat März ab⸗ scclließend, die günstigsten Senate des Oberlandesgerichts in Cöln und, wie ich allerdings dem Herrn Abg. Knie bestätigen muß, bei dem Oberlandesgericht in Frankfurt, wo die Verhältnisse gleichfalls un⸗ ünstig sind. In Cöln steht der günstigste Senat einen Monat hinter dem ungünstigsten der vorerwähnten 61 Senate; bei den übrigen erstrecken sich die besetzten Terminstage bis in die zweite Hälfte des Juni hinein, in Frankfurt nur bis in die erste Hälfte des Monats Mai. Ich habe früher schon erklärt, daß ich die ungünstige Lage in Frankfurt zur Zeit nicht vollständig aufzuklären imstande bin. Wenn aber meine damalige Behauptung angefochten wird, daß in Frankfurt ganz besonders schwierige Prozesse verhandelt I daß insbesondere Fragen des internationalen b 8 erict wickelte Börsenfragen dort in erheblichem Maße das ee in Anspruch nehmen, so kann ich den Widerspruch nicht a
gesetzt hat. Ich habe selbst acht Jahre i 8 weiß einigermaßen, wie die Geschäfte dort sind. Ich habe erst . Anpellattonsgericht und später dem Landgericht in Frankfurt angehöt und weiß, welche Prozesse dort jahrein, jahraus zur Verhandlung kamen; ich glaube nicht und kann es nicht zugeben, daß seit dieser
Zeit die Verhältnisse sich so geändert haben sollten, wie der Herr Abg. Knie es darzustellen unternommen hat.
Meine Herren, ich glaube, mich auf diese Darlegungen beschränken zu sollen, und will nur noch, da ich einmal das Wort habe,
die Gelegenheit benutzen, auf eine gestrige Anregung des Herrn Abg. Trimborn zurückzukommen. Herr Trimborn hat von den Schwierigkeiten gesprochen, die für das Notariat
in der Rheinprovinz sich durch die Bildung des neuen Oberlandes⸗ gerichts ergeben würden. Er hat hervorgehoben: die Folge würde sein, einmal, daß in dem Oberlandesbezirk Düsseldorf zwei verschiedene Kategorien von Notarien bestehen würden, für die nicht dieselben Gesetze gelten, insoweit, als die Zuständigkeit der im Gebiete des französischen Rechts angestellten Notare weiter gehe, einige Gebiete von Rechtsgeschäften umfasse, die den altländischen Notaren ver⸗ schlossen sind. Die Tatsache ist richtig. Aber, daß das von irgend einer Bedeutung sein sollte für die Ihnen vorliegende Frage, das kann ich nicht zugeben. Aehnliche Verhältnisse haben wir auch im Bezirke des Oberlandesgerichts Celle. Dort ist den Notaren in Ost⸗ friesland, im Harlinger Land und dem Osnabrückschen eine Sonder⸗ stellung insoweit gegeben, als ihnen gestattet ist — was allen übrigen Notaren im Lande untersagt ist —, die Haftung zu über⸗ nehmen für den Eingang der von ihnen zu erhebenden Kauf⸗ oder Pachtgelder aus Versteigerungen, sowelt es sich um Gegenstände handelt, die sich in diesen Landesteilen befinden. Das ist eine Verschiedenheit in der Zuständigkeit, die zu keinerlei Unzu⸗ träglichkeiten geführt hat. .
Von größerer Bedeutung könnte die andere Bemerkung des Herrn Abg. Trimborn erscheinen, wenn er von der Schädigung sprach, die durch die Teilung des Cölner Bezirks den an der künftigen Grenze angefessenen Notaren erwachsen könnte. Ich gebe zu, daß einige von diesen Notaren — es wird sich um zwei oder drei handeln — vielleicht einen gewissen Rückgang in ihren Notariatsgeschäften zu befürchten haben. Daß dieser aber sehr erheblich sein möchte, glaube ich auch hier nicht annehmen zu sollen, denn die Geschäfte der Notare voll⸗ ziehen sich in ihrem weitaus größten Teil auf ihren Bureaus. Die Notare ziehen nicht im Lande herum, um ihre Geschäfte zu erledigen; die Klientel kommt zu ihnen, soweit es sich nicht um öffentliche Ver⸗ steigerungen handelt. Die Herren werden deshalb darauf rechnen können, daß ihnen ihre Klientel aus dem Cölner Bezirk auch dann treu bleibt, wenn sie dem Düsseldorfer Bezirk zugewiesen sind. Soweit das nicht der Fall sein möchte, kann ich nur erklären, daß ich etwaigen Versetzungsgesuchen der dadurch betroffenen Notare mit größtem Wohlwollen entgegenkommen werde. Soweit der eine oder der andere dieser Notare in seiner Praxis sich verschlechtern möchte, bin ich gern bereit, ihn in eine bessere Stelle zu versetzen und seine Stelle als Anfangsstelle für den jüngeren Nachwuchs zu behandeln, der ja immer zunächst mit den schlechteren Stellen vorlieb nehmen muß. Ich glaube, das wird auch diese Herren beruhigen.
