zum Deu Nℳoh 99.
sahre dem Reichstage mehrere Gesetze vorgelegt
große Versicherungsgesetz, von denen im Laufe der vielmonatlichen Sesson keines erledigt worden ist, weil der Reichstag die Zeit dazu fand, daß von dem Herrn Abg. Müller (Meiningen) gerade Augenblick, wo nicht wir, sondern eher der Reichstag im Rück⸗ and ist (Widerspruch links), benutzt wird, uns einen Vorwurf zu machen, meine Herren, das halte ich doch nicht für richtig. Der Herr Abg.
üller (Meiningen) hätte wenigstens konstatieren sollen, um unsere Atbeitzenergie anzuzweifeln, daß wir im vorigen Jahre Gesetze von
edeutung vorgelegt haben, ohne daß im Reichstag ihre Erledigung (Zuruf links: Justizreform!) — Das ist nicht richtig, Herr Abgeordneter; wenn Sie das Reichsjustizamt in so all⸗ gemeiner Weise zensurieren, dann müssen Sie auch alle großen gesetz⸗
dieser
erreicht werden konnte.
seberischen Arbeiten aufführen, die wir dem haben.
leicht
Ja,
is zum jetzigen Tag zu erledigen seien. Wie
ledi
die verbündeten Regierungen fertig sein werden.
Er hat den Vorwurf erhoben, daß ich dilatorische Bemerkungen gemacht hätte über den Strafprozeß. Nein, meine Herren, ich habe keine dilatorischen Bemerkungen gemacht, ich habe nur ausgesprochen, wie die Geschäftslage augenblicklich ist, um keine Täuschungen auf⸗ kommen zu lassen über den Zeitpunkt, zu welchem Ihnen der Gesetz⸗ eentwurf nach menschlichen Kräften und nach der Art unserer bundes⸗ mäßigen Institutionen zugehen kann. Nun möchte ich Sie aber fragen, meine Herren: wenn ich Ihnen erkläre, daß Sie in der nächsten Session die Strafprozeßordnung — ein Werk, das allein den Reichstag eine Session hindurch beschäftigen könnte — noch nicht erhalten werden, kann Der Herr Staatssekretär des anern hat Ihnen neulich schon vorgehalten, welche Gesetzentwürfe aus seinem Ressort an den Reichstag kommen werden. Wir, meine
dann der Reichstag das beanstanden?
sch len, werden Ihnen außerdem noch einiges e
rungsgesetz, das Gesetz über den Wechselprotest, — (Zuruf links.)
de eine Herren, in diesem Augenblick können
veie dung gemacht, weil die Vorlegung des
scde der G zu finden
in den
„und
8 urf zu b. rwand di machen.
Meine
fragen betr ellung
nen, um dem Reichsjustizamt eine
ifft, so möchte ich Sie doch bitten, des Herrn Reichskanzlers zu
d esvorlagen gehen nicht von dem Herrn Reichskanzler als als Hrag⸗ der Reichsverwaltung aus; sie werden von ihm vorgelegt eschlüsse der verbündeten Regierungen. Wenn der Herr Reichs⸗ rühjahr d. J. Versprechungen abgegeben hat, so wird er soweit es an ihm liegt. Aber er kann ůber die ver⸗ und emäßige Mitwirkung der verbündeten Regierungen nicht hinweg, ie müssen schon die Geduld haben, daß auch diese Regierungen 1 verfassungsmäßigen Befugnissen mitwirken. Wie ich meine, b verbündeten Regierungen in der gesetzgeberischen Arbeit die ngsmäßige Stellung des Reichstags berücksichtigen und respek⸗
k senller im F
n. durchführen, nae dn ih verfa ssu tiere
Herrn He nüffe Sie auch bei der Beurteilung
(Fortsetzung aus der Ersten Beilage.)
Daß gerade in diesem Augenblick, meine Herren, wo wir
— Ich muß das zu unserer Rechtfertigung anführen. Viel⸗ wird das Urteil des Herrn Abgeordneten etwas milder ausfallen, un er dieses Moment mit in seine Erwägungen hineinzieht.
