hr hervorragende Kräfte den Reichsdienst verlassen, weil sich
ihnen außerhalb desselben günstigere Aussichten bieten. Also schon die Personenfrage wird ganz außerordentlich schwierig zu lösen sein. Ich habe den Interessenten, weil ich ja
den Kern, der in ihrer Forderung liegt, als berechtigt anerkenne: ämlich gewisse Daueruntersuchungen in einer öffentlichen Anstalt zu aachen, besondere Daueruntersuchungen, die sich manchmal auf Jahre rstrecken müssen —, ich habe den Herren gesagt: wer eine solche An⸗ stalt baut und die Kosten des Baues trägt, das ist vorläufig eine rage für sich; man könnte auch erwägen, ob man die Mittel⸗ und terbeamten zu etatsmäßigen Reichsbeamten an solcher Anstalt achte. Ich habe aber den Beteiligten anheimgestellt — um nament⸗ ich auch die Gehaltsfrage zu lösen, und zwar in einer Weise, wie sie zurch den Reichsetat nicht gelöst werden kann —, ob die Beteiligten icht bereit wären, zunächst einen gewissen größeren Stiftungsfonds iu sammeln. Die Beschäftigung von hervorragenden Chemikern in jener chemisch⸗technischen Anstalt könnte dann derart erfolgen, haß hervorragende Chemiker aus der Praxis nur vorübergehend in den Reichsdienst berufen würden, daß sie nach Maßgabe des ttats als zeitweilige Reichsbeamte, als Hilfsarbeiter, zwar ein Gehalt aus einem allgemeinen Fonds des Etats bekämen, daß ihnen eventuell aber, soweit es nicht möglich ist, diese nur vorübergehend herangezogenen Techniker aus Reichsfonds angemessen zu besolden, dann aus den Zinsen jenes Stiftungsfonds der chemischen Industrie entsprechende Zulagen gemacht würden. Die ganze Anstalt würde dann, allerdings uter Aufsicht des Staatssekretärs des Innern, doch vorzugsweise unter eer sachverständigen Leitung eines freigewählten sachverständigen zratoriums stehen; mit anderen Worten: ich habe zur Erwägung ser Interessenten gestellt, ob es nicht möglich wäre, ein gewisses Mittelding zwischen einem Privatinstitut und einem Reichsinstitut zu schaffen, das aber doch die Möglichkeit gewährte, jene Beweglichkeit seinem technischen Personal zu gewährleisten, die unbedingt not⸗ eendig ist, um eine derartige Spezialanstalt auf der Höhe der wissen⸗ schaftlichen Forschung zu halten. Man könnte dann für einzelne Spezialfragen, die in dieser Anstalt zu studieren wären, besonders eeignete Techniker auf beschränkte Zeit berufen. Wenn die betreffende zufgabe erledigt wäre, so würden diese Herren in ihre praktische Tätigkeit zurückkehren, und man könnte wieder andere Techniker für eeue Aufgaben einberufen. Ein solcher Stiftungsfonds, der es also rmöglichte, mit freierer Hand hervorragende Kräfte auf kurze Zeit heranzuziehen, würde die Schwierigkeiten beseitigen, die bei jedem un⸗ mittelbaren Reichsbeamten in der etatsmäßigen Begrenzung seines Gehalts egen. Meine Herren, es ist das ein erstes Projekt; aber ich glaube, laß man die Frage auf diesem Wege in einer Weise regeln könnte, ie einerseits mit den allgemeinen Vorschriften der Reichsfinanz⸗ verwaltung übereinstimmte, und die anderseits doch die Freiheit böte, Fein Institut zu schaffen, das sich in seinem Gelehrtenpersonal dauernd auf der vollen wissenschaftlichen Höhe der Forschung hielte. Wir erden in der zukünftigen Session vielleicht noch Gelegenheit haben, iesee Frage eingehender zu erörtern. Es liegt auch der Antrag auf eine Enquete über die Verhältnisse der Metallindustrie vor. Bisher war nur eine Enquete in der Eisen⸗ industrie beantragt. Ich habe mich dieserhalb an den preußischen