Abg. Mooren (Zentr.) holt die Ausführungen nach, die ihm am Dienstag bei Beratung des § 2 durch den Vizepräsidenten Dr. Porsch abgeschnitten worden waren. Da der größte Teil des Hauses wenig Neigung zu haben s seint, den Redner anzuhören, und sich in Privatgesprächen ergeht, bleiben die Ausführungen des Redners im Zusammenhang auf der Tribüne unverständlich. Er scheint sich über die historische Entwicklung der Rechtsverhältnisse in der Rhein⸗ provinz und insbesondere in Cöln, Düsseldorf und Kleve zu verbreiten.
Abg. Trimborn (Zentr.): Wer den Vorredner genauer kennt, wer insbefondere seine historischen Neigungen und seine so überaus lebhafte Phantasie kennt, der wird es vollkommen verstehen, wenn ich auf seine Ausführungen mit keinem einzigen Wort eingehe. Für
He Knie entgegen⸗ IEoc 1 gelten lassen, den in dieser Behauptung 8 “ 8 und gehen, ob es möglich ist, eine getrennte Klasseneinteilulng für den
Wohnungsgeldzuschuß und für den Servistarif aufzustellen. Ich glaube,
mich ist die Sache entschieden. Die Vorlage selbst ist, das muß ich anerkennen, gründlich nach allen Seiten hin erörtert. Die Lose sind gefallen, und zur Sache selbst rede ich auch nicht. Ich will nur eine kurze tatsächliche Feststellung machen mit dem unbestreit⸗ baren Satz: Der Vorzug, mit dem Cöln bei der Errichtung der preußischen Herrschaft vor den übrigen rheinischen Städten ausgezeichnet worden ist, die Justizhauptstadt der Rheinprovinz zu werden und zu sein, ist durch den gestrigen Beschluß, der heute bestätigt werden wird, dahin. Ich habe vor der Entscheidung dieses Hauses allen Respekt; aber Sie werden es mir nicht übel nehmen, wenn ich saße, daß wir von der absoluten Notwendigkeit dieses Schrittes nicht ü eerzeugt sind. Die Teilung des Oberlandesgerichtsbezirks Cöln ist ein Verlust. Wir empfinden diesen Verlust als einen schweren Schaden, und ich versichere Sie: die Wunde wird nicht so leicht heilen. 8
Abg. Meyer⸗Diepholz (nl): Meine politischen Freunde halten die Sache für entschieden und werden sich auf weitere Erörterungen nicht einlassen. Wenn einige meiner politischen Freunde bei der Ab⸗ stimmung uͤber § 3 sitzen geblieben sind, so geschah dies in der miß⸗ verständlichen Annahme, es handele sich bei dem Antrag Trimborn um die ursprüngliche Zahl 1907.
Damit schließt die allgemeine Besprechung. Bei der Einzel⸗ beratung wird das Gesetz im ganzen unverändert nach den
Beschlüssen zweiter Lesung angenommen.
Es folgt die zweite Beratung des Gesetzentwurfs, be⸗ treffend die Inkraftsetzung einer anderweiten Klasseneinteilung für die Gewährung von Wohnungs⸗ geldzuschüssen an die unmittelbaren Staats⸗ beamten.
Nach der Vorlage soll die Klasseneinteilung der Orte in dem neuen Reichsservistarifgesetz auch für die Bemessung des Wohnungsgeldzuschusses der preußischen Beamten mit irkung vom 1. April 1904 an in Kraft treten. Abg. Kirsch (Zentr.) beantragt, daß . über den Wohnungsgeldzuschuß vom 12. Mai 1873 durch folgende Bestimmung abgeändert werden soll: „Bei Ver⸗ änderungen in der Klasseneinteillung kommt von dem Zeit⸗ punkt an, mit dem dieselben in Kraft treten, der danach sich ergebende veränderte Satz des Wohnungsgeldzuschusses in An⸗
hnenehehe 8
eerner beantragt Abg. Kirsch, in § 6 des Gesetzes von 1873 die Worte „für die Servisklassen I— V“ 88 ersetzen Danach
durch die Worte „für die einzelnen Servisklassen“.
