1907 / 52 p. 11 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 26 Feb 1907 18:00:01 GMT) scan diff

die Minister noch einen viel aktiveren Anteil an dem Wahlkampfe, als das, wenigstens bisher, bei uns der Fall gewesen ist. Nun hat der Abg. Spahn sich auch mit dem Flotten⸗

verein beschäftigt. Er hat dem Flottenverein eine un⸗ gehörige politische Tätigkeit, er hat der Regierung eine unzulässige Verbindung mit dem Flottenverein vorgeworfen. Die Regierung steht dem Flottenverein gerade so unab⸗

hängig gegenüber wie anderen Vereinen, Korporationen und Parteien. Was insbesondere die Verstärkung unserer Flotte und das Tempo ihrer Verstärkung angeht, so können hierfür selbstverständlich nur die Erwägungen maßgebend sein, die im Interesse des Landes, seiner Sicherheit, seines Friedens die verbündeten Regierungen im Rahmen einer verständigen inneren und auswärtigen Politik für richtig und angemessen halten. .

Was aber die Briefe angeht, die dem Herrn Generalmajor Keim gestohlen worden sind (Sehr gut! und Heiterkeit), was diese dem Flottenverein offenbar in schimpflicher Weise gestohlenen Briefe angeht, so habe ich darüber das Nachstehende zu sagen. Der Flottenverein bezweckt die Mitwirkung an einer nationalen Aufgabe, indem er in weiten Kreisen für unsere überserischen Zwecke Verständnis erweckt und für die Notwendigkeit, unsere Küsten iu schützen. Deshalb finde ich es auch durchaus begreiflich, daß sich Mit⸗ glieder des Flottenvereins an diesem Wahlkampf beteiligt haben, der sich drehte um eine nationale Frage und um überseeische heiten. Inwieweit der Flottenverein als solcher in Aktion treten und welchen Spielraum er seinen Mitgliedern für ihre politische gung lassen will, das zu beurteilen, ist lediglich seine Sache. Ich bin nicht der Flottenverein, das können Sie schon aus der Kritik die der Flottenverein an mir geübt hat. (eiterkeit.) enn aber ein hervorragendes Mitglied des Flottenvereins zu mir kommt und mir erklärt, daß er sich in den Dienst der nationalen Sache stellen uund bei den Wahlen für den Standpunkt der Regierung wirken wolle . so nehme ich 85 solche Unterstützung dankbar an. Es wäre einfach lächerlich, und kommt ich wiederhole es noch einmal nirgend vor, daß 1 leitender Staatsmann, der die Auflösung eines Parlaments für not⸗ wendig gehalten hat, daß der, wenn die Entscheidung die Rolle einer Pagode verfällt. (Sehr gut 1 und Heiterkeit rech 8.)

ie Regierung ist durchaus berechtigt, gegen sie erhobene Angriffe zu widerlegen und hierfür auch amtliches Material zur Verfügung zu stellen, ihren Rat, wenn er erbeten wird, nicht zu verweigern.

Nach der Auflösung des Reichstags sind manche Herren aus Ihrer Mitte bei mir gewesen und haben mit mir Gedanken über den Wahlkampf ausgetauscht. Ich glaube nicht, daß einer dieser Herren den Eindruck mitgenommen haben wird, als ob ich unberechtigte Wahl⸗ beeinflussung betriebe. Ob der General Keim in jedem einzelnen Fall immer das Richtige getroffen hat, kann ich nicht entscheiden; aber gegenüber den Verlegenheiten, die man jetzt dem Generalmajor Keim mit Hilfe gestohlener Briefe zu bereiten sucht, will ich laut und dank⸗ bar anerkennen, daß sich der Generalmajor Keim mit seiner Person in selbst⸗ loser, aufopfernder, rastloser Weise in den Dienst einer guten Sache gestellt hat. (Bravo! rechts.)

Ich billige selbstverständlich nicht persönliche Angriffe gegen die Personen der Gegner; aber auch in dieser Richtung muß man die Hitze des Wahlkampfes in Betracht ziehen. Ich kann das sagen, meine Herren, der ich während der 10 Jahre, wo ich auf dieser Bank sitze, meines Wissens nie einen politischen Gegner in persönlicher Weise augegriffen habe, der ich den politischen Kampf niemals auf das persönliche Gebiet übertragen habe, weil ich das kleinlich finde. Aber anderswo wird das nicht immer so gehandhabt. (Sehr richtig! rechts.) Mit der Art und Weise, wie die Sozialdemokratie diesen Wahlkampf geführt hat, werde ich mich wohl noch zu beschäftigen haben; aber auch von der Zentrumspartei ist in Wahlaufrufen, in Wahlartikeln, in Wahlbroschüren und in Wahlflugschriften viel ge⸗ fündigt worden. 8

Ich habe hier eine ganze Blütenlese solcher Aeußerungen vor mir. Da wimmelt es nur so von Injurien und mehr als kühnen Behauptungen. Also, meine Herren, lesen Sie, bitte, die schöne Parabel vom Splitter und vom Balken. Denken Sie lange darüber nach, denken Sie an den Balken im eigenen Auge und messen Sie Freund und Gegner mit dem gleichen Maße! (Bravo!)

Meine Herren, von zwei Seiten ist heute die Frage aufgeworfen worden: wer hat bei diesen Wahlen gesiegt? Nicht die Parteien, meine Herren, die auch in diesem Wahlkampf manche Beweise von Engherzigkeit und Kurzsichtigkeit gegeben haben. Auch nicht die Herren Parteiführer, die zum Teil vor der Auflösung daran zu zweifeln schienen, ob der Reichskaniler den Mut haben würde, den ihm hin⸗ geworfenen Handschuh aufzunehmen, und die nach der Reichstags⸗ auflösung dieselbe für ein sehr gewagtes Unternehmen, für einen Husarenstreich ich trage ja seit 37 Jahren Husarenuniform zu

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halten schienen. Auch nicht die hauptstädtische Presse, die mit einigen rühmlichen Ausnahmen ich nenne in erster Linie die „Deutsche Tageszeitung: viel gesündigt hat durch doktrinäre Einseitigkeit und Rechthaberei. In

das freilich kein Berliner Blatt war, las ich nach der Auflösung einen schönen Artikel: Da hieß es im Eingang, endlich hätte ich mich entschlossen, den Reichstag aufzulösen, und am Schlusse, ich hätte den Parteien und dem Volke doch noch zwei Jahre Zeit lassen sollen, um sich auf den Wahlkampf vor⸗ zubereiten. (Heiterkeit.)

Nein, meine Herren, wer in diesem Wahlkampf gesiegt hat, das ist das deutsche Volk! Im Vertrauen auf das deutsche Volk, auf den gesunden, den nationalen Sinn des deutschen Volks haben die ver⸗

ündeten Regierungen sich zur Auflösung entschlossen. Ich stelle vor dem Inland und namentlich vor dem Ausland fest, daß sich alle die⸗ jenigen täuschen, welche wegen gewisser deutscher Fehler, aus unserem Harteihader, aus unserer Neigung zu Pessimismus, zu übertriebener Kritik, daran zweifeln, daß wir in großen Momenten, wo es um An⸗ ehen, Ehre und Stellung des Landes geht, über eine große, über eine gewaltige Mehrheit im deutschen Volke verfügen. (Lebhaftes Bravol)

Nun, meine Herren, liegt es in unserer parlamentarischen Geschichte, es liegt in unseren so eigentümlichen Parteiverhältnissen, es liegt in unserer ganzen politischen, wirtschaftlichen, sozialen Wund konfessionellen Struktur, daß Wahlen auf der Basis unseres Wahl⸗- rechts kaum eine homogene Mehrheit ergeben können. Die Mehrheit, die von Herrn von Normann zu Herrn Kaempf und Herrn Schrader reicht, geht in ihren Anschauungen über viele wichtige Punkte weit

einem großen Blatte,

erwidern. sachlichen Zurückweisung

meine Herren vom Zentrum, Zuruf: Es auch sagen können. Gerade in Ihrer habe ich das fortgesetzt gelesen. Bilden Sie, meine Herren vom Zentrum ich führe meinen Gedanken weiter aus denn eine so homogene Partei? (Sehr gut!) Stoßen Sie nicht schon im Rahmen Ihrer Fraktion auf Gegen⸗ sätze, wie sie etwa zwischen Herrn von Heydebrand und Herrn Fischbeck oder Herrn Payer bestehen? (Heiterkeit.) Sie bilden auch keine homogene Masse und würden wahrscheinlich alle Plätze dieses hohen Hauses von rechts bis links füllen, wenn das konfessionelle Band fortfiele, das Sie zusammenhält. (Sehr gut!) Also denken Sie an Ihre eigene Verschiedenheit, denken wir an die Verschieden⸗ heiten in der Zentrumsfraktion und wundern wir uns nicht darüber, daß auch die Mehrheit, die sich aus den Wahlen herausgestellt hat, in ihren Ansichten über manche Punkte auseinandergeht.

Diese Mehrheit hat sich gefunden in einem Punkte, der für die verbündeten Regierungen weitaus der wichtigste ist, nämlich in dem nationalen Gedanken. Von diesem Punkte ausgehend und ihn als unverrückbare Basis betrachtend, muß die Mehrheit jetzt vor allem zeigen, daß sie positive Arbeit zu leisten vermag. Darauf kommt alles an. Dadurch wird sie ihren Sieg bei den Wahlen rechtfertigen, dadurch sich dauernd dem Einfluß sichern, dadurch immer mehr sich das Vertrauen des Volkes erwerben. Und wenn die Mehrheit positive Arbeit leistet, dann wird auch jeder leitende Staatsmann mit der Verschiedenartigkeit ihrer Zusammensetzung rechnen müssen. Ich, meine Herren, werde ihr Rechnung tragen. (Bravo!)

Meine Herren, ich habe hier mal gesagt, daß ich keine Vorurteile hätte. Das soll nicht bedeuten, daß ich heute konservativ und morgen liberal regieren könnte, heute die nach pflichtmäßiger Ueberzeugung von mir vertretene Wirtschaftspolitik führen, morgen mich dem Freihandel zuwenden könnte. Nein, meine Herren, in dem Schutz aller nationalen Arbeit, in der gleichmäßigen Berück⸗ sichtigung der Interessen aller Erwerbszweige, in dem Schutze, dem vollen Schutze für die Landwirtschaft (Bravol rechts), in der Förderung der Industrie, in der Fürsorge für die Arbeiter werde ich mir treu bleiben. Diese Politik betrachte ich als mein eigenstes Werk, das ich nicht zerstören werde. (Bravol rechts.) Dazu habe ich um so weniger Veranlassung, als sich diese Politik durchaus bewährt hat, wirtschaftlich und auch politisch bei den Wahlen. (Bravol und Sehr richtig! rechts und bei den Nationalliberalen.)

Das schließt aber nicht aus, meine Herren, daß ich denjenigen Wünschen entgegenkomme, die auf anderen Gebieten von der bürger⸗ lichen Linken gehegt werden. Der Herr Abg. Bassermann hat ja soeben eine Reihe solcher Wünsche geäußert, über die sich reden läßt. Ich denke da an eine Reform unseres Vereins⸗ und Versammlungs⸗ rechts. (Lebhafter Beifall.) Ich denke an Ersparnisse durch Ver⸗ einfachung, auch in der Armee; ich denke an die Reform des Straf⸗ rechts und der Strafprozeßordnung, an die Aufbesserung der Beamten in ihren Bezügen. (Lebhafter Beifall.)

Durch die hochherzige Initiative unseres Kaisers soll, wie Sie aus der Thronrede ersehen haben, durch die Beschränkung der Majestätsbeleidigungsprozesse einem in weiten Kreisen herrschenden Wunsche entsprochen werden.

Im Interesse des Staatskredits und unseres ganzen Wirtschafts⸗ lebens werden, wie ich hoffe, Rechte und Linke dahin wirken, daß unser Kapitalmarkt gekräftigt wird und daß unsere Börse in den Stand gesetzt wird, ihrer Aufgabe als wichtiges nationales Wirt⸗ schaftsinstrument gegenüber den Börsen des Auslandes besser als bisher gerecht zu werden. (Bravol) Die Praxis hat zweifellos ergeben, daß durch einzelne Bestimmungen der gegenwärtigen Gesetzgebung die deutschen Börsen in ihrem Wettbewerb mit den ausländischen Börsen in eine nachteilige Stellung gedrängt sind, die dem Gesamtinteresse des Landes nicht entspricht. (Sehr richtig! links.) Wir werden uns, meine Herren, auch, wie ich höffe, einig finden in der Fort⸗ führung einer gesunden, kräftigen, vorurteilslosen, vernünftigen Sozialpolitik. (Lebhafter Beifall.) Auf diesem Gebiete wird nicht

(Sehr richtig!) Ia,

auseinander.

Sie sagen: sehr richtig! (Widerspruch in der Mitte.

war links!) Sie hätten es Presse, in der Zentrumspresse,

Rückschritt und nicht Stillstand, sondern Fortschritt unsere Losung

sein. (Wiederholter lebhafter Beifall.) Die Sozialpolitik soll aber nicht Halt machen, wenn für den Arbeiter gesorgt ist, sie soll nach meiner Ueberzeugung auch in verständigen Grenzen dem Mittelstande zugute kommen (Lebhaftes Bravol), der vielfach mindestens ebenso

schwer zu kämpfen und zu leiden hat wie die eigentlich arbeitende

Bevölkerung. (Lebhaftes Sehr richtig!)

Meine Herren, ich beschränke mich heute auf diese kurzen An⸗ deutungen, die Ihnen nur zeigen sollen, daß nach meiner festen Ueber⸗ zeugung es sehr wohl möglich ist, eine fruchtbare, zielbewußte Politik mit derjenigen Mehrheit zu treiben, die uns das deutsche Volk durch die Wahlen gegeben hat. (Lebhafter Beifall rechts und links.) Diese Politik wird um so fruchtbarer sein, je mehr sie getragen wird von Vertrauen unter den Mehrheitsparteien und zwischen den Mehrheits⸗ parteien und den verbündeten Regierungen. (Wiederholter Beifall.) Möge dieses Vertrauen sich immer mehr befestigen und wachsen zum Wohle des deutschen Volkes und zum Besten der ihm gestellten großen Aufgaben! (Stürmisches, anhaltendes Bravorufen und Beifallklatschen.)

Darauf wird Vertagung beschlossen. 4

Persönlich bemerkt der

Abg. Eickhoff (fr. Volksp.): Auf die lebhaften Angriffe des Abg. Spahn kann ich im Rahmen einer persönlichen Bemerkung nicht offe, daß ich in der Debatte die Möglichkeit der dieser Angriffe erhalten werde. Wenn heute Aeußerungen gesprochen hat, die ich gegenüber einem Vertreier der Neuen Freien Presse gemacht habe, so halte ich dies im allgemeinen aufrecht. Ich habe aber nicht von einer Tyrannei des Zentrums gesprochen, sondern nur ausgesprochen, was kein Ge⸗ heimnis mehr ist, daß durch die Wahlen das Zentrum von seiner ausschlaggebenden Stellung im Reichstage verdrängt worden ist.

Der Präsident teilt mit, daß der Entwurf einer Er⸗ gänzung zum Etat von 1907 eingegangen ist.

Schluß 6 Uhr. Nächste Sitzung Dienstag 1 Uhr. (Fort⸗ setzung der ersten Lesung des Etats und erste Lesung des Er⸗

der Abg. Spahn auch von

änzungsetats.) 8 8 gänzung 15 SI 8 8 82 * 8 5 8* 1. 85 88

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Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 19. Sitzung vom 25. Februar 1907, Vormittags (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)

Ueber den Beginn der Sitzung ist in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden.

Das Haus tritt in die erste Beratung des Gesetz⸗ entwurfs, betreffend die Abänderung des Allgemeinen Berggesetzes vom 24. Juni 1865, ein. Nach dem Entwurf soll das Recht zur Aufsuchung und Gewinnung der Stein⸗ kohlen, des Steinsalzes, der Kali⸗, Magnesia⸗ und Borsalze und der Soolquellen allein dem Staate zustehen.

Minister für Handel und Gewerbe Delbrück:

Meine Herren! Durch das Gesetz vom 5. Juli 1905, die sog. lex Gamp, die aus der Initiative dieses hohen Hauses hervorgegangen ist, ist die Annahme von Mutungen auf Steinkohlen und Salze bis zur anderweiten Regelung der gesetzlichen Bestimmungen über das Muten und Verleihen, längstens aber auf die Dauer von zwei Jahren nach der Verkündigung des Gesetzes, untersagt. Der jetzt zur Er⸗ örterung stehende Entwurf soll die damals vorgesehene anderweite gesetzliche Regelung der in Betracht kommenden Fragen bringen. Eh ich auf den Entwurf eingehe, bitte ich, in Ergänzung der ihm bei⸗ gegebenen schriftlichen Begründung noch folgende allgemeine orientierende Bemerkungen machen zu dürfen.

In den unter der Krone Preußen vereinigten Landesteilen ha von jeher, abgesehen von Hannover und einigen hier nicht näher aufzuzählenden Distrikten, der Bergbau als Regal gegolten, d. h. er war ein Vorbehalt der Fürsten, die ihn entweder selbst betreiben oder das Recht zum Betriebe an Dritte weiter geben konnten. Die Aufsuchung und Gewinnung der bergmännisch zu gewinnenden Mine⸗ ralien ist also von jeher in Preußen dem Einfluß des Grundeigen⸗ tümers entzogen gewesen. Dieser Grundsatz ist auch aufrecht erhalten worden im allgemeinen Berggesetz von 1865, das zwar das Regali tätsprinzip beseitigte, aber doch daran festhielt, daß die bergmännisch zu gewinnenden Mineralien dem Einfluß des Grundeigentümers ent⸗ zogen blieben, und das nur insoweit eine Aenderung des bestehenden Zustandes eintreten ließ, als die Mineralien nicht mehr den Landes⸗ herren, sondern der Allgemeinheit reserviert wurden, und zwar in der Weise, daß das Recht, Mineralien auf fremden Grundstücken aufzu⸗ suchen, bei Erfüllung gewisser Formalitäten jedem zustehen sollte, und daß derjenige, der ein Mineral in abbauwürdiger Menge und Be⸗ schaffenheit auf seiner natürlichen Ablagerung gefunden hatte, das

11 Uhr.

Recht haben sollte, zu verlangen, daß ihm die Befugnis zur Gewinnung dieses Minerals übertragen werde. Der⸗ jenige, der auf Grund eines solchen Antrags, der sog.

Mutung das Recht zur bergmännischen Gewinnung der in Betracht kommenden Mineralien erhält, wird beliehen mit dem Bergwerks⸗ eigentum. Das Bergwerkseigentum ist ein dingliches Recht an einer fremden Sache; es umfaßt einen Komplex von Rechten, die alle dem Zweck der bergmännischen Gewinnung von Mineralien in einem be⸗ stimmten Felde dienen und ihre Ergänzung finden in einer Reihe von rechtlichen Verpflichtungen, die dem Bergwerkseigentümer der All⸗ gemeinheit und insbesondere den betroffenen Grundbesitzern gegenüber obliegen. Das Berggesetz von 1865 habe dann auch, anknüpfend an das ältere Recht, für den Betrieb des Bergbaues durch Mehrere eine besonders geeignete Form, die der Gewerkschaft übernommen und aus⸗ gestaltet, die auch heute noch vom Bergbau bevorzugt und vielfach benutzt wird. Der Zweck dieser Gesetzgebung war, den privaten Unternehmungs⸗ geist und das private Kapital in weitestem Maße zur Betätigung auf dem Gebiete des Bergbaues anzuspornen und heranzuziehen und damit einen möglichst ausgiebigen Aufschluß der Mineralschätze unseres Vaterlandes zu sichern. Auf Grund dieser gesetzlichen Bestimmungen, auf Grund der tat⸗ sächlichen Verhältnisse, wie sie vor dem Erlaß des Berggesetzes bereits bestanden haben, hat sich nun praktisch in Preußen die Sache so ent⸗ wickelt, daß speziell auf dem Gebiete des Steinkohlenbergbaues der Fiskus auf Grund älterer Berechtigungen und Verleihungen in um⸗ fassendem Maße Bergbau betrieben hat und noch betreibt. Er ist beinahe der alleinige Besitzer der Steinkohlenvorkommen im Saar⸗ revier; er besitzt, zum Teil aus der Zeit Friedrichs des Großen, in Oberschlesien erhebliche Reservate an Steinkohlen; dagegen ist er an dem Steinkohlenbergbau in unserem dritten großen Steinkohlenrevier, im Ruhrrevier, früher überbaupt gar nicht beteiligt gewesen und ist jetzt nur auf Grund der Ankäufe im Laufe des letzten Jahrzehnts in einem verhältnismäßig geringem Umfange an der Produktion dieses Reviers beteiligt. Neben diesen Ankäufen, die ich zuletzt erwähnt habe, neben den Reservaten und Verleihungen älteren Datums hat der Fiskus aber auch seinerseits in Konkurrenz mit den Privaten geschürft und gemutet und auf diesem Wege sowohl seinen Besitz an Kohlenfeldern, speziell in Oberschlesten, als auch seinen Besitz an Kalifeldern er⸗ weitert und vermehrt. Trotzdem hat im Laufe der Zeit der Privat⸗ bergbau sowohl auf dem Gebiete der Steinkohlen, als auch auf dem Gebiete des Kalis, bei welch letzterem der Fiskus der erste berg⸗ männische Gewinner war, dauernd zugenommen, sodaß die Privat⸗ produktion auf all diesen Gebieten den Fiskus mehr und mehr über⸗ flügelt und in den Hintergrund gedrängt hat. Es ist den Herren ja schon aus den Verhandlungen des vorigen Jahres bekannt, wie stark die Beteiligung des Fiskus an der Produktion des Kalis im Laufe des letzten Jahrzehnts zurückgegangen ist, und auch auf dem Gebiete des Steinkohlenbergbaus ist die Gesamtproduktion der Privatindustrie verhältnismäßig immer größer geworden gegenüber der Produktion des iskus. 8 Tatsächlich hat sich aber im Laufe der letzten Jahrzehnte noch ein weiteres vollzogen. Die Bergbaufreiheit, d. h. das Recht eines jeden, zu schürfen und zu muten, hat tatsächlich einen wesent⸗ lichen Teil ihrer Vorzüge dadurch eingebüßt, daß mit den wachsenden Tiefen, in denen die Mineralien gesucht und ge⸗ wonnen werden müssen, mit der Schwierigkeit der Bohrtechnik, mit der Notwendigkeit, Apparate zu benutzen, die unter Patentschutz stehen, der Kreis derer, die sich am Schürfen und Muten auf Stein⸗ kohle und Kali haben beteiligen können, immer enger geworden ist, und daß tatsächlich die Tätigkeit des Schürfens und Mutens heutzu⸗ tage nur noch in der Hand ganz weniger großer, mit reichen finanziellen Mitteln ausgestatteter Bohrgesellschaften liegt, die ihrerseits wieder in engen finanziellen Beziehungen stehen zu den bisherigen Kohlen⸗ 11“