b größere Mittel in Anspruch nimmt als das Termingeschäft.
falschen Vorstellung entgegenzutreten und vor aller Welt zu bekunden,
ß wir unsere Anleihen oder unseren Geldbedarf wohl decken können, und daß wir in der Tat wirtschaftlich und finanziell viel stärker und gesünder sind, als es den Anschein hätte, das mußte, glaube ich, das Ziel der diesjährigen Operation sein.
Herr Dr. Friedberg hat dann sehr wertvolle Anregungen nach den verschiedensten Richtungen hin gegeben. Er hat zunächst gesagt, unsere Schulden unterschieden sich ja von denen des Reichs sehr wesentlich dadurch, daß die meisten für produktive Zwecke auf⸗ genommen werden. Das ist ganz richtig. Aber, meine Herren, für die Frage des Preisdrucks am Markte macht der Grund, warum wir Schulden aufnehmen, keinen Unterschied; der Preisdruck bleibt derselbe, ob es sich um wirtschaftlich gerechtfertigte oder um wirtschaftlich un⸗ gerechtfertigte Schulden handelt. Ich darf ferner darauf hinweisen,
aß wir zu % an den Reichsschulden teilnehmen, die für unproduktive Iwecke im wirtschaftlichen Sinne gemacht werden, und daß selbst die Schulden, die wir in den letzten Jahren für unsere Zwecke angehäuft haben, doch wesentlich den Sekundärbahnen z. B. zu gute gekommen find, und daß die Sekundärbahnen meist nur eine Rente von 2 % gewähren. Ich habe es ja durchaus nicht als unrichtig bezeichnet, daß wir für unsere Eisenbahnzwecke in dem bisherigen Umfang Anleihen aufgenommen haben, sondern habe nur davor gewarnt, in dieser Be⸗ ziehung noch weiter zu gehen und noch anderweitige Ausgaben auf Anleihen zu verweisen. 8 Herr Dr. Friedberg wies dann darauf hin, daß die ungünstige latwicklung unserer Staatspapiere zum Teil der Reflex unserer Ulimxenden industriellen Entwicklung sei. Das verkenne ich nicht einen 1 Es ist die Schattenseite unserer ganzen, im übrigen glück⸗ 5* wirtschaftlichen Entwicklung, und wenn die Industrie einmal Hütder flott gehen wird, wird auch wieder ein stärkerer Bedarf nach 1 sern Staatspapieren eintreten. Ich habe das, glaube ich, kürzlich uch in meiner Rede ausgeführt. 8 Aber, meine Herren, ich halte dies Moment nicht für ausreichend, Fin den ungünstigen Stand unserer Staatspapiere zu erklären. Ich ist es wirtschaftlich trotz dieses hervorgehobenen Moments chtig, daß unsere Staatspapiere schlechter stehen als diejenigen der länen, Schweden, Italiener und Belgier beispielsweise, obgleich doch stesen Ländern, wie beispielsweise in Italien und namentlich in d elgien, auch eine sehr lebhafte industrielle Entwicklung eingesetzt hat, e Gründe, die also für eine stärkere Inanspruchnahme des Geldes durch die Industrie sprechen, nicht nur bei uns zutreffen, sondern auch in den anderen Ländern? Ich frage: ist es richtig, daß unsere
3 % igen Papiere ungefäahr um 10 % schlechter stehen als die
entsprechenden Papiere Frankreichs, daß unsere 3 % ige Reichs⸗ anleihe, die im Jahre 1895 auf über 100 stieg, im Jahre 1907 bis auf 84,30, also nahezu um 16 % gefallen ist, während die 3 % französische Rente, die auch im Jahre 1897 auf 103 gestiegen ist, jetzt nur auf 94 gefallen ist? Also während unsere 30 %igen Papiere auf 84 gefallen sind, ist die französische 30 %ige Rente nur auf 94 gefallen, und im allgemeinen bewegt sie sich um 10 % höher als unsere 3 %ige Reichsanleihe, und diese 3 %ige Reichsanleihe, die, wie gesagt, auf 84,30 gefallen ist, hat damals nahezu den Mindeststand erreicht, den die 2,5 %ige englische Rente erreicht hat. Wir stehen also mit unsern 30 „%igen Papieren etwa ebenso wie die 2,5 %igen englischen Papiere. Meine Herren, das ist eine Entwicklung, die ich für durchaus nicht richtig und normal erachten muß.