Nun gingen aber, im Grunde genommen, wie mir scheint, die Nusführungen des Herrn Abgeordneten weniger gegen das Reichs⸗ lüstizamt, als gegen den Herrn Reichskanzler, und er richtete an den Herrn Reichskanzler den Appell, doch endlich jene Verpflichtung be⸗ züglich der gesetzgeberischen Tätigkeit des Reichsjustizamts zu erfüllen, eer durch seine Erklärung vom Frühjahr übernommen habe. der Herr Abgeordnete ist doch ein viel zu guter Jurist, um an⸗ zunehmen, daß die Arbeiten für die großen Rechtsreformen, die der Herr Reichskanzler hier im Frühjahr berührt hat, in der kurzen Zeit
digung kommen werden, das zu beurteilen, wolle er zunächst mal freundlichst uns überlassen. Er wird vielleicht überrascht sein, sobald
Sneh nicht erwarten! Der Herr Abgeordnete hat gerade auf den Bessgeejcß Bezug genommen und mir den Vorwurf dilatorischer
hinausgeschoben werde. (Zuruf links.) — Ich bitte um Ent⸗ ung; ich möchte mich aber doch so weit rechtfertigen, daß in sehandlung des Strafprozesses doch für uns ein Vorwurf nicht proj Selbst wenn wir in der nächsten Session den Straf⸗ Behnn6 schon fertig hätten, würde es ganz ungesunde Politik sein, anderen Vorlagen, die wir bringen müssen, auch diesen Ent⸗ em Reichstag vorzulegen. Er wird schon zur rechten Zeit ohne wenn der Reichstag die Muße dafür hat, vorgelegt uf links.) — Wenn ich den Herrn Abgeordneten jetzt
atten, n das Versicherungsgesetz — denn te große Gesetze “ 88— vor 88 vielleicht auch noch Bauhandwerkergeset. Daß er so große Neigung zeigt, das 8 rkergesetz zur Beratung zu bringen, das wundert mich zdenn bis dahin hat er nicht dazu beigetragen, gerade diesen egünstigen. (Sehr richtig! rechts.) Heute muß es zum
Herren, was die Stellung des Reichskanzlers zu den Justiz⸗
kanzlers berücksichtigen, welche Stellung die verbündeten
Zweite Beilage
ts chen Reichsanzeiger und Königlich Preußischen Sta
Berlin, Mittwoch, den 24. April
Legitimation, mich über etwaige Wünsche zu äußern. Nachdem früher die Dispositionen getroffen waren, wie sie dem Re ichstage bekannt sind, hat das Reichsjustizamt sich lediglich da nach zu richten. (Bravol rechts.)
Abg. Dr. Frank (Soz.): In der Brust des Abg. Dr. Müller⸗ Meiningen scheinen mir zwei Seelen zu wohnen, die eine zieht ihn nach links, die andere zum Block, also ins Ungewisse. Die linke Seele hat ihm sehr kräftige Worte eingegeben zur Geißlung gewisser Mißstände in der Justiz, die andere Seele hat ihn ver⸗ anlaßt, meinem Freunde Heine Vorwürfe zu machen, weil er den deutschen Richterstand angegriffen habe. Die linke Seele hat dann aber dem Abg. Müller Worte in den Mund gelegt, die viel schärfer waren als alles, was Heine gegen die Richter gesagt hat. Dr. Müller hat behauptet, daß Jeas in der Verhandlungsführung ein besonderer Unterschied bezüglich des Standes der Zeugen u w. seitens der Richter gemacht wird. Seine Bemerkungen über den Nürnberger Fall müssen mit Mißtrauen aufgenommen werden, schon weil er dabei immer von Rädelsführern sprach. Keiner der Angeklagten ist als Rädelsführer verurteilt worden. Er hat nichts wesentlich Falsches in der Darstellung des Falles vorgebracht, aber Wesentliches verschwiegen. Er hat den Bericht des Gutachters nicht erwähnt, der angibt, daß der erste Schuß durchs Herz gegangen, der zweite von hinten und von der Seite gekommen sein muß. Danach kann von einer Handlung aus Notwehr nicht die Rede sein. Den Streikbrechern wurde gesagt: Geht hin und haut sie zusammen; ihr seid doch genug, es geschieht euch nichts. Sie wurden auch mit Brechstangen ausgerüstet, natürlich nur zur Abwehr! Seit Jahren ist für die breiten Massen des Volkes so gut wie nichts geschehen. Den einzigen Fortschritt von Bedeutung hat die Arbeiterschaft selbst aus eigener Kraft geschaffen: die Arbeitersekretariate. Diese 186 Sekretariate, die über alle Landes⸗ teile verteilt sind, haben eine eminente positive Arbeit geleistet, sie sind getragen von dem