§ 2 des Gesetzes
des Wohnungsgeldzuschusses der Klassen — V, sondern der all Klassen, einschließlich der Klasse A, zu Grunde gelegt veen
Abg. Kirsch begründet kurz seinen Antrag, indem er u. a. au
auf die Notwendigkeit einer Trennung zwischen Servis und W 9 geldzuschuß hinweist. ohnungs
Finanzminister Freiherr von Rheinbaben: 8 Meine Herren! Ich möchte auf die Frage hier nicht näher ein⸗
wenn man in die Sache näher hineinsteigt, wird man sich sehr bald überzeugen, daß man damit in unlösbare Schwierigkeiten gerät; denn beide Dinge sind verwandt, und es ist deshalb kaum möglich, für die
soll also bei der Berechnung der Pension nicht der Durchschnitt⸗
aategorie für den Wohnungsgeldzuschuß
eine andere Einteilung
aufzustelln wie für den Servistarif, und jede Ge⸗ meinde würde sich naturgemäß beschweren, wenn sie im Wohnungsgeldzuschuß schlechter stünde wie im Servistarif
oder umgekehrt. Es würde eine Fülle von ewigen Anträgen der Ge⸗ meinden geben. Ich glaube, man würde der Sache sehr wenig dienen⸗ Aber ich will auf diese Frage hier nicht näher eingehen.
Ich wende mich zu den Anträgen des Herrn Abg. Kirsch, wie er sie hier gestellt hat, und da kann ich nur wieder sagen, meine Herren, man sieht, was daraus kommt, wenn der Finanzminister jemals gut⸗ mütig ist. (Heiterkeit.) Das ist nun die Strafe für den Gesetz⸗ entwurf, den ich eingebracht habe im Interesse der Beamten, daß sofort der Abg. Kirsch mit einem Bündel der schönsten Anträge kommt, die eine ganz kolossale Belastung der Staatskasse involvieren. Wie war die Sache, meine Herren? Dem Reichetag wurde bekanntlich eine neue Klasseneinteilung vorgelegt. Es war die Hoffnung, den Gesetzentwurf rechtzeitig zu verabschieden. Nach der Bestimmung des Reichsgesetzes tritt dann die Klasseneinteilung an dem Quartals⸗ ersten in Kraft, der der Verabschiedung folgt. Es war also der Gedanke, diese neue Klasseneinteilung mit den Wohltaten für die Beamten am 1. April 1904 in Wirksamkeit treten zu lassen. Die Beratung im Reichstage verzögerte sich außerordentlich und infolgedessen trat diese gesetzliche Wirkung nicht mehr ein. Um aber den Beamten die beabsichtigte Wohltat doch zuteil werden zu lassen, hat man im Reichsgesetze eine besondere Bestimmung hinzu⸗ gefügt, wonach in der Tat die neue Klasseneinteilung am 1. April 1904 schon in Wirksamkeit treten soll. Das preußische Gesetz ist ebenso gebildet wie das Reichsgesetz, und danach würden also erst von dem Quartalsersten, der der Publikation folgt, die Beamten in den Genuß dieser Wohltat getreten sein. Um die preußischen Beamten nun den Reichsbeamten gleichzustellen, habe ich, und zwar wesentlich unterstützt durch Anregungen der Freunde des Herrn Abg. Kirsch aus der Zentrumspartei speziell, insbesondere meines Freundes des Herrn Abg. Trimborn, den ich hier vor mir sehe, diesen Gesetzentwurf ein⸗ gebracht. — Das ist die Entstehungsgeschichte dieses Gesetzentwurfs.
Was will der verehrte Abg. Kirsch nun alles an diesen den Be⸗ amten dienenden Gesetzentwurf anknüpfen! Zunächst hat er unter Nr. 1 einen nur redaktionellen Antrag gestellt. Wir konnten unserm preußischen Gesetzentwurf das Datum des Reichsgefetzes noch nicht einfügen, weil eben das Reichsgesetz noch nicht emaniert war. Er will diesem Mangel abhelfen, indem er das Datum des Gesetzes einfügt. Dagegen sind keine Bedenken zu erheben.