„Herr Dr. Friedberg wies dann auf das Börsengesetz hin. Ich bin mit ihm ganz der Ansicht, daß wir sehr wohl, ohne Schaden an⸗ zurichten, ja, im Gegenteil, unter erheblicher Verbesserung unserer
erhältnisse, an eine Reform des Börsengesetzes herantreten können und mässen. Ich halte es für ausgeschlossen, daß wir eine Reform vornehmen,
eirgendwie die schweren Schäden wieder hervorrufen könnte und würde, früher an der Börse eingetreten sind. Dazu rechne ich vor allem, aß man jemals wieder die Spekulation in Getreide zulassen könnte.
Ganz anders stehe ich zu der Frage der Wiederzulassung des Termin⸗ geschäfts in Effekten, sofern es sich darum handelt, daß an diesen Ge⸗ chäften nur diejenigen Kreise teilnehmen, die gewerbsmäßig oder berufs⸗ mäßig sich damit befassen. Es ist gar kein Grund, diese Personen, die wohl wissen, was sie tun, von diesen Geschäften auszuschließen (sehr richtig!), während man allerdings bemüht sein muß, unberafene und unverständige Elemente, die von diesen ganzen Materien nichts verstehen, von diesen sehr schwerwiegenden, zum teil gefährlichen Operationen fernzuhalten. Aber wir sind darin zu weit gegangen, daß man auch die berufsmäßigen und gewerbsmäßigen Kreise von diesen ganzen Geschäften im Effektenterminhandel aus⸗ geschlossen hat, und ich glaube, daß da in der Tat eine Remedur eintreten muß. Denn Herr Dr. Friedberg hat recht, daß der Aus⸗
schluß des Termingeschäfts in immer höherem Maße das Kassa⸗ geschäft begünstigt hat, und daß das Kassageschäft naturgemäß sehr viel Es bonmt hinzu, daß durch die jetzigen Zustände an der Börse die ganze
f- ausgeschaltet worden ist, die bisher einen gewissen Regulator mücte die bei gewissen Gewinnchancen auch Staatspapiere kaufte⸗ dat üd jetzt diese ganzen Elemente ausgeschieden sind; und vor allem die gn Entwicklung der Geschäfte an der Börse dahin geführt, daß
p örse in ihrer Bedeutung zurückgegangen ist und die ganzen Greationen, die sich früher an der Börse vollzogen, jetzt an den
oßbanken selber sich zum großen Teil vollziehen und damit die
roßbanken an die Stelle der Börsen getreten sind. (Zurufe links: in Auslande!) pn Meine Herren, dann hat Herr Dr. Friedberg noch auf verschiedene 8r hingewiesen und namentlich auf einen, den ich für sehr wichtig te, nämlich die Popularisierung der ganzen Anleihen und mlleichterung nach dieser Richtung. Ich bin unausgesetzt be⸗ üht gewesen, soweit es in meinen Kräften steht, nach dieser ichtung zu wirken. So ist es neuerdings zugelassen, daß die Zins⸗ cheine des Reichs und Preußens bei allen öffentlichen Kassen mit Jesnahme der Eisenbahnkassen an Zahlung angenommen werden. setzt mußte jemand, der Coupons bei sich hatte, erst zu einem Bankier 88 um seine preußischen Coupons loszuwerden. Künftig wird an ien öffentlichen Kassen mit Ausnahme der Eisenbahnkassen, weil es dort zu Schwierigkeiten führen könnte, der Zinsschein ohne weiteres angenommen, und wir haben ferner angeordnet, daß die öffentlichen beaffen auch die Erneuerungsbogen ihrerseits zu beschaffen haben, ohne gendwelche Kosten für das Publikum. b Endlich, meine Herren, darf ich auch darauf noch hinweisen, daß schur 8 wir es vermögen, bemüht gewesen sind, auch dem Staats⸗ bureau eine noch weitere Verbreitung zu geben.