allgemeinen Vertrauen der Arbeiterschaft und der kleinen Leute überhaupt. Wenn es noch eines Beweises bedürfte für die e an Begabung, die in den Tiefen unseres Volkslebens ruhen, so wäre er hiermit erbracht. Die Arbeitersekretariate haben immer noch tausendmal mehr ge⸗ leistet als mancher Minister, der gegen uns den Vorwurf der mangelnden positiven Arbeit erhob. Wir verlangen ja von der Regierung nicht viel, wir sind überhaupt bescheiden. Eine Reform der Justiz an Haupt und Gliedern muß und wird mit der Umbildung des ganzen öffentlichen und wirtschaftlichen Lebens kommen. Aber die Arbeiter wollen auch subjektib an der Rechtsprechung beteiligt sein. Wann wird der neue Adickes kommen, der nicht bloß die äußeren Formen, sondern auch den Geist des englischen Rechts auf das deutsche verpflanzen will? Kommt es bei uns doch noch vor, daß Angehörige der unteren Stände bei Gerichts⸗ verhandlungen mit Du angeredet werden, und gibt es doch noch Richter, die es für angebracht halten, unbeholfenen Angeklagten und Zeugen gegenüber ihren oft recht zweifelhaften Witz zu üben! Wieviel Vor⸗ sitzende gibt es, die ihrem Aerger, wenn sie überstimmt sind, im Urteil Ausdruck geben! Schlimmer ist noch ein Uebel, das geradezu eine schwere Krankheit unserer Rechtsprechung ist: über allen Gesetzen und Verordnungen steht Seine Majestät der souveräne Schutzmann. Die Gerichte haben zu seinen Gunsten vollständig abgedankt, an Stelle des richterlichen Ermessens ist vielfach das freie Schutzmanns⸗ ermessen getreten. Der Redakteur eines hiesigen bürgerlichen Blattes, Erdmannsdörfer, glaubte nicht recht daran, daß die vielen Ge⸗ schichten, die der „Vorwärts“ darüber erzählte, der Wahrheit ent⸗ sprächen. Deshalb begab er sich gelegentlich eines Buchbinder⸗ streiks in die Kochstraße vor das Haus dieser Buchbinderei. Ein Schutzmann forderte ihn auf, nicht nur diesen Platz, ondern auch die ganze lange Kochstraße zu räumen, und da der
edakteur sich etwas Zeit ließ, erhielt er einen Strafbefehl. Das Gericht stellte sich auf den Standpunkt: der Herr Schutzmann hat befohlen, der Herr Bürger hat zu gehorchen. Diese Sonderstellung der Uniformierten bringt es mit sich, daß subalterne Rechts⸗ anschauungen sich immer mehr in den Gerichtsurteilen geltend machen. Proben hiervon erlebt man aus Anlaß von sozialdemokratischen und gewerkschaftlichen Begräbnissen. Bei einem solchen legte ein Sozial⸗ demokrat einen Kranz nieder mit den Worten: „Im Namen des Zentralverbandes der Maurer Deutschlands.“ Er wurde bestraft wegen dieser „Rede“, denn das Gericht entschied dahin, daß es bei einer Rede nicht auf deren Länge ankäme; die Rede sei vielmehr der Ausdruck eines Gedankens einer Fecheree chaft. Ich will nicht den Gedanken Ausdruck geben, die die Arbeiter, wenn sie solch Urteil lesen, empfinden. Ein Arbeiter, der eine ich alche, die 15 ₰ kostete, mit einem Zehnpfennig⸗ billett gefahren war, wurde als rückfällig wegen Betruges des Fiskus, also um 5 ₰, mit 3 Monaten Gefängnis bestraft. Der Mundraub wird doch vom decae5 milde angesehen, warum führt man nicht endlich auch eine analoge Bestimmung hinsichtlich des Feuerungsmateriales ein? Alle diese Fälle beweisen, wie not⸗ wendig es ist, daß der Staatssekretär uns nicht immer nur vertröstet und nur den Mund spitzt, anstatt zu pfeifen. Ich weiß nicht, worauf die Regierungen noch warten. Selbst der Abg. Dr. Muller⸗Meiningen als Richter hat, wenn nicht von Trotteln, so doch von einer leicht⸗ sinnigen Schlamperei der Richter gesprochen. Täglich bekommen Hunderte von Jugendlichen Strafbefehle. Wann und wo will der Richter geprüft haben, ob der Jugendliche überhaupt die nötige Einsicht gehabt hat? Wir müssen feststellen, daß, während viele Jugendliche mit eminent hohen Strafen belegt werden, diejenigen Arbeit⸗ geber, die im Widerspruch zu dem Gesetz Jugendliche über die zu⸗ laͤssige Zeit hinaus beschäftigt haben, außerordentlich milde beurteilt