Dann will der Abg. Kirsch in Nr. 2 ganz generell bestimmen, daß die Klasseneinteilung allgemein nicht erst vom Ersten des nächsten Quartals in Kraft treten soll, sondern sofort mit der Emanation eines etwaigen künftigen Gesetzes. Meine Herren, das ist keine Frage von außerordentlicher Bedeutung. Aber ich halte die Regelung, wie sie der Herr Abg. Kirsch hier vorschlägt, für unzweckmäßig. Die Gehälter werden alle am Quartalsersten gezahlt, und der Wohnungs⸗ geldzuschuß mit ihnen, denn er stellt in der Tat einen Teil des Ge⸗ halts dar. Es wäre, glaube ich, unzweckmäßig und würde zu einer großen Belästigung der Behörden führen, wenn man den Wohnungs⸗ geldzuschuß nicht am Quartalsersten, sondern von dem rein zufälligen Tage, wo solches künftiges Gesetz in Kraft tritt, ab zahlen wollte. Es kommt hinzu, meine Herren, daß wir nicht nur die Klassen⸗
einteilung generell ändern, sondern daß auf Grund des Quarkier⸗
leistungsgesetzes von 1868 Seine Majestät der Kaiser mit Zustimmung des Bundesrats in der Lage ist, auch einzelne Gemeinden bei hervor⸗ tretendem Bedürfnis in eine höhere Klasse zu versetzen. Es müßte also auch da wieder der Wohnungsgeldzuschuß von dem Moment dieser Hineinversetzung an anders geregelt werden. Vor allem aber, meine ich, können wir doch in Prgußen nicht eine andere gesetzliche Regelung treffen wie im Reiche selber, und wie ich schon erwähnt habe, ist es im Reiche auch so geregelt, daß die neue Klasseneinteilung am Quartalsersten erst in Kraft tritt. Im Reichsgesetz vom 30. Juni 1873 heißt es: Bei Veränderungen in der Klasseneinteilung kommt von dem auf die Publikation derselben folgenden Kalenderquartal ab der danach sich ergebende anderweite Tarifsatz des Wohnungsgeldzuschusses Anwendung. Also die jetzige preußische Gesetzgebung entspricht genau der 8 gesetzgebung, und wenn die Abänderungen vorgenommen würden, 8 der Abg. Kirsch vorschlägt, so würde die preußische Gesetzgebung in diesem Punkte von der Reichsgesetzgebung abweichen, und das kann 16 nicht für zweckmäßig erachten.
Nun kommt aber die Rosine in dem Kuchen des Abg. Kirsch in seinem Antrag 2 b. Bekanntlich werden nach dem Gesetz die Pensionen und die Reliktenbezüge bemessen nicht nach dem Wohnungsgeldzuschuß den der einzelne Beamte zufällig hatte in dem Orte, wo er ltata e. war, sondern nach dem Durchschnitt der Klassen 1 bis V. Dles is- im vorigen Jahre dadurch abgeändert worden, daß wir die V. Serv⸗ . klasse haben wegfallen lassen, sodaß die Pensionen und Reliktenkezüge jetzt berechnet werden nach dem Durchschnitt der Klassen I bis 8* Allein der Wegfall der V. Klasse hat einen
bis IV, sondern 3 Städte umfaßt und die immer als ganz exzeptionell behandelt vöpn 2 ist. Täte man dies, so würde die Wirkung weit erheblicher sein a die Wirkung der Weglassung der Klafse V; es würde die Einbeziehung der Klasse A die Pensionen und Reliktenbezüge weiter um jäͤhrlich etwa 1 800 000 ℳ steigern. Damit kann ich mich so aus dem Hand⸗ gelenk und bei dieser Gelegenheit nicht einverstanden erklären. glaube, daß die Sache der Prüfung durch die Budgetkommission bedürfte. Meine Herren, ich darf bei der Gelegenheit nochmals auf die außerordentliche Steigerung der Bezüge der Pensionäre und ihrer Relikten eingehen. Infolge der Gehaltserhöhung, infolge der kalofsalen Vermehrung der etatsmäßigen Stellen sind namentlich auch die Aus⸗ gaben für Pensionen und Reliktenversorgung enorm gewachsen.
Mehraufwand von 750 000 ℳ jährlich ausgemacht. Nun will der Abg. Kirsch noch 8 gehen und will den Durchschnitt berechnen nicht nach den Klassen 1 8 er will die Klasse K hineinnehmen, die die ganz große8n
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