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Wir haben jetzt
in das Staatsschuldbuchbureau nahezu zwei Milliarden eingetragen, das ist also etwa ein Viertel unserer gesamten Staatsschuld, und das muß meiner Ansicht nach mit allen Kräften ausgedehnt werden, weil auf diese Weise das Material vom Markt wegkommt, auf den Preis nicht mehr druückt und eine feste Anlage findet. (Sehr richtig!) Wir haben neuerdings auch zugelassen, daß die Anträge auf Ein⸗ tragung im Staatsschuldbuchbureau auch bei den öffentlichen Kassen, bei den Kreiskassen, bei den Regierungshauptkassen usw. bestellt werden und dann kostenlos durch Vermittlung der Seehandlung dem Staats⸗ schuldbuchbureau übermittelt werden. Auf diese Weise ist es gelungen, daß im Jahre 1905 nicht weniger als 1200 neue Eintragungen durch die Kassen und die Vermittlung der Seehandlung dem Staats⸗ schuldbuchbureau übermittelt wurden mit einem Betrag von 20 Millionen, und im Jahre 1906 sind 1750 Eintragungen durch diese Kassen vermiltelt worden mit einem Betrage von 37 Millionen. Meine Herren, das ist nur ein erfreulicher Anfang, und ich glaube, wir werden auf diesem Wege weiter gehen müssen.
Ich bin dankbar für die verschiedenen Anregungen, die Herr Dr. Friedberg gegeben hat. Soweit sie auf einem Felde liegen, das die Reichspolitik angeht — Ermäßigung der Schenkungssteuer für Stiftungen —, so vermag ich darüber natürlich im Augenblick eine Erklärung nicht abzugeben; ich werde aber auch dieser Frage gern eine weitere Prüfung angedeihen lassen.
Abg. Dr. Arendt (freikons.): Die Finanzminister im Reich und in Preußen sind in diesem Jahre bei der Vergebung der Anleihe in besonders schwieriger Lage gewesen. Die Gefahr eines Mißgriffes war besonders groß. Um so erfreulicher ist es, daß ein Weg ge⸗ funden ist, der unter Umständen richtig und gegeben ist. Es wäre verhängnisvoll für unsere wirtschaftliche Entwicklung geworden, wenn die Finanzminister im Reich und in Preußen sich zu einer Rückkehr zu 4 proz. Konsols hätten verleiten lassen. Das hätte eine Umwälzung im ganzen wirtschaftlichen Leben und eine weitere Entwertung unserer Staatspapiere veranlaßt. Auch die Ausgabe von 3 oder 3 ½ proz. Konsols würde eine weitere Entwertung veranlaßt haben. Es ist vielleicht Gelegenheit, einmal in Erwägungen einzutreten, ob die Form der Konsols unter allen Umständen die ‚eeignetste it. die wir für unsere Staatsanleihen zu wählen haben. Im gegenw rti en Moment war jedenfalls die Form der Schatzanweisung eine praktische Art. Hätte man die Hochsommerzeit gewählt, so wäre man leicht in die Lage gekommen, die Schatzanweisungen wieder verlängern zu 81 Wir können hoffen, daß auch diesmal, wie vor einigen Jahren bei den Schatzanweisungen in Amerika, wir rechtzeitig ein⸗ kösen können. Die Besitzer sind ja auch bei der Rückzahlung vor Kapitalverlust geschützt. Ich begrüße die Absicht des Ministers, für die Popularisierung unserer Anleihen einzutreten. Es wäre empfehlens⸗ wert, bis auf Anweisungen von 100 ℳ oder sogar von 50 ℳ herunterzugehen. Zwischen den als produktiv bezeichneten Schulden Preußens und den unproduktiven Schulden des Reiches besteht doch ein gewisser Zusammenhang. Hätten wir das Reich nicht, so hätten wir eben in Preußen die unproduktiven Ausgaben für Armee und Flotte zu machen. Der Finanzminister hat ansgeführt, daß die fran⸗ zösische Rente 10 % höher steht als die preußische. Ja, der französische Bankdiskont steht auch dauernd auf 3 %, der unsrige hingegen auf 5, 6, 7 %. Der Finanzminister behauptete auch, Deutschland habe seine Schulden vermehrt, Frankreich nicht, England sie sogar ver⸗ mindert. Am 1. Januar 1899, also vor dem Burenkriege, stand französische Rente auf 101, englische Konsols auf 111, 3 proz. preußische Konsols auf 94,50, gestern waren die entsprechenden Kurse 94,8 — 85 — 84,50, also ein Kursrückgang bei französischen Papieren um 7 %, bei englischen um 26 % und bei preußischen um 10 % Es handelt sich also um ein allgemeines Sinken von Staatspapieren, bei den englischen am meisten, wohl durch den Burenkrieg. Die englischen Konsols sind das Thermometer des ganzen Weltverkehrs und zeigen, daß der Kursrückgang unserer Papiere weniger