werden. Das Schöffengericht in Kulmbach, dasselbe, das auch die Zeugnis⸗ zwangshaft anordnete, hat einen Unternehmer, der Jugendliche täglich von 7 bis 12 und von 1 bis 6 Uhr gegen einen Wochenlohn von 4 bis 7,50 ℳ beschäftigt hatte, mit einer Geldstrafe von 6 ℳ belegt! Noch heute hofft wie sonst das Volk auf ein einheitliches Gesinde⸗ recht. Die Regierung ist seit Jahren immer mit Vorarbesten be⸗ schäftigt. Von dem Versprechen einer Strafprozeßreform kann man sagen: Schier 30 Jahre bist du alt! Ich fürchte, daß es noch das Schwabenalter von 40 Jahren erreichen wird. Die Ziffern, die uns über die Anwendung des Zeugniszwangsverfahrens gegen die Redakteure vom Staatssekretär gegeben sind, sind wenigstens um die Hälfte zu niedrig gewesen. Optimisten haben geglaubt, d98 auf diesem Gebiete es noch eine Mainlinie gäbe, aber nachd
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im vorigen haben, vor allem das
Reichstag zugebracht
rasch sie aber zur Er⸗
bringen: das Ver⸗
Sie doch den Straf⸗
Strafprozesses immer
übelwollende Kritik zu
die verfassungsmäßige berücksichtigen. Die
der Dispositionen des
einnehmen em man uns in Baden das I1“ und neuerdings
Pendenll”, meine Herren, soweit es sich nicht um eine momentane Ungeduld 8 1“ Bheaneee 8 naer nagh nuch 1f nöcht t, um Vorlagen, die augenblicklich das Haus gern noch erhalten den schon vom Abg. Dr. Müller⸗Meiningen erwähnten Fall des ung 6 glaube ich, sind die Vorwürfe des Herrn FFensen Seüheg V eet eatis can eh e eenee ver enü 8 — wi urtei ar, no een wurde.
icch schließen 8 1c 8S “ 8 8 Z Mit dem Belagerungszustand kann jeder Esel regieren, ist einmal dauern wird zim die Frage handelt, ge die jetzig f gesagt worden; was der Belagerungszustand für die Polizei, das ist und welche Vorlagen Ihnen mit Rücksicht auf die Dis⸗ der Zeugniszwang für die Gerichte. Dabei hat man dem einen
bostionen üb Sanen, so schneiden Sie damit eine Frage an, h nnabend be
behandelt werden kann. a
Beziehun Ich stelle Ihnen
1“
eer die Dauer der Session jetzt noch gemacht werden
inaug merkt habe, über die Kompetenz des Reichsjustizamts folg bgeht und beim Etat der Reichsiusttzverwaltung nicht mit Er⸗
g an den Herrn Reichskanzler zu wenden. 8 11“ 11.“]
Redakteur nicht einmal die Lektüre einer sozialdemokratischen eitun gestattet, ja, man wollte ihn nicht nur zum Kctforsschen Jeltung sondern auch zum Nichtraucher erziehen, und in beiden Fällen bedurfte es erst einer Beschwerde an den Justizminister, um Abhilfe zu schaffen. Zwei Teilnehmer an der jüngsten Anarchistenkonferenz in oder bei Mannheim sind von der Polizei in Haft genommen worden, der Dr. Friedeb Karfunk
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die, wie ich schon am
anheim, sich in dieser Ich habe keie
Danziger Sackträgerden Fürsten Bismarckzum Chrenmitgliede ernannten. 1 Au
atsanzeiger. 190
dem Wege zum Amtsgericht hat man den Dr. Friedeberg wie einen schweren Verbrecher gefesselt, man hat seinen Verkehr mit dem Verteidiger erschwert, und schließlich hat man sogar gegen den Willen des Dr. Friedeberg und unter Androhung der An⸗ wendung körperlicher Gewalt ihn photographiert! Dr. Friedeberg hat Beschwerde erhoben, aber jetzt will es keiner gewesen sein; es habe sünh bloß um Polizeimaßregeln gehandelt! Und das in einem Ge⸗ ängnis, wo ohne den Willen des Justizministers überhaupt nichts geschehen kann! Uebrigens haben die Polizeibehörden jüngst die Erfahrung machen müssen, daß das Photographieren eine zwei⸗ schneidige Waffe ist, indem auch einmal Polizeispitzel gegen ihren Willen photographiert werden können. Als ich dem Karfunkelstein Lektüre brachte, wurde die mit einer Aengstlichkeit geprüft, als ob zwischen den Blättern eine Bombe steckte. Ich will zum Schluß kommen (Heiterkeit rechts) . . . wenn Sie noch nicht genug
haben, ich habe hier noch eine ziemliche Menge Material. (Der Redner hält einen. Stoß Papiere und Drucksachen hoch.)