Herrn Handelsminister gewandt, und dieser hat sich bereit erklärt, die Verhältnisse, die hier im Reichstage berührt wurden, seinerseits einer eingehenden Erörterung zu unterziehen. Ich muß abwarten, welchen Er⸗ folg diese Erhebungen des preußischen Herrn Handelsministers haben werden. Neu ist jetzt, daß sich der Antrag auf die gesamte Metallindustrie bezieht, auch auf die Blei⸗, Zinnindustrie usw. Nun sind für diese Industrie seitens des Bundesrats bereits verschiedene Verordnungen um Schutz von Leben und Gesundheit der Arbeiter ergangen. Auf Grund aber der jetzt zu meinem Etat gestellten Resolutionen will ich -punächst das Reichsgesundheitsamt darüber hören und dann erwägen, nwieweit die jetzt von dem preußischen Herrn Handelsminister an⸗ gestellten Erhebungen etwa zu ergänzen sein möchten. 8 Zum Schluß gestatte ich mir noch eine Bemerkung. Man hat in der Debatte behauptet, es wäre die Schuld des Bundesrats, daß die sozialpolitische Gesetzgebung nicht schneller vorwärts gehe; dann st die Schuld wieder dem Herrn Reichskanzler, als dem ür die gesamte Reichsverwaltung verantwortlichen Beamten aufgebürdet worden. Ich glaube, in beiden Richtungen sind die Angriffe sachlich nicht begründet. Zunächst möchte ich eins versichern: in bezug auf das Tempo und den Inhalt deer sozialpolitischen Gesetzgebung besteht zwischen dem Herrn Reichs⸗ kanzler und mir nicht die leiseste Meinungsverschieden⸗ heit. Wenn ich jetzt Ausführungen über den Erlaß eines Vereins⸗ gesetzes gemacht habe, so sind das Ergänzungen zu der Erklärung, die der Herr Reichskanzler hier abgegeben hat; und auf sozialpolitischem Gebiete ist der Herr Reichskanzler mit mir in bezug auf die Ziele und den Umfang der sozialpolitischen Gesetzgebung vollkommen einer Ansicht. (Lebhaftes Bravo.) Wenn die Langsamkeit des Verfahrens hervorgehoben worden ist, und daß im letzten Jahre nichts auf sozial⸗ politischem Gebiete geschehen sei, so sind doch verschiedene Ver⸗ oordnungen erlassen worden, welche erhebliche Vorarbeiten erforderten. Manchmal sieht das Ergebnis solcher Erhebungen sehr dürftig aus⸗ aber alle solche Verordnungen greifen so tief in das gewerbliche Leben ein und erfordern eine solche eingehende Erörterung aller technischen Einzelheiten, daß sie sehr viel Zeit und Arbeit in Anspruch nehmen, wenn auch die Verordnung, die darauf begründet wird, dann einen ziemlich kurzen und einfachen Inhalt zu haben scheint. (Lebhafte Zustimmung.) Man muß doch auch bei der Sozialpolitik sehr vorsichtig sein, nicht Verordnungen zu erlassen, die die berechtigten Lebensbedingungen der Industrie geradezu gefährden. (Lebhafte Zustimmung.)
Und was die Beteiligung des Bundesrats betrifft, so will ich zugestehen, daß in einem Einheitsstaate unter Umständen die Gesetz⸗ gebung schneller arbeiten kann als in einem föderativen Staatswesen. Aber in einem föderativen Staatswesen, das aus einer großen Anzahl von Regierungen besteht, hat jede Regierung das Recht, die Fragen der Gesetzgebung, ehe sie sich zu einer Vorlage verdichten, ihrerseits nach ihren be⸗ sonderen Verhältnissen eingehend zu prüfen. Innerhalb der inzelnen Regierungen — und das ist nicht nur in Preußen, in jedem Bundesstaat der Fall, auch im kleinsten — will jeder Vertreter eines speziellen Ressorts solche Vorlagen auch v den besonderen Bedürfnissen und Verhältnissen seines 8b 8 88 aus entsteht natürlich eine gewisse Verzögerung, die schein 9 8 8. seezgebung in einem Föderativstaat ein langsameres Tempo einnehm läßt, als in einem Einheitsstaat. Aber wenn Sie die Gesetzsamm⸗
lung einmal daraufhin prüfen wollten,
an welchen un⸗ geheuren Gesetzgebungsarbeiten in Gemeinschaft mit den ver⸗ bündeten Regierungen und auf Grund der Zustimmung derselben allein das Reichsamt des Innern beteiligt ist,
dann würden Sie vielleicht doch anderer Ansicht sein über die Tätigkeit des Bundesrats. Sehen Sie sich, bitte, einmal die Gesetz⸗ sammlung darauf an, was in den letzten Jahren für eine Masse von Verordnungen und Einrichtungen gerade im Ressort des Reichsamts des Innern getroffen sind.