durch unsere deutschen Verhältnisse als durch den Weltmarkt bestimmt ist. Eine vernünftige Reform des Börsengesetzes wird ja nun von keiner Seite bestritten. Verstöße gegen Treu und Glauben wird niemand gut heißen, und wenn sie infolge eines Gesetzes eintreten können, so wird man das Gesetz abändern müssen. In keinem Lande der Welt wird so wenig auf die Hebung des Kurs⸗ standes der Staatspapiere eingewirkt, als bei uns. Es ist zu be⸗ dauern, daß die geplante Postsparkasse bei uns gescheitert ist. In Eng⸗ land und Frankreich werden bei einer bestimmten Höhe der Einlagen ohne weiteres Staatspapiere dafür angelegt. Der Finanzminister hat es beklagt, daß wir gegen andere Länder zurückstehen. Wir stehen vor dem Ablauf des Privilegs der Reichsbank. Da wird von alledem die Rede sein können. Der japanische Finanzminister hat neulich mit roßem Optimismus von der Zukunft der Finanzen Japans gesprochen, felbst Oesterreich und Rußland ist manches darin gelungen. Sollten also unsere Verhältnisse an der Armut eutschlands liegen? Ich bin davon überzeugt, daß sie an unserer falschen Bankpolitik liegen. Aber ich gebe mich der Hoffnung hin, daß wir nicht länger das Aschen⸗ brödel unter den Nationen bleiben werden. Durch unsere Schutzzoll⸗ politik haben wir unsere Wirtschaftspolitik wieder gesund und fruchtbar gemacht. Mit unseren Reichsbankverhältnissen stehen wir noch tief in den Schuhen des englischen Manchestertums. Auch unseren nationalen Geldmarkt müssen wir unabhängig zu machen verstehen von dem internationalen Geldmarkt, dann wird ein nicht zu hoher, fester Diskontsatz entstehen und der Kursrückgang unserer Staatspapiere aufhören. fordere den Finanzminister auf, seinen Einfluß im Bundesrat dafür geltend zu machen. 8
Abg. Dr. Crüͤger⸗Hagen (fr. Volksp.): Zweifellos ist der Stand der Staatspapiere außerordentlich wichtig für alle Gebiete des wirtschaftlichen Lebens. Weniger optimistisch kann man nicht sein, als es der Finanzmivister am 18. April war, wo er sagte, man hätte ihn auf Schritt und Tritt im Stich gelassen in seinem Bestreben, den Kursstand der Staatspapiere zu heben. Es ist auch nicht zu verkennen, daß unser deutscher Geldmarkt sich im Auslande keines großen Ansehens erfreut. an hat nun als ein Haupt⸗ mittel zur Hebung des Kursstandes unserer Staatspapiere empfohlen, daß die Seehandlung mehr das Devpositengeschäft darin pflegen soll. Aber dadurch könnte doch kaum ein so großer Umsat stattfinden, daß ein nennenswerter Einfluß ausgeübt werde. Wenn von einer Seite gesagt wird, daß kein Staat der Welt nach seiner Sicherheit einen solchen Anspruch auf einen niedrigen Zinssatz hat wie Preußen, so klingt das ja sehr hübsch; aber es kommt doch bei Anleihen auch auf den an, der das Geld gibt. Auch die Reform des Börsengesetzes soll helfen. Dabei ist es an der Zeit, daran zu erinnern, 28 die Gründe, mit denen der Ministerpräsident bei seiner Rede im Landwirtschaftsrat für diese Reform sprach, dieselben Gründe sind, aus denen seinerzeit meine Freunde das jetzige Börsen⸗ geset abgelehnt haben. Man mag an dem Reichsbankdiskont ver⸗ essern, wie man will, er entspringt den allgemeinen wirtschaft⸗ lichen Verhältnissen, und im naturlichen Zusammenhange damit steht auch der niedrige Kurs der Staatspapiere, durch künstliche Mittel kann da nicht geholfen werden. eenn der Finanzminister fonstige Erleichterungen für den Geldverkehr vorschlagen kann, so werden wir ihn darin unterstützen. Aber alle künstlichen Mittel werden nicht zum Ziele führen. Die Kursverluste, die die Sparkassen bei Staatspapieren gehabt haben, sind wenig ermutigend, und d Minister bewegt sich in einem Zirkel, wenn er, um den Kurs 8 Staatspapiere zu erhöhen, die Sparkassen mehr zum Ankauf he er sehen will. Den Wunsch des Abg. Dr. Arendt nach Einführung einer Postsparka sh teile ich selbstverständlich nicht, denn dad 3 würden dem wirtschaftlichen Markt noch mehr Mittel entzoge 8. wir könnten erhebliche Nachteile dadurch erleiden. Für vreen effent⸗ lichen Kassen sollte mehr Gebrauch gemacht werden von dem Ueber⸗ weisungsverkehr. Künstliche Mittel zur Hebung unseres Kursstandes werden im Auslande nur einen ungünstigen Eindruck hervorrufen.