Ich erkläre nur noch dem Staatssekretär: die Geduld nicht haben, immer wieder anzuhören.
Hierauf schlägt Präsident Graf zu Stolberg die Ver⸗ tagung vor. Das Haus ist damit einverstanden.
Persönlich bemerkt der
Abg. Heine (Soz.): Wenn der Abg. Grae mit Beleidigungen beantwortet, so beweist mit seinen Widerlegungen hatte. Der 89f. Müller⸗Meiningen hat wiederholt von meinen Angriffen gegen den Richterstand gesprochen, die ich in einer persönlichen Bemerkung eingeschränkt hätte. Ich habe gleich bei Beginn meiner Ausführungen, weil ich die Verdrehungen kenne, die man mit meinen Worten vornimmt, ausdrücklich darauf hingewiesen, in welchem Sinn und Umfange mein Vorwurf gelten solle. Ich habe nichts eingeschränkt und habe auch nichts zurück⸗ zunehmen. Der Redner wendet sich dann gegen eine Ausführung des Staatssekretärs und bemerkt weiter, daß er die Akten des Nürnberger Falles nicht gehabt habe, sondern auf Grund der übereinstimmenden Berichte der gesamten Presse sich hier geäußert habe. Was würde übrigens einem Arbeiterführer passieren, der einen Streikbrecher nieder⸗ schösse? (Der Präsident erklärt diese letzte Bemerkung für nich
mehr persönlich.)
Abg. Dr. Müller⸗Meiningen (frs. Volksp): Im Zeitalter de na kghg. und Telephonie hätte der bayerische Vertreter, denke ich, vo Sonnabend bis heute nachmittag die Akten wohl requirieren können
auch diese Bemerkung für nicht
(Der Präsident erklärt persönlich.) Wenn der Staatssekretär meinte, ich spräche ihm one, als dem Abg. Heine gegen⸗
gegenüber in einem schärferen T über, so liegt das nur an seiner größeren Empfindlichkei Trotz der persönlichen Bemerkung des Abg. Heine wird das Haus de Eindruck gewonnen haben, daß er mit seinen Angriffen gegen de deutschen Richterstand generalistert hat. bg. Dr. Wagner (kons.) bestreitet, gesagt zu haben, der ganze
deutsche Anwaltstand befände sich in einer sehr mißlichen Lage. 8
Abg. Graef (Wirtsch. Vgg.) bemerkt, daß der Präsident ihn zur Ordnung gerufen haben würde, wenn er den Abg. Heine beleidigt hätte, er, Redner, habe lediglich die beleidigenden Ausführungen de Abg. Heine gegen den Richterstand zurückgewiesen.
Abg. Heine (Soz.): Ich konstatiere, daß der Abg. Graef wiede behauptet hat, ich hätte den deutschen Richterstand beleidigt, obwoh ich die Unwahrheit dieser Behauptung bereits konstatiert habe.
Schluß nach 6 ¼ Uhr. Nächste Sitzung Dienstag 1 Uhr (Fortsetzung der Beratung des Justizetats; Militäretat.)
ich würde an seiner Stelle hier jedes Jahr dieselben endlosen Klagen
f meine Ausführungen er nur, wie unrecht er
36. Sitzung vom 23. April 1907, Nachmittags 1 Uhr (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)
Tagesordnung: Fortsetzung der zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Ffüeang. des Reichs⸗ haushaltsetats für das Rechnungsjahr 1907, und zwar: „Etat für die Reichsjustizverwaltung“ und „Etats für die Verwaltung des Reichsheeres“. 1
Ueber den Anfang der Sitzung ist in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden.
Abg. Kreth (d. kons.) fortfahrend: Durch die Sozialpolitik der anderen Parteien sind der Sozialdemokratie bei den Wahlen keine Stimmen abwendig gemacht; unsere Sozialpolitik ist an dem Rückgang der sozialdemokratischen Stimmen ganz unschuldig. Wir treiben Sozial⸗ politik nicht aus opportunistischen Ansichten, sondern um des Gewissens willen, um dem Schwachen zu helfen. Die agrarischen Wählerschaften sind gewiß nicht in erster Linie berufen, die Industrie zu vertreten; dennoch vertreten ihre Anwälte die Sozialpolitik, weil es für sie ausschlaggebend ist, daß alle Berufsstände des Landes und Reiches prosperieren. Der Rede des Abg. Heine müsfsen wir trotz des gestrigen Plaidoyers des Abg. Dr. Frank mildernde Umstände ver⸗ sagen. Dem Abg. Heine spreche ich die bona fides auch meinerseits nicht ab; meine Vorwurfe gegen ihn sollen ihn weder persönlich noch seine bona fides treffen, sondern einzig und allein die Sozialdemo⸗ kratie. Ich werde eventuell W“ in persönlichen Bemerkungen betonen, daß ich ihn und die Sozialdemokraten gar nicht gemeint habe. Nachdem ich mich so salviert habe, gehe ich dazu über, mich mit einer Sonnabendrede etwas näher zu beschäftigen. Er sprach von der
olizeiwillkür in bezug auf die Ausweisung ausländischer Arbeiter die sich politisch oder wirtschaftlich mißliebig machen. Die Fülle von Material, die ich als Beweis erwartete schrumpfte auf einen einzigen Berliner Fall zusammen, wo dem Abg. Heine die Zurückk. nahme der betreffenden Auswessungsverfüögung gelungen war Der Aegh Heine fuhr dann fort: „Aber unzählige arme Arbeiter, die keine Rechtsgewalt haben, können dieses Ziel nicht erreichen.“ Unzähli 25 1 Keine Spur eines Beweises ist dafür erbracht worden Die lucht 2 in die Oeffentlichkeit und in den Reichstag steht in solche: dü doch den Anwälten dieser Arbeiter vollständig frei; trotzdem dieser eine Falll Aber es galt ja auch nur, der Polizei eins auszuwischen oder „unter die Nase zu reiben’. Der „Vorwärts⸗ brachte einen Artikel „Die Klassenjustiz auf der Anklagebank“ und unterschiebt uns auf der
sechten zornige Ausbrüche gegenüber dem „vernichtenden Fatlage. material“. Tatsache ist, daß wir uns lediglich höchlich amüstert haben über die Aeußerung des Abg. Heine. Er spielte und hantierte wie ein Jongleur mit dem Be riffe der bona fldes der Richter; er nannte dies etwas furchtbar 2 illiges“, was sich jeden Au enblick einstelle, wo man es brauche. Der Richter sehe, sobald ein Arbeiter vor ihm stehe, nur noch mit getrübtem Blick und einseitig, so führte der Ahbg⸗ Heine aus, und so ging es weiter; jedenfalls haben sie immer in dem Augenblick, wo es nötig war, die richtigen juristischen Ueberzeugungen eingestellt. Den Richtern des Reichs⸗ gerichts hat der Abg. Heine ganz direkt den Hnea be⸗
2N
wußt älschung gemacht. Die Begründung des betreffenden Hnfifr S er, lese sich wie der Schriftsatz eines schlechten Winkelkonsulenten. Ich hoffe, daß die Winkelkonsulenten den Abg.
Heine jetzt zum Ehrenmitglied ernennen werden, wie einst de 3
8 en Fall, das Paradepferd des Abg. Heine, will ich
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