Ich kann also diese Angriffe, soweit sie sich gegen den Bundesrat richten, oder soweit von einer grundsätzlichen Meinungsverschiedenheit zwischen den Anschauungen des Herrn Reichskanzlers und meinen Anschauungen auf sozialpolitischem Gebiete die Rede ist, als berechtigt und inhaltlich begründet nicht erkennen.
Außerdem, meine Herren, habe ich Ihnen vorgestern ein Programm dessen gegeben, was im nächsten Jahre geschehen soll. Ein Teil der Ausführungen des Programms beruht doch auf sehr umfangreichen gesetzgeberischen Vorarbeiten, die bereits schon gemacht sind und die Tätigkeit des Reichsamts des Innern und des Bundes⸗ rats eingehend in Anspruch genommen haben. Ich glaube, wenn alle diese Vorlagen Ihnen bei Beginn der nächsten Tagung zuͤgehen, werden Sie auch dem Bundesrat gern das Zeugnis erteilen, daß er seine Pflichten gegenüber den wirtschaftlichen und politischen Be⸗ dürfnissen des deutschen Volkes vollkommen erfüllt hat. (Beifall.)
„ Abg. Wieland (D. Volksp.): Ich bitte mir zu gestatten, die spe⸗ zielle Frage der Lage des Mittelstandes etwas näher zu erörtern. Die Frage wurde schon wiederholt gestreift, aber die Redner sind über ihre materielle Seite zu leicht hinweggegangen. Es sähen gewiß im Hause viele Abgeordnete, die in dieser Beziehung vielseitige Wünsche und Anregungen zu hören bekommen und gewiß auch mannigfache Versprechungen gemacht baben. In der Tat gibt es unter den Angehörigen des Mittelstandes weite Kreise, die sich in nicht günstigen Verhältnissen befinden. Anderseits erachten es weite Kreise als ein dringendes Erfordernis, daß der Mittelstand als aus⸗ gleichendes Element zwischen Großindustrie und Arbeiterschaft unserem Volke erhalten bleibe. Die Großindustrie besitzt schon in den großen Kapitalien, die ihr zur Verfügung stehen, eine hohe Existenzfähigkeit; für die Aetbetterscaft ist durch die Gesetzgebung, wenn auch nicht in vollkommenem Maße, gesorgt, oder st hat doch die Möglichkeit durch eigene Kraft ihre Existenzverhältnisse sicher zu stellen. Ich spreche dabei aus meiner Kenntnis der Arbeiterschaft mein Einverständnis damit aus, daß die Sozialpolitik auch im Interesse der Arbeiterschaft weiter geführt werden muß. Die Besserung der Lage der kleineren und mittleren Landwirtschaft, die eingetreten ist, entstammt dem neuen Zolltarife. (Hört, hört! rechts und im Zentrum.). Jawohl, das kann ich bestätigen. (Zwischenrufe rechts: Sie sind aber ein Demokrat!) . . . Das ist mir ganz eins. Aber für einen weiteren Teil des Mittelstandes, für das Handwerk besonders, ist bis jetzt nur herzlich wenig Pschehen; dieser Teil des Volkes ist in keineswegs beneidenswerter Lage. s sind gesetzgeberische Versuche gemacht worden, ob sie dem Hand⸗ werk aber wirklich materielle Vorteile geschaffen haben, ist mir mehr als zweifelhaft. Sicher ist bloß, daß dem Handwerk durch die Gesetzgebung, auch durch die soztalpolitische, große weitere Opfer auferlegt worden sind. Alles in allem, ist dem Handwerk bisher nur platonische Liebe erwiesen worden. Man hat alle möglichen Vor⸗ schläge gemacht; in erster Linie wird immer wieder auf die Selbst⸗ hilfe verwiesen. Es ist sehr schwer, heute damit vorwärts zu kommen, 8 berechtigt der Hinweis darauf an sich ist. Dann spricht man vom sefähigungsnachweis. Ich halte nicht für