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hohe Haus
Der Minister sollte uns ein Bild der Entwickl b
sich für die nächsten Jahre denkt. Die Erleichterungen für deSese
der Staatspapiere für das Publikum billige ich vollkommen, aber im
“ cfel⸗ 1 ses. 3 29 1 gemeint haben, daß ein a. Enhang besteht zwischen de 8
Zäsbmmn Knhene beshen zeshe im Kurswert der Papiere und dem
Finanzminister Freiherr von Rheinbaben:
Meine Herren! Ich beabsichtige nicht, eingehend auf die Aus⸗ führungen des Herrn Vorredners zu antworten; ich glaube, das würde bei der vorgeschrittenen Stunde die Geduld des Hauses zu sehr in Anspruch nehmen. Aber ich halte mich doch für verpflichtet, ihm einige Worte zu erwidern.
Meine Herren, ich muß sagen, der Herr Vorredner hat es sich sehr leicht gemacht, gegen mich zu polemisieren, indem er Behauptungen als von mir aus ausgehend hingestellt hat, die ich tatsächlich gar nicht aufgestellt habe. Zunächst ging er davon aus, in meiner kürzlichen Rede hätte sich die tiefsfte Verstimmung gegen das geltend gemacht. Meine Herren, mir ist von diesem Gefühl einer Verstimmung gegen das hohe Haus nicht das mindeste bewußt gewesen (nal nal bei den Freisinnigen), und ich wäre doch der Nächste dazu, etwas davon zu wissen; es ist mir nicht bewußt, irgendwie einer Verstimmung Ausdruck gegeben zu haben. Meine Herren, wenn der Finanzminister jedesmal verstimmt sein wollte, wenn irgend ein Vorschlag hier im Hause nicht durch⸗ geht (sehr gut! und Heiterkeit), dann wäre ich längst an Herzkrämpfen gestorben. (Große Heiterkeit.) Also so tragisch nehme ich die Sache nicht. Ich sage mit Goethe:
Allen Gewalten
Zum Trotz sich erhalten, Nimmer sich beugen, Kräftig sich zeigen! Rufet die Arme der Götter herbei.
(Sehr gut! und Heiterkeit rechts.) Und ich werde mich durch nichts abhalten lassen, das zu tun, was ich für meine Pflicht halte. (Bravo!l rechts.)
Dann hat der Herr Vorredner gesagt, ich hätte einen Finanz⸗ plan in Aussicht gestellt. Auch das ist mir schlechterdings nicht be⸗ wußt, und ich wüßte in der Tat nicht, wie ich einen auf Jahre hinaus berechneten Finanzplan vorlegen sollte, wo man die Ent⸗ wicklung doch kaum auf ein Jahr, geschweige denn auf Jahre voraus⸗ sehen kann. Der Finanzplan, den ich vorlege, ist der alljährige Etat und die Rede, die ich dazu halte. Aber von einem anderweiten Finanzplan kann wohl kaum die Rede sein.
Der Herr Vorredner sagte ferner, ich hätte es als meine Auf⸗
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gabe bezeichnet, die Kursschwankungen der Staatspapiere zu be⸗
seitigen, und das wäre eine unmögliche Aufgabe. Meine Herren, ich habe auch nicht mit einem Wort angedeutet, daß ich es als in der Macht auch des besten Finanzministers liegend betrachte, die Kursschwankungen zu beseitigen; das hängt von sehr vielen anderen Momenten ab. Ich habe nur gesagt und sagen wollen, daß ich jeden Finanzminister für verpflichtet halte, die Kursschwankungen und den Verlust an Staatspapieren so weit einzuschränken, als es überhaupt in der Macht künstlicher Maßnahmen liegt. Daß aber diese ganze Frage wesentlich mit unseren wirtschaftlichen Vorgängen zusammenhängt, wie der Herr Abgeordneie das seinerseits ausführte, habe ich nie auch nur einen Augenblick in Abrede gestellt.
Der Herr Vorredner betonte wiederholt, hier wären allein wirt⸗ schaftliche Grundsätze maßgebend. Er hat aber nachher selber gesagt, einer der hauptsächlichsten wirtschaftlichen Grundsätze wäre der, daß der Preis bestimmt würde durch das Verhältnis von Angebot und Nachfrage. Das ist es ja gerade, worauf ich hinaus will. Ich wünsche, daß die Nachfrage gesteigert wird (Abg. Dr. Crüger [Hagen]: Künstlich!); weil es eben an der Nachfrage für die Staatspapiere fehlt, ist der
Kurs so unbefriedigend. Ich frage den Herrn Abg. Dr. Crüger, ob
er bestreiten kann, daß die gesetzliche Regelung in Amerika, England und Frankreich einen außerordentlichen Einfluß auf die Entwicklung des Kurses hat, ob er bestreiten will, daß die Nötigung der amerikanischen Notenbanken, amerikanische Bonds zu hinter⸗ legen gegen Ausgabe ihrer Papiere, daß die Nötigung der englischen und französischen Sparkassen, ihre ganzen Anlagen in englischen und französischen Titres anzulegen, ich frage, ob er bestreiten kann, daß diese Nötigung in allen drei großen Ländern den aller⸗ größten Einfluß auf den Kurs der Staatspapiere hat. (Abg. Dr. Crüger [Hagen]: Ist ja selbstverständlich! Ruf rechts: Na also!) Na alsol (Große Heiterkeit.) Das habe ich ja nur behauptet. Der Herr Abg. Dr. Crüger aber behauptet, es wären lediglich wirtschaft⸗ liche Vorgänge, auf die ja kein Mensch einen Einfluß üben könnte und bei 1e körperlichen Strafen. eer Herr Abgeordnete sagte dann, wir hätten mit
des Grundkapitals der Seehandlung trübe Erfahrungen h wir hätten uns einer argen Täuschung hingegeben. Meine Herten auch das muß ich bestreiten. Auch hier ist es mir nicht ein⸗ gefallen, etwa behaupten zu wollen, daß die Erhöhung des Kapitals der Seehandlung einen entscheidenden Einfluß auf die Preisgestaltun haben könnte. Aber was ich behauptet habe, ist das daß die Er höhung des Kapitals der Seehandlung eine der lleinen Maß 1. sei, um auf diesem Gebiete eine Besserung zu schaffen, und daß die Hoffnungen in dieser Beziehung nicht ganz irrig gewes d 5 glaube ich dartun zu können. d,hv
Meine Herren, die Seehandlung hat, seitdem ihr Kapita 8 l erhöht ist, in den letzten Jahren Jahr für Jahr nicht “ Millionen an staatlichen Papieren aufgenommen, um den Kurs zu stützen. Daß das einen gewissen Einfluß gehabt hat und haben muß, meine ich, Uiegt auf der Hand. (Sehr richtig! rechts.) Ziffern⸗ mäßig kann ich das naturgemäß nicht nachweisen; das kann kein Mensch nachweisen. Wenn aber, wie das un⸗ zweifelhaft ist, der übermäßige Andrang unserer Staatspapiere auf dem Markte den Preissturz hervorgerufen hat, so ist die Minderung des Andranges, die Aufnahme durch die Seehandlung sicher geeignet gewesen, einen weiteren Preisrückgang hintanzuhalten, und ich darf Herrn Abg. Dr. Crüger darauf hinweisen, daß in den beiden letzten Jahren, seitdem die intermittierende Tätigkeit der See⸗ handlung eingetreten ist, unsere Staatspapiere zwar immer noch nach⸗ gegeben haben, aber verhältnismäßig doch weniger als die englischen und französischen Papiere. Vom 20. April 1905 bis zum 20. April 1906 haben die Reichsanleihen um 3,60 % nachgelassen, die englischen Konsols um 4,13 % und die französische Rente um 4,35 %. Also
die Entwicklung bei uns war zwar immer noch unerfreulich, aber in
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