wahrscheinlich, daß damit die Schwierigkeiten Feseitgt werden; denn auch nach dem Befähigungs⸗ nachweis wird es fähige und weniger fähige Handwerksmeister geben. Das Handwerk hat an Konkurrenzfähigkeit auch durch die Abzahlungs⸗ eschäfte, die Warenhäuser und die Großindustrie viel verloren. Ich schließe mit dem Hinweis auf einige Maßnahmen, die ganz bestimmt geeignet wären, die Existenzfähigkeit des Handwerks zu fördern. Zu⸗ nächst fehlt es dem Handwerk an dem nötigen Kapital. Dem Staate und dem Reich wird zu sehr billigem Zinsfuß Geld geliehen; es wäre nur ein Akt der ausgleichenden Gerechtigkeit, wenn der Staat damit seinen Bürgern wieder unter die Arme greifen wollte, natürlich gegen entsprechende Sicherheit und einen etwas billigeren Zinsfuß, als die Banken nehmen. Namentlich dem Bauhandwerker wäre auf diese Weise leicht zu helfen. Ferner ist notwendig die Ausdehnung der Versicherungsgesetzgebung auf den gesamten Handwerker⸗ und Mittelstand. Der Handwerker, der Angehörige des Mittelstandes kann kaum etwas für seine alten Tage zurücklegen; er befindet sich im Alter in geradezu bedauerns⸗ werter Lage. Die Ausdehnung der Versicherung würde ihn in den Stand setzen, der Zukunft ruhiger entgegenzusehen. Im Versicherungs⸗ wesen müssen die preußischen Arbeitsverdingungsvorschriften, die geradezu vorbildlich sind, für das ganze Reich allgemein zur Ein⸗ führung gelangen; damit würde vielfach die Arbeitslosigkeit im Hand⸗ werkerstande gemildert und aufgehoben werden und dieser wieder konkurrenzfähig gemacht. Alle Kreise des Hauses eifern in der Für⸗ sorge, die Sozialreform weiter auszugestalten, aber sorgen Sie auch für den Mittelstand, für das Handwerk, den Träger des nationalen Ge⸗ dankens. Tun Sie das nicht, dann werden weite Kreise des Mittel⸗ standes draußen ohne weiteres der Sozialdemokratie in die Arme getrieben, und das werden wohl der Reichstag und der Bundesrat nicht wollen. Abg. Rieseberg (wirtschaftl. Vgg.): Es ist sehr interessant,
daß auch die linke Seite des Hauses so mittelstandsfreundlich zu werden beginnt, wie die Rede des Vorredners gezeigt hat; wir wollen nur hoffen, daß die Mittelstandsfreundlichkeit auf dieser Seite an⸗ dauert. Bis jetzt ist zur Entschuldigung dafür, daß für den Mittelstand noch nichts geschehen könnte, um eine staatliche Unterstützung bereitzustellen, auf den Mangel an Mitteln hin⸗ worden. Ja, man nehme diese Gelder doch aus den rtrãt hügen der Warenhäuser, der Konsumvereine, der Aktien⸗ essellschaften, dieser Totengräber des Mittelstandes, dann wird sehr ein guter Fonds für den Anfang vorhanden sein. Die großen Summen, welche die sozialpolitischen Versicherungs⸗ anstalten aufhäufen, sollten nicht in kostspieligen Luxusbauten, sondern direkt zum Nutzen der Rentenempfänger Verwendung finden. Das Genesungsheim in Beelitz kostet 9 Mill. Mark und da befindet 15 eine Kegelbahn, die 18 000 ℳ gekostet hat; ist das etwa im nteresse dieser kleinen Rentenempfänger? Lieber sollte man die hohe Altersgrenze von 70 Jahren veensehin Das Submissionswesen reformiert werden. Die neuen Bestimmungen sind ja mit Freuden zu begrüßen; aber was helfen sie, wenn sie von den Verwaltungs⸗ behörden nicht berücksichtigt werden? Und das ist der große Fehler, man geht in der Praxis einfach darüber hinweg. Darum kann hier nur eine reichsgesetzliche Regelung helfen. Man berücksichtigt eben nur große Gesellschaften und Firmen, nicht den kleinen Hand⸗ werker. Was könnte die Regierung ersparen, wenn sie nicht Ver⸗ träge mit den Gesellschaften abschlösse, sondern mit den einzelnen Hand⸗ werkern direkt Fühlung nähme? Hätte die Regierung, statt mit der Firma Tippelskirch zu kontrahieren, mit den einzelnen Sattlermeistern die Sattellieferungen abgeschlossen, sie hätte 2 Millionen erspart. Das Handwerkergesetz von 1897 hat sich keineswegs besonders bewährt; es ist ein bE grünen Tisch aus, zustande gekommen ohne Be⸗ agung der Männer der Praxis. Zwangs⸗ und freie Innungen stehen sich
o kraß gegenüber, daß man sich über die Abneigung nicht wundern kann, die selbst in einzelnen Handwerkerkreisen gegen das Gesetz aufgetreten ist. Dem Pfuschertum ist noch viel zu weiter Spielraum geblieben. Die Pfuscher, die in den Eeshegee een als Barbiere ausgebildet werden, 1 sich nachher als Meister nieder, finden sogar in den Innungen Aufnahme und machen den geprüften scharfe Konkurrenz. Der kleine Befähigungsnachweis soll ja nun kommen. Die E1 sollten doch endlich auch aus den Vorbereitungen herauskommen und positive Arbeit zu leisten anfangen;
Meistern eine sehr
sie geben jetzt zum Teil sehr viel Geld für Verwaltungskosten aus,
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sodaß für das Handwerk selbst eigentlich nichts oder nichts Nennens⸗ wertes mehr übrig bleibt. Eine dieser Kammern hat einen Etat von 68 000 ℳ, wovon aber auf die Förderung des Handwerks nur 9000 1 kommen. Da kann man sich nicht wundern, wenn die Handwerker selbst in Mißstimmung gegen diese Organisation des Handwerks und gescbhe diese Art der Hebung des Handwerks geraten. Eine sehr bedenkl ce Erscheinung ist der Bopkott. Die Abgg. Bebel und Hue haben sich ja dagegen ausgesprochen; aber noch ist von keiner Seite jugesagt worden, daß der Boykott unter Strafe gestellt werden soll. Und da ist notwendig, denn der Boykott steht unserem ganzen Staatsleben entgegen. Gegen Spitzbuben kann man sich wehren, aber nicht gegen Leute, die im geheimen über Geschäftsleute den Boykott verhängen. Die Sozialdemokraten verlangen den Schutz der Streikenden, aber den Schutz der Arbeitswilligen verabscheuen sie. Die Sozialdemokraten gehen so weit, dem Fabrikanten, der einen bestimmten Mann nich entläßt, den Streik seiner gesamten Arbeiterschaft anzudrohen, un wir haben sogar erleben müssen, daß Gerichte diesem Standpunkte bis zu einem gewissen Grade Rechnung tragen⸗ Wir werden stets für gesetzliche Maßnahmen zum Schutze unserer arbeitswilligen Arbeiter gegen solchen Terrorismus zu haben sllic Nach den Wahlen wird von sozialdemokratischer Seite, namentli von durchgefallenen sozialdemokratischen Kandidaten die Gründung Ucht Konsumvereinen zur Schädigung von kleinen Geschäftsleuten, die n — sozialdemokratisch gewählt haben, betrieben. Es wäre zu üͤberlegan, ob nicht bei solchen Gründungen die Nachprüfung der Bedürfnh 8 frage einzuführen wäre. Dasselbe möchte ich auch binsichtlich J⸗ Erteilung von Schankkonzessionen an Warenhäuser anregen. tand Kaufmannsgerichte haben wirklich segensreich für den Kaufmannss 28 gewirkt. Sollten wir aber mal so weit kommen, daß Arbeitskammem eingerichtet werden, dann möge man aber auch Kaufmannsgehilf n, kammern einrichten, die einen großen Fortschritt auf kaufmännische Gebiete bedeuten würden. Für die Bäcker wäre die Einführung veri⸗ gesetzlichen Minimalruhezeit sehr angebracht, die wir in der Bã c verordnung vermissen. Was die Ausstattung der Arbeitsräume 88 dieser Verordnung betrifft, so begrüßen wir solche Maßnahmen be⸗ Regierung. Man hätte sie aber auf Neubauten und Umhauten, e-. schränken und ihnen nicht rückwirkende Kraft geben sollen, denn hiede durch verlieren nicht nur Bäcker, sondern auch Hausbesitzer Tausgne⸗ am Wert ihrer Grundstücke. Ich möchte Sie darum bitten, die ben sprechen, die Sie den Wäͤhlern aus dem Mittelstande gegeben hobetz auch einzulösen, dann wird wieder Vertrauen zu den Parteien zur Regierung im Mittelstande einkehren. 8 jal⸗ „Abg. Irl (Zentr.) bedauert, daß von sämtlichen angekündigten soj be⸗ politischen Vorlagen nur zwei das Handwerk beträfen. ang gen sonders vermisse er den Gesetzentwurf zur Sicherung der Forderunghee der Bauhandwerker. Wenn der Staatssekretär warten wolle, bl nie Einigung mit den Interessentenkreifen erzielt sei, so würde weSgei⸗ etwas aus der Sache werden. Ganz ähnlich liege es mit der lung dung zwischen Fabrik und Handwerk. Wenn auch hier die 82 zum sich noch lange hinzöge, dann würden viele Betriebe, die siche Fin⸗ Handwerk gehörten, zu den Fabriken gezählt werden. Seit der aupt⸗ führung der Handwerkskammern seien manche wichtigen Fragen, ce⸗ sächlich in der Organisation des Handwerks, entschieden vorwälls nd kommen. Es wäre nur zu wünschen, daß die Anregungensingg⸗ Wünsche derselben oben mehr Berücksichtigung fänden. Die Leht n- ausbildung sollte durch die Kammern etwas einheitlicher ge allen werden. Richtig sei allerbinas, daß eine Einheitlichkeit bei üren deutschen Handwerkskammern sich schwer oder gar nicht durchfi Unen ließe wegen der außerordentlichen Verschiedenheiten in den eimen Bezirken. In denjenigen, in denen die Lehrlingszüchterei siung blühe, sollten die Kammern versuchen, eine strengere Fas en. der Vorschriften, betreffend die Haltung von Lehrlingen, zu errei vige In dem unlauteren Hausierhandel müsse der selbständige anstän eh. 1“ 1 setnefFfca behrodencön. ” der in eigentlicher utz gegen den Hausierhandel, diesen Au Heneezefeibeh 81 8 8. egen 8 1“ bestehe überhaupt nicht. be Zulassung der Hausierer müßte von dem überhae bhn der Genehmigung der Offizialbehörden vielleicht unter Zuziehung der Handwerkskammern abhängig gemacht werden. Mit einem Federstrich könne ja der Hausierhandel nicht aus der Welt ge⸗ schafft, aber er könnte beschränkt werden. Für einen solchen Vor⸗ schlag würde der Staatssekretär jedenfalls die Mehrheit des Reicn tages finden. Die Frage der Unterstützung des Genossenschaftswesent sei ja sehr wertvoll für das Handwerk, die wichtigste Forderung vc aber die gesetzliche Beseitigung der schädlichen Zustände im Su 1 missionswesen Was den Antrag des Abg. Pauli⸗Potsdam betreff⸗ durch den die frühere Bestimmung des Unfallversicherungsgesetzes u so Ansammlung eines Reservefonds wieder hergestellt werden so zeser könne er ihm, so anerkennenswert auch dessen Tendenz sei, in cten Form nicht zustimmen. Der Redner schließt mit einem lebhaßcg, Appell an die verbündeten Regierungen, sich des Handwerkerstande,. dieser besten Stütze des Staates, kräftiger anzunehmen als bishergg, Abg. Dr. Semler (nl.): Ich will gern anerkennen, daß der un. Raab bestrebt gewesen ist, den Hamburger Hafenarbeite treik iner befangen und ruhig zu würdigen, ich muß aber auf Grund üees eigenen Sachkunde entschieden dagegen Verwahrung einlegen, ürde irgend eine Reederel, die Verantwortung auf sich nehmen wür vils direkt oder indirekt ihre Kapitäne anzuweisen, auch bei Nebel nd. Volldampf zu fahren. Es könnte dies nur für Personendampser viel Schnelldampfer in Betracht kommen, an Bord derselben sind aber zu viel sachkundige Leute, auch unter den Passagieren, und wehe Kapitän und der Reederei, die in so schroffer Weise gegen iter⸗ Gesetz verstoßen würden. Der Abg. Raab meinte, beisdem Hafenarbei fär streik habe es sich um eine Machtprobe gehandelt. Der Grund den Ausbruch des Streiks war doch der, daß die Hafenarbeiter ven⸗ auf sozialdemokratische Anstiftung an der Maifeier beteiligen wolffer. Da. darf man sich nicht wundern, daß die Reeder gewissen maßen als Antwort hierauf sagten, es wird jetzt nicht nur den käüsse Tag, sondern ein paar Tage gefeiert. Die Hafenbetriebsverhältnner find nachgerade so kompliziert geworden, daß man sie wohl mit Ar⸗ roßen maschinellen Einrichtung vergleichen kann, und wenn die ung eiter gerade in einer Zeit, wo die Hochkonjunktur die Anspangten, aller Kräfte erforderte, diese für einen Tag stillstehen lassen wo urch so konnte ihnen die Bedeutung dieses ihres Entschlusses nur dadung zum Bewußtsein gebracht werden, daß man ihnen mit Ausspertien. drohte. Später ist dann die Frage der Nachtschichten hinzugekanpe 88 Auf die Behauptung des Abg. Raab, daß sogar auf zwei ampfste 1 der Hansalinie 136 Stunden wöchentlich gearbeitet werden muhmg habe ich sofort an Direktor Ballin telegraphiert und Ver⸗ Details gebeten. Darauf habe ich, offenbar auf sein men: anlassung, vom Hafenbetriebsverein folgende Antwort bekom aber „Es wird zugegeben, daß solche Arbeitszeiten vorkommen, es muß zeit erwähnt werden, daß keiner der Arbeiter zu einer derartigen vwenn gezwungen ist. Im Gegenteil, es wäre uns viel angenehmen sent⸗ die Leute sich ablösten, da wir dann mit stets frischen Kräften w n der lich bessere Arbeitsleistungen erzielen würden. Die Organisatlosnem Arbeiter geht aber dahin, daß derjenige, der die Arbeit auf ei Er Schiffe bekommen hat, sie auch zu Ende führen will und muß⸗ und brauchte sich nur Morgens um 6 Uhr nicht wieder zu stelles wird man würde die Arbeit einem anderen Manne übertragen. Duer di “ 2 leder und müssen een werden, nicht dazwischen dulden. Pases gegnme der Schauerleute verstanden, in den letzten Jahren jeden neuen Zuzug fern 3 und die ganze Arbeit für einen kleinen Kreis zu, reservieren, die dann durch Ueberstundenlohn mäßig sehr viel verdienen.’“ Aus einer diesem Briefe Lohnliste von dem Dampfer „Gutenfels“ ist zu ersehen, Leute in der Woche bis 58 ℳ verdient haben. Ue 18 die Zusammenrechnung der gesamten Arbeitsstunden ehracht Entstellung, denn die Arbeitspausen sind nicht in Be vereinbart, erner wurde im vorigen Jahre ein Tarif vie zur rbeitszeit und die Lohnse e genau regelte und rungen erhaltung eines prompten Betriebes nötigen Festhum (Schluß in der Zweiten